Der WILDCAT BASSMAN PLUS

Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT WILDCAT BASSMAN Der WILDCAT BASSMAN PLUS Von Jorgos Estrella, Sebastian Go...
Author: Waltraud Weber
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Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT

WILDCAT BASSMAN

Der WILDCAT BASSMAN PLUS Von Jorgos Estrella, Sebastian Gonzales, Markus Haag, Thomas Schmidt und Henry Westphal

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Der FENDER Bassman 5F6-A Der FENDER Bassman 5F6-A ist DER Gitarrenverstärker schlechthin, er ist bis heute die absolute Referenz für Gitarrenverstärker überhaupt. So ist er der bevorzugte Verstärker von Stevie Ray Vaughan, Buddy Guy, B.B.King, T-Bone Walker, Jeff Beck und vielen anderen bekannten Gitarristen. Die Markteinführung war 1959, jedoch als Bassverstärker für E-Bass und Kontrabass. Seine untere Grenzfrequenz beträgt jedoch 90 Hz, das ist über eine Oktave über der unteren Hörgrenze von 40 Hz. Das ist ein sehr hoher Wert für einen Bassverstärker, stellte aber 1959 die Grenze des technisch Machbaren dar. Bald war jedoch mit Nachfolgemodellen eine tiefere Grenzfrequenz möglich. Daraus folgte die schnelle "Weitergabe" der 5F6-A-Verstärker an Gitarristen, die dann schnell den besonderen Klang entdeckten. Die Produktion des 5F6-A wurde bereits 1961 wieder eingestellt. Die Schaltung des 5F6-A wurde bis heute tausendfach kopiert. Die bekannteste Kopie ist der Marshall JTM-45. Auch alle auf ihn folgenden Marshall-Verstärker basierten auf dem FENDER Bassman 5F6-A. Die frühen Marshall-Verstärker klingen jedoch, trotz identischer elektrischer Schaltung, anders als der FENDER Bassman 5F6-A, da diese eine geschlossene Lautsprecherbox besitzen, während die Box des FENDER Bassman hinten offen ist. Der versuchsweise Anschluß einer Marshall-Box an unseren Bassman-Prototyp erbrachte dann auch sofort den typischen „Marshall-Sound“

Der FENDER Bassman 5F6-A Seite 3-2

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Der legendäre, durch den FENDER Bassman 5F6-A geprägte Gitarrensound ist also unbeabsichtigt , durch einen Zufall der Geschichte, entstanden.

Die eigentlich vorgesehene Anwendung des FENDER Bassman als Bassverstärker: Bill Black und Elvis Presley Live on Stage 1956, Bill Black spielt über ein frühes Bassman-Modell Kontrabaß. Quelle: www.scottymoore.net

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Das innovative, schaltungstechnische Moment des FENDER Bassman 5F6-A war die erstmalige Verwendung einer Phasenumkehrstufe in Differenzverstärkertechnik ("Long Tail") bei Instrumentalverstärkern. Diese Stufe trägt wesentlich zu der den Klang des Bassman prägenden besonderen Charakteristik der Endstufenverzerrung bei. Das folgende Bild zeigt das „Innenleben“ eines FENDER Bassman 5F6-A, der jedoch nachträglich mit einer zusätzlichen Modifikation versehen wurde.

Der FENDER Bassman 5F6-A von Innen, mit einer nachträglich eingebauten Modifikation

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Der FENDER Bassman 5F6-A: Der Verstärker von Hank Garland Der Gitarrist Hank Garland wurde bereits im Kapitel „Einführung“ erwähnt. Er ist einer der meistgehörtesten und einflußreichsten Gitarristen überhaupt, auch wenn sein Name in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt ist. Hank Garland hat mehr im Hintergrund als Session-Gitarrist in Nashville gewirkt. Hierbei hat er auch über einen FENDER Bassman 5F6-A gespielt. Hank Garland lebte von 1930 bis 2004. 1949 brachte er im Alter von 19 Jahren seinen ersten Millionseller, das Instrumental "Sugar Foot Rag" heraus. Von 1950 bis 1961 wirkte er als gefragter Studio-Gitarrist in Nashville bei vielen Welthits mit. Er spielte bei Aufnahmesessions mit Elvis Presley, Roy Orbison, den Everly Brothers, Patsy Cline und vielen anderen Künstlern eine bedeutende Rolle. Parallel dazu begann er eine zweite Karriere als Jazz-Gitarrist in New York, er spielt gemeinsam mit Charlie Parker und nimmt etliche Jazz-Platten auf. 1961 endet seine Karriere auf tragische Weise. Hank Garland wird bei einem Autounfall lebensgefährlich verletzt und fällt ins Koma. Er erwacht nach einiger Zeit, hat aber einen Großteil seiner motorischen Fähigkeiten für immer eingebüßt. Ein Jahrhunderttalent ging damit verloren.

Hank Garland und Elvis Presley live on Stage

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Die bekannteste Aufnahme, die Hank Garland mit dem FENDER Bassman 5F6-A gespielt hat ist "Little Sister" mit Elvis Presley. Der Song wurde 1961 im RCA-Studio B in Nashville aufgenommen. Hierzu ist das folgende Zitat überliefert: "That's the late great Hank Garland who played the lead guitar that drives Elvis' "Little Sister", with Scotty Moore on rhythm guitar. For the session, Mr. Garland wasn't satisfied with the sound of his usual Gibson ES-355, or the Byrdland that he helped design with Billy Byrd, so he borrowed Harold Bradley's brand new 1961 Fender Jazzmaster (white cream colored). It was after 4:00 a.m., following the recording of "(Marie's the name) His Latest Flame", when they began cutting "Little Sister". Hank "Sugarfoot" Garland plugged the Jazzmaster into an old Fender (tube) tweed Bassman amp and cranked the volume way up, as he improvised the song's distinctive lick on the spot. According to engineer Bill Porter, it was the loudest he ever heard a guitar played in RCA's studio in Nashville. By take 4 of the song, they nailed it to Elvis' satisfaction -- the magic was captured on a 3track tape machine, with Elvis singing through a Telefunken U-47 microphone, a Neuman KM-46 on Mr. Garland's Bassman amp, and Mr. Porter balancing the levels on the fly!" Quelle: http://tbgb.nl/guestbook/index.php

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Der FENDER Bassman 5F6-A heute Der FENDER Bassman 5F6-A ist auch heute noch (oder auch wieder) sehr populär. Der Ebay-Preis für einen Original FENDER-Bassman ist im Herbst 2006 in den USA 6000 US$. Alle Originalteile wie Transformatoren, Röhren und Lautsprecher werden heute noch (oder auch wieder) hergestellt und sind überraschend einfach zu bekommen. Es ist zudem hervorragende Dokumentation und Literatur über den FENDER Bassman 5F6-A vorhanden. Besonders interessant ist die komplette, tiefgehende Schaltungsanalyse im Buch "The Fender Bassman 5F6-A" von Richard Kuehnel (Verlag Pentode Press) www.pentodepress.com

Das Buch von Richard Kuehnel

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Ein Blick in das Buch von Richard Kuehnel

Auch FENDER selbst hat ein „Reissue“ des Bassman 5F6-A herausgebracht. Allerdings handelt es sich hier nicht um eine exakte Nachbildung, nach Aussagen von dem Verfasser bekannten Musikern ist das klangliche Ergebnis enttäuschend, offensichtlich wurden aus Gründen der Kosteneinsparung Kompromisse gegenüber dem Original-Bassman gemacht.

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Der WILDCAT Bassman Plus In seiner Grundeinstellung stellt der WILDCAT Bassman plus eine exakte Entsprechung zum FENDER Bassman 5F6-A dar. Wir haben jedoch einen (abschaltbaren) Federhall und verschiedene Einschleifschnittstellen hinzugefügt. Damit ergibt sich eine vielseitige Verwendbarkeit in verschiedenen Musikstilen. Die zu ihm gehörende , von der Firma TAD speziell angefertigte, Lautsprecherbox mit 10"-JensenLautsprecher entspricht in ihren akustischen Parametern exakt dem Originalgerät FENDER Bassman 5F6-A. Der vorliegende Prototyp wurde in Leiterplattentechnik aufgebaut und in einem einfachen Metallgehäuse untergebracht. Die geplante Weiterentwicklung wird dagegen mit einem dem Originalgerät entsprechenden Combo-Gehäuse mit Tweed-Finish und in klassischer Handverdrahtung realisiert. Auf der folgenden Seite ist der Prototyp des WILDCAT Bassman Plus abgebildet.

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Der fertiggestellte Prototyp des WILDCAT Bassman Plus

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Die Schaltungsbeschreibung Die Beschreibung der Originalschaltung Auf der folgenden Seite ist die Originalschaltung des FENDER Bassman 5F6-A gezeigt.

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Es stehen vier Eingänge zur Verfügung, jeweils zwei Eingänge sind einer Eingangsstufe zugeordnet, die Ausgangssignale beider Eingangsstufen werden am Gitter der Treiberstufe summiert. Die beiden zu einer Eingangsstufe gehörenden Eingänge unterscheiden sich dadurch, daß bei einem der Eingänge das von der Gitarre kommende Signal mit seinem vollen Pegel an das Gitter der Eingangsröhre gelangt, während das Signal des anderen Eingangs in seinem Pegel halbiert wird. Hierbei ist die Funktion der Schaltkontakte der Eingangs-Klinkenbuchsen maßgeblich. Man erkennt, daß wenn das Gitarrenkabel in den Eingang „1“ gesteckt wird die beiden 68-kOhmWiderstände parallelgeschaltet zwischen dem Eingangssignal und dem Gitter liegen, das Signal wird nicht abgeschwächt, die Widerstände bilden jedoch im Zusammenwirken mit der Miller-Kapazität der Eingangsstufe einen Tiefpaß, der hochfrequente Störsignale unterdrückt. Bei Stecken des Gitarrenkabels in den Eingang „2“ arbeiten die beiden 68-kOhm-Widerstände als Spannungsteiler, der das Eingangssignal um den Faktor 2 herunterteilt. Die auf das Gitter bezogenen Quellimpedanz des Spannungsteilers entspricht er Parallelschaltung beider Widerstände, so daß sich die Grenzfrequenz des mit der Miller-Kapazität gebildeten Tiefpasses nicht ändert. Die masseseitigen Kontakte der Klinkenbuchsen sind im Originalschaltplan nicht eingezeichnet. Die mit der Röhre 12AY7 aufgebaute Eingangsstufe führt, für beide Eingangskanäle, eine Spannungsverstärkung durch. Die beiden Eingangskanäle arbeiten mit einem gemeinsamen Kathodenwiderstand zur Gittervorspannungserzeugung. Die Ausgangssignale der Eingangsstufe gelangen über die Lautstärkeregler (VOL. 1M) und die Summationswiderstände (270K) an das Gitter der mit der Röhre 12AX7 aufgebauten Treiberstufe. Der „obere“ Lautstärkeregler ist mit einem Kondensator (0.0001uF) überbrückt, damit ergibt sich bei kleineren Lautstärken eine Höhenanhebung, daher die Bezeichnung „BRIGHT“ für den „oberen“ Eingang. In der Treiberstufe findet eine weitere Spannungsverstärkung statt. Das Ausgangssignal der Treiberstufe gelangt dann an die Kathodenfolgerstufe, die mit dem anderen System der Röhre 12AX7 aufgebaut ist. Diese Stufe ist ein Impedanzwandler, sie hat eine Spannungsverstärkung von nahe 1. Der Ausgangswiderstand dieser Stufe ist sehr gering. Die Kathodenfolgerstufe steuert, über das zwischengeschaltete Klangregelnetzwerk mit getrennten Einstellmöglichkeiten für Tiefen (BASS), Mitten (MIDDLE) und Höhen (TREBLE), die Phasensplitterschaltung an. Die Phasenspiltterschaltung ist eine Differenzverstärkerstufe, sie verstärkt die Differenz zwischen dem aus dem Klangregelnetzwerk kommende Eingangssignal und dem vom Lautsprecherausgang abgenommenen Ausgangssignal. Die Phasensplitterschaltung erzeugt zwei zueinander komplementäre Ausgänge, die dann die Endröhren der Gegentaktendstufe ansteuern. Die Phasensplitterschaltung ist mit einer weiteren Röhre 12AX7 aufgebaut. Die Stärke der mit dieser Stufe erzeugten Gegenkopplung wird mit dem PRESENCE-Potentiometer eingestellt. Dreht man dieses „ganz nach oben“ ist keine Gegenkopplung mehr vorhanden. Eine Besonderheit ist, daß das zur Gegenkopplung rückgeführte Signal nicht nur auf das Gitter des „unteren“ Röhresystems wirkt, sondern auch, durch Einkopplung in den beiden Röhrensystemen gemeinsamen Kathodenpfad, einen Gleichtaktanteil im Ausgangssignal verursacht, mit dem in der Stufe vorhandene Unsymmetrien ausgeglichen werden. Diese Phasensplitterschaltung, in Verbindung mit dem niederohmig angesteuerten, ihr vorgeschalteten Klangregelnetzwerk, ist das innovative Moment des damaligen FENDER Bassman 5F6-A, nie zuvor wurde eine derartige Phasenumkehrstufe in einem Gitarrenverstärker verwendet. Dieser Schaltungsteil ist für den einzigartigen Klang des Bassman maßgeblich. Experimente, bei denen selektiv Vor- oder Endstufenverzerrung herbeigeführt wurde {Master-Volume 1M log zwischen Klangregelnetzwerk und Phasensplitterstufe) haben gezeigt, daß die besonderen, intensiven, energiegeladenen Obertöne nur bei Herbeiführung der Endstufenverzerrung entstehen. Seite 3-13

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Der PRESENCE-Regler hat einen erheblichen Einfluß auf das Klangbild, weniger Gegenkopplung führt zu einem „härteren“, aggressiveren und höhenbetonterem Klang, da sich dann der Ausgangswiderstand der Endstufe erhöht. Die Impedanz der Lautsprecher steigt bei höheren Frequenzen an, bei Abwesenheit der Gegenkopplung führt dies zu einer Erhöhung der Spannung über den Lautsprechern, womit sich dann die beschriebene Akzentuierung der Höhen ergibt. Die Gegentakt-Endstufe, aufgebaut mit zwei Röhren 5881, stellt die Ausgangsleistung von ca. 40W bereit. Der Ausgangsübertrager paßt den hochohmigen Ausgangswiderstand der Röhrenstufe an die 2 Ohm-Lastimpedanz der vier parallelgeschalteten 10“-Lautsprecher an. Der Grund für diese ungewöhnliche Konfiguration ist die Dämpfung von Resonanzen im unteren Baßbereich. Es wurden, anstelle eines großen Lautsprechers vier kleinere Lautsprecher eingesetzt, die Parallelschaltung dieser Lautsprecher hat wahrscheinlich eine bessere Resonanzdämpfung als die eher naheliegende Serien/Parallelschaltung, mit der sich wieder die Impedanz eines einzelnen Lautsprechers von 8 Ohm ergeben hätte. Die Gittervorspannung für die Endröhren wird aus dem Netzteil zugeführt, die Schirmgitter sind über zwei Widerstände mit der Spannung +430V verbunden. Die Gleichrichtung der Anodenspannung geschieht mit einer Gleichrichterröhre GZ34. Die gleichgerichtete Spannung wird mit den beiden parallelgeschalteten Ladekondensatoren (20uF 600V) geglättet, die Versorgungsspannungen für die Schirmgitter der Endröhren und für die Vor- und Treiberstufen werden mit einer Siebdrossel weiter geglättet. Es fällt auf, daß die Werte der Lade- und Siebkondensatoren, für heutige Verhältnisse, recht klein sind. Ausführliche Untersuchungen im Rahmen dieses Projekts haben gezeigt, daß das Zusammenspiel der durch sie gegebenen Zeitkonstanten mit dem Innenwiderstand des Netztrafos und der Gleichrichterröhre zu einem ganz bestimmten „Einbrechen“ der Spannungsversorgung bei Lastsprüngen führt, das für das Klangbild von entscheidender Wichtigkeit ist. Wenn man die Höhe dieses Spannungseinbruchs durch Stabilisierungsmaßnahmen reduziert, dann führt dies zum Verlust der „Leichtigkeit“ (Touch Sensitivity) des Klangs, das Spielen ermüdet dann schnell. Auch die Entfernung des auf der Anodenversorgung der Endstufe noch vorhandenen 100 HzBrumm bei Beibehaltung der Dynamik des Spannungseinbruchs führte überraschenderweise zu einer Verschlechterung des Klangbilds, der Klang verliert seine Durchdringungsfähigkeit, seine „Bizzeligkeit“. Die Gittervorspannung für die Endröhren wird aus einer Anzapfung der Anodenwicklung des Netztrafos gewonnen und mit einer Halbleiterdiode gleichgerichtet.

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Die Beschreibung der Modifikationen der Originalschaltung beim WILDCAT Bassman Plus Diese Beschreibung bezieht sich auf das Schaltbild des WILDCAT Bassman Plus. In seiner Grundeinstellung entspricht der WILDCAT Bassman Plus so gut wie vollständig dem FENDER Bassman 5F6-A. Es bestehen lediglich kleinere Abweichungen: -

Die Gittervorspannungen für die Endröhren wurden einstellbar gestaltet. Hierzu wurden die Potentiometer P2001 und P2002 vorgesehen.

-

Parallel zum Lautsprecherausgang wurde ein Widerstand 100 Ohm/3W vorgesehen, um bei einer Unterbrechung der Lautsprecherzuleitung einen, wenn auch geringen, Sekundärstrom am Ausgangsübertrager zu ermöglichen um primärseitigen Spannungüberhöhungen im Leerlauffall entgegenzuwirken.

-

Die Null-Ohm-Brücken BR1001 bis BR1004 ermöglichen die Umpolung der Trafo-Primärwicklung um eine phasenrichtige Gegenkopplung sicherzustellen. Die „richtige“ Belegung der TrafoAnschlüsse ist nicht dokumentiert. Es sind entweder BR1001 und BR1004 oder BR1002 und BR1003 bestückt.

Alle im folgenden beschriebenen Modifikationen und Ergänzungen sind abschaltbar. Sie werden zudem aus einem unabhängigen Netzteil versorgt, so daß die für den Klang sehr wichtige Dynamik der Anodenversorgungsspannung nicht durch zusätzliche Verbraucher am vorhandenen Netzteil beeinträchtigt wird. Der Kondensator C1004, der die für die „BRIGHT“-Funktion maßgebliche Höhenanhebung bewirkt ist über das Relais K1004 schaltbar gemacht worden. Über das Relais K1005 kann die Federhall-Stufe in den Signalweg zwischen Treiberstufe und Kathodenfolgerstufe geschaltet werden. Die Schaltung dieser Stufe stammt aus dem FENDER Twin Reverb. Da sich im Twin Reverb die Klangregelung vor der Hallstufe befindet, wurde diese Möglichkeit auch hier geschaffen, sie kann über K1002 zwischen Eingangs- und Treiberstufe geschaltet werden. Da die Hintereinanderschaltung von Zwei Klangregelnetzwerken, auch wenn eines der beiden sich in Neutralstellung befindet, zu störenden Phasenfehlern führt, wurde die Möglichkeit geschaffen, das „ursprüngliche“ Klangregelnetzwerk mittels K1006 zu überbrücken. Die Schaltung der Federhall-Stufe ist in einem separaten Kapitel beschrieben. Im WILDCAT Deluxe Plus wird eine identische Federhall-Stufe eingesetzt. Mit K1007 besteht die Möglichkeit, den Ausgang der Hallstufe unter Umgehung des Kathodenfolgers direkt an den Eingang der Phasensplitterstufe zu schalten. Dies wurde aus experimentellen Gründen vorgesehen. In der „Normalstellung“ gelangt das Anodenpotential von +180V er Treiberstufe, „an der Hallstufe vorbei“ über R3002 und R5003 zur Kathodenfolgerstufe, C3004 vermeidet eine ungewollte wechselspannungsmäßige Verkopplung der ein- und Ausgänge der Hallstufe. Die Erfahrung hat gezeigt, daß der über K1002 zuschaltbare Klangregler zwischen Eingangs- und Treiberstufe keinen Nutzen bringt. Die Überbrückung der Kathodenfolger-Stufe bringt dagegen einen interessanten „Boost“-Effekt, man hat eine starke Endstufenübersteuerung, die sich besonders dafür eignet, wenn man durchdringungskräftige Soli spielen will. Weiterhin wurden drei Einschleifpunkte vorgesehen, die in „Normalstellung“ kurzgeschlossen sind. Mit dem Relais K1001 ist eine Einschleifung vor dem Gitter der Eingangsstufe schaltbar. Mit dem Relais K1003 ist eine Einschleifung zwischen Eingangs- und Treiberstufe möglich. Mit Relais K1008 ist eine Einschleifung zwischen Klangregelnetzwerk und Phasensplitterstufe schaltbar. Seite 3-15

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In der Praxis hat sich gezeigt, daß insbesondere die Einschleifung direkt vor der Phasensplitterstufe nützlich ist, man kann an dieser Stelle vorteilhaft das WILDCAT Overdrive-Effektgerät einkoppeln. Die Einschleifung vor der Eingangsstufe zeigte keinen praktischen Nutzen, man kann auch den Ausgang eines vorgeschalteten Effektgerätes direkt in die Eingangbuchse des Verstärkers stecken. Bei der Einschleifung zwischen der Eingangs- und der Treiberstufe fehlt ein Kathodenfolger, die Kapazität des Anschlußkabels würde zu starker Höhendämpfung führen. Daher wurde diese Einschleifung bisher nicht praktisch genutzt. Die Relais K1001 bis K3001 werden von an der Frontplatte angebrachten Kippschaltern gesteuert, sie werden mit der +12V-Hilfsspannung aus dem zusätzlichen Netzteil versorgt, daß auch die FederhallStufe versorgt, dieses Netzteil ist im Kapitel „Federhall“ beschrieben. Ein Durchschalten der an J1014 zur Frontplatte geführten Steueranschlüsse nach Masse führt zum Schalten der Relais.

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Die Analyse der Eingangsstufe Es soll zunächst der Arbeitspunkt der Eingangsstufe bestimmt werden. Die Versorgungsspannung der Stufe kann aus dem Original-Schaltplan zu 325V abgelesen werden. Die beiden Röhrensysteme der 12AY7 besitzen einen gemeinsamen Katodenwiderstand. Da beide Systeme identisch beschaltet sind, kann man davon ausgehen, daß die durch sie fließenden Ströme glich groß sind. Daher kann man ein einzelnes Röhrensystem für sich betrachten, wenn man den dazu Wert des Kathodenwiderstandes verdoppelt. Die so gewonnen Ergebnisse lassen sich dann auf die miteinander verkoppelten Systeme übertragen. Zunächst wird die Arbeitsgerade in das Kennlinienfeld eingetragen. Der tatsächliche Arbeitspunkt der Röhre muß auf dieser Gerade liegen. Hierzu kann der Kathodenwiderstand vernachlässigt werden. Unter der Annahme einer völlig gesperrten Röhre ergäbe sich ein Strom von 0mA, an der Anode würde die volle Versorgungsspannung von 325V anliegen. Unter der Annahme einer kurzgeschlossenen Röhre wäre die Spannung an der Anode 0V, es würde 325V / 100kOhm = 3,25mA fließen. Die Arbeitsgerade ist dann durch die Punkte (325V / 0mA) und (0V / 3,25mA) definiert.

Auszug Datenblatt 12AY7 von General Electric mit Arbeitsgerade (pink) und Gittergerade (blau)

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Der tatsächliche Arbeitspunkt liegt am Schnittpunkt der Arbeitsgeraden und der Gittergeraden. Die Gittergerade stellt die Abhängigkeit des Spannungsabfalls am Kathodenwiderstand (entspricht hier der Gittervorspannung) vom Anodenstrom dar. Der hier wirksame Kathodenwiderstand ist 2 * 820 Ohm = 1640 Ohm. Wenn man eine Gitterspannung von –5V (in Bezug auf die Kathode, die gegenüber der Masse positiv ist) annimmt, dann muß hierbei ein Anodenstrom von 5V / 1640 Ohm = 3,0mA fließen. Wenn man eine Gitterspannung von –2V annimmt, dann muß hierbei ein Anodenstrom von 2V / 1640 Ohm = 1,2mA fließen. Die Gittergerade wird zwischen dem Schnittpunkte der Kurve für die Gittervorspannung –5V mit der 3,0mA-Achse und dem Schnittpunkt der Kurve für die Gittervorspannung –2V und der 1,2mA-Achse aufgespannt. Es kann nun der folgende Arbeitspunkt abgelesen werden: - Anodenstrom 1,6mA, hieraus folgt eine Gittervorspannung von 1,6mA * 1640 Ohm = 2,6V - Anodenspannung 155V => Anodenpotential: 155V + 2,6V = 158V Die soeben ermittelte Anodenspannung stimmt hinreichend mit der im Originalschaltbild zu findenden Angabe von 150V überein. Bei der Betrachtung beider Stufen ist wiederum ein halbierter Kathodenwiderstand bei doppeltem Strom wirksam, die ermittelten Werte können also einfach für die Betrachtung der tatsächlichen Schaltung übernommen werden.

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Von dem nun bekannten Arbeitspunkt ausgehend, kann die Verstärkung der Stufe anhand des entsprechenden Diagramms im Datenblatt abgeschätzt werden. Hierzu wird der Verstärkungsfaktor µ und der Innenwiderstand rp abgelesen. Hierbei wird auf die Kurvenzüge für eine Anodenspannung von 150V Bezug genommen.

Auszug Datenblatt 12AY7 von General Electric mit eingezeichneter Abschätzung des Verstärkungsfaktors und des Innenwiderstands

Der Verstärkungsfaktor µ kann mit 45 abgeschätzt werden Der Innenwiderstand rp kann mit 30 kOhm abgeschätzt werden. Um die Verstärkung der Stufe zu bestimmen, wird das folgende Kleinsignal-Ersatzschaltbild verwendet:

Kleinsignal-Ersatzschaltbild der Stufe

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Die Verstärkung bestimmt sich dann wie folgt:

Diese Formel kann wie folgt anschaulich erklärt werden: Man geht von einer Modellierung der verstärkenden Funktion der Röhre in Form einer spannungsgesteuerten Spannungsquelle aus, deren Ausgangsspannung ist dann µ * vi, mit Vi als Eingangsspannung. Die damit (theoretisch vorhandene) ausgangsseitige Signalspannung, µ * vi wird durch einen Spannungsteiler aus rp und Rl heruntergeteilt, bevor man sie tatsächlich abgreifen kann. Vor Anwendung der Formel muß noch der äußere Widerstand Rl bestimmt werden. Dies ist die Parallelschaltung des Anodenwiderstandes (100kOhm) und des Lautstärkereglers (1MOhm), entsprechend 91kOhm, der Einfluß des „Bright“-Kondensators C1004 und des Zweiges über R1010 / R1012 wird vernachlässigt.

v=−

45 * 91kΩ = -34 (91kΩ + 30kΩ)

Der Ausgangswiderstand der Stufe ist rp parallel Rl, das ist 23 kOhm

Mit der nun bekannten Verstärkung der Stufe kann die Miller-Kapazität und damit die Grenzfrequenz abgeschätzt werden. Die Kapazität zwischen Anode und Gitter der 12AY7 ist 1,3pF. (Quelle: Datenblatt General Electric) Es erscheint sinnvoll, die Parallelschaltung einer durch die Verdrahtung entstehenden Kapazität von 1pF anzunehmen. Damit ergibt sich eine Gesamtkapazität von 2,3pF. Diese Kapazität wird nun um den Faktor (1 - Verstärkung) multipliziert, um die wirksame Miller-Kapazität zu erhalten. Es ergibt sich ein Wert von 2,3pF * (1 – {- 34}) = 2,3pF * ( 1 + 34) = 81pF. Diese Kapazität bildet einen Tiefpaß mit den 68kOhm Gittervorwiderständen. Hierbei ist zu beachten, daß diese entweder parallelgeschaltet sind oder aber als Spannungsteiler wirksam sind, in beiden Fällen ist der Wert 68kOhm / 2 = 34kOhm als Quellwiderstand wirksam. Damit ergibt sich eine obere Grenzfrequenz von 60 kHz. Die untere Grenzfrequenz der Stufe resultiert (näherungsweise) aus der Parallelschaltung des Kathodenwiderstands (820 Ohm), mit dem Kathodenkondensator (250uF), es folgt eine untere Grenzfrequenz von 0,8 Hz.

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Nun sollen die rechnerisch abgeschätzten und die am Prototyp gemessenen Werte gegenübergestellt werden: Wert Versorgungsspannung +325V Anodenpotential V1001/1 Anodenpotential V1001/6 Kathodenpotential V1001 Verstärkung (1kHz) Obere Grenzfrequenz (-3dB)

Berechnet/angenommen 325V 158V 158V 2,6V 34 60 kHz

Gemessen 350V 174V 180V 2,9V 29 60 kHz

Der gegenüber der als Grundlage verwendeten Angabe aus dem Schaltbild höhere tatsächliche Wert der Versorgungsspannung bewirkt eine Verschiebung des Arbeitspunktes zu einem höheren Anodenstrom hin. Die Abweichungen liegen jedoch trotzdem innerhalb der für Röhrenschaltungen üblichen Größenordnungen.

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Die Analyse der Treiberstufe Hier findet sich die Vorgehensweise wieder, die bereits bei der Eingangsstufe angewendet wurde.

Die im Originalschaltbild angegebene Versorgungsspannung der Treiberstufe ist 325V. Auf diesem Wert beruht die folgende Analyse der Stufe. Es soll nun der Arbeitspunkt der Treiberstufe bestimmt werden. Zunächst wird die Arbeitsgerade in das Kennlinienfeld eingetragen. Der tatsächliche Arbeitspunkt der Röhre muß auf dieser Gerade liegen. Hierzu kann der Kathodenwiderstand vernachlässigt werden. Unter der Annahme einer völlig gesperrten Röhre ergäbe sich ein Strom von 0mA, an der Anode würde die volle Versorgungsspannung von 325V anliegen. Unter der Annahme einer kurzgeschlossenen Röhre wäre die Spannung an der Anode 0V, es würde 325V / 100kOhm = 3,25mA fließen. Die Arbeitsgerade ist dann durch die Punkte (325V / 0mA) und (0V / 3,25mA) definiert.

Auszug Datenblatt 12AX7 von General Electric mit Arbeitsgerade (pink) und Gittergerade (blau)

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Der tatsächliche Arbeitspunkt liegt am Schnittpunkt der Arbeitsgeraden und der Gittergeraden. Die Gittergerade stellt die Abhängigkeit des Spannungsabfalls am Kathodenwiderstand (entspricht hier der Gittervorspannung) vom Anodenstrom dar. Der hier vorhandene Kathodenwiderstand ist 820 Ohm. Wenn man eine Gitterspannung von –1,5V (in Bezug auf die Kathode, die gegenüber der Masse positiv ist) annimmt, dann muß hierbei ein Anodenstrom von 1,5V / 820 Ohm = 1,8mA fließen. Wenn man eine Gitterspannung von –1V annimmt, dann muß hierbei ein Anodenstrom von 1V / 820 Ohm = 1,2 mA fließen. Die Gittergerade wird zwischen dem Schnittpunkte der Kurve für die Gittervorspannung –1,5V mit der 1,8mA-Achse und dem Schnittpunkt der Kurve für die Gittervorspannung –1V und der 1,2mA-Achse aufgespannt. Es kann nun der folgende Arbeitspunkt abgelesen werden: -

Anodenstrom 1,4 mA, hieraus folgt eine Gittervorspannung von 1,4mA * 820 Ohm = 1,15V Anodenspannung 180V => Potential der Anode 180V + 1,15V = 181V

Die soeben ermittelte Anodenspannung stimmt mit der Angabe „180V“ im Originalschaltplan überein.

Von dem nun bekannten Arbeitspunkt ausgehend, kann die Verstärkung der Stufe anhand des entsprechenden Diagramms im Datenblatt abgeschätzt werden. Hierzu wird der Verstärkungsfaktor µ und der Innenwiderstand rp abgelesen.

Auszug Datenblatt 12AX7 von General Electric mit eingezeichneter Abschätzung des Verstärkungsfaktors und des Innenwiderstands Nachteilig an diesem Diagramm ist, daß die Werte nur für eine Anodenspannung von 100V zur Verfügung stehen, während die tatsächliche Anodenspannung ca.180V beträgt. Es werden jedoch die hier abgelesenen Werte verwendet, da die sonst übliche Methode der Bestimmung des Innenwiderstands mittels Anlegen einer Tangente im Kennlinienfeld ebenfalls fehlerbehaftet ist. Seite 3-23

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Der Verstärkungsfaktor µ kann mit 100 abgeschätzt werden Der Innenwiderstand rp kann mit 56kOhm abgeschätzt werden.

Die Spannungsverstärkung der Schaltung wird mit dem folgenden Kleinsignal-Ersatzschaltbild genauer bestimmt:

rp

Ra

vo

i

-

RG

vi

vg

+

µ·vg

Rk ’ Rk

Das Kleinsignal-Ersatzschaltbild der Kathodynstufe

Es ist hier zu beachten, daß der Kathodenwiderstand nicht durch einen Kondensator überbrückt ist, er hat somit eine gegenkoppelnde Wirkung.

Wir erhalten für die Spannungen:

(r

p

i=

+ Ra + Rk ) ⋅ i − µ ⋅ v g = 0 und mit vg = vi − Rk ⋅ i für den Strom:

µ vi

rp + Ra + (1 + µ ) Rk

, mit rp = Ri , = 56kΩ als Innenwiderstand und Ra = 100 kΩ sowie Rk = 820Ω

Die Ausgangsspannung ist:

vo = i ⋅ Ra

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Wenn i mit dem obigen Ausdruck ersetzt wird, dann folgt:

vo =

µ vi

rp + Ra + (1 + µ ) Rk

⋅ Ra

Die Verstärkung erhält man bei Teilung durch die Eingangsspannung:

A=

vo µ = ⋅ Ra vi rp + Ra + (1 + µ ) Rk

Nach Einsetzen der Werte erhält man eine Verstärkung von 42.

Die Ausgangsimpedanz der Stufe ist:

[

]

Ro = Ra rp + (µ + 1)Rk = 58,5kΩ

Die obere Grenzfrequenz der Stufe wird wie folgt abgeschätzt: Die Kapazität zwischen Anode und Gitter der 12AX7 ist 1,7pF. (Quelle: Datenblatt General Electric) Es erscheint sinnvoll, die Parallelschaltung einer durch die Verdrahtung entstehenden Kapazität von 1pF anzunehmen. Damit ergibt sich eine Gesamtkapazität von 2,7pF. Diese Kapazität wird nun um den Faktor (1 - Verstärkung) multipliziert, um die wirksame Miller-Kapazität zu erhalten. Es ergibt sich ein Wert von 2,7pF * (1 – {- 42}) = 2,7pF * ( 1 + 42) = 116pF. Nun muß noch die Quellimpedanz abgeschätzt werden. Wenn beide Lautstärkeregler ganz heruntergedreht sind, dann ist diese 270kOhm /2 = 135kOhm, womit sich eine –3dB-Grenzfrequenz von 10kHz ergibt. Wenn die Lautstärkeregler „hochgedreht“ werden, dann reduziert sich die Grenzfrequenz.

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Das folgende Diagramm zeigt den rechnerisch ermittelten Frequenzgang der Eingangs- und der Treiberstufe bei verschiedenen Einstellungen der Lautstärkeregler. Der „Bright-Kanal“ (C1004 zugeschaltet) ist durchgezogen dargestellt. Der „Normal“-Kanal ist gestrichelt dargestellt. Das Diagramm ist dem Buch „The Fender Bassman 5F6-A“ von Richard Kuehnel entnommen.

Rechnerisch ermittelter Frequenzgang der Eingangs- und Treiberstufe für verschiedenen Lautstärkeeinstellungen, mit durchgezogener Linie für den „Bright“-Kanal und mit gestrichelter Linie für den „Normal“-Kanal. Quelle The Fender Bassman 5F6-A“ von Richard Kuehnel

Nun sollen die rechnerisch abgeschätzten und die am Prototyp gemessenen Werte gegenübergestellt werden: Wert Versorgungsspannung +325V Anodenpotential Kathodenpotential Verstärkung Obere Grenzfrequenz (-3dB)

Berechnet/angenommen 325V 181V 1,15V 42 10kHz

Gemessen 352V 198V 1,25 39,4 13,5 kHz

Der gegenüber der als Grundlage verwendeten Angabe aus dem Schaltbild höhere tatsächliche Wert der Versorgungsspannung bewirkt eine Verschiebung des Arbeitspunktes zu einem höheren Anodenstrom hin. Die Abweichungen liegen jedoch trotzdem innerhalb der für Röhrenschaltungen üblichen Größenordnungen.

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Die Analyse der Kathodenfolgerstufe Zunächst wird der Arbeitspunkt bestimmt. Die im Originalschaltbild angegebene Versorgungsspannung der Treiberstufe ist 325V. Im vorherigen Abschnitt wurde ein Potential der Anode der ansteuernden Treiberstufe von 181V abgeschätzt. Auf diesen Wert beruht die folgende Analyse der Stufe. Da die Gittervorspannung der Röhre klein gegenüber dem Gitterpotential ist, kann sie vernachlässigt werden. Der Anodenstrom ist dann: 181V / 100kOhm = 1,8 mA.

Von dem nun bekannten Arbeitspunkt ausgehend, kann die Verstärkung der Stufe anhand des entsprechenden Diagramms im Datenblatt abgeschätzt werden.

Auszug Datenblatt 12AX7 von General Electric mit eingezeichneter Abschätzung des Verstärkungsfaktors und des Innenwiderstands Nachteilig an diesem Diagramm ist, daß die Werte nur für eine Anodenspannung von 100V zur Verfügung stehen, während die tatsächliche Anodenspannung ca. 170V beträgt. Es werden jedoch die hier abgelesenen Werte verwendet, da die sonst übliche Methode der Bestimmung des Innenwiderstands mittels Anlegen einer Tangente im Kennlinienfeld ebenfalls fehlerbehaftet ist. Der Verstärkungsfaktor µ kann mit 100 abgeschätzt werden Der Innenwiderstand rp kann mit 50kOhm abgeschätzt werden.

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Nun soll die Spannungsverstärkung der Stufe unter Zuhilfenahme des nachfolgend abgebildeten Kleinsignalmodells bestimmt werden: Anwenden des Kirchhoffschen Gesetzes liefert:

(r

p

und mit

+ Rk )i = µ ⋅ v g

v g = vi − Rk i ergibt sich für den Strom: i=

µ ⋅ vi rp + (µ + 1)Rk

Kleinsignalmodell des Kathodenfolgers

Die Wechselspannungsverstärkung beträgt, unter Vernachlässigung der Impedanz des von dieser Stufe angesteuerten Klangregelnetzwerkes:

A=

vo µRk = Rk i = = 0,984 vi rp + (µ + 1)Rk

Die Ausgangsimpedanz der Stufe beträgt:

 rp  Ro = Rk   = 540Ω  (µ + 1)  Die niedrige Ausgangsimpedanz der Stufe wird genutzt um eine Fehlanpassung zwischen der Treiberstufe und dem Klangregelnetzwerk bzw. der Endstufe zu vermeiden. Das Klangregelnetzwerk hat im „worst case“ eine Eingangsimpedanz von 46kΩ.

Nun sollen die rechnerisch abgeschätzten und die am Prototyp gemessenen Werte gegenübergestellt werden: Wert Versorgungsspannung +325V Kathodenpotential Spannungsverstärkung

Berechnet/angenommen 325V 181V 0,98

Gemessen 352V 198V Praktisch 1

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Der gegenüber der als Grundlage verwendeten Angabe aus dem Schaltbild höhere tatsächliche Wert der Versorgungsspannung bewirkt eine Verschiebung des Arbeitspunktes zu einem höheren Anodenstrom hin. Die Abweichungen liegen jedoch trotzdem innerhalb der für Röhrenschaltungen üblichen Größenordnungen.

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Die Analyse der Klangregelnetzwerke Das folgende, abstrahierte, Schaltbild des Klangregelnetzwerks ist die Grundlage für dessen Analyse. Die Potentiometer als gewichtete Widerstände dargestellt.

Mit dem Kirchhoffschen Gesetz folgt:

R1 (i1 − i2 ) + Z C 3 (i1 − i3 ) + cRM i1 = vi R1 (i2 − i1 ) + Z C1i2 + RT i2 + Z C 2 (i2 − i3 ) = 0 bRB i3 + (1 − c) RM i3 + Z C 3 (i3 − i1 ) + Z C 2 (i3 − i2 ) = 0 Die Gleichungen werden nach den Stromkomponenten geordnet:

( R1 + cR M + Z C 3 ) i1 + ( − R1 ) i 2 + ( − Z C 3 ) i3 = v i ( − R1 )i1 + ( R1 + RT + Z C 1 + Z C 2 )i2 + ( − Z C 2 )i3 = 0 (− Z C 3 )i1 + (− Z C 2 )i2 + (bRB + (1 − c) RM + Z C 2 + Z C 3 )i3 = 0 In Matrixnotation ergibt sich:

 R1 + cRM + Z C 3  − R1   − ZC3

− R1 R1 + RT + Z C1 + Z C 2 − ZC2

− ZC3

  i1  vi   i  =  0  − ZC2  2    bRB + (1 − c) RM + Z C 2 + Z C 3  i3   0 

oder

ZI = V

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Die Ströme können durch Multiplikation der obigen Gleichung mit Z-1 berechnet werden.

Z −1 ZI = Z −1V I = Z −1V Die Ausgangsspannung vo beträgt:

vo = cRM i1 + aRT i2 + [bRB + (1 − c) RM ]i3 vo = [cRM

aRT

bRB + (1 − c) RM ] I

vo = [cRM

aRT

bRB + (1 − c) RM ]Z −1V

aRT

vi  bRB + (1 − c) RM ]Z  0   0 

vo = [cRM

−1

Die Übertragungsfunktion lautet:

v H ( s ) = o = [cRM vi

aRT

1 bRB + (1 − c) RM ]Z 0 0 −1

Es ist offensichtlich, daß eine „händische“ Analyse hier aufgrund des Rechenaufwands nicht sinnvoll ist. Mit geeigneter Analysesoftware ist es jedoch auf einfache Weise möglich den Frequenzgang in dB

20log(|H(j2πf)|) grafisch darzustellen.

Hierzu ist z.B. das Programm „Tonestack-Calculator“, zum Download unter http://www.duncanamps.com/tsc/ verfügbar geeignet. Durch Doppelclic auf die Bauteile im Schaltbild können deren Werte beliebig geändert werden. Für das zwischen Eingangs- und Treiberstufe befindliche Klangregelnetzwerk ergeben sich die folgenden Frequenzgänge:

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Frequenzgang des Klangregelnetzwerks zwischen Eingangs- und Treiberstufe

Frequenzgang des Klangregelnetzwerks zwischen Eingangs- und Treiberstufe

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Frequenzgang des Klangregelnetzwerks zwischen Eingangs- und Treiberstufe

Frequenzgang des Klangregelnetzwerks zwischen Eingangs- und Treiberstufe

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Für das zwischen Kathodenfolger- und Endstufe liegende Klangregelnetzwerk ergeben sich die folgenden Frequenzgänge:

Frequenzgang des Klangregelnetzwerks zwischen Kathodenfolger- und Endstufe

Frequenzgang des Klangregelnetzwerks zwischen Kathodenfolger- und Endstufe

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Frequenzgang des Klangregelnetzwerks zwischen Kathodenfolger- und Endstufe

Frequenzgang des Klangregelnetzwerks zwischen Kathodenfolger- und Endstufe

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Die Analyse der Phasensplitterstufe Der besseren Übersicht wegen ist die Schaltung der Stufe, unter Weglassung einiger nebensächlicher Bauteile, hier noch einmal dargestellt. +385V

R1023 82K

V1003A 12AX7

1

C1012 0.1uF 600V

C1009 0.022uF 400V

Eingangssignal

2

R1020 1M R1019 10K

R1022 470R

R1021 1M

3

R1029 27K

V1003B 12AX7

8

rückgeführtes Signal

C1010 0.1uF 200V 7

6

PRESENCE 5K

C1013 0.1uF 600V C1014 0.1uF 200V

R1024 100K

+385V

Die Phasensplitterstufe

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Im ersten Schritt wird der Arbeitspunkt ermittelt. Da die Schaltung etwas unübersichtlich ist, wird sie zunächst auf ihre Gleichstrompfade reduziert dargestellt.

+385V

V1003A 12AX7

1

R1023 82K

2 R1029 27K R1020 1M R1022 470R

R1021 1M

3

R1019 10K

V1003B 12AX7

8

PRESENCE 5K

6

7

R1024 100K

+385V

Reduktion der Schaltung auf ihre Gleichstrompfade

Im nächsten Schritt wird die Schaltung vereinfacht, um nur ein einzelnes Röhrensystem betrachten zu müssen. Als erster Schritt wird eine Gleichheit der Anodenwiderstände herbeigeführt, für beide Widerstände wird der Mittelwert beider Widerstandswerte (100K + 82K) / 2 = 91kOhm angenommen. Die Abweichung zu den „wirklichen“ Widerstandswerten ist mit +/- 10% im Bereich der ohnehin vorhandenen Toleranzen, ändert also nichts an der Aussagekraft der folgenden Abschätzung. Weiterhin werden die kathodenseitigen Widerstände zeichnerisch zusammengefasst.

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Es ergibt sich dann die folgende zeichnerische Darstellung: +385V

V1003A 12AX7

1

R1023 91K

2

R1020 1M

R1021 1M

V1003B 12AX7

8

3

R1022 470R

14K2

6

7

R1024 91K

+385V

Angleichung der Anodenwiderstände und Zusammenfassung der kathodenseitigen Widerstände

Unter dieser Annahme kann von identischen Anodenströmen in beiden Röhrensystemen der 12AX7 ausgegangen werden. Dann kann man aber, ohne Änderung der Resultate, ein einziges Röhrensystem betrachten, wenn man die Widerstandswerte im Kathodenzweig verdoppelt, dann ergeben sich bei halbem Strom nach wie vor die gleichen Spannungen wie bei der tatsächlichen Schaltung.

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Es ergibt sich die folgende zeichnerische Darstellung:

+385V

V1003A 12AX7

1

R1023 91K

2

R1022 940R

28K4

3

R1020 1M

Reduktion auf die Betrachtung eines einzelnen Röhrensystems

Man kann die anoden- und kathodenseitigen Widerstände noch zusammenfassen:

+385V

V1003A 12AX7

1

R1023 119K4

2

R1022 940R

3

R1020 1M

Weitere Zusammenfassung von Widerständen

Nun kann die Arbeitsgerade in das Kennlinienfeld eingetragen werden: Es wird die im Originalschaltplan eingetragene Versorgungsspannung von +385V als Grundlage genommen. Unter der Annahme einer völlig gesperrten Röhre ergäbe sich ein Strom von 0mA, über der Röhre würde die volle Versorgungsspannung von 385V anliegen. Unter der Annahme einer kurzgeschlossenen Röhre wäre die Spannung über der Röhre 0V, es würde 385V / (119,4 + 0,94)kOhm = 3,2 mA fließen.

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Die Arbeitsgerade ist dann durch die Punkte (385V / 0mA) und (0V / 3,2mA) definiert.

Auszug Datenblatt 12AX7 von General Electric mit Arbeitsgerade (pink) und Gittergerade (blau) Der tatsächliche Arbeitspunkt liegt am Schnittpunkt der Arbeitsgeraden und der Gittergeraden. Die Gittergerade stellt die Abhängigkeit des Spannungsabfalls am Kathodenwiderstand (entspricht hier der Gittervorspannung) vom Anodenstrom dar. Der hier vorhandene Kathodenwiderstand ist 940 Ohm. Wenn man eine Gitterspannung von –1,5V (in Bezug auf die Kathode, die gegenüber der Masse positiv ist) annimmt, dann muß hierbei ein Anodenstrom von 1,5V / 940 Ohm = 1,6mA fließen. Wenn man eine Gitterspannung von –1V annimmt, dann muß hierbei ein Anodenstrom von 1V / 940 Ohm = 1,06 mA fließen. Die Gittergerade wird zwischen dem Schnittpunkte der Kurve für die Gittervorspannung –1,5V mit der 1,6mA-Achse und dem Schnittpunkt der Kurve für die Gittervorspannung –1V und der 1,06 mA-Achse aufgespannt. Es kann nun der folgende Arbeitspunkt abgelesen werden: -

Anodenstrom 1,5 mA Anodenspannung 210V

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Hieraus können nun die Potentiale der Röhrenanschlüsse in der tatsächlichen Schaltung rückgerechnet werden: Gitterpotential: 1,5mA * 28,4kOhm = 42,6V Anodenpotential: 385V – (1,5mA * 91K) = 249V Das Kathodenpotential ist dann das Gitterpotential plus die aus dem Kennlinienfeld abgelesene Gittervorspannung von 1,4V, das ist dann 42,6V + 1,4V = 44V. Hier fallen Unterschiede zu den Spannungsangaben im Originalschaltplan auf: Das Kathodenpotential ist mit +34V angegeben, das hier abgeschätzte Kathodenpotential liegt mit 42,6V um 25% darüber. Es fällt aber ins Auge, daß das Potential am Verbindungspunkt der Gitterableitwiderstände mit 32,5V angegeben ist, während das Potential an den Gitteranschlüssen mit 22 bzw. 23B angegeben ist. Hier kann es sich nur um einen Meßfehler aufgrund des Innenwiderstandes des verwendeten Voltmeters handeln. In dem Buch „The Fender Bassman 5F6-A“ von Richard Kuehnel wurde, unter Angleichung der Anodenwiderstände auf den Wert 100kOhm, ein Anodenstrom von 1,44mA abgeschätzt, womit sich dann ein Kathodenpotential von 40,9V ergäbe. Es besteht also Konsistenz zwischen der theoretischen Betrachtung von uns und von Kuehnel, aber ein Widersprich zu den Spannungsangaben im Schaltbild. Am Prototyp wurden die folgenden Meßergebnisse ermittelt: Versorgungsspannung: ca. 388V Kathodenpotential: ca. 44V Anodenpotentiale: ca. 255V

unsere Annahme: 385V unsere Berechnung : 44V unsere Berechnung : 249V

Es ist damit eindeutig, daß die Spannungsangaben im Originalschaltplan unrichtig sind!

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Von dem nun bekannten Arbeitspunkt ausgehend, kann die Verstärkung der Stufe anhand des entsprechenden Diagramms im Datenblatt abgeschätzt werden. Hierzu wird der Verstärkungsfaktor µ und der Innenwiderstand rp abgelesen.

Auszug Datenblatt 12AX7 von General Electric mit eingezeichneter Abschätzung des Verstärkungsfaktors und des Innenwiderstands Nachteilig an diesem Diagramm ist, daß die Werte nur für eine Anodenspannung von 100V zur Verfügung stehen, während die tatsächliche Anodenspannung ca. 205V beträgt. Es werden jedoch die hier abgelesenen Werte verwendet, da die sonst übliche Methode der Bestimmung des Innenwiderstands mittels Anlegen einer Tangente im Kennlinienfeld ebenfalls fehlerbehaftet ist. Der Verstärkungsfaktor µ kann mit 100 abgeschätzt werden Der Innenwiderstand rp kann mit 50kOhm abgeschätzt werden.

Nun soll er Verstärkungsfaktor für den Fall abgeschätzt werden, daß beide Anodenwiderstände nach wie vor den Wert 91kOhm besitzen. Es wird zunächst wieder nur ein einzelnes Röhrensystem betrachtet. Es wird zunächst unterstellt, daß sich das Kathodenpotential nicht ändert, man kann das mit einer kapazitiven Überbrückung der Kathodenwiderstände modellieren. Es wird später gezeigt, daß diese, zunächst unsinnig scheinende, Annahme bei der Hinzunehme der Betrachtung des zweiten Röhrensystems Sinn ergibt.

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Man erhält die folgende zeichnerische Darstellung: +385V

V1003A 12AX7

Vin

1

R1023 91K

Vout

2

28K4

R1022 940R

3

R1020 1M

Erster Ansatz zur Berechnung der Verstärkung Im bestimmten Arbeitspunkt ergibt sich, unter Vernachlässigung der Gitterableitwiderstände der Endstufe:

v=−

v=−

µ * Ra ( Ra + Ri ) 100 * 91kΩ = -64,5 (91kΩ + 50kΩ)

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Wenn man nun das zweite Röhrensystem hinzunimmt und dieses betragsgleich und gegenphasig ansteuert, dann ergibt sich die folgende zeichnerische Darstellung:

+385V

V1003A 12AX7

-

1

R1023 91K

Vout 1

+ Vin

2

R1020 1M

R1021 1M +

V1003B 12AX7

8

3

R1022 470R

14K2

Vin

7

6

Vout 2

R1024 91K

+385V

Hinzunahme des zweiten Röhrensystems Die vorhin gedachten Kondensatoren wurden wieder weggenommen. Es soll nun begründet werden, daß das Kathodenpotential (in der Theorie, unter der Voraussetzung exakter Symmetrie beider Zweige der Schaltung und bei absolut linearen Ug/Ia-Kennlinien) auch ohne diese Kondensatoren konstant bleibt. Gehen wir vom Nulldurchgang der ansteuernden Spannung aus. Es ist sofort offensichtlich, daß sich dann am den Kathoden das bereits bestimmte Ruhepotential einstellt. Wenn nun die Ansteuerspannung des „oberen“ Röhrensystems um einen bestimmten Betrag positiver wird, dann wird die Ansteuerspannung des „unteren“ Röhrensystems zeitgleich um exakt den gleichen Betrag negativer. Es ist sofort offensichtlich, daß sich diese entgegengesetzt wirkenden Einflüsse in Bezug auf das Kathodenpotential gegenseitig aufheben. Das Kathodenpotential bleibt also (theoretisch) bei der beschriebenen gegenphasigen Ansteuerung zeitlich konstant. Auf die „obere“ Triode wirkt die Eingangsspannung Vin, damit ergibt sich an ihrer Anode die Ausgangsspannung –V* Vin = -64,5 * Vin. Auf die „untere“ Triode wirkt die Eingangsspannung -Vin, damit ergibt sich an ihrer Anode die Ausgangsspannung –V* Vin = 64,5 * Vin.

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Ohne Änderung der elektrischen Eigenschaften der beschriebenen Schaltung kann die ansteuernde Spannungsquelle auch potentialfrei wirken: +385V

V1003A 12AX7 -

1

R1023 91K

Vout 1

+ Vin

2

R1020 1M

R1021 1M +

V1003B 12AX7

8

3

R1022 470R

14K2

-Vin

7

6

Vout 2

R1024 91K

+385V

Andere Darstellung der Eingangsspannungsquelle Es ist jedoch offensichtlich, daß man dann auch eine einzige Spannungsquelle mit der Spannung 2Vin zeichnen könnte. Diese wirkt dann als differentielle Ansteuerung. Man erhält dann die folgende Verstärkung von der differentiellen Eingangsspannung zu den jeweiligen , auf Masse bezogenen Ausgangsspannungen: V = Vin / Vout

= 2 * Vin / 64,5 Vin = 32,2

Dieser Wert stimmt mit dem von Kuehnel (Seite 88) ermittelten Wert von 32 sehr gut überein, obwohl Kuehnel einen völlig anderen, sehr viel aufwendigeren Rechenweg über eine Matritzengleichung benutzt. Nun soll untersucht werden, wie sich die in der Realität vorhandene Krümmung der Kennlinien auswirkt. Nehmen wir an der Momentanwert der Ansteuerspannung sei in der Nähe ihres Scheitelwerts, dann sei das Gitter der oberen Triode im Vergleich zum Ruhepotential bereits sehr positiv, während das Gitter der unteren Triode bereits sehr negativ ist. Eine weitere betragsgleiche Zubzw. Abnahme der Gitterpotentiale führt dann, aufgrund der Krümmung der Kennlinie, zu ungleichen Zu- bzw. Abnahmen des Anodenstroms in beiden Trioden. Die Zunahme des Stromes in der „oberen“ Triode sei größer, als die Abnahme des Stromes in der „unteren“ Triode. Damit nimmt die Summe des Stroms durch beide Röhren zu. Das führt aber zu einer Anhebung des Kathodenpotentials. Damit wird die resultierende Ansteuerspannung der „oberen“ Triode kleiner, während sie bei der „unteren“ Triode zunimmt. Der Aufsteuerung der „oberen“ Triode wird entgegengewirkt, dem Sperren der „unteren Triode wird ebenfalls entgegengewirkt, womit das Kathodenpotential wiederum nicht übermäßig ansteiget. Die Zusammenschaltung der beiden Seite 3-45

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Röhrensysteme stellt also eine starke Gegenkopplung für alle Einflüsse, die in beiden Zweigen gleichermaßen vorhanden sind dar, während auf die Zweige unterschiedlich wirkende Einflüsse verstärkt am den Ausgängen erscheinen. Bei einer unsymmetrischen Ansteuerung beider Trioden stellt sich (theoretisch) der Mittelwert des Momentanwerts beider Steuerspannungen zuzüglich des Ruhepotentials als Kathodenpotential ein. Nun stellt sich die Frage, wie die Schaltung auf ein Ansteuersignal reagiert, daß auf beide Eingänge gleichermaßen wirkt. Man denke sich hierzu beide Eingänge der Schaltung miteinander verbunden: +385V

V1003A 12AX7

1

R1023 91K

Vout 1

2

R1020 1M +

R1022 470R

14K2

3

-

R1021 1M

V1003B 12AX7

8

Vin

7

6

Vout 2

R1024 91K

+385V

Schaltung zur Untersuchung der Gleichtaktverstärkung

Wenn die Ansteuerspannung positiver wird, dann führt dies zu einer Anhebung des Katodenpotentials, damit nimmt die Summe des Stromes durch beide Trioden gleichermaßen zu. Das bewirkt eine identische Abnahme des Anodenpotentials beider Trioden. Es sei, im Hinblick auf andere mögliche Anwendungen der Schaltung, bemerkt, daß die differentiell abgenommene Ausgangsspannung, also die Spannung zwischen beiden Ausgängen auch im Zuge dieses Vorgangs Null bleibt. Es ist zudem, ebenfalls im Hinblick auf andere Anwendungen, sofort offensichtlich, daß dann, wenn anstelle des kathodenseitigen Widerstandes eine Stromquelle wirksam wäre, die stets eine konstante Summe des Stromes durch beide Trioden erzwingt, ein derartiges Signal nicht an den Ausgängen wirksam wäre. Unter der nach wie vor gültigen Annahme der Symmetrie kann die weitere Untersuchung wieder an einem einzelnen Röhrensystem erfolgen, dessen kathodenseitige Widerstandswerte gedoppelt werden.

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Es wird davon ausgegangen, daß der Presence-Regler voll „heruntergedreht“ ist, also die Gegenkopplung voll wirksam ist, sich der Wert des Potentiometers also zum kathodenseitigen Widerstand hinzugerechnet werden kann. Es ergibt sich die folgende zeichnerische Darstellung: +385V

V1003A 12AX7 -

1

R1023 91K

Vout 1

+ Vin

2

28K4

R1022 940R

3

R1020 1M

Rückführung der Gleichtaktverstärkung auf ein Röhrensystem

In Bezug auf den kathodenseitigen Anschluß von R1022 arbeitet die Schaltung als Kathodenfolger, es wurde bereits gezeigt, daß die Spannungsverstärkung eines mit er 12AX7 aufgebauten Kathodenfolgers mit ungefähr 0,99 praktisch 1 ist. Damit ruft eine Spannungsänderung an der Quelle Vin eine gleich große Änderung des Kathodenpotentials hervor, die zu einer Stromänderung um den Wert di = dVin / (28K4 + 940R) = dVin / 29,34kOhm führt. Diese Stromänderung wird auch an R1023 wirksam und ruft an diesem eine Spannungsänderung di * 91kOhm = dVin * 91kOhm / 29,34kOhm = 3,1 * dVin hervor.

Somit läßt sich eine Gleichtaktverstärkung von -3,1 abschätzen.

Dies stimmt nicht mit dem Ergebnis von Kuehnel, -4,4 (Seite 89) überein, das auf anderem Wege ermittelt wurde. Das soeben ermittelte Ergebnis erscheint den Verfassern jedoch plausibel, da ein Ergebnis von -4,4 eine größere Anodenstromänderung als die dazugehörige Kathodenstromänderung bedingen würde.

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Nun soll die Wirkungsweise des „dritten Eingangs“ im Kahodenpfad untersucht werden. Auch hier wird von einem „voll heruntergedrehtem“ Presence-Regler ausgegangen. Es ergibt sich die folgende zeichnerische Darstellung: +385V

1

R1023 91K

V1003A 12AX7

Vout 1

2

R1020 1M +

R1022 470R

14K2 10K

3

-

R1021 1M

8

Vin

V1003B 12AX7

7

6

Vout 2

R1024 91K

+385V

Schaltung zur Untersuchung des „dritten Eingangs“

Auch diese Schaltung kann, da Symmetrie herrscht, wieder auf ein einziges Röhrensystem zurückgeführt werden: +385V

V1003A 12AX7

1

R1023 91K

Vout 1

2

-

+ Vin

28K4 20K

R1022 940R

3

R1020 1M

Rückführung auf ein einziges Röhrensystem Seite 3-48

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Zunächst ist zu beachten, daß durch die im Gitterkondensator gespeicherte Ladung das Gitterpotential praktisch konstantgehalten wird. Wenn die Spannung Vin sich im Nulldurchgang befindet, dann stellen sich die bereits bekannten Ruhepotentiale ein. Wenn nun die Spannung Vin positiver wird, dann bleibt, aufgrund des konstantgehaltenen Gitterpotentials und der Wirkungsweise der Schaltung als Kathodenfolger das Kathodenpotential zunächst auch näherungsweise konstant. Das bedeutet, daß die Spannungsdifferenz über den kathodenseitigen Widerständen geringer wird. Damit geht der Strom durch die Röhre zurück. Das bedeutet eine Anhebung des Anodenpotentials. Wenn man die vollständige Schaltung mit zwei Röhrensystemen betrachtet, dann ist sofort einsichtig, daß diese Potentialanhebung an beiden Ausgängen gleichermaßen wirksam wird. Umgekehrt bewirkt natürlich das negativer werden der Spannung Vin eine Vergrößerung der Spannungsdifferenz über den kathodenseitigen Widerständen und damit eine Zunahme des Stroms durch die Röhre. Eine Spannungsänderung dVin ruft eine Stromänderung dVin / (20K + 940R) = dVin / 20,94kOhm führt. Diese Stromänderung wird auch an R1023 wirksam und ruft an diesem eine Spannungsänderung di * 91kOhm = dVin * 91kOhm / 20,94 kOhm = 4,3 * dVin hervor. Somit läßt sich eine Gleichtaktverstärkung von +4,3 abschätzen. Kuehnel kommt hier, bei Berücksichtigung unterschiedlicher Anodenwiderstände, was bei obiger Betrachtung nicht der Fall ist, auf Werte von 3,9 und 4,14 (Seite 98).

Nun soll er Fall untersucht werden, daß die Schaltung nur an einem Eingang angesteuert wird, während der andere Eingang sich auf konstantem Potential befindet.

Man kann diese Situation auch als eine Überlagerung einer differentiellen Ansteuerung mit einer Gleichtaktansteuerung beschreiben: Unter Beibehaltung der „oberen“ und „unteren“ Position der Röhrensysteme in Bezug zum Schaltplan wäre dies der Fall, wenn gar keine Gegenkopplung vorhanden wäre, der Presence-Regler so eingestellt wäre, daß C1014 das rückgeführte Signal vollständig kurzschließen würde. + Vin

A

A +

-

"oberes Gitter"

Vin/2

"oberes Gitter"

Vin/2

-

Vin/2

+

=

+

-

-

B

B

"unteres Gitter"

"unteres Gitter"

Zerlegung der einseitigen Ansteuerung in eine Überlagerung einer differentiellen und einer Gleichtaktansteuerung

Seite 3-49

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+385V

V1003A 12AX7 -

1

R1023 91K

Vout 1

+ Vin

2

A "oberes Gitter" R1020 1M

R1021 1M

V1003B 12AX7

8

3

R1022 470R

14K2

7

B "unteres Gitter"

6

Vout 2

R1024 91K

+385V

Verdeutlichung der einseitigen Ansteuerung bei Abwesenheit des rückgeführten Signals

Aus der differentiellen Ansteuerung folgen die Ausgangsspannungsänderungen dU –32,2 Vin an der „oberen“ Anode und +32,2 Vin an der „unteren“ Anode. (Bezug: positiver werden der tatsächlichen, einseitig wirkenden Spannung Vin) Aus der Gleichtaktansteuerung folgen die Änderungen der Ausgangssignale dU –3,1 * Vin an beiden Anoden. Da wir hier von einem , idealisierten, linearen Verhalten ausgehen, können beide Einflüsse auch an den Ausgängen summiert werden:

Die Spannungsänderung an der „oberen“ Anode ist (-32,2 – 3,1) Vin = -35,3 Vin Die Spannungsänderung an der „unteren“ Anode ist ( 32,2 – 3,1) Vin = 29,1 Vin Das Verhältnis der Beträge der Spannungsänderungen ist 29,1 / 35,3 = 0,824.

Da man aber zwei betragsmäßig gleiche Ausgangssignale der Stufe braucht, denn die Endstufe muß ja zwingend symmetrisch angesteuert werden, wird die vorgefundene Ungleichheit dadurch kompensiert, daß nicht beide Anodenwiderstände den Wert 91kOhm haben, sondern der „obere“ Anodenwiderstand, R1023, den Wert 82kOhm bekommt, womit sich die Verstärkung reduziert und der „untere „ Anodenwiderstand, R1024, den Wert 100kOhm bekommt, womit sich die Verstärkung erhöht. Man hat also in Folge der Ungleichheit der Widerstände dann symmetrische Ausgangssignale, wenn das zur Gegenkopplung rückgeführte Signal nicht vorhanden ist oder erheblich schwächer ist als das „eigentliche“ Eingangssignal der Stufe. Die Tatsache, daß sich mit den von uns ermittelten Werten der Gleichtaktverstärkung exakt das auch von Fender gewählte Widerstandsverhältnis ergibt, bestärkt unser Vertrauen in die Richtigkeit dieser Werte, auch wenn sie nicht mit den Werten von Kuehnel übereinstimmen.

Seite 3-50

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Nun müssen die bereits ermittelten Verstärkungsfaktoren noch an die „neuen“, der tatsächlichen Schaltung entsprechenden Werte der Anodenwiderstände näherungsweise angepaßt werden:

Differentielle Verstärkung, zur „oberen“ Anode: 32,2 * 82/91 = 29,0 Differentielle Verstärkung zur „unteren“ Anode: 32,2 * 100/91 = 35,4 Gleichtaktverstärkung zur „oberen“ Anode {gittergekoppelt}: - 3,1 * 82/91 = - 2,8 Gleichtaktverstärkung zur „unteren“ Anode {gittergekoppelt}: - 3,1 * 100/91 = - 3,4 Gleichtaktverstärkung zur „oberen“ Anode {kathodengekoppelt}: 4,3 * 82/91 = 3,9 Gleichtaktverstärkung zur „unteren“ Anode {gkathodengekoppelt}: 4,3 * 100/91 = 4,7

Ohne weitere Maßnahmen hätte man aber nun eine Unsymmetrie, wenn das rückgeführte Signal nahezu gleich groß wie das "„eigentliche“ Eingangssignal wäre. Da die Verstärkung der Endstufe weit kleiner als Unendlich ist, wird dieser Grenzfall in der Praxis nie eintreten. Um die folgende Betrachtung zu vereinfachen, gehen wir jetzt aber davon aus, daß die Endstufe eine Verstärkung von nahe unendlich hätte, das bedeutet, daß die rückgeführte Spannung nahezu gleich der Eingangsspannung wäre, es würde lediglich ein unendlich kleines Differenzsignal verbleiben, daß zu Aussteuerung der Endstufe ausreichen würde. Dann kann man im Sinne der folgenden Betrachtung die Eingänge auch direkt miteinander verbinden und an die gedachte Signalquelle anschließen, um die interessierende Situation vereinfacht „nachzustellen" Wir gehen zunächst davon aus, daß der „dritte Eingang“ nicht beschaltet ist.

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Es ergibt sich dann die folgende Schaltung, die bereits mit gleichen Werten der Anodenwiderstände untersucht wurde: +385V

V1003A 12AX7

1

R1023 82K

Vout 1

2

R1020 1M +

R1022 470R

14K2

3

-

R1021 1M

V1003B 12AX7

8

Vin

7

6

Vout 2

R1024 100K

+385V

Schaltung zur Untersuchung des Verhaltens bei annährend gleichen Eingangssignalen an beiden Eingängen Aufgrund der nun, in Folge der unterschiedlichen Anodenwiderstände, unterschiedlichen Werte für die Gleichtaktverstärkung, von 2,8 und 3,4, ergibt sich nunmehr wieder ungefähr die die Unsymmetrie, die man gerade im letzten schritt, für das andere Extrem des Verhältnisses der Eingangsspannungen zueinander, beseitigt hat. Es wird nun eine Kompensationsmöglichkeit gesucht, deren Wirkung proportional zur (relativen) Amplitude des rückgeführten Signals ist. Genau dies kann durch die Verbindung des rückgeführten Signals mit dem „dritten Eingang“ erreicht werden. Es wurde gezeigt, daß die über ihn wirksame Gleichtaktverstärkung, in ihrem Wert festgelegt durch das Verhältnis der anoden- und kathodenseitigen Widerstände, zur über die Gitter bewirkten Gleichtaktverstärkung betragsmäßig gleich und vorzeichenmäßig entgegengesetzt ist. Wenn man also die rückgeführte Spannung auch an den „dritten Eingang“ anlegt, dann ergibt sich im hier betrachteten Fall eine gegenseitige Aufhebung der beiden Gleichtaktverstärkungsmechanismen, man hat auch bei unterschiedlichen Werten der Anodenwiderstände im betrachteten Fall kein Ausgangssignal, im realen Fall ein symmetrisches Ausgangssignal.

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+385V

V1003A 12AX7

1

R1023 82K

Vout 1

2

R1020 1M +

R1022 470R

10K

14K2

3

-

R1021 1M

V1003B 12AX7

8

Vin

7

6

Vout 2

R1024 100K

+385V

Verwendung des „dritten Eingangs“

Es ist sofort zu erkennen, daß mit der Verbindung der Eingangsspannung mit dem Fußpunkt des Kathodenkreises eine Änderung der Eingangsspannung im selben Maße auf die Gitter wie auf den Kathodenkreis wirkt, die Spannung über den kathodenseitigen Widerständen ist daher zeitlich konstant, damit ist auch das Potential an beiden Anoden zeitlich konstant. (Die ist natürlich eine Näherung, die Abhängigkeit des Anodenstroms von der Anodenspannung wird hier vernachlässigt)

Seite 3-53

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Abschließend ergibt sich die folgende Konstellation +385V

V1003A 12AX7

1

R1023 82K

Vout 1

Eingangsspannung -

+ 2

R1020 1M

R1021 1M

3

R1022 470R

10K 14K2

V1003B 12AX7

8

rückgeführte Spannung +

7

6

Vout 2

R1024 100K

+385V

Die Verbindung der Schaltung mit der Eingangsspannung und der rückgeführten Spannung

Mit diesem genialen Schaltungstrick hat Fender erreicht, daß sich über eine große Spannweite des Verhältnisses von Eingangsspannung und rückgeführter Spannung stets eine symmetrische Ansteuerung der Endstufe ergibt. Dies ist wiederum die Voraussetzung dafür, daß man mit dem Presence-Regler die, musikalisch wichtige, Möglichkeit hat, das Gegenkopplungsverhältnis in weiten Grenzen einstellen zu können. Der Fall, daß die rückgeführte Spannung größer als die Eingangsspannung ist, braucht nicht berücksichtigt werden, da er prinzipbedingt niemals vorkommen kann.

Nun sollen noch einige Details der Stufe betrachtet werden.

Mit C1011 (47pF) wird die obere Grenzfrequenz der Stufe festgelegt. Es ergibt sich ein Tiefpaß mit der Parallelschaltung aus dem Innenwiderstand der Trioden von 50kOhm und deren Anodenwiderstand von 100 kOhm (bzw. 82kOhm, was nicht weiter betrachtet wird), was 33kOhm ergibt und dem doppelten der vorhandenen Kapazität von 47pF, da diese nicht gegen Masse, sondern gegen das gegenphasige Signal geschaltet ist. Es ergibt sich eine Grenzfrequenz von 50kHz, das zeigt das dieser Kondensator in erster Linie zur Unterdrückung möglicher HF-Selbsterregungen vorgesehen ist. Seite 3-54

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Wenn der Presence-Regler auf minimale Gegenkopplung eingestellt ist, dann wird das rückgeführte Signal durch C104 kurzgeschlossen. Die untere Grenzfrequenz der Parallelschaltung von C1014 mit der Quellimpedanz aus dem Presence-Regler und R1029 (4,2kOhm) ist 400 Hz.

Es soll die Amplitude des rückgeführten Signals abgeschätzt werden: Die Ausgangsleistung des Bassman ist laut Literaturangaben ungefähr 40W. Das entspricht einer Spannung von 8,94V an 2 Ohm. Diese Spannung wird mit R1029 und dem Presence-Potentiometer (5kOhm) heruntergeteilt, wenn, wie hier betrachtet, das Presence-Potentiometer so eingestellt ist, daß C1014 unwirksam ist. Die in den Kathodenkreis eingekoppelte Spannung ist dann, bei 40W Ausgangsleistung, 8,94V * 5K / (5K +27K) = 1,4V.

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Die Analyse der Endstufe Allgemeines In der Endstufe findet die für das Treiben des Lautsprechers notwendige Leistungsverstärkung statt. In Analogie zu der Schaltung des Bassman 5F6-A wie auch den allermeisten anderen Gitarrenverstärkerschaltungen ist die Endstufe des WILDCAT Bassman Plus eine Klasse-ABGegentaktendstufe. Sie hebt sich von dem Eintaktverstärker (z. B. Kathodenschaltung) im Wesentlichen durch einen höheren Wirkungsgrad und eine bessere Ausnutzung der magnetischen Eigenschaften des Transformatorkerns ab. In den folgenden Abschnitten sollen nun zunächst Funktionsweise und Besonderheiten von RöhrenGegentaktendstufen geschildert werden. Anschließend wird dann die Endstufe des Bassman im Speziellen behandelt.

Die prinzipielle Funktionsweise einer Gegentaktendstufe In der folgenden Abbildung ist die Prinzipschaltung einer Gegentakt-Endstufe dargestellt. Der Ausgangstransformator TR1 hat entweder zwei identische Primärwicklungen oder eine Wicklung mit Anzapfung in der Mitte. Im Arbeitspunkt fließt durch beide Wicklungen ein geringer Ruhestrom. Da der Ruhestrom durch die beiden Teile der Primärwicklung jeweils in entgegen gesetzter Richtung fließt, heben sich die zugehörigen Magnetfelder auf und der Transformatorkern ist feldfrei. Es ist keine Vormagnetisierung vorhanden, der Trafokern kann symmetrisch und mit größtmöglicher Amplitude ausgesteuert werden.

V1

3

Besitzt der Transformator eine genügend große Primärinduktivität, sodass bei der unteren Grenzfrequenz des Verstärkers der Magnetisierungsstrom noch gering ist, kann er näherungsweise als idealer Spannungsübersetzer angesehen werden.

Phasensplitter 4

+Ub

5

P2

V2

8

+Ub

LOAD

Eingang

SEC

8

P1

direkter Ausgang

invertierter Ausgang

5 +Ub

3

4

Prinzip der Gegentaktendstufe

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Es wird zunächst der sogenannte B-Betrieb betrachtet, der bei größeren Ausgangsleistungen auftritt: In der positiven Halbwelle des Eingangssignals ist V1 leitend, während V2 gesperrt ist. Es fließt dann ein dem Eingangssignal proportionaler Strom durch die Primärwicklung P2 des Ausgangstrafos, der dann, um das Übersetzungsverhältnis des Trafos vergrößert durch den Lastwiderstand fließt. Die am Lastwiderstand abfallende Spannung erscheint dann, um das Übersetzungsverhältnis des Trafos vergrößert, zwischen der Versorgungsspannung +Ub und der Anode von V1. Der Transformator übernimmt die Anpassung zwischen der hohen Impedanz der Röhrenstufe (sie arbeitet mit hohen Spannungen und kleinen Strömen) und der geringen Impedanz des Lautsprechers, der große Strömen bei kleinen Spannungen benötigt. In der negativen Halbwelle des Eingangssignals drehen sich die Verhältnisse um: V1 ist nun gesperrt, während V2 leitend ist, nun ist die andere Hälfte der Primärwicklung, P2 stromdurchflossen. Die Polarität des im Kern erzeugten Magnetfelds ist umgekehrt, als dies beim Stromfluß durch P1 und V1 der Fall war. Damit ergibt sich auch ein nun umgekehrter Stromfluß durch die Sekundärwicklung und die Last. An P2 ist die positive Versorgungsspannung am Wicklungsanfang (durch Punkt gekennzeichnet) angeschlossen, während sie bei P1 am Wicklungsende angeschlossen ist. Daraus resultiert die unterschiedliche Wirkrichtung der von beiden Wicklungen verursachten magnetischen Flüssen im Kern. In der Praxis muß man die Endröhren stets mit einem Ruhestrom betreiben, um Verzerrungen in der Nähe des Nulldurchgangs des zu verstärkenden Signals zu vermeiden. Diese Ruheströme sind für beide Endröhren identisch. Aufgrund der bereits besprochenen entgegengesetzten Wirkrichtungen der von P1 und P2 verursachten magnetischen Flüsse heben sich die durch die Ruheströme erzeugten magnetischen Flüsse gegenseitig auf. Bei geringer Aussteuerung der Gegentakt-Endstufe wird keine der beiden Röhren vollständig gesperrt, der Strom in der positiv angesteuerten Röhre nimmt um genau den Betrag zu, um den der Strom in der negativ angesteuerten Röhre abnimmt. Dies ist der sogenannte A-Betrieb. Es ist zu beachten, daß, sowohl im A- als auch im B-Betrieb, bedingt durch die magnetische Kopplung der Primärwicklungen P1 und P2, die Spannung an Anode der gesperrten oder weniger leitenden Röhre höher als die Versorgungsspannung ist, da sich die Differenzspannung zwischen Anode und Versorgungsspannung der „anderen“ Röhre, entgegengesetzt gepolt, zur Versorgungsspannung addiert.

Betrachtung des Ausgangswiderstands und der Gegenkopplung Es werden hier Pentoden als Endröhren verwendet. Durch das zwischen Anode und Steuergitter befindliche Schirmgitter ist der Anodenstrom bei gegebener Steuergitter- und Schirmgitterspannung weitgehend von der Anodenspannung unabhängig. Die Pentode arbeitet somit im Sinne einer spannungsgesteuerten Stromsenke. (Die in den Vorstufen verwendeten Trioden arbeiten dagegen als steuerbarer Widerstand) Als Beispiel dient die Kennlinie der häufig in Gitarrenverstärkern verwendeten Pentode 6L6GC: Die Röhre wirkt bei einer Gitterspannung von 10V nur bis zu einer Anodenspannung von ca. 25V als (geringfügig steuerbarer) Widerstand und geht oberhalb von 25V in den Stromsenkenbetrieb über. Wie man sieht, hängt der Anodenstrom bei konstanter Schirmgitterspannung hauptsächlich von der Gitterspannung ab und nur geringfügig von der Anodenspannung (fast waagerechte Kennlinie).

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Kennlinie der Röhre 6L6GC zur Verdeutlichung der Wirkungsweise als spannungsgesteuerte Stromsenke. Quelle: Datenblatt General Electric.

Man könnte die Endstufe also auch wie folgt abstrahiert darstellen, indem man die Endröhren durch ideale spannungsgesteuerte Stromsenken ersetzt: V1

Phasensplitter

+Ub

LOAD

Eingang

SEC

P1

direkter Ausgang

P2

V2

invertierter Ausgang

Abstrahierte Darstellung der Endstufe mit idealen Stromsenken

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LOAD

P2

Eingang

SEC

Bei weiterer Abstraktion kann man die gesamte Endstufe als eine Spannungsgesteuerte Wechselstromquelle betrachten:

Weiter abstrahierte Darstellung der Endstufe

Eingang

LOAD

Auch der, als ideal angenommene, Übertrager kann „wegabstrahiert“ werden, man denke sich dann an dessen Stelle eine steilere Strom/Spannungskennline der Stromquelle.

Noch weiter abstrahierte Darstellung der Endstufe Bei obiger Darstellung eist die Spannung über der Last stets der Eingangsspannung proportional. Um die klanglichen Konsequenzen einer als Stromquelle arbeitenden Endstufe näher zu betrachten, ist es wichtig, die bisher angenommene Modellierung er als Last vorhandenen Lautsprecher als ohmschen Widerstand zu hinterfragen.

Eingang

LOAD

Tatsächlich handelt es sich hier um eine komplexes Zusammenwirken verschiedener, auch komplexer, Impedanzanteile mit ausgeprägten Eigenresonanzen. Eine akustische Eigenresonanz, etwa in Verbindung mit dem Lautsprechergehäuse, hat auch Rückwirkungen auf die Impedanz, da jede Bewegung der Membrane ihrerseits eine Spannung in die Schwingspule induziert. Dieses Resonanzverhalten wird in der folgenden Skizze, stark vereinfacht, als ein zur ohmschen Last parallelgeschalteter LC-Schwingkreis dargestellt:

Vereinfachte Darstellung der tatsächlich vorhandenen Lautsprecherlast mit resonanten Eigenschaften Seite 3-59

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Wenn man nun einen Strom in diese Last einprägt, dann wird der Resonanzkreis durch die Stromquelle in seiner durch die Energiezufuhr angestoßenen Eigenschwingung nicht bedämpft, denn der Ausgangswiderstand einer Stromquelle ist unendlich. Es findet lediglich eine Dämpfung durch den ohmschen Anteil der Last selbst statt. Damit ergibt sich im Resonanzfall eine Spannungsüberhöhung über der Last. Die im akustischen System vorhandenen Resonanzeigenschaften machen sich bei geringerer Dämpfung stärker im Klangbild bemerkbar. Klanglich hat Stromeinprägung zur Folge, dass die Bewegungen der Lautsprechermembran deutlich stärker von den dynamischen Eigenschaften der Lautsprechers selbst und des Gehäuses beeinflusst werden. Da der Rückgang des Stromes durch die Schwingspule bei höheren Frequenzen, bedingt durch deren Induktivität, durch eine Zunahme der Ausgangsspannung der Verstärkers kompensiert wird, ergibt sich durch die Stromeinprägung ein „spitzes“, höhenbetontes Klangbild.

Eingang

U

LOAD

Die üblichen HiFi- oder Transistorendstufen arbeiten dagegen mit Spannungseinprägung, sie entsprechen prinzipiell einer Spannungsquelle mit vernachlässigbarem Innenwiderstand:

Vereinfachte Darstellung einer „üblichen“ Endstufe mit Spannungseinprägung Der geringe Ausgangswiderstand der Spannungsquelle führt dazu, daß die Eigenschwingungen des lastseitigen Resonanzkreises bedämpft werden. Die Spannung über der Last ist von der Frequenz unabhängig, im Resonanzfall ergibt sich ein Minimum des Stromflusses durch die Last. Die induktivitätsbedingte Zunahme der Impedanz der Schwingspule bei höheren Frequenzen führt, aufgrund der konstantgehaltenen Spannung, zu einem geringeren Stromfluß bei höheren Frequenzen. Die im Lautsprecher gespeicherte mechanische Energie induziert beim Rückkehren der Membran in ihre Ruheposition eine Spannung in die Schwingspule. Wenn die ansteuernde Endstufe einen geringen Ausgangsgwiderstand hat, dann wird die Schwingspule praktisch kurzgeschlossen, der damit in der Schwingspule entstehende Stromfluß wirkt der Rückbewegung der Membran entgegen. Letztendlich wird die gespeicherte Energie in der Endstufe in Wärme umgesetzt. Bei der Ansteuerung mit Stromeinprägung führt dagegen die in die Schwingspule induzierte Spannung zu keinem zusätzlichen Stromfluß, die Bewegung der Membran wird nicht gebremst.

In der Praxis wird der tatsächlich wirksame Ausgangswiderstand einer Endstufe durch den Grad der angewendeten Spannungsgegenkopplung bestimmt. Je größer der Gegenkopplungsgrad, desto kleiner ist der resultierende Ausgangswiderstand der Endstufe. Dies ist sofort einsichtig, wenn man sich vergegenwärtigt, daß eine Spannungsüberhöhung am Ausgang der Endstufe, etwa durch eine Resonanz verursacht, über den Gegenkopplungspfad die resultierende Steuerspannung am Eingang der Endstufe reduziert, womit dem Anstieg der Ausgangsspannung entgegengewirkt wird. Eine „von sich aus“ als Stromquelle arbeitenden Endstufe wird also, durch das Hinzufügen einer Gegenkopplung, im Extremfall zu einer als Spannungsquelle arbeitenden Endstufe. Seite 3-60

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Im Bassman kann, mittels Variation des Gegenkopplungsfaktors über den Presence-Regler, der Ausgangswiderstand der Endstufe in weiten Grenzen eingestellt werden. Diese Einstellung ist von hoher musikalischer Wichtigkeit, je weniger man gegenkoppelt, desto „härter“ und durchdringender wird der Klangeindruck.

Die Schaltung der Endstufe des WILDCAT Bassman Plus im Detail Das folgende Bild zeigt die Endstufe des WILDCAT Bassman Plus im Detail:

V1004A 5881

3

Gegenkopplung

C1012 0.1uF 600V

4

In+

5

R1027 470R / 1W BR1005

R1025 220K

0R0 8

+430V -BIAS1

BR1001

0R0

AUSGANGSTRAFO J1011

BR1002

R1030 100/3W

Mate-n-Lok

0R0 3

+432V BR1003

0R0

BR1004

0R0

A1 blau

6

HT rot

9

A2 braun

8 Ohm grün 4 Ohm gelb / grün

1 4

2 Ohm weiß

7

0 schwarz

8

J1012 1 2 3 4 CON4 Mate-n-Lok

-BIAS2 8

R1026 220K

5

2

CON9 +430V

In-

R1028 470R / 1W

5 C1013 0.1uF 600V

4

3

V1005A 5881

Die Endstufe des WILDCAT Bassman Plus

Die Eingangssignale gelangen, wechselspannungsgekoppelt über C1012 und C1013 an die Gitter der Endröhren. Über die Gitterableitwiderstände R1025 und R1024 wird die negative Gittervorspannung von –48V an die Gitter der Röhren geführt. Im Gegensatz zum Originalgerät kann man die exakte Höhe der Gittervorspannung im Netzteil einstellen. Die Schirmgitter sind über R1027 und R1026 an die, „hinter“ der Siebdrossel im Netzteil abgegriffenen, daher brummfreien, Versorgungsspannung +430V angeschlossen. Durch die Widerstände ist eine geringfügige Rückwirkung des Schirmgitterstroms auf die Schirmgitterspannung vorhanden, man kann hier aber trotzdem von einem „reinen“ Pentodenbetrieb der Röhren ausgehen. Der Ausgangstrafo ist über den Stecker J1011 mit der Endstufenplatine verbunden. Die Anoden der Röhren treiben die beiden Enden der Primärwicklung, deren Mittelanzapfung an Hochspannung liegt. Die Null-Ohm-Brücken BR1001 bis BR1004 ermöglichen die Umpolung der Trafo-Primärwicklung um eine phasenrichtige Gegenkopplung sicherzustellen. Die „richtige“ Belegung der Trafo-Anschlüsse ist nicht dokumentiert. Es sind entweder BR1001 und BR1004 oder BR1002 und BR1003 bestückt.

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Die Lautsprecher werden an J1012 angeschlossen. Parallel zum Lautsprecherausgang wurde ein Widerstand 100 Ohm/3W vorgesehen, um bei einer Unterbrechung der Lautsprecherzuleitung einen, wenn auch geringen, Sekundärstrom am Ausgangsübertrager zu ermöglichen um primärseitigen Spannungüberhöhungen im Leerlauffall entgegenzuwirken.

Bestimmung des Arbeitspunktes der Endröhren Für die Ermittlung des Arbeitspunktes kann man den Ausgangsübertrager als Kurzschluß ansehen. Da die Schirmgitterversorgungsspannung (430V) praktisch der Anodenspannung (432V) entspricht, kann man die Kennlinie für die Triodenschaltung (meint: Schirmgitter und Anode miteinander verbunden) benutzen.

Da der äußere Widerstand (für Gleichspannung) praktisch Null ist, steht die Arbeitsgerade hier senkrecht:

Auszug aus dem Datenblatt 5881 von Tung-Sol mit eingetragener Arbeitsgeraden (pink)

Da die Gittervorspannung durch eine externe Spannungsquelle bestimmt ist, muß zur Ermittlung des Anodenstromes der Schnittpunkt der Arbeitsgeraden mit der zur vorgegebenen Gittervorspannung gehörenden Kurve gesucht werden. Da keine Kurve für –48V vorhanden ist, wird von der Kurve für – Seite 3-62

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45V ausgehend extrapoliert, man erhält einen Anodenstrom von ca. 30mA. Dies ist der sogenannte Ruhestrom.

Ermittlung des Ausgangs-Kennlinienfelds der 5881 für ein Schirmgitterspannung von 430V Für die Ermittlung der Ausgangsleistung wird ein Ausgangs-Kennlinienfeld benötigt, daß sich auf die tatsächlich vorhandene Schirmgitterspannung von 430V bezieht. Die Kennlinienfelder im Datenblatt der 5881 beziehen sich auf eine Schirmgitterspannung von 200V. Es ist also notwendig, das Ausgangs-Kennlinienfeld des Datenblatts entsprechend zu skalieren. Die Skalierung von 200V auf über 400V ist sehr groß und die im Folgenden angewendeten Vereinfachungen und Linearisierungen führen daher durchaus zu Approximationsfehlern. Dennoch reichen die Daten für eine grobe Abschätzung der Verhältnisse aus. Das Verhalten einer Pentode lässt sich in weiten Bereichen durch die Formel

 U I A + I S = K U G + S µS 

  

3

2

beschreiben, wobei IA, IS, UG und US Ströme und Spannungen an der Anode, bzw. dem Schirmgitter sind. K ist ein Proportionalitätsfaktor, der von dem inneren Aufbau der Röhre abhängt. Die Annahme von K als Konstante ist nur im Kleinsignalbereich möglich. In der folgenden Rechnung soll jedoch vereinfachend angenommen werden, dass K unabhängig von der Anodenspannung sei. Die Abhängigkeiten zwischen K und der Gitterspannung müssen allerdings berücksichtigt werden. Die Konstante µS ist die Abschnür-Spannungsverstärkung der Röhre bezüglich des Schirmgitters. Sie bezeichnet den Quotienten aus Schirmgitterspannung und der maximalen Gitterspannung, bei der noch kein Anodenstrom fließt. In der folgenden Abbildung ist die Herleitung von µS aus den Daten der Röhre 5881 dargestellt. Es ergibt sich ein Wert von µS = 6,55.

Herleitung der Abschnür-Spannungsverstärkung (µS) von Gitter und Schirmgitter aus dem Kennlinienfeld der Röhre 5881 in Triodenschaltung.

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Um separate Formeln für den Schirmgitter- und den Anodenstrom zu erhalten, sei weiterhin angenommen, dass diese in einem festen Verhältnis zueinander stehen. Der Faktor K kann dann in KA + KS = K zerlegt werden, so das gilt:

IS IA

=

KS KA .

Damit lässt sich das Verhalten der Röhre wie folgt ausdrücken:

 U  I A + I S = (K A + K S )U G + S  µS  

3

2

⇒ 3

 U I A = K A U G + S µS 

  

 U I S = K S U G + S µS 

 2   .

2

und 3

Der Faktor KA lässt sich nun abhängig von der Gitterspannung berechnen:

KA

=

I A(ref ) U   U G + S (ref )  µS  

3

2

,

wobei IA(ref) und US(ref) die Werte für Anodenstrom und Schirmgitterspannung aus dem Datenblatt der Röhre sind. US(ref) ist hier konstant 200V (siehe die im folgenden abgebildete von der italienischen Firma Audiomatica aufgenommene Kennlinie der 5881). Setzt man KA in die Modellformel ein, ergibt sich

I A(ref )

 U ⋅ U G + S µS 

IA

=

IS

 U  UG + S µS = I S (ref )   U S (ref )  UG + µS 

U   U G + S (ref )  µS  

3

2

  

3

2

 U  UG + S µS = I A(ref )   U S (ref )  UG + µS 

     

3

2

und analog 3

 2      .

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Jede einzelne Kurve der Kennlinienschar wird also skaliert mit einem Faktor, der von der Gitterspannung und den Schirmgitterspannungen abhängt. Als Ausgangsbasis wurde das Kennlinienfeld von Audiomatica (folgende Abbildung) verwendet:

Von der Firma Audiomatica (www. Audiomatica.com) aufgenommenes Kennlinienfeld der 5881, das als Grundlage für die Extrapolation auf 430V Schirmgitterspannung verwendet wurde

Die Berechnungen und die grafischen Darstellung wurde mit einer wenig bekannten Spezialfunktion von Microsoft Power Point durchgeführt. Es ergab sich das folgende Kennlinienfeld:

Das für 430V Schirmgitterspannung extrapolierte Kennlinienfeld

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Die Ermittlung der Ausgangsleistung Der Ausgangsübertrager besitzt, wie durch Messung an dem verwendeten Replacement-Übertrager von TAD festgestellt wurde, ein Übersetzungsverhältnis von 2x22:1, d. h. jede der beiden primären Teilwicklungen übersetzt mit dem Verhältnis 22:1 auf die Sekundärseite. Ein Lastwiderstand von 2Ω, der hier als rein ohmsch angenommen werden soll, bildet für eine Endstufenröhre also einen Anodenwiderstand von 2Ω * 222 = 968Ω. Diese Betrachtung gilt nur für den B-Betrieb, der aber im Bereich der hier interessierenden oberen Leistungsgrenze von Bedeutung ist. Die dem Lastwiderstand von 968 Ohm entsprechende Arbeitsgerade, mit den Punkten (430V / 0mA ) und (0V / 444mA) wird ins Kennlinienfeld eingezeichnet (grün). Zusätzlich wird noch die Lasthyperbel für die maximal zulässige Anodenverlustleistung von 46W eingetragen. Hierbei wird der Tatsache Rechnung getragen, daß die Röhre nur während einer Halbwelle der Signalspannung leitet, während sie in der anderen Halbwelle gesperrt ist. Daher kann die zulässige statische Anodenverlustleistung von 23W (Quelle: Datenblatt Tung-Sol) verdoppelt werden. Die thermische Zeitkonstante der Anode ist weit oberhalb der Periodendauer von Audiosignalen.

Ausgangskennlinienfeld einer Endstufenröhre mit Lastgerade des transformierten Ausgangswiderstandes (grün) und Leistungshyperbel (rot). In einer Halbwelle dürfen 2x23W = 46W Anodenverlustleistung an der Röhre auftreten, da sie in der anderen Halbwelle stromlos ist (BBetrieb). Man erkennt, dass über der Röhre mindestens 134,66V abfallen, wenn die Gitterspannung die 0VGrenze nicht überschreiten soll (oberste Kurve der Schar). Damit fällt an der Last eine Spitzenspannung von

U s (max)

=

432V − 135V

=

297V

ab, und es ergibt sich eine effektive Leistung von

Peff

=

(U s (max) ) 2 2 ⋅ Rlast

=

( 297V ) 2 = 46W 2 ⋅ 968Ω Seite 3-66

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Außerdem muss an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass der Innenwiderstand der Spannungsversorgung dazu führt, dass die berechnete Leistung nur kurzzeitig am Ausgang verfügbar ist, da dann die Versorgungsspannung einbricht. Auf dieses Phänomen wird in der Beschreibung des Netzteils näher eingegangen.

Die Ermittlung der Anodenverlustleistung Die in einer Endstufenröhre umgesetzte Verlustleistung setzt sich aus Ruhestrom- und Laststromverlusten zusammen. Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die Spannungen und Ströme rund um eine Endstufenröhre. Der Widerstand R ist der transformierte Lastwiderstand und LP die Primärinduktivität des Ausgangsübertragers unter Vernachlässigung der Streuinduktivität. LP überbrückt den Lastwiderstand für Gleichstrom, kann aber in Bezug auf die im Verstärker auftretenden Frequenzen als unendlich groß angenommen werden. Der über R1027 fließende Schirmgitterstrom führt zusätzlich einen Teil des Last- und Ruhestromes. Für die Berechnung der Verlustleistung wird angenommen, dass dieser ebenfalls über die Anode fließe. Durch diese Vereinfachung entsteht ein Fehler, da sich die Schirmgitterspannung im Gegensatz zur Anodenspannung bei Signaleinwirkung im Wesentlichen nicht ändert. Mit Rücksicht auf die Toleranzen der übrigen Parameter ist es jedoch sinnvoll, diese geringe Abweichung in Kauf zu nehmen.

Ersatzschaltbild zur Betrachtung der Anodenverlustleistung. Der Transformator wurde durch sein Niederfrequenz-Ersatzschaltbild ersetzt, der Lastwiderstand wurde in den Primärkreis transformiert.

Für ein Sinusförmiges Signal us = US sin(t) berechnet sich die momentane Verlustleistung in einer einzelnen Röhre bei der Vorsorgungsspannung UHT und dem Ruhestrom IQ an dem (transformierten) Anodenwiderstand R als Produkt aus iA und uA (vgl. obige Abbildung):

p(t ) = i A (t ) ⋅ u A (t ) =

(i (t ) + I )⋅ u (t ) L

Q

A

 u (t )  =  S + I Q  ⋅ (U HT − u S (t ))  R   U ⋅ sin (t )  =  S + I Q  ⋅ (U HT − U S ⋅ sin (t )) R   .

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Die mittlere Verlustleistung in einer Röhre ergibt sich dann gemäß

P

π

1 U  ⋅ ∫  s ⋅ sin (t ) + I Q  ⋅ (U HT − U s ⋅ sin (t ))dt 2 ⋅π 0  R 

=

2 ⋅ U HT ⋅ (π ⋅ I Q ⋅ R + 2 ⋅ U s ) − 4 ⋅ I Q ⋅ R ⋅ U s − π ⋅ (U s )

2

=

4 ⋅π ⋅ R

.

Vereinfachend wurde hierbei angenommen, dass die Verluste in einer einzelnen Röhre ausschließlich innerhalb der positiven Halbperiode auftreten (Ruhestromverluste treten u. U. auch an den Rändern der negativen Halbwelle auf). Die Verlustleistung hat bezüglich der Signalamplitude ein Maximum, wenn die Scheitelspannung des Anodensignals einen Wert von

U s (max) = =

2 ⋅ (U HT − I Q ⋅ R )

π

2 ⋅ (430V − 30mA ⋅ 968Ω )

π

= 255V annimmt.

Die Verlustleistung in einer Röhre während der leitenden Halbperiode beträgt dann 2

Pd (max) =

(

)

2 ⋅ (U HT ) + U HT ⋅ I Q ⋅ R π 2 − 4 + 2 ⋅ (I Q ⋅ R )

2

2 ⋅π 2 ⋅ R 2 2 2 ⋅ (432V ) + 432V ⋅ 0,03 A ⋅ 968Ω ⋅ π 2 − 4 + 2 ⋅ (0,03 A ⋅ 968Ω ) = 2 ⋅ π 2 ⋅ 968Ω = 23,5W .

(

)

Die maximal zulässige Verlustleistung pro Röhre (23W) wird also auch im schlimmsten Fall gerade noch eingehalten Hierzu ist zu bedenken, daß der Fall einer kontinuierlichen sinusförmigen Ansteuerung in der Praxis nicht vorkommt, die Gitarrentöne enthalten stets auch Passagen mit geringeren Lautstärken. Röhren verkraften zudem kurzzeitige Überlastungen problemlos. Die Gesamtverlustleistung beider Endröhren ist dann 2 x 23,5W = 47W. Damit ist ein Wirkungsgrad der Endstufe in der Größenordnung nahe 50% zu erwarten. Sämtliche Verluste außerhalb der Röhren wurden hierbei vernachlässigt, da viele hierfür relevanten Parameter, wie z. B. die magnetischen Eigenschaften des Transformators, ohnehin nicht bekannt sind.

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Die Analyse des Netzteils Allgemeines Es wurde bereits erwähnt, daß das Netzteil, im Gegensatz zur sonst üblichen Betrachtungsweise, keine stabile, bei wechselnder Belastung konstante, Ausgangsspannung für die Anodenversorgung bereitstellen soll. Im Fall der Belastung soll sich ein Spannungseinbruch in ganz bestimmter Höhe und mit einem ganz bestimmten zeitlichen Verhalten ergeben, um den gewünschten klanglichen Effekt zu erzeugen. Das Netzteil stellt die folgenden Spannungen bereit: -

Anodenversorgungsspannung für die Endstufe

-

Weiter geglättete Anodenversorgungsspannungen für die Schirmgitter der Endröhren und für die Vor- und Treiberstufen

-

Negative Gittervorspannung für die Endstufe

-

Heizspannung für die Vor- und Endröhren

Das folgende Übersichtsschaltbild zeigt das Netzteil in seiner Gesamtheit:

Zu den Heizfäden

Das Übersichtsschaltbild des Netzteils

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Der Netztransformator, ein dem Original-Trafo entsprechendes Replacement der Firma TAD, hat drei Sekundärwicklungen: -

die separate Heizwicklung für die Gleichrichterröhre mit einer Spannung von 5V Die Wicklung für die Anodenversorgung mit Mittelanzapfung und einer weiteren Anzapfung für die Gewinnung der negativen Gittervorspannung Die Heizwicklung für die Vor- und Endröhren mit einer Spannung von 6,3V

Die Heizwicklung 6,3V hat eine Mittelanzapfung, die an Masse gelegt ist, dadurch hat man, im Massebezug gesehen, zwei gegenphasige Heizspannungen, deren Felder sich, bei vorhandener Symmetrie in der Anordnung der Verkabelung und der Röhrenelektroden gegenseitig aufheben. Damit wird das durch die Heizspannung in den Signalweg eingebrachte Brummen reduziert. Mit der Gleichrichterröhre V2001 (GZ34) erfolgt die Zweiweggleichrichtung der Anodenversorgungsspannung. Mit dem Standby-Schalter kann die Anodenversorgung, unter Beibehaltung der Röhrenheizung, unterbrochen werden. C2002 und C2003 bilden, mit zusammen 40uF, den Ladekondensator. Dieser Wert ist, für heutige Verhältnisse recht klein, so daß sich schon bei geringen Ausgangsleistungen eine recht hohe Brummspannung ergibt. Bei kleinen Ausgangsleistungen arbeitet die Endstufe im Klasse-A Betrieb. Schwankungen der Versorgungsspannungen wirken sich so kaum auf das Signal aus, da sie zu gleichen Stromänderungen in beiden Wicklungen des Ausgangstrafos führen und damit nicht zu einer Änderung des magnetischen Flusses in seinem Kern beitragen. Beim Übergang in den B-Betrieb zeigt sich dagegen eine deutlich sichtbare 100 Hz-Modulation des Ausgangssignals. Wie ausführliche, im Kapitel „Das WILDCAT Low-Noise Netzteil“ beschriebenen, Untersuchungen zeigen, führt die Wegnahme dieses Brumms, bei gleichzeitiger exakter Reproduktion des Spannungseinbruchs, jedoch zu einem eher „langweiligen und braven“ Klang, die „Bizzeligkeit“ und das Durchdringungsvermögen fehlen. Offensichtlich ist die 100 Hz-Modulation bei größeren Ausgangsleistungen als ein klangbildendes Merkmal und nicht als ein Störeinfluß zu betrachten. Die Versorgungsspannungen für die Schirmgitter der Endröhren und für die Vorstufen werden mit der Siebdrossel (10H) geglättet, so daß an diesen praktisch kein 100 Hz-Brumm mehr vorhanden ist. Es schließt sich eine weitere Filterkette, bestehend aus einzelnen R/C-Filtern an. Da die einzelnen Filterelemente Grenzfrequenzen im Bereich von 10Hz besitzen (die RC-Filter für die Vorstufen sogar im Bereich von 1,5Hz) und bei Zweiweggleichrichtung Störfrequenzen über 100Hz auftreten, kann davon ausgegangen werden, dass die Brummunterdrückung an den Schirmgittern besser als 20dB ist und für die Vorstufen besser als 40dB. Die Gittervorspannungen der Endstufenröhren müssen zwar stabil sein, es wird aber praktisch keine Leistung benötigt. Die Widerstände R1025 und R1026 in der Endstufenschaltung bilden einen Tiefpass mit C2009 und C2010. Die Grenzfrequenz liegt mit 0,7Hz deutlich unterhalb der unteren Grenzfrequenz des Verstärkers. Man kann daher davon ausgehen, dass das Verstärkersignal an den Schleifern der Potentiometer P2001 und P2002 (fast) vollständig gedämpft ist. Das bedeutet, daß, wie in der Originalschaltung, der dynamische Innenwiderstand der Gitterspannungsquelle im AudioSignalbereich vernachlässigbar ist. Dies ist für das Verhalten im Overdrive-Betrieb von Bedeutung, bei dem kurzzeitig Gitterstrom fließen kann. Der Widerstand R2003 bildet mit C2008 und dem nachfolgenden Netzwerk (näherungsweise ein 60kΩ Widerstand) einen Tiefpass mit einer Grenzfrequenz von 1,3Hz. Damit ist eine Brummunterdrückung von fast 40dB an C2008 zu erwarten, die dann von dem zuvor genannten Tiefpass noch auf über 60dB verbessert wird. Außerdem bildet R2003 zusammen mit dem nachfolgenden Widerstandsnetzwerk einen Spannungsteiler, der die auf den negativen Scheitelwert gleichgerichtete Transformatorspannung (ca. -60V) durch 1,25 teilt, sodass an C2008 eine Gleichspannung von -48V zu erwarten ist. Über die Potentiometer können die beiden Gittervorspannungen einzeln von -40V bis -48V eingestellt werden. Damit lassen sich die Ruheströme in den Endstufenröhren getrennt voneinander zwischen 27mA und 57mA (ermittelt aus Kennlinienfeld 5881 im Triodenbetrieb) einstellen. Die einstellbare Gittervorspannung stellt eine Abweichung von der Original-Bassman Schaltung dar. Die Motivation

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hierfür ist die Möglichkeit einer exakten Symmetrieeinstellung der Ruheströme, da bei unsymmetrischen Ruheströmen der Transformatorkern im Arbeitspunkt nicht gleichfeldfrei ist.

Das statische Verhalten der Anodenversorgung im Ruhezustand Im folgende ist ein vereinfachtes Ersatzschaltbild der Anodenversorgung dargestellt. Die darin verwendeten Parameter wurden wie folgt ermittelt: -

Sekundärspannung des Netztrafos: 2 x 325V, aus Kuehnel, Seite 148 Ohmscher Widerstand des Netztrafos: Sekundär 2 x 49 Ohm, primär 2 Ohm, aus Kuehnel, Seite 148 Ohmscher Widerstand der Netzdrossel: 107 Ohm, aus Kuehnel, Seite 148 Induktivität der Netzdrossel: 10H, aus Kuehnel, Seite 148 Anodenstromaufnahme der Endstufe 2 x 30mA = 60mA aus vorstehender eigener Berechnung Schirmgitterstromaufnahme der Endstufe 2 x 0,6mA = 1,2mA aus Kuehnel, Seite 148 Stromaufnahme der Eingangsstufe: 2 x 1,6mA = 3,2mA aus vorstehender eigener Berechnung Stromaufnahme der Treiberstufe: 1,4mA aus vorstehender eigener Berechnung Stromaufnahme der Kathodenfolgerstufe: 1,8mA aus vorstehender eigener Berechnung Stromaufnahme Phasensplitter: 2 x 1,5mA = 3mA aus vorstehender eigener Berechnung

Alle genannten Stromaufnahmen beziehen sich auf den Ruhezustand ohne Signal

107R

10H

4K7

+

10K

+

+

+

6

40uF 49R

20uF

20uF

10uF

GZ34

2R

60mA

1,2mA

3mA

6,4mA

230V 2 8 Endstufe Anoden

Endstufe Schirmgitter

Phasensplitter

4

49R

Eingangsstufe Treiberstufe Kathodenfolger

Ersatzschaltbild der Anodenversorgung mit Strömen im Ruhezustand ohne Signal

Im ersten Schritt soll der primärseitige Widerstand des Netztransformators auf die Sekundärseite transformiert werden. Man erhält ein Windungsverhältnis n von 325 / 230 = 1,41, damit ergibt sich ein sekundärseitig wirksamer Widerstand von 2 Ohm * n2 = 2 Ohm * 2 = 4 Ohm, der resultierende Gesamtwiderstand ist 49 Ohm + 4 Ohm = 53 Ohm. Im folgende Schritt soll der stromabhängige Spannungsabfall an der Gleichrichterröhre näherungsweise als ohmscher Widerstand modelliert werden. Hier kann jedoch nicht einfach die statische Kennlinie der Röhre betrachtet werden, da nur während eines bestimmten Teils der Halbwelle der Netzspannung ein Strom fließt, der dann ein dem Kehrwert des Zeitanteils des Stromflusses proportionalen Wert hat. Der Zeitanteil hängt aber wiederum vom Spannungsabfall an der Röhre und am Innenwiderstand des Netztrafos ab.

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Daher findet sich im Datenblatt der GZ34 eine „typische Anwendungsschaltung“, für die die gesuchten Werte direkt aus einem Kennlinienfeld abgelesen werden können:

Typische Anwendungsschaltung der GZ34 mit Kennlinienfeld mit interpolierter Kennlinie für den Netztrafo des Bassman. Quelle: Datenblatt Philips

Die Übereinstimmung der Parameter des im Datenblatt angegebenen typischen Transformators und des im Bassman vorhandenen Transformators ist so exakt, daß eine Interpolation im Kennlinienfels problemlos möglich ist. An die interpolierte Kennlinie wird dann eine Tangente angelegt, um eine vereinfachte Modellierung mit einem ohmschen Widerstand darzustellen. Der hier angenommene Wert des Ladekondensators ist jedoch 50% größer als der tatsächlich im Bassman vorhandene Ladekondensator. Es ergibt sich, für die kombinierte Wirkung der Gleichrichterröhre und des Innenwiderstandes des Netztrafos, ein Widerstand von:

R = ∆U/∆I = (440V - 325V) / 250mA = 460Ω.

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Nun kann ein weiter vereinfachtes Ersatzschaltbild gezeichnet werden: 460R

107R

10H

4K7

+

460Vdc

10K

+

+

+

40uF 20uF

20uF

60mA

Endstufe Anoden

1,2mA

Endstufe Schirmgitter

10uF 3mA

Phasensplitter

6,4mA

Eingangsstufe Treiberstufe Kathodenfolger

Weiter vereinfachtes Ersatzschaltbild der Anodenversorgung Die Spannung der hier modellierten Gleichspannungsquelle entspricht dem Scheitelwert der Leerlaufspannung des Netztrafos, sie ist 325V * 1,41 = 460V. Nun können die Ruhepotentiale der einzelnen Ausgänge des Netzteils bestimmt werden: Endstufe Anoden: U = 460V – 460 Ohm * (60mA + 1,2mA + 3mA + 6,4mA) U = 460V – 460 Ohm * 70,6mA U = 469V – 32,5V U = 427,5V Angabe im Originalschaltplan: 432V Endstufe Schirmgitter: U = 427,5V – 107 Ohm * ( 1,2mA + 3mA + 6,4mA) U = 427,5V – 107 Ohm * 10,6mA U = 427,5V – 1,1V U = 426,4V Angabe im Originalschaltplan: 430V Phasensplitter: U = 426,4V – 4,7 kOhm * ( 3mA + 6,4mA) U = 426,4V – 4,7k Ohm * 9,4mA U = 426,4V – 44,2V U = 382,2V Angabe im Originalschaltplan: 385V Eingangs-, Treiber- und Kathodenfolgerstufe: U = 382,2V – 10k Ohm * 6,4mA U = 382,2V – 64V U = 318,2V Angabe im Originalschaltplan: 325V Seite 3-73

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Die Übereinstimmung mit den Spannungsangaben im Originalschaltplan ist gegeben Es fällt jedoch auf, daß die Messungen am Prototyp deutlich höhere tatsächliche Spannungswerte ergeben: Die tatsächliche Trafo-Leerlaufspannung ist nicht 460V sondern 522V. Daraus folgen dann rechnerisch die nachstehenden Netzteil-Ausgangsspannungen: Endstufe Anoden: U = 522V – 460 Ohm * (60mA + 1,2mA + 3mA + 6,4mA) U = 522V – 460 Ohm * 70,6mA U = 522V – 32,5V U = 489,5V {Spitzenwert} Messung am Prototyp: 481V (Spitzenwert) / 463V (Tiefstwert) Amplitude des 100 Hz-Brumms 18Vpp Die Übereinstimmung ist nun, mit einem Fehler von –1,7% gegeben. Damit ist die Modellierung der Zusammenschaltung der Gleichrichterröhre und des Netztrafos bestätigt. Aufgrund der Wirkung der Drossel muß mit dem Mittelwert 472V weitergerechnet werden. Endstufe Schirmgitter: U = 472V – 107 Ohm * ( 1,2mA + 3mA + 6,4mA) U = 472V – 107 Ohm * 10,6mA U = 472V – 1,1V U = 471V Messung am Prototyp: 466V Phasensplitter: U = 471V – 4,7 kOhm * ( 3mA + 6,4mA) U = 471V – 4,7k Ohm * 9,4mA U = 471V – 44,2V U = 427V Messung am Prototyp: 422V Eingangs-, Treiber- und Kathodenfolgerstufe: U = 427V – 10k Ohm * 6,4mA U = 427V – 64V U = 363V Messung am Prototyp 352V Man erkennt, daß die einzige signifikante Abweichung zwischen der anfänglichen Modellierung des Netzteils und dem tatsächlichen Verhalten des aufgebauten Netzteils in der unterschiedlichen Leerlaufspannung des nach Literaturangeben angenommenen und des tatsächlichen Netztrafos besteht. Wenn man die tatsächliche Leerlaufspannung in das Modell einbringt, dann erhält man hinreichend übereinstimmende Ergebnisse.

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Das statische Verhalten der Anodenversorgung im Belastungszustand Nun soll die Ausgangsspannung der Anodenversorgung bei Belastung rechnerisch abgeschätzt werden. Da diese Rechnung vor dem Aufbau des Prototypen vorgenommen wurde, bezieht sie sich noch auf die ursprünglich angenommene Trafo-Sekundärspannung von 460Vp im Leerlauf. Wird der Verstärker mit einem Signalausgesteuert, dann fließt der Laststrom von der hier modellierten idealen Gleichspannungsquelle über den Innenwiderstand des Netzteils, die Last und die Anoden der Endröhren. Die maximale Leistung an der Last ist, wie bereits erläutert, abhängig von der Versorgungsspannung und der Anoden-Restspannung. Letztere ist von der Schirmgitterspannung, und damit wiederum von der Versorgungsspannung abhängig: Sinkt die Versorgungsspannung, so verringert sich die maximal mögliche Leistung an der Last. Gleichzeitig verändert sich jedoch auch die Anoden-Restspannung, die wiederum die Leistung an der Last beeinflusst. Die tatsächliche Anodenspannung, die sich bei statischer Leistungsabgabe einstellt, lässt sich hier wieder durch eine Fixpunktrechnung ermitteln: In jeder Iteration wird die Leistung am Lastwiderstand bei einer bestimmten, initial festgelegten Anodenspannung berechnet (unter Berücksichtigung der AnodenRestspannung, die sich bei der gegebenen Anodenspannung einstellt). Der daraus resultierende Spannungsabfall am Innenwiderstand der Spannungsversorgung wird im jeweils darauf folgenden Schritt berücksichtigt. Die Iteration wird so lange durchgeführt, bis sich das Ergebnis hinreichend genau stabilisiert hat. Die Ergebnisse der Rechnung sind in der folgenden Abbildung dargestellt.

Verhältnisse in der Endstufe unter Berücksichtigung des Innenwiderstandes des Netzteils bei Abgabe der maximalen unverzerrten Sinusleistung, es wird noch von der ursprünglich angenommenen Leerlaufspannung von 460Vp der Anodenwicklung des Netztrafos ausgegangen. Die Rechnung gilt nur für den statischen, eingeschwungenen Zustand, denn nur dann kann der Einfluss der Siebdrossel vernachlässigt werden. Außerdem stellt das Ergebnis lediglich eine sehr grobe Näherung dar, da einige Effekte, wie z. B. der nichtlineare Innenwiderstand der Spannungsversorgung, Einflüsse von Oberschwingungen, die durch die Verzerrung bei beginnender Übersteuerung auftreten, sowie Veränderungen der Verstärkung des Gesamtsystems, vernachlässigt wurden. Unter den genannten Bedingungen und Vereinfachungen ist mit einer Anodenspannung von 350V und einer Leistungsabgabe von 30W (RMS) an einer ohmschen Last zu rechnen.

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Die Anodenspannung sinkt somit (wieder unter der Annahme von 460Vp Leerlaufspannung des Netztrafos) um 432V – 350V = 82V ab. Diese Größenordnung des Spannungseinbruchs wurde durch Messungen am Prototyp bestätigt. Die Spannung (Mittelwert) sank von ca. 470V auf ca. 390V ab. Am Prototyp wurde eine Dauerleistung (Definition: es setzt gerade noch keine Begrenzung des Sinussignals ein) von 25,6W gemessen. Man erkennt, daß die Größenordnung mit der berechneten Leistung übereinstimmt. Die, trotz der in der Realität höheren Trafo-Leerlaufspannung, geringere tatsächliche Leistung ist zum einen auf die leichte Fehlanpassung durch den zu geringen Lastwiderstand (1,8 Ohm statt 2 Ohm) und auch durch die ohmschen Verluste in den Zuleitungen und in der Sekundärwicklung des Ausgangsübertragers bedingt. Wenn man diese zuätzlichen Widerstände mit 0,2 Ohm abschätzt und eine „Hochrechnung“ der Gesamtleistung durchführt, dann ergäbe sich eine Leistung von 28,4W, die die Verlustleistung an den parasitären Widerständen mit einschließt.

Das dynamische Verhalten der Anodenversorgung bei Lastwechsel Aufgrund des nicht unerheblichem Rechenaufwands wird auf eine „händische“ Berechnung verzichtet, stattdessen wurde eine Simulation der Ersatzschaltung mit PSPICE durchgeführt. Es wurde von einer aus dem Ruhezustand heraus durchgeführten Ansteuerung des Verstärkers mit einem sprunghaft zugeschalteten, dann in seiner Amplitude konstantbleibenden, Signal ausgegangen. Die Ergebnisse der, ebenfalls noch von 460Vp Leerlaufspannung ausgehenden, Simulation sind in der folgenden Abbildung dargestellt:

Die Simulationsergebnisse für einen Lastsprung aus dem Ruhezustand heraus mit Bezug auf eine Trafo-Leerlaufspannung von 460Vp

Auffällig ist das, durch die Eigenresonanz des aus der Siebdrossel und den Sieb- und Ladeelkos gebildeten Schwingkreises hervorgerufene Überschwingen. Die Induktivität der Siebdrossel ist 10H (Quelle: Kuehnel, The Fender Bassman 5F6-A Seite 148). Die wirksame Kapazität entspricht der Serienschaltung aus dem Ladekondensator (2 x 20uF)und dem Siebkondensator (20uF), das ist 13,3uF. Damit ergibt sich rechnerisch eine Eigenfrequenz von 13,3 Hz. Dies stimmt näherungsweise mit der in obigen Simulationsergebnissen ablesbaren Frequenz überein. Seite 3-76

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Das folgende Oszillogramm zeigt die Verhältnisse an der Schirmgitterversorgung bei einem Lastsprung am Prototyp. (100ms/DIV, 200V/DIV, GND unterer Bildrand).

Messung des Einbruchs der Schirmgitterversorgung am Prototyp (100ms/DIV, 200V/DIV, GND unterer Bildrand).

Die Spannung bricht von 470V auf 400V ein, das ist ein Einbruch um 70V, in der Simulation wurde ein Einbruch um 60V ermittelt, der Unterschied ist auf die nicht exakt identische Ausgangsleistung bei Messung und Simulation zurückzuführen. Der Spannungseinbruch erreicht bei Simulation und Messung nach etwa 50ms seinen Endwert. Die Dämpfung der Eigenresonanz ist in der Realität wesentlich stärker als in der Simulation, das Überschwingen bei Beginn der Belastung ist in der Realität deutlich schwächer ausgeprägt. Bei der Messung ist jedoch ein deutliches Überschwingen bei der Rückkehr in den Ruhezustand festzustellen, es kann hier eine Frequenz von 12,5 Hz abgelesen werden, das ist angesichts der üblichen Toleranzen von Elektrolytkondensatoren als hinreichende Übereinstimmung zu werten.

Die klanglichen Konsequenzen des dynamischen Verhaltend der Anodenversorgung Festzuhalten ist nun, daß nur im ersten Moment nach Beginn der Belastung die volle Versorgungsspannung bereitsteht. Daher gibt der Verstärker zunächst die bereits berechnete Leistung von ca. 47W an den Lautsprecher ab. Nach 150ms ist die Schirmgitterspannung und die Anodenspannung auf ihr Minimum abgesunken, das hier näherungsweise dem Wert des eingeschwungenen Zustandes gleichgesetzt werden kann. Der Verstärker liefert dann also nur noch ca. 30W. Wenn der Verstärker so ausgesteuert wird, daß er zu Beginn der Ansteuerung eine gerade noch unverzerrte Ausgangsspannung bei 47W Leistung liefert, dann führt die Reduktion der Anodenspannung unter Belastung dazu, daß die Endstufe dann das Signal bereits begrenzt, es kommen also Oberschwingungen zum Grundton hinzu. Musikalisch betrachtet klingt durch dieses Phänomen der Saitenanschlag klarer und 1,9 dB lauter als der Rest des Tones, was insgesamt zu einem prägnanteren Klang führt.

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Die 1,9dB führen beim Verklingen der Saite zusätzlich zu einer Klangverlängerung (Kompressor-Effekt), da die Gesamtverstärkung zusammen mit der Versorgungsspannung wieder ansteigt. Betrachtet man die mittlere Leistung zweier exponentiell abklingender Signale, so lässt sich die Klangverlängerung daran messen, um welchen Betrag ein bestimmter Punkt auf der Kurve durch die Kompression verzögert wird. Exemplarisch sei hier als Bezugspunkt die Stelle gewählt, an der der Funktionswert auf -10dB abgesunken ist:

f1 (t ) = e



t

τ

⇔ t0 = −τ ⋅ ln (− 10dB ) t

30W   ⇔ t1 = −τ ⋅ ln (− 10dB ) ⋅  47W    30W  ∆t = t1 − t 0 = −τ ⋅ ln   47W  47W −τ f 2 (t ) = ⋅e 30W

k Release -10 dB

 30W  ln  ∆t 47W  = =  = 19,5% t 0 ln (− 10dB )

.

Modellhafte Darstellung der abgegebenen Leistung über die Zeit bei einem sprunghaft beginnenden und dann exponentiell abnehmenden Verlauf der Amplitude des Eingangssignals unter Berücksichtigung des Einbruchs der Anodenversorgung. Hierbei modelliert f1(t) die mittlere Leistung an der Last bei minimaler Verstärkung und f2(t) die Leistung bei maximaler Verstärkung. In dem obigen Diagramm sind die Zusammenhänge für einen Saitenanschlag mit exponentiellem Verklingen grafisch dargestellt. Vor dem Anschlag befindet sich der Verstärker in Ruhe und besitzt seine höchste Spannungsverstärkung. Nach dem Anschlag sinkt die Leistung stark ab und folgt der Kurve f1(t) (Verstärkung im belasteten Zustand). Anschließend erholt sich die Versorgungsspannung, die Verstärkung steigt wieder an und die Lautsprecherleistung folgt f2(t). Durch die Erholphase wird das Verklingen um ca. 20% verzögert.

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Abschließend ist noch anzumerken, dass sich aufgrund der transienten Oszillation Klangfarbe und Lautstärke während des Einschwingvorgangs periodisch ändern. Allerdings ist es äußerst fraglich, ob derart leichte Nuancen tatsächlich wahrgenommen werden. Bei lang anhaltender Belastung kann auch die Vorstufenversorgung einbrechen (unterste Kurve in obigen Diagramm), was sich ebenfalls als Kompression und Übersteuerung bemerkbar macht. Genau genommen verändert sich der Klang des Verstärkers also ständig in Abhängigkeit von den gespielten Noten und verleiht dem Stück dadurch eine lebhafte und charakteristische Färbung.

Die detaillierte Untersuchung des Verhaltens der Anodenversorgung bei Lastwechsel durch Messung am Prototyp Die folgenden Messungen wurden am Verstärker „WILDCAT Bassman Plus“ vorgenommen, der in der gewählten Konfiguration vollständig mit dem FENDER Bassman 5F6-A identisch ist. Es wurde im ersten Schritt der statische Innenwiderstand der Anodenversorgung wie folgt ermittelt: Zunächst wurde die Höhe des Spannungseinbruchs bestimmt, wenn man den Verstärker im Leerlauf betreibt und anschließend bis zur maximalen Leistung aufsteuert. Am Ausgang des Verstärkers wurde ein Lastwiderstand 2,0 Ohm als Dummy-Load angeschlossen. Der Presence-Regler wurde auf „1“ gestellt. Die drei Klangregler wurden auf „10“ gestellt. Der Verstärker wurde in der „Original Bassman“ Einstellung betrieben. Als Eingangssignal wurde ein 1kHz-Sinussignal angelegt. Kontrolle der Ausgangsleistung bei Ansteuerung: „Harter“ Overdrive am Ausgang, Rechteck mit +/10,8V über 2 Ohm => P = 58W. Betrieb ohne Eingangssignal: Spannung Kathode GZ34: Spannung Anoden GZ34: => Spannung über GZ34: Stromflußzeit durch GZ34 / Halbwelle:

Mittelwert 472V / Brumm 18Vpp 496 Vp 15V {Im Scheitelpunkt der Trafo-Sekundärspannung} 2,3 ms

Betrieb mit maximaler Aussteuerung („Harter“ Overdrive) Spannung Kathode GZ34: Spannung Anoden GZ34: => Spannung über GZ34: Stromflußzeit durch GZ34 / Halbwelle:

Mittelwert 386V / Brumm 42Vpp 448 Vp 41V {Im Scheitelpunkt der Trafo-Sekundärspannung} 3,4 ms

Nun werden die beiden so ermittelten Punkte auf der Arbeitskennlinie des Netzteils mit ohmschen Widerständen anstelle des tatsächlichen Verstärkers „nachgestellt“, damit man den Wert des Innenwiderstandes in Ohm bestimmen kann. Auf diese Weise wird die möglicherweise fehlerbehaftete Messung eines impulsförmigen Stromes umgangen. Anstelle des Verstärkers wird eine Parallelschaltung aus dem Widerstand R und einem parallelgeschalteten Ladekondensator C = 40uF zwischen Kathode GZ34 und Masse geschaltet. (Das Kabel zum Standby Switch wird entfernt, an dessen Stelle wird die RC-Kombination versorgungsseitig angeschlossen)

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Mit R = 1,5 kOhm: ( entspricht: Betrieb mit max. Aussteuerung) Spannung Kathode GZ34: Spannung Anoden GZ34: Strom durch R: 390V / 1K5 =

Mittelwert 390V / Brumm 44Vpp 450 Vp 260 mA

Mit R = 6,87 kOhm: ( entspricht: Betrieb ohne Eingangssignal) Spannung Kathode GZ34: Mittelwert 472V / Brumm 18Vpp Spannung Anoden GZ34: 498 Vp Strom durch R: 472V / 6K87 = 68 mA Zusätzlich wurde noch die Leerlaufspannung ermittelt: Mit R = 100 kOhm: ( Leerlauf) Spannung Kathode GZ34: Spannung Anoden GZ34: Strom durch R: 516V / 100K =

Mittelwert 516V / Brumm nicht meßbar 522 Vp 5 mA

Aus diesen drei Meßpunkten kann nun der Innenwiderstand abgeschätzt werden: Innenwiderstand („zwischen“ „ohne Eingangssignal“ und „max. Aussteuerung“) du / di = (472-390) V / ( 260 – 68) mA = 82V / 192 mA = 472 Ohm Innenwiderstand („zwischen“ „Leerlauf“ und „ohne Eingangssignal“) du / di = (516-472) V / ( 68 – 5) mA = 44V / 63 mA = 698 Ohm Es zeigt sich ein nichtlineares Verhalten des Innenwiderstandes, es kann ihm also kein direkter Zahlenwert zugeordnet werden.

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Im folgenden Schritt wird das Verhalten der Anodenversorgung bei dynamischem Lastwechsel untersucht. Hierzu wird sie wieder mit dem WILDCAT Bassman Plus-Verstärker, in seiner bereits vorstehend beschriebenen Einstellung, verbunden. Der Verstärker wird mit einem Sinusburst mit der Frequenz 1kHz und einer Wiederholrate von 0,5 Hz angesteuert.

Alle nachstehend abgebildeten Messungen wurden mit einem Tastkopf 1 zu 100 durchgeführt. Das GND-Potential ist stets die Bildschirmmitte Zunächst wurde mit „cleaner“ Aussteuerung gemessen. Die Schwankungen der Versorgungsspannungen mit der Aussteuerung sind nur sehr klein. Dementsprechend ist auch die Hüllkurve der Verstärker-Ausgangsspannung über die Zeitdauer des Bursts praktisch „eben“.

Ausgangssignal parallel zu Dummy-Load = 2 Ohm bei „cleaner“ Aussteuerung. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Die Aussteuerung wurde erhöht, sie ist aber nach wie vor „clean“, ohne Clipping: Nun ist schon eine deutliche Modulation der Hüllkurve zu erkennen.

Ausgangssignal parallel zu Dummy-Load 2 Ohm bei noch „cleaner“, aber im Vergleich zum vorherigen Bild erhöhter Aussteuerung. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Das folgende Bild zeigt den dazugehörigen Verlauf der Anodenversorgungsspannung, man erkennt bereits einen Einbruch der Spannung durch die Belastung bei Ansteuerung des Verstärkers.

Spannung an der Kathode der GZ34, bei identischer Aussteuerung zu vorigem Bild. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Der Spannungseinbruch ist auch „hinter“ er Siebdrossel, an der Versorgungsspannung für die Vor- und Treiberstufe sowie die Schirmgitter, zu erkennen. Auffällig ist das, durch die Eigenresonanz des aus der Siebdrossel und den Sieb- und Ladeelkos gebildeten Schwingkreises hervorgerufene Überschwingen nach dem Abklingen des Sinusbursts.

Spannung „hinter“ der Siebdrossel, bei identischer Aussteuerung zu vorigem Bild. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

Die Periodendauer dieser gedämpften Schwingung kann auf dem obigen Oszillogramm mit 80 ms = 1/ 12,5 Hz abgeschätzt werden. Die Induktivität der Siebdrossel ist 10H (Quelle: Kuehnel, The Fender Bassman 5F6-A Seite 148). Die wirksame Kapazität entspricht der Serienschaltung aus dem Ladekondensator (2 x 20uF)und dem Siebkondensator (20uF), das ist 13,3uF. Damit ergibt sich rechnerisch eine Eigenfrequenz von 13,3 Hz, was sehr gut mit dem beobachteten Wert von ca. 12,5 Hz übereinstimmt.

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Die Aussteuerung wurde soweit erhöht, daß ein Clipping stattfindet, aber noch kein „Rechtecksignal“ aus dem Verstärker kommt. Der Verstärker arbeitet im „leichten Overdrive“ Man erkennt, daß die Amplitude des Ausgangssignals zu Beginn des Bursts maximal ist und dann abfällt.

Ausgangssignal parallel zu Dummy-Load 2 Ohm, deutlich ist der Amplitudenabfall zu Beginn des Bursts zu sehen. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Bei zeitlicher Dehnung fällt die 100 Hz-Welligkeit des Ausgangssignals auf:

Ausgangssignal parallel zu Dummy-Load 2 Ohm, entsprechend vorheriger Messung aber zeitlich gedehnt, deutlich ist der 100 Hz-Brumm zu sehen. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Das folgende Oszillogramm zeigt den Einbruch der Anodenversorgungsspannung in Folge der Ansteuerung mit dem Sinusburst. Man erkennt, daß die Höhe des Spannungseinbruchs mit stärkerer Aussteuerung zunimmt.

Spannung an der Kathode der GZ34, bei identischer Aussteuerung wie beim vorherigem Bild. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Der Spannungseinbruch in der Versorgungsspannung für die Vorstufen/die Schirmgitter nimmt erwartungsgemäß ebenfalls zu:

Spannung „hinter“ der Siebdrossel, bei identischer Aussteuerung wie beim vorherigen Bild. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Die Aussteuerung wurde weiter erhöht, in den Bereich des „harten“ Overdrives“ Man erkennt eine Zunahme des Spannungsabfalls und vor allem der 100 Hz-Welligkeit:

Ausgangssignal parallel zu Dummy-Load 2 Ohm Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Bei zeitlicher Dehnung der Darstellung der Ausgangsspannung ist die starke 100 Hz-Modulation deutlich zu erkennen:

Ausgangssignal parallel zu Rl = 2 Ohm, gedehnt, zur Sichtbarmachung des 100 Hz-Brumms. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Auch die Versorgungsspannung ist bei dieser hohen Aussteuerung noch stärker mit der 100 HzBrummspannung überlagert:

Spannung an der Kathode der GZ34, bei identischer Aussteuerung wie beim vorherigen Bild. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Die Versorgungsspannung für die Vorstufen/die Schirmgitter ist jedoch nach wie vor praktisch brummfrei:

Spannung „hinter“ der Siebdrossel, bei identischer Aussteuerung wie beim vorherigen Bild. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Auch hinter dem „ersten“ Siebwiderstand, an der Versorgungsspannung für die Treiberstufe, kann ein Spannungseinbruch beobachtet werden:

Spannung über C2005, hinter dem „ersten“ Siebwiderstand, bei identischer Aussteuerung wie beim vorherigen Bild. Tastkopf 1 zu 100 / GND-Potential in Bildschirmmitte

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Aufbau, Test und Inbetriebnahme Der erste elektrische Test und die Inbetriebnahme verliefen zügig und ohne größere Schwierigkeiten. Die gemessenen Werte erwiesen sich als hinreichend mit den vorangegangenen theoretischen Überlegungen übereinstimmend, die Gegenüberstellung der theoretisch ermittelten und der gemessenen Werte erfolgte bereits bei den Beschreibungen der einzelnen Schaltungsteile. Die folgenden Bilder sollen einen Eindruck vom Aufbau und von der ersten Inbetriebnahme des WILDCAT Bassman Plus vermitteln.

Die Leiterplatte des WILDCAT Bassman Plus von der Oberseite gesehen

Das Bild auf der Folgeseite zeigt die Unterseite der Leiterplatte des WILDCAT Bassman Plus. Es wurden hochwertige, dem Originalgerät weitgehend entsprechende passive Bauteile eingesetzt.

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Die einzelnen, fertiggestellten Komponenten vor dem Zusammenbau. (Die linksseitigen Leiterplatten gehören zum WILDCAT Dynamic Compressor) Alle Leiterplatten wurden in doppelter Ausfertigung gebaut, um den Effekt von Modifikationen durch schnellen A/B-Vergleich testen zu können.

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Der erste Testaufbau

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Messung von Arbeitspunkten am Prototyp

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Verfolgung des Gitarrensignals durch den Prototyp

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Der Klangeindruck stellt alle Beteiligten zufrieden

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Die ersten klanglichen Ergebnisse Als erster Musiker testete der Berliner Rock- und Bues-Gitarrist Charlie Dieht den WILDCAT Bassman Plus.

Charly Diehl spielt über den WILDCAT Bassman Plus

Er machte eine interessante Beobachtung: Ihm fiel sofort die „Bizzeligkeit“ des Klangs auf, wenn er alleine spielte, fand er sie ein wenig unangenehm. Aber dann, im Zusammenspiel mit einem Bassisten, war die „Bizzeligkeit“ nicht mehr störend wahrnehmbar. Stattdessen äußerte sie sich ein einem besonders guten Durchdringungsvermögen der Gitarre. Wahrscheinlich ist diese Eigenschaft des Bassman auf die Modulation des Ausgangssignals mit einer 100 Hz-Welligkeit zurückzuführen, die mit der Übersteuerung der Endstufe einsetzt. Er spielte sehr gerne über den Bassman, der Klang gefiel ihm, das Zuhören war für alle Beteiligten ein Genuss.

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Es folgte ein weiterer Test mit dem Gitarristen Axel Praefcke von der Band „Ike and the Capers“. Er war vom Klang des Bassman spontan begeistert, was sich dann in einem etwa fünfminütigen Gitarrensolo äußerte, das wohl allen Zuhörenden für immer im Gedächtnis bleiben wird.

Axel Praefcke spielt über den WILDCAT Bassman Plus

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Auf der Langen Nacht der Wissenschaften am 09.06.2007 wurden unsere WILDCAT-Verstärker das erste Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Die Band "Ike an the Capers" und Sänger/innen des "DeutschFranzösische Chors" spielten ein authentisches 1950's/1960's-Programm mit Elvis-Songs über unsere Verstärker. In der zweiten Hälfte des Konzerts kam der WILDCAT Bassman Plus zum Einsatz. Die Sänger/innen des "Deutsch-Französischen Chores" übernahmen den Part der legendären "Jordanaires". Es wurden Songs aus der Zeit von 1957 bis 1961 gespielt, bei denen Hank Garland mitgespielt hatte.

Der zweite Teil des Live-Konzerts ( v. l. n. r.: Axel Praefcke, Christiane Klein, Corinne Kirchhoffer, Kim Schott, Susanne Stöhr, Jürgen Devrient, Steffen Raphael Schwarzer, nicht sichtbar Thorsten Peukert, Ike Stoye, Michael Kirscht )

Besondere Höhepunkte waren die Songs "A Fool such as I" mit seinem faszinierenden Spannunsgbogen zwischen dem raffinierten Chorsatz und den ausdrucksstarken Gitarrenriffs und der Song "Little Sister", bei dessen Originalaufnahme im Studio B in Nashville Hank Garland mit einer SolidBody-Gitarre über einen FENDER Bassman 5F6-A seine markanten Gitarrenriffs gespielt hat. Die absolut perfekte Übereinstimmung des Klangbilds der E-Gitarre zwischen dem 1961 (also 46 Jahre vorher) aufgenommenen Original und der Live-Darbietung war absolut verblüffend. Man kann diese Übereinstimmung gut heraushören, da es in dem Stück Stellen gibt, an denen nur die Gitarre Hank Garlands spielt Die Referenzaufnahme wurde direkt vom Masterband von 1961 digitalisiert, sie ist erst vor wenigen Jahren auf der neu erschienen Elvis-CD "Such a Night" in dieser grandiosen Qualität veröffentlicht worden Es wurde sowohl bei der Aufnahme als auch beim Konzert eine Solid-Body-Gitarre von Fender verwendet

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Der systematische klangliche Test und die daraus entstandenen Schlußfolgerungen für die Weiterentwicklung des WILDCAT Bassman Plus Allgemeines Am 20.08. 2007 wurde der WILDCAT Bassman Plus gemeinsam mit Axel Praefcke im Tonstudio von LIGHTNING RECORDERS Berlin ausführlich getestet.

Schritt 1: Test der „Original Bassman“-Konfiguration Die auf der Folgeseite abgebildete Einstellung erwies sich als optimal:

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Die Gitarre wurde direkt an den Verstärker angeschlossen, nichts war dazwischengeschaltet. Es klang genauso wie bei Hank Garland, ähnlich wie bei Little Sister und A Big Hunk Of Love, „bizzelig“, bluesig angezerrt, mit Nadelstichen, der Verfasser spürte einen starken Impuls aufzustehen und zu tanzen. Der Klang ging mehrdimensional auf, blieb dabei klar und durchsichtig. Es erinnerte den Verfasser an das Solo in der deutschen Version von „I Got Stung“ von Ted Herold. Es war absolut authentischer „Late 50‘s“- Gitarrensolo-Klang. Der Verfasser hatte die Empfindung „10'000 Ameisen laufen meinen Rücken herunter“. Hierbei wurde über die untere, nicht spannungsteilende Buchse gespielt, die obere Buchse mit 1 zu 2 Spannungsteiler bräuchte man eigentlich nicht, wenn man weniger Verzerrung der Eingangsstufe will, dann kann man das auch über den Lautstärkeregler an der Gitarre machen. Interessant war auch, der Unterschied zwischen der Verwendung der beiden Eingangsbuchsen, wenn Axel Praefcke im Stil von Johnny Cash spielte, also rhythmisch, gedämpft, auf den unteren Saiten. Dann bekam der Klang es, wenn er über die nicht spannungsgeteilte Eingangsbuchse spielte eine mitreißende Dynamik, die man bei der oberen Buchse so nicht hatte. Der Anschlag wurde sehr perkussiv. Der zweite Eingangskanal wurde auch getestet. Eine gegenseitige Beeinflussung der Kanäle durch Stellung der Lautstärkeregler, so wie beim DELUXE ist praktisch nicht vorhanden. Als sehr wichtig hat sich der BRIGHT-Schalter herausgestellt. Damit kann man Solis noch „nadelstichiger“ spielen. Die Empfindung des Verfassers: „Wenn man das hört, dann kann man nicht mehr ruhig stehenbleiben. Es ist, also ob die Töne ohne jeden Umweg direkt das Gefühlszentrum im Gehirn erreichen. Eine unglaubliche Intensität“. Bei gleichzeitigem Anschlag mehrerer Saiten entstanden ab einer gewissen Lautstärke faszinierende Obertöne, wahrscheinlich ein Mischprodukt durch das nichtlineare Verhalten des übersteuerten Verstärkers, die dem ansonsten glasklaren Klang eine bittersüße, bluesige Untermalung gaben. Es erinnerte den Verfasser von der Empfindung her an den sich ebenfalls nicht vordergründiger Harmonieerwägung beugenden bitteren Geschmack eines Ingwerstäbchens. Es wurden die folgenden Schlußfolgerungen gezogen: Man kann die 1 zu 2 geteilten Eingänge weglassen. Auch ein zweiter Kanal ist eigentlich nicht erforderlich. Der zweite Kanal ist nur historisch bedingt, man hat früher oft zwei Instrumente über einen Verstärker gespielt.

Schritt 2: Test mit zugeschaltetem Federhall Die Hallintensität wurde als stärker als bei sonst üblichen Verstärkern wahrgenommen, das wurde als ein Plus des WILDCAT Bassman Plus empfunden. Die zuschaltbare Klangregelung vor der Hallspirale „verdarb“ den Klang ein wenig, sie bringt keinen Vorteil. Die Klangregelung vor der Endstufe, entsprechend dem Original-Bassman reicht aus. Es wurden die folgenden Schlußfolgerungen gezogen: Die Klangregler in der Vorstufe mitsamt Umschaltrelais und Schalter können wegfallen. Der Hall soll mit einem Fußschalter clicfrei ein- und ausschaltbar sein.

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Schritt 3: Test mit Bypass des endstufenseitigen Klangreglers (BoostFunktion) Wenn man den Klangregler überbrückt und die Endstufe direkt ansteuert, dann gerät diese schon bei geringeren Lautstärken in die Verzerrung. Das ist für Axel Praefcke ein nettes Extra, man kann es seiner Meinung nach gut gebrauchen, wenn man in kleinen Clubs spielt. Zudem dringt die Gitarre auf diese Weise schon bei kleineren Lautstärken besser durch. Da man den Klangregler dann nicht mehr zur Verfügung hat, sollte dieses Feature seiner Meinung nach per Fußschalter clicfrei zuschaltbar sein, also z.B. nur kurzzeitig für ein Solo. Es wurden die folgenden Schlußfolgerungen gezogen: Das Boost-Feature ist ein nettes Extra, daß den WILDCAT Bassman von anderen Verstärkern unterscheidet. Es muß jedoch per Fußschalter clicfrei zuschaltbar sein.

Schritt4: Vergleich von Vorstufen- und Endstufenvezerrung / Master Volume Die Vorstufe wurde „voll aufgedreht“ und das externe Master Volume, eingeschleift in „Loop3“, zurückgedreht. Der Klang änderte sich dann stark, das „glasige“, intensive Moment verschwand. Das Klangbild wurde kompakter, aber auch ein wenig mulmig. Aber es entsteht eine interessante Art der Verzerrung. Es klingt genauso wie bei Chuck Berry und bei den ersten R&B-Coveraufnahmen der Rolling Stones, wie etwa Route 66. Hierbei ist zu beachten, daß die gegenwärtige Ausführung des Master Volumes schaltungstechnisch an der falschen Stelle sitzt, die Quellimpedanz für den Endstufeneingang wird durch das 1 MOhmPoti erhöht, womit insbesondere die Höhen geschwächt werden. Es wurden die folgenden Schlußfolgerungen gezogen: Master-Volume überarbeiten, ggf. vor Kathodenfolger setzen, bei Platzmangel kann es aber auch entfallen, nice to have aber nicht unverzichtbar. Der eigentliche Knüller des Sounds kommt ganz klar aus der Endstufenverzerrung

Allgemeine Gedanken aus der gemeinsamen Diskussion im Zuge der Tests: Die ganze Aufführung der Band kann man als Gesamtkunstwerk sehen. Das fängt bei er sorgfältig ausgesuchten Bühnenkleidung an und hört bei der Musik als solche auf. In diesem Kontext sind unsere Verstärker keine Technischen Geräte im herkömmlichen Sinne, die lediglich in Bezug auf ihren Nutzwert relevant sind, sondern sie sind Teil dieses Gesamtkunstwerks. Daher hat es einen ideellen, künstlerischen Wert, wenn sie authentisch, genau so wie in den 1950‘s, ohne Chips und Platinen aufgebaut sind. Hierzu Axel Praefcke sinngemäß: „Als ich über den handverdrahteten Deluxe gespielt habe, da habe ich mich einfach gut dabei gefühlt, in dem Wissen, das der Verstärker absolut original ist, das da nicht noch irgendwo heimlich ein Chip versteckt ist. Da konnte ich dann auch noch mal anders spielen. Es hat durch das Wissen um das Innenleben des Verstärkers noch mehr Spaß gemacht. Für so einen handgemachten Verstärker kann man viel höhere Preise erzielen“ Es dürfen sicht so viele Knöpfe und Bedienelemente vorhanden sein. Unübersichtlichkeit schreckt ab. Oft werden Verstärker von Anderen als ihrem Besitzer benutzt.. Die wollen sich dann auf der Stelle sicher fühlen. Auf keinen Fall große Bedienfelder mit vielen Knöpfen. Im Zweifelsfall lieber mehrere Felder (vorne und hinten) mit dann weniger Knöpfen. Bedienelemente für Optionen werden besser aus dem Hauptbedienfeld herausgehalten.

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Zusammengefasste technische Schlußfolgerungen für die Weitetentwicklung des WILDCAT Bassman Plus: -

Handverdrahtung statt Leiterplatte, schön und übersichtlich, Plexiglas wo möglich und sinnvoll, daß man das Innere auch gut sehen kann Doppel-Fußschalter für Federhall und Boost. Das ist ein nettes Extra, ein verstecktes Glanzstück, das den WILDCAT Bassman Plus von anderen Verstärkern unterscheidet. Clicfreie Umschaltfunktion für Boost und Federhall anstelle der bisherigen Relais Der Klangregler in der Vorstufe wird weggelassen 1 zu 2 geteilte Eingänge werden weggelassen Der zweite Kanal kann ohne Schaden weggelassen werden Die Boost-Funktion wird, per Fußschalter clicfrei schaltbar, vorgesehen Einbau des Master Volume bedenken, kann aber ggf. weggelassen werden Die "Loop1"- Einschleifung ist überflüssig, man kann Effektgerät direkt in Eingang stecken

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