Das Recht der Kapitalgesellschaften

15.05.2017 Das Recht der Kapitalgesellschaften Prof. Dr. Oswald van de Loo, Notar Hohe Straße 12, 01069 Dresden 15.05.2017 5 Gliederung der Veran...
Author: Sabine Becker
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15.05.2017

Das Recht der Kapitalgesellschaften

Prof. Dr. Oswald van de Loo, Notar Hohe Straße 12, 01069 Dresden

15.05.2017

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Gliederung der Veranstaltung

1. Einführung I. Literaturempfehlungen II. Einführung in das Gesellschaftsrecht - Allgemein III. Einführung in das Recht der GmbH

2. Das Recht der GmbH 1. Das Recht der Aktiengesellschaft 1. Das Konzernrecht 15.05.2017

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1.I. Literaturempfehlungen I.

Lehrbücher I.

Raiser/Veil – Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015 (zum Nachschlagen und zur Vertiefung im Einzelfall)

II. Bitter – Gesellschaftsrecht (auch Fälle), 3. Auflage 2016

(als Begleitung zur Vorlesung) II. Fallsammlungen I.

Käpplinger, Fälle mit Lösungen zum GmbH-, Aktien- und Konzernrecht, 4. Auflage 2014 (insbesondere für den Teil Aktien- und Konzernrecht)

III. ggf. Skripten (im Gesellschaftsrecht nur bedingt empfehlenswert) I. 15.05.2017

Alpmann

II. Hemmer

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1.II. Einführung in das Gesellschaftrecht Gesellschaften (numerus clausus der Gesellschaftsformen) Personengesellschaften

Körperschaften

GbR Genossenschaften oHG KG eG Stille Gesellschaft Partnerschaft EWIV (Societas

Vereine

Kapitalgesellschaften

e.V. Wirt-

KGaA schaftsverein

AG VVaG

GmbH (UG) SE

SCE

NichtCooperativa rechts15.05.2017

Europaea) fähiger

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Verein VVaG

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1.II. Einführung in das Gesellschaftrecht ➢ Gründungsfreiheit (Art. 9 I GG) ▪



Freiheit der Rechtsformwahl innerhalb des Numerus Clausus der Gesellschaftsformen

Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften ▪ früher: Frage der Rechtspersönlichkeit − aber: Teilrechtsfähigkeit der Handelsgesellschaften (§ 124 HGB) − BGHZ 146, 341: Rechtsfähigkeit der Außen-GbR ▪ persönliche Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten (PersG) versus Haftungsbeschränkung (KapG: § 13 II GmbHG, § 1 I 2 AktG, § 2 GenG) ▪ Selbstorganschaft (PersG) versus Fremdorganschaft (KapG) ▪ Struktur: personalistisch (PersG) versus körperschaftlich (KapG)

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1.II. Einführung in das Gesellschaftrecht Außenverhältnis Die Gesellschaft ist als rechtsfähiges Subjekt Teilnehmer am Rechtsverkehr: • Vertretung (Verhalten der Gesellschaften) • Haftung (Einstehenmüssen für das Verhalten) Innenverhältnis Der Gesellschaftsvertrag (Satzung) begründet ein Schuldverhältnis zwischen den Gesellschaftern: - Verwaltungsrechte (Geschäftsführung und Vertretung) • Vermögensrechte (Gewinn- und Verlustbeteiligung) Satzungsautonomie (insbesondere): • • • •

Mitgliedschaftsrechte Machtverteilung Gesellschafter – Geschäftsführer Machtverteilung in der Gesellschafterversammlung Gewinnverwendung

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1.II. Einführung in das Gesellschaftrecht - Kriterien für Wahl einer Gesellschaft • •

Zulässigkeit der Gesellschaftsform für das angestrebte Unternehmen Spielraum bei der Ausgestaltung der Gesellschaft • • • •



Eintritt und Austritt von Gesellschaftern • •



Einfluss auf die Führung der Geschäfte und Kontrollmöglichkeiten Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer

Haftung für Schulden der Gesellschaft • • •



Vorhandenes Kapital Notwendiges Kapital für das angestrebte Unternehmen Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung Ansehen der Gesellschaft bei Kreditinstituten/Lieferanten

Offenlegungspflicht von Unternehmenszahlen (z.B. Rechnungsabschluss) Buchführungs- und Bilanzierungspflichten Steuerliche Behandlung der Gesellschaft und der Gesellschafter

Kosten der Gründung

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1.III. Einführung in das GmbH-Recht •

GmbH selbst als juristische Person Träger von Rechten und Pflichten, § 13 I GmbHG



Gesellschafter haften Gläubigern der GmbH nicht persönlich, sondern nur das Vermögen der Gesellschaft selbst, § 13 II GmbHG



Gründung zu jedem zulässigen, auch nicht gewerblichen Zweck



Fest gebundenes und zu erhaltendes Stammkapital; §§ 3 I Nr. 3; 5 I GmbHG (mindestens: 25.000,-- €) •

Geschäftsanteile: Mindestnennbetrag: 1 €, § 5 II GmbHG



Zahl der Geschäftsanteile und ihre Nennbeträge (unterschiedliche sind möglich, § 5 III 1 GmbHG) werden durch den Gesellschaftsvertrag festgelegt, § 3 I Nr. 4 GmbHG



Immer Handelsgesellschaft, §§ 1, 13 III GmbHG, § 6 HGB also (Form-)kaufmann



Handelt durch ihre Organe (=Geschäftsführer)



Wichtigste Grundlage für Handeln: Satzung, §§ 53, 54 GmbHG

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Handelsregister B des Amtsgerichts Chemnitz Nummer der Eintragun g

a)Firma b)Sitz, Niederlassung, inländische Geschäftsanschrift, empfangsberechtigte Person, Zweigniederlassungen c) Gegenstand des Unternehmens

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2 a) Saxnet GmbH

Abruf vom 07.12.2010 Prokura 08:52

Grund- oder a)Allgemeine Vertretungsregelung Stammkapita b)Vorstand, Leitungsorgan, geschäftsführende Direktoren, persönlich l haftende Gesellschafter, Geschäftsführer, Vertretungsberechtigte und besondere Vertretungsbefugnis 3 25.000,00

b) Plau en c) Programmierung, Herstellung und kundenspezifische Anpassung von Softund Hardware; Erbringung von Dienstleistungen aller Art im IT- und

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4 a) Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten.

5 Einzelprokura mit der Ermächtigung zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken: Dreise, Willy Paul, Weischlitz, *12.11.1948

Telekommunikationsbereich und damit verbunden Schulungen und Beratungsleistungen; Kauf und Verkauf von Soft- und Hardware und damit verbundene Wartungen und Dienstleistungen; Mieten und Vermieten (Leasing) sowie Vermittlung von Leasingverträgen a) saxnet gmbh

b) Geschäftsanschrif t: Willy-Brandt-Ring 1, 08606 Oelsnitz

HRB 23017 a) Tag der Eintragung b) Bemerkungen

6 a) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesellschaftsvertrag vom 19.08.2006.

7 a) 08.09.200 6 Hirschberg b) Gesellschaftsvertrag Bl. 5-12 SB

b) Geschäftsführ er: Dreise, Steffen, Weischlitz, *08.02.1986 einzelvertretungsberechtigt; mit der Befugnis im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen.

b) Oelsni tz 3

Nummer der Firma: Seite 1 vo n 1

a)Rechtsform, Beginn, Satzung oder Gesellschaftsvertrag b) Sonstige Rechtsverhältnisse

39.000,00 EUR

c) Programmierung, Herstellung und kundespezifische Anpassung von Softund Hardware; Erbringung von Dienstleistungen aller Art im IT- und Telekommunikationsbereich und damit verbunden Schulungen und Beratungsleistungen; Kauf und Verkauf von Soft- und Hardware und damit verbundene Wartungen und Dienstleistungen

a) Die Gesellschafterversammlung vom 04.08.2008 hat die Änderung des § 1 (Firma) des Gesellschaftsvertrages beschlossen.

a) 05.08.200 8 Frey

a) Die Gesellschafterversammlung vom 20.09.2008 hat die Erhöhung des Stammkapitals um 14.000,00 EUR auf 39.000,00 EUR und die Neufassung des Gesellschaftsvertrages, insbesondere in den §§ 2 (Gegenstand des Unternehmens) und 3 (Stammkapital) beschlossen.

a) 15.12.200 8 Frey

2. Das Recht der GmbH

2. Das Recht der GmbH I. Organisationsverfassung II. Gründung und Beendigung der GmbH III. Stellung der Gesellschafter IV.Finanzordnung der GmbH V. Sonderformen (1-Mann GmbH, UG, GmbH & Co KG) 15.05.2017

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2. Das Recht der GmbH I. Organisationsverfassung I. Geschäftsführer 1. Rechtsstellung 2. Vertretung 3. Bestellung und Abberufung 4. Haftung

II. Gesellschafterversammlung 1. Zuständigkeit 2. Formalien 3. Stimmrecht und Beschlussfassung 4. Beschlussfehler

III. Weitere Organe 15.05.2017

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II. Organisationsverfassung - Geschäftsführer Machtverteilung, §§ 37, 46 GmbHG •

Gesetz - Zuständigkeit ▪ Geschäftsführer ▪ soweit nicht Gesellschafterversammlung, § 46 - Entscheidungsmacht ▪ Weisungsbefugnis der Gesellschafterversammlung, § 37, ▪ => weniger Aufgabenverteilung, mehr Über-/Unterordnung ▪ soweit nicht zwingende Zuweisung, etwa §§ 30, 43 Abs. 3, § 41, § 40, §§ 42, 42a, 64



Gesellschaftsvertrag (vgl. z.B. § 52 GmbHG)

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II. Organisationsverfassung - GF: Bestellung + Abberufung •

Form der Bestellung und Abberufung ➢ Körperschaftsrechtlicher Organisationsakt (arg.: § 38 I GmbHG) ➢ Annahme des Amtes durch den GF

➢ Widerruf/Abberufung, § 38 II 1 u. 2 GmbHG jederzeit auch ohne wichtigen Grund (anders: § 84 III 1 AktG) ➢ Amtsniederlegung, jedoch missbräuchlich, wenn alleiniger GF und MehrheitsG und kein neuer GF bestellt wird •

Zuständigkeit für Bestellung und Abberufung ➢ durch Gesellschafter − im Gesellschaftsvertrag (§ 6 III 1 und 2 GmbHG) − Beschluss der Gesellschafterversammlung (§§ 6 III 1; 46 Nr. 5) ➢ durch eine im Gesellschaftsvertrag bestimmte Institution

(abzuleiten aus § 45 I GmbHG) ➢ bei Pflicht-AR erfolgt Bestellung durch AR (wie bei AG) ➢ Befristung üblich,aber nicht zwingend (anders § 84 I 1 AktG)

Eintragung im Handelsregister, §§ 10, 39 GmbHG, 15 HGB, nicht konstitutiv18

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II. Organisationsverfassung - GF: Bestellung ◆ Anzahl und Eignung der Geschäftsführer ➢ Einer oder mehrere (§ 6 I GmbHG) ➢ Fremdorganschaft zulässig (§ 6 III 1 GmbHG) ➢ Kein Ausschlußtatbestand nach § 6 II 2 Nr. 1 – 3 GmbHG, sonst Haftung der Gesellschafter nach § 6 V GmbHG

◆ Es gilt : Bestellung (Organ) ≠ Anstellung (§§ 675; 611ff. BGB) ◆ Anstellungsvertrag ➢ Kündigung nach §§ 620, 626 BGB; KSchG gilt nicht;

GF kein Arbeitnehmer (§ 5 I 3 ArbGG) ➢ außerordentliche Kündigung auch ohne Abmahnung (GF=Arbeitgeberfunktion) ➢ §§-Kette: §§ 314 II 1; 323 II Nr. 3; 314 II 2 BGB 15.05.2017

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II. Organisationsverfassung - GF: Abberufung - Fall Sachverhalt: A und B sind zu je 50/100 Gesellschafter der AB-GmbH. A ist zugleich alleiniger GF der AB GmbH. Nach der Satzung kann A als GF nur aus wichtigem Grund abberufen werden. Ein Sonderrecht auf Geschäftsführung steht dem A allerdings nicht zu. B behauptet auf der nächsten Gesellschafterversammlung grobe Pflichtverletzungen (PV) des A und möchte A als GF abberufen. 1. Darf A bei dem Beschluss mitstimmen? 2. Wenn nein, wie würde es sich auswirken, wenn A dennoch mitstimmt? 3. Es ist unklar, ob die Behauptungen von B zutreffen. Ist eine Abberufung von A dennoch wirksam? Wäre die Rechtslage anders, wenn A (i) kein Gesellschafter oder (ii) nicht mit 50/100 beteiligt wäre oder (iii) ein Sonderrecht auf Geschäftsführung hätte? Lösung: zu 1.: § 47 IV GmbHG greift schon dann, wenn grobe PV nur nachvollziehbar 15.05.2017 behauptet.

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II. Organisationsverfassung - GF: Abberufung - Fall Lösung: zu 2.: A´s Stimme darf nicht berücksichtigt werden. Wenn es dennoch geschieht und Beschluss falsch festgestellt, dann ist Abberufung abgelehnt. B muss dann AnfKlage erheben verbunden mit Antrag auf Feststellung der Abberufung von A (sog. positive Bschlussfeststellungsklage) zu 3.: Frage ist, ob Abberufung schon wirkt, wenn über wichtigen Grund dafür gestritten wird. OHG: §§ 117, 127 HGB; AG: § 84 III 4 AktG - GmbH ? Es ist zu differenzieren nach Grad des Schutzes des GF vor Unsicherheitsphase, ob also Stabilität des GF-Amtes Vorrang vor effektivem Rechtsschutz hat. (i) FremdGF ist weniger geschützt. Er hat nur Rechte aus Anstellungsvertrag. (ii) Hat Gesellschafter ein Sonderrecht auf GF, ist er im Streit geschützt analog §§ 117, 127 HGB. (iii) Im Fall (BGHZ 86, 177) mit 50/100 Beteiligung kommt es darauf an, ob wichtiger Grund vorlag. Vorher darf HR-Gericht Abberufung nicht eintragen (§§ 39, 78 GmbHG) und GF kann wegen § 15 I HGB die GmbH weiter vertreten. GmbH, vertreten durch die GV, § 46 Nr. 8 GmbHG, hat im Prozess die Möglichkeit, per einstweiliger Verfügung die Geschäftsführertätigkeit zu untersagen. (iv) wie (iii) ist zu entscheiden, wenn GF Gesellschafter mit anderer Beteiligungshöhe ist. Ist er Mehrheitsgesellschafter, kann er einen neuen Fremd-GF 15.05.2017 21 berufen, der seinen Weisungen unterliegt.

II. Organisationsverfassung - Geschäftsführer/Kompetenzen •

Geschäftsführung (Innenverhältnis) - Gesamtgeschäftsführung, sofern keine abweichende Regelung (vgl. § 35 II 1 GmbHG) - Beschränkungen durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluss möglich, daher Weisungsgebundenheit, § 37 I GmbHG - Beschränkung Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis − hat Dritten gegenüber keine rechtliche Wirkung

(§ 37 II GmbHG), außer bei Vorbehalt −Durchschlagen auf Außenverhältnis bei: Missbrauch der Vertretungsmacht (Erkennbarkeit/Evidenz für Dritten)

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II. Organisationsverfassung - Geschäftsführer/Kompetenzen ◆ Stellvertretung, § 35 I GmbHG (= Außenverhältnis) ➢ Gesamtvertretung, soweit keine abweichende Regelung, § 35 II 1 GmbHG • Per Satzung auch sog. unechte Gesamtvertretung analog §§ 78 III AktG, 125 III HGB (aber keine Bindung des einzigen GF an Prokuristen!) •

Ermächtigung eines Gesamtvertreters zulässig (BGHZ 64, 72)



Bevollmächtigung eines Dritten ebenfalls zulässig

➢ Unbeschränkbare Vertretungsmacht gegenüber Dritten, § 37 II GmbHG •

§ 181 BGB (Anwendungsbereich auch: § 35 III 1 GmbHG)



Befreiung von § 181 1. Alt. und 2. Alt. BGB möglich; bei Pflicht-AR nur Befreiung von Mehrfachvertretung (arg.: § 112 AktG) ➢ PassivV: jeder GF (§§ 35 II 2 GmbHG, 170 III ZPO) •

bei Führungslosigkeit: Gesellschafter empfangszuständig (§ 35 I 2 GmbHG)



Willenserklärung und Schriftstücke können an im HR eingetragene Adresse wirksam abgegeben und zugestellt werden (§ 35 II 3 GmbHG)

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◆ Gesellschafterversammlung 04/30/11 vertritt GmbH: § 46 Nrn.: 5 und 8 GmbHG

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Fall Geschäftsführer G der TV-Hifi GmbH erteilt Tischler T mündlich den Auftrag zur Erneuerung der gesamten Regaleinbauten des Ladengeschäfts. Grundlage ist ein Angebot von T, das an die Fa. TVHifi, Herrn G., adressiert ist Nach Ausführung der Einbauarbeiten gerät die TV-Hifi GmbH in Insolvenz. T nimmt G persönlich auf die Zahlung des Werklohnes in Höhe von 100 T€ in Anspruch. Er meint, G habe bei Auftragserteilung nicht darauf hingewiesen, für wen der Auftrag erteilt sei und dass es sich bei der von ihm vertretenen Gesellschaft um eine GmbH handele. Rechtslage?

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Falllösung ◆ § 631 I BGB – Vertrag zwischen T und G? ➢ G hat nicht gesagt, in wessen Namen er handelt ➢ Aus den Umständen ersichtlich? ➢ Hier handelt es sich um ein auf den TV-Hifi Betrieb bezogenen Vertrag. Bei unternehmensbezogenen Verträge soll im Zweifel der Unternehmensträger verpflichtet werden (BGHZ 62, 217, 220f.) – hier also die GmbH ◆ Rechtsscheinhaftung des G - § 179 BGB analog? ➢ G hätte nach § 4 GmbHG den Zusatz „GmbH“ verwenden müssen ➢ § 4 GmbHG wird aber nur auf schriftliche Erklärungen angewandt (BGH NJW 1996, 2645; BGH NJW 2007, 1529) - vgl. § 35a GmbHG arg.: bei Mündlichkeit werden nur besonders einprägsame Teil der Firma schlagwortartig benutzt 15.05.2017

Haftung nur, wenn 04/30/11 Haftungsbeschränkng auf Nachfrage verneint

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II. Organisationsverfassung - Geschäftsführer/§ 550 BGB •



BGH NJW 2010, 1453 (AG): Bei Abschluss eines Mietvertrages durch eine AG ist die Schriftform des § 550 BGB nur gewahrt, wenn alle Vorstandsmitglieder unterzeichnen oder eine Unterschrift den Hinweis enthält, dass das unterzeichnende Vorstandsmitglied auch die Vorstandsmitglieder vertreten will, die nicht unterzeichnet haben. BGH NJW 2007, 3346 (GmbH): Zur Wahrung der Schriftform eines Mietvertrages mit einer GmbH als alleiniger Mieterin oder Vermieterin ist es nicht erforderlich, dass die auf deren Seite geleistete Unterschrift mit einem die Vertretung kennzeichnenden Zusatz versehen wird. Dies gilt auch dann, wenn die GmbH satzungsgemäß von zwei Geschäftsführern gemeinsam vertreten wird, die Unterschrift in der für die GmbH vorgesehenen Unterschriftszeile aber (hier: mit dem Zusatz "i.V.") von einem Dritten stammt.

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Geschäftsführung ◆ Verpflichtung zur Führung/Leitung der Geschäfte der GmbH

innerhalb des Satzungsgegenstandes, also: ◆ ◆ ◆ ◆ ◆

Legalitätspflicht (Gesetze und Satzung/Unternehmenszweck einhalten!) Organisations- und Überwachungspflicht Überwachung der finanziellen Situation Treuepflicht gegenüber GmbH und Gesellschaftern Pflicht zur sorgfältige Amtsführung (Unternehmensplanung und -steuerung) ◆ Ggf. Pflicht zur sorgfältigen Konzernleitung (vgl. § 18 AktG) ◆ aber: Einzelweisungen, auch nachteilige der GV sind zulässig

(§ 37 I GmbHG) bis zur Grenze des § 138 BGB (z.B.: Insolvenzgefahr) ➢

Geschäftspolitik ist Frage der Gesellschafterversammlung, nicht der Geschäftsführer

➢ Anders bei der Aktiengesellschaft: §§ 76 I; 111 IV 2 AktG

➢ Besteht zwingend Aufsichtsrat bei GmbH sind zustimmungspflichtige Geschäfte 15.05.2017

festzulegen (§ 111 IV AktG analog)

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Geschäftsführung ◆ Zwingende gesetzliche Aufgaben der Geschäftsführung ➢

Handelsregisteranmeldungen und Gesellschafterliste (§§ 39, 40 GmbHG) −§§ 9a; 57 IV GmbHG (wahre Angaben bei Gründung und KapitalErh)



Erhaltung Stammkapital (§§ 30, 31, 33; 43 III; 9b I GmbHG) −§§ 43 III, 30 GmbHG (keine Rückzahlung aus GmbH-Vermögen bei Unterbilanz) −§§ 43 III, 33 GmbHG (Unzulässiger Erwerb eigener Anteile durch GmbH verhindern)

➢ Buchführung (§ 41 GmbHG) und Organisationspflicht, für Übersicht über wirtschaftliche und finanzielle Situation der GmbH zu sorgen −Aufstellung Jahresabschluss (§§ 42, 42 a I 1 GmbHG; 264 I HGB) −Erfüllung steuerlicher Pflichten der GmbH (§ 34 AO) −Abführung der Sozialversicherungsbeiträge (§§ 22 I; 2 II Nr. 1; 7 I SGB IV; 266 a StGB)

➢ Verschwiegenheitspflicht (§ 85 I GmbHG) und Wettbewerbsverbot (=Ausfluss der allg. Treuepflicht; AG: § 88 AktG) ➢ Pflichten bei Insolvenzgefahr

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−Einberufung von GV, insbesondere bei Kapitalverlust (§§ 49, 84 GmbHG Strafbarkeit!)

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−§ 64 GmbHG (Verbot der Zahlungen trotz Insolvenzreife) −§ 15 a InsO (Rechtzeitiger, d.h. kein Verspäteter oder verfrühter Insolvenzantrag)

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Geschäftsführung - Haftung - Überblick

◆ Haftung gegenüber der GmbH (§ 43 GmbHG) ➢ Haftung im Interesse der Gesellschafter, § 43 II GmbHG ➢ Haftung im Interesse der Gläubiger, § 43 III GmbHG

◆ Haftung gegenüber den Gesellschaftern ➢ §§ 30 I; 31 I, III i.V.m. VI GmbHG bei verbotenen Auszahlungen ➢ § 823 II BGB i.V.m. § 15 a InsO ➢ § 823 II BGB i.V.m. § 49 III GmbHG

◆ Haftung gegenüber Dritten

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➢ Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB ➢ Vorvertragliche Haftung nach § 311 II und III BGB ➢ Deliktische Haftung nach § 823 I und § 823 II BGB i.V.m. einem Schutzgesetz

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH ◆ § 43 II GmbHG: Schadensersatz bei Pflichtverletzung (zentrale Haftungsnorm für GF) ◆ Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 I) ➢ Analogie zu § 93 I 2 AktG beachten - ist verletzt, wenn: siehe Slides 30 + 31! ◆ Haftung aller GF zur ungeteilten Hand (Gesamtschuldnerschaft) ◆ Gesellschafterbeschluss erforderlich (§ 46 Nr. 8 GmbHG) => § 43 GmbHG schützt Gesellschafter Ausnahme: ➢ Klage pfändender Gläubigers/InsOVerw /masseloser Liquidation (BGH WM 04, 1925)

➢ actio pro socio (so OLG Düsseldorf DStR 2012, 1350; zurückhaltend: OLG Koblenz NZG 2010, 1023)

➢ wenn, dann nur bei Anspruch GmbH gg. (Mit-) Gesellschafter (z.B.: Konzernhaftung) 15.05.2017

◆ Gläubiger des SchE-Anspruchs = GmbH (vgl. Text § 43 II GmbHG)

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH ◆ Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 I GmbHG; 93 I 2 AktG analog)

- sorgfältige Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen durch Auswertung verfügbarer Informationen + Abwägung Vor- und Nachteil - ist verletzt z.B.: ➢ Verzicht / Verjährenlassen realisierbarer Forderungen ➢ Eingegangene Geschäfte sind nicht von Gesellschaftszweck gedeckt

(BGH ZIP 2013, 455) ➢ Unentgeltliche AN-Überlassung (BGH DB 04, 1423) ➢ Abschluss nutzloser (Mietkauf) -Verträge (BGH DB 05, 821) ➢ Auszahlung überhöhter Vergütung (BGH ZIP 08, 117) ➢ Fehlkalkulation Angebotspreis (BGH ZIP 08, 736) ➢ Übermäßig riskante Geschäfte (BGH ZIP 2013, 455: Zinsderivate) - Warenlieferung auf Kredit ohne Bonitätsprüfung - (Immobilien-) Darlehnsvergabe ohne übliche Sicherheiten ➢ Verstoß gegen Wettbewerbsverbot 15.05.2017

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Geschäftsführung – Business Judgement Rule

BGHZ 135, 244 („ARAG/Garmenbeck“): Dem Vorstand muss für die Leitung der Geschäfte der AG ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den unternehmerisches Handeln schlechterdings nicht denkbar ist. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG (seit 1.11.2005) Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Entsprechende Anwendung im GmbH-Recht 15.05.2017

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH Haftungserleichterung gegenüber § 43 II GmbHG bei Haftung im Gesellschafterinteresse: ➢ Beeinträchtigung des Gesellschaftsvermögens = mittelbare Beeinträchtigung der

Vermögensposition der Gesellschafter durch Entwertung der Gesellschaftsanteile ▪ Fremdgeschäftsführer „verwirtschaftet“ fremdes Vermögen; gilt auch bei GesellschafterGF bei Vorhandensein weiterer Gesellschafter ▪ Parallele zum Verwalter fremden Vermögens (§§ 280, 241 II BGB) ➢ Keine Haftung nach § 43 II bei Einverständnis aller Gesellschafter ▪

Vermögensentzug im Einvernehmen mit Gesellschaftern (BGHZ 142, 92)



Bei Handeln gemäß Weisung der Gesellschafter (arg e contrario § 43 III 3 GmbH) - BGH NJW 2000, 1571; 2002, 3777



Kein Wettbewerbsverbot des Alleingesellschafters, wenn Gläubigerinteressen nicht betroffen (BGH ZIP 2008, 308 Rn 15)

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH Haftungsverschärfung gegenüber § 43 II GmbHG bei Haftung im Gläubigerinteresse (§ 43 III GmbHG): ➢ Pflichtverletzung gegenüber der GmbH, aber im Gläubigerinteresse

(s.o. - §§ 30, 33, 43 III, 64 II GmbHG) ➢ Beispiel: Verletzung der Pflicht zum Erhalt des Stammkapitals (vgl. § 43 III 1) ▪



Verstoß gegen § 30 GmbHG = verbotene „Auszahlung“ an Gesellschafter −

auch sog. „verdeckte Gewinnausschüttung“



nicht bei Weggabe an Dritte (z.B. Spende/Sponsoring)

Verstoß gegen das Verbot des Erwerbs eigener Anteile aus § 33 GmbHG

➢Differenzierung der Rechtsfolgen ▪

Gesellschafter haftet gemäß § 31 GmbHG (nur) auf Rückgewähr



Geschäftsführer haftet gemäß § 43 III GmbHG auf Schadensersatz



jeweils keine absolute Begrenzung durch den Betrag des Stammkapitals

➢keine Entlastung durch Weisung des Gesellschafters (Satz 3)

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH Haftungsverschärfung ggü. §43 II bei Haftg im GläubigerInt. (§ 43 III): ➢ Beispiele: ▪

Pflicht des GF zum Abzug von Finanzmitteln aus konzernweiten Cash-Management bei drohender Illiquidität des Konzerns (BGHZ 149, 10 - „Bremer Vulkan“) ▪ Typisierter Schadensnachweis: Keine Disposition der Gesellschafter (§ 43 III 2 + 3; 9b I 1 GmbHG)

➢Abgrenzungsfälle: ▪

Die fußballbegeisterten Gesellschafter der Bau-GmbH weisen den Geschäftsführer an, −

für den heimischen Fußballclub kostenlos ein Vereinsheim zu bauen.

− errichten.

das Privathaus auf einem Grundstück der Gesellschafter kostenlos zu



Im Fall a) bzw. b) kommt es sehr viel später zu einer Insolvenz der GmbH.



Im Fall a) bzw. b) kommt es durch den Vermögensentzug zur Insolvenz der GmbH.

➢Blick ins Strafrecht, Untreue nach § 266 StGB (Einwilligungskompetenz): ▪ Schädigung des Gesellschaftsvermögens wird durch Einwilligung der Gesellschafter Pflichtwidrigkeit i.S.v. von § 266 StGB genommen werden. Ausnahmen: 15.05.2017

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− GmbHG)

Vermögensdisposition GF führt zur Unterbilanz (Verstoß, gegen §§ 30 f.

Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH ◆ Haftung des GF bei Insolvenz (§§ 17, 19 InsO) der GmbH ➢ Haftung wegen Insolvenzverschleppung ➢

Innenhaftung gegenüber der GmbH (§ 64 Satz 1 und 2 GmbHG - Masseschmälerung)



Außenhaftung gegenüber Gesellschaftern und Gläubigern (§§ 823 II BGB; 15 a InsO)

➢ Haftung wegen Verursachung der Insolvenz (§ 64 Satz 3 GmbHG)

◆ Innenhaftung wegen Masseschmälerung (§ 64 Sätze 1 u. 2 GmbHG) ➢ Zahlungen und sonstige Masseschmälerungen nach Insolvenzreife ➢ Eintritt von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung (§§ 15, 17 InsO) ➢ Weiter Zahlungsbegriff

arg.: Verteilungsfähiges Vermögen der insolvenzreifen GmbH erhalten! ▪ zahlen, liefern, Rechte übertragen, Dienste leisten ▪ Gegenleistungen können ausschließen ➢ Ausschluss gemäß Satz 2 (=Aufrechterhaltung des sanierungsfähigen Betriebs) 15.05.2017 ➢

Verschulden

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH ◆ Absicherung des Geschäftsführers ➢ Eingeschränkte Rechtfertigung durch zulassenden

Gesellschafterbeschluss (§ 43 III 3 GmbHG) – s.o. ➢ vertragliche Haftungsbegrenzung im Anstellungsvertrag

teilweise zulässig ● Unzulässig nur bei Verletzung dem Gläubigerschutz dienender

Vorschriften (§§ 9a, 9b, 43III, 43 a, 57 IV, 64 GmbHG 15 a I InsO) ● bei AG generell unzulässig

➢ Absicherung über D&O-Versicherung

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH (Fall) Fall: A ist Geschäftsführer der Firma „XYZ Anlagentechnik GmbH“, die mit einem Jahresumsatz von rund € 7,5 Mio. im Bereich des Industrieofenbaus tätig ist. Da die Auslastung der Firma nicht zufriedenstellend ist, bewirbt sich A für ein großes Anlagenprojekt, wobei die Gesellschaft neben der Errichtung des Industrieofens auch den gesamten Rohrleitungsbau der Anlage übernehmen soll. Im letztgenannten Bereich verfügt die Gesellschaft über keine Erfahrungen. A möchte den Auftrag unbedingt akquirieren. Er bittet den Prokuristen P, der bisher kleinere Ofenprojekte betreut hat, um eine Kalkulation zur Vorbereitung der Angebotsabgabe. Dieser solle notfalls beim Auftraggeber informell fragen, wo man preislich „landen“ müsse. P verfährt entsprechend und teilt dem A anschließend mit, er habe einen auskömmlichen Angebotspreis von € 900.000,00 ermittelt. Diesen bietet A im Namen der GmbH beim Auftraggeber an, der Auftrag wird schließlich zum Preis von € 850.000,00 erteilt. Bei der Auftragsabwicklung wird deutlich, dass P bei seiner Grobkalkulation den Materialaufwand und die diesbezüglichen Preise nur teilweise berücksichtigt hat. Vor allem wurden aber die Anzahl der erforderlichen Manntage und damit der Lohnaufwand erheblich unterschätzt. Bereits bei einem Fertigungsstand von 20 % laufen so bei der Gesellschaft Kosten in Höhe von € 900.000,00 auf. A verschweigt diese Umstände den Gesellschaftern, die ihn daraufhin in der ordentlichen Gesellschafterversammlung des Jahres Entlastung erteilen. Als die Gesellschafter über Mitarbeiter der Firma von den Umständen erfahren, veranlassen sie gegen Schadensersatzzahlung von € 500.000,00 an den Auftraggeber eine Beendigung der weiteren Auftragsbearbeitung. Kann die Gesellschaft A insofern in Anspruch nehmen? 15.05.2017

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH Lösung: GmbH Anspruch gegen GF - A gemäß § 43 II GmbHG auf Schadensersatz in Höhe von € 1,4 Mio.? 1. Pflichtverletzung ? Gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer in Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Er muss also insbesondere drohende Schäden von der Gesellschaft abwenden. Die Rechtsprechung billigt dem Geschäftsführer bei unternehmerischen Entscheidungen allerdings ein weites kaufmännisches Ermessen zu. Danach sind mit der Führung eines Unternehmens notwendigerweise Chancen und Risiken verbunden. Die Geschäftsführung darf diesbezügliche Risiken, sofern diese nicht offenkundig außer Verhältnis zu den Geschäftschancen stehen, grundsätzlich in Kauf nehmen. Dies gilt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes aber nur, wenn die Geschäftsführung eine sorgfältige Chancen-Risiken-Analyse vornimmt, also insbesondere den zugrundeliegenden Sachverhalt sorgfältig ermittelt, um eine tragfähige unternehmerische Entscheidung treffen zu können. (vgl. § 93 I 2 AktG). Dies hat A hier mit Blick auf die Kalkulation der Aufträge unterlassen (BGH ZIP 2008, 736). Er hat diese an einen unerfahrenen Mitarbeiter delegiert, ohne dass Ergebnis nochmals zu kontrollieren. Die Orientierung an Preisvorstellungen des Auftraggebers widerspricht kaufmännischer Sorgfalt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft im Bereich Rohrleitungsbau über keinerlei Erfahrungen verfügte. Etwaige Auslastungsdefizite sind zwar bei der Risikoanalyse zu berücksichtigen, ändern aber an der Verpflichtung zur Ermittlung des 15.05.2017 39 zugrundeliegenden Sachverhaltes nichts.

Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH 2. Verschulden des A Wenn die objektive Pflichtverletzung feststeht, obliegt es dem Geschäftsführer, mangelndes Verschulden nachzuweisen (§§ 93 I 2 AktG; 280 I 2 BGB). Dies ist vorliegend nicht geschehen. 3. Kausaler Schaden Aufgrund der Pflichtverletzung des A ist der Gesellschaft ein Schaden in Höhe von € 1,4 Mio. entstanden. Aufgrund der vorzeitigen Vertragsbeendigung hat sie aus dem Geschäft keine Erlöse erwirtschaftet. Ihr sind aber Kosten in Höhe von € 1,4 Mio. entstanden. Dass die Schadensersatzzahlung von € 500.000,00 auf einer Entscheidung der Gesellschafter beruht, steht dem nicht entgegen. Diese waren hierzu nämlich unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB verpflichtet. Wäre der Auftrag zu Ende geführt worden, wären der Gesellschaft – hochgerechnet – über € 4,5 Mio. an Kosten (bei Erlösen von nur € 850.000,00) entstanden. Der vorzeitige Abbruch der Auftragsbearbeitung war mithin wirtschaftlich sinnvoll. 4. Entlastung des A Auch die dem A anlässlich der ordentlichen Gesellschafterversammlung erteilte Entlastung gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG steht dem nicht entgegen. Allerdings geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Entlastungsbeschluss gleichzeitig einen Verzicht der Gesellschafterversammlung auf etwaige Schadensersatzansprüche gemäß § 43 GmbHG enthält. Dies gilt aber nur, soweit die 15.05.2017

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber GmbH zugrundeliegende Pflichtverletzung den Gesellschaftern entweder bekannt war oder auf Grund von durch die Geschäftsführung erteilten Informationen hätte erkennbar sein müssen. Da A demgegenüber den gesamten Vorfall verschwiegen hat, tritt diese Entlastungswirkung nicht ein. 5. Ergebnis Die GmbH kann von A daher Ersatz des Schadens gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG verlangen. Eine weitere Anspruchsgrundlage besteht mit Blick auf den Anstellungsvertrag auch in § 280 Abs. 1 BGB. Über die Geltendmachung der Ansprüche beschließt die Gesellschafterversammlung, § 46 Nr. 8 GmbHG. Praxishinweis: Für derartige Haftungsfälle besteht bei vielen Gesellschaften eine sogenannte D&O-Versicherung, deren Prämien von der Gesellschaft als Versicherungsnehmer gezahlt werden. Für den Geschäftsführer als versicherte Person bedeutet dies eine Absicherung bei der schadensträchtigen Geschäftsführung. Für die Gesellschaft steht bei größeren Schäden mit dem Versicherer ein solventer 15.05.2017 41 Haftungsschuldner zur Verfügung.

Geschäftsführung – Haftung gegenüber Gesellschaftern ◆ Auszahlungsverbot von Gesellschaftsmitteln

(Haftung im Falle § 31 III i.V.m. VI GmbHG) ◆ § 823 II BGB i.V. m. Schutzgesetz ➢ § 823 II BGB i.V.m. § 15 a InsO

Unterlassen der Insolvenzantragstellung (=Insolvenzverschleppung) ➢ § 823 II BGB i.V.m. § 49 III GmbHG

Nichtanzeige des Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapital

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten Rechtsscheinhaftung des Geschäftsführers; § 179 BGB analog ➢ Rechtsschein für eigene Verpflichtung ▪ durch Zeichnung des GF unter Fortlassung des Rechtsformzusatzes ▪ Ausdrückliche mündliche Verneinung des Handelns für eine GmbH ➢ Zurechenbarkeit des Rechtsscheins ➢ Kausalität Rechtsgeschäft infolge Vertrauen auf Rechtsschein ➢ Schutzwürdigkeit des Dritten (Gutgläubigkeit) ▪ Dritten

nicht bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des



str. bei einfacher Fahrlässigkeit (vgl. § 173 BGB)

Fälle: BGH NJW 2007, 1529: gilt auch bei Auslandsgesellschaft “BV” BGH ZIP 2012, 1659: UG tritt als GmbH auf, zumindest Haftung auf Stammkapitaldifferenz (Unterschiedsbetrag zu 25 T€) 15.05.2017

OLG Stuttgart ZIP 2013, 2154, 2156: Auftreten einer GmbH als AG

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten Vorvertragliche Eigenhaftung des Geschäftsführers - § 311 BGB Fahrlässigkeitshaftung für Verletzung der Aufklärungspflicht über die prekäre wirtschaftliche Lage (§ 311 II BGB) ➢ Problem: Pflicht trifft den Vertretenen (= die GmbH) Grundsatz: Haftung der GmbH Ausnahme: Eigenhaftung des Vertreters (§ 311 III BGB) ➢ Zwei Fallgruppen der Eigenhaftung des Vertreters: ▪

Wirtschaftliches Eigeninteresse



Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens

Fallgruppe 1: Wirtschaftliches Eigeninteresse ➢ nicht ausreichend: Mehrheits-/Alleingesellschafter ➢ BGH früher: Bürgschaft oder dingliche Sicherheit durch GF an GmbH ➢ BGHZ 126, 181: Rückkehr zur Rspr. des RG: „procurator in rem suam“ ➢ BGH NJW-RR 2002, 1309: GmbH wird nur zum Schein als Auftraggeber vorgeschoben ➢ BAG ZIP 2014, 1976 – „Karstadt“: Eigenwirtschaftliche Interesse am Erhalt einer Vorstands-/Geschäftsführerposition reicht für § 311 III BGB nicht aus.

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten Vorvertragliche Eigenhaftung des Geschäftsführers - § 311 BGB Fallgruppe 2: Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens ➢ jetzt gesetzlich geregelt in § 311 III 2 BGB ➢ Geschäftsführer nimmt grundsätzlich nur das normale Verhandlungsvertrauen in Anspruch => Anspruch gegen die GmbH ➢ zusätzliches, vom Geschäftsführer selbst ausgehendes Vertrauen erforderlich (Vorfeld einer Garantie) ➢ BGHZ 177, 25: Haftung der Vorstände einer Kapital suchenden Gesellschaft bei unrichtiger persönlicher Information der Anlageinteressenten ▪

Abgrenzung: OLG München GWR 2011, 119

➢ Vgl. Fall PdW Gesellschaftsrecht 15.05.2017

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten Deliktische Haftung nach § 823 I BGB BGH NJW 1990, 996: - Eigentumsverletzung ➢ Verletzung des verlängerten Eigentumsvorbehaltes des Lieferanten durch Zulassen eines Abtretungsverbotes in Einkaufsbedingungen des Abnehmers ➢ Organisationspflicht des GF, Kollision zwischen dem verlängerten Eigentumsvorbehalt ihrer Lieferanten mit einem Abtretungsverbot ihrer Abnehmer durch entsprechende organisatorische Maßnahmen zu vermeiden ➢ Baustofflieferant verlor das Eigentum, ohne dass eine gleichwertige Forderung an dessen Stelle trat ➢ Geschäftsführer hat Garantenstellung gegenüber Lieferant ➢ Fahrlässigkeit (+) BGHNJW 1990, 2560 - Produkthaftung nach § 823 I BGB; §§ 1, 3 ProdukthG ➢ GF ist im Rahmen der Führungsaufgabe verpflichtet, mit entsprechenden Sachmitteln und geeignetem Personal ein Qualitätskontrollsystem einzurichten und aufrecht zu erhalten, um die Haftung wegen Produktfehlern zu vermeiden. ➢ Beweislastumkehr zu Lasten des GF 15.05.2017

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten Deliktische Haftung nach § 823 II BGB iVm Schutzgesetz ➢ Sozialversicherung ● Untreuehandlung gem. § 266a StGB (=Schutzgesetz) ● Löhne und Gehälter der Mitarbeiter sind ordnungsgemäß abzuführen, §§ 28a ff SGB IV. Unterscheide AN und AG-Beiträge => Tilgungsbestimmung, dass Zahlung auf AN-Beiträge, sonst ggf. Haftung nach § 64 S. 2 GmbHG

➢ Finanzamt ● § 69 AO: Geschäftsführer verletzt steuerliche Pflichten der GmbH ➢ Vornahme falscher Buchungen; ➢ Abgabe falscher Steuererklärungen; ➢ Ausstellen falscher Steuerbescheinigungen; ➢ Fehler bei der Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer 15.05.2017

● § 34 I 2 AO: Steuern müssen aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden können

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten Gf-Haftung für unbezahlte AN-Beiträge zur Sozialversicherung: ●

§ 823 II BGB iVm §§ 266a I, 14 I Nr. 1 StGB

§ 266a I StGB: W er als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. § 14 I Nr. 1 StGB: Handelt jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten Steuerliche Gf-Eigenhaftung: ● §§ 34 I, 69 AO § 34 I AO: Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten. § 69 AO: Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu 15.05.2017 zahlenden Säumniszuschläge.

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten ➢ Kausaler Schaden ● Z.B.: Steuern werden nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt

➢ Verschulden ● Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit (§ 69 Satz 1 Abgabenordnung) ● Haftungsabmilderung (keine Haftung bei leichter Fahrlässigkeit)

◆ Insolvenzgläubiger - § 15 a InsO ➢ Neugläubiger nach Insolvenzreife => kompletter Schadenersatz ●

Negatives Interesse (vgl. auch § 321 I 1 BGB) arg: Vertrag wäre bei rechtzeitiger Antragstellung nicht zustande gekommen

➢ Altgläubiger vor Insolvenzreife => nur Ersatz des sog. „Quotenschadens“ ●

Anspruch nur theoretisch, da praktisch nicht zu berechnen

➢ BGH NJW 1994, 2220, 2222 15.05.2017

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten (Fall) Fall: Die Geschäfte der „XYZ Anlagentechnik GmbH“ entwickeln sich weiter schlecht. Diverse Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten kann A bei Fälligkeit nicht mehr begleichen. Im Februar 2007 konnte die Gesellschaft zwar noch die Löhne und Gehälter auszahlen, hat aber die zugehörige Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr abgeführt. Im März 2007 werden auch die Löhne und Gehälter nicht mehr bezahlt. Die Hausbank stellt den Saldo des weit über die Kreditlinie hinaus in Anspruch genommenen Geschäftskontos fällig. Auf einem anderen, nicht im Soll befindlichen Konto der Gesellschaft geht eine Vergütungszahlung eines Kunden von € 50.000,00 ein. Diese überweist A an einen befreundeten Lieferanten, der längst überfällige Forderungen gegen die Gesellschaft hat. Einen eingehenden Kundenscheck über € 40.000,00 reicht A bei der Hausbank zur Einlösung auf dem Geschäftskonto ein. Einige Tage später bestellt A bei Lieferant L Material zum Preis von € 20.000,00 gegen Rechnung. Das Material wird geliefert. Zwei Tage später meldet A Insolvenz an. Welche Ansprüche bestehen gegen A? 15.05.2017

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten Lösung: GF handelt nach § 35 I GmbHG für die GmbH, nur diese wird vertraglich verpflichtet (§ 164 I BGB). Unter deliktsrechtlichen Gesichtspunkten kommt dagegen eine Haftung in Betracht. Diese ist im Falle der Insolvenz der Gesellschaft von überragender praktischer Bedeutung. 1. Ansprüche der Arbeitnehmer Den Arbeitnehmern der Gesellschaft steht aus den geschlossenen Arbeitsverträgen ein vertraglicher Vergütungsanspruch gegen die GmbH zu. A hat die Gesellschaft bei Abschluss der Arbeitsverträge lediglich vertreten. Daher scheidet eine Haftung des A grundsätzlich aus. Die bloße Nichtbegleichung der Vergütungsansprüche durch A stellt kein deliktisches Verhalten dar, das Schadensersatzansprüche begründen könnte. 2. Ansprüche des Lieferanten L Haftung des Geschäftsführers A gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB, wenn er den L vorsätzlich sittenwidrig schädigte bzw. gegen ein Schutzgesetz verstoßen hat. a) Dies ist unter dem Gesichtspunkt des Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB denkbar. Wenn A bereits bei der Materialbestellung wusste, dass die daraus resultierenden Zahlungsansprüche von der Gesellschaft nicht mehr würden erfüllt werden können, stellt dies eine 15.05.2017

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Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten vorsätzliche Täuschung des L dar, durch welche die Materiallieferung ausgelöst wurde. Für den Nachweis des betrügerischen Verhaltens, insbesondere des Vorsatzes, kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Der äußerst zeitnahe Insolvenzantrag nach der Materialbestellung spricht allerdings dafür. b) § 15 a Abs. 1 InsO: GF einer GmbH verpflichtet, im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft unverzüglich Insolvenzantrag zu stellen. Die Zahlungsunfähigkeit besteht, wenn die Gesellschaft nicht mehr in der Lage ist, wesentliche Zahlungspflichten bei Fälligkeit zu erfüllen. Dies ist vorliegend der Fall. Da A dennoch zunächst kein Insolvenzantrag gestellt hat, liegt eine – gemäß § 15a IV InsO strafbare – Insolvenzverschleppung vor. Bei der Schadensersatzpflicht gemäß § 823 II BGB ist nach BGH zu unterscheiden. Gläubiger, deren Ansprüche bereits vor der Insolvenzreife begründet waren (z.B. die Arbeitnehmer der GmbH Altgläubiger), haben Schadensersatzansprüche gegen GF wegen Insolvenzverschleppung nur, wenn sie nachweisen können, dass durch die verspätete Insolvenzantragsstellung ihre Insolvenzquote reduziert wurde („Quotenschaden“). Dieser Nachweis ist in der Praxis nahezu ausgeschlossen. Gläubiger, deren Forderungen erst nach Eintritt der Insolvenzreife begründet wurden (sog. Neugläubiger), haben gegen GF dagegen einen Schadensersatzanspruch in voller Höhe, da sie im Falle des rechtzeitigen Insolvenzantrages ihre Leistung an die Gesellschaft nicht mehr erbracht hätten. Deshalb kann L von A Schadensersatz verlangen. 3. Ansprüche der Sozialversicherungsträger (SVT) SVT = Altgläubiger im vorstehenden Sinne. Sozialversicherungsbeiträge je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer geschuldet (durch den Arbeitgeber aber abzuführen). Für die Nichtabführung von Arbeitnehmeranteilen sieht § 266a I StGB einen Straftatbestand vor. Dieser stellt ein Schutzgesetz zugunsten der SVT dar. Deshalb haftet L für bis zur Insolvenzantragstellung rückständige Arbeitnehmeranteile gemäß § 53 15.05.2017 823 II BGB.

Geschäftsführung – Haftung gegenüber Dritten 4. Ansprüche des Finanzamtes Gemäß §§ 34, 69 AO haftet der GF unter bestimmten Voraussetzungen für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft. Dies gilt einmal, wenn in diesem Zusammenhang unrichtige Angaben gegenüber den Steuerbehörden gemacht wurden. Außerdem tritt bei der Lohnsteuer praktisch automatisch eine Haftung ein, da diese vom Arbeitgeber vor Auszahlung des Lohnes von diesem einzubehalten ist. Wenn mithin die finanziellen Mittel der Gesellschaft nicht reichen, muss der Geschäftsführer einen derart gekürzten Lohn auszahlen, der die Abführung der darauf entfallenden Lohnsteuer zulässt. Wegen der für Februar 2007 rückständigen Lohnsteuer haftet A daher gegenüber dem Finanzamt persönlich; nicht dagegen für März 2007, da hier überhaupt kein Lohn ausgezahlt wurde => keine Lohnsteuer! 5. Ansprüche des Insolvenzverwalters Der Insolvenzverwalter kann von A gemäß § 64 GmbHG den Ersatz von Zahlungen verlangen, die nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vom Geschäftsführer an Dritte zu Lasten des Gesellschaftsvermögens geleistet worden sind. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Zahlung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes vereinbar war. Vor diesem Hintergrund haftet A zunächst für die Zahlung von € 50.000,00 an den befreundeten Lieferanten. Zwar war die Gesellschaft diesem gegenüber zur Zahlung zivilrechtlich verpflichtet. Nach § 15a Abs. 1 InsO hätte A aber Insolvenzantrag stellen müssen, damit das verbleibende Gesellschaftsvermögen allen Gläubigern gleichmäßig zugute kommt. Den gezahlten „Sondervorteil“ (abzüglich InsolvenzquoteI hat der Geschäftsführer deshalb zu erstatten. Dies wäre anders, wenn durch die Zahlung unmittelbar ein angemessener Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen geflossen wäre, etwa bei Anschaffungen gegen Barzahlung (sogenannte „Bargeschäfte“). A haftet auch auf Zahlung von € 40.000,00, weil er den Kundenscheck auf dem debitorischen Geschäftskonto der Gesellschaft eingelöst hat. Dadurch ist zwar eine entsprechende Habenbuchung auf dem Konto erfolgt. Wegen der Überschreitung der Kreditlinie ist hierdurch aber kein allen Gläubigern zur Verfügung stehender Vorteil für das Gesellschaftsvermögen entstanden. Vielmehr haben sich dadurch lediglich die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber der Hausbank reduziert. Insgesamt kann der Insolvenzverwalter von A daher gemäß § 64 GmbHG Zahlung 15.05.2017

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von € 90.000,00 (abzüglich Insolvenzquote) verlangen.

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Gesellschafterversammlung - Aufgaben

◆ Oberstes Willensbildungsorgan ➢ Weisungen an Geschäftsführer (§§ 37 I; 43 III 3 GmbHG) ➢ Geschäftsordnung für Geschäftsführer ◆ § 46 GmbHG – Katalog von Zuständigkeiten (lesen!) ◆ § 46 GmbHG ist dispositiv – Aufgaben können auch anderen Organen (z.B. Aufsichtsrat) zugewiesen werden 15.05.2017

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Gesellschafterversammlung - Aufgaben ➢ Folgende Aufgaben sind zwingend der Gesellschafterversammlung zugeordnet ▪

Änderung des Gesellschaftsvertrages (§ 53 GmbHG)



Auflösung der Gesellschaft (§ 60 I Nr. 2 GmbHG)



Einforderung von Nachschüssen (§ 26 GmbHG)



Umwandlung nach UmwG

➢ Folgende Aufgaben sind abdingbar der Gesellschafterversammlung zugeordnet (§§ 45 II; 46); Vorrang hat also Satzung (vgl. § 45 I GmbHG) ➢ Feststellung Jahresabschluss und Verwendung Ergebnis, Nr. 1 ➢ Einforderung der Einlagen, Nr. 2 ➢ Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer, Nr. 5 ➢ Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung, Nr. 6 ➢ Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, Nr. 7

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➢ Weisungen an die Geschäftsführer in einzelnen Geschäftsführungsangelegenheiten, § 37 GmbHG

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung ◆ § 48 I GmbHG – Gesellschafterversammlung ist Ort der Willensbildung ➢ § 48 II GmbHG: auf Abhaltung kann verzichtet werden ➢ Zwingend allerdings bei Umwandlungsvorgängen

(vgl.: §§ 13 I 2; 125; 193 I 2 UmwG) ◆ Einberufung durch jeden Geschäftsführer: § 49 I GmbHG ➢ Z.B. bei Gesellschaftsinteresse: §§ 49 II GmbHG ➢ Zwingend: §§ 46 Nr. 1; 49 III; 50 I und III GmbHG

(Jahresabschluss und Ergebnisverwendung; hälftiger Stammkapitalverlust; Minderheitenverlangen/Selbsthilfe) ➢ Tagesordnung (§ 51 II) und Form und Frist (§ 51 I);

aber § 51 III (Verzicht aller Gesellschafter ist zulässig) 15.05.2017

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung ➢ Beschlüsse durch Mehrheit (§ 47 I und II GmbHG); Ausnahmen: ▪

¾ Mehrheit − Satzungsänderungen – auch Kapitalmaßnahmen (§ 53 II 1 GmbHG), − Umwandlungsvorgänge (z.B.: § 50 I 1 UmwG)



einstimmig (arg.: § 53 III – trotz § 293 I 2 AktG): − Zustimmung zu Unternehmensverträgen durch GV der beherrschten GmbH

➢ Beschlussfähig – immer, wenn korrekt einberufen ▪

=> meist in Satzung genauer geregelt (Minderheitenschutz!)

➢ Teilnahmerecht: Gesellschafter + gesetzliche Vertreter (z.B.: InsOVerw; TV) ▪

Nicht: Geschäftsführer (außer: § 37 I analog bei Gesellschafter-Verlangen) oder sonstiger Dritter (Berater!)



Aber: Satzung kann das auch anders regeln!

➢ Niederschrift ratsam, bei 1-Mann Gesellschaft zwingend (§ 48 III GmbHG) 15.05.2017

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung ◆ Stimmrecht ➢ je 1 Euro eine Geschäftsanteils = 1 Stimme (§ 47 I) ➢ Satzung: Mehrstimmrechte/Geschäftsanteil ohne StimmR ➢ Ausschluss nach § 47 IV (vgl. auch BGH ZIP 2011, 1508) ● BGH: „Nicht Richter in eigener Sache“:

z.B.: bei Entlastung des Gesellschafters/Geschäftsführers oder Rechtsstreit gegen Gesellschafter analog § 243 II AktG wegen Sondervorteilen und Verfolgung gesellschaftswidriger Interessen ● Rechtsgedanke des § 181 BGB:

z.B.: Befreiung von Verbindlichkeiten des Gesellschafters oder Beschlussfassung über Rechtsgeschäft mit Gesellschafter ● § 47 IV GmbHG dispositiv? – vgl. auch BGHZ 108, 21

- Verschärfung: ja - Abbedingen: wohl ja hinsichtlich § 181 BGB (wie im BGB auch), sonst nein ◆ Stimmbindungsverträge zulässig (Pool) - Grenze: §§ 134, 138 BGB 15.05.2017

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung/Stimmbindung BGH NJW 2009, 669 (vgl. auch BGH 12.4.16 - II ZR 274/14) Sachverhalt: GbR-Vertrag einer Schutzgemeinschaft: Konsortialmitglieder haben Stimmrecht aus von ihnen gehaltenen Aktien bei einer AG so auszuüben, wie das zuvor in dem Konsortium mit einfacher Mehrheit beschlossen wurde und zwar selbst dann, wenn Beschluss in AG einer ¾ Mehrheit bedarf. Entscheidung: ➢ Mehrheitsklausel als Verfahrensklausel personengesellschaftsrechtlich

wirksam (= erste Stufe) ➢ Im Einzelfall: Stimmabgabe wegen Verstoßes gegen

gesellschaftsrechtliche Treuepflicht unwirksam (= zweite Stufe). => konsortial gebundene Gesellschafter dürfen differenziert abstimmen 15.05.2017

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung BGH NJW 2009, 669 ◆ Treuwidrigkeit wird vermutet bei Beschlüssen, welche ➢ die gesellschaftsvertraglichen Grundlagen des Konsortiums

berühren oder ➢ in den "Kernbereich" der Mitgliedschaftsrechte der Minderheit

eingreifen ➢ nicht deshalb, weil in AG ¾ Mehrheit erforderlich. ◆ Kernbereich z.B.: ➢ §§ 19 (Einlagepflicht); 9 + 25 (Kapitalaufbringung),

27 IV (Abandonrecht); 31 (Erstattungspflichten und Ausfallhaftung), 51 a III (Informationsrecht) und Austrittsrecht bei wichtigem Grund 15.05.2017

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung ◆ Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse ➢ Nichtigkeit analog § 241 AktG ➢ Anfechtbarkeit (=Regelfall) analog § 243 AktG ●

Frist: 1 Monat analog § 246 AktG



Ziel: Gestaltungsklage führt zur Nichtigkeit

➢ Positive Beschlussfeststellungsklage

(= bei ablehnenden Beschlüssen) ➢ Negative Beschlussfeststellungklage

(=> kein Beschluss; Feststellungsinteresse insbesondere dann, wenn keine Niederschrift über Gesellschafterversammlung errichtet wurde) 15.05.2017

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung Fall (BGH NJW 1986, 2051): An der AB-GmbH sind Geschwister A1 bis A3 (=Mehrheitsstamm) und die Zwillinge B (=Minderheitenstamm) beteiligt. G wird mit den Stimmen der A zum Geschäftsführer bestellt. G tätigt mehrere Grundstücksgeschäfte zugunsten der A1 bis A3 und zulasten der GmbH. B beantragt in der Gesellschafterversammlung Beschluss zu fassen, um Ansprüche der GmbH gegen G und Geschwister A geltend zu machen. Dies wird mit den Stimmen der A verhindert, wobei der betroffene A1 nicht mitstimmt (2:2). B wollen Klage erheben mit dem Argument, A1 bis A3 hätten gar nicht mitstimmen dürfen. Zu Recht?

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Fall (BGH NJW 1986, 2051) - Lösung: ◆ Anfechtungsklage ➢ Rechtsschutzbedürfnis (-) ➢ Aber: Positive Beschlussfeststellungsklage (+) ◆ Stimmverbot? ➢ § 47 IV (-), da bei unterschiedlichen Beschlüssen der jeweils Betroffene

nicht mitgewirkt hat ➢ § 47 IV analog (+) ● Geschwister A sind Mittäter kraft Wissens und Wollens und der rechtlichen

Umsetzungsmacht (Gesellschaftermehrheit) ● Daher trifft Stimmverbot alle A-Gesellschafter

◆ Vertretung GmbH im Haftungsprozess? ➢ § 46 Nr. 8 GmbHG

=> Recht der GV Vertreter zu bestimmen ➢ hier: Gesellschafter B zulässig, da kein Widerspruch zu 15.05.2017

Gesellschaftsinteresse, sondern Parallelität

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung etc. Fall Nr. 13 - GesR Bitter: D (60%), E (30%) und F (10%) sind Gesellschafter der DEF Solaranlagen GmbH. D ist auch alleiniger GF. Am 27.5. soll eine Gesellschafterversammlung stattfinden. 1. D hält nichts von Formalien und will die Versammlung am 26.5. um 20.00 Uhr per eMail einberufen. Die Tagesordnung will er E und F nicht mitteilen, um - wie er sagt flexibel zu bleiben. Welche Risiken birgt das Vorgehen und was ist D zu raten? 2. Muss ein Versammlungsleiter gewählt werden? Wenn nein, ist dazu zu raten? 3. E will seinen Neffen als seinen Vertreter zur Versammlung schicken, der ebenfalls Solaranlagen vertreibt. Muss N zugelassen werden? 4. D´s Bestellung als GF ist in der Satzung und seine Anstellung im Vertrag auf 2 Jahre befristet. E und F befürworten das als Anreiz zu guter Geschäftsführung. Kann D die Befristung mit seiner Mehrheit aufheben? 5. Kann D bei der Abstimmung über seine Entlastung mitstimmen? 6. F möchte über die Preise für Solaranlagen in der GV Beschluss fassen. D will das verhindern. Kann er das? 7. D möchte seinem Bruder Solaranlage zum Vorzugspreis verkaufen. Kann D mit seiner 15.05.2017 Mehrheit einen solchen Beschluss gegen die Stimmen von E und F fehlerfrei fassen?

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung etc. Lösung Fall Nr. 13 - GesR Bitter: 1. GF ist zuständig für Einberufung, § 49 I. Verstoß gegen § 51: Abs.1 = 1 Woche Frist per Einschreiben. Abs.2: TO ist mitzuteilen, spätestens 3 Tage vor Versammlung (Abs. 4). => Vorhaben von D führt zu Einberufungsmangel und Ankündigungsmangel. Rechtsfolgen: § 51 III Vollversammlung (Anwesenheit aller und Einverständnis aller mit Beschlussfassung als solcher - analog § 121 VI AktG) könnte Mangel heilen. Sonst Beschlüsse fehlerhaft aus formalen Gründen. Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit? Analogie zu § 241 Nr. 1 AktG => nur schwere Verfahrensfehler führen zur Nichtigkeit, z.B. gar keine Einberufung. Vorhaben von D steht bei wertender Betrachtung Nichtladung gleich; Beschlüsse nichtig. D sollte also § 51 einhalten, sonst haftet D für Mehraufwendungen! 2. Gesetz verlangt Versammlungsleiter nicht, jedoch sinnvoll, z.B. für die Feststellung der Beschlussergebnisse. D kann bei Wahl mitstimmen, da Sozialakt. 3. § 47 III verlangt Textform, § 126 b BGB. Wegen § 51a Auswahl des N treuwidrig, da Gesellschaftsinteresse nicht gewahrt. Unzumutbar für Mitgesellschafter. Gefahr der missbräuchlichen Verwendung von Geschäftsgeheimnissen. Dann keine Vollversammlung mehr; sonst Beschlussfähigkeit gegeben, wenn Satzung kein höheres Quorum verlangt. 4. Bestellung mit Befristung (nicht Bedingung) ist zulässig; gilt auch für Anstellungsvertrag. 15.05.2017

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Gesellschafterversammlung - Willensbildung etc. Lösung Fall Nr. 13 - GesR Bitter: Zuständigkeit: § 46 Nr. 5; Annex=AnstellungsV; ¾ Mehrheit (§§ 6 III 2 Alt.1; 53 II1), weil Satzungsänderung? Aber: nur formeller Satzungsbestandteil (“bei Gelegenheit”). => einfache Mehrheit reicht. Kann D mitstimmen? § 47 IV; Verbot des Insichgeschäfts gilt nicht für Sozialakte, wegen Organisationsherrschaft der Gesellschafter. Aber: Richter in eigener Sache => kein Stimmrecht, wenn es um wichtigen Grund geht. Hier: (-), also Stimmrecht (+) Das gilt trotz Insichgeschäft auch für Anstellungsvertrag, da Annex zu Bestellung. Ergebnis: D kann bei Aufhebung Befristung Beschluss fehlerfrei herbeiführen. 5. Bei Entlastung, die Präklusionswirkung für Ansprüche aus § 43 II hat, soweit fehlerhafte Geschäftsführung bekannt ist, kann D als GF nicht mitstimmen (Richter in eigener Sache). 6. D kann Beschlussverlangen abwehren, wenn GV nicht zuständig oder F nicht berechtigt, Beschlüsse auf die TO zu bringen. Wegen § 37 I ist GV-Kompetenz allumfassend. § 50 II, I berechtigen Gesellschafter mit Beteiligung >= 10% unter Angabe der Gründe, Beschlussgegenstände auf die TO zu bringen. 7. GV (siehe Ziff. 6) kann auch über einzelne GF-Maßnahmen abstimmen. D darf aber nicht mitstimmen, wenn Treupflicht verletzt. Das ist bei Sondervorteilen für D der Fall (analog §§ 243 II, 117 AktG). D hat Sondervorteil dadurch, dass Haftung nach § 43 II wegen Verkauf unter Marktwert (Gewinnentgang für GmbH) bei wirksamen Beschluss entfallen würde. D 15.05.2017 darf also nicht mitstimmen. Treuepflicht kann auch zu positiver Stimmabgabe verpflichten.68

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Kompetenzabgrenzung Fall: Am Stammkapital der „IPS Medien GmbH“ sind A zu 50 % sowie B und C zu je 25 % beteiligt. Geschäftsführer der Gesellschaft sind A und D, jeweils einzelvertretungsbefugt. Als B davon erfährt, dass A auf dem Geschäftsfeld der Gesellschaft eine Konkurrenzfirma gegründet hat, verlangt er von der Geschäftsführung die Einberufung einer Gesellschafterversammlung. Da die Geschäftsführung dies verweigert, lädt er kurzerhand selbst A und C zu einer solchen ein. Die Sitzungsleitung übernimmt dort C. Gemäß Punkt 1 der Tagungsordnung wird über die Abberufung von A als Geschäftsführer der Gesellschaft beraten. Bei der Beschlussfassung stimmen B und C wegen der Wettbewerbstätigkeit des A dafür, der A aber dagegen. C stellt daraufhin im Protokoll den Beschluss über die Abberufung von A als Geschäftsführer fest. Zu Recht? Gemäß Tagungsordnungspunkt 2 wird ein größerer Auftrag diskutiert, um den sich die Gesellschaft beworben hat. Angesichts der damit verbundenen Risiken weisen die Gesellschafter einstimmig den Geschäftsführer D an, den Auftrag nicht anzunehmen. Muss sich D, der den Auftrag für äußerst lukrativ hält, hieran halten? Wäre die GmbH zur Durchführung des Auftrages verpflichtet, wenn D in ihrem Namen den Auftrag doch annimmt? Welche Rechte und Pflichten bestünden, wenn in der Gesellschafterversammlung auch die Abberufung von D als Geschäftsführer beschlossen worden wäre? 15.05.2017

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Kompetenzabgrenzung Lösung: 1. Abberufung des A Kompetenz der Gesellschafterversammlung? § 46 GmbHG (+). wirksame Beschlussfassung? § 48 Abs. 1 GmbHG in Gesellschafterversammlungen Ordnungsgemäße Einberufung der Versammlung gemäß § 49 GmbHG? GF haben Einberufung verweigert, aber § 50 GmbHG! Form der Einberufung, § 51 GmbHG. Ordnungsgemäßes Abstimmungsverfahren? § 47 GmbHG => Mehrheit der Stimmen. ¾-Mehrheit zB bei Satzungsänderungen gemäß § 53 Abs. 2 GmbHG. Hier: 50:50. § 47 Abs. 4 GmbHG :Stimmrecht des A zu diesem TOP ausgeschlossen. Dies gilt jedenfalls, wenn – wie hier – die Abberufung aus wichtigem Grund (Verstoß gegen das den GF treffende Wettbewerbsverbot) erfolgt. Daher ist A wirksam als GF abberufen worden. Es endet seine diesbezügliche, gesellschaftsrechtliche Organstellung und seine Vertretungsbefugnis gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG. Die Eintragung der Abberufung in das Handelsregister hat nur deklaratorische Bedeutung. Beachte: Die Organstellung ist lediglich der gesellschaftsrechtliche Teil des GF-Amtes. Zwischen der Gesellschaft und dem GF besteht außerdem ein Anstellungsvertrag, der die dienstvertraglichen Rechte und Pflichten des GFs, insbesondere seine Vergütungsansprüche, näher regelt. Um diese zum Erlöschen zu bringen, müsste die GmbH außerdem den Anstellungsvertrag aus wichtigem Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB kündigen. 15.05.2017

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Kompetenzabgrenzung 2. Weisungen an D Fraglich, ob die an D erteilte Weisung für diesen verbindlich ist. Während es bei der Aktiengesellschaft zwischen der Hauptversammlung und dem Vorstand zwingende Kompetenzabgrenzungen gibt und der Vorstand insbesondere für das operative Geschäft zuständig ist, besteht bei der GmbH eine einseitige Regelung zugunsten der Gesellschafterversammlung. Die GF sind gemäß § 37 I GmbHG verpflichtet, alle Weisungen der Gesellschafterversammlung zu befolgen. Dieses Weisungsrecht ist grundsätzlich unbeschränkt, betrifft also auch die Maßnahmen des operativen Geschäftes. § 37 I GmbHG. Weisungsrecht regelt aber lediglich die Geschäftsführungsbefugnis des GFs im Innenverhältnis zur Gesellschaft (bzw. zur Gesellschafterversammlung). Im Außenverhältnis zu Dritten besteht dagegen ein Bedürfnis nach Verkehrsschutz, da Dritten derartige Weisungen nicht notwendig bekannt sein müssen. Daher ist die Vertretungsmacht gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG im Außenverhältnis gemäß § 37 II 1 GmbHG durch eine interne Weisung nicht tangiert. Ein von D dennoch abgeschlossener Werkvertrag wäre daher wirksam und für die GmbH verbindlich. Anderes gilt nur im Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht.. 3. Abberufung des D In der Person des D bestand kein wichtiger Grund für die Beendigung seiner Organstellung. Dennoch ist auch seine Bestellung zum GF gemäß § 38 I GmbHG frei widerruflich. Seine Abberufung ist daher gesellschaftsrechtlich wirksam. § 38 I GmbHG stellt aber klar, dass hiervon etwaige Ansprüche aus bestehenden Verträgen nicht berührt werden. Für den Anstellungsvertrag des D gelten daher ausschließlich die dienstrechtlichen Vorschriften. Da Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 I BGB ausscheidet, dauert der Anstellungsvertrag, wenn er, wie in der Praxis üblich, auf eine bestimmte Zeit geschlossen wurde, bis zum Zeitablauf fort. Die Gesellschaft bleibt also zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. Exkurs: Nach BGH könnte D seine organrechtliche Abberufung als GF zum Anlass nehmen, den Dienstvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Dies soll indes gemäß § 628 II BGB keine Schadensersatzansprüche (entgangene Vergütung bis zum Ende der Dienstzeit) auslösen, da kein vertragswidriges Verhalten der GmbH vorliege. 15.05.2017

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Weitere Organe: Aufsichtsrat Fall: A ist als Bauhandwerker an A-Z Einkaufs GmbH beteiligt. Er verkauft Baumaterial an GmbH für 30 T€. Geschäftsführer G erhofft sich gutes Geschäft. Der Aufsichtsrat, in dem A nicht sitzt, hatte G bei anderer Gelegenheit angewiesen, Geschäfte über 20 T€ nur noch mit seiner, des AR, Zustimmung vorzunehmen. A liefert und verlangt Bezahlung. G reut das Geschäft, da er das Material nur noch für 22 T€ los wird. Er will jetzt die Anrufung des AR nachholen, der jedoch seine Zustimmung verweigert. Daraufhin besinnt er sich, dass die Gesellschafterversammlung die höchste Instanz in der GmbH ist und fragt diese; die Gesellschafterversammlung stimmt nach langer Diskussion mit einfacher Mehrheit zu.

Wie ist die Rechtslage?

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Fall - Lösung: § 433 II BGB = A gegen GmbH - Vertretungsmacht des G? - § 37 II GmbHG (Wirkt Zustimmungsvorbehalt zumindest gegenüber Gesellschaftern?) - Missbrauch der Vertretungsmacht? - Anspruch (+) SchE GmbH gegen G? - Vertretung durch AR (§ 112 AktG; sonst GV = § 46 Nr. 8) - Gesellschafterbeschluss: § 46 Nr. 8 a) Anspruchsgrundlage: § 43 II - §§ 37 I i.V.m. 52 I GmbHG; 111 IV 2 AktG - § 111 IV 3 AktG greift nicht - 8 T€ (+) b) §§ 823 II BGB, 266 StGB und 826 BGB (-) - Es fehlt jeweils am Schädigungsvorsatz 15.05.2017

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Gründung der GmbH

I.

II.

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Gründung der GmbH 1.

Grundlagen

2.

Handelndenhaftung

3.

Gründerhaftung

4.

Wirtschaftliche Neugründung

Beendigung der GmbH

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Ablauf der Gründung der GmbH ◆ Künftige Gesellschafter entschließen sich, GmbH zu gründen ➢ => Vorgründungsgesellschaft/GbR, Beurkundung? (fehlerhafte Gesellschaft?)

◆ Gründungsvorgang beim Notar: ➢ Gründungsprotokoll (meist) mit Bestellung GF, §§ 6 III 2, 46 Nr. 5 GmbHG ➢ Abschluss notarieller Gesellschaftsvertrag, § 2 I GmbHG −Auch durch einzelne Person, § 1 GmbHG −Stellvertretung mit notariell beglaubigter Vollmacht möglich, § 2 II GmbHG ➢ => Vor – GmbH ist entstanden (vgl. § 11 I GmbHG)

◆ Aufbringung Stammkapital, §§ 5; 7 II 1, III; 14 GmbHG ◆ Anmeldung der GmbH zum HR durch alle GF: §§ 7 I; 8; 78 GmbHG ➢ Liste der Gesellschafter ist beizufügen (§§ 8 I Nr. 3; 16; 40 GmbHG) ➢ Strafbewehrte Versicherung über Einzahlung auf Geschäftsanteile

(§§ 8 II; 82 I Nr. 1 GmbHG) ◆ Eintragung ins Handelsregister nach Prüfung, §§ 9 c I; 10 I; 11 I GmbHG 15.05.2017

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➢ => Fertige GmbH ist entstanden

Ablauf der Gründung der GmbH Gründungsprotokoll: URNr. 100/2008 - L

Verhandelt zu Dresden, am 11.01.2008

Vor dem unterzeichnenden Notar Prof. Dr. Oswald van de Loo mit Amtssitz in Dresden erschien: Herr Steffen Dreise, geb. am 8. 2. 1986 geschäftsansässig: Willy Brandt Ring 1, 08606 Oelsnitz im Vogtland, ausgewiesen durch Personalausweis. Der Erschienene ließ folgende Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) beurkunden und erklärte: Ich gründe eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit dem als Anlage zu dieser Urkunde genommenen Gesellschaftsvertrag und der Verpflichtung zur Leistung auf die darin vereinbarten Geschäftsanteile. I. Geschäftsführerbestellung Zum Geschäftsführer wird bestellt: ich der Erschienene, Steffen Dreise, mit steter Einzelvertretungsmacht, auch wenn weitere Geschäftsführer bestellt sind und der Erlaubnis, mit sich im eigenen Namen und für Dritte Rechtsgeschäfte mit der GmbH vorzunehmen (Befreiung von § 181 BGB). Die Geschäftsführung ist bereits im Gründungsstadium der Gesellschaft ermächtigt, innerhalb des Satzungsgegenstandes alle Geschäfte zu tätigen, die nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister die Geschäftsführer gemäß § 35 GmbHG vorzunehmen berechtigt sind; Dritten gegenüber ist § 37 Abs.(2) GmbHG anzuwenden. II. Vollmachten Die Notare Prof. Dr. Heribert Heckschen und Prof. Dr. Oswald van de Loo sowie die Notariatsangestellten … - alle Hohe Straße 12 in 01069 Dresden - werden hiermit bevollmächtigt, alles zu erklären, was zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister erforderlich oder zweckmäßig ist. Die Vollmacht ist jederzeit widerruflich. Jeder Bevollmächtigte darf allein und auch für alle Gesellschafter gleichzeitig handeln. Dem Handelsregister gegenüber ist die Vollmacht unbeschränkt. III. Kosten Die Kosten dieser Urkunde trägt die Gesellschaft bis zur Höhe des in der Satzung festgesetzten Gründungsaufwandes, etwa darüber hinausgehende Gründungskosten trägt der Gründer. Der Notar wird angewiesen, die Gründungsunterlagen erst nach Ausgleich der Notarkosten beim Handelsregister einzureichen. Diese Niederschrift nebst Anlage wurde dem Erschienenen in Gegenwart des Notars vorgelesen, von ihm genehmigt und sodann von ihm und dem Notar wie folgt unterzeichnet: gez. Dreise, gez. van de Loo L.S. (locus sigilii - Ort des Siegels) 15.05.2017

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Ablauf der Gründung der GmbH Satzung der Saxnet GmbH § 1 Firma und Sitz Die Firma der Gesellschaft lautet: saxnet gmbh. (§ 3 I Nr. 1 GmbHG §§ 18, 30 HGB) Der Sitz der Gesellschaft ist Plauen. (§§ 3 I Nr. 1, 4a GmbHG) § 2 Gegenstand des Unternehmens (§§ 1, 3 I Nr. 2 GmbHG) Gegenstand des Unternehmens ist die Programmierung, Herstellung und kundespezifische Anpassung von Soft- und Hardware. Die Gesellschaft ist berechtigt, sich an anderen Unternehmen zu beteiligen und Zweigniederlassungen zu errichten. Die Gesellschaft kann alle Maßnahmen ergreifen, die der Förderung des Gesellschaftszwecks dienen. § 3 Bekanntmachungen (§ 12 GmbHG) Die Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen nur im Bundesanzeiger. § 4 Stammkapital (§§ 3 I Nr. 3, 5 I, 5a GmbHG) Das Stammkapital beträgt 25.000,-- Euro. Auf das Stammkapital übernimmt: Herr Steffen Dreise, Plauen, den Geschäftsanteil Nr. 1 im Nennbetrag von 25.000,-- Euro. (§§ 3 I Nr. 4, 5 III 2, 14 GmbHG) Der Geschäftsanteil ist sofort in voller Höhe in bar einzuzahlen (§ 7 II GmbHG). § 5 Verfügung über Geschäftsanteile (§ 15 IV GmbHG) Die Verfügung über einen Geschäftsanteil oder einen Teil eines Geschäftsanteils, insbesondere die Abtretung und Verpfändung, ist nur mit Zustimmung aller Gesellschafter zulässig und wirksam. § 6 Geschäftsführung (§§ 37 I; 46 Nr. 6 GmbHG) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Die Geschäftsführer sind verpflichtet, die W eisungen der Gesellschafter zu befolgen, insbesondere eine von den Gesellschaftern aufgestellte Geschäftsordnung zu beachten und von den Gesellschaftern als zustimmungspflichtig bezeichnete Geschäfte 15.05.2017 77 nur mit deren Zustimmung vorzunehmen.

Ablauf der Gründung der GmbH Satzung der Saxnet GmbH § 7 Vertretung (§ 35 GmbHG) Die Gesellschaft wird vertreten, wenn nur ein Geschäftsführer vorhanden ist, durch diesen stets einzeln; wenn mehrere Geschäftsführer vorhanden sind, durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen. Die Gesellschafterversammlung kann die Vertretung abweichend regeln, insbesondere Einzelvertretung anordnen oder aufheben und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien bzw. die erteilte Befreiung widerrufen. § 8 Geschäftsjahr/Jahresabschluss (§§ 42, 42a GmbHG, § 242 I 1, II HGB) Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Für die Aufstellung und Prüfung des Jahresabschlusses und - soweit gesetzlich vorgeschrieben - den Lagebericht gelten die gesetzlichen Vorschriften. Der Gesellschafter entscheidet über die Ergebnisverwendung; er hat Anspruch auf den Jahresüberschuss nur, soweit ein entsprechender Beschluss über eine teilweise oder vollständige Ausschüttung ergangen ist. § 9 Dauer der Gesellschaft (§ 3 II GmbHG) Die Dauer der Gesellschaft ist nicht beschränkt. § 10 Gründungskosten Die mit der Gründung der Gesellschaft verbundenen Notar-, Gerichts-, Behördenkosten und Steuern trägt die Gesellschaft bis zu einem Betrag von 2.500,-- Euro.

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Gründung der GmbH - Satzung Notwendige Bestandteile der Satzung, §§ 3, 9c II Nr. 1: ◆ Firma, §§ 3 I Nr. 1; 4 (!) GmbHG §§ 18, 30 HGB ◆ Sitz, §§ 3 I Nr. 1, 4a GmbHG (nur Inland; anders Verwaltungssitz) ◆ Gegenstand, §§ 1, 3 I Nr. 2 GmbHG ➢ Jeder gesetzlich zulässige Zweck ➢ Ausgeschlossen z.B. Apotheker, Ärzte, Notare andere freie Berufe

zulässig: StB, WP, RA

◆ Stammkapital – mind. 25.000 €, §§ 3 I Nr. 3, 5 I, 5a GmbHG ➢ Übernahme Geschäftsanteile, §§ 3 I Nr. 4, 5 III 2, 14 GmbHG ➢ Nennbetrag auf volle Euro (§ 5 II 1; III 1 GmbHG); bestimmt Stimmrecht,

Gewinnverteilung und Liquidationserlös (§§ 47 II; 29 III 1; 72 S. 1 GmbHG) ➢ Ggf. Sonderleistungen der Gesellschafter,

§ 3 II GmbHG (Agio, Wettbewerbsverbot,Tätigkeitsverpflichtung)

◆ Ggf. zeitliche Beschränkung der Gesellschaft, § 3 II GmbHG 15.05.2017

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Gründung der GmbH - Satzung Fakultative Bestandteile der Satzung: ◆ GmbHG enthält Reihe von zwingenden Bestimmungen (§§ 15 I; 30 I; 37 II;

51 a GmbHG - Strukturveränderung nur durch Gesellschafter) ◆ dispositive Regelungen können durch GV geändert werden (§ 45 )

– Gegensatz: § 27 V AktG (= Grundsatz der Satzungsstrenge) ◆ Schuldrechtl. Vereinbarungen der Gesellschafter neben Satzung möglich

Beispiele: ◆ Vertretung der Gesellschaft, § 35 GmbHG ➢ Option Einzelvertretung/Befreiung von § 181 BGB ◆ Geschäftsjahr, §§ 42, 42a GmbHG, § 242 I 1, II HGB ◆ Einziehung von Geschäftsanteilen, §§ 34, 5 III GmbHG ◆ Abfindungsregelungen ◆ Kündigung der Gesellschaft 15.05.2017

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Gründung der GmbH – HRA Anmeldung neugegründete GmbH (§ 7 I GmbHG) Amtsgericht Chemnitz Registergericht - elektronisches Gerichtspostfach Gründung der GmbH in Firma Saxnet GmbH I. Anlagen zur Handelsregisteranmeldung (1) Gründungsurkunde vom 11.1. 2008 (URNr. 100//2008 - /L) des Notars Prof. Dr. Oswald van de Loo, Dresden, der in Betreff genannten Gesellschaft, enthaltend den Gesellschaftsvertrag und den Beschluss über die Bestellung der ersten Geschäftsführung (§ 8 I Nr. 1 und 2 GmbHG) (2) Liste der Gesellschafter (§§ 8 I Nr. 3; 40 GmbHG) Zur Ersteintragung der GmbH - wie vor - in das Handelsregister melde ich, der unterzeichnende Geschäftsführer, an: II. Inhalt der Anmeldung (1) Unter der in Betreff genannten Firma ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet und ich bin zum Geschäftsführer bestellt worden. (2) Satzungssitz der Gesellschaft ist Plauen. (§ 7 I GmbHG) (3) Die inländische Geschäftsanschrift der Gesellschaft ist Oelsnitz, Willy Brandt Ring 1. (§ 8 IV Nr. 1) (4) Die Vertretung der Gesellschaft ist in der Satzung wie folgt geregelt: Die Gesellschaft wird vertreten, wenn nur ein Geschäftsführer vorhanden ist, durch diesen stets einzeln; wenn mehrere Geschäftsführer vorhanden sind, durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen. Die Gesellschafterversammlung kann die Vertretung abweichend regeln, insbesondere Einzelvertretung anordnen oder aufheben und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien bzw. die erteilte Befreiung widerrufen. (=abstrakte Vertretungsregelung) Ich vertrete die Gesellschaft stets einzeln, auch wenn weitere Geschäftsführer bestellt sind. Ich bin befugt, die Gesellschaft bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit mir selbst oder als Vertreter eines Dritten uneingeschränkt zu vertreten (Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB 1. und 2. Alternative). (= konkrete Vertretungsregelung) (§ 8 IV Nr. 2 GmbHG) 15.05.2017

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Gründung der GmbH - HRA III. Ergänzende Versicherungen und Erklärungen zur Anmeldung Nach Belehrung durch den beglaubigenden Notar über die unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht gemäß § 53 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister und die Strafbarkeit einer falschen Versicherung (§§ 82, 8 Abs. (2) GmbHG) - , versichere ich: 1. Es liegen keine Umstände vor, aufgrund derer ich als Geschäftsführer nach § 6 Abs. (2) Satz 2 und 3 GmbHG von dem Amt als Geschäftsführer ausgeschlossen wäre, was ich hiermit versichere. (§ 8 III 1 GmbHG) 2. Ich bin von dem beglaubigenden Notar über meine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Registergericht belehrt worden. (§ 8 III 1 und 2 GmbHG) 3. Die Gesellschafter haben folgende Leistungen auf ihre Geschäftsanteile bewirkt: Der Gesellschafter Herr Steffen Dreise auf den Geschäftsanteil Nr.1 in Höhe von 25.000,-- € einen Betrag von 25.000,-- € (§ 8 II 1 HS 1 GmbHG) 4. Der Gegenstand der Leistungen befindet sich endgültig in meiner freien Verfügung als Geschäftsführer. (§ 8 II 1 HS 2 GmbHG) 5. Das Vermögen der Gesellschaft ist - abgesehen von dem im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Gründungsaufwand (Kosten, Gebühren und Steuern) bis zur Höhe von 2.500,-- € - durch keinerlei Verbindlichkeiten vorbelastet oder aufgezehrt (§ 7 II 1 und 2 GmbHG). IV. Vollmacht: - vgl. Gründungsurkunde V. Anweisung: Der Notar, sein Sozius oder sein amtlich bestellter Vertreter werden hiermit angewiesen, die Registeranmeldung erst nach Vorlage einer Bestätigung durch den Geschäftsführer (zB Fax oder E-Mail) über die Leistung der Einlagen auf die Geschäftsanteile zum Handelsregister einzureichen. (§§ 7 II 1 und 2; 9 a I; 82 I 1 GmbHG) Dresden, den 11, 01. 2008 _______________________________ (Unterschrift alleiniger Geschäftsführer) 15.05.2017

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Gründung der GmbH - HRA Liste der Gesellschafter (§ 40 GmbG) der Firma

Saxnet GmbH mit Sitz in Plauen mit den Beträgen der Geschäftsanteile:

Nr. des Geschäftsanteils

Vor- und Nachname/ Geburtsdatum Firma des Gesellschafters

Wohnort/ Sitz des Gesellschafters

Veränderungen Nennbetrag des Geschäftsanteils in Euro

1

Steffen Dreise

Plauen

25.000,--

8.2.1986

Stammkapital (= Euro)

25.000,--

Dresden, den 11. Januar 2008 ______________________________ Der Geschäftsführer: Steffen Dreise

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Gründung der GmbH Phasen bei der Gründung einer GmbH und Haftung 1. Phase vor der Gründung (= vor Beurkundung des GmbH-Vertrages) => Gesellschafter bilden eine GbR/OHG und haften (analog) § 128 HGB persönlich und gesamtschuldnerisch 1. Phase ab Beurkundung des GmbH-Vertrages bis

zur Eintragung der GmbH im Handelsregister => Spezielle Regelungen der sog. „Vor-GmbH“ 1. Phase ab Eintragung der GmbH im Handelsregister => Es gilt § 13 II GmbHG, Haftung nur mit dem Gesellschaftsvermögen

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Haftungsphasen

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Vorgründungsgesellschaft ➢ GbR (§§ 705 ff. BGB) oder ‚ bei Betrieb eines Handelsgewerbes (§ 1 II HGB): oHG (§§ 105 ff HGB) ➢ Vertretung GbR: §§ 709, 714 BGB nur gemeinsam durch alle Gesellschafter ➢ Vertretung oHG: jeder Gesellschafter allein, § 125 HGB, keine Beschränkung mit W irkung gegenüber Dritten möglich, § 126 II HGB

➢ Haftung Gesellschafter wie in GbR (§§ 719 I; 735 BGB; analog § 128 HGB) und oHG (§§ 105 I, 128 HGB) ➢ akzessorisch, aber dann unbeschränkt, persönlich, gesamtschuldnerisch ➢ Ausnahme bei GbR: abweichende Vereinbarungen mit Gläubigern ➢ unbeschränkte Haftung der Gesellschafter auch bei Handeln im Namen der zukünftigen GmbH, jedoch Haftungsbegrenzung möglich, z.B.: ➢ Geschäft aufschiebend bedingt mit Eintragung der GmbH im HR

und unter Genehmigungsvorbehalt ➢ bei Sachgründung mit einem „lebenden“ Unternehmen unpraktikabel

➢ kein Übergang der Forderungen und Verbindlichkeiten der GbR/oHG

auf Vor-GmbH oder GmbH !

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Vorgründungsgesellschaft ◆ persönliche Haftung erlischt nicht mit Entstehung der Vor-GmbH ➢ Ausnahmen (=Mitwirkung des Gläubigers erforderlich!): ●

Schuldübernahme durch Vor-GmbH nach §§ 414 f. BGB oder



Vertragsübernahme durch die Vor-GmbH, die Schuldübernahme umfasst

➢ Verjährung nach fünf Jahren nach Auflösung der Gesellschaft

(§ 159 Abs. 1, 4 HGB) ◆ Übergang Unternehmen der Vorgründungs-Gesellschaft auf Vor-GmbH: ➢ entweder Sachgründung (Einbringung der GbR/oHG – Anteile in GmbH) oder ➢ nach einer Bargründung durch zusätzliche Einlage der Anteile ➢ Kauf des Vorgründungsunternehmens durch GmbH-Gründer aus Barmitteln, die

bei Bargründung aufgebracht wurden, ist stets unzulässig

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das wäre verdeckte Sachgründung, §§ 19 IV 1 GmbHG



Wenn, dann nur Kauf mit über Stammkapital hinausgehenden Barmitteln (macht nur Sinn, wenn ein Gesellschafter überproportional Vermögen der Vorgründungsgesellschaft zur Verfügung gestellt hat)

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Vorgründungsgesellschaft Fall (angelehnt an OLG Schleswig 17 U 24/14, DStR 2014, 2246) A, B und C wollen eine GmbH gründen, um eine Biogasanlage zu betreiben. Zu diesem Zweck kommen sie überein, dass A ein Grundstück „im Namen der GmbH iGr“ erwerben, B ein Darlehen aufnehmen und C die Projektentwicklung in die Hand nehmen soll. So passiert es. Danach wird GmbH beim Notar gegründet und ins HR eingetragen. Die GmbH scheitert jedoch sehr schnell, weil sich die Gesellschafter streiten und der GmbH kein Kapital zur Verfügung stellen, und meldet Insolvenz an. G, der das Grundstück an den für die Gesellschaft handelnden A verkauft hat, verlangt nun von dem solventen C die Zahlung des Kaufpreises. Zu Recht? Zusatz: Daraufhin verlangt C von A und B Wertersatz für die von ihm im Rahmen der Projektentwicklung geleisteten Dienste. Mit Recht?

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Vorgründungsgesellschaft Zahlungsanspruch G => C aus § 433 II BGB, § 128 S. 1 HGB (analog)

I.

Verbindlichkeit der Gesellschaft ▪ Wirksamer Kaufvertrag zwischen G und der Gesellschaft? ▪ A, B und C wollen zu diesem Zeitpunkt (noch) eine GmbH gründen und sind zu diesem Zweck übereingekommen ein Grundstück zu erwerben ▪ GmbH-Gesellschaftsvertrag ist nicht geschlossen (§ 2 I GmbHG), sondern nur Übereinkunft GmbH für Betrieb Biogasanalage zu gründen ▪ Vorgründungsphase, die der Vorbereitungs- und Planungsarbeit dient ▪ Der Gesellschaftsvertrag für die Vorgründungsphase bedarf keiner Form (str.); er kann mündlich/stillschweigend geschlossen werden ▪ Erforderlich, dass sich Gesellschafter bereits im Stadium der Verhandlung und Planung in Bezug auf die Vorbereitung der GmbHGründung befinden und zu diesem Zweck Aufwendungen tätigen, namentlich gründungsspezifische Rechtsgeschäfte mit Dritten abschließen, hier für die Biogasanlage Grundstück erwerben ▪ => Vorgründungsgesellschaft (+) 15.05.2017 89 1.

Vorgründungsgesellschaft 2. Rechtsform und Verpflichtung der Vorgründungsgesellschaft? ➢ keine identitätswahrende Umwandlung in Vorgesellschaft nach formwirksamer notarieller Beurkundung des GmbH-Gründungsvertrags! ➢ daher ABC-Gesellschaft im Vorgründungsstadium=Personengesellschaft ▪ hier: GbR, da kein Handelsgewerbe betrieben (reine Innengesellschaft? s.u.)

➢ für die Anwendung von GmbH-Recht oder Sonderrecht, wie es für die Vorgesellschaft anerkannt ist, bleibt kein Raum (notariell beurkundeter GmbH-Gesellschaftsvertrag zu diesem Zeitpunkt fehlt, § 2 I GmbHG) ➢ Da A mit Zustimmung der anderen Gesellschafter ein Grundstück erworben hat und dabei für gemeinsame Rechnung der drei Geschäftspartner handeln sollte, hier Außen-GbR - nicht nur Innen-GbR! ▪ bei reiner InnenGbR hätte A persönlich das Grunstück erworben und nur

Regreßanspruch für anteilige Kaufpreiszahlung durch Mitgesellschafter und G hätte nur KP-Anspruch gegen A. ▪ Wird im Vorgründungsstadium ein Rechtsgeschäft im Namen einer „GmbH“ einer „GmbH in Gründung“ bzw. einer „Vor-GmbH“ getätigt, wird grundsätzlich die Vorgründungsgesellschaft und nicht die zukünftige Vor-GmbH oder GmbH berechtigt und verpflichtet. [BGHZ 91, 148, 152] ▪ A verpflichtete nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen 15.05.2017 Geschäfts, § 164 I 2 BGB, also die ABC-GbR

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Vorgründungsgesellschaft 3. Handeln mit Vertretungsmacht ➢ Nach § 714 BGB richtet sich die Vertretungsmacht einer GbR nach der Geschäftsführungsbefugnis, die allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zusteht, § 714 iVm. § 709 I Hs. 1BGB ▪ Hier: A schloss den Kaufvertrag mit G unter Zustimmung von B und C (§ 709 I Hs. 2 BGB), sodass Vertretungsmacht des A für und gegen die ABC-GbR ➢ Haftung des C für die GbR ▪ C ist Gesellschafter der ABC-GbR ▪ C haftet daher analog § 128 S. 1 HGB dem G für die von A für die Vorgründungsgesellschaft begründete Kaufpreisschuld gem. § 433 II BGB 4. Bestehenbleiben der Gesellschafterhaftung? ▪ Die Vorgründungsgesellschaft erlischt wg. Zweckerreichung nach § 726 BGB, wenn der notarielle Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, die Vor-GmbH bzw. GmbH entstanden ist und das Vermögen der GbR in GmbH eingebracht wurde! ▪ hier: wohl keine Einbringung, durch Insolvenz der GmbH allerdings Zweckverfehlung und somit Auflösung der GbR (Liquidation); selbst wenn Erlöschen durch Einbringung GbR-Vermögen in GmbH, gilt: ▪ Gesellschafterhaftung für Verbindlichkeiten bleibt analog § 159 HGB davon unberührt, BFH NJW-RR 1998, 1185 => Haftung des C bleibt bestehen. 15.05.2017

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Vorgründungsgesellschaft II.

Kann C Wertersatz für seine im Rahmen der Projektentwicklung geleisteten Dienste von A und B verlangen? ▪







II.

Durch Aufgabe der Gründungsbemühungen bzw. der Unmöglichkeit der Zweckerreichung wird die GbR nach § 726 BGB aufgelöst C ist es damit verwehrt, seine Aufwendungen im Einzelnen gegenüber den anderen Gründern geltend zu machen Die Liquidationsvorschriften (§§ 730 ff. BGB) begründen vielmehr eine Durchsetzungssperre Die einzelnen Forderungen der Vorgründungsgesellschafter sind als unselbstständige Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsbilanz einzustellen

Ergebnis C kann ausschließlich verlangen entsprechend seiner Beteiligung am Liquidationserlös zu partizipieren.

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15.05.2017

Die sog. „Vor – GmbH“ ◆ Personenverband sui generis ◆ körperschaftlich strukturiert und teilrechtsfähig ➢ selbständiger Träger von Rechten und Pflichten ➢ z.B. grundbuch-, partei-, insolvenzfähig ◆ Pflicht zur Firmenwahrheit (§§ 18, 19 HGB; 4 GmbHG) => …“i.Gr.“

◆ entsteht mit wirksamer Beurkundung der GmbH-Gründung und

Satzungsfeststellung ◆ bei unwirksamer Beurkundung bleibt Vorgründungsgesellschaft mit

unbeschränkter Haftung der Gesellschafter als GbR/OHG bestehen

15.05.2017

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Die sog. „Vor – GmbH“ ◆ die Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht (VM) der bei

Gründung benannten Geschäftsführer ist grds. auf Zweck der VorGmbH beschränkt (h.M.) ➢ d.h. alles, was für Erbringung der Stammeinlagen und Herbeiführung

der Eintragung erforderlich ➢ Ausnahme: Erweiterung der Geschäftsführungs- und

Vertretungsmacht, soweit Gründer damit einverstanden, z.B. durch Bezugnahme auf § 37 II GmbHG (=Praxis!) ➢ aM: unbeschränkbare VM analog §§ 35, 37 II GmbHG; nur Geschäftsführungsrecht kann beschänkt werden mit Haftung der GF im Innenverhältnis ggü. der Vor-GmbH ◆ mit Eintragung der GmbH gehen sämtliche Rechte und Pflichten

aus der Vor-GmbH identitätswahrend auf die „fertige“ GmbH über: 15.05.2017

➢ analog Formwechsel nach §§ 190 ff; 202 I Nr. 1 UmwG

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15.05.2017

Haftungsgefahren bei Gründungsvorgang ➢ Haftung nach § 9a Abs. 1 GmbHG ▪ wer? Geschäftsführer, Gesellschafter, Geschäftsherr (Abs. 4) ▪ weshalb? Falsche Angaben bei Errichtung ▪ worauf? Schadensersatz (insb. Einlagen, Gründungsaufwand) ➢ Haftung nach § 9a Abs. 2 GmbHG ▪ wer? Gesellschafter ▪ weshalb? Einlagen oder Gründungsaufwand ▪ Verschulden? Mindestens grobe Fahrlässigkeit ▪ worauf? Schadensersatz ➢ Haftung nach § 9 GmbHG ▪ wer? Gesellschafter ▪ weshalb? Überbewertete Sacheinlage ▪ worauf? Einlage in Geld ➢ Gläubiger = GmbH ! 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung

Unterscheide: 1. Haftung der Gründer bei späterer Eintragung der GmbH - Unterbilanz-/Vorbelastungshaftung 2. Haftung der Gründer, falls GmbH nicht im Handelsregister eingetragen wird - sog. Verlustdeckungshaftung

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15.05.2017

Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung der Gesellschafter 1. GmbH wird später eingetragen: ◆ Grundsatz der Unversehrtheit des Stammkapitals ➢ Gründer haften für Kapitaldefizit, das durch Vorbelastungen vor der

Eintragung im Vergleich zum vereinbarten Stammkapital geschaffen wurde und zwar der Höhe nach unbeschränkt (z.B.: negatives Verm.) ◆ Innenhaftung(!) gegenüber GmbH pro rata (also in Höhe der Beteiligungsquote) ➢ auch bei vermögensloser oder Einmann-Vor-GmbH

(BGH ZIP 2005, 2257) ➢ Anspruch erlischt nicht durch anderweitigen Ausgleich der Unterbilanz! ➢ Gläubiger können diesen Anspruch nur pfänden (§§ 829, 835 ZPO) ◆ Gesellschafter verpflichtet, GmbH so zu stellen, als ob bei Eintragung vereinbartes Stammkapital vorhanden ◆ subsidiäre Ausfallhaftung für Mitgesellschafter analog § 24 GmbHG 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung der Gesellschafter 2. GmbH wird später nicht eingetragen: Verlustdeckungshaftung – Voraussetzungen: ◆ Vor-GmbH hat Geschäftstätigkeit aufgenommen ◆ Scheitern der Eintragung; deren Aufgabe durch Gesellschafter; z.B. durch

Kündigung Gesellschafter aus wichtigem Grund (§ 723 I 2, 3 Nr. 1 BGB) ◆ Geschäftstätigkeit wird mit sodann beendet (Liquidation der Vor-GmbH).

= > (=Rechtsfolgen bei der sog. “echten Vor-GmbH”) ◆ Umfang der Haftung: nur für alle Anlaufverluste, nicht für Stammkapital ◆ Haftung der Gesellschafter gegenüber der Vor-GmbH (reine Innenhaftung) : ➢ Persönlich, unbeschränkt, pro ratarisch (in Höhe der Beteiligung - § 420 BGB) ➢ subsidiär auch für Mitgesellschafter (§ 24 GmbHG) ➢ Gläubiger müssen Ansprüche gegen Vor-GmbH geltend machen ➢ Vollstreckung der Ansprüche z.B: durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung des Anspruches der Vor-GmbH gegen Gesellschafter 15.05.2017 (§§ 829, 835 ZPO)

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung der Gesellschafter Verlustdeckungshaftung ◆ ausnahmsweise Außenhaftung des Gesellschafters, wenn: ➢ Vor-GmbH vermögenslos ➢ Einmann-Vor-GmbH ➢ Vor-GmbH hat nur einen Gläubiger ➢ Merke: diese Ausnahmen gelten nicht bei Vorbelastungshaftung nach

Eintragung der GmbH; dort verbleibt es also bei der reinen Innenhaftung ◆ Haftung setzt immer wirksame Vertretung der Vor-GmbH voraus, also (s.o.): ➢ die Vertretungsmacht der bei der Gründung benannten Geschäftsführer ist grds.

auf Zweck der Vor-GmbH beschränkt

15.05.2017



d.h. alles, was für Erbringung der Stammeinlagen und Herbeiführung der Eintragung erforderlich



Ausnahme: Erweiterung der Vertretungsmacht, soweit alle Gründer damit einverstanden, z.B. durch Bezugnahme auf § 37 II GmbHG (=Praxis!)



Vgl. BGH ZIP 2012, 817

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung - Haftung der Handelnden 3. Handelndenhaftung im Stadium der Vor-GmbH (§ 11 II GmbHG) ➢ § 11 II GmbHG - Haftung gegenüber Drittgläubigern, wenn: ●

im Namen der Gesellschaft gehandelt; als Organ od. als solches aufgetreten



Aber nicht vertretungsberechtigt (!)



arg.: wird Vor-GmbH wirksam vertreten, besteht Verlustdeckungshaftung der Gesellschafter und Handelndenhaftung ist daneben nicht vonnöten (BGH ZIP 04, 1409 Ziff. 1 und 3 b. d.Gründe; ZIP 2011, 1761 Rn. 11 – str.)

➢ Kein Erlöschen der Haftung mit Eintragung der GmbH, weil eine Schuld

der Vor-GmbH nicht übergeht, da diese nicht wirksam vertreten (str.) ➢ § 11 II GmbHG = lex specialis zu § 179 BGB!

15.05.2017



=> Ausschlüsse der Haftung nach § 179 II und III BGB gelten nicht



Bei positiver Kenntnis des Geschäftsgegners von mangelnder Vertretungsmacht keine Haftung 100

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15.05.2017

Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung der Gesellschafter 4. Haftung bei Fortführen des Geschäfts der Vor-GmbH ohne Eintragung (auch sog. “unechte Vor-GmbH”) ◆ Scheitern der Eintragung; deren Aufgabe durch Gesellschafter; Kündigung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund (§ 723 I 2, 3 Nr. 1 BGB) ◆ Gesellschafter müssen Vor-GmbH liquidieren (§§ 66 ff. GmbHG analog) ◆ Liquidieren die Gesellschafter nicht (= “unechte Vor-GmbH”), so gilt (BGH ZIP 2008, 1025 Rn. 6; BGHZ 152, 290):

=> Haftung der Gesellschafter nach GbR-/oHG-Recht (§ 128 HGB analog) – quasi Formwechsel der Vor-GmbH in oHG - : ➢ persönlich., gesamtschuldnerisch, unbeschränkt ➢ unmittelbar gegenüber den Gläubigern ➢ für alle Verbindlichkeiten aus dem gesamten Zeitraum der

geschäftlichen Tätigkeit, also vor und nach dem Scheitern 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung Kurze Fälle 1.

A und B gründen vor dem Notar die AB-GmbH im Mai 2015. A wird Geschäftsführer. Die GmbH nimmt sofort die Geschäfte auf und A mietet für die GmbH Räume bei Vermieter V an. Die Eintragung verzögert sich und ist auch im August 2015 noch nicht erfolgt. Von wem kann V die Miete für die Monate Mai bis August verlangen?

2.

Die Geschäfte der immer noch nicht eingetragenen AB GmbH laufen schlecht. Als die Gesellschaft im Oktober endlich im Handelsregister eingetragen wird, ist ein Verlust von 20.000,-- € aufgelaufen. Sind A und B verpflichtet, der GmbH den vor Eintragung entstandenen Verlust auszugleichen? Könnte auch V seine Mietansprüche für die Monate Mai bis Oktober, die die GmbH nicht erfüllt hat, in Höhe von 4.000,-- € direkt von A und B verlangen?

3.

Wie wäre die Rechtslage für V vor Eintragung der GmbH im Handelsregister? Und was ist schließlich, wenn A und B die Gesellschaft endgültig nicht im Handelsregister eintragen lassen, aber dennoch deren Geschäfte weiter führen?

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung Lösungen 1.

Rechtsfähige Vor-GmbH haftet V für Mietzahlung. Zugleich haftet A als Handelnder nach § 11 II GmbHG (so wohl h.M. – a.M. Bitter u.a.).

2.

§ 13 II GmbHG gilt bei der Vor-GmbH nicht. Nur im Innenverhältnis der GmbH gegenüber trifft die Gesellschafter eine Vorbelastungs (=Unterbilanz) – Haftung. A und B müssen also 20.000 T€ nachzahlen. Im Außenverhältnis haften A und B nicht. Die Haftung des A als Handelnder entfällt mit Eintragung der GmbH im Handelsregister (str. siehe zu Ziff. 1.).

3.

V hat keine Ansprüche, da Verlustdeckungs-Haftung von A und B nur gegenüber der GmbH. Geben die Gesellschafter die Eintragungsabsicht auf, haften sie, wenn die Vor-GmbH nicht sofort abgewickelt wird, allerdings nach § 128 HGB wie die Gesellschafter einer Personengesellschaft persönlich.

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung BGHZ 134, 333 = NJW 1997, 1507 1. Die Gesellschafter der Vor-GmbH haften für die Verbindlichkeiten dieser Gesellschaft unbeschränkt. Es besteht eine einheitliche Gründerhaftung in Form - einer bis zur Eintragung der Gesellschaft andauernden Verlustdeckungshaftung und - einer an die Eintragung geknüpften Vorbelastungs(Unterbilanz-)haftung. 2. Die Verlustdeckungshaftung ist ebenso wie die Vorbelastungs(Unterbilanz-)haftung eine Innenhaftung. 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung BGHZ 152, 290 NJW 2003, 429 Scheitert die Gründung einer GmbH, die im Einverständnis ihrer Gesellschafter schon vor der Eintragung in das Handelsregister die Geschäfte aufgenommen hat, - finden die Grundsätze der Verlustdeckungshaftung allein dann Anwendung, wenn die Geschäftstätigkeit sofort beendet und die Vorgesellschaft abgewickelt wird. (= Innenhaftung) - Werden dementgegen die Geschäfte nach diesem Zeitpunkt fortgeführt, haben die Gründer für sämtliche Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft, auch für die bis zum Scheitern entstandenen, nach personengesellschaftsrechtlichen Grundsätzen einzustehen. (Außenhaftung) 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung Fall Die Wissenschaftler X und Y wollen zur Erforschung von genverändertem Raps eine XY-GmbH gründen und schließen zu diesem Zweck einen ordnungsgemäß notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag. Der Biochemiker F übernimmt den Posten des Geschäftsführers. Um teure Geräte für die Forschungsvorhaben anschaffen zu können, nimmt F mit Zustimmung von X und Y bei der Großbank G für die GmbH einen Kredit über 1 Mio. € auf. Da die internationale Konkurrenz aber schneller und besser arbeitet, kommen die Beteiligten wegen schlecht laufender Geschäfte sehr bald überein, den Geschäftsbetrieb wieder einzustellen und die Eintragung deshalb nicht weiter zu betreiben. Als die fälligen Raten ausbleiben, kündigt G wirksam den Kredit. Nun fragt G nach Ansprüchen gegen die XY-GmbH iGr. sowie gegen X, Y und F.

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung I.

Darlehensrückzahlungsanspruch der G gegen die XY-GmbH i.Gr.; § 488 I 2 BGB 1.

Bestehen einer Forderung − Einigung bzgl. des Darlehensvertrags zwischen G und der XY-GmbH iGr. vertreten durch F, §§ 164 ff. BGB? − WE des F wirkt jedoch nur wirksam für und gegen die Gesellschaft, wenn XY-GmbH iGr. rechtlich verpflichtet werden kann und F vertretungsberechtigt ist a. Rechtsfähigkeit der XY-GmbH iGr. – Rechtsform zwischen abgeschlossenem Gesellschaftsvertrag und der Eintragung in das Handelsregister (vgl. §§ 2 I, 11 I GmbHG) → Vorgesellschaft (≠ Vorgründungsgesellschaft) – Rechtsfähigkeit der Vorgesellschaft (Vor-GmbH) heute anerkannt = Rechtsform sui generis, die Sonderrecht untersteht, das sich aus dem GmbHG und im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Gründungsvorschriften ergibt – Zweck Vor-GmbH auf Herbeiführung Eintragung der GmbH gerichtet – Forschung an genverändertem Raps zulässiger Zweck der späteren GmbH iSd § 1 GmbHG – Vor-GmbH ist somit rechtsfähig und kann durch F vertreten werden

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung b. Wirksame Vertretung – Vor-GmbH selbst nicht handlungsfähig, sondern durch Organe, namentlich durch den Geschäftsführer (vgl. § 8 III GmbHG) – eigene WE des F im Namen der Gesellschaft (+) » F handelte im Namen der GmbH, die mangels Eintragung noch nicht entstanden ist (§ 11 I GmbHG) » Nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts, § 164 I 2 BGB, wird Rechtsträger (Vor-GmbH) verpflichtet c. Vertretungsmacht des F F ist Geschäftsführer; Anwendbarkeit der §§ 35, 37 GmbHG (str.) Problem: Umfang der Vertretungsmacht Geschäftsführer ist entgegen § 37 II GmbHG auf zwingend notwendige Gründungsgeschäfte beschränkt hM: Möglichkeit der Erweiterung der Vertretungsmacht durch übereinstimmende Ermächtigung aA: unbeschränkte Anwendung der §§ 35, 37 GmbHG →Die Gesellschafter sind gegenüber den Interessen der Geschäftspartner nicht schutzwürdiger 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung ▪ Hier: Zustimmung von X und Y zur Kreditaufnahme durch F, sodass

Streitentscheid entbehrlich ist ▪ F hat die XY-GmbH iGr. wirksam vertreten

Ergebnis zu 1. Bestehen einer Forderung (+) 2. Fälligkeit der Forderung (+) Infolge der Kündigung durch G nach ausbleibenden Ratenzahlungen, ist die Forderung fällig

3. Aufgabe der Eintragungsabsicht führt ipso iure zur identitätswahrenden Umwandlung der Vor-GmbH in eine Personengesellschaft; hier: GbR 4. Ergebnis zu I. Anspruch der G gegen die XY-GmbH iGr. gem. § 488 I 2 BGB (+)

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung II.

Ansprüche der G gegen X 1.

Anspruch G gegen X auf Rückzahlung des Darlehens (§ 488 I 2 BGB) a. −

Haftung als Privatperson (-) G schloss mit der XY-GmbH iGr. einen Darlehensvertrag, sodass eine Haftung des X nur als deren Gesellschafter bestehen könnte

b. Haftung als Gesellschafter der Vor-GmbH → X und Y haben eine Vor-GmbH gegründet aa. Haftung in der echten Vor-GmbH sehr umstr.: − Rspr.: unbeschränkte Innenhaftung, h.L.: unbeschränkte Außenhaftung, analog §§ 128, 129 HGB direkt gegen die Gläubiger der Gesellschaft − Inanspruchnahme des X als Gesellschafter jedoch zu einem Zeitpunkt, als Eintragung der GmbH ins Handelsregister bereits endgültig aufgegeben wurde 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung Nach Aufgabe der Eintragungsabsicht handelt es sich bei der XY-GmbH i.Gr. um eine unechte bzw. fehlgeschlagene VorGmbH! bb. Haftung in der sog. unechten Vor-GmbH → Frühere Rspr.: ebenfalls unbeschränkte Innenhaftung [BGH ZIP 1996, 590 (592); OLG Bremen ZIP 2000, 2201 (2204); offenlassend noch BGHZ 134, 333 (341)] - praktische Schwierigkeit, Zeitpunkt der Eintragungsaufgabe festzustellen - Gläubiger konnten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mit direkter Inanspruchnahme der Gesellschafter rechnen - Danach kein direkter Anspruch der G gegen X → Rspr. [BGHZ 152, 290 (294)] und h.L. heute: unbeschränkte Außenhaftung - Vor-GmbH bloßes Durchgangsstadium, nicht auf Dauer angelegte Rechtsform - Nach Aufgabe der Eintragungsabsicht führte Innenhaftung zu Privilegierung der Gesellschafter - Umgehung der Kapitalaufbringungsvorschriften; dadurch numerus clausus der Gesellschaftsformen tangiert 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung ➔ Aufgabe der Eintragungsabsicht führt ipso iure zur identitätswahrenden Umwandlung

der Vor-GmbH in eine Personengesellschaft cc. Ergebnis zu b. Haftung des X richtet sich nach der nunmehr vorliegenden Gesellschaftsform c. Haftung als Gesellschafter der Personengesellschaft −OHG gem. §§ 105 ff. HGB oder GbR gem. §§ 705 ff. BGB? −Handelsgewerbe (-), denn wissenschaftliche Tätigkeiten sind aus Gewerbebegriff ausgeklammert: jede selbstständige und berufsmäßige wirtschaftliche, nicht künstlerische, wissenschaftliche oder freiberufliche Tätigkeit, die auf Gewinnerzielung durch einen auf Dauer gerichteten Geschäftsbetrieb abzielt → hier demnach: GbR (+) −Haftung als Gesellschafter bürgerlichen Rechts in einer unternehmenstragenden (Außen-)GbR analog § 128 S. 1 HGB (Akzessorietätstheorie) (+) d. Ergebnis zu 1. Anspruch der G gegen X auf Darlehensrückzahlung iHv. 1 Mio. € nach § 488 I 2 BGB iVm. § 128 S. 1 HGB analog (+) 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung 2.

Anspruch der gegen X gem. § 11 II GmbHG a. Anwendungsbereich – Vor-GmbH (+) → bestand (noch) im Zeitpunkt der Kreditaufnahme b. Handelnder – Reichweite des Handelndenbegriffs umstr.: – Frühere Rspr.: jeder ist Handelnder, der Aufnahme der Handelstätigkeit zugestimmt hat → Hier: X hat der Aufnahme des Darlehens zugestimmt (+) – Heute h.M.: Handelnder ist nur, wer als oder wie ein Geschäftsführer nach außen tätig geworden ist → unmittelbares Auftreten gegenüber dem Geschäftspartner erforderlich → Hier (-): F ist als Geschäftsführer unmittelbar gegenüber G als Geschäftspartner aufgetreten – Handelndenhaftung restriktiv auszulegen, denn weitreichender Handelndenbegriff Gegenstück des Vorbelastungsverbots – Gläubiger, der nie persönlichen Kontakt mit dem Gesellschafter hatte, konnte auch nicht auf dessen Haftung vertrauen

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung c. Ergebnis zu 2. Anspruch der G gegen X aus § 11 II GmbHG (-) Ergebnis zu II. G hat einen Anspruch gegen X gem. § 488 I 2 iVm § 128 S. 1 HGB analog 3.

III.

Ansprüche der G gegen Y ▪ ▪

IV.

Anspruch der G gegen Y gem. § 488 I 2 iVm. § 128 S. 1 HGB analog (+) Anspruch der G gegen Y gem. § 11 II GmbHG (-)

Ansprüche der G gegen F 1. 2.

G gegen F gem. § 488 I 2 BGB (-) G gegen F gem. § 488 I 2 BGB iVm. § 128 S. 1 HGB analog (-) −

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F kein Gesellschafter , sondern Geschäftsführer

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15.05.2017

Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung 3.

G gegen F gem. § 11 II GmbHG a. Anwendungsbereich → Vor-GmbH (+) b. Handelnder iSd § 11 II GmbHG → F ist als Geschäftsführer der XY-GmbH iGr. unmittelbar gegenüber G aufgetreten (+) c. Rechtsgeschäftliche Verbindlichkeit → F schloss wirksam für die XY-GmbH iGr. einen Darlehensvertrag (+) d. Handeln „im Namen der Gesellschaft“ – Umstritten was genau darunter zu verstehen ist – Rspr.uneinheitlich (s.o.): erforderlich ist ein Handeln namens der künftigen GmbH; ein Handeln im Namen der Vor-GmbH nicht ausreichend [RGZ 143, 368 (373); BGHZ 72, 45 (47)]



– 15.05.2017

» Notlösung, falls GmbH nicht zur Entstehung gelangt und Vertragspartner infolgedessen ohne Schuldner dasteht H.L.: Haftung unabhängig davon, ob im Namen der GmbH oder der Vor-GmbH » Der Vertrag kommt nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts mit dem vorhandenen Rechtsträger zustande Hier: F handelte im Namen der (künftigen) GmbH, sodass selbst restriktive Rechtsprechungslinie erfüllt

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung e. Kein Ausschluss der Handelndenhaftung → Ausschluss der Handelndenhaftung durch identitätswahrende Umwandlung der Vorgesellschaft in eine juristische Person → Haftungsprivilegierung nach § 13 II GmbHG erst nach Eintragung in das Handelsregister (BGHZ 80, 182) →a.A.: Handelndenhaftung endet wie bei jeder anderen Schuld erst, wenn Gläubiger befriedigt wurden [ Beuthien, GmbHR 2013, 1 (13 f.) ] → Hier: Absicht der Eintragung wurde aufgegeben, sodass Handelndenhaftung nach § 11 II GmbHG greift f.

Meinung Bitter und teilweise auch BGH (s.o.) Wirksame Vertretung der Vor-GmbH (siehe c.) schließt nach Bitter und Teil der BGH-Rspr. § 11 II GmbHG aus, da Vorschrift lex specialis zu § 179 BGB

e. Ergebnis zu 3. Anspruch der G gegen F aus § 11 II GmbHG (+) - so wohl h.M. 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung Fall A und B schließen am 15. März 2015 einen Vertrag über die Gründung der ‚Bauwerk GmbH‘ notariell ab und melden die Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister an. G wird zum Geschäftsführer ernannt. Vom Stammkapital zahlen sie je 12.500 € ein. Am 30.03.2016 bestellt G im Namen der Gesellschaft mit Zustimmung von A und B bei V einen Kleinbagger zum Preis von 35.000 €, der zwei Wochen später geliefert wird. Die Eintragung der Gesellschaft verzögert sich, wird aber von A und B noch gewünscht und von G betrieben. Anfang Juli 2016 wartet V noch immer auf sein Geld. Er will daher gegen die Bauwerk GmbH i.G. sowie gegen A, B und G vorgehen. Wie ist die Rechtslage? Abwandlung: Die ‚Bauwerk-GmbH‘ wird im Mai 2016 im Handelsregister eingetragen. Wirkt sich dies auf die Ansprüche des G aus?

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung I.

Anspruch gegen die ‚Bauwerk GmbH i.G.‘ gem. § 433 II BGB A. Kaufvertrag 1. Rechtsnatur der Vor-GmbH, also GmbH nach GV, aber vor HR-Eintragung a) Gesellschaft sui generis; Gesamthandcharakter, praktisches Bedürfnis nach Rechtsfähigkeit, zB bei Unternehmen als Sacheinlage, § 51 ZPO analog 2. wirksame Vertretung: § 164 I 2 BGB - unternehmensbezogenes Rechtsgeschäft Exkurs: G hätte Vertrag aufschiebend bedingt auf HR-Eint. abschließen können a) im Rahmen seiner Vertretungsmacht, §§ 35, 37 GmbHG (s.o.) b) arg. für Erweiterbarkeit auch hier: Sacheinlage Unternehmen; hier: A und B waren mit Baggerkauf einverstanden B. § 433 II BGB (+) II. Anspruch gegen die Gesellschafter A und B; §§ 433 II BGB, 128 HGB? A. Haftung für Vor-GmbH-Schuld analog § 176 II HGB? (heute -) B. Verlustdeckungshaftung bei echter Vor-GmbH 1. Reine Innenhaftung=die Gesellschafter sind ggü. der GmbH verpflichtet, alle aufgelaufenen Verluste, die durch Stammkapital nicht gedeckt, auszugleichen 2. Gleichlauf mit Vorbelastungshaftung der Gesellschafter nach Eintragung GmbH für Schulden bis zur Eintragung (= auch reine Innenhaftung) 15.05.2017 118 3. Ergebnis: Kein direkter Anpsruch (nur Pfändung gemäß §§ 829, 835, 836 ZPO)

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15.05.2017

Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung I.

Anspruch gegen G gemäß §§ 433 II BGB; 11 II GmbHG? A. Handelndeneigenschaft? 1. Geschäftsführer und derjenige, der wie ein solcher tätig wird; hier (+) 2. Exkurs: Nach h.M. reicht es für die Haftung des Geschäftsführers gem. § 11 II GmbHG aus, wenn dieser zumindest mittelbar an der Vornahme des Rechtsgeschäfts mitgewirkt hat. Dementsprechend wird die von einem Angestellten vorgenommene Handlung dem Geschäftsführer zugerechnet, wenn er diesem Vollmacht zum Handeln für die Gesellschaft erteilt hat. 3. Beachte: Der Prokurist tritt zwar im Namen der Gesellschaft auf, ist aber kein Handelnder iSd § 11 II GmbHG, da er kein Gesellschaftsorgan ist! B. Handeln im Namen der Gesellschaft (+) => Haftung G (+) Abwandlung: I. Anspruch aus § 433 II BGB gg. Bauwerk-GmbH als Rechtsnachfolgerin der Vor-GmbH(+) II. Anspruch gegen A und B als Gesellschafter? A. Mit Eintragung gilt § 13 II GmbHG B. A und B haften nur nach Grundsätzen der Vorbelastungshaftung; Rechtsgedanke des § 9 GmbHG; Gesellschafter schulden GmbH den Betrag, der notwendig ist, um wirtschaftlich Haftungsfond (Stammkapital) zum Zeitpunkt der HR-Eintragung bereitzustellen, das vereinbart war. 15.05.2017

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Die sog. „Vor-GmbH“ und Haftung C.

Haftung geht auf volle Differenz zwischen Stammkapital und dem Wert des Gesellschaftsvermögens im Zeitpunkt der Eintragung. Der Anspruch ist dabei auf vollen Verlustausgleich gerichtet, und nicht nur auf die Stammkapitalziffer beschränkt. Der Verlust der ‚Bauwerk GmbH‘ im Zeitpunkt der Eintragung beläuft sich auf 35.000 € aufgrund des Baggererwerbs, dem keine positiven Vermögenswerte gegenüberstehen. A und B müssen diesen Verlust anteilig ausgleichen, d.h. jeder von ihnen haftet der GmbH in Höhe von 17.500 €. Ist einer von ihnen nicht zur Leistung dieser Summe in der Lage, haftet der andere gem. § 24 GmbHG analog auf den Wert.

III. Anspruch gem. § 433 II BGB iVm § 11 II GmbHG gegen G Der Anspruch gegen G gem. § 11 II GmbHG ist mit Eintragung der Gesellschaft erloschen. Der mit § 11 II HGB verfolgte Zweck der Gläubigersicherung im Gründungsstadium, in dem noch keine juristische Person besteht, ist mit Übergang der Verbindlichkeiten der Vor-GmbH auf die GmbH erloschen.

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Die Vorratsgesellschaft

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Die Vorratsgesellschaft Erwerb eines leeren GmbH-Mantels

⬄ (Neu-) Gründung einer GmbH ◆ Soll Kauf einer GmbH aus Kapitalschutzgesichtspunkten wie Gründung behandelt

werden? oder ◆ Sollen nur Kapitalerhaltungsvorschriften der § 30 Abs. 1 GmbHG eingreifen? ◆ Welches Haftungssystem greift ein? ◆ Inwieweit darf das Registergericht die Unversehrtheit des Stammkapitals prüfen?

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Die Vorratsgesellschaft ◆ Vorratsgesellschaft=

eine bereits gegründete und im HR eingetragene GmbH, die nur zur Weiterveräußerung gegründet wird und außer in der Verwaltung eigenen Vermögens nie unternehmerisch tätig war ◆ BGH (BGHZ 117, 323; 153, 158) ➢ Offene, d.h. in Satzung angegebene Vorratsgründung zulässig

(„Verwaltung eigenen Vermögens“ als Unternehmensgegenstand ausreichend) ➢ planwidrige Regelungslücke; analoge Anwendung der Gründungsvorschriften

des GmbHG einschließlich registerrechtlicher Kontrolle ➢ keine Unterscheidung zwischen Vorratsgesellschaft und altem GmbH-Mantel

◆ Mantelgesellschaft =

im HR eingetragene und existente GmbH, die früher unternehmerisch tätig war, jetzt aber unternehmens-, oft auch vermögenslos ist; „leere Hülse”. 15.05.2017

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Die Vorratsgesellschaft ◆ Haftung der (wirtschaftlich neu) Gründer ➢ Vorbelastungs-/Unterbilanzhaftung nach BGH ZIP 2011, 1761 ➢ für alle Geschäfte bis zur Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit oder,

wenn später, HRA (unabhängig von Offenlegung!) ➢ Darlegungs- und Beweislast bei Gründer ➢ Haftung geht auf Erwerber des Geschäftsanteils über ➢ Haftung nach § 9 a GmbHG

(da wirtschaftliche Neugründung nicht offengelegt) ➢ keine Strafbarkeit nach § 82 GmbHG

(Analogieverbot im Strafrecht) ◆ Handelndenhaftung, § 11 Abs. 2 GmbHG ➢ Zweifelhaft, da kein Bedürfnis aufgrund Vorbelastungshaftung (s.o.) ➢ GF ist wegen § 37 II GmbHG stets vertretungsberechtigt ➢ Anders BGH ZIP 2011, 1761 (m.E. in Widerspruch zu BGH ZIP 04, 1409) 15.05.2017

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15.05.2017

Die Vorratsgesellschaft BGHZ 153, 158 = NJW 2003, 892 (Vorratsgesellschaft) 1.

Die Verwendung des Mantels einer „auf Vorrat“ gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung stellt wirtschaftlich eine Neugründung dar.

2.

Auf diese wirtschaftliche Neugründung durch Ausstattung der Vorratsgesellschaft mit einem Unternehmen und erstmalige Aufnahme ihres Geschäftsbetriebes sind die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbHG einschließlich der registergerichtlichen Kontrolle entsprechend anzuwenden.

3.

Der Geschäftsführer hat jedenfalls entsprechend § 8 Abs. 2 GmbHG zu versichern, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und daß der Gegenstand der Leistungen sich weiterhin in seiner freien Verfügung befindet

BGHZ 155, 318 = NJW 2003, 3198 (Altmantel): Die reale Kapitalaufbringung ist sowohl bei der Mantelverwendung als auch bei der Aktivierung einer Vorratsgesellschaft durch entsprechende Anwendung des Haftungsmodells der Unterbilanzhaftung - bezogen auf den Stichtag der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung gegenüber dem Registergericht 15.05.2017 125 sicherzustellen

Die Vorratsgesellschaft BGH ZIP 2010, 621: 1. Eine Mantelverwendung, auf die die Regeln der sog. "wirtschaftlichen Neugründung" anwendbar sind, kommt nur in Betracht, wenn die Gesellschaft eine "leere Hülse" ist, also kein aktives Unternehmen betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs - sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebiets - in irgendeiner wirtschaftlich oder gewichtbaren Weise anknüpfen kann. 2. Eine "leere Hülse" in diesem Sinne liegt dann nicht vor, wenn die Gesellschaft nach Gründung und Eintragung konkrete Aktivitäten zur Planung und Vorbereitung der Aufnahme ihrer nach außen gerichteten Geschäftstätigkeit im Rahmen des statutarischen Unternehmensgegenstandes entfaltet (Fortführung BGHZ 155, 318)

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Die Vorratsgesellschaft OLG München ZIP 2010, 579: 1. Unterbleibt - entgegen der Rechtsprechung von BGHZ 155, 318 - die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung einer GmbH gegenüber dem Registergericht, führt dies in entsprechender Anwendung des Haftungsmodells der Unterbilanzhaftung zu einer zeitlich unbeschränkten Haftung der Gesellschafter. 2. Diese Haftung trifft auch den Erwerber des Geschäftsanteils einer GmbH. KG ZIP 2010, 582: Eine Unterbilanzhaftung wegen unterlassener Offenlegung der "wirtschaftlichen Neugründung" einer Vorrats- GmbH kommt nicht in Betracht, wenn das statutarische Stammkapital der Gesellschaft vollständig eingezahlt und bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit noch unverbraucht vorhanden ist (Abgrenzung zu BGHZ 153, 158; BGHZ 155/318). 15.05.2017

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Die Vorratsgesellschaft BGH ZIP 2012, 817 entscheidet gegen OLG München ZIP 2010, 579: 1. Unterbleibt die mit der Versicherung entsprechend § 8 Abs. 2 GmbHG und der Anmeldung etwaiger mit einer wirtschaftlichen Neugründung einhergehender Satzungsänderungen zu verbindende Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung gegenüber dem Registergericht, haften die Gesellschafter im Umfang einer Unterbilanz, die in dem Zeitpunkt besteht, zu dem die wirtschaftliche Neugründung entweder durch die Anmeldung der Satzungsänderungen oder durch die Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit erstmals nach außen in Erscheinung tritt. 2. Bei fehlender Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung tragen die unter dem Gesichtspunkt der Unterbilanzhaftung in Anspruch genommenen Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in dem Zeitpunkt, zu dem die wirtschaftliche Neugründung nach außen in Erscheinung getreten ist, keine Differenz zwischen dem (statutarischen) Stammkapital und dem W ert des Gesellschaftsvermögens bestanden hat. 3. Die Verpflichtung des Gesellschafters, eine zum Zeitpunkt einer wirtschaftlichen Neugründung bestehende Unterbilanz auszugleichen, ist eine auf den Geschäftsanteil rückständige Leistung, für die der Erwerber des Geschäftsanteils haftet. 15.05.2017

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Die Vorratsgesellschaft

BGH ZIP 2011, 1761 1. Bei einer wirtschaftlichen Neugründung einer Vorratsoder Mantelgesellschaft kommt eine Haftung der handelnden Personen analog § 11 Abs. 2 GmbHG nur dann in Betracht, wenn die Geschäfte vor Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung aufgenommen worden sind und dem nicht alle Gesellschafter zugestimmt haben. 2. Versichert der Geschäftsführer bei der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung der Wahrheit zuwider, dass sich das Stammkapital endgültig in seiner freien Verfügung befindet, haftet er analog § 9a Abs. 1 GmbHG. 15.05.2017

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Beendigung der GmbH - §§ 60ff. GmbHG (Liquidation und Löschung) Wichtige Auflösungsgründe nach § 60 GmbHG ◆ Gesellschafterbeschluss (§ 60 I Nr. 2 GmbHG) ◆ Durch Gestaltungsurteil nach Auflösungsklage (§ 60 I Nr. 3 GmbHG) ➢ Zulässig bei wichtigem Grund in den Verhältnissen der Gesellschaft durch Gesellschafter mit

mind. 10%-Beteiligung: Liegt wichtiger Grund beim Mitgesellschafter: Austrittsrecht ◆ Eröffnung Insolvenzverfahren (§§ 1 ff InsO, 60 I Nr. 4 GmbHG) ◆ Auflösungsgründe gemäß Satzung (§ 60 II GmbHG) ◆ Keine Beendigung, sondern Abwicklung nach §§ 66 ff GmbHG: ➢ Schulden werden berichtigt; Verbleibendes Vermögen wird unter Gesellschafter verteilt

(Beachtung Sperrjahr: § 73) ➢ Beschluss, werbende Gesellschaft zu werden, zulässig, § 274 AktG analog

◆ Auflösung und Durchführung Liquidation ist zum HR anzumelden (§§ 65, 57, 74) ➢ 15.05.2017

Vermögenslosigkeit und Löschung nach entsprechender HR-Anmeldung sonst Nachtragsliquidation (vgl. §§ 273 IV; 264 II AktG; 66 V GmbHG) 130

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Rechtsstellung der Gesellschafter

I.

Rechte der Gesellschafter

I.

Pflichten der Gesellschafter

I.

Geschäftsanteil des Gesellschafters

I.

Liste der Gesellschafter

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Rechtsstellung der Gesellschafter I. Rechte

➢ Inhalt der Rechte ▪ Verwaltungsrechte ▪ Vermögensrechte

➢ Art der Rechte ▪ Gesetzliche Rechte ▪ Gesellschaftsvertragliche Rechte (§ 45 GmbHG) ▪ Schuldvertragliche Rechte (zB “investor agreement”)

➢ Sonderrechte (§§ 3 II GmbHG; 35 BGB) ➢ Gleichbehandlungsgebot (vgl. § 53a AktG)

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Rechtsstellung der Gesellschafter I. Rechte •

Verwaltungsrechte - Stimmrecht, je 1 € Geschäftsanteil eine Stimme, § 47 II GmbHG - Anfechtungsrecht, § 245 AktG analog - Auskunfts- und Einsichtsrecht, § 51a GmbHG - ferner Gesellschaftsvertrag, § 45 I GmbHG (Gestaltungsfreiheit) - Einberufung GV (§ 50 I GmbHG) - Teilnahmerecht, auch wenn kein Stimmrecht (§ 48 GmbHG)



Vermögensrechte - Anspruch auf Anteil am jährlichen Bilanzgewinn (Gewinnrecht), § 29 I 1 GmbHG, nach Geschäftsanteilen, § 29 III 1 GmbHG, - Anteil am Liquidationserlös, § 72 S.1 GmbHG - Vermögensrechte durch Gesellschaftsvertrag, z.B. Gebrauch gesellschaftseigener Einrichtungen oder vergünstigte Sachbezüge (“Hapimag”). Grenze: § 30 GmbHG



Sonderrechte kraft Satzung - § 3 II GmbHG - Bestimmung Geschäftsführer/ eines AR-Mitgliedes; Mehrstimmrechte etc. - Nur mit Zustimmung des Berechtigten entziehbar (§ 35 BGB analog)

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Rechtsstellung der Gesellschafter II. Pflichten • Einlagepflicht (§§ 14; 19 GmbHG) einschl. Ausfallhaftung (§ 24 GmbHG) • Nachschusspflicht (§§ 26, 27, 28 GmbHG) • Vertragliche Pflichten (vgl. § 3 II GmbHG) • Treuepflicht •

Pflicht der Mehrheit, bei Abstimmungen auch die Interessen der Minderheitsgesellschafter zu berücksichtigen (vgl. auch § 241 II BGB)



Verbot, Gesellschaft od. Mitgesellschafter zu schädigen (s. §§ 117, 243 II AktG)



Im Einzelfall Pflicht zur Anpassung der Satzung an geänderte Umstände

• Wettbewerbsverbot (§ 113 HGB analog) • Bei Führungslosigkeit: Insolvenzantragspflicht (§ 15 a III InsO) 15.05.2017

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Rechtsstellung der Gesellschafter II. Pflichten Fall: A und B sind Gesellschafter der „A und B Anlagenbau GmbH“. Am Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von EUR 100.000,00 ist A mit einem Geschäftsanteil von EUR 40.000,00 und B mit einem Geschäftsanteil von EUR 60.000,00 beteiligt. Geschäftsführer der GmbH ist C. Der Geschäftsbetrieb – die Errichtung von Anlagen im Bereich der Umwelttechnologie – hat sich in den Jahren nach der Gründung der Gesellschaft gut entwickelt. Daraufhin gründet A mit D eine weitere GmbH, die auf demselben Geschäftsfeld tätig wird. C lädt die Gesellschafter zu einer ordentlichen Gesellschafterversammlung ein, in der u.a. der Jahresabschluss festgestellt und die weitere Unternehmensstrategie festgelegt werden soll. Daraufhin bittet A den C, ihm zur Vorbereitung Kundenlisten, ein Verzeichnis über die in Bearbeitung befindlichen Aufträge und verschiedene technische Unterlagen über die Produkte der GmbH zur Verfügung zu stellen. Als B hiervon und von der Konkurrenzgesellschaft erfährt, weist er den C an, derartige Informationen nicht zu erteilen. Wie ist das Verhalten der Beteiligten rechtlich zu würdigen? Wie wäre es, wenn A auch Geschäftsführer der A und B Anlagenbau GmbH wäre? 15.05.2017

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Rechtsstellung der Gesellschafter II. Pflichten 1. Wettbewerbsverbot Vorliegend ist fraglich, ob Gesellschafter A berechtigt ist, eine Konkurrenzfirma zur bestehenden „A und B Anlagenbau GmbH“ zu gründen. Ein gesetzlich normiertes Wettbewerbsverbot – wie bei der OHG in § 112 HGB – ist im GmbH-Recht nicht vorgesehen. Anerkanntermaßen unterliegen aber auch die Gesellschafter einer GmbH der allgemeinen Treueverpflichtung gemäß § 242 BGB. Insofern sind sie etwa verpflichtet, vermeidbare Schäden von der Gesellschaft abzuwenden. Diese Treueverpflichtung steigert und konkretisiert sich nach herrschender Rechtsprechung umso mehr, je personalistischer die jeweilige Gesellschaft in ihrer Satzung konzipiert ist. In einer zweigliedrigen Gesellschaft (GmbH mit nur zwei Gesellschaftern) kann danach unter besonderen Umständen ein Wettbewerbsverbot der Gesellschafter bestehen. Die Angaben im Sachverhalt reichen nicht aus, diese Frage im vorliegenden Fall verbindlich zu entscheiden. Sofern ein Wettbewerbsverbot besteht, hat die Gesellschaft einen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch sowie analog § 113 HGB ein Eintrittsrecht. Verstöße gegen ein Wettbewerbsverbot könnten außerdem Grundlage für eine Ausschließung des Gesellschafters aus wichtigem Grund (§ 140 HGB analog) bzw., sofern im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, für eine Einziehung seines Geschäftsanteils gemäß § 34 GmbHG sein. 2. Auskunftsrechte Zu den Rechten des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft gehört insbesondere das allgemeine Auskunfts- und Einsichtsrecht gemäß § 51 a Abs. 1 GmbHG. Dieses ist nach § 51 a Abs. 3 GmbHG zwingend, kann also in der Satzung nicht beschränkt werden. Danach hat jeder Gesellschafter der GmbH grundsätzlich ohne weitere Voraussetzungen einen Anspruch, dass ihm von der 15.05.2017

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Rechtsstellung der Gesellschafter II. Pflichten Geschäftsführung erbetene Informationen bezüglich der Gesellschaft erteilt werden. Diese Auskünfte können gemäß § 51 a Abs. 2 GmbHG aber verweigert werden, wenn zu befürchten ist, dass der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwendet und dadurch der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Diese Befürchtung ist durch die Konkurrenztätigkeit des A jedenfalls hinsichtlich der angeforderten Listen von Kunden und in Bearbeitung befindlicher Aufträge sowie der technischen Unterlagen, soweit sie nicht zur Vorbereitung der Gesellschafterversammlung unabdingbar sind, gegeben. Über die Verweigerung der Auskunftserteilung beschließt die Gesellschafterversammlung. Da insofern ein Mehrheitsbeschluss ausreicht (§ 47 Abs. 1 GmbHG), könnte B einen entsprechenden Beschluss herbeiführen. Sofern dieser dann nicht von A akzeptiert wird, findet eine gerichtliche Entscheidung gemäß § 51 b GmbHG statt. 3. Abwandlung In der Abwandlung trifft A in jedem Fall ein Wettbewerbsverbot in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Gesellschaft. Die Stellung als Geschäftsführer wird gesellschaftsrechtlich durch die Organstellung begründet. Daneben entsteht ein dienstrechtliches Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Anstellungsvertrages. Sofern nicht ausdrücklich Befreiung gewährt wird, unterliegt der Geschäftsführer danach einem Wettbewerbsverbot. Folge der Verletzung dieses Wettbewerbsverbotes ist neben dem Unterlassungsanspruch eine Verpflichtung zum Ersatz eines etwa entstandenen Schadens (§ 43 Abs. 1 GmbHG bzw. § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Anstellungsvertrages), eine 15.05.2017 137 mögliche Abberufung als Geschäftsführer sowie die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages.

Rechtsstellung der Gesellschafter III. Der Geschäftsanteil/ Rechtsgegenstand ◆ Verfügungsrecht (Übertragung, Belastung, Aufgabe) des Gesellschafters ➢ grundsätzlich frei (§ 15 I und II GmbHG) ➢ aber ggf. Vinkulierung: § 15 V => Satzung ist entscheidend; nachträgliche

Einführung nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters (OLG München, GmbHR 2008, 451) ● Z.B. Zustimmung durch Gesellschaft oder alle

Gesellschafter/Mehrheitsbeschluss ● Ausschluss der Abtretbarkeit ebenfalls zulässig ● Ggf.: Vorkaufsrecht/Erwerbsrechte (# AG!) ◆ Form der Verfügung: notarielle Beurkundung des schuldrechtlichen (§ 15 IV) und

dinglichen (§ 15 III) Geschäfts

◆ Rechte aus der Übertragung der Rechtsstellung gegenüber GmbH erst mit Eintragung in der Gesellschafterliste (§§ 16 I 1, 40) 15.05.2017

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Rechtsstellung der Gesellschafter III. Geschäftsanteil/Einziehung Amortisation (Einziehung - § 34 GmbHG) •

Einziehung mit Einverständnis Gesellschafter bei Satzungsregelung, § 34 I GmbHG



Einziehung ohne Einverständnis des Gesellschafters, falls im Gesellschaftsvertrag genannten Gründe erfüllt, § 34 II GmbHG (z.B.: Insolvenz, Vollstreckung, schwere Pflichtverletzung, Erbfall)



Satzungsänderung für Einziehungsklausel bedarf Zustimmung aller Gesellschafter

• Sonstige Voraussetzungen: •

Zuständig für Beschluss ist Gesellschafterversammlung: § 46 Nr. 4 GmbHG



Danach: Einziehungserklärung durch GF gegenüber dem Gesellschafter



Stammeinlage auf den Geschäftsanteil muss voll eingezahlt sein



Abfindungszahlung nicht zulasten Stammkapital (§ 34, III; 30 I) –bei Verstoß => Beschluss nichtig –ggf. Haftung und Zahlung durch Mitgesellschafter (vgl. BGH - II ZR 342/14 Rn 7)

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Gesellschafter scheidet mit Mitteilung über Einziehung aus der Gesellschaft sofort aus (BGH ZIP 2012, 422 Rn 9 ff.)



§ 5 III 2 GmbHG, aber keine Nichtigkeit von Beschluss (BGH II ZR 322/13 Rn. 26)



Beste Lösung: Neuen, gesellschaftseigenen Geschäftsanteil ausgeben!

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Rechtsstellung der Gesellschafter III. Geschäftsanteil/Einziehung - Beschluss Einziehungsbeschluss mit Bildung eines neuen Geschäftsanteils Der Gesellschafter A übernahm mit Zustimmung aller Anwesenden den Vorsitz in der Gesellschafterversammlung Die anwesenden Gesellschafter ergeben sich aus der beigefügten Teilnehmerliste, die wesentlicher Bestandteil dieses Protokolls ist und ebenso unterzeichnet ist wie das Protokoll selbst. Der Vorsitzende stellte widerspruchslos fest, dass die Gesellschafterversammlung ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig ist und trat in die Tagesordnung ein. TOP 1: … TOP 2: Einziehung des Geschäftsanteiles Nr. _____ von Gesellschafter C Nach § der Satzung besteht die Möglichkeit, den Geschäftsanteil eines Gesellschafters einzuziehen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, insbesondere wenn in den Geschäftsanteil – wie hier vorliegend – vollstreckt wird. Die Einlageverpflichtung auf den einzuziehenden Geschäftsanteil Nr. ___ des Gesellschafters C ist in voller Höhe aufgebracht. Nach § der Satzung ist eine Abfindung geschuldet. Der Geschäftsführer wird ermächtigt, die Einziehung dem betroffenen Gesellschafter mitzuteilen, den Wert des Geschäftsanteils ermitteln zu lassen und nach Maßgabe der Satzungsbestimmung auszuzahlen. Es wird vom Vorsitzenden festgestellt, dass das bilanzielle Eigenkapital der Gesellschaft ausreichen wird, die Abfindung an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlen. Die Einziehung wird nach der Satzungsbestimmung unabhängig vom Zeitpunkt der Leistung der Abfindung zum (Datum) wirksam. Da das Stammkapital mit der Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG übereinstimmen muss, wird hiermit auch auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Einziehung beschlossen: Der eingezogene Geschäftsanteil wird als eigener Anteil der Gesellschaft neu gebildet und es wird ihm die Nummer ___ zugewiesen. Die GmbH ist befugt, diesen Geschäftsanteil für eigene Rechnung zu verwerten. Der Vorsitzende stellt fest, dass der Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil aus wichtigem Grund eingezogen werden soll, hierbei kein Stimmrecht hat. Nach Erörterung der vorstehenden Beschlussvorschläge schritt der Vorsitzende zur Abstimmung. Gegenvorschläge oder Anträge werden nicht gestellt. Die Abstimmung führte zu folgendem Ergebnis: Zustimmungen: Stimmen; Gegenstimmen: (Zahl) Stimmen; Enthaltungen: (Zahl) Stimmen. Der Vorsitzende stellte das vorstehende Abstimmungsergebnis fest und verkündete dass der Beschluss über die Einziehung des Geschäftsanteils Nr. __ und dessen Neuausgabe als eigener Geschäftsanteil der Gesellschaft mit der Nr. ___ damit angenommen ist. TOP 3: ... TOP 4: ... Der Vorsitzende schließt die Sitzung um 15.05.2017 versenden. Dresden, den

(Datum)

Uhr. Das Protokoll ist an alle Gesellschafter zu Vorsitzender (Unterschrift): _______________________

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Rechtsstellung des Gesellschafters III. Geschäftsanteil Hinauskündigung eines Gesellschafters durch die anderen Gesellschafter ▪

Voraussetzungen: − Aus wichtigem Grund auch ohne Satzungsregelung; z.B.: fortgesetzter Verstoß gegen

Wettbewerbsverbot - Vgl.: §§ 314; 737 BGB; 140 HGB, 34 II GmbHG − Aus sachlichem Grund zulässig, wenn in Satzung geregelt

– Erben eines Gesellschafters (Kein Eindringen fremder Dritter); Aufnahme eines Partner in Freiberufler-Sozietät („Probezeit“); Manager-/Mitarbeitermodell („Beteiligung nur auf die Dauer der Mitarbeit im Unternehmen“) – Problem: Was ist bei Anteilsschenkung? − Ohne sachlichen Grund immer unzulässig (§ 138 BGB: BGH NJW 1977, 1292) ▪

Verfahren: − Beschluss der Gesellschafter mit ¾ Mehrheit (BGH ZIP 2003, 395) − Danach: Ausschließungsklage (analog § 140 HGB; vgl. auch § 61 GmbHG) − Dann: Vollzug des Urteils durch Einziehung oder Abtretung an GmbH oder Dritten; § 34 GmbHG ist zu beachten! => ggf. nur Abtretung an Dritten möglich, wozu GmbH kraft Urteils ermächtigt ist (§ 185 I BGB) − Ausschluss wirksam sofort oder erst mit Abfindungszahlung (=Verkehrswert)? BGHZ 9, 157 (174) –nach Zahlung- und BGH ZIP 2012, 422 Rn. 9 ff. – sofort - .

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Rechtsstellung des Gesellschafters III. Geschäftsanteil Kündigung durch einen Gesellschafter ➢

Nur bei entsprechender Satzungsregelung (§ 60 II GmbHG)



Verfahren wie bei Austritt

Austritt aus Gesellschaft ➢ Ultima ratio, wenn Verbleib in GmbH unzumutbar (vgl. § 314 BGB) ➢ Aus wichtigem Grund immer zulässig durch Erklärung gegenüber der

GmbH (BGH ZIP 2014, 873) ➢ Begründet Abfindungsanspruch nach Satzung bzw. Gesetz;

bei Verzug: Auflösungsklage durch austretenden Gesellschafter ➢ GmbH kann Anteil einziehen oder Übertragung an sich,

Mitgesellschafter oder Dritten verlangen (Verfahren: wie Hinauskündigung – vgl. auch BGH a.a.O.) Kaduzierung (§§ 21, 28, 27) - Teil der Sicherung zur Kapitalaufbringung 15.05.2017

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Rechtsstellung des Gesellschafters III. Geschäftsanteil BGH ZIP 2012, 422 Wenn ein Einziehungsbeschluss weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird, wird die Einziehung mit der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter und nicht erst mit der Leistung der Abfindung wirksam. Die Gesellschafter, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben, haften dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig, wenn sie nicht dafür sorgen, dass die Abfindung aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann, oder sie die Gesellschaft nicht auflösen. BGH ZIP 2015, 579 Der Beschluss über die Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils ist nicht deshalb nichtig, weil die Gesellschafterversammlung nicht gleichzeitig Maßnahmen ergriffen hat, um ein Auseinanderfallen der Summe der Nennbeträge der nach der Einziehung verbleibenden Geschäftsanteile und dem Stammkapital der Gesellschaft zu verhindern. 15.05.2017

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Rechtsstellung des Gesellschafters III. Geschäftsanteil Fall: Gesellschafterwechsel; Beendigung der GmbH An dem Gesellschaftsvermögen der „ABC GmbH“ sind die Gesellschafter A, B und C zu je einem Drittel mit einem Geschäftsanteil von je € 20.000,00 beteiligt. In der Satzung ist vorgesehen, dass die Veräußerung von Geschäftsanteilen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf und den anderen Gesellschaftern insofern ein Vorkaufsrecht zusteht. Für den Tod des Gesellschafters enthält die Satzung keine Regelung. Als A stirbt, treffen B und C mit dem Alleinerben E zusammen und geraten in Streit über die weitere Zusammenarbeit. Daher beschließen B und C gegen die Stimme des E, dass dessen Geschäftsanteil eingezogen werde. Einige Zeit später veräußert B seinen Geschäftsanteil an den D, dem die Satzung der Gesellschaft nicht bekannt ist. Wer ist Gesellschafter der „ABC GmbH“? Unter welchen Voraussetzungen könnte der X von D den Geschäftsanteil im Nennwert von € 20.000,00 erwerben? Können die Gesellschafter einer GmbH die Beendigung der Gesellschaft herbeiführen? Was ist dabei rechtlich zu beachten? 15.05.2017

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15.05.2017

Rechtsstellung des Gesellschafters III. Geschäftsanteil Lösung: 1. Erwerb und Verlust eines Geschäftsanteils Die Mitgliedschaft in einer GmbH und damit die Stellung als Gesellschafter entsteht grundsätzlich durch Übernahme von Stammeinlagen bei der Gründung der Gesellschaft oder einer Kapitalerhöhung. Nach dem vorliegenden Sachverhalt waren zunächst daher A, B und C Gesellschafter der GmbH. Veränderungen im Gesellschafterbestand können sich zunächst durch den Übergang eines Geschäftsanteils auf einen Dritten im Wege der rechtsgeschäftlichen Übertragung oder kraft Erbfall ergeben. Ein Verlust der Mitgliedschaft kann durch Einziehung des Geschäftsanteils gemäß § 34 GmbHG oder durch Ausschluss des Gesellschafters aus wichtigem Grund (analog § 140 HGB) erfolgen. 2. Erwerb eines Geschäftsanteils durch E Durch den Tod des A ist dessen Geschäftsanteil gemäß § 1922 Abs. 1 BGB auf seinen Alleinerben E übergegangen. Gemäß § 15 Abs. 1 GmbHG sind die Geschäftsanteile nämlich grundsätzlich vererblich. Der Gesellschaftsvertrag kann aber in diesen Fällen ein Einziehungsrecht gemäß § 34 GmbHG vorsehen. Dadurch wird den verbleibenden Gesellschaftern die freie Entscheidung ermöglicht, ob sie den Erben für geeignet halten. Sofern eine Einziehung im Gesellschaftsvertrag – wie hier – nicht vorgesehen ist, besteht diese Möglichkeit aber nicht. Folglich ist E Gesellschafter der GmbH geworden. 3. Erwerb eines Geschäftsanteils durch D Den Geschäftsanteil des B könnte D gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG erworben haben. Die Übertragung eines Geschäftsanteils (und die Verpflichtung hierzu) bedarf der notariellen Beurkundung. Indes hat die Satzung 15.05.2017 145 vorgesehen, dass diese Übertragung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Gemäß § 15 Abs.

Rechtsstellung des Gesellschafters III. Geschäftsanteil 5 GmbHG ist eine solche Vereinbarung (sogenannte Vinkulierung) rechtlich zulässig. Anders als bloße schuldrechtliche Vereinbarungen hat diese dingliche Wirkung. Ohne die Zustimmung der Gesellschafterversammlung ist die Übertragung mithin unwirksam, gleichwie ob dem Erwerber die Vinkulierung bekannt war oder nicht. Deshalb ist weiterhin B Gesellschafter der GmbH. Da D mithin nicht Gesellschafter geworden ist, fehlt ihm die Verfügungsbefugnis über den Geschäftsanteil. Deshalb scheidet ein Erwerb dieses Geschäftsanteils durch X vom Berechtigten gemäß § 15 GmbHG aus. Durch die Neuregelung des MoMiG ist aber die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbes eines GmbH-Geschäftsanteils in § 16 Abs. 3 GmbHG eingeführt worden. Danach könnte, wenn D mit X einen notariell beurkundeten Vertrag über die Übertragung des Geschäftsanteils schließt, X trotz der fehlenden Gesellschafterstellung des D den Anteil erwerben (und B selbigen verlieren), wenn D als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen war, der X bzgl. der Berechtigung des D gutgläubig war und kein Widerspruch gegen die Gesellschafterliste beim Handelsregister zugeordnet ist. Die Struktur dieses gutgläubigen Erwerbs entspricht derjenigen bei Grundstücken gemäß § 892 BGB. Der gutgläubige Erwerb ist ausgeschlossen, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Unter diesen genannten Voraussetzungen könnte mithin X durch Rechtsgeschäft mit D Inhaber des Geschäftsanteils werden. 4. Beendigung der GmbH Die Gesellschafter können gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG die Auflösung der Gesellschaft beschließen. Dieser Beschluss bedarf der Dreiviertelmehrheit. Mit der Auflösung beginnt gemäß §§ 65 ff. GmbHG die Liquidation des Gesellschaftsvermögens. Erst nach deren vollständigen Abschluss tritt die juristische Vollbeendigung der Gesellschaft ein. 15.05.2017 146

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Rechtsstellung der Gesellschafter IV. Liste der Gesellschafter ➢ Eingeschränkte Legitimationswirkung ▪

Rechte und Pflichten im Verhältnis zur Gesellschaft, § 16 Abs. 1 u. 2 GmbHG



Gutgläubiger Erwerb, § 16 Abs. 3 GmbHG - Voraussetzungen: − Gesellschafterliste ist seit 3 Jahren unrichtig oder vorher, wenn − Unrichtigkeit wahren Berechtigten zurechenbar (z.B. Kenntnis von

unrichtiger Liste und dennoch kein Widerspruch eingereicht) − Unkenntnis Erwerber (grob fahrlässige Unkenntnis # Kenntnis!) − Kein Widerspruch der Liste zugeordnet

➢ Einreichungspflichten ▪ Geschäftsführer, § 40 Abs. 1 GmbHG mit Haftungsanordnung in § 40 Abs. 3 GmbHG ▪

Notar, § 40 Abs. 2 GmbHG mit Haftungsandrohung durch § 19 BNotO

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Rechtsstellung der Gesellschafter IV. Liste der Gesellschafter Fall: G ist geschäftsführender Alleingesellschafter. G verstirbt und wird von E beerbt E erlangt entsprechenden Erbschein. E hält Gesellschafterversammlung ab und bestimmt sich selbst zum neuen Geschäftsführer. Wie kann E eine Gesellschafterliste einreichen? Lösungsansätze: •

Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 16 Abs. 1 GmbHG auf rechtsgeschäftliche Übertragungen



Erstreckung der Vorwirkung des § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG auf Erben



Bestellung eines Not-Geschäftsführers, § 29 BGB analog

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Rechtsstellung der Gesellschafter IV. Liste der Gesellschafter BGH ZIP 2011, 2141 1.

Das Registergericht ist berechtigt, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen, die entgegen § 40 I 1, II 1 GmbHG keine Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ausweist, sondern solche nur ankündigt.

2.

Ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil kann nicht nach § 161 III BGB in Verbindung mit § 16 III GmbHG vor Bedingungseintritt von einem Zweiterwerber gutgläubig erworben werden.

3.

(Leitsatz des Verf.) Das Anwartschaftsrecht des bedingten Erwerbers nach § 161 I 1 BGB gleicht einer dinglichen Last (Pfandrecht, Nießbrauch); einen gutgläubigen „Weg“-Erwerb von Lasten kennt § 16 III GmbHG aber gerade nicht.

Anmerkung: Dasselbe gilt wegen § 161 II BGB auch bei auflösender Bedingung 15.05.2017

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Finanzordnung der GmbH

I.

Grundlagen und Funktionen des Eigenkapitals

II.

Kapitalaufbringung

III.

Kapitalerhaltung

IV.

Kapitalerhöhung

V.

Kapitalherabsetzung

VI.

Gesellschafterhilfen

VII.

Rechnungslegung und Gewinnverwendung

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