REDE Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.

POTSDAM KLAUS-DIETER MÜLLER August 2006 www.kas.de/potsdam www.kas.de

Sowjetische Speziallager in der SBZ/DDR von 1945 – 1950 VORTRAG VON DR. KLAUS-DIETER MÜLLER VON DER STIFTUNG SÄCHSISCHE GEDENKSTÄTTEN ZUR ERINNERUNG AN DIE OPFER POLITISCHER GEWALTHERRSCHAFT ZUR VERANSTALTUNG „ZUKUNFT BRAUCHT ERINNERUNG - SYSTEM UND WIRKLICHKEIT DER SPEZIALLAGER IN DER SBZ/DDR 1945 – 1950“ Sehr geehrter Herr stellvertretender Mi-

hang zu bringen ist. Hierbei ist auch die

nisterpräsident, sehr geehrte Frau Minis-

Frage zu stellen, ob und inwieweit NS-

terin, sehr geehrte Abgeordnete des Bun-

Unrechtsmaßnahmen und ihre Beurteilung

destages und des Landtages, sehr geehr-

als Rahmen für den Charakter der sowjeti-

ter Herr Dr. Lammert, sehr geehrte Da-

schen Speziallager herangezogen werden

men und Herren, sehr geehrte ehemalige

können.

Häftlinge, ich bin gebeten worden, einige allgemeine Ausführungen zu den sowjeti-

Zu 1: Was wusste man von den Lagern

schen Speziallagern zu machen und ihren

früher?

Entstehungszusammenhang vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes

1945-1950 waren kaum detaillierte Kennt-

zu erläutern. Ich möchte meine Ausfüh-

nisse vorhanden. Da die Lager Isolations-

rungen in mehrere Fragekomplexe eintei-

und Schweigelager waren, drangen kaum

len:

Mitteilungen heraus oder herein. Sie waren Lager mit einem speziellen Haftregime und

1. Was wusste man von den Lagern wäh-

hießen daher auch offiziell Speziallager. Al-

rend ihrer Existenz bzw. bis zur Öffnung der

lenfalls konnten Entlassene Berichte geben,

russischen Archive ab 1990?

und es schälte sich bereits damals heraus, dass die Lager zur Todesfalle für Zehntau-

2. Einige Kerndaten zur Geschichte und Ent-

sende von Deutschen geworden waren oder

stehung der Lager.

werden würden.

3. Einige zentrale Begriffe in der Auseinan-

Mit der Auflösung der letzten Lager 1950

dersetzung wie die Gesamtzahl der Häftlin-

kam es – auch aufgrund der Auseinander-

ge, die Begriffe „Denunziation“ und „Will-

setzungen im Kalten Krieg – zu einer völlig

kür“, „Todes- oder Vernichtungslager“ sowie

gegensätzlichen Überlieferung. Im Westen

die exorbitant hohe Todesrate und ihre Ur-

wurden die Lager bis 1989 eigentlich aus-

sache möchte ich problematisieren, aber

schließlich als Unterdrückungsinstrument

auch darauf eingehen, was eigentlich als

einer totalitären Macht – der UdSSR – wahr-

Kriegsfolge zu betrachten ist, und schließ-

genommen. Sowjetische Speziallager und

lich

deutsche KZ waren nach dieser Wahrnehmung im Prinzip ein und dasselbe.

4. werde ich einige Überlegungen darüber anstellen, wo genau das neue Unrecht der

In der DDR wurden die Existenz der Lager

kommunistischen Gewaltherrschaft beginnt,

schnell tabuisiert, so dass auch Gedenkstät-

wo also die Lager auch genuinen Verbre-

ten wie Sachsenhausen und Buchenwald

chenscharakter tragen, ohne dass dies mit

ihre Existenz verschwiegen. Wenn es über-

der vorhergehende Periode in Zusammen-

haupt offizielle Verlautbarungen gab, waren

2

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

POTSDAM

die Lager offiziell eine Art von alliierten In-

4. liegt der Unrechtscharakter darin, dass

ternierungslagern und daher galten ihre In-

auch viele Tausende von unschuldigen Zivi-

sassen als zu Recht eingesperrte NS-

listen, die sich gegen die Besatzungsmacht

Belastete und NS-Verbrecher.

und ihre Diktatur gewandt hatten, in die Lager als SMT-Verurteilte eingewiesen wurden

KLAUS-DIETER MÜLLER August 2006

Nach 1989 wurden mit der Öffnung der Ar-

und teilweise dort verstarben. Sie waren

chive in der DDR wie in der UdSSR resp.

immer getrennt von den anderen in einer

Russland weitere, vor allem archivalische

sogenannten zweiten Zone untergebracht.

www.kas.de/potsdam

Klärungen möglich: Gleichwohl blieben Aus-

Aufgrund dieser zweiten Gruppe waren die

www.kas.de

einandersetzungen – vor allem und auch im

Lager, die damit Zuchthaus- und Gefängnis-

Vergleich mit den Konzentrationslagern der

funktion erfüllten, beginnend 1946 auch Un-

Nazis auf der einen Seite sowie den GULag-

terdrückungsinstrument einer sich etablie-

Lagern der UdSSR auf der anderen Seite.

renden totalitären kommunistischen Dikta-

Davon wird heute ja noch öfter die Rede

tur.

sein. Auf dem Gebiet der SBZ sind 9 sowjetischen Kommen wir zum Hauptpunkt und lassen

Lager und drei Gefängnisse im Frühsommer

Sie mich einige Konturen zur Geschichte der

bzw. Sommer 1945 eingerichtet worden.

Lager zeichnen. Zuvor vier Thesen und Aus-

Sachsenhausen, Buchenwald und Bautzen

sagen, auf die ich im folgenden zurück-

waren die größten, Mühlberg, Fürstenwal-

kommen werde:

de/Ketschendorf, Fünfeichen, Neubrandenburg, Hohenschönhausen, Lieberose oder

1. Die sowjetischen Speziallager sind Teil

die beiden Lager in Torgau gehörten zu den

mehrerer internationaler Lagersysteme im

kleineren.

sowjetischen Machtbereich. In der Zeit bis 1947/48 sind sie wesentlich stärker in den

Einige von ihnen hatten Vorgänger in Ost-

Zusammenhang von Krieg und Besatzungs-

europa oder den ehemaligen deutschen

herrschaft zu verorten als bislang in der Öf-

Ostgebieten. Sie waren als zeitweilige Lager

fentlichkeit wahrgenommen. So waren sie

im Bereich des Hinterlandes der vorrücken-

faktisch kürzere Zeit Lager für Kriegsgefan-

den sowjetischen Heeresgruppen (in sowje-

gene, und ebenfalls bis ca. 1946 auch Lager

tischer Bezeichnung: Fronten) eingerichtet

für verurteilte sowjetische Bürger vor ihrem

worden (Landsberg an der Warthe, Schnei-

Rücktransport in die UdSSR. Gleichwohl bil-

demühl usw.). Wie im Westen auch, wurden

deten nichtverurteilte Deutsche mit Abstand

solche Lager häufig an Orten eingerichtet,

die größte Häftlingsgruppe.

an denen vorher Konzentrationslager oder deutsche Kriegsgefangenenlager gewesen

Spätestens im Herbst 1948, als die Spezial-

waren. Dies war eine rein pragmatische

lager auch offiziell der sowjetischen GULag-

Entscheidung und keine sowjetische Beson-

Verwaltung unterstellt wurden, sind sie

derheit, denken wir zum Beispiel an Dachau

auch im Kern zu eindeutig politischen Un-

oder Bergen-Belsen in den Westzonen, wo

terdrückungsinstrumenten geworden.

Ähnliches geschah.

2. Die Lager waren Todeslager, jedoch keine

Wenn wir die sowjetischen Befehle heran-

(aktiven) Vernichtungslager.

ziehen, die zur Einrichtung und Geschichte der Lager gehören, so will ich mich – ange-

3. Der Unrechtscharakter der Lager von

sichts der knappen Zeit - auf einen Befehl

1945 bis 1948 liegt weniger in ihrer formel-

konzentrieren: den Befehl 00315 des In-

len

nenministeriums der UdSSR vom 18.4.1945, der zum zentralen Haftbefehl in

Existenz als darin, dass die Besatzungs-

der SBZ wurde. Als dann die Lager in Um-

macht das Massensterben der Insassen

setzung des Befehls eingerichtet wurden,

nicht verhinderte sowie auch nichtverurteil-

wurde ihr höchstes Ziel als „absolute Isola-

te Zivilisten zum Teil mehr als 5 Jahre nach

tion“ festgelegt, indem es in den Lagerord-

Kriegsende gefangen hielt, und schließlich

nungen etwa heißt: Die Insassen sind ein-

3

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

gewiesen zur völligen Isolierung. Dies ist

te die sowjetischen Kommissare und Funkti-

wichtig, denn hierin liegt eine der wichtigs-

onäre der KPdSU als besonders gefährlich

ten Ursachen des Massensterbens.

betrachtet), Mitglieder der Jugendorganisation der NSDAP, Angehörige der Polizei und

POTSDAM KLAUS-DIETER MÜLLER August 2006

Der Befehl 00315, dem mehrere andere Be-

des Terrorapparates des Dritten Reiches,

fehle zur Verhaftung von Zivil- und Militär-

Publizisten, Verwaltungsmitarbeiter. Es

personen in Osteuropa und den deutschen

handelt sich allein um Verdächtige, nicht

Ostgebieten aus den vorigen Monaten vo-

Überführte. Für überführte Terroristen und

www.kas.de/potsdam

rangingen, steht in einer stalinistisch-

Diversanten sah der Befehl die sofortige Er-

www.kas.de

militärischen Traditionslinie: Er ist ein klas-

schießung vor.

sischer Sicherungsbefehl zur Sicherung des militärischen Hinterlandes während eines

4. Der Befehl sah nur die unbefristete Inhaf-

Kriegseinsatzes oder in der unmittelbaren

tierung von Zivilisten vor. Alle Militärs bzw.

Nachkriegszeit (so wird er auch selbst in

Angehörige von paramilitärischen Organisa-

vielen amtlich-militärischen Schreiben nach

tionen, das KZ-Personal und Gerichtsperso-

1945 von sowjetischer Seite eingeordnet).

nal sollten in Kriegsgefangenenlager kom-

Nirgends ist in diesem Befehl von Entnazifi-

men und waren denn auch nur relativ kurze

zierungsverfahren oder gar der Bestrafung

Zeit in den Speziallagern. Die bereits vor

von NS-Verbrechern die Rede.

dem 18.4.1945 verhafteten bzw. noch zu verhaftenden Zivilisten sollten jedoch ab

Worin besteht der Kriegszusammenhang?

sofort auf die neu einzurichtenden Lagern auf dem Gebiet der SBZ ohne zeitliche Be-

1. Der Befehl ist ein Befehl, der den klassi-

fristung verteilt und nicht mehr automatisch

schen Sicherungsbefehl 0016 vom

in die UdSSR zum Arbeitseinsatz deportiert

11.1.1945 (als die Rote Armee sich an-

werden.

schickte, das Reichsgebiet zu betreten) teilweise änderte.

Bis April 1945 waren von den Truppen des Hinterlandes der Roten Armee bereits mehr

2. In der Präambel heißt es eindeutig: „Von

als 138.000 Reichsdeutsche aus den ehe-

den Frontbevollmächtigten des NKWD der

maligen deutschen Ostgebieten bzw. dem

UdSSR sind beim Vorrücken der Truppen

schon besetzten Teil Mitteldeutschlands in-

der Roten Armee auf das vom Feind zu be-

haftiert worden, entweder genauso pauschal

freiende Territorium bei der Durchführung

als politisch Verdächtige betrachtet oder

tschekistischer Maßnahmen zur Säuberung

zum potentiellen Arbeitseinsatz in der

des Hinterlandes der kämpfenden Truppen

UdSSR vorgesehen. Der Befehl 00315 sah

der Roten Armee von feindlichen Elementen

nun vor, aus diesen Gruppen alle Invaliden,

zu inhaftieren...“

Kranke, Nichtarbeitsfähige, Männer über 60 Jahre und Frauen, die nicht zu den oben

3. Die dann folgenden Verhaftungskatego-

genannten Kategorien gehörten, freizulas-

rien sind eine Mischung aus klassischen

sen. Hier findet sich bereits die Funktion,

Verhaftungskategorien zum Schutz der Be-

die auch zu den Speziallagern gehört: die

satzungsherrschaft, wie sie – cum grano

Lager als Reserve an Arbeitsfähigen zum

salis - auch für die NS-Besatzung in der

Ersatz von entlassenen Kriegsgefangenen,

UdSSR oder etwa für die sowjetische Besat-

eine Funktion, die sie freilich nie erfüllen

zung Österreichs oder Osteuropas galten.

konnten.

Zu verhaften waren danach erstens alle, die potentiell militärisch gefährlich werden

Ein Teil dieser vor dem April 1945 Verhafte-

könnten: Spione, Terroristen, Diversanten,

ten bildete die erste Gruppe, die in die neu-

zur Diversion zurückgelassene Personen

en Lager überführt wurde. Bald kamen neue

(der NSDAP), Waffenbesitzer, Besitzer von

Massenverhaftungen hinzu. Nach einer sow-

Funkanlagen usw. Zur zweiten Gruppe poli-

jetischen Übersicht befanden sich Ende

tisch potentiell Gefährlicher gehörten dann

1945 bereits circa 60.000 deutsche Häftlin-

aktive Mitglieder der NSDAP (von 1941-

ge in den Lagern. In den nächsten Jahren

1944 wurden umgekehrt auf deutscher Sei-

lag die Zahl der jeweiligen Häftlinge immer

4

in dieser Größenordnung, ehe 1948 mit

Insgesamt war sie von Bürokratismus und

mehr als 27.000 Häftlingen eine erste grö-

Gleichgültigkeit gegenüber den Häftlingen

ßere Entlassungsaktion durchgeführt wurde,

mit allen furchtbaren Folgen für diese ge-

POTSDAM

zu einem Zeitpunkt, als bereits ca. 35.000

prägt, aber zum Teil auch von Pragmatis-

KLAUS-DIETER MÜLLER

Häftlinge verstorben waren.

mus. Den großen Entlassungsaktionen 1948

August 2006

90 Prozent der deutschen Nichtverurteilten

die in der SBZ vorbereitet worden waren,

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

lagen zentrale Genehmigungen aus Moskau, wurde 1945, 9 Prozent 1946, 0,9 Prozent

zugrunde. Nach diesen Aktionen 1948

www.kas.de/potsdam

1947 verhaftet. Nach Januar 1947 hat es

verblieben noch etwa 30.000 Häftlinge in

www.kas.de

keine Einweisungen nach Befehl 00315

den Lagern, und 1950 wurden mit Auflö-

mehr gegeben, auch ein klarer Hinweis auf

sung der Lager etwa 15.000 Personen ent-

den militärisch-sicherheitspolitischen Aspekt

lassen, 10.000 als bereits Verurteilte DDR-

der Lager für diesen Zeitraum. Der Anteil

Behörden übergeben, 3.500 zur Aburteilung

der Frauen lag bei ca. 14 Prozent, Jugendli-

nach Waldheim geschafft und mehrere Hun-

che bis 18 Jahren machten ca. 7 Prozent

dert an sowjetische Sondertribunale über-

der Häftlinge aus.

wiesen. Die Auflösung der Lager steht dabei in Zusammenhang mit politischen Überle-

Die ersten der 1945 eingerichteten Lager

gungen der UdSSR, Anfang 1950 die letzten

wurden bereits 1946/47/48 wieder aufge-

deutschen Kriegsgefangenen zu entlassen

löst und deren Häftlinge zumeist auf andere

wir wissen, dass etwa 14.000 verurteilte

Lager verteilt. 1950 wurden schließlich die

deutsche Kriegsgefangene und Zivilisten

verbliebenen Lager Sachsenhausen, Bu-

weiterhin in der UdSSR verblieben) sowie

chenwald und Bautzen geschlossen. Sach-

mit der Gründung der DDR.

senhausen und Bautzen waren Lager von Verurteilten und Nichtverurteilten, Buchen-

Wer war nun wann als Häftling in den La-

wald ein reines Lager Nichtverurteilter.

gern?

Beide Gruppen, Verurteilte und Nichtverur-

Aus den sowjetischen Unterlagen (es gibt in

teilte, lassen sich inzwischen aufgrund sow-

unserer Institution auswertbare personen-

jetischer Archivalien zunächst einmal for-

bezogene Unterlagen zu etwa 120.000 In-

mell gut beschreiben. Von den etwa

sassen der Lager) ergeben sich auch die

100.000 nichtverurteilten Personen der Ver-

formalen Belastungen, die zur Inhaftierung

haftungsjahre 1945/1946 sind mehr als 1/3

führten. Die große Mehrzahl der häufig vor-

an den Folgen den Haftbedingungen ver-

nehmlich älteren Inhaftierten waren Mitglie-

storben. Insgesamt sind mindestens 44.000

der oder einfache Funktionäre der NSDAP

Personen aller Verhaftetengruppen verstor-

oder ihrer Gliederungen wie HJ, BDM,

ben. Unzureichende Ernährung (Unterer-

Volkswohlfahrt usw. Ihnen sind, so lassen

nährung und ihre medizinischen Folgen),

die sowjetischen Haftakten eindeutig erken-

das fast völlige Fehlen von medizinischer

nen, keinerlei strafrechtlich relevante Vor-

Versorgung, Überbelegung, Seuchen und

würfe gemacht worden. Jüngere, häufig als

unerträgliche hygienische Bedingungen

Mitglieder der Staatsjugend Hitlerjugend

führten zu diesem Massensterben. Es setzte

oder BDM inhaftiert, wurden als sogenannte

im Übrigen bereits 1945 ein und hielt bis

Wehrwölfe, genauer: angebliche Partisanen,

etwa 1947 unvermindert an. Die Todesrate

verhaftet.

der deutschen Häftlinge lag dabei mit über 36Prozent um ein Vielfaches über den To-

Nur ein relativ kleiner Teil der Inhaftierten –

desraten der sowjetischen Häftlinge (0,1

etwas mehr als 10Prozent - gehörte zum

Prozent) sowie der Häftlinge anderer Natio-

Sicherheits- oder Repressionsapparat der

nen (5 Prozent), die ebenfalls zeitweise in

NS-Diktatur, etwa als Polizei-, Gestapo-,

den Lagern waren.

Abwehr- oder SD- Angehörige.

Wie kann nun die Haltung der Lageradmi-

Mögliche Kriegsverbrechen selbst wurden

nistration beschrieben werden?

nach Auswertung der Haftgründe nur etwa bei 2 Prozent der Verhafteten – ich betone

5

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

noch einmal – selbst von sowjetischer Seite

ermitteln, konnte sie diese Aufgabe nicht

vermutet.

erfüllen: entweder weil eben nur relativ wenige belastete Personen vorhanden waren

POTSDAM

Die Lager waren, was Nichtverurteilte be-

KLAUS-DIETER MÜLLER

trifft, keine Haftstätten für NS-Verbrecher.

gen, oder weil die Personalkapazitäten der

Diese Einschätzung wurde übrigens auch

Ermittler nicht eichten. So sind denn auch

von der sowjetischen Lagerleitung geteilt,

über 10.000 Menschen 1950 nach 5jähriger

August 2006

oder keine belastenden Unterlagen vorla-

sonst wäre nicht verständlich gewesen, wa-

Haft entlassen worden, gegen die seit 1945

www.kas.de/potsdam

rum am 4. Dezember 1946 der sowjetische

nichts Belastendes vorlag.

www.kas.de

Innenminister Berija gebeten wurde, 35.000 sog. „Zweitrangige Verbrecher“, d.h. eigent-

Obwohl es immer noch Forschungslücken zu

lich auch in sowjetischen Augen strafrecht-

Personalakten, Verwaltungsakten und den

lich Unschuldige, zu entlassen.

Überlegungen der obersten politischen Führung der UdSSR gibt – wir wissen zum Bei-

Auch für den anderen Teil der Inhaftierten,

spiel nicht, ob Stalin die Schreiben seiner

die von Sowjetischen Militärtribunalen Ver-

SBZ-Lager-Administration zur Entlassung

urteilten, lassen sich deren Haftgründe er-

von Zehntausenden von Häftlingen 1946

mitteln. Bei etwa 1/3 aller ca. 20.000 Verur-

erreicht haben und welche Antworten er

teilten bis Ende 1949 lag ein NS- oder

darauf gegeben hat. Eine große Entlas-

Kriegshintergrund für die Verhaftung vor,

sungsaktion zu dem Zeitpunkt hätte zweifel-

sei es, dass sie als Angehörige von Polizei-

los Tausenden das Leben gerettet – trotz

bataillonen, als SD- und Gestapo-

dieser Lücken erlauben die Materialien doch

Angehörige, Volkssturmmänner, Justiz- und

Rückschlüsse auf bestimmte Fragen.

Strafvollzugsbeamte, Bewacher von Kriegsgefangenen- oder Konzentrationslagern,

Nehmen wir als erstes die Zahlendebatte.

Verwaltungsbeamte oder im Kriegseinsatz

Sie wissen sicherlich, dass es nach wie vor

befindliche Zivilisten Sonderführer z.B.)

Diskussionen um die Gesamtzahl der Häft-

verhaftet und verurteilt worden sind.

linge gibt. Die Forschung orientiert sich im Grundsatz an sowjetischen Angaben. Wa-

Wie hoch aber tatsächlich der Anteil der im

rum? Weil vergleichende Überlegungen dazu

strafrechtlichen Sinne Schuldigen unter ih-

führen, interne Zahlenangaben – auch von

nen war, ist weiterhin fraglich, geben sowje-

Diktaturen – als Grundlage zu akzeptieren.

tische Strafakten – so sie denn überhaupt

Jede Administration hat ein Eigeninteresse

zugänglich sind – vor allem die Sichtweise

daran zu wissen, wie viele Häftlinge jeweils

der sowjetischen Vernehmer wieder und

vorhanden sind, wo sie sind und in welchem

sind geprägt von den Verzerrungen des sta-

Zustand sie sich befinden. Dies gilt übrigens

linistischen Militärjustizsystems. Im Um-

auch für die GUPWI-Verwaltung der UdSSR

kehrschluss heißt das aber für den restli-

(Kriegsgefangene und Internierte). Eine

chen Teil von 2/3 der Verurteilten, dass sie

verlässliche Basis für Zahlen bilden dabei

allein wegen ihrer Haltungen und Handlun-

vor allem Erhebungen auf Einzelfallbasis,

gen nach 1945 vor Gericht gestellt worden

die heute mittels EDV möglich sind. Gerade

waren: Dies trifft auf etwa 13.000 Men-

hier bieten die Personalunterlagen und per-

schen zu, die fraglos zu Unrecht als Gegner

sonenbezogenen Angaben der Abteilung

der neuen Ordnung inhaftiert worden wa-

Speziallager (Heute über den DRK-

ren.

Suchdienst oder direkt im zuständigen Moskauer Archiv zugänglich, auch in der Doku-

Spionage war deren häufigster Haftgrund,

mentationsstelle der Stiftung Sächsische

und hierbei handelte es sich überwiegend

Gedenkstätten vorhanden) eine durchaus

nicht um wirkliche Spionage, sondern um

verlässliche Quelle für die Speziallager der

Widerstandshandlungen gegen die SED und

Sowjetunion. Gleiches gilt übrigens für Un-

Repressionen der Besatzungsmacht. Obwohl

terlagen – vielleicht für manchen überra-

es seit 1946 viele Befehle an die Lagerad-

schend – des deutschen Kriegsgefangenen-

ministration gibt, tatsächlich an Kriegs-

wesens gegenüber sowjetischen Kriegsge-

verbrechen Beteiligte unter den Insassen zu

fangenen, die ebenfalls dort, wo sie vorhan-

6

den sind, verlässlich sind, und wir machen

Ein weiterer Begriff ist zu betrachten, der

überall die Erfahrung, dass diese Berech-

Begriff „Willkür“. Von außen sah es häufig

nungen häufig zur Korrektur der in der Öf-

so aus, als hätten Verhaftungen allein von

POTSDAM

fentlichkeit verbreiteten Zahlen nach unten

willkürlichen Entscheidungen lokaler Ent-

KLAUS-DIETER MÜLLER

führen.

scheidungsträger abgehangen. Die Willkür-

August 2006

Lassen Sie mich noch kurz auf einige andere

weil man die sowjetischen Befehle nicht

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

annahme war nur darum so vorherrschend, Begriffe eingehen. Häufig wird angeführt,

kannte und weil viele Deutsche mit dersel-

www.kas.de/potsdam

die Verhaftungen seien vor allem auf De-

ben Funktion oder politischen Belastung wie

www.kas.de

nunziationen zurück zu führen. Das ist si-

die Lagerinsassen entweder nicht verhaftet

cherlich bei einem Teil der Verhaftungen der

oder sogar nach kurzer Verhaftung wieder

Fall, doch trifft es nicht alle, auch wenn die

entlassen worden waren. Hier kommen

Besatzungsmacht vor allem von der KPD

vermutlich praktische und teils persönliche

unterstützt wurde. Die sowjetischen Si-

Maßstäbe zur Geltung, wie rigoros Befehle

cherheits- und Repressionsorgane hatten

umgesetzt wurden. Etwa die Tatsache, ob

ihre Befehle, v.a. Befehl 00315. Weiterhin

es persönliche und familiäre Erfahrungen

fielen ihr viele NS-Unterlagen in die Hand,

der NKWD-Offiziere mit deutschen Verbre-

wie Mitgliedsverzeichnisse vor Ort oder Lis-

chen gab oder nicht. Die sowjetischen Be-

ten von Teilnehmern an Wehrertüchtigungs-

fehle ließen hier in jedem Fall einen weiten

lagern, letzteres führte häufig zu Verhaftun-

Ermessensspielraum.

gen mit Werwolfbeschuldigung. Es gibt jedoch auch einen signifikanten ZuZu bedenken ist immer, dass Sicherheitsas-

sammenhang zwischen Verhaftungsintensi-

pekte 1945 die höchste Priorität hatten. Im

tät und der militärischen Lage sowie den

Zweifelsfall verhaftete man zu viele als zu

Gebietsabtretungen. In den deutschen Ost-

wenige. Bedenken wir auch, dass der sowje-

gebieten wurden im Schnitt 1,1Prozent der

tische Apparat von eigenen Erfahrungen

Bevölkerung verhaftet, ebenso in umkämpf-

und dem Propaganda-Bild in der UdSSR

ten Gebieten, in Orten, die nur von der Ro-

ausging, wie etwa einem weit verbreiteten

ter Armee besetzt wurden, 0,7Prozent, in

Partisanenwesen, das auch für Deutschland

Orten, die anfänglich von Westalliierten be-

erwartet wurde. Zur Erwartungshaltung trug

setzt waren, 0,4 Prozent und in den zeitwei-

auch der Mythos des Goebbelschen Wer-

lig unbesetzten Orten ebenfalls 0,4 Prozent.

wolfs bei, oder und nicht zuletzt spielten Parolen wie „Die Nazi-Bestie in ihrer Höhle

Kampfhandlungen spielten also auch eine

ausräuchern“ eine Rolle, der zentralen Paro-

Rolle für die Verhaftungsdichte. Die Organe

le in der Roten Armee vor der Besetzung

haben, so meine Schlussfolgerung, im Rah-

Deutschlands. Man erwartete also keine

men des stalinistischen Systems nicht per-

kriegsmüde Nation, sondern fanatischen

sönlich willkürlich gehandelt. Die Willkür lag

und anhaltenden Widerstand. Eine klassi-

im System, zum Beispiel im Vergleich mit

sche Fehleinschätzung, die jedoch nicht zu

den Haftkategorien der Westalliierten.

einer Änderung der Politik führte, als sich die Lageanalyse als falsch erwiesen hatte.

Kommen wir nun zum letzten Begriff, ehe ich mich in einem letzten Teil dem Problem

Zum weiteren war den Geheimdienstorga-

„Speziallager als Verbrechenskomplex“ zu-

nen aus deutschen Feldpostbriefen gefalle-

wenden will. Es geht um den Begriff der

ner Soldaten (die häufig übersetzt worden

„Todes- bzw. Vernichtungslager“. Die Lager

waren) und sonstigen Untersuchungen be-

waren eindeutig Todeslager, denn mehr als

kannt, dass bestimmte Personen im Osten

1/3 der Insassen waren in der alleinigen

tätig gewesen waren oder in welchen Be-

Verantwortung der sowjetischen Lagerver-

trieben Zwangsarbeiter und Kriegsgefange-

waltung verstorben.

ne zur Arbeit eingesetzt worden waren. Viele von diesen Personen wurden dann 1945

Alle Lager mit ähnlich hohen Todesraten

und 1946 wegen Kriegsverbrechen auch

haben zu Recht die Charakterisierung To-

formell verurteilt.

deslager erhalten, seien es deutsche Kon-

7

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

zentrationslager, Kriegsgefangenenlager

aus der Umgebung, ihren Familien noch

oder Zivilistenlager in den besetzten Gebie-

vom Internationalen Komitee vom Roten

ten der UdSSR.

Kreuz) unterstützt werden konnten. Da die Lagerverwaltung ihren internationalen völ-

POTSDAM KLAUS-DIETER MÜLLER August 2006

Eine Vernichtungsabsicht der sowjetischen

kerrechtlichen Versorgungspflichten als Be-

Führung ist aber – im Unterschied zu den

satzungsmacht nicht nachkam, starben die

einschlägigen verbrecherischen Befehlen der

Insassen massenhaft und elendig an Hunger

NS-Führung - nicht nachweisbar. Auch die

und hungerbedingten Krankheiten oder

www.kas.de/potsdam

Herabsetzung der Verpflegungsnormen im

Seuchen.

www.kas.de

Herbst 1945 und nochmals im Herbst 1946 widerspricht dem nicht. Sie geht auf allge-

Ein Blick auf die vorhergehende Periode

meine Befehle der Roten Armee bzw. des

vermag zudem für eine differenzierte Beur-

NKWD zurück und galt auch für ausländi-

teilung ebenfalls weiterzuhelfen.

sche Kriegsgefangene in der UdSSR (es gab 1946 in der UdSSR eine Hungersnot, an der

- Wenn es ein Verbrechen ist (zweifelsfrei),

offenbar viele Tausende Zivilisten verstor-

wenn das deutsche Bewachungspersonal

benen waren). Als die schrecklichen Folgen

sowjetischer Kriegsgefangener in der UdSSR

in den Kriegsgefangenenlagern sichtbar

die umgebende sowjetische Bevölkerung

wurden, so auch in den Speziallagern, wo

mit Gewalt daran hinderte, ihre gefangenen

allein im ersten Halbjahr 1947 so viele Häft-

Landsleute mit Lebensmitteln zu versorgen,

linge wie im ganzen Jahr 1946 verstorben

so dass diese in Massen starben (die deut-

waren, wurden die Rationen wieder heraus-

sche Lagerverwaltung war entweder nicht

gesetzt.

willens oder in der Lage, die hungernden Kriegsgefangenen angemessen zu versor-

Kommen wir nun zum letzten Punkt: Inwie-

gen), wie ist dann das sowjetische Verbot

fern ist das Vorgehen der UdSSR vor dem

deutscher Lebensmittelspenden für die La-

Hintergrund des vorausgegangenen Zweiten

gerinsassen der Speziallager zu beurteilen?

Weltkriegs und aus militärischer Sicht nachvollziehbar? Wo beginnt ein neuer eigener

- Wenn es ein Verbrechen ist (zweifellos),

Verbrechenskomplex, den das Stalinsche

dass sowjetische Kriegsgefangene mit an-

System allein zu verantworten hat und der

steckenden Krankheiten nicht genügend iso-

nicht mit Hinweis auf NS-Verbrechen oder

liert und entsprechend medizinisch behan-

Besatzungszwänge zu relativieren ist? Hier

delt wurden, wie dies in Lagern sowjetischer

ist ein Vergleich hilfreich. Die Speziallager

Kriegsgefangener lange Zeit unterblieb, wie

als solche sind anfangs nicht als sowjeti-

ist eine ähnliche Unterlassung in den sowje-

sches Unrecht zu werten. Alle Besatzungs-

tischen Speziallagern zu beurteilen?

mächte haben im Zweiten Weltkrieg zu diesem Sicherungsinstrument gegriffen. Cha-

- Wenn es ein Verbrechen ist (zweifellos),

rakteristisch für die sowjetischen Lager war

dass im Rahmen des sog. Nacht- und Ne-

jedoch, dass sie im Unterschied zu den

belerlasses des NS-Regimes verdächtige

westalliierten Lagern zu Todeslagern wur-

Personen ohne jede Mitteilung an die Ver-

den. Woran lag das? Ersten hatten die

wandten aus dem Ausland nach Deutsch-

Westalliierten den Hauptpersonenkreis der

land in KZs der SS verschleppt wurden, wie

sowjetischen Häftlinge gar nicht inhaftiert,

ist dann die gleiche Verschleppung der Ver-

sondern nur höherrangige NS-Belastete, die

hafteten bis zu 5 Jahre lang in sowjetische

alsbald zumeist überprüft und dann wieder

Speziallager der SBZ ohne Mitteilung an die

entlassen wurden. Sie konnten von Ver-

Verwandten zu beurteilen?

wandten besucht und versorgt werden. Insofern lag deren Sterberate unter der der

- Wenn es ein Verbrechen ist (zweifellos),

Normalbevölkerung.

dass Häftlinge ohne formelle justizielle Untersuchung aufgrund von Gestapo-Befehlen

Zweitens bewirkte die völlige Isolation der

als sog. Schutzhäftlinge in die KZs auf un-

sowjetischen Speziallager, dass die Insas-

bestimmte Zeit verschleppt wurden, wie ist

sen der Lager nicht von außerhalb (weder

dann die bis zu fünfjährige Haft unter Nicht-

8

achtung der sowjetischen Strafprozessord-

nisse für politisch verurteilte deutsche Zivi-

nung, ohne Untersuchungsverfahren und

listen geht. Doch selbst dort, wo es eigent-

Urteil, durch den NKWD zu beurteilen? Dass

lich um normale Sicherungsvorhaben am

POTSDAM

solche Fragen auch heute nicht nur histori-

Ende des Krieges oder kurze Zeit nach dem

KLAUS-DIETER MÜLLER

sche Bedeutung haben, zeigen die Ausei-

Waffenstillstand geht, ist ein großes Frage-

nandersetzungen um Guantanamo.

zeichen angebracht. Zentral ist, dass die

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

sowjetische Besatzungsmacht aus bürokra-

August 2006 www.kas.de/potsdam

Und schließlich die letzte Gruppe: die verur-

tischer Unzulänglichkeit oder Gleichgültig-

teilten Häftlinge.

keit in ihrem Verantwortungsbereich mehr als 40.000 Menschen unter erbärmlichen

www.kas.de

- Wenn es richtig ist, dass 2/3 der verurteil-

Bedingungen sterben ließ. Für dieses Ster-

ten Zivilisten allein aus politischen Gründen,

ben gibt es eine Rechtfertigungsgründe.

die nichts mit der NS- und Kriegszeit zu tun

Dass man sie sterben ließ, ist der Kernpunkt

haben, in die Speziallager zur Haftverbü-

des Unrechts, das das sowjetische System

ßung kamen und fast insgesamt diese Urtei-

gegenüber diesen Personen zu verantworten

le heute aufgehoben sind, so ist der Zu-

hat, und insofern erinnert man heute zu

sammenhang mit dem sowjetischen GULag

Recht an diese Opfer des stalinistischen Un-

offensichtlich. Der GULag war ein politisches

rechts in Deutschland.

Repressionsinstrument Stalins. Insofern kann dieses Urteil auch für die Speziallager, zumindest von einem bestimmten Zeitpunkt an und für bestimmte Gruppen, Geltung be-

Literatur des Vortragenden als Autor oder

anspruchen.

Herausgeber

mit Bezügen zu sowjetischen Speziallagern, Wenn also der Gesamtcharakter der sowje-

politischer Verfolgung sowie zum Aktenzu-

tischen Lager in Deutschland bestimmt wer-

gang in Osteuropa (hier ist auch eine seit

den soll, so ist eine Differenzierung nach

einigen Jahren sich abzeichnende gewisse

Zeitpunkt, Zusammensetzung der Insassen

Akzentverschiebung in der Einordnung der

und Unterbringungsbedingungen/ Überle-

Lager abzulesen):

benschancen notwendig: Klaus-Dieter Müller, Nazis – KriegsverbreEs muss jeweils geklärt werden, was Folge

cher – Spione – Diversanten? Annäherun-

des Krieges war, was Folgen von Überforde-

gen an die sowjetische Haft- und Urteilspra-

rung der Lageradministration waren und wo

xis in der SBZ und DDR mithilfe sowjeti-

Verbrechen anfangen und allein von der

scher Archivalien, in: Deutschland-

UdSSR zu verantworten sind.

Archiv3/2000, S. 373-391.

Insgesamt sind aus meiner Sicht die Lager-

Derselbe: Die Aufarbeitung politischer Ver-

verwaltung und damit die Sowjetunion ihren

folgung zwischen Waldheim und Workuta –

internationalen, völkerrechtlichen Verpflich-

eine persönliche Zwischenbilanz, in: Anne-

tungen als Besatzungsmacht zu Anfang

gret Stephan (Hg.), 1945 bis 2000. Ansich-

nicht und später nicht genügend nachge-

ten zur deutschen Geschichte. Zehn Jahre

kommen. Das sowjetische politische Straf-

Gedenkstätte Moritzplatz Magdeburg für die

recht wurde eins zu eins auf Deutschland

Opfer politischer Gewaltherrschaft 1945-

übertragen. Es war kein Maßstab für Ge-

1989, Opladen 2002, S. 83-104.

rechtigkeit, selbst nicht gegenüber Personen, die NS-Verbrechen zu verantworten

L. P. Kopalin, Zur Rehabilitierung deutscher

hatten und auch in den Lagern zur Haftver-

Staatsbürger, die von sowjetischen Organen

büßung waren.

aus politischen Gründen repressiert wurden, sowie

In diesem Sinne handelt es sich bei den

A. J. Morin, Die strafrechtliche Verfolgung

sowjetischen Lagern um Instrumente eines

von Nazi-Kriegsverbrechern. Zur Arbeit der

totalitären Systems, ganz fraglos, wenn es

sowjetischen Rechtsbehörden bei der Er-

um die Lager in ihrer Funktion als Gefäng-

mittlung und Aufklärung von Kriegsverbre-

9

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.

cher, Verbrechen gegen den Frieden und die Menschlichkeit (beide Autoren, ein Oberst und ein General, sind russische Militär-

POTSDAM

staatsanwälte), in: V. Selemenev/ Ju. Sve-

KLAUS-DIETER MÜLLER

rev/ K.-D. Müller/ A. Haritonow (Hg.), Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene in

August 2006

den Jahren des Zweiten Weltkriegs, Dresden/Minsk 2004, S. 422-469 sowie 470-509

www.kas.de/potsdam

(in dt. und russ. Sprache).

www.kas.de

Klaus-Dieter Müller, Aus der Geschichte gelernt. Gemeinsame Aufarbeitung von Kriegsgefangenen- und Zivilistenschicksalen, in: Verfolgung unter dem Sowjetstern. Stalins Lager in der SBZ/DDR. XV. BautzenForum der Friedrich-Ebert-Stiftung, 13. und 14. Mai 2004, Leipzig 2004, S. 37-61.