Dezember Arbeitsmarktdossier Landkreis Gotha

Dezember 2012 Arbeitsmarktdossier Landkreis Gotha 2 Inhalt 1. Vorwort .............................................................................
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Dezember 2012

Arbeitsmarktdossier Landkreis Gotha

2

Inhalt

1. Vorwort .......................................................................... 4 2. Wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsmarkt .......... 5 2.1 Geografische Einordnung und Wirtschaftsstruktur

5

2.2 Volkswirtschaftliche Kennzahlen und Strukturindikatoren

9

3. Bevölkerungsentwicklung und Arbeitsmarkt ........... 12 4. Bildungsniveau und Arbeitsmarkt............................. 18 5. Soziale Lage und Arbeitsmarkt ................................. 21 5.1 Entwicklungen der Bedarfsgemeinschaften

23

5.2 Leistungen je Bedarfsgemeinschaft

24

5.3 Personen in Bedarfsgemeinschaften/mit Einkommen

25

6. Fazit ............................................................................. 26 6.1 Regionale Schwerpunkte

26

6.2 Aktivitäten der Agenturen für Arbeit / Jobcenter

30

Impressum Agentur für Arbeit Gotha Schöne Aussicht 5 99867 Gotha E-Mail: [email protected] Internet: www.arbeitsagentur.de/gotha Stand: Dezember 2012

3

1. Vorwort

Mit dem vorliegenden Arbeitsmarktdossier für den Landkreis Gotha, das die Agentur für Arbeit Gotha in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Gotha erstellt hat, wollen wir einen Beitrag zur regionalen Strategie der Fachkräftegewinnung liefern. Der drohende Fachkräftemangel betrifft uns alle. Das Dossier wendet sich an die Arbeitsmarktakteure des Landkreises Gotha - Kammern, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Betriebe, den Landkreis, die Stadt Gotha und die Arbeitsverwaltung vor Ort. In den Kapiteln 2 bis 5 wird über die Themenfelder Wirtschaft, Bevölkerung, Bildung und Soziales ein kompaktes Bild der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes dargestellt. Die zitierten Daten sind – soweit nicht anders gekennzeichnet – aus der Statistik der BA entnommen. Eine bundesweite Darstellung der Themenfelder

ist

im

Arbeitsmarktmonitor

der

BA

unter

https://arbeitsmarktmonitor.arbeitsagentur.de vorhanden. Kapitel 6 zeigt Maßnahmen zur Verbesserung der Fachkräftesituation auf. Diese Ansätze sind unsere regional spezifische Antwort auf die 10 Handlungsfelder der „Fachkräfteperspektive 2025“1. Für ergänzende Ideen, den Austausch erfolgreicher Praxis mit anderen Regionen und die konkrete Zusammenarbeit stehen wir gern bereit.

Ina Benad

Konrad Gießmann

Vorsitzende der Geschäftsführung Agentur für Arbeit Gotha

Landrat Landkreis Gotha

1

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Veroeffentlichungen/Sonstiges/Perspektive-2025.pdf

4

2. Wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsmarkt

2.1 Geografische Einordnung und Wirtschaftsstruktur Abbildung 1: Physische Karte des Landkreises Gotha (Klett-Perthes)

Datenquelle: http://www.landkreis-gotha.de

Der Landkreis Gotha ist mit seinen rund 137.000 Einwohnern Thüringens bevölkerungsreichster Landkreis. Er erstreckt sich vom 916,5 Meter hohen „Großen Inselsberg“ im Westen bis zum Verkehrsknotenpunkt Neudietendorf im Osten, vom Obstanbaugebiet "Fahner Höhe" im Norden bis zum bekanntesten Wanderweg des Thüringer Waldes - dem "Rennsteig" – im Süden. Neben der Kreisstadt Gotha umfasst der Landkreis mit Waltershausen, Friedrichroda, Ohrdruf und Tambach-Dietharz noch vier weitere kreisangehörige Städte sowie 43 Gemeinden auf einer Fläche von 936 Quadratkilometern. 5

Die Kreisstadt ist die ehemalige Residenzstadt Gotha, die auf eine über 1225-jährige Geschichte mit wechselhaften Ereignissen zurückblicken kann. Seit der Wende hat sich der Landkreis zu einer der wirtschaftlich stärksten Regionen des Freistaates entwickelt. 2 Charakteristisch für den Landkreis ist ein Branchenmix aus klein- und mittelständischen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, des Handel- und Gastgewerbes, der Logistikbranche und des Baugewerbes. Auch der Tourismus im Thüringer Wald ist ein Wirtschaftszweig, dessen Bedeutung stetig zunimmt.3 Diese Vielfalt, die günstige geografische Lage sowie die ausgebaute Verkehrsanbindung bieten gute Voraussetzungen für weitere Investitionen neuer Unternehmen.4 Abbildung 2: Anteil der Unternehmen nach Anzahl der Beschäftigten Arbeitnehmer im Landkreis Gotha

Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit, Zentrale Betriebsdatenbank

Die Wirtschaftsstruktur des Landkreises Gotha ist von klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) geprägt. Daher sind in 77 Prozent der Unternehmen im Landkreis Gotha weniger als 9 Mitarbeiter beschäftigt. Aufgrund der Vielfältigkeit dieser innovativen und wettbewerbsfähigen Kleinunternehmen entsteht ein breiter Branchenmix. Die KMU verhalten sich zudem konjunkturstabilisierend, da sie dem Arbeitsplatzabbau von Großunternehmen in einer Rezession entgegenwirken können.5 2

http://www.landkreis-gotha.de http://www.gotha.de/wirtschaft-arbeit/standortportraet.html www.landkreis-gotha.de, www.thueringen.de 5 Ratzek, Wolfgang. Erfolgspotentiale – Szenarien für kleine und mittlere Unternehmen, Aachen 220, in: home.arcor.de/bankklasse/.../Hausarbeit-Robin.Buschmann.pdf S.1. 3 4

6

Im Dezember 2011 waren im Landkreis Gotha 45.782 Personen laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt.6 Abbildung 3: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach ausgewählten Wirtschaftszweigen (WZ 2008), Landkreis Gotha

Merkmal

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte insgesamt Darunter Land- und Forstwirtschaft; Fischerei ( A ) Produzierendes Gewerbe ( C-F ) davon Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe ( D-E )

Anteil in %

Dez 10

Dez 11 Veränderung

100,0

45.351

45.782

0,95 %

2,3 39,5

1.072 17.848

1.070 17.854

-0,19 % 0,03 %

761

1,47 %

1,7

750

darunter Verarbeitendes Gewerbe ( C )

29,3

12.938

13.435

3,84 %

8,5

4.139

3.886

-6,11 %

57,3 12,7

25.576 5.804

26.328 5.830

2,94 % 0,45 %

Verkehr und Lagerei (H)

6,9

3.067

3.147

2,61 %

Gastgewerbe (I)

3,6

1.599

1.628

1,81 %

Information und Kommunikation ( J )

0,9

403

391

-2,98 %

1,3

600

595

-0,83 %

0,5

251

249

-0,80 %

Baugewerbe ( F )

Dienstleistungsbereiche ( G-U ) davon Handel, Instandhaltung (G)

Finanz- und Versicherungsdienstleistungen ( K ) Grundstücks- und Wohnungswesen ( L ) Freiberufliche, wissenschaftliche, technische Dienstleistungen (M)

2,1

983

952

-3,15 %

sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen (N)

7,3

2.971

3.329

12,05 %

Öff. Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung (O,U)

5,9

5.194

4.666

-10,17 %

Erziehung und Unterricht (P)

4,3

2.287

1.946

-14,91 %

10,0

4.494

4.596

2,27 %

1,8 1.085 Datenquelle: Thüringer Landesamt für Statistik, Stand Juni 2011

1.116

2,86 %

Gesundheits- und Sozialwesen (Q) Kunst, Unterhaltung und Erholung; sonstige Dienstleistungen; Private Haushalte; Exterritoriale Organisationen ( R-T )

6

http://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Themen/Beschaeftigung/ Sozialversicherungspflichtig-Beschaeftigte/Sozialversicherungspflichtig-Beschaeftigte (Stand 31.12.2011)

7

Als die fünf beschäftigungsstärksten Wirtschaftszweige zeichnen sich das verarbeitende Gewerbe mit einem Anteil von 29,3 Prozent, der Handel mit 12,7 Prozent, das Gesundheits- und Sozialwesen mit 10,0 Prozent, das Baugewerbe mit 8,5 Prozent und die Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen mit 7,3 Prozent (darunter 4,1 Prozent im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung durch Personaldienstleister) an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ab. Steigerungen im Vergleich zum Vorjahresstichtag sind deutlich in der Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen mit einem Anstieg von 12 Prozent zu erkennen. Ebenso konnte das verarbeitende Gewerbe (+3,8 %) und das Gesundheitswesen (+2,3 %) im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs verbuchen. Das Baugewerbe weist einen anhaltenden Negativtrend (-6,1 %) auf, da die Bauwirtschaft seit einigen Jahren einen strukturellen Anpassungsprozess durchläuft und Überkapazitäten abgebaut werden. Obwohl der Landkreis auch von land- und forstwirtschaftlichen Strukturen geprägt ist, insbesondere in den „Fahner Höhen“ im Norden und dem Thüringer Wald im Südwesten des Landkreises, sind lediglich 2,3 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Landund Forstwirtschaft tätig. Der Landkreis Gotha versteht sich ebenfalls als Lager- und Logistikstandort und profitiert wirtschaftlich von Zulieferunternehmen der Automobilindustrie, die im Landkreis zahlreich vertreten sind. Dies liegt vor allem an der zentralen Lage, der Nähe zur Landeshauptstadt Erfurt und der gut ausgebauten Infrastruktur. Deshalb ist vorrangig im Lager-, Logistik- (+2,6 %) und verarbeitenden Gewerbe mit Beschäftigungschancen zu rechnen. Die Kunststoffindustrie, insbesondere als Automobilzulieferer, erreichte einen Anteil von ca. 7,7 Prozent an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten - ein Anstieg um 4,7 Prozent - und ist ebenso als wachstumsstarker Wirtschaftssektor anzusehen.

8

Strukturindikatoren im Zeitverlauf - Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in Tausend Euro Land Thüringen Gotha 2000 bis 2009

2.2 Volkswirtschaftliche Kennzahlen und Strukturindikatoren Abbildung 4: Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in tausend Euro, Zeitraum 2000 bis 2009, Vergleich Thüringen Landkreis Gotha

16,6 16,7

2000

17,2 17,2

2001

18,2 17,8

17,7

18,9 18,7

19,2 19,4

2004

2005

20,2 20,5

21,4 21,8

Gotha 21,4 Thüringen 21,7 22,1 21,3

16,6

2002

2003

2006

2007

2008

2009

Datenquelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder

© Statistik der Bundesagentur für Arbeit Die statistische Auswertung des Bruttoinlandsproduktes je Einwohner

Datenquelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder

verdeutlicht, dass sich der Landkreis Gotha kontinuierlich zu einem prosperierenden Wirtschaftsstandort entwickelt hat und der Gesamtwert aller Waren und Güter signifikant angestiegen ist. Lediglich die Degression aufgrund der Weltwirtschaftskrise 2009 minderte kurzzeitig diesen Aufwärtstrend. Auch aufgrund seiner verkehrsgünstigen Lage sowie seiner Branchenvielfalt ist der Landkreis inzwischen ein Investitionsstandort, der Investoren anlocken sollte.

9

Abbildung 5: Umsatz im verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau, 2010 und 2011 nach Kreisen in Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten. Umsatz im verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau, 2010 und 2011 nach Kreisen

Ilm-Kreis Gotha Wartburgkreis Stadt Eisenach Saalfeld-Rudolstadt Schmalkalden-Meiningen Stadt Erfurt Saale-Orla-Kreis Stadt Jena Altenburger Land Eichsfeld Saale-Holzland-Kreis

2011

Hildburghausen

2010

Sonneberg Unstrut-Hainich-Kreis Greiz Nordhausen Weimarer Land Sömmerda Kyffhäuserkreis Stadt Gera Stadt Weimar Stadt Suhl 0

1.000

2.000

3.000 Mio €

Datenquelle: Darstellung des Thüringer Landesamtes für Statistik, Erfurt, Stand 2011

Abbildung 5 veranschaulicht den Umsatz im verarbeitenden Gewerbe verglichen mit allen Landkreisen in Thüringen. Im Jahr 2010 hatte der Landkreis Gotha einen Umsatz von 2439 Millionen Euro erwirtschaftet und konnte diesen 2011 auf 2686 Millionen Euro steigern. Damit lag der Landkreis auf den vorderen Plätzen im Thüringenvergleich.

10

Die Betrachtung der Strukturindikatoren verdeutlicht die wirtschaftlich positive Entwicklung des Landkreises. Abbildung 6: Strukturindikator – Wirtschaftliche Entwicklung, Land Thüringen, Landkreis Gotha

Datenquelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Statistik der BA, Stand 2011

Die Beschäftigungsquote liegt mit 58,8 Prozent über dem Landesschnitt (56,1 %). Sie stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an (2006 noch bei 51,9 %). Auch die Erwerbsbeteiligung der Frauen und der über 50-Jährigen liegt jeweils ca. 2 Prozent über dem Thüringer Schnitt. Die Unterbeschäftigung allgemein sowie die Unterbeschäftigung der Jüngeren im Speziellen lagen ebenfalls unter dem Landesschnitt. Die Arbeitslosenquote 2011 mit 8,1 Prozent (unter dem Landesschnitt von 8,8 Prozent und unter dem Durchschnittswert von Ostdeutschland mit 11,3 Prozent) bestätigt dies ebenfalls. Von besonderem Interesse ist auch der Anteil der Langzeitarbeitslosen, der im Dezember 2011 bei 29,4 % (Thüringen: 31,6 %) lag, aber noch ausreichend Potenzial zur Fachkräftegewinnung bietet. Der im Landesvergleich niedrige Tertiarisierungsgrad von 58 % (Thüringen: 64,1%) bietet ebenfalls noch Potenziale um weitere Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Aufgrund des demografischen Wandels und des steigenden Fachkräftebedarfs wird es zunehmend darum gehen, Zielgruppen wie Ältere, Langzeitarbeitslose und Personen, die in Teilzeit arbeiten, stärker in Unternehmen zu integrieren. 11

3. Bevölkerungsentwicklung und Arbeitsmarkt

Der Landkreis Gotha ist mit 137.340 Einwohnern der bevölkerungsreichste in Thüringen. In den letzten Jahren ist aber auch im Landkreis Gotha die Bevölkerungszahl rückläufig (-7,0 %), wenn auch geringer als im Landesdurchschnitt (-8,1 %).7

Abbildung 7: Altersstrukturentwicklung 2009 und 2030 nach ausgewählten Altersgruppen, Prognose Landkreis Gotha Datenquelle: Thüringer Landesamt für Statistik, eigene Darstellung, Stand August 2010

Nach einer aktuellen Prognose des Thüringer Landesamtes für Statistik wird die Bevölkerung im Landkreis Gotha von 138.857 im Jahr 2009 bis zum Jahr 2030 um 16,6 Prozent auf insgesamt 115.848 Personen (im Vergleich: Thüringen: -22,7 %) abnehmen und somit zu einer weiteren Verringerung des Arbeitskräftepotentials führen.

7

Statistik des Thüringer Landesamtes für Statistik, Stand 31.12.2011.

12

Abbildung 8: Alterspyramide, Vergleich 2009 und 2030, Prognose Landkreis Gotha

Datenquelle: Thüringer Landesamt für Statistik, Stand August 201

Abbildung 8 veranschaulicht deutlich, dass die Herausforderung für die Zukunft darin besteht, eine alternde Bevölkerung in den Arbeitsmarkt qualitativ einzubeziehen. Lebenslanges Lernen erfährt aufgrund der Altersentwicklung bis 2030 an neuer Präsenz. Weiterbildung wird zukünftig ein immanenter Bestandteil der Partizipation Älterer an der Arbeitswelt sein und letztlich für die Bewältigung des demografischen Wandels bedeutsam sein.8 8

Bildung bis ins hohe Alter? Anspruch und Wirklichkeit des Weiterbildungsverhaltens älterer Menschen in Deutschland. Deutsches Institut für Erwachsenenbildung Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen. Dezember 2009. In: http://www.die-bonn.de/doks/friebe0901.pdf. S.1.

13

Abbildung 9: Strukturindikator – Demografische Entwicklung, Land Thüringen, Landkreis Gotha

Datenquelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Statistik der BA, Stand 2011

Im Jahr 2000 lag der Anteil der Bevölkerung unter 25 Jahren noch bei 26 Prozent, 2011 allerdings nur noch bei 20,7 Prozent. Der Anteil der über 50-Jährigen nahm dagegen seit 2000 (36,7 %) auf 45,9 % zu. Dies liegt im Thüringer Schnitt und verdeutlicht anschaulich das Ansteigen des Durchschnittsalters der Bevölkerung. Gerade deshalb ist es wichtig, die Zielgruppe der über 50-Jährigen stärker in Unternehmen zu integrieren. Der sinkende Anteil junger Menschen im Landkreis Gotha, einerseits verursacht durch den Geburtenrückgang nach der politischen Wende und andererseits durch die altersspezifische Abwanderung, hat inzwischen den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt voll erreicht.

14

Die Anzahl der Schulabgänger hat sich seit dem Jahr 2006 (1778) halbiert und fällt im Jahr 2011 auf 877.9 Mittelfristig wird dies den Fachkräftebedarf noch erhöhen, denn Stellen von Älteren können nicht mehr durch Jüngere nachbesetzt werden. Schon jetzt ist hier die "demografische Schieflage" absehbar. Der Ausländeranteil im Landkreis Gotha ist mit 1,8 %10 im Bundesvergleich niedrig (Thüringen: 2,2%) und auch durch die Öffnung der Arbeitsmärkte in der EU ist nicht mit einer nennenswerten Zuwanderung von Fach- und Saisonkräften zu rechnen. Abbildung 10: Ein- und Auspendler, Landkreis Gotha

Datenquelle: Pendlerdaten, Thüringer Landesamt für Statistik, eigene Darstellung, Stand Juni 2011

Im Jahr 2011 pendelten in den Landkreis Gotha rund 10.800 Personen ein (23,8 %) und rund 18.500 Beschäftigte (35 %) arbeiteten außerhalb des Landkreises. Somit entsteht ein negativer Pendlersaldo von rund 8000 Personen.11 Vergleichend zu den letzten Jahren hält dieser Trend an. Der nachteilige Pendlersaldo intensiviert die Problematik des Fachkräftemangels für den Landkreis Gotha erheblich. Wohin sich die Ein- bzw. Auspendlerströme richten, ist in den nachfolgenden Abbildungen dargestellt: 9

Statistik des Thüringer Landesamt für Statistik Statistik des Thüringer Landesamt für Statistik 11 Arbeitsmarktmonitor Landkreis Gotha, Stand August 2011. 10

15

Abbildung 11: Einpendler aus anderen Regionen in den Landkreis Gotha

Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand 30.06.2011

Einpendlerbewegungen nach Gotha sind primär aus Erfurt und dem Unstrut-Hainich-Kreis zu verzeichnen. Abbildung 12: Auspendler aus dem Landkreis Gotha

Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand 30.06.2011

16

Bei den Auspendlern liegt der Fokus eindeutig auf Erfurt, gefolgt vom Ilm-Kreis, Eisenach und dem Wartburgkreis. Wie die nachfolgende Grafik verdeutlicht, wird die negative Pendlerbewegung im Landkreis Gotha insbesondere durch das niedrige Lohngefüge in der Region verstärkt. Mit einem höheren Median des Bruttoarbeitsentgelts pro Monat können sich die Städte Erfurt (2.267€) und Eisenach (2.251€) gegenüber dem Landkreis Gotha (1.895€) deutlich behaupten. Im Vergleich zu Thüringen (1.915€) als auch zum Bund (2.676€) fällt der Median des monatlichen Bruttoarbeitsentgeltes im Landkreis Gotha niedriger aus. Median Bruttoarbeitsengelte pro Monat für sv-pflichtig Beschäftigte in Thüringen Bund: 2.676 € pro Monat Thüringen: 1.915 € pro Monat

Median der Monatsbruttolöhne Arbeitnehmer in EUR (Stand 2009)

Bund

2.676

Thüringen

1.915

Landkreis Gotha

1.895

Abbildung 13: Median der Bruttoarbeitsentgelte pro Monat für sv-pflichtig Beschäftigte im Vergleich zum Bund und Thüringen Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand 31.12.2009

17

4. Bildungsniveau und Arbeitsmarkt

Neben den bereits aufgeführten regionalen Standortfaktoren der Wirtschaftstruktur und Bevölkerungsentwicklung ist auch das Thema Bildung eine tragende Säule des Landkreises. In Gotha sind die Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und die Staatliche Fachschule für Bau, Wirtschaft und Verkehr ansässig. Hinzu kommen zwei Berufsschulen, eine Volkshochschule und Bildungsträger mit vielfältigen Angeboten der Jugendlichen- und Erwachsenenbildung. Im Landkreis befinden sich außerdem eine Vielzahl von kulturellen und musealen Einrichtungen, wie die Stiftung Schloss Friedenstein oder die zahlreichen Ausstellungen auf Schloss Ehrenstein in Ohrdruf. Allerdings sollte man berücksichtigen, dass im Landkreis Gotha keine akademischen Bildungseinrichtungen vorhanden sind und es folglich Studieninteressierte und damit vor allem Jüngere in andere Städte zieht. Des Weiteren gehört die Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt-Gotha mit ihren historischen Buchbeständen zu einer der bedeutendsten deutschen Bibliotheken.12 Abbildung 14: Strukturindikator – Bildungslage, Land Thüringen, Landkreis Gotha

Datenquelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Statistik der BA, Stand 2011

12

www.landkreis-gotha.de

18

Der Anteil der Höherqualifizierten im Landkreis Gotha (8,0 %) liegt mit 2,1 Prozentpunkten unter dem Landesschnitt. Auch der negative Wanderungssaldo der unter 25-Jährigen liegt mit - 3,1 % weit unter dem Thüringer Schnitt (-0,8 %) und zeigt Handlungsbedarfe auf. Die Ausbildungsquote im Jahr 2011 lag nur leicht unter dem Landesdurchschnitt (Landkreis Gotha: 5,0 %, Thüringen: 5,3 %). Sie ist in den letzten Jahren stetig gesunken, 2001 lag sie noch bei 7,2 Prozent. Im Agenturbezirk Gotha ist ein stetiger Rückgang von neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen zu verzeichnen, u.a. durch den demographischen Wandel und die Abwanderung junger Menschen.

Abbildung 15: Entwicklung abgeschlossener Ausbildungsverträge im Agenturbezirk 13 Gotha

Die Erhebungen des Bundesinstituts für Berufsbildung zeigen bei der Entwicklung neu abgeschlossener Ausbildungsverträge im Vergleich zu Thüringen und dem Bundesgebiet, dass bundesweit ebenfalls ein Rückgang zu verzeichnen ist, dieser jedoch seit 2007 für Thüringen und den Landkreis Gotha erheblich größer ist.14 Dies ist vor allem auf höhere Attraktivitätsanreize eines Ausbildungsbeginns in den alten Bundesländern zurückzuführen.

13 14

(vgl. http://www.bibb.de/de/56552.htm; eigene Darstellung) http://www.bibb.de/de/56552.htm

19

Das Verhindern von Schulabbrüchen und die Verbesserung der Übergänge von der Schule in die duale Berufsausbildung stellt eine zentrale Herausforderung dar, um den zukünftigen Fachkräftebedarf zu sichern. Im Schuljahr 2010/2011 gab es 877 Abgänger aus allgemeinbildenden Schulen im Landkreis Gotha,15 darunter 60 (7%) ohne Abschluss. Absolventen/Abgänger aus allgemeinbildenden Schulen im Landkreis mit Gotha allgemeiner Hochschulreif e 259 (29%) mit Realschulabschluss 400 (46%)

ohne Hauptschulabmit schluss Hauptschulab60 (7%) schluss 158 (18%)

Abbildung 16: Absolventen/Abgänger aus allgemeinbildenden Schulen im Landkreis Gotha Datenquelle: Statistik des Thüringer Landesamts für Statistik, Stand 31.12.2011

Ein gravierendes Schulabbrecherproblem besteht somit nicht, trotzdem sollte weiterhin daran festgehalten werden, Schüler intensiv zu betreuen und die Schulabbrecherquote zu verringern. Gerade die Schulbildung und der Schulabschluss sind wichtig, um den Wechsel in ein Ausbildungsverhältnis erfolgreich zu gestalten. Die wachsende Konkurrenz der Betriebe um Auszubildende spiegelt sich in der Ausbildungsstellen-Bewerber-Relation mit einem Wert von 1,01 für den Landkreis Gotha wider. Für das Berichtsjahr 2010/2011 kam damit durchschnittlich eine Ausbildungsstelle auf einen Bewerber. Nach wie vor ist der Anspruch vieler Arbeitgeber an die Qualifikation der Auszubildenden für eine ausgeschriebene Ausbildungsstelle hoch. Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung stellen mit einem Anteil von 19,8 Prozent (Dezember 2011) an den Arbeitslosenzahlen weiteres Potenzial dar, um langfristig Fachkräfte zu gewinnen. 15

Statistik des Thüringer Landesamt für Statistik

20

5. Soziale Lage und Arbeitsmarkt

Abbildung 17: Entwicklung der Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt seit 2006 für den Landkreis Gotha Datenquelle: Thüringer Landesamt für Statistik, Statistik der BA, eigene Darstellung

Die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen für den Landkreis Gotha verzeichnet einen konstanten Abwärtstrend. Die Arbeitslosenzahlen der Jugendlichen (15-25 Jahre) gingen sogar um fast zwei Drittel zurück. Die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes im Landkreis Gotha wurde durch verschiedene Faktoren begünstigt, unter anderem konnten durch die Ansiedlung großer Logistikzentren entlang der A4 Fachkräfte und Helfer im Lagerbereich erfolgreich integriert werden. Gleichwohl ließ sich durch den gezielten Einsatz von bewerber- und arbeitgeberorientierten Förderinstrumenten der Arbeitsmarkt positiv beleben. Die Agentur für Arbeit Gotha und das Jobcenter im Landkreis Gotha konnten durch bedarfsgerechte Qualifizierungen und Mobilitätshilfen sowie durch das Bundesprogramm Perspektive 50plus zur Reduktion der Arbeitslosenzahlen beitragen.

21

Abbildung 18: Strukturindikator – Soziale Lage, Land Thüringen, Landkreis Gotha

Datenquelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Statistik der BA, Stand 2011

Aufgrund aufstockender Leistungen im Zuge von prekären Beschäftigungsverhältnissen und des geringen Lohnniveaus im Landkreis Gotha liegt die SGB II-Quote mit 12,2 % über der Landesquote (11,9 %). Die SGB II-Quote spiegelt das Verhältnis von Leistungsempfängern in der Grundsicherung nach dem SGB II zur Gesamtbevölkerung bis 65 Jahre wider. Damit bezieht etwa jede 7. Person im Landkreis Gotha Leistungen nach dem SGB II. Hierbei sind Kinder unter 15 Jahren mit einem Anteil von 21 % an der gleichaltrigen Bevölkerung besonders betroffen. In Kindertageseinrichtungen werden 69,5 Prozent der Kinder unter 6 Jahren betreut. Dies liegt unter dem Landesschnitt von 71,3 Prozent. Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren werden hingegen zu fast 100 Prozent betreut (Landkreis Gotha: 97,4%, Thüringen: 96,8%).16 Weitere Potenziale könnten durch die Erweiterung der Kinderbetreuung vor allem in Randzeiten erschlossen werden, um somit die Betreuungsquote bei Kindern von 1 bis 3 Jahren zu erhöhen und so die Option einer Schichtarbeit zu ermöglichen. Viele Frauen entscheiden sich noch immer für die Familie und gegen den Beruf. Hier sollte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erhöht werden und familiär bedingte Hürden abgebaut werden, um die Frauenerwerbsquote zu erhöhen.

16

Statistik des Thüringer Landesamtes für Statistik, Stand März 2011.

22

5.1 Entwicklungen der Bedarfsgemeinschaften Veränd. 2007 bis 2011 in % Landkreis Land

BG

2007

2008

2009

2010

2011

Gesamt

8.888

8.286

8.205

8.015

7.174

-19,3

-19,5

-8,1

Single

4.128

3.917

4.026

4.044

3.679

-10,9

-9,7

-1,5

Mehr-Pers BG

2.914

2.573

2.390

2.187

1.822

-37,5

-35,8

-20,5

Alleinerz-BG

1.611

1.566

1.554

1.555

1.495

-7,2

-15,6

-6,2

192

146

166

117

92

-52,1

-53,4

-33,6

Partner-BG -beide Partner arbeitslos

Bund

Abbildung 19: Entwicklung Bedarfsgemeinschaften im Vergleich mit Thüringen und Deutschland gesamt Datenquelle: Ausgewählte Dateien der Grundsicherung für Arbeitssuchende, Statistik der BA, Stand 2012

In den letzten Jahren konnte die Zahl der Bedarfsgemeinschaften reduziert werden, es ergab sich eine Verringerung um 1714 Bedarfsgemeinschaften. Die Zahl der Single-Bedarfsgemeinschaften war bis zum Jahr 2010 nahezu gleichbleibend und konnte 2011 einen erhöhten Rückgang verzeichnen. Die Bedarfsgemeinschaften der Alleinerziehenden zeigen in den letzten Jahren nur geringe Veränderungen auf. Die Mehr-Personen-Bedarfsgemeinschaften und die Bedarfsgemeinschaften in denen beide Partner arbeitslos sind, verbuchen einen stetigen Rückgang. Bei den Bedarfsgemeinschaften „beide Partner arbeitslos“ ist der stärkste Rückgang mit -52,1 Prozent zu erkennen. die auf diese Gruppe gerichteten Anstrengungen im JC Gotha zeigen damit entsprechende Erfolge.

23

5.2 Leistungen je Bedarfsgemeinschaft Landkreis Leistungen je BG in €

Veränd. 2007 2011 bis 2011 in %

Land

Bund

Veränd. 2007 2011 bis 2011 in %

Veränd. 2007 2011 bis 2011 in %

2007

2008

2009

2010

Gesamt

742,62

739,72

758,07

753,21

714,89

-3,7

709,44

-2,9

808,39

-1,2

Alg II

337,58

330,89

332,66

330,53

321,12

-4,9

315,65

-4,2

334,42

-2,2

Sozialgeld

10,50

10,43

13,00

11,49

10,76

2,4

7,87

-15,0

12,95

-14,9

LfU

235,79

236,59

242,14

242,87

250,05

6,0

256,20

8,2

331,68

8,3

SV-Beiträge

154,53

156,89

165,46

163,37

127,66

-17,4

126,04

-16,4

124,60

-17,2

Abbildung 20: Leistungen je Bedarfsgemeinschaft im Vergleich mit Thüringen und Deutschland, Durchschnittswerte Datenquelle: Ausgewählte Dateien der Grundsicherung für Arbeitssuchende, Statistik der BA, Stand 2012

Die durchschnittlich gezahlte Leistung zum Lebensunterhalt je Bedarfsgemeinschaft ist von 2007 bis 2008 und von 2009 bis 2011 gefallen. Die Verringerung in 2011 ist durch niedrigere Ausgaben in den Bereichen Arbeitslosengeld II (Alg II), Sozialgeld und Sozialversicherungsbeiträge zu verzeichnen; die Ausgaben für Leistungen der Unterkunft (LfU) sind weiterhin steigend. Die Leistungen je Bedarfsgemeinschaft liegen über dem Landesschnitt, was vorrangig durch die Ausgaben für Arbeitslosengeld II bewirkt wird. Auffällig sind hier auch die Leistungen für Unterkunft, die unter der Landesquote und deutlich unter dem Bundesschnitt liegen. Dies liegt vorrangig an den niedrigeren Mietpreisen in Gotha.

24

5.3 Personen in Bedarfsgemeinschaften/mit Einkommen

Landkreis

Land

Bund

2011

Vorjahr

Veränd. in %

12.917

14.604

-11,6

204.670

226.263

-9,5

6.353.482

6.712.953

-5,4

3.325

3.607

-7,8

52.445

55.941

-6,2

1.354.548

1.381.382

-1,9

Männer

6.171

7.113

-13,2

101.322

112.799

-10,2

3.145.554

3.342.145

-5,9

Frauen

6.746

7.491

-9,9

103.348

113.464

-8,9

3.207.929

3.370.808

-4,8

50 bis unter 65 Jahre

2.868

3.034

-5,5

47.021

48.815

-3,7

1.222.702

1.222.764

0,0

gesamt Pers. in BG dar. erwerbst. mit Einkommen

2011

Vorjahr Veränd. in %

2011

Vorjahr Veränd. in %

Abbildung 21: Personen in Bedarfsgemeinschaften mit Einkommen im Vergleich mit Thüringen und Deutschland gesamt Datenquelle: Ausgewählte Dateien der Grundsicherung für Arbeitssuchende, Statistik der BA, Stand 2012

Die Verringerung der Anzahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften liegt über der Landes- und Bundesquote. Ebenfalls ist die Quote der erwerbstätigen Leistungsbezieher mit Einkommen im Vergleich zum Landesschnitt deutlicher gesunken. Hinsichtlich einer geschlechtsspezifischen Unterscheidung lässt sich feststellen, dass der Rückgang des Frauenanteils in Bedarfsgemeinschaften prozentual niedriger ausfällt als bei den Männern und zugleich der bundesweiten Entwicklung entspricht. Die Betrachtung der 50- bis 65- Jährigen zeigt ebenso eine Verringerung und fällt deutlich über der Landes- und Bundesquote aus.

25

6. Fazit

6.1 Regionale Schwerpunkte

Das Arbeitsmarktdossier für den Landkreis Gotha und die Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Arbeitsmarktes, der Bevölkerungsentwicklung sowie der Betrachtung des Bildungsniveaus und der sozialen Lage illustriert, wie sich der Landkreis Gotha in den letzten Jahren zu einer der wirtschaftlich stärksten Regionen Thüringens entwickelt hat. Charakteristisch für den Landkreis ist ein Branchenmix aus klein- und mittelständischen Unternehmen. Die günstige Infrastruktur bietet gute Voraussetzungen für weitere Investitionen neuer Unternehmen.

Die positive Entwicklung des Landkreises spiegelt sich auch in der Arbeitslosenzahlenentwicklung wider und verzeichnet für den Landkreis Gotha einen konstanten Abwärtstrend. So lag die Arbeitslosenquote im Jahr 2011 unter dem Landesschnitt. Die Agentur für Arbeit Gotha und das Jobcenter im Landkreis Gotha konnten durch bedarfsgerechte Qualifizierungen und Mobilitätshilfen sowie durch das Bundesprogramm „Perspektive 50plus“ zur Reduktion der Arbeitslosenzahlen beitragen.

Neben der Senkung der Arbeitslosenzahlen wird jedoch die große Herausforderung für den Landkreis Gotha der Fachkräftemangel und die alternde Bevölkerung sein. Nach aktuellen Schätzungen wird sich die Bevölkerung in Gotha bis zum Jahr 2030 kontinuierlich dezimieren und zu einer weiteren Verringerung des Arbeitskräftepotentials führen.17

17

Thüringer Landesamt für Statistik, Stand 05.08.2011

26

Der negative Pendlersaldo intensiviert zudem die Problematik des Fachkräftemangels für den Landkreis Gotha und es wird auch zukünftig eine ambitionierte Aufgabe für den Landkreis bleiben, Attraktivitätsanreize wie höhere Löhne, sichere Arbeitsplätze mit Perspektive und entsprechende berufliche und familiäre Rahmenbedingungen zu schaffen. Aufgrund des demografischen Wandels und des steigenden Fachkräftebedarfs wird es zunehmend darum gehen, Zielgruppen wie Ältere, Frauen, Langzeitarbeitslose und Personen, die in Teilzeit arbeiten, stärker in Unternehmen zu integrieren. Aus- und Weiterbildung und lebenslanges Lernen wird zukünftig ein wesentlicher Bestandteil der Teilhabe Älterer an der Arbeitswelt sein und letztlich für die Bewältigung des demografischen Wandels bedeutsam sein. Tendenziell lässt sich jedoch sagen, dass der Landkreis Gotha eine gute Entwicklung vorweisen kann.Anhand der Arbeitsmarktanalyse für den Landkreis Gotha leiten sich auf Grundlage der „Fachkräfteperspektive 2025“ folgende Handlungsschwerpunkte ab.

Erwerbsbeteiligung Älterer über 50 erhöhen Aufgrund der demografischen Entwicklung und der damit verbundenen Zunahme der älteren Beschäftigten am Arbeitsmarkt muss der Fokus zukünftig weiterhin auf die Zielgruppe der über 50-Jährigen gerichtet werden, da diese Personengruppe nach wie vor mit 39,3 Prozenzt18 den höchsten prozentualen Anteil an Arbeitslosen stellt. Der Blick auf die Generation 50plus hat sich verändert, die Stärken der Älteren treten in den Vordergrund. Dazu gehört u.a. die Nutzenargumentation hinsichtlich der positiven Aspekte einer Beschäftigung, wie z. B. langjährige Berufserfahrung, hohe Arbeitsmoral, umfangreiche Fachkompetenz, weniger Fehlzeiten und in der Regel eine abgeschlossene Familienphase. Darüber hinaus ist es erforderlich, ein Umdenken auf Unternehmerseite herbeizuführen, da zur Deckung von Personalbedarfen das Potenzial der jüngeren Fachkräfte stetig sinkt.

18

http://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Arbeitsmarktberichte/Arbeitsmarktberichte-Nav.html

27

Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöhen

Die Beschäftigungsquote der Frauen liegt im Landkreis Gotha mit 55,8 Prozent über dem Thüringer Durchschnitt (Thüringen 54,0 %). Dies stellt auch einen Spitzenwert im Bundesvergleich dar. Daneben weist die Teilzeitquote mit 15,5 % im Vergleich zu Thüringen (17,8%) und dem Bund (19,4%) einen geringeren Anteil der in Teilzeit Beschäftigten auf. Dennoch kann die Erwerbsbeteiligung und die Arbeitszeit von Frauen erhöht werden, wenn Chancengleichheit für Frauen und familiär bedingte Einschränkungen, wie Kinderbetreuung, Arbeitszeiten und Mobilität verbessert werden. Obwohl ein flächendeckendes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen besteht, fehlt es an der notwendigen bedarfsgerechten und flexiblen Kinderbetreuung. Neben dem Bereitstellen von Teilzeitarbeitsplätzen durch die Arbeitgeber zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellen die Frauen in unfreiwilliger Teilzeit, insbesondere in Mini- und Midi-Jobs, ein Potential für den regionalen Arbeitsmarkt dar.

Gewinnung von Fachkräften steuern

Die Zuwanderung von Fachkräften in die Region Gotha gestaltet sich schwierig, da im Landkreis keine industriellen Großbetriebe angesiedelt sind. Weiterhin verstärkt sich dieser negative Trend aufgrund der vorliegenden mittel - und kleinteiligen Wirtschaftsstruktur. Hier Attraktivitätsimpulse zu setzen, gestaltet sich zunehmend diffizil. Um einer Abwanderung konstruktiv entgegnen zu können, muss noch intensiver an der Attraktivität Gothas als Beschäftigungsstandort gearbeitet werden. Dazu zählen insbesondere Jobsicherheit, vernünftige Löhne und attraktive Karrierechancen.

28

Berufsorientierung, Ausbildung und Qualifizierung vorantreiben

Ein höherer Anteil Qualifizierter am Erwerbspersonenpotential trägt weiterhin maßgeblich zur Verhinderung von Fachkräftemangel bei. Indem Schulabsolventen von einer Ausbildung in der Region überzeugt werden, kann dem negativen Wanderungssaldo entgegengewirkt werden. Um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden, ist die frühzeitige Berufsorientierung bereits in den Vorabgangsklassen unabdingbar. Qualifizierung und Ausbildung von Arbeitslosen liegt im Aufgabenbereich der Bundesagentur für Arbeit. So können Umschulungen von Frauen, die einen Abschluss in einem nachfrageschwachen kaufmännischen Beruf oder im Dienstleistungssektor erworben haben, auf technische Berufe umgeschult werden, um so den Fachkräftebedarf in diesen Bereichen zu vermindern. Eine enge Zusammenarbeit vor allem mit Unternehmen und den Kammern vor Ort, den Agenturen für Arbeit und weiteren Trägern kann das Weiterbildungsangebot und die Qualifizierungsdichte überdies intensivieren.

29

6.2 Aktivitäten der Agenturen für Arbeit / Jobcenter

Erwerbsbeteiligung Älterer über 50 erhöhen

Entsprechend des Handlungsschwerpunktes werden im Landkreis Gotha konkrete Maßnahmen der Agentur für Arbeit und des Jobcenters im Landkreis Gotha zur Steigerung der Erwerbspartizipation dieser Personengruppe unternommen. Dazu zählen im Wesentlichen: individuelle Beratung der Unternehmen (Arbeitsmarktberatung) zur Nutzung des Fachkräftepotenzials Älterer unter Berücksichtigung der aktuellen Arbeitsmarktsituation umfangreiche Übersetzung aller Vorteile bei der Beschäftigung eines älteren Arbeitnehmers aktive Beteiligung in der Netzwerkarbeit durch Vorträge und Diskussionsrunden Umsetzung des Bundesprogramm „Perspektive 50plus“ durch ein spezielles arbeitnehmerorientiertes 50plus-Team im Jobcenter im Landkreis Gotha, Arbeitgebervermittler 50plus im gemeinsamen Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Gotha und des Jobcenters im Landkreis Gotha sowie der Jobwerkstatt alternativ detaillierte Analyse und Beratung des Bewerberpotenzials und zeitnahe Umsetzung von Qualifizierungsmaßnahmen zur Anpassung der Älteren an die Markterfordernisse Sicherung der Arbeitsplätze von älteren Beschäftigten durch Anpassungsqualifizierungen über das Programm WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter Älterer in Unternehmen) Angebote zur beruflichen Um- und/ oder Weiterqualifizierung zur Verbesserung der beruflichen Situation

30

aktive Ansprache der Unternehmen, die Kunden im Minijobbereich beschäftigen und zur Umwandlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung motiviert werden sollen

Ergänzt wird der Handlungsschwerpunkt im Landkreis Gotha durch Vorträge und Diskussionen u.a. in den folgenden Netzwerken und Gremien: Wirtschaftsförderung/Unternehmerstammtisch Wirtschaftsstammtisch Gotha Regionales Service-Center Gotha Bundesverband Mittelständische Wirtschaft Regionalbeirat Nord-/ Mittel-/ Südwestthüringen Thüringer Netzwerk Demografie Wirtschaftsclub-Gotha Auszeichnungen wie „Unternehmen mit Weitblick“

Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöhen Aus den im Fazit genannten Hebeln werden folgende Aktivitäten der Agentur für Arbeit Gotha und des Jobcenters im Landkreis Gotha zur Erhöhung der Frauenerwerbsquote, insbesondere durch den Abbau familiär bedingter Hürden für den Arbeitsmarkt, abgeleitet: Arbeitgeberberatung zur familienorientierten Personalpolitik  Halten und Gewinnen von Mitarbeitern mit Familienpflichten Bereitstellung von Flyern zu Themen wie Elternzeit, flexible Arbeitszeit, Telearbeit, Berufsrückkehrer, Kinderbetreuung, Teilzeitausbildung und Elder Care sowie Broschüren für Firmen regelmäßige Informationsveranstaltungen für Berufsrückkehrer/innen „Wiedereinstieg nach der Familienphase“ mit der Ausgabe von entsprechendem Informationsmaterial Angebot der Veranstaltung „Jobs online finden und richtig bewerben“ mit Bewerbungstipps für Frauen und Vorstellung der Lernbörse

31

Beteiligung an Veranstaltungen zur Berufsorientierung zur Überwindung des geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktes, z.B. Girls´ Day Analyse und Beratung der Frauen bei Bedarf zu Qualifizierungsmöglichkeiten, auch in Teilzeit

Ergänzt wird der Handlungsschwerpunkt im Landkreis Gotha durch Vorträge und Diskussionen u.a. in den folgenden Netzwerken und Gremien: Wirtschaftsförderung Logistik-Netzwerk-Thüringen Arbeitskreis Girls´ Day Lokales Bündnis für Familien im Landkreis Gotha Regionalbeirat Nord-/ Mittel-/ Südwestthüringen Regionales Service-Center Gotha Bundesverband Mittelständische Wirtschaft

Berufsorientierung, Ausbildung und Qualifizierung vorantreiben

Entsprechend des Handlungsschwerpunktes werden im Landkreis Gotha konkrete Maßnahmen der Agentur für Arbeit und des Jobcenters im Landkreis Gotha zur Forcierung der Berufsorientierung, Ausbildung und Qualifizierung unternommen. Dazu zählen im Wesentlichen: Durchführung von berufsorientierenden Veranstaltungen bzw. Aktionstagen mit Unternehmen und anderen Netzwerkpartnern wie z.B. Tag der Berufe, Bildungsmesse des Landkreises Gotha und der Girls´Day / Boys´Day umfassende und individuelle Beratung der Unternehmen hinsichtlich der Vermittlung und Bindung von Auszubildenden unter Berücksichtigung des Bewerberpotenzials

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Beratung der Ausbildungsbetriebe hinsichtlich des Angebotes von Praktika (ggf. Langzeitpraktika im Rahmen Einstiegsqualifizierung) bedarfsorientierter Einsatz von ausbildungsbegleitenden Hilfen, um Jugendlichen durch Stützunterricht die Einmündung in eine Ausbildung und/oder deren erfolgreiche Absolvierung zu ermöglichen Einsatz von berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zur Erlangung der Ausbildungsreife bzw. Berufsausbildungen in außerbetrieblichen Einrichtungen für benachteiligte Jugendliche Steigerung des Qualifikationsniveaus von geringqualifizierten Arbeitslosen und Beschäftigten durch IFlaS (Initiative zur Flankierung des Strukturwandels) und WeGebAU Arbeitsmarkt- und Qualifizierungsberatung für Unternehmen (Themen wie Altersstruktur und Qualifizierung werden unter dem Gesichtspunkt der Fachkräftesicherung betrachtet und Qualifizierungspläne erarbeitet; richtet sich vornehmlich an klein- und mittelständische Unternehmen)

Ergänzt wird der Handlungsschwerpunkt im Landkreis Gotha durch Vorträge und Diskussionen u.a. in den folgenden Netzwerken und Gremien: Netzwerk Ausbildungsbörse Gotha Berufsorientierungs-Beirat Thüringen Netzwerk Berufswahlfreundliche Schule Arbeitskreis Girls` Day Netzwerk Einstiegsqualifizierung Firmenausbildungsverbund/Kammern Netzwerk Bildungsträger

33

Abbildungen Abbildung 1: Physische Karte des Landkreises Gotha (Klett-Perthes) ....................... 5 Abbildung 2: Anteil der Unternehmen nach Anzahl der Beschäftigten Arbeitnehmer im Landkreis Gotha ............................................................................................. 6 Abbildung 3: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach ausgewählten Wirtschaftszweigen (WZ 2008), Landkreis Gotha .............................................. 7 Abbildung 4: Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in tausend Euro, Zeitraum 2000 bis 2009, Vergleich Thüringen Landkreis Gotha ...................................................... 9 Abbildung 5: Umsatz im verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau, 2010 und 2011 nach Kreisen in Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten. ....................... 10 Abbildung 6: Strukturindikator – Wirtschaftliche Entwicklung, Land Thüringen, Landkreis Gotha ............................................................................................... 11 Abbildung 7: Altersstrukturentwicklung 2009 und 2030 nach ausgewählten Altersgruppen, Prognose Landkreis Gotha ...................................................... 12 Abbildung 8: Alterspyramide, Vergleich 2009 und 2030, Prognose Landkreis Gotha .......................................................................................................................... 13 Abbildung 9: Strukturindikator – Demografische Entwicklung, Land Thüringen, Landkreis Gotha ............................................................................................... 14 Abbildung 10: Ein- und Auspendler, Landkreis Gotha .............................................. 15 Abbildung 11: Einpendler aus anderen Regionen in den Landkreis Gotha .............. 16 Abbildung 12: Auspendler aus dem Landkreis Gotha ............................................... 16 Abbildung 13: Median der Bruttoarbeitsentgelte pro Monat für sv-pflichtig Beschäftigte im Vergleich zum Bund und Thüringen ....................................... 17 Abbildung 14: Strukturindikator – Bildungslage, Land Thüringen, Landkreis Gotha 18 Abbildung 15: Entwicklung abgeschlossener Ausbildungsverträge im Agenturbezirk Gotha ................................................................................................................ 19 Abbildung 16: Absolventen/Abgänger aus allgemeinbildenden Schulen im Landkreis Gotha ................................................................................................................ 20 Abbildung 18: Strukturindikator – Soziale Lage, Land Thüringen, Landkreis Gotha 22 Abbildung 19: Entwicklung Bedarfsgemeinschaften im Vergleich mit Thüringen und Deutschland gesamt ......................................................................................... 23 Abbildung 20: Leistungen je Bedarfsgemeinschaft im Vergleich mit Thüringen und Deutschland, Durchschnittswerte ..................................................................... 24 Abbildung 21: Personen in Bedarfsgemeinschaften mit Einkommen im Vergleich mit Thüringen und Deutschland gesamt................................................................. 25

34

35

Strukturdaten des Landkreises Gotha Eckwerte zur Fachkräftesicherung für die Region

Merkmale

LK Gotha

Bevölkerungsstatistik Bevölkerung (Stichtag 31.12.2011)

137.340

darunter: im erwerbsfähigen Alter (15 bis unter 65 Jahre)

89.422

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder (Jahressumme 2009) verfügbares Einkommen der priv. Haushalte je Einwohner (in €)

15.635

Beschäftigungsstatistik Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (am Arbeitsort; vorläufige Ergebnisse; Stichtag 31.12.2011) Pendlersaldo (Einpendler – Auspendler, Stichtag: 30.06.2011)

45.782

-7.768

Arbeitsmarktstatistik (Jahresdurchschnittswerte 2011) Arbeitslose insgesamt

5.993

Arbeitslosenquote (auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen;)

8,1%

gemeldete soz.-vers.-pfl. Arbeitsstellen

509

Ausbildungsstellenmarktstatistik (Berichtsjahr 2010/2011) Bewerber für Berufsausbildungsstellen

811

Grundsicherungsstatistik (Stand August 2012) Bedarfsgemeinschaften

7174

Personen in Bedarfsgemeinschaften

12.917

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte

8.746

Quellen: Bundesagentur für Arbeit, Statistisches Bundesamt, Thüringer Landesamt für Statistik

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