2 2014 Deutsches TechnikMuseum BERLIN Zeitschrift der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin und der Freunde und Förderer des DTMB e.V. 30. (54.) Jahrgang · Preis: 5,00 

SCHWERPUNKT: Der Stein und die Technik „Kunst am Bau“ – Terrakotten vom Anhalter Bahnhof Der Mühlstein – ein unbekanntes Wesen Steine aus dem All – Meteorit und Mondgestein

DEUTSCHES TECHNIKMUSEUM BERLIN

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Inhalt

Herausgeber: Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin (SDTB) und Freunde und Förderer des Deutschen Technikmuseums Berlin e. V. (FDTM) V. i. S. d. P.: Prof. Dr. Dirk Böndel (Direktor der SDTB) und Wolfgang Jähnichen (Vorsitzender des FDTM) SDTB Trebbiner Straße 9, 10963 Berlin Tel.: (030) 90 25 40, Fax: (030) 90 25 41 75 Homepage: www.sdtb.de E-Mail: [email protected]

Zu dieser Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Ein Stein ist ein Stein · Aber jeder Stein ist anders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Edelstein · Ein „Kunst“-Stein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Großstadtpflaster · Straßen rund ums Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auf Schritt und Tritt · Gehwege rund ums Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Kunst am Bau“ · Terrakotten vom Anhalter Bahnhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziegel, Kaffenkahn und Biberschwänze Das älteste Baumaterial der Welt im Deutschen Technikmuseum . . . . . . . . . . . . . Der Mühlstein · Ein unbekanntes Wesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steingeschliffene Teleskopspiegel · Kaufhausfernrohr oder Eigenbau? . . . . . . Was hat ein Stein mit der Zeit zu tun? Das Turmuhrwerk im Foyer des Deutschen Technikmuseums . . . . . . . . . . . . . . . . Steine aus dem All · Meteorit und Mondgestein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wenn Steine sprechen könnten Geschichte(n) der Ruinen im Museumspark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Objekt des Monats · April, Mai, Juni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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SDTB-Info Sanierung des Zeiss-Großplanetariums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neues von der Ladestraße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanierungen in der Trebbiner Straße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachrichten aus der „Nachrichtentechnik“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . FDTM-Info Herbert Liman mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitskreis Dampf am 31. März 2014 gegründet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wege zwischen Preußen und Sachsen – Wegemuseum Wusterhausen . . . . . . . . . Nachruf auf Jürgen Kretzer-Moßner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Buch-Besprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Nachruf auf Rainer J. Fischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe

Nico Kupfer · Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt BZI/SDTB

Arda Akkus Wissenschaftlicher Mitarbeiter Schifffahrt

Nora Lackner · Wissenschaftliche Volontärin Nachrichtentechnik

Dr. Maria Borgmann Stellvertretende Chefredakteurin

Herbert Liman · Ehrenmitglied des FDTM

Reinhard Demps · Chefredakteur

Dr. Felix Lühning Leiter Archenhold-Sternwarte

Dr. Alfred Gottwaldt Leiter Schienenverkehr

Martin Pritzkow FTDM, Arbeitskreis Dampf

Andrea Grimm Manufakturelle Schmuckproduktion

Jutta Rehor Leiterin Technischer Dienst

Tim Florian Horn Leiter Zeiss-Großplanetarium

Jürgen Rose Leiter AG Messung thermischer Energie, PTB Braunschweig und Berlin

Christine Keruth · Zucker-Museum, Projekt Neugestaltung der Ausstellung Dr. Volker Koesling · Leiter Lebensmitteltechnologie, Zucker-Museum und Pharmazie Ulrich Kubisch · Leiter Straßenverkehr

Reiner Schipporeit · Leiter Sammlungsdienst und Abteilung Energietechnik Claudia Schuster · Leiterin Schifffahrt und Wissenschaftliche Instrumente

FDTM Trebbiner Straße 9, 10963 Berlin Tel.: (030) 262 20 31, Fax: (030) 26 55 81 85 Homepage: www.fdtmb.de E-Mail: [email protected] Vom Finanzamt für Körperschaften Berlin als besonders förderungswürdig anerkannt. Steuernummer: 27/655/52092 Newsletterbestellung über E-Mail: [email protected] Termine der Verkehrsvereine Berlin und Brandenburg auch unter: www.hivbb.de Die Geschäftsstelle im Stellwerk ist donnerstags von 10 –13 Uhr geöffnet. Erscheinungsweise: Die Zeitschrift erscheint mindestens viermal im Jahr. Namentlich gezeichnete Beiträge stellen die Meinung des Autors/der Autorin dar. Nachdruck, auch auszugsweise, nur unter Angabe der Quelle und Zusendung eines Belegexemplars gestattet. Redaktion: Michael Ahrendt (FDTM), Dr. Maria Borgmann (stellv. Chefredakteurin SDTB), Reinhard Demps (Chefredakteur FDTM), Dr. Alfred Gottwaldt (stellv. Chefredakteur SDTB), Dr. Tiziana Zugaro (SDTB) E-Mail: [email protected] Redaktionsbeirat: Andreas Curtius (SDTB), Prof. Joseph Hoppe (SDTB), Herbert Liman (FDTM), Dr. Felix Lühning (SDTB), Dr. Christian Neuert (SDTB), Achim Pohlman (FDTM), Dr. Jürgen Rose (Förderverein der Archenhold-Sternwarte), Jörg Schmalfuß (SDTB), Barbara Senst (FDTM) Design: Rainer J. Fischer (Konzeption, Gestaltung), Lennart Fischer (Gestaltung) Druck: DBM Druckhaus Berlin-Mitte GmbH, Wilhelm-Kabus-Straße 21–35, 10829 Berlin Verkaufspreis: Mitglieder des FDTM erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Abonnementpreis einschließlich Versandkosten 20,00 € pro Jahr. Bestellung beim FDTM. Die Lieferung nach Vorauszahlung des Betrages auf das Konto 0620005432 bei der Berliner Sparkasse, BLZ 100 500 00. IBAN DE43100500000620005432 BIC BELADEBE Auflage: 2 100 Exemplare Titelbild: Mahlstein in der Holländermühle des Deutschen Technikmuseums. © SDTB/Foto: C. Kirchner

Verkaufspreis für diese Ausgabe: 5,00 € ISSN: 1869 – 1358

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Zu dieser Ausgabe

Liebe Leserin, lieber Leser, wir möchten zunächst an dieser Stelle Herbert Liman, Ehrenmitglied des FDTM, Beiratsmitglied der Redaktion unserer Zeitschrift und langjähriger Freund des Deutschen Technikmuseums, herzlich zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande gratulieren, das ihm der Staatssekretär für Kultur Tim Renner am 8. Juli 2014 im Museum verliehen hat. Einen Bericht finden Sie auf S. 37. Als wir uns das Schwerpunktthema für diese Ausgabe überlegten, kamen wir auf das Material, das der frühesten Epoche der Menschheitsgeschichte den Namen gab und uns geradezu als Symbol für Härte, Sicherheit und Erdgebundenheit erscheint: den Stein. Mit welchem gigantischen Thema wir es hier zu tun haben, macht schon unser Titelbeitrag deutlich: „Ein Stein ist ein Stein. Aber jeder Stein ist anders“. Noch komplizierter wird es dadurch, dass letztlich alle „Steine aus dem All“ kommen. Ist uns das bewusst, wenn wir das Mondgestein im Deutschen Technikmuseum und den Meteoritenstein in der Archenhold-Sternwarte betrachten, den man sogar anfassen darf? Sie sehen, liebe Leserin und lieber Leser, dass wir uns dieses Mal tatsächlich zwischen Himmel und Erde, dem Weltall und dem Erdinnern, bewegen, größer könnte die Spannweite kaum sein, doch zumeist bleiben wir bei den irdischen Ausprägungen. Allerdings stehen uns zu wenige Seiten zur Verfügung, sodass wir nur eine kleine Themenauswahl treffen konnten und so interessante Objekte wie zum Beispiel die Trümmerlok im Lokschuppen II oder den Glättstein in der Papiertechnik weglassen mussten. Wir hoffen aber, dass einige echte Entdeckungen für Sie dabei sind. Was wissen Sie zum Beispiel über die Ruinen im Museumspark? „Wenn Steine sprechen könnten“ heißt der Beitrag, der die Auflösung für manches Rätsel bietet. Und hatten Sie schon mal die Gelegenheit, sich in der Bockwindmühle umzuschauen und den Mühlstein in der Holländermühle zu betrachten? Was bedeuten das Loch in seiner Mitte oder die Rillen? Wir erklären

Ihnen den „Mühlstein, ein unbekanntes Wesen.“ Auch beim Gang durch das Deutsche Technikmuseum begegnet Ihnen das Material Stein in den unterschiedlichsten Formen, Arten und Anwendungen: vom „Edelstein – ein ‚Kunst-Stein’?“ in der Schmuckproduktion über die „’Kunst am Bau’ – Terrakotten vom Anhalter Bahnhof“ bis zu den Kalksteinen am Turmuhrwerk in der Eingangshalle – „Was hat ein Stein mit der Zeit zu tun?“ Das Eingangsgebäude selbst verdankt seine schlichte Schönheit vor allem den Backsteinen und den Dachziegeln, wie sie im Kaffenkahn in der Schifffahrtsabteilung auch zu sehen sind. „Berlin ist aus dem Kahn gebaut“ war ein geflügeltes Wort bis ins 20. Jahrhundert hinein. Dass die Ziegelherstellung eine Jahrtausende alte Technik ist, auf die sich nur noch wenige Firmen verstehen und wie ökologisch sinnvoll dieser Baustoff gerade auch heute ist, können Sie in dem Beitrag „Ziegel, Kaffenkahn und Biberschwänze“ nachlesen. Wenn Sie das Museum verlassen, achten Sie bitte genau, wohin beziehungsweise worauf Sie treten! „Auf Schritt und Tritt“ erklärt Ihnen warum, und Sie werden in Zukunft sicherlich die Berliner Gehwege und das Straßenpflaster nicht nur bei Bauarbeiten genauer betrachten. Schauen Sie sich auch die über hundert Jahre alte Ladestraße am ehemaligen Anhalter Güterbahnhof an, wo die Bauarbeiten an den Hallen 3– 6 in großen Schritten vorangehen. Dort werden im nächsten Jahr die neue Ausstellung „Das Netz“, ein Sonderausstellungsraum sowie mehrere Veranstaltungsräume eröffnet werden. Wir unterrichten Sie auch über weitere Sanierungen und Planungen. Dass Sie diese Ausgabe etwas verspätet in Händen halten, hat leider einen traurigen Hintergrund: Rainer J. Fischer, der seit fast zehn Jahren unserer Museumszeitschrift das unverwechselbare Gesicht gegeben hat, ist völlig unerwartet gestorben. Mit ihm haben wir einen dem Museum sehr verbundenen, sehr engagierten Fachmann und Freund verloren. Sein Sohn Lennart

Fischer hat sich bereit erklärt, auf der Grundlage des bestehenden Designs die weitere Gestaltung der Zeitschrift zu übernehmen, wofür wir sehr dankbar sind. Wir hoffen, liebe Leserin und lieber Leser, dass Sie auch diese Ausgabe wieder mit Gewinn lesen und wünschen Ihnen eine erlebnisreiche Sommerzeit. MARIA BORGMANN, REINHARD DEMPS

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Der Edelstein

der Edelsteine zu verstärken, um aus ihnen Schmucksteine zu fertigen. Die wohl älteste Bearbeitungstechnik für Edelsteine ist die Steinschneidekunst (Glyptik). Hierbei werden Figuren, Symbole oder Muster in den Stein geritzt oder geschnitten. Die frühesten Beispiele dieser Handwerkskunst finden wir bereits in der Steinzeit in Form von gravierten Knochen und Bernstein. Die Sumerer und Babylonier fertigten auf diese Weise Siegel und Amulette und die Ägypter ihre berühmten Skarabäen. Zur Zeit der Griechen und Römer wurde diese Technik zunehmend verfeinert. Es entstand die Kunst des Gemmenschneidens. Viele antike römische Gemmen kann man noch heute auf mittelalterlichen Schreinen und Kirchengerät bewundern. Parallel zur Glyptik entstand die Steinschleifkunst. Anfänglich begnügte man sich damit, die natürlichen Spaltflächen der Edelsteine zu polieren, um so ihren Glanz und ihre Transparenz zu erhöhen. Undurchsichtige Edelsteine wurden abgerundet (muglig geschliffen): Der so genannte Cabochon-Schliff entstand.

Ein „Kunst“-Stein?

s Jugendstilcollier (um 1900) mit Opal, Rubelith und Perle (links) sowie ungeschliffene Rubelithe (rechts) als Rohsteine. © SDTB/Foto: C. Kirchner

Der

Begriff des Edelsteins ist bis heute nicht klar wissenschaftlich definiert. Die meisten Edelsteine gehören zu der Gruppe der Mineralien und weisen eine kristalline Struktur auf, so der Diamant, Korund oder Quarz. Es gibt aber auch Vertreter der Gesteine wie Granit, Obsidian oder Marmor sowie organische Substanzen, zum Beispiel Bernstein, Koralle oder Perle, die als Edelstein Verwendung finden. Letztlich ent-

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scheiden die optischen Eigenschaften, welche Stoffe als Edelstein bezeichnet werden. Er wird immer häufiger auch „Schmuckstein“ genannt, denn: Er soll vor allem schmücken.

Antike Bearbeitungstechniken Schon in der Frühzeit versuchten die Menschen, mit Hilfe verschiedenster Bearbeitungstechniken die natürliche Schönheit

s Edelsteinschleiferin beim Schleifen eines Sodaliths im Cabochon-Schliff. © Foto: M. Grimm

Der Facettenschliff Den Höhepunkt dieser Entwicklung stellte die Erfindung des Facettenschliffes dar. Dieser ist seit dem 15. Jahrhundert allgemein bekannt. Die Facetten fördern die Lichtbrechung innerhalb des Steines und verleihen ihm eine höhere Brillanz und Farbintensität. Es gibt zahlreiche Arten von Facettenschliffen. Der wohl bekannteste ist der Brillantschliff. Diamanten, die auf diese Weise geschliffen wurden, dürfen Brillanten genannt werden. Die Facetten werden so zueinander angeordnet, dass sich das Licht optimal brechen kann und eine größtmögliche Reflexion hervorgerufen wird. So entsteht aus einem äußerst unscheinbaren Rohstein einer der wohl teuersten und begehrtesten Edelsteine der Welt. Sind also Edelsteine Kunststeine? In gewisser Weise schon, wobei man das Attribut „Kunst“ hier nicht als „künstlich“, sondern als „künstlerisch“ auffassen muss. Der Mensch bearbeitet das natürliche Produkt, um seine Schönheit zu betonen und zu steigern. Aus dem zunächst unscheinbaren Edelstein – dem Mineral, Gestein oder der organischen Substanz – entsteht der prunkvolle Schmuckstein. Einige Beispiele dieser Metamorphose sind in der Abteilung Schmuckproduktion zu bewundern. ANDREA GRIMM

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Ziegel, Kaffenkahn und Biberschwänze Das älteste Baumaterial der Welt im Deutschen Technikmuseum

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Unter Karl dem Großen, der seine Pfalzen mit Ziegeln decken ließ, lebte die Technik der Ziegelherstellung wieder auf. Mönche trugen das in den Klosterziegeleien erworbene Wissen weiter, und im Umfeld der Städte entstand in der Nähe von örtlichen Tonvorkommen eine Vielzahl von Ziegelbrennereien. Zisterzienser und flämische Siedler brachten die Ziegelbauweise im

s So wie diese Ziegelei sah auch die Fabrik in Greppin am Ende des 19. Jahrhunderts aus. © SDTB/Foto: Historisches Archiv

Die Herstellung von Ziegeln gehört zu den ältesten grundlegenden Techniken des Menschen und behauptet auch im Zeitalter des Betons und anderer Baustoffe sowie von Flachdächern nach wie vor ihren speziellen Stellenwert. So viele Arten es gibt, so viele Verwendungszwecke ermöglicht dieser Baustoff.

In der griechischen und römischen Antike gehörte Bauen mit Ziegeln bereits zur Bautradition. Römische Legionäre brachten die Kunst des Ziegelbrennens über die Alpen. Die Ziegelarchitektur hatte hier ihre erste Blütezeit vor dem Abzug der Römer im 4. Jahrhundert. Davon zeugt noch heute die Konstantinbasilika in Trier.

12. Jahrhundert nach Norddeutschland und auch nach Brandenburg. Der „Backstein“ prägte vor allem kirchliche und weltliche Repräsentationsbauten der Gotik und Renaissance. Die heute noch vielfach vorhandenen nordeuropäischen Backsteinkirchen sind besonders eindrucksvolle Zeugnisse dieser Baukunst.

Ziegelherstellung vom Altertum bis zur Neuzeit … Aus Funden in Mesopotamien, auch Zweistromland genannt, zwischen Euphrat und Tigris (heute Irak und Ostsyrien) und im Nildelta sind Ziegel aus der Zeit vor 15 000 Jahren bekannt. Es handelte sich um Steine aus Lehm beziehungsweise luftgetrocknetem Ton. Erste gebrannte Ziegel wurden vor 4 500 Jahren verbaut. Die hohe Kunst des Ziegelbrennens kann man auf der Berliner Museumsinsel im Pergamon-Museum an dem circa 600 v. Chr. errichteten Ishtar-Tor bewundern.

s Ziegeleistempel der Firma Barnewitz & Gebhardt, Rathenow. © Foto: SDTB

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… und im 19. Jahrhundert Die Herstellungstechnik von Ziegeln blieb bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts gleich: Der Ton wurde mit einfachen Werkzeugen per Hand in der Tongrube abgetragen, dann durch Sommern und Wintern in Gestellen über ein ganzes Jahr an der Luft gelagert und getrocknet, anschließend durch Schlämmen, Stampfen und Schnei-

Der königlich-preußische Baurat FriedrichAugust Hoffmann hatte 1858 durch die „Erfindung eines ringförmigen Ofens“ nicht nur die Grundlage für die Massenproduktion von Ziegeln, sondern auch für sein florierendes Unternehmen gelegt. Mit dieser Technik war der Weg frei für den Aufbau der wachsenden Städte, so auch der Großstadt Berlin.

15 Beton sowie veränderte Bauverfahren durchsetzten und die Rohstoffe vor Ort vielfach zur Neige gingen, sind Ziegeldächer und Backsteinbauten leider selten geworden. Die lange Haltbarkeit, Wetterbeständigkeit und die guten klimatechnischen Eigenschaften sowie die vielfältigen Farbenspiele, vor allem bei glasierten Klinkern, machen Ziegel und Backsteine aber

s Grabmal von Friedrich-August Hoffmann auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin. © Foto: H. Liman

den geformt und aufbereitet. Die Trocknung erfolgte auf freiem Feld oder in Trockenschuppen, das Brennen in Meilern, Feldbrennöfen oder Kammeröfen. Die fertigen Ziegel oder Backsteine wurden in Karren, Körben oder Kiepen transportiert. Anfang des 19. Jahrhunderts begannen die Mechanisierung und der Einsatz von Dampfmaschinen. Bis zum Ende des Jahrhunderts war die Industrialisierung auch in der Ziegelei weit fortgeschritten: Der Abbau erfolgte mit Eimerketten- oder Löffelbaggern, der Transport auf schienengebundenen Loren; geformt wurde mit Hilfe von Strang- oder Revolverpressen, getrocknet in Großraum- oder Kammertrocknern, gebrannt in Ring- oder Zick-Zack-Öfen.

Neue Techniken im 20. Jahrhundert Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts erfolgt die Brennung in Tunnelöfen mit Vorwärmung, Brennzone und Kühlzone. Das Brenngut durchläuft auf einem Ofenwagen eine feststehende Feuerzone, und die Heizung erfolgt nicht mehr mit Kohle, sondern mit Gas oder Öl. Die Brennzeit verkürzte sich von mehreren Tagen auf mehrere Stunden. Auch die Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland eingeführte Normung trug zur Entstehung einer Massenproduktion bei. Heute produzieren nur noch wenige Ziegeleien nach historischem Verfahren, meist zur Restaurierung denkmalgeschützter Bauten. Da sich andere Baustoffe wie

zu einem nach wie vor zeitgemäßen, ästhetisch ansprechenden und bautechnisch kaum zu übertreffenden Material. Im Haupt- und Eingangsgebäude des Deutschen Technikmuseums sowie in den Gebäuden des ehemaligen Anhalter Güterbahnhofs sind zu großen Teilen Ziegel verbaut. Sie zeugen von der stadtbildprägenden architektonischen Qualität dieser Zweckbauten und geben dem weitverzweigten Museumskomplex eine charakteristische Note sowie einen hohen Wiedererkennungswert. Im Kaffenkahn, dem größten Ausstellungsobjekt der Schifffahrtsausstellung, verlocken sogenannte Biberschwänze – Dachziegel in einer besonderen Form – zum genaueren Hinsehen.

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Ziegel im Deutschen Technikmuseum Hauptgebäude Trebbiner Straße Die Ziegel in den Gebäuden des Deutschen Technikmuseums wurden im sogenannten Reichsformat gebrannt. Nach einem Erlass des Preußischen Handelsministeriums vom 13. 10. 1870 war das Format der Steine festgelegt. Das galt zunächst für Staatsbauten, setzte sich dann aber allgemein in Preußen durch. Die anderen deutschen Bundesländer schlossen sich dieser Regelung an, sodass sich der Begriff „Reichsformat“ einbürgerte. Die roten Ziegel im Eingangs- und Hauptgebäude in der Trebbiner Straße 9, das nach Plänen des Architekten Max Buchholz im Jahr 1908 errichtet wurde, sind überwiegend maschinell geformt worden, sodass ihre Herkunft nur schwer nachweisbar ist. Fürstenportal und Anhalter Güterbahnhof Die gelben Ziegelsteine, die im „Fürstenportal“ des ehemaligen Anhalter Bahnhofs (heute im Lokschuppen I ausgestellt) und im noch erhaltenen 1874–1876 errichteten Ostflügel des Empfangsgebäudes des ehemaligen Anhalter Güterbahnhofs verwendet wurden, stammen aus der Ziegelei Greppin, das heute ein Ortsteil der Stadt Bitterfeld ist. Dort wurde neben der Braunkohle auch Ton gefördert, und ab 1860 wurden Ziegel gebrannt. Ein seit 1857 vorhandener Bahnanschluss erleichterte die Versendung der Ziegel.

s Schauseite des östlichen Kopfbaus des Anhalter Güterbahnhofs, heute Science Center Spectrum. © SDTB/Foto: C. Kirchner

Greppiner Klinker 1872 wurden die Greppiner Werke in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und die Brennöfen modernisiert. Die Greppiner Klinker waren überregional für ihre hohe Qualität bekannt und dienten bis 1900 für zahlreiche repräsentative Gebäude zur Gestaltung der Schauseite. Für die Hintermauerung wurden Ziegelsteine geringerer Qualität aus unterschiedlichsten Provenienzen eingesetzt. Greppiner Klinker sind auch für die Schauseiten der meisten Gebäudeteile des Anhalter Personenbahnhofs verwendet worden. Nach Erschöpfung der Kohle- und Tonvorkommen wurden die Greppiner Werke 1932 geschlossen und demontiert. In das Tagebaurestloch der Braunkohle- und Tonförderung wurden 1932–1990 giftige flüssige Reststoffe aus der Bitterfelder Chemieproduktion eingeleitet, das im Volksmund „Silbersee“ genannt wird. Das noch heute nach Chemie riechende Gewässer ist abgesperrt und stellt nach wie vor eine Belastung der Umwelt dar.

s Fürstenportal im Eingangsbereich des Lokschuppens I im Deutschen Technikmuseum. © SDTB/Foto: C. Kirchner

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s Der beladene Kaffenkahn in der Schifffahrtsabteilung des Deutschen Technikmuseums. © SDTB/Foto: C. Kirchner

… und die Biberschwänze

s Berlin ist aus dem Kahn gebaut: Ladung mit Biberschwänzen im Kaffenkahn. © SDTB/Foto: C. Kirchner

Der Kaffenkahn … Der Kaffenkahn in der Schifffahrtsausstellung im Neubau des Deutschen Technikmuseums ist eines der am meisten bewunderten Ausstellungsstücke. Mit seiner Länge von 36 Metern, einer Breite von 4.50 Metern und seinem imponierenden Mast von 21 Meter Höhe, der bis in die Luftfahrtausstellung im 4. Obergeschoss ragt, lenkt er alle Aufmerksamkeit auf sich. Das für die Berlin-Brandenburgischen Gewässer typische Lastenschiff sank vermutlich 1855 in der Havel bei Eiswerder. Das Datum konnte durch die Fundstücke im Schiff bestimmt werden: den Ofen von 1817, die Geldstücke von 1845, 1846 und 1847 sowie durch die Stempel der Ziegelei

C. Barnewitz & W. Gebhard auf den Biberschwänzen, die ab 1852 arbeitete. Genaueres war nicht zu bestimmen. Auf einer Blechtafel, die der Schiffserkennung diente, war zwar die Zahl 5 916 vermerkt, aber die davor angebrachten Hinweise auf den Registerort fehlten, sodass man nicht weiß, in welchem Schiffsregister man nachschlagen sollte. Auch der auf einer Schiefertafel vermerkte Name W. Grothe, der auf den Schiffseigentümer hinweist, half nicht weiter. In den Ortschaften entlang der Havel oberhalb von Zehdenick, wo viele Schiffer zu Hause waren, konnten in den Kirchenbüchern keine Menschen dieses Namens gefunden werden, die als Beruf Schiffer angegeben hatten.

Das Schiff war mit über 30 000 Dachziegeln, sogenannten Biberschwänzen, beladen. Nach Auffinden des Wracks in der Havel bei Spandau und Entfernen einer bedeckenden Schlammschicht konnten sie Taucher 1987 bergen. Sie legten die Ziegel in Körbe, die mit einem Kran heraufgezogen und in eine Schute (ein antriebsloses Schiff) gelegt wurden. Die Ziegelei C. Barnewitz & W. Gebhard arbeitete bis 1917 in Rathenow. Eine Untersuchung durch die Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) bestätigte, dass die Biberschwänze auch heutigen Anforderungen an eine Dachdeckung genügen würden. Ein kleiner Teil der ehemaligen Ladung wird in den ergänzten Resten des Schiffes gezeigt. Sein Weg von Rathenow über den Hohennauener See (bei Rathenow) sowie den zwischen 1717 und 1725 gebauten, siebzig Kilometer langen Großen Havelländischen Kanal, der bei Nieder Neuendorf in die Oberhavel mündet, ist eindeutig nachzuvollziehen. „Berlin ist aus dem Kahn gebaut“ – am Beispiel des Kaffenkahns im Deutschen Technikmuseum wird ein bedeutendes Kapitel Berliner Geschichte lebendig. HERBERT LIMAN Literatur Schyia, Lothar: Gut Brand! Der Siegeszug des Ringofens. Süderburg 2000.

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Steingeschliffene Teleskopspiegel Kaufhausfernrohr oder Eigenbau?

s Herschels 40-Fuß-Spiegelteleskop. © Foto: Scan aus Leisure Hour, 2. Nov.,1867, Seite 229

Die Amateurastronomie steht heute hoch im Kurs, und es gibt ausgefeilt konstruierte Amateurfernrohre zu kaufen. Allerdings weisen die kommerziellen Optiken häufig Abbildungsfehler auf. Begeisterte Sterngucker schleifen deshalb gerne ihre Teleskopspiegel händisch selbst. Zudem bereitet die eigene Herstellung Vergnügen und gibt interessante Einblicke in die Historie der Fernrohrentwicklung. Der Selbstschliff eines Spiegels gestattet individuelle Anpassungen an Selbstbauprojekte von Spiegelteleskopen, da deren Qualität durch kontinuierliche Messverfahren zur Genauigkeitsverbesserung bestimmbar ist. Der Spiegelschleifer erarbeitet sich dabei Fähigkeiten, gute von schlechten Spiegeln zu unterscheiden und entwickelt ein Gefühl für die Tauglichkeit von „Kaufhausfernrohren“.

Eigenbau mit Foucaultscher Messmethode Teleskopspiegel selber zu schleifen, war früher selbstverständlich. Zum Beispiel realisierte der Musiker, bekannte Astronom und Entdecker des Planeten Uranus, Friedrich Wilhelm Herschel (1738 –1822), Teleskope mit selbst gefertigten Spiegeln. Die Entwicklung genauer Prüfverfahren für

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prüfung ergab eine nur durchschnittliche Qualität. Hätte Herschel die Messmöglichkeit nach der Foucaultschen Methode zur Verfügung gehabt, wären seine astronomischen Entdeckungen noch spektakulärer. Die Messmethode stellt die Grundlage dar, mit der heutige Amateurastronomen in der Lage sind, sehr gute Teleskopspiegel selber herzustellen.

s Spiegelschleifen per Hand, Warmpressen und Polieren. © Foto: Ante Perkovic

Optiken steckte noch in den Anfängen, und trotzdem gelangen außergewöhnliche Entdeckungen. Um eine ausreichende Bildqualität zu erreichen, mussten die Spiegel anhand ihrer Beugungsbilder am Sternhimmel getestet und aufwändig korrigiert werden. Die empfindlichen und schweren Spiegel mussten mehrfach ein- und ausgebaut und dabei stets justiert werden. Erst 1859 erfand der französische Physiker Léon Foucault eine einfache und geniale Methode zur genauen Prüfung von Teleskopspiegeln – die sogenannte Schattenprobe. Dabei ordnete er als künstlichen Stern eine punktförmige Lichtquelle im Krümmungsmittelpunkt des Spiegels an und betrachtete das reflektierte Teststernbild auf der Spiegeloberfläche. In den Strahlengang wurde zusätzlich seitlich eine Messerschneide eingebracht. Durch vorsichtiges Hineinschieben der Messerschneide werden einige Lichtstrahlen so verdeckt, dass auf dem Spiegel Schattenfiguren entstehen, die dessen Abbildungsfehler in Form von „Bergen und Tälern“ sichtbar machen. Besitzt der Spiegel eine exakte sphärische Form, zeigt er in der Beobachtung eine gleichförmige Oberfläche. In Herschels Nachlass wurde ein selbstgeschliffener Spiegel gefunden. Dessen Über-

Eigenhändige Herstellung von Spiegelteleskopen Präzision gefragt Das händische Herstellen erscheint zunächst als unmögliches Unterfangen. Die Ungenauigkeit der Spiegeloberfläche darf ein Viertel der Lichtwellenlänge (ein Viertel von 550 Nanometern!) nicht überschreiten. Zudem muss bei Spiegeln mit kleinen Öffnungsverhältnissen noch eine Parabolisierung erfolgen, das heißt der Krümmungsradius des Spiegels wird zur Mitte im Verhältnis zur Randkrümmung verkürzt. Mit Hilfe der Foucaultschen Schattenprobe können die Genauigkeitsanforderungen erfüllt werden. Wer die Mühe nicht scheut, wird mit adäquat hochwertigen, industrienah, das heißt professionell gefertigten Spiegeln belohnt. Außerdem besteht die Möglichkeit, Brennweiten zu realisieren, die nicht erhältlich sind. In der Literatur finden sich detaillierte Anleitungen und Erfahrungsberichte. Geeignetes Material Die Glasrohlinge müssen geringe Formänderungen bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen aufweisen. Eine Arbeitsgruppe an der Berliner ArchenholdSternwarte verwendete historisches Mate-

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s Es ist geschafft! Das selbstgebaute Fernrohr steht bereit. © Foto: J. Rose

rial: kupferbedampfte Fassadengläser des früheren „Palastes der Republik“, Borsilikatgläser. Zum Schleifen werden zwei Glasrohlinge gleicher Größe und Dicke benötigt, das Schleifwerkzeug muss aber kein hochwertiges Glas sein. Zum Handschliff dient Schleifmaterial unterschiedlicher Körnungen, Schleifsteine aus Siliziumkarbid K80 bis K320 und Feinschleifpulver Aluminiumoxyd 15 µm bis 9 µm. Zum anschließenden Polieren verwendet man Polierpulver Ceroxyd 3 000 und sogenanntes optisches Pech mit 28 Grad Härte auf der Zeiss-Skala.

Richtige Technik, gutes Ergebnis Für einen Spiegel von beispielsweise 1 200 Millimetern Brennweite und 200 Millime-

tern Öffnung ergeben sich für die Aushöhlung, die sogenannte Pfeiltiefe, 2,1 Millimeter. Die Mitte muss um diesen Wert tiefer abgetragen werden als der Rand. Mit Druck, langen seitlichen Strichen und periodischem Drehen der Glasplatten beginnt der mehrstufige Schleifprozess. Die Schleifschale wird nach zehn bis fünfzehn Strichen im Uhrzeigersinn gedreht, während man den Spiegel entgegengesetzt dreht. Beim Autor dauerten die Arbeitsschritte fünf Wochenenden. Der Feinschliff unterscheidet sich durch die Korngröße des Schleifmittels und bereitet den Spiegel zum Polieren vor. Besitzt der Spiegel die gewünschte Parabelform, lassen sich nach dem Polieren bereits ohne Verspiegelung Mond und hellere Sterne beobachten. Das Teleskop

sollte mit unbelegtem Spiegel testweise zusammengebaut werden. Ist der Spiegel bedampft, lassen sich keine Korrekturen mehr ausführen. Zeigt er ein scharfes Bild und gleiche Beugungsringe bei starker Vergrößerung, ist er gut und kann mit einer Reflektorschicht bedampft werden. Jetzt hängt die Freude am Beobachtungserfolg nur noch von günstigen Wetter- und Sichtverhältnissen ab! JÜRGEN ROSE Literatur Miller,K.: Schattenprobe nach Foucault zum Ausmessen von Teleskopspiegeln. Bundeswettbewerb „Jugend forscht“, Christian Gymnasium Herrmannsburg 2004 www.sterngucker.de/artikel/eigenbau/spiegelschleifen-teil-1-die-ausruestung

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FDTM-Info

Herbert Liman mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt

s Die im DTM gefertigte Medaille für Herbert Liman. © Foto: R. Cornelius

s Kulturstaatssekretär Tim Renner (l.), Herbert Liman (M.) und Museumsdirektor Prof. Dr. Dirk Böndel (r.). © Foto: R. Cornelius

Wohl selten findet das feierliche Ereignis einer Ordensverleihung in einer so heitergelösten Atmosphäre statt! Am 8. Juli 2014 überreichte der Berliner Staatssekretär für Kultur, Tim Renner, Herbert Liman, Ehrenmitglied des FDTM, im Deutschen Technikmuseum am Fürstenportal des Lokschuppens I das Bundesverdienstkreuz am Bande. In seiner mit vielen Originalzitaten Limans gespickten Rede warf Renner einen Blick auf dessen Leben, „auf das, was Sie geleistet haben und auch heute täglich leisten.“ Er würdigte sein vielfältiges ehrenamtliches Engagement neben und nach seiner beruflichen Tätigkeit in zahlreichen Fachgesellschaften und verkehrspolitischen Gremien deutschlandweit und international. Renner betonte auch die Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Meilensteine als „wichtigen Zeugen der Verkehrs-, Rechts- und Vermessungsgeschichte in einer sich immer mehr festigenden deutsch-polnischen Gemeinschaft“ sowie Limans Verdienste hinsichtlich der Klärung bau- und verkehrstechnischer Fragen mit Vertretern der DDR seit den 1970er Jahren und nach 1989 bei der Zusammenführung der Verkehrssysteme. Weiterhin zeichneten Herbert Liman, so Tim Renner, seine besondere Fähigkeit zur Mediation, zum „Brückenschlagen zwischen Menschen verschiedener Auffassungen“ und sein nunmehr 34-jähriges Wirken im Verein der Freunde und Förderer des Deutschen Technikmuseums aus, „ohne dessen Lobbying und vorbereitende Arbeit

für die Museumsgründung wir heute nicht hier wären. Sie setzen sich seit Ihrer Pensionierung mit Erfolg dafür ein, Erfahrung und historisches Wissen von Ingenieuren und technischen Berufen zu bewahren und für den Bildungsauftrag des Museums einzusetzen. Sie steigern damit die Attraktivität des Deutschen Technikmuseums erheblich. Ob es nun der große Webstuhl aus einem ehemaligen Industriekombinat im heutigen Chemnitz ist, das Modell des Anhalter Bahnhofs mit automatisierter Zugansage oder der Nachbau der Versuchsanlage von Marconi, dem Erfinder der drahtlosen Telegraphie, wir, vor allem aber die Besucher des Technikmuseums, verdanken diese Attraktionen maßgeblich Ihrer Unterstützung.“ Die an den zentralen Stellen von den Donnerschlägen eines heftigen Gewitters passend begleitete Rede endete mit den Worten: „Kurzum: Sie haben im Beruf Beachtliches geleistet und sich auch außerhalb und nach Ihrer beruflichen Tätigkeit ehrenamtlich und, wie die Urkunde zu Recht sagt, besondere Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland erworben.“ Anschließend überreichte der Staatssekretär im Auftrag des Bundespräsidenten Joachim Gauck die Urkunde, den Orden und die Anleitung zu dessen Tragen, deren Verlesung für Heiterkeit sorgte. Herbert Liman war die Freude über die Ehrung deutlich anzusehen, als er in seinen Dankesworten hervorhob: „Allein bin ich gar nichts. Ich empfinde diese Auszeich-

s Herbert Liman, ausgezeichnet mit dem Orden, bei seiner Dankesrede im Lokschuppen. © Foto: M. Ahrendt

nung als Anerkennung aller Menschen, mit denen ich in den letzten Jahren zusammengearbeitet habe.“ Der Direktor der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin, Prof. Dr. Dirk Böndel, würdigte den langjährigen „Freund, Förderer, Wegweiser und Berater“, so die Inschrift einer für ihn in der Abteilung Manufakturelle Schmuckproduktion von Manfred Schweiß gefertigten vergoldeten Medaille, die auch einen Wegweiser mit den Initialen HL zeigt. Anschließend feierten die geladenen Gäste mit Sekt und einer anschließenden fröhlichen „Tortenschlacht“ im Museumsrestaurant den „ausgezeichneten“ Herbert Liman. Auch die Redaktion dieser Zeitschrift gratuliert ihrem eifrigen Artikelschreiber, inhaltlichen Berater und Beiratsmitglied sehr herzlich! MARIA BORGMANN