Die Bedeutung des Lagetyps

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Die Bedeutung des Lagetyps

Lektion 6

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Zunächst muss man sich bei der Analyse des Elektrokardiogramms klarmachen, dass der Lagetyp (d. h. die Lage der elektrischen Herzachse) etwas anderes ist als die anatomische Herzachse bzw. die topografische Lage des Herzens im Thorax, obwohl der Lagetyp von der Morphologie und Topografie mitgeprägt wird. Störungen der Erregungsausbreitung, z. B. bei Schenkelblock oder Faszikelblock, verändern die elektrische Herzachse ganz unabhängig von der Anatomie und Topografie des Herzens. So ist, mit zwei Ausnahmen, keiner der Lagetypen per se absolut normal oder absolut pathologisch. Die Ausnahmen sind: Der überdrehte Rechtstyp und der Rechts­typ; beide Formen sind beim Erwachsenen immer pathologisch. ■■ Ein Steiltyp ist bei jüngeren Erwachsenen, besonders bei schlankem Körperbau, häufig physiologisch. Je älter allerdings ein Patient ist, desto eher hat auch der Steiltyp pathologische Bedeutung. ■■ Indifferenztyp und Linkstyp sind beim Erwachsenen meistens normal, allerdings kann beim jüngeren Erwachsenen der Linkstyp schon auf eine krankhafte Veränderung hinweisen. ■■ Der überdrehte Linkstyp ist in der Regel pathologisch, nur ausnahmsweise hat der herzgesunde Erwachsene konstitutionell (ohne krankhafte Veränderungen) einen überdrehten Linkstyp. Typische Ursachen für eine Abweichung der elektrischen Herzachse „nach rechts“ und damit für einen Steil- bis Rechtstyp sind (Abb. 6.1): ■■ besondere Thoraxkonfiguration: EmphysemThorax und Kyphoskoliose ■■ Rechtsherzbelastung und Rechtsherzhypertrophie. ■■ Seitenwandinfarkt oder Infarktnarbe (infarktbedingter Rechtstyp) ■■ linksposteriorer Hemiblock (überdrehter Rechts­ typ). Typische Ursachen für eine Abweichung der elektrischen Herzachse „nach links“ und damit für einen Links- und überdrehten Linkstyp sind (Abb. 6.1): ■■ besondere Thoraxkonfiguration: Adipositas ■■ Linksherzbelastung und Linksherzhypertrophie

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Abb. 6.1  Achsenabweichung der elektrischen Herzachse „nach rechts“ oder „nach links“.

Hinterwandinfarkt oder Infarktnarbe (infarktbedingter Linkstyp) ■■ linksanteriorer Hemiblock (überdrehter Linkstyp). Der Sagittaltyp kann beim Erwachsenen durchaus physiologisch sein. Der Sagittaltyp entsteht aus pathologischen Gründen, ähnlich wie die Achsenabweichung nach rechts, bei: ■■ besonderer Thoraxkonfiguration: EmphysemThorax oder Kyphoskoliose ■■ Rechtsherzbelastung. Einige klinische Befunde gehen mit typischen Lagetypen einher: ■■ Emphysem-Thorax, Kyphoskoliose: Drehung der elektrischen Achse nach rechts (Steiltyp, Rechtstyp) ■■ Rechtsherzbelastung: Rotation des rechten Ventrikels nach vorn und Drehung der elektrischen Achse nach rechts (Steiltyp, Rechtstyp) ■■ Linksherzbelastung: Drehung der elektrischen Achse nach links (ausgeprägter Linkstyp, überdrehter Linkstyp) ■■ Adipositas: Drehung der elektrischen Achse nach links (Linkstyp, ausgeprägter Linkstyp). ■■

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,, D9) Abb. 6.2  Einflüsse der linksventrikulären Hypertrophie auf die elektrische Herzachse. Überdrehter Linkstyp.

Von besonderem Einfluss auf den Lagetyp des Herzens sind die nachfolgend beschriebenen morphologischen Veränderungen der Hypertrophie des Herzens und der Infarktnarbe sowie die faszikulären Erregungsleitungsstörungen.

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Ein hypertrophierter rechter Ventrikel lenkt die elektrische Achse nach rechts und verursacht ein hohes R-Potenzial in den Ableitungen V1 und V2 (Abb. 6.3).

Einflüsse von Hypertrophie auf den Lagetyp des Herzens

Einflüsse von Myokardinfarkt und Infarktnarbe auf den Lagetyp des Herzens

Linksherzhypertrophie und Rechtsherzhypertrophie beeinflussen den Lagetyp in folgender Weise: ■■ Als einfache Faustregel kann gelten: Je mehr Muskelmasse vorhanden ist, desto mehr positives Potenzial (= R-Zackenhöhe) wird im Elektrokardiogramm sichtbar und umgekehrt. ■■ Ein hypertrophierter linker Ventrikel lenkt die elektrische Achse somit nach links und überhöht das R-Potenzial in den Ableitungen I, aVL, V5 und V6 (Abb. 6.2).

Der Einfluss eines Myokardinfarktes auf den Lagetyp des Herzens stellt gleichsam das Gegenstück zu der Beeinflussung durch Hypertrophie dar. Dies ist morphologisch begründet. Hypertrophie bedeutet eine Zunahme der Muskelmasse, Myokardinfarkt bedeutet einen Verlust an Muskelmasse (Myokardnekrose, Myokardnarbe). Ein diaphragmaler (inferiorer) Hinterwandinfarkt (Verlust an vitaler Muskelmasse durch Nekrose bzw. Narbenbildung im inferioren Anteil des

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linken Ventrikels) führt zum Linkstyp oder überdrehten Linkstyp. Dies wird verursacht durch den Verlust von R-Potenzial in II, III und aVF und Abweichung der elektrischen Achse in Richtung des nicht infarzierten Herzmuskelanteils (I und aVL) = infarktbedingter Linkstyp oder überdrehter Linkstyp (Abb. 6.4). Das genaue Gegenteil, klinisch allerdings wesentlich seltener zu beobachten, ist ein hoher Seitenwandinfarkt (Verlust an vitaler Muskelmasse an der hohen Seitenwand des linken Ventrikels). Dies führt zum Rechtstyp durch Verlust an R-Potenzialen in I, aVL und bedingt eine Abweichung der elektrischen Achse in Richtung des nicht infarzierten Herzmuskelanteils (II, III, aVF) = infarktbedingter Rechtstyp oder überdrehter Rechtstyp (Abb. 6.5).

Abb. 6.3  Einflüsse der rechtsventrikulären Hypertrophie auf die elektrische Herzachse. Rechtstyp.

Einflüsse intraventrikulärer Erregungsleitungsstörungen auf den Lagetyp des Herzens Auch die intraventrikulären Erregungsleitungsstörungen nehmen Einfluss auf den Lagetyp. Wichtige Beispiele sind der linksanteriore Hemiblock und der linksposteriore Hemiblock: Bei einer Leitungsunterbrechung des linken vorderen Leitungsfaszikels (LAH = linksanteriorer Hemiblock) entsteht ein überdrehter Linkstyp. Im EKG finden sich ferner ein kleines Q in I und aVL, ein S in V5 und V6, und eine verzögerte R-Progression in den Brustwandableitungen. Diese elektrokardiografischen Zeichen erlauben die Differenzierung zum überdrehten Linkstyp ohne linksanterioren Hemiblock, Lektion 14 (S. 44). Bei einer Leitungsunterbrechung im linken hinteren Faszikel (LPH = linksposteriorer Hemiblock)

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entsteht ein überdrehter Rechtstyp (mit rein positivem +aVR). Ein überdrehter Linkstyp kann recht unterschiedliche Ursachen haben. Jeder linksanteriore Hemiblock zeigt einen überdrehten Linkstyp, aber nicht jeder überdrehte Linkstyp ist ein linksanteriorer

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Abb. 6.4  Einflüsse eines inferioren Myokardinfarktes auf die elektrische Herzachse (Drehung nach links).

Hemiblock! Folgende Ursachen für einen überdrehten Linkstyp sind bekannt: ■■ linksanteriorer Hemiblock (weitere EKG-Kriterien notwendig!) ■■ Linksherzhypertrophie ■■ Hinterwandinfarkt ■■ konstitutionell oder durch Adipositas bedingt.

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Abb. 6.5  Einflüsse eines Seitenwandinfarktes auf die elektrische Herzachse (Drehung nach rechts).

Merke Die Bestimmung der elektrischen Achse ist nicht nur von akademischem Interesse, sondern hat praktische Bedeutung für die klinische Medizin. Abweichungen der elektrischen Achse können erste Hinweise auf Erkrankungen des Herzens sein. Normale Lagetypen des Erwachsenen sind Linkstyp, Indifferenztyp, teilweise auch Steiltyp. Meist patholo-

gische Lagetypen sind überdrehter Linkstyp, Sagittaltyp, SI-QIII-Typ. Stets pathologische Lagetypen sind beim Erwachsenen Rechtstyp und überdrehter Rechtstyp. Typische Ursachen für eine pathologische Änderung des Lagetyps sind Hypertrophie, Infarkt, Faszikelblock, abnorme Thoraxkonfiguration.

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