Bakkalaureatsarbeit
Morbus Parkinson
Autorin:
Weidmann Tanja
Matrikelnummer:
0610244
Studienrichtung:
Gesundheits- und Pflegewissenschaft
Universität:
Medizinische Universität Graz
Fach:
Einführung in die Pflege
Betreuerin:
MMaga. Erika Stelzl Akademie für Gesundheitsberufe Nothelferweg 20, 8021 Graz November 2009
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Inhaltsverzeichnis:
Seite :
Abkürzungsverzeichnis...........................................................................................4 1. Einleitung..........................................................................................................5 2. Historischer Überblick.......................................................................................7 2.1. James Parkinson.......................................................................................7 2.2. Martin Charcot...........................................................................................8 3. Parkinson Formen und Diagnostik...................................................................10 4. Krankheitsverlauf und Krankheitsstadien.........................................................12 5. Symptome der Parkinsonschen Krankheit.......................................................14 5.1. Primäre Symptome....................................................................................15 5.1.1. Tremor..............................................................................................15 5.1.2. Bewegungsunruhe...........................................................................15 5.1.3. Rigidität............................................................................................15 5.1.4. Trägheit............................................................................................16 5.1.5. Die Körperhaltung............................................................................16 5.1.6. Der Gang..........................................................................................17 5.2. Sekundäre Symptome...............................................................................18 6. Therapieformen ...............................................................................................21 6.1.Medikamentöse Therapie...........................................................................21 6.1.1. LevoDopa.........................................................................................21 6.1.2. Dopaminagonisten...........................................................................22 6.1.3. Anticholinergika................................................................................22 6.1.4. Amantadine......................................................................................23 6.1.5. Monoaminooxidase-B Inhibitoren ...................................................23 6.1.6. Catecho-O-Methyl-Transferase – Hemmer.....................................23 6.2. Operative Behandlung...............................................................................24 6.2.1. Stereotaktische Interventionen........................................................24 6.2.2. Transplantation von embryonalen Zellen und Stammzellen...........25 6.3. Nicht-medikamentöse Therapie................................................................26 6.3.1. Physiotherapie.................................................................................26 6.3.2. Ergotherapie.....................................................................................28 6.3.3. Logopädie........................................................................................29 2
7. Die Pflege des Parkinson Patienten..............................................................31 7.1. Die Pflegeziele......................................................................................32 7.2. Sich Pflegen und Kleiden......................................................................33 7.3. Essen und Trinken................................................................................34 7.4. Sich Bewegen.......................................................................................35 7.5. Kommunizieren.....................................................................................36 7.6. Ausscheiden..........................................................................................37 7.7. Für eine sichere Umgebung sorgen.....................................................37 7.8. Prävention und Gesundheitsberatung..................................................37 8. Heil- und Hilfsmittel........................................................................................38 9. Zusammenfassung........................................................................................40 10. Literaturverzeichnis.....................................................................................41
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Abkürzungsverzeichnis
COMPT-Hemmer...............................Catecho-O-Methyl-Transferase CT.......................................................Computertomographie L-Dopa................................................Levodopa MAO-B Inhibitoren..............................Monoaminooxidase-B Inhibitoren MPP....................................................1-Methyl-4-Phenyl-Phyridin MPTP..................................................1-Methyl-4-Phenyl-1,2,3,6,-Tetrahydropyridin PET.....................................................Positronenemissionstomographie SPECT................................................Single-Photon-Emissionscomputertomographie
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1. Einleitung: „Wilhelm von Humboldt hatte sie. Salvador Dali auch. Muhammad Ali lebt damit: Morbus Parkinson kann jeden treffen. Den Feingeist genauso wie den Boxer. Morbus Parkinson ist eine langsam fortschreitende neurologische Erkrankung. Sie greift an jenen Teilen des Gehirns an, welche die willkürliche und unwillkürliche Bewegung steuern. Wenn in diesen Bereichen Zellen langsam untergehen, kommt es zu einem Mangel an Dopamin.“ (http://www.bayerhealthcare.at/scripts/pages/de/patienteninfos/morbus_parkinson/ind ex.php)
Meine Themenwahl war nicht allzu leicht, da ich mich nicht konkret auf ein Thema konzentrieren konnte, doch entschied ich mich für das Thema „Morbus Parkinson“, da ich in meinem persönlichen Umfeld und in meinem Praktikum in einem Altersheim bereits mit dieser Krankheit konfrontiert wurde.
Zu Beginn dieser Arbeit führte ich eine Literaturrecherche durch, welche an Bibliotheken der Grazer Universitäten erfolgte, ebenso durchforstete ich das Internet und suchte mir seriöse Internetquellen zusammen. Als ich der Meinung war genügend Literatur für meine Arbeit gefunden zu haben begann ich ein Inhaltsverzeichnis der Arbeit zu erstellen. Nach einer Absprache mit meiner Betreuerin veränderte ich mein Inhaltsverzeichnis und begann meine Arbeit zu schreiben. Zuvor stellte ich mir noch die Fragen: Welche Symptome gibt es bei Morbus Parkinson? Ist Morbus Parkinson in mehreren Stadien
zu
unterteilen
Therapiemöglichkeiten
gibt
und
wie
verläuft
es
und
gäbe
die es
Erkrankung?
auch
Welche
Möglichkeiten
der
nichtmedikamentösen Therapie? Worauf muss man bei der Pflege von Patienten mit dieser Erkrankung achten? Ebenso beschäftigte mich die Frage ob es bestimmte Heil- und Hilfsmittel zur Erleichterung des Lebens eines Parkinsonpatienten gibt. Anhand meiner Fragestellungen werde ich einen Überblick der Erkrankung geben Am Beginn dieser Arbeit gebe ich einen historischen Überblick über die Entdeckung dieser Erkrankung, sowie die Diagnostizierung wie es zu dieser Zeit möglich war. 5
Des weiterem erkläre ich die verschiedenen Formen von Parkinson mit ihrer Häufigkeit und den Besonderheiten. Ebenso erkläre ich den Krankheitsverlauf, die einzelnen Krankheitsstadien und die Diagnostik mit den diagnostischen Verfahren. Im nächsten Kapitel werden die einzelnen Krankheitssymtpome erklärt mit der Unterscheidung der primären und sekundären Symptome und danach beschreibe ich die therapeutischen Maßnahmen. Diese enthalten die medikamentöse Therapie, sowie
die
operative
Behandlung
und
die
nichtmedikamentösen
Therapiemöglichkeiten der Physio-, Ergo- und Logopädie. Am Ende dieser Arbeit erkläre ich welche Heil- und Hilfsmittel es bei Morbus Parkinson gibt, um den Alltag eines Patienten zu erleichtern. Hierbei geht es um alltägliches wie Essen mit Besteck, Anziehen von Kleidung oder Hilfe bei Bewegungen.
Somit richtet sich diese Bakkalaureatsarbeit an all jene, die mehr über „Morbus Parkinson“ erfahren möchten und auch an pflegerischen Maßnahmen interessiert sind.
Graz, November 2009
Weidmann Tanja
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2. Historischer Überblick Morbus Parkinson wurde nach dem englischen Arzt James Parkinson benannt, da dieser als einer der ersten sich mit den Symptomen der Erkrankung umfangreich beschäftigte. 2.1.
James Parkinson
Der englische Arzt James Parkinson (1755 - 1824) veröffentlichte 1817 seine Monographie „An essay on the shaking palsy“, doch auch schon vorher waren verschiedene Beschreibungen der auffallendsten Parkinsonsymptome erschienen. Durch den Tremor wurde diese Krankheit früher auch „Paralysis agitans“ (Schüttellähmung) genannt. Zudem wurde zwischen dem Tremor bei willkürlichen Bewegungen und dem Ruhetremor unterschieden. Ebenso wurde die Propulsion– dass heißt der Kranke muss schneller und mit immer kürzeren Schritten gehen – sowie der Umstand, dass es den Erkrankten schwer fällt, die Richtung zu ändern und die Rigidität beschrieben. James Parkinson nannte folgende Symptome der Krankheit: Unwillkürlicher Ruhetremor, Nachlassen der Muskelkraft, Nach vorne gebeugter Rumpf, Propulsion, Keine Störung des Bewusstseins und der Intelligenz. Bevor die Erkrankung manifest wird, hat der Betroffene ein Gefühl der Schwäche und zittert somit mit einer Hand oder mit beiden Händen und manchmal auch mit dem Kopf. Innerhalb eines Jahres weiten sich die Symptome auf andere Körperteile aus und die Erkrankung führt zu Haltungsfehlern. Somit fällt es dem Patienten schwer, zu stehen, zu gehen und er leidet an Müdigkeit und Schwäche in den betroffenen Gliedmaßen. Dadurch werden bestimmte Bewegungen mühsam, so dass die Aktivitäten des täglichen Lebens eingeschränkt werden.
Beim Gehen stützt sich der Erkrankte immer mehr auf die Vorderfüße und wird dadurch gegen seinen Willen schneller und er neigt zu Speichelfluss, Obstipation 7
und Schluckbeschwerden, welche wiederrum dazu führen, dass der Betroffene nicht mehr selbst essen kann. Parkinson erklärte, die Erkrankung hänge nicht mit einer allgemeinen
Schwäche
zusammen,
sondern
mit
einer
Unterbrechung
der
Nervenimpulse in den betroffenen Gliedmaßen. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 20f.) 2.2.
Martin Charcot
Wegen der ausführlichen und klaren Beschreibung der Symptome wurde die Krankheit nach James Parkinson benannt. Doch war es Martin Charcot (1825 – 1893), der das Nervensystem systematisch untersuchte um die Ursache der Erkrankung zu entdecken. Im Jahre 1868 widmete er seine berühmte Vorlesung ganz der Parkinsonschen Erkrankung und damit begann eine neue Ära, die für die Erforschung der Krankheitsursachen große Bedeutung hatte. Dadurch wurde die Erkrankung allgemein bekannt und von Multipler Sklerose unterschieden. Charcot beschrieb folgende Symptome: Der Tremor unterscheidet sich vom Tremor der Multiplen Sklerose dadurch, dass das rhythmische Zittern der Gliedmaßen bei Parkinson Kranken nahezu immer vorhanden ist, während es bei Multipler Sklerose nur bei willkürlichen Bewegungen auftritt. Die Rigidität verlangsamt alle Bewegungen es kommt zu Haltungsfehlern. Der Kopf wird nach vorne geschoben und bleibt fast ständig in dieser Position, die
mimische
Muskulatur
versteift
sich
und
somit
entsteht
ein
„Maskengesicht“. Parkinsonpatienten haben Mühe das Gleichgewicht zu bewahren, weil sie unwillkürlich nach hinten oder nach vorne gehen. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 21f.) Beim Beginn der Erkrankung unterschied Charcot zwei Varianten: Die Krankheit beginnt plötzlich, z.B.: als Folge einer starken Emotion (Psychotrauma) und der Tremor tritt sofort in einem oder in mehreren Körpergliedern auf. Die Krankheit beginnt sehr langsam, meist in einem Bein oder Arm und dann breitet sie sich schnell über den ganzen Körper aus. 8
Am häufigsten ist die zweite Variante zu beobachten. Charcot glaubte, die Krankheit sei auf Störungen des Gemüts zurückzuführen und von da an wurde systematisch nach möglichen Defekten im Hirngewebe gesucht. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 22)
Die niederländischen Neurologen Manschot und Jelgersma entdeckten strukturelle Veränderungen in der Substantia nigra und Lewy beschrieb im Jahre 1923 als erster eine Verfärbung, die in den nach ihm benannten Lewy-Körperchen innerhalb der Nervenzellen von Parkinsonpatienten auftritt. Denn normalerweise enthalten diese ein schwarzes Pigment namens Melanin, doch ist es bei Parkinsonpatienten blasser und farbloser. Diese Verfärbung stellte sich als wichtiger Nachweis für die Krankheit heraus.
Neben den französischen waren es auch vor allem deutsche Forscher, die eine Veränderungen in der Substantia nigra nachwiesen und die Symptome der Erkrankung von den vielen anderen, ähnlichen Krankheiten abgrenzten. Im Jahre 1948 wurde die erste „stereotaktische“ Operation vorgenommen, wobei der Chirurg nach einer genauen Berechnung versucht mit Hilfe eines fest am Kopf befestigten Rahmen, ein Instrument tief in das Gehirn einzuführen, um den heftigen Tremor und die Rigidität zu beseitigen. Dann wurden im Thalamus oder Globus pallidus bestimmte Zellen durch Koagulation zerstört oder man leitete elektrischen Strom hindurch oder brachte dort ein Medikament ein, denn es hatte sich gezeigt, dass Parkinsonpatienten, die in diesem Bereich einen Schlaganfall erlitten, danach nicht mehr so einen starken Tremor hatten. Im Jahre 1960 stellte man fest, dass Parkinsonpatienten weniger Dopamin produzieren und 1967 entwickelte George C. Cotzidas und Walter Birkmayer etwa zur gleichen Zeit eines der wichtigsten Medikamente namens Levodopa. Mit diesem Medikament konnte man den Mangel an Dopamin ausgleichen. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 22f.) 1985 wurden die ersten Operationen vollbracht und hierbei implantierte man Zellgewebe ins Gehirn. Im Jahr 1996 wurden Hinweise darauf gefunden, dass bei bestimmten Krankheitsformen auch Erbfaktoren beteiligt sind und in der Tat ist das 9
Risiko, an Parkinson zu erkranken, doppelt so hoch, wenn zwei Angehörige erkrankt sind. Zu den neuesten Entwicklungen gehören die „ablative“ Chirurgie, wobei Zellgewebe im Palladium oder im Thalamus durch eine Pallidotomie oder eine Thalamotomie funktionsunfähig gemacht wird, welche den Tremor reduziert. Um eine normale Bewegung zu erreichen, müssen in bestimmten Nervenzellen – etwa in der Substantia nigra, im Thalamus, im Palladium oder in einem der vielen anderen Basalganglien der Gehirnmitte – elektrische Impulse ausgelöst werden. Wenn man junges Zellgewebe aus embryonalem Hirngewebe oder aus der Nebennierenrinde implantiert, kann man Zellgewebe, welches Dopamin produziert direkt in das Gehirn einbringen. Dank verbesserter Untersuchungsmethoden wie bei der PET und der SPECT ist es möglich bei Erkrankten und Gesunden das Hirngewebe sozusagen in dünne Scheiben zu schneiden und auf einem Bildschirm sichtbar zu machen. Auf diese Art lässt
sich
genauer
feststellen,
wo
ein
Defekt
besteht.
Durch
diese
Untersuchungsmethoden wurde deutlich, wie das Dopamin im Gehirn transportiert wird und wie man die Degeneration der Zellen, die Dopamin produzieren, verlangsamen kann. Auf dem Bildschirm kann man sehen, ob die Zahl der Zellen reduziert ist und somit kann man im frühen Stadium feststellen, ob jemand an Parkinson erkrankt ist oder erkranken wird. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 24f.) 3. Parkinson Formen und Diagnostik Bei der Parkinson Erkrankung werden verschieden Formen unterschieden: Idiopathische Form (zu 2/3 bei Patienten zutreffend) Die Krankheit entsteht durch einen ausgeprägten Neuronenuntergang in der Substantia nigra, doch ist die Ursache noch nicht ausreichend geklärt. Bei 5- 15 % ist die Erblichkeit nachweisbar und diese Form tritt in der Regel zwischen dem 50. Und 60. Lebensjahr auf. (vgl.: Höwler, 2007, S. 280)
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Sie gehört zu der am häufigsten auftretenden Form von Parkinson. (vgl.: Gerlach, 2001, S. 3) Symptomatische Form Diese Form der Krankheit kommt bei einem Drittel der Patienten vor. Hierbei liegen seltenere Ursachen zu Grunde wie z.B. nach Encepahlitiden, Traumata, Tumoren, toxische und metabolische Läsionen. Medikamentös bedingter Parkinson Nach ICD-10 spricht man von einem sekundären Parkinsonismus, der durch andere äußere Substanzen verursacht wird. Bei der Behandlung gerontopsychiatrischer Patienten verwendet man stark wirkende Neuroleptika und diese blockieren die Wirkung von Dopamin im Gehirn. Diese Medikamente haben den großen Vorteil, dass sie eine Ruhigstellung des Patienten bewirken ohne dabei Müdigkeit zu verursachen. Doch verursachen Psychopharmaka leider auch parkinsonartige Zustände. Eine Suche nach einem wirksamen Neuroleptikum, welches keine parkinsonartigen Nebenwirkungen besitzt, ist leider bis heute fehlgeschlagen. Haloperidol ist ein stark wirksames Neuroleptikum und wird dieses intravenös verabreicht, so kann das Medikament innerhalb von zehn Minuten zu einem parkinsonähnlichen Zustand führen. Dieser Zustand bildet sich zurück, wenn das Medikament abgesetzt oder die Dosis verringert wird. Es dauert eventuell ein bis zwei Wochen, jedoch höchstens ein Monat, bis die Parkinsonsymptomatik abgeklungen ist. (vgl.: Höwler, 2007, S. 280f.) Diagnose Die Diagnose für ein idiopathisches Parkinsonsyndrom wird klinisch unter Einhaltung folgender Schritte festgestellt:
Der Nachweis eines Parkinsonsyndroms durch Vorliegen von Akinese und mindestens eines der drei Symptome Tremor, Rigor und posturale Instabilität.
Der Ausschluss eines symptomatischen Parkinsonsyndrom (Neuroleptika, Ischämische
Insulte,
Dopaminrezeptorenblocker,
Tumore, Intoxikationen, Hydrozephalus, Enzephalitis). 11
Schädel-Hirn-Trauma,
Die Beachtung von Hinweisen auf atypische Parkinsonsyndrome (z.B.: NichtAnsprechen
auf
hohe
auftretende
Störungen
L-Dopa-Dosen, des
zerebelläre
autonomen
Zeichen,
frühzeitig
Nervensystems,
optische
Halluzinationen, Demenz im 1. Erkrankungsjahr, Somnolenz, neurologische Fokalzeichen).
Vorliegen einer familiären Form des idiopathischen Parkinson Syndroms (Familienanamnese, Gen-Testung).
Bestätigung der Diagnose durch weitere Kriterien im Verlauf wie einseitiger Beginn, eindeutiges Ansprechen auf L-Dopa, usw. (vgl.: Humboldt et al., 2009, S. 11)
Des weiterem ist es notwendig eine neurologische Untersuchung mit besonderem Augenmerk auf Familien- und Fremdanamnese, Störungen der Okulomotorik, frontale
Zeichen,
Symptome
einer
Störung
der
Ausführung
willkürlicher,
zielgerichteter und geordneter Bewegungen, Herdsymptome, einer Demenz oder anderen psychiatrischen Krankheiten. Differenzialdiagnostisch sind folgenden Kriterien
zu
beachten
Normaldruckhydrocephalus,
wie
z.B.:
Sturzangst
Gangstörungen,
aktuelle
(psychogene
Immobilität),
Neuroleptika, essentieller
Tremor anderer Genese, Vaskuläre Leukencophalopathie. Zur Abgrenzung gegen sekundäre Parkinsonsyndrome sind bildgebende Verfahren einzusetzen wie etwa eine CT, Kernspintomografie und SPECT, ebenso sind bei besonderen
differenzialdiagnostischen
Fragestellungen
eine
Reihe
weiterer
fakultativer Tests durchzuführen, wie etwa Riechtest, quantitative Tremormessungen, Polysomnographie und Sonographie. (vgl.: Humboldt et al., 2009, S. 11) 4. Krankheitsverlauf und Krankheitsstadien Das Parkinson Syndrom ist eine chronische Erkrankung und das Fortschreiten dieser lässt sich wirksam mit Medikamenten behandeln, aber nicht heilen. Eine erfolgreiche Behandlung kann die Symptomatik über viele Jahre unter Kontrolle halten und dem Patienten ermöglichen, ein aktives und unabhängiges Leben zu führen. (vgl.: Höwler, 2007, S. 281) Die ersten Erkrankungsjahre sind oft durch eine einfache 12
Behandelbarkeit gekennzeichnet, doch kann das Fortschreiten durch eine frühzeitige Therapie nicht aufgehalten werden. Die Behandlung verlängert jedoch die Lebenserwartung der Patienten und steigert die Lebensqualität, sowie die der pflegenden Angehörigen. (vgl.: Humboldt et al., 2009, S. 11) Unbehandelt würde etwa die Hälfte der Patienten nach ca. zehn Jahren sehr stark behindert werden oder versterben. (vgl.: Höwler, 2007, S. 281) Obwohl in zahlreichen Untersuchungen Männer etwas häufiger als Frauen von der Erkrankung betroffen waren, scheint es nach genaueren Erhebungen keine Bevorzugung eines Geschlechts zu geben. Aus einer Stichprobenerhebung aus einer Parkinson-Ambulanz geht hervor, dass Männer und Frauen etwa gleich häufig betroffen sind. Es könnte sein, dass bei Männern die Krankheit etwas früher diagnostiziert wird, weil motorische Probleme die berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
Dadurch,
dass
Frauen
durchschnittlich
eine
höhere
Lebenserwartung haben, ist für das höhere Alter das Überwiegen weiblicher Parkinson-Patienten zu erwarten. (vgl.: Thümler, 2006, S.20) Der Krankheitsbeginn verläuft über Jahre schleichend und in den meisten Fällen einseitig. Die Erkrankten bemerken anfangs eine gewisse Steifigkeit der Muskeln und rheumatisch anmutende ziehende Schmerzen. Bei einem Teil der Betroffenen gelingt es, den Verlauf therapeutisch über viele Jahre in einem relativen Gleichgewicht zu halten, hierbei bleichen die Parkinsonpatienten arbeitsfähig und können sich zu Hause selbständig versorgen. Doch bei einem anderen Teil der Erkrankten nehmen die Symptome ständig innerhalb weniger Jahre zu und lassen sich auch therapeutisch nicht mehr ausreichend kompensieren. Im Endstadium bewegen sich die Betroffenen immer weniger, denn die Gelenke versteifen sich und Sprachlich sind sie kaum in der Lage zu sprechen und von ihren Mitmenschen zu verstehen. Der Verlauf wird immer dann negativ beeinflusst, wenn zu den bestehenden Symptomen der Erkrankung im Alter noch andere Gesundheitsstörungen dazukommen. (vgl.: Höwler, 2007, S. 281) Vor
der
Einführung
der
L-Dopa
Therapie
betrug
die
durchschnittliche
Lebenserwartung von Parkinsonkranken kaum mehr als zehn Jahre und jetzt nähert sich
diese
der
durchschnittlichen
Lebenserwartung
gleichaltriger
Bevölkerungsgruppen. Die Prognose von tremordominanten Betroffenen ist günstiger 13
als bei akintischrigiden Betroffenen, bei denen häufig auch mit einem raschen dementiellen Abbau zu rechnen ist. Neben den krankheitsbedingten Schwankungen treten unter langjähriger L-Dopa-Therapie dosisunabhängige und dosisabhängige Fluktuationen der Beweglichkeit auf, welche auch On-/ Off-Phasen genannt werden. (vgl.:Humboldt et al., 2009, S. 11) Krankheitsstadien: Stadium I
Symptome Symptomatik
2 3
Beeinträchtigung. Symptomatik ist beidseitig, aber keine Gleichgewichtsstörungen. Unsicherheit beim Umdrehen, der Betroffenen verliert Gleichgewicht,
ist
nur
wenn
einseitig
er
bei
mit
geringer
geschlossenen
funktioneller
Augen
das
stehend
angestoßen wird, er ist funktionell eingeschränkt, aber noch 4
arbeitsfähig; Leben allein ist noch möglich. Vollentwickelte, stark beeinträchtigte Symptomatik; Patient kann noch
5
gehen und stehen, ist aber stark behindert und hilfsbedürftig. Ohne Hilfe ist der Patient an den Rollstuhl gefesselt oder bettlägerig
und pflegebedürftig. (vgl.: Höwler, 2007, S.282) 5. Symptome der Parkinsonschen Krankheit Bei Parkinson äußern sich primäre Symptome wie z.B.: Rigidität, Tremor, träge beginnende
und
unbeholfene
Bewegungen,
Gleichgewichtsstörungen
und
Schwierigkeiten beim Gehen. Manche Parkinsonpatienten leiden auch unter sekundären Symptomen wie z.B.: Depressionen, Demenz, Schlafstörungen, unwillkürliches Schließen der Augen, Schluck- und Sprechstörungen, starker Speichelfluss, Atemnot, Benommenheit, Obstipation, Haltungsfehler, geschwollene Füße und sexuelle Störungen. Durch diese Art von Symptomen wird die Lebensqualität stark beeinträchtigt und die sozialen und gesellschaftlichen Folgen können ernst sein. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 25)
14
5.1.
Primäre Symptome
Es gibt eine Reihe von primären Symptomen bei Morbus Parkinson, welche nachstehend genauer erläutert werden. 5.1.1. Tremor Auffallend bei Parkinson ist das Zittern in Ruhe, manchmal sogar im Schlaf, jedoch nicht immer bei bewussten Bewegungen. Der Betroffene zittert in etwa vier bis sieben Mal in der Sekunde und die Häufigkeit wird von seinem psychischen Zustand beeinflusst. Der Tremor geht von der Körpermitte aus und setzt sich bis zu den Füßen und/oder Händen fort, wobei die linke und rechte Seite nicht immer gleich stark betroffen sind. In manchen Fällen erfasst der Tremor auch den Unterkiefer, den Kopf, und die Zunge. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 25) 5.1.2. Bewegungsunruhe Die Bewegungsunruhe äußert sich als nervöser Drang sich zu bewegen, doch ist dieser für Außenstehende bisweilen schwer zu erkennen. Die Unruhe ist wahrscheinlich eine Folge von Muskelsteifheit. Betroffene verglichen es mit einem Ventilator im Bauch – sobald die Unruhe auftritt, fühlt man sich wieder als Parkinsonkranker. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 25) 5.1.3. Rigidität Als „Zahnradphänomen“ wird es bezeichnet, wenn man versucht das Handgelenk, den Ellbogen, den Fuß, das Knie oder den Unterkiefer des Betroffenen zu bewegen und man spürt eine ruckartige Bewegung, als sei die Gelenksfläche ein Zahnrad. Dieses Phänomen tritt jedoch nicht auf, wenn man den Betroffenen bittet, einen plötzlich geworfenen Ball zu fangen. Vermutlich entsteht das Phänomen, wenn der Erkrankte sich bemüht, gut mitzuarbeiten, aber sich nicht bewusst entspannen kann. Die Rigidität kann zu einer schweren Gelenkssteife oder zu einer Kontraktur führen und dadurch wird die Beweglichkeit der Gelenke so eingeschränkt, dass die Versorgung des Kranken gefährdet ist. Von der Steifheit sind alle Muskeln betroffen, sowohl die Beuger als auch die Strecker. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 26)
15
5.1.4. Trägheit Die Trägheit, oder auch Bradykinese und Hypokinese, ist die typische hölzerne Bewegung von Parkinsonkranken. Er bewegt sich wie in Zeitlupe und ohne jede Eleganz. Der Patient weiß, wie er sich bewegen will, aber es gelingt ihm nicht und es sieht aus als würde ihn jemand an der Bewegung hindern. Die Trägheit kann zur völligen Unbeweglichkeit führen, die sogenannte Akinese, aber sie kann auch in ruckartige Überbeweglichkeit die Hyperkinese übergehen. Zwischen den Phasen bleibt manchmal nur wenig Zeit und der Patient fühlt sich besser, doch er weiß, dass es nur von kurzer Dauer ist. Man spricht hierbei von einem „On/Off Phänomen“, da es den Anschein macht als würden die Phasen durch einen Schalter geregelt. Bei manchen Erkrankten wechseln die Phasen derart schnell, dass man den Ausdruck „Yo-Yo-Phänomen“ benutzt. Bisweilen tritt das Phänomen dann auf, wenn der Betroffene plötzlich das Gefühl hat, dass man auf ihn keine Rücksicht nimmt und dieser die Situation nicht mehr überblicken kann. Die Hyperkinese kann sich auch als heftiges Schütteln äußern. Hierbei macht der Patient fahrige Wurfbewegungen mit den Armen und/oder zieht die Beine hoch und dabei hebt er die Schultern und verdreht den Kopf. Hierbei handelt es sich um schnelle,
rhythmische
Schlingerbewegungen,
als
Folge
eines
Defekts
im
Subthalamus. Für Beobachter ist es schwer erkennbar, was der Patient fühlt und daher müssen sich Pflegende vergewissern, was ihm fehlt, wenn er sich plötzlich nicht mehr so verhält, wie man es erwartet. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 26f.) 5.1.5.
Die Körperhaltung
Die Erkrankung wirkt sich indirekt auch auf die Körperhaltung aus. Der Patient geht gebückt, als ob die Schwerkraft ihn niederdrückt und der Kopf steht steif und ist vorgeschoben. Das Gesicht des Erkrankten ist ausdrucklos wie ein Maskengesicht. Hierbei sind die Brauen hochgezogen, die Augen sind weit geöffnet und der Patient blinzelt langsam. Die Haltung des Betroffenen ist schief, wie bei einer Skoliose und er neigt sich meist auf die Seite, an der die Symptome zuerst erscheinen. Hierbei ist das Bein am stärksten betroffen und wird schweres Bein genannt. Auch beim Sitzen neigt sich der Erkrankte nach einer Seite und die Schultern sind steif und er hält die 16
Arme dicht am Körper oder auf dem Rücken. Wenn der Patient sich setzt, vergisst er manchmal den letzten Schritt und sitzt daher schief und wenn er sich aufs Bett legt, bleibt der Kopf in der Schwebe, anstatt aufs Kissen zu sinken. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 27) Die Haltung des Parkinson-Betroffenen ist vornübergebeugt und beim Blick von der Seite, von hinten bzw. von vorne lassen sich folgende, je nach Schwere und Dauer der Erkrankung unterschiedlich ausgeprägte Befunde erheben. Die Halswirbelsäule ist steilgestellt, die Brustwirbelsäule ist kyphosiert, die Lendenwirbelsäule weist eine Abflachung der physiologischen Lordose auf und häufig entsteht eine großbogige skolitische Veränderung der gesamten Wirbelsäule. Die Handgelenke sind in einer O-Stellung, die Kniegelenke sind leicht flektiert und das obere Sprunggelenk neigt zu einer Plantarflexionsstellung. (vgl.: Fries / Liebenstund, 1998, S. 31f.)
Abb.1.: Körperhaltung eines Parkinsonpatienten (http://www.hainstaedterspaetlese.de/Morbus_Parkinson_Symptome_der_krankheit.j pg (20.11.2009)) 5.1.6. Der Gang Der Betroffene geht mit schnellen, kurzen Schritten auf einer schmalen Spur und es sieht aus als bewege er sich nur aus den Knien heraus und als gehe er hauptsächlich auf den Zehenspitzen. Die Arme des Betroffenen schwingen nicht mehr spontan im Rhythmus mit. Beim Gehen mit dem Stock fällt auf, dass der Patient den Stock eher trägt, als sich auf diesen zu stützen und seine Hüften sind steif und leicht gebogen. 17
Die Bewegungsunruhe kann zu einer Propulsion, aber auch zu einer Retropulsion oder Lateropulsion führen. Der Betroffene kann sein Gleichgewicht nur mühsam halten, obwohl die Gleichgewichtsorgane nicht geschädigt sind. Das Problem entsteht, weil die Muskeln träge reagieren und der Betroffene nicht zu verknüpften Bewegungen fähig ist. Eine Hüftfraktur bei einer älteren Person kann ein Indiz für Parkinson sein, vor allem wenn dieser oft strauchelt oder den letzten Schritt vor dem Erreichen seines Ziels vergisst. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 30) Für den Gang des Parkinson Erkrankten gibt es einige krankheitstypische Störungen wie z.B.: ein geringes Gangtempo, eine geringe Schrittlänge und verminderte Spurbreite, die Füße werden nur wenig vom Boden abgehoben und dadurch ergibt sich das typische schlurfende Geräusch. Das Bewegungsausmaß in allen Bein- und Fußgelenken ist reduziert. Ebenso gibt es ein fehlendes Mitschwingen der Arme, entweder einseitig oder beidseitig, „Starthemmung“ zu Beginn des Gehens, d.h. eine Schwierigkeit, den automatischen Ablauf des Gehens „in Gang“ zu setzen und dies tritt vor allem nach längerer Erkrankungsdauer auf. Weitere Störungen sind Schwierigkeiten wie z.B.: das Gehen willkürlich wieder zu stoppen, eine abrupte Blockierung beim Gehen, das sogenannte Freezing beim Start oder während des Gehens. Dieses Phänomen tritt bei unbehandelten Patienten auf und ist somit von der Wirkungsfluktuation bei L-Dopa Therapie, dem sogenannten „On/Off“ Phänomen zu trennen. (vgl.: Fries / Liebenstund, 1998, S. 32f.) 5.2.
Sekundäre Symptome
Da der Patient nicht mehr tief einatmen kann, können manchmal Lungen- und Herzbeschwerden und auch Sprechstörungen auftreten. Aus einer lesbaren Handschrift entsteht eine zittrige, schwer lesbare Mikroschrift. Ebenso können Schluckbeschwerden auftreten, so dass die Nahrungsaufnahme schwierig wird. Da wegen Bewegungsmangel auch die Darmtätigkeit geringer ist, kann dies zu Verdauungsstörungen führen. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 31) Vor
allem
bei
der
Nahrungsaufnahme
kommt
es
zu
dem
Gefühl
des
„Steckenbleibens“ der Speisen im Rachen und selten auch zu Regurgitation. Die Ursache hierfür ist die Akinese der Schlundmuskulatur, sowie der vermehrte Rigor. 18
Möglicherweise kommt es auch zu einer Unkoordination der Bewegungsabfolge während des Schluckens. In fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung kann die Schluckstörung zu erheblichen Behinderungen der Nahrungsaufnahme führen. Dies fordert in schweren Fällen eine künstliche Ernährung über eine Sonde. (vgl.: Fries / Liebenstund, 1998, S. 35) Ebenso ist die Temperaturregelung gestört und die Patienten haben fettige und schuppige Haut und schwitzen sehr stark. Etwa 30 - 50% der Patienten neigen insbesondere am Oberkörper und Kopf zu starkem Schwitzen, welches zwar auch ohne Auslöser auftreten kann, aber durch körperliche Betätigung verstärkt wird. Wegen der dadurch verstärkten Gefahr der Dehydration sollten die Betroffenen bei der Physiotherapie und beim Sport ausreichend Flüssigkeit zuführen. Bei sehr niedriger Temperatur verstärkt sich der Rigor und es kann ein heftiges Kältezittern entstehen. (vgl.: Reuter / Engelhardt, 2007, S. 125) Diese Vielzahl von Symptomen führen zu sozialen Problemen, denn die träge Bewegung und die undeutliche Sprache, so wie der schwierige Blickkontakt laden nicht gerade zu spontanen Kontakten ein und darum fühlen sich Parkinsonpatienten oft abgelehnt. Der Betroffene hat oft den Eindruck, dass er anderen zur Last fällt und zieht sich daher immer mehr zurück und ebenso fällt es den Patienten schwer sich auf seine Umwelt einzustellen. Was um ihn herum vor sich geht, berührt ihn weniger und es kann passieren, dass er einschläft, wenn man nichts Aufregendes von ihm erwartet. Aus diesem Grund wird Parkinson auch „Schlafkrankheit“ genannt. Wird der Erkrankte „seltsam“ und von anderen abhängig, so muss er entweder gut auf sich selbst aufpassen oder sich an die Menschen anpassen, von denen er abhängig ist. Beziehungen werden ebenso schwieriger und dies gilt auch für den Partner, der sich an einen „neuen Partner“ gewöhnen muss. Alle Veränderungen können Unsicherheit, Kummer, Einsamkeit und Scham auslösen und diese Gefühle werden oft nicht richtig verstanden. Auch wenn der Parkinsonpatient körperliche Beschwerden hat, so bleiben trotzdem seine intellektuellen Fähigkeiten erhalten. Doch wegen der fehlenden Körpersprache ist die Umgebung sich dessen oft nicht bewusst und das kann zu Missverständnissen führen. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 31)
19
Die kognitiven Fähigkeiten wie zum Beispiel die Wahrnehmung, das Verarbeiten und Behalten
von
Daten
können
allerdings
nachlassen
und
führen
zu
Minderwertigkeitsgefühlen und zu Angst vor Demenz. Doch gibt es keinen unmittelbaren Zusammenhang mit Demenz. Aber man darf nicht verschweigen, dass Demenz bei einem recht hohen Prozentsatz der Parkinsonpatienten vorkommt. Man nimmt an, dass Menschen dement werden, wenn sie zu wenige Sinnesreize empfangen, da ihr Gehirn dann nur noch beschränkt genutzt wird. Deshalb ist es wichtig, diese Menschen so weit als möglich ins gesellschaftliche Leben zu integrieren und es ist lebenswichtig das Gehirn durch Training des Kurz- und Langzeitgedächtnisses aktiv zu halten. Parkinsonbetroffene leiden auch oft unter einigen anderen Symptomen: Sie halluzinieren, d.h. sie nehmen Wahnbilder oder Geräusche als Folge der Medikamente wahr. Aber der Patient kann durchaus zwischen Halluzination und Realität unterscheiden. Charcot vermutete, dass emotionale Symptome zu organischen Defekten im Gehirn beitragen können. Obwohl das heute noch ein unbestrittenes Thema ist, so besteht zweifellos ein deutlicher Zusammenhang zwischen verhinderten Parkinsonsymptomen und Gefühlsäußerungen. (vgl.: Van Seggelen, 2001, S. 31f.)
20
6. Therapieformen Es gibt verschiedenste Ansätze in der Therapie von Morbus Parkinson. Angefangen von der medikamentösen Therapie, über die operativen Behandlungsmöglichkeiten bis hin zur nichtmedikamentösen Therapie. 6.1.
Medikamentöse Therapie
Das wichtigste Therapieprinzip einer Arzneimittelbehandlung beim parkinsonschen Syndrom
ist
die
Substitution
von
Dopamin.
(vgl.:
http://psydok.sulb.uni-
saarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf, S. 85) Bei einem chronischen Leiden wie Morbus Parkinson ist die Kontinuität der ärztlichen Betreuung mit regelmäßigen Besuchen und Untersuchungen sehr wichtig. An erster Stelle der Therapie steht die notwendige lebenslange L-Dopa-Substitution, doch ist hierbei anzumerken, dass die medikamentöse Therapie keine Heilung des Neuronenschwundes in der Substantia nigra bewirkt, sondern der Krankheitsprozess weiter fortschreiten kann. (vgl.: Höwler, 2007, S. 283)
Abb.2.: Übersicht der Medikation bei Parkinson (http://www.merz.ch/de/gesundheit/parkinson/therapie/medikamentoes (20.11.2009)) 6.1.1. LevoDopa Das fehlende Dopamin bei Parkinsonbetroffenen lässt sich nicht durch exogenes Dopamin ersetzen, weil dieses nicht die Bluthirnschranke durchdringen kann. Stattdessen bedient man sich des Dopaminvorläufers L-Dopa, der aber auch an periphere Dopaminrezeptoren bindet und starke, vor allem gastrointestinale 21
Störungen verursacht. Durch die Hemmung der peripheren Dopa-Decarboxylase würde das gesamte L-Dopa die Bluthirnschranke penetrieren und in cerebrales Dopamin umgewandelt werden. Dies lässt sich durch einen Dopa-DecarboxylaseHemmer erreichen, der die Bluthirnschranke nicht durchdringen kann. Die zwei gebräuchlichen Enzymhemmer Benserazid und Carbidopa unterscheiden sich durch ihre Pharmakokinetik. Benserazid verursacht einen rascheren Dopaminanstieg und einen ebenso rascheren Abfall als Carbidopa. Anfangs begeistert die Wirkung der Dopapräparate, doch später wird diese Begeisterung im Hinblick auf die Dosierung durch zwei Beobachtungen relativiert: Die Fluktuationen der Beweglichkeit, die dem Dopa-Serumspiegel folgen, können sich nach etwa zehn Jahren von diesem lösen oder treten völlig unvorhersehbar auf und die dopaminergen Neuronen werden durch toxische Endprodukte des Dopa-Metabolismus beschleunigt abgebaut. Ziel einer medikamentösen Therapie ist es, mit möglichst wenig L-Dopa dem Betroffenen
unter
Zuhilfenahme
von
Dopaminagonisten,
Amantadinen
und
Anticholinergika ein Optimum der Beweglichkeit zu geben. (vgl.: Poller, 2004, S. 38f.) 6.1.2. Dopaminagonisten Anders als bei Dopapräparaten wirken die Dopaminagonisten auch noch dann, wenn die präsynaptischen Bläschen zur Dopaminspeicherung und Dopaminfreisetzung im Rahmen
der
Degeneration
Dopaminagonisten
bereits
unterscheiden
untergegangen
sich
in
ihrem
sind.
Die
verfügbaren
Rezeptorprofil,
in
ihrer
Pharmakokinetik. Die auftretenden Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen können durch eine parallele Gabe von Domperidon verhindert bzw. therapiert werden.
Bei
Nebenwirkungen
wie
Verwirrtheit
oder
orthostatischen
Kreislaufregulationsstörungen mit Blutdruckabfall ist die Dosis zu reduzieren. (vgl.: Poller, 2004, S. 39) 6.1.3. Anticholinergika Das älteste Prinzip der Parkinsontherapie, welches schon Charcot 1982 an der Salpetriere in Paris einsetzte sind Anticholinergika. Diese Therapie ist vor allem gegen Tremor und Rigor wirksam. Die Präparate wie Biperiden, Metixen, Trihexyphenidyl, Bornaprin haben Nebenwirkungen wie Verwirrtheit, vor allem bei älteren Patienten und bei bereits erkennbaren dementiellen Symptomen, ebenso 22
kann
es
zu
Verschlimmerungen
von
Engwinkelglaukom
und
Blasenentleerungsstörungen bei Prostatahypertrophie kommen. (vgl.: Poller, 2004, S. 39) 6.1.4. Amantadine Diese
Antagonisten
verhindern
die
zelltoxische
Wirkung
von
übermäßig
freigesetztem Glutamat und erleichtern die Freisetzung von endogenem Dopamin und hemmen die präsynaptische Wiederaufnahme. Die Präparate wie Amatadinsulfat und Amantadinhydrochlorid haben Nebenwirkungen wie periphere Ödeme, Unruhe und Verwirrtheit. (vgl.: Poller, 2004, S. 39) 6.1.5. Monoaminooxidase-B Inhibitoren Bei einer Intoxikation kalifornischer Studenten mit einem selbst hergestellten Heroinersatz, erlitten diese ein schweres und irreversibles Parkinsonsyndrom. Es wurde als Agens MPTP entdeckt, welches erst nach Umwandlung durch MAO-B zu dem
toxischen
MPP
wurde
und
dazu
führte,
dass
die
präsynaptischen
Nervenendigungen der Dopaminneurone zerstört wurden. Monoaminooxidase-BInhibitoren verhindern somit, dass die Nervenendigungen der Dopaminneuronen zerstört werden. (vgl.: Poller, 2004, S. 39) 6.1.6. Catecho-O-Methyl-Transferase – Hemmer Die Catecho-O-Methyl-Transferase inaktiviert Dopamin und durch ihre Hemmung erreicht man eine Verlängerung der Plasmahalbwertszeit und der Wirkdauer von LDopa und reduziert die Off-Zeiten bei Erkrankten mit Fluktuationen. Somit kann die L-Dopa Dosis um bis zu 20 Prozent reduziert werden. (vgl.: Poller, 2004, S. 39f.)
Während einzelne Studien keinen protektiven Effekt von Östrogen auf das Parkinson-Risiko und bei an Parkinson erkrankten Frauen nur eine milde dopaminerge Wirkung aufwiesen. So ergab sich bei Parkinsonkranken Männern mit Testosteronmangel ein günstiger Effekt von transdermaler Testosterongabe auf nicht motorische Symptome. (vgl.: Jellinger, 2003, S. 40)
23
Der Nachteil der medikamentösen Behandlung des Morbus Parkinson ist die Abhängigkeit der Patienten von Arzneimitteln. „Parkis“ – so die bewusst selbstironische Bezeichnung vor allem der jüngeren Patienten untereinander – fallen häufig dadurch auf, dass es „bei ihnen piept“, bevorzugt zu vollen Stunden und dahinter steckt die Tatsache, dass diese Menschen in den meisten Fällen so viele Tabletten einnehmen müssen. Dadurch hat die Industrie sog. „Pillenboxen“ oder vornehmer gesagt „Tablettenspender“ mit eingebauten Weckuhren herausgebracht und diese sind bei den Patienten weit verbreitet. (vgl.: Gerlach, 2001, S. 229) 6.2.
Operative Behandlung
Eine operative Behandlung bei Morbus Parkinson kommt nur für jene Patienten in Betracht, bei denen mit medikamentösen Maßnahmen keine befriedigenden Ergebnisse
erreicht
werden
können.
(vgl.:
http://psydok.sulb.uni-
saarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf, S. 87) 6.2.1. Stereotaktische Interventionen Zu den stereotaktischen Interventionen gehört die „tiefe Hirnstimulation“, welche ein mechanischer Eingriff durch Elektroden in Vollnarkose durch einen Neurochirurgen in ausgewählten Hirnregionen ist. Diese Hirnregionen werden elektrisch vorübergehend ruhiggestellt.
(vgl.:
http://psydok.sulb.uni-
saarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf; S. 87f.) Eine Untersuchung an 90 Patienten mit Parkinsonsymptomen, die mit der tiefen Hirnstimulation behandelt wurden, ergab eine erhebliche Verbesserung der motorischen Symptome. Vor allem Tremor, Akinese und Rigor werden deutlich gemildert und ebenso können Aktivitäten des täglichen Lebens wieder ausgeführt werden. Schlechter werden jedoch die Bereiche Fallneigung, Laufen oder Sprache. (vgl.: Ceballos-Baumann, 2006, S.3) Außerdem lässt sich die Dosis der medikamentösen L-Dopa-Behandlung deutlich reduzieren und auch andere Symptome nehmen offenbar ab. Dieser Eingriff ist unter den heutigen technischen Bedingungen fast komplikationsfrei, d.h. Infektionen und Blutungen im Gehirn sind lediglich in ein bis vier Prozent der Fälle zu erwarten. Bei etwa zehn Prozent der Operierten sollte aber mit psychischen Veränderungen 24
gerechnet werden. Die Behandlung hat den Vorteil, dass sie kein Hirngewebe zerstört, sondern nur die Funktion bestimmter Nervenzellen beeinträchtigt. Doch leider lässt sich auch damit das Fortschreiten der Erkrankung nicht aufhalten. Es eignet sich leider auch nicht jeder Patient für diesen Eingriff (z.B.: Nicht bei hohem Alter,
bestimmten
Begleiterkrankungen
und
eingeschränkter
geistiger
Leistungsfähigkeit). Nach der Operation ist für eine gewisse Zeit eine engmaschige fachärztliche Nachbetreuung erforderlich. Insgesamt aber sind sich Fachärzte einig, dass die „tiefe Hirnstimulation“ zur überzeugenden Besserung der Parkinson Symptome führt und ist mittlerweile eine akzeptierte Behandlungsmethode. Offen bleibt jedoch die Frage, ob man – wie bisher – nur weit fortgeschrittene Fälle einbeziehen oder dieses operative Verfahren auch früher nutzen soll. Hierbei stehen noch entsprechende Langzeit-Rückblicke aus (bisher überschaut man etwas mehr als 10 Jahre). (vgl.: http://psydok.sulb.unisaarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf; S. 87f.) 6.2.2. Transplantation von embryonalen Zellen und Stammzellen Die sogenannte Neurorestauration durch Zellersatz und endogene Regeneration kann auf eine noch nicht so lange Erfahrung zurückgreifen und hat auch ethische Klippen zu überwinden. Die Erkrankung charakterisiert die fortlaufende Degeneration von dopaminergen Neuronen in der Hirnregion namens Substantia nigra. Dies führt zu einem Mangel des Botenstoffs Dopamin in dem Gehirnteil Striatum, welcher zu den bekannten Bewegungseinbußen führt. Deshalb hat man sich schon früh überlegt, ob man die bereits untergegangenen oder erkrankten dopaminergen Neuronen auf irgendeine Art ersetzen könnte. So etwas ist mit einer intrastriatalen Transplantation von primärem, embryonalem, human, mesenzephalem Gewebe, das bekanntlich reich an dopaminergen Neuronen ist, möglich. Leider ist diese Technik bisher noch nicht so ausgereift, dass sie zu weiter reichenden Hoffnungen Anlass geben könnte, denn sie wirft nicht nur eine Reihe von logischer,
wissenschaftlicher,
sondern
eben
auch
ethischer
Fragen
auf.
Hoffnungsvoll erscheinen jedoch die Überlegungen der Wissenschaftler, dass die kontrollierte Produktion von dopaminergen Nervenzellen technisch möglich ist. Das erwachsene Gehirn des Menschen hat eine begrenzte regenerative Möglichkeit, 25
ähnlich wie in den jüngeren Entwicklungsstadien. Man will nicht nur Neuronen ersetzen, sondern auch zur „Eigen-Produktion“ anregen. Doch stützen sich die bisherigen Untersuchungen vor allem auf Tier-Experimente. Daher lautet die Frage: Inwieweit ist dies auf den Menschen übertragbar und ist es ethisch vertretbar? (vgl.: http://psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf;
S.
88)
Zu
6.3.
Nicht-medikamentöse Behandlungsformen
den
nicht-medikamentösen
Behandlungsformen,
auch
konservative
Therapiearten genannt, gehören die Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie. Nach heutiger Erkenntnis sind das nicht nur wichtige Ergänzungen, sondern ein wesentlicher
Bestandteil
im
langfristigen
Gesamt-Behandlungskonzept
der
Parkinsonerkrankung. Diese müssen individuell angepasst werden, bezogen auf das Krankheitsstadium,
Art
des
Leidens,
Persönlichkeitsstruktur
und
sonstige
(psychosoziale) Bedingungen, vor allem auch auf das Alter. Sie stehen heute praktisch
überall
zur
Verfügung
und
optimieren
somit
das
derzeitige
Behandlungsangebot in einer Weise, wie man es sich vor einigen Jahrzehnten nicht vorstellen
konnte.
(vgl.:
http://psydok.sulb.uni-
saarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf; S. 89) 6.3.1. Physiotherapie Physiotherapeuten sind Spezialisten der physikalischen Therapie, die auch als Physiotherapie bekannt ist. Hierbei geht es um die Anwendung physikalischer Reize im weitesten Sinne zur Vorbeugung, Therapie und Rehabilitation. Dazu gehören Wärme-
und
Kältebehandlungen,
Bewegungs-
und
Massagetherapien,
die
Anwendung von Elektrizität die Elektrotherapie, von Heilquellen die Balneologie, Wasseranwendungen die Hydrotherapie, Klima- Licht- u.a. Behandlungsverfahren. Das Ziel der Physiotherapie ist die Erhaltung und Förderung der verbliebenen Bewegungsfähigkeit, um vor allem die Bewegungsabläufe neu einzuüben. Damit unterscheiden sich die Übungsprogramme bei Parkinson Betroffenen deutlich von der
Krankengymnastik
Schlaganfallpatienten.
anderer
neurologischer (vgl.:
Leiden
z.B.:
bei
http://psydok.sulb.uni-
saarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf; S. 89) 26
wie
Die in der Praxis etablierten therapeutischen Konzepte umfassen: Aktive physiotherapeutische Behandlungen: Die aktiven motorischen Übungen (Gangschulung, Schwimmen, Atemgymnastik, mimische Ausdrucksübungen, Sprechübungen usw.) haben zum Ziel, dass sie die Verrichtungen des täglichen Lebens verbessern und damit zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen. Als positiver Nebeneffekt lässt sich festhalten, dass diese Übungen fast immer zu einer Verbesserung der sozialen Kontakte in der Gruppe führen und die Gruppentherapie bereitet nicht nur Freude, sondern motiviert auch jeden Einzelnen. (vgl.: Poller, 2004, S. 40) Passive Therapiemaßnahmen: Unter
passiven
Therapiemaßnahmen
fallen
Streckungen
der
Gelenke,
die
Dehnübungen, Massagen und Wärmeanwendungen sowie Thromboseprophylaxe. Hierbei fügen sich die Übungen ein, die in den letzten 30 Jahren den Weg von Asien und/oder Amerika nach Europa gemacht haben. Auch hier sind aktive und passive Ansätze zu unterscheiden und zu den aktiven gehören „Taiji“, „Quigong“ und die „Feldenkrais Methode“. Bei den passiven Anwendungen hat „Reiki“ bisher die größte Akzeptanz bei den Patienten erfahren. (vgl.: Poller, 2004, S. 40) Die Betroffenen und ihre Angehörigen sollten wissen, dass leichte bis mäßige körperliche Belastungen auch für den Patienten unbedenklich sind und diese fördern außerdem die Herz-Kreislauf-Funktionen und damit die Ausdauer, das Wohlbefinden und sogar die geistige Leistungsfähigkeit. Die Übungsabläufe sollen später auch selbstständig und vor allem regelmäßig durchgeführt werden. Das Wichtigste ist ein regelmäßiges Training, denn zeitlich begrenzte physiotherapeutische Maßnahmen, und seien sie noch so intensiv, bringen auf Dauer wenig, wenn sie der Parkinsonpatient nicht selber fortzuführen gewillt ist. (vgl.: http://psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf; 89f.)
27
S.
6.3.2. Ergotherapie Die
Ergotherapie
bemüht
sich
um
die
Wiederherstellung
und
Förderung
eingeschränkter körperlicher, seelischer und psychosozialer Funktionen. Die Therapie sollte nicht mit dem früher gebräuchlichen Begriff „Beschäftigungstherapie“ verwechselt werden, denn sie hat ein weitaus größeres Aufgabenspektrum mit dem Ziel die größtmögliche Selbstständigkeit im Alltag d.h. zu Hause und am Arbeitsplatz zu erhalten. Bei Parkinson Betroffenen geht es vor allem um das Training der so genannten feinmotorischen Leistungsfähigkeit und die Aufrechterhaltung bzw. Abstimmung des Gleichgewichts. Bei
Aufmerksamkeits-,
Gedächtnis,
und
Orientierungsstörungen
nutzt
die
Ergotherapie neuropsychologisch orientierte Trainingsmethoden wie z.B.: ein Hirnleistungstraining. Wichtig ist hierbei die Motivation, wie Zuspruch, Ermunterung und vor allem Geduld (sowie die Fähigkeit, sich von einer möglicherweise negativen Sichtweise des Patienten nicht anstecken zu lassen, eine Empfehlung, die für alle im Umfeld der Parkinson Betroffenen gilt). Ebenso ist die Erkenntnis wichtig, dass der Leistungsgrad zwar kontinuierlich, aber angepasst gesteigert werden soll. Überforderungen führen rasch zu Resignation, Miss-Stimmung, Depressivität, Reizbarkeit, kurz: der Betroffene, seine Angehörigen und Therapeuten geben vielleicht auf. Dies gilt es zu verhindern bzw. rechtzeitig zu erspüren, ob so eine Entwicklung entstehen kann. Die Alltags-Aktivitäten bzw. ihre entsprechenden Übungen umfassen vor allem das An und Auskleiden, die Körperpflege, das selbstständige Essen und die Haushaltungsführung. Dem dienen vor allem manuelle Therapieverfahren wie z.B.: Plastilieren, Malen, Bastelarbeiten u.a.. Diese mögen auf den ersten Blick schlicht, unterfordernd, vielleicht sogar diskriminierend und einfältig aussehen, doch sind sie äußerst nützliche Hilfsmittel und müssen – wie der Therapieverlauf rasch zeigen wird – in Einzelfällen überhaupt erst wieder neu erlernt werden. Bei kognitiven Störungen gibt es spezielle Übungsmaterialien zum Gedächtnistraining, diese werden auch „Hirn-Jogging“
genannt.
Hierbei
kommen
inzwischen
auch
verschiedene
Computerprogramme zum Einsatz. Trainiert werden die Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnisleistung, sowie Denk- und Handlungsabläufe. Der Betroffene und seine 28
Angehörigen müssen fortlaufend dazu ermuntert werden, die Geselligkeit und die alten Hobbies weiterzuführen. Sicherlich sind die Kräfte und vor allem der Zeitaufwand ungleich größer geworden, doch das Ergebnis rechtfertigt jeglichen Einsatz.
(vgl.:
http://psydok.sulb.uni-
saarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf; S. 92f.) 6.3.3. Logopädie Die Logopädie befasst sich mit Sprach-, Stimm- und Sprechstörungen und dazu gehören auch Schreiben, Lesen und der Umgang mit Zahlen. Parkinson Betroffene haben in dieser Sparte ebenfalls Probleme, nämlich ihre charakteristischen Stimmund Sprechstörungen. Schuld daran sind Störungen der Atmung, der Artikulation (die Formung der Sprachlaute durch koordiniert abgestimmte Bewegungen von Mundhöhlenwandung,
Lippen,
Zähnen,
Zunge,
Gaumensegel,
Rachen
und
Kehlkopf), der Photation (Tonbildung im Kehlkopf durch Einatmungsluft und entsprechende Bewegung der Stimmbänder) u.a.. Die Sprach-, Stimm- und Sprechstörungen können sich im zwischenmenschlichen Bereich, d. h. im Alltag besonders negativ auswirken und zu entsprechender Entmutigung
bzw.
Dysarthroponie
schamhaftem
bei
Rückzug
Parkinson
mit
Betroffenen
Isolationsgefahr wird
durch
führen.
Die
nachfolgende
Beeinträchtigungen beschrieben: Monotone, leise Sprechweise Störungen in der Formung der Sprachlaute Eine rasche Ermüdbarkeit der Stimme Eine veränderte Sprachmelodie Ein Stimmtremor Ein verlangsamter oder beschleunigter Silbenfluss Dyskinesien im Mund-Zungen-Bereich Sprechblockaden beschleunigtes Sprechen Die ungewöhnliche Sprachmelodie, d. h. eigenartige Betonung beim Sprechen und die unerwarteten Pausen dazwischen gehen einerseits auf die gestörte Atemtechnik, 29
andererseits auf den Rigor der Schlundmuskulatur zurück. Die Störungen der Artikulation, also die Formung der Sprachlaute dagegen werden vor allem durch die erhöhte Muskelspannung der Zungen- und Mundmuskulatur verursacht. Der Silbenfluss, auch als Sprachrate bezeichnet, kann beschleunigt oder verlangsamt, aber
auch
normal
Bewegungsstörungen
sein im
und
auch
die
Mundbereich,
Geschwindigkeit
vermehrter
verändern.
Speichelfluss
oder
Mundtrockenheit können das Sprechen zusätzlich behindern und je früher die erfolgreiche medikamentöse Gesamtbehandlung beginnt, desto erträglicher sind die Sprechstörungen. Wird
es
aber
in
diesem
Bereich
immer
enger,
d.
h.
kommt
es
zu
Verständigungsproblemen im Alltag und weiterführend zu den befürchteten psychosozialen Reaktionen ist die Logopädie gefordert. Da neben der Sprechstörung auch noch eine verminderte Mimik und Gestik das Gesamtbild beeinträchtigen kann. Deshalb zielt die Logopädie beim Parkinson-Syndrom auf eine bessere Koordination von Atmung und Stimmproduktion, auf die Beeinflussung der Sprachmelodie, auf die Motivation, sich dem zwischenmenschlichen Kontakt zu stellen und auf die Behandlung von Kau- und Schluckstörungen ab. Beteiligt sind neben Logopäden auch Neurolinguisten und Sprachtherapeuten, die – jeder auf seinem Gebiet – unterschiedliche Techniken und Methoden zur Förderung zwischenmenschlicher Kontakte erarbeitet haben, welche sich dann auch für den Parkinson Patienten auszahlen. Allerdings ist ein länger anhaltender Erfolg nur bei motivierten und geistig nicht eingeschränkten Patienten zu erwarten und auch nur dann möglich wenn das Umfeld einbezogen wird und aktiv mitmacht. Aktiv heißt für den anderen: Sich ständig daran zu erinnern, dass man sich beim Kontakt mit Parkinsonbetroffenen für ein Gespräch Zeit lassen muss und dass man lernen sollte zuzuhören, auch wenn es noch „stockend daher kommt“. Man sollte auch vor allem meiden, die ja offensichtlich mühsam formulierten Sätze ständig abzuschneiden um sie selber zu Ende zu führen. Deshalb müssen Parkinson-Betroffene ihre verbliebenen Sprechfunktionen auch ständig trainieren, vor allem im Bezug auf die alltägliche Kommunikation. Dazu gehören so genannte mund-motorische Übungen (z.B.: vor dem Spiegel), die Kontrolle der Sprechgeschwindigkeit und Sprachmelodie sowie Sprechübungen mit lautem Sprechen, Atem- und Schluckübungen und auch Mimikübungen. Immer 30
häufiger werden Unterstützungsmöglichkeiten wie z.B.: „Sprechbrett“, BiofeedbackVerfahren
oder
Tonkassetten
zu
Übungszwecken
genutzt.
http://psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf;
(vgl.: S.
94f.) 7. Die Pflege des Parkinsonpatienten Die Pflege des Parkinsonpatienten ist ein wesentlicher Bestandteil der stationären Behandlung
und
eine
optimale
Pflege
wird
gewährleistet,
wenn
die
krankheitsbedingten Einschränkungen des Betroffenen ganzheitlich erfasst werden und die Pflege nicht nur auf einen Teilaspekt der Erkrankung eingeht. Dabei sollte das Maß an Pflege genau auf den Schweregrad der Erkrankung abgestimmt sein und weiterhin muss bei allen pflegerischen Maßnahmen berücksichtigt werden, dass sie dem Patienten dazu dienen, seine Selbstständigkeit auf ein möglichst hohes Niveau zu halten und ihn dabei zu unterstützen dieses wiederzuerlangen. Keinesfalls darf die Pflege dazu führen, dass der Patient unselbstständig wird. Es sollte der Grundsatz gelten „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ und der goldene Mittelweg kann dabei nicht pauschal angegeben werden, sondern muss auf jeden Patient neu definiert werden. Das Maß an Pflege, welches individuell für einen Patienten notwendig ist, muss in enger Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Pflegepersonal, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden ermittelt werden und nur in Abstimmung des multidisziplinären Teams kann eine optimale Versorgung des Patienten in allen Stadien der Erkrankung erfolgen. Die unterschiedlichen Schweregrade der Erkrankung erfordern unterschiedliche Maßnahmen, sowie eine gestufte Intensität der
Hilfeleistungen
wie
z.B.:
Bettlägerige
Patienten
sind
auf
pflegerische
Maßnahmen angewiesen, beim Mobilen aber in seinen Bewegungs- und Handlungsabläufen eingeschränkten Patienten treten hingegen unterstützende Maßnahmen in den Vordergrund des Pflegeangebotes und es sollte vermehrt die Eigenständigkeit gefördert werden. Der selbstständige Patient hingegen bedarf der Supervision der professionellen Hilfe zur Selbsthilfe. (vgl.: Pruznek / Müller, 1999, S. 25)
31
7.1.
Die Pflegeziele
Wichtige Ziele bei der Pflege von Parkinsonpatienten sind die längst mögliche Erhaltung der Selbständigkeit und Mobilität, die eigenständige Durchführung der Körperpflege, die selbstständige Zubereitung und Aufnahme der Nahrung, die Kommunikation und das Selbstwertgefühl aufrechterhalten, sowie Komplikationen zu verhindern. (vgl.: Höwler, 2007, S. 286) Folgende Pflegeprobleme können beim Krankheitsbild auftreten: Die depressive Verstimmung und der Rückgang des Selbstwertgefühls Die Immobilität und Unselbstständigkeit durch die Bewegungsarmut Die Einschränkungen bei der Körperpflege Die eigenständige Zubereitung des Essens und die Nahrungsaufnahme sind erschwert Die eingeschränkte Kommunikation
Die sekundäre Erkrankungen, ausgelöst durch die Bettlägerigkeit: Dekubitus, Aspirations- oder hypostatische Pneumonie, Thrombose, Parotitis, Soor, Obstipation, Kontrakturen
Die Nebenwirkungen der Medikation (vgl.: Höwler, 2007, S. 286)
Die einzelnen Pflegemaßnahmen werden genau festgelegt, um das Pflegeziel zu erreichen und somit sind sie von Bezugspflegepersonen genau überprüfbar. Die Pflegeplanung sollte vom ganzen Team aufgestellt werden, um sich auf eine gemeinsame Vorgehensweise zu einigen. Wenn möglich sollte das Team auch den Parkinsonbetroffenen in den Pflegeplan mit einbeziehen. Der Pflegeverlauf wird regelmäßig dokumentiert und der Pflegebericht muss Auskunft darüber geben, wie sich die Pflegemaßnahmen beim Kranken auswirken. Durch das dokumentierte Pflegeziel ist der Erfolg einer therapeutischen Pflege zu beurteilen und zu überprüfen und es zeigt sich auch, inwieweit die festgelegten Ziele beim Betroffenen erreicht wurden. Falls ein Ziel nicht zu erreichen
32
ist, so ist eine Korrektur anzustreben und die Auswertung aller Pflegehandlungen müssen immer im Team besprochen werden. Die Stimmung und Verhalten, Hautzustand sowie Funktionen der Ausscheidungen (Harn, Stuhl, Schweiß) müssen beobachtet, sowie dokumentiert werden und an den behandelnden Arzt weitergegeben werden. (vgl.: Höwler, 2007, S. 286) 7.2.
Sich pflegen und kleiden
Die Grundpflege bezieht sich primär auf das Waschen und Ankleiden und dabei sollte berücksichtigt werden, dass beim Patienten vermehrtes Schwitzen und eine vermehrte Talgproduktion auftreten kann. (vgl.: Pruznek / Müller, 1999, S. 26) Hierbei sollte mit Dermatologen oder Kosmetikern Rücksprache bezüglich geeigneter Cremes gehalten werden. (vgl.: Humboldt et al., 2009, S. 16) Bei diesen dermatologischen
Störungen
können
Detergenzien
und
lindernde
Lotionen
angewendet werden. Der Betroffene wird damit häufiger geduscht und anschließend gut
abfrottiert.
Übermäßige
Schweißabsonderungen
können
durch
Waschungen/Bäder mit Salbeitee oder Eichenrinden-Abkochung beeinflusst werden. Die reduzierte Häufigkeit des Lidschlages kann zu einem unangenehmen Symptom des Augenbrennens oder -stechens führen. Dadurch bleibt der physiologische Säuberungsmechanismus durch den Lidschlag aus und es kann zu Konjunktivitis und verklebten Augenlidern führen. Durch Spülen der Augen mit künstlicher Tränenflüssigkeit können die Symptome behoben werden. Nach den Mahlzeiten ist auf eine gründliche Mundhygiene zu achten, um eine Soorinfektion oder eine Parotitis zu vermeiden. (vgl.: Höwler, 2007, S. 287) Besonderes Augenmerk verlangen eventuelle Störungen der Harnentleerung und die damit
verbundenen
hygienischen
Probleme
und
bei
den
aufgeführten
Grundpflegemaßnahmen sollte das Pflegepersonal nur dann Hilfestellung geben, wenn diese unbedingt notwendig ist, auch hier gilt der Grundsatz, Hilfe zur Selbsthilfe. Bei bettlägerigen Patienten, die sich kaum bewegen können, ist es besonders wichtig die Dekubitusprophylaxe zu beachten. (vgl.: Pruznek / Müller, 1999, S. 26)
33
Auch bei stärkeren Bewegungseinschränkungen sollten die Patienten zum Waschen aus dem Bett kommen und sich alleine vor dem Waschbecken waschen, pflegen und anziehen. Hierbei sollte die Pflegeperson mit Geduld die Tätigkeit begleiten und das Tempo beeinflussen. Ähnliches gilt für die Auswahl und das Benutzen der eigenen Kleidung. Hier muss vor allem auf lockere Kleidung ohne kompliziertes Schließen, sowie auf ein sturzsicheres Schuhwerk geachtet werden. (vgl.: Humboldt et al., 2009, S. 16) 7.3.
Essen und Trinken
Die Nahrungsaufnahme sollte primär durch den Patienten allein erfolgen. Eine Vorbereitung / Darreichung kann erfolgen, wenn es unbedingt notwendig scheint, denn viel wichtiger ist, dass das Pflegepersonal sich genügend Zeit nimmt um den Patienten zu unterstützen. Somit steht der Patient nicht unter dem Druck möglichst schnell mit dem Essen fertig zu werden. Beim Essen ist darauf zu achten, dass kleine Bissen ausgiebig gekaut und kleine Schlucke getrunken werden, um ein Verschlucken zu verhindern und bei Ermüdungserscheinungen während des Essens sollten kurze Pausen eingelegt werden. Dabei ist es wichtig, dass z.B.: in der Vorbereitung die Teller angewärmt sind bzw. Warmhaltemöglichkeiten zur Verfügung stehen, damit das eventuelle Abkühlen der Speisen den Patienten nicht unnötig unter Druck setzt. Nach der eingenommenen Speise ist an die Mundpflege zu denken, da sich oft Speisereste in den Wangentaschen befinden. Hilfsmittel in Form von Spezialbesteck ermöglichen eine bessere Handhabung und erleichtern die Nahrungsaufnahme, näheres siehe unter 11.3. (vgl.: Pruznek / Müller, 1999, S. 26) Brot und Fingerfood ist unter Umständen in mundgerechte Stücke zu schneiden und kann mit einer Gabel gegessen werden. Es sollte auf eine ausreichende Trinkmenge in jedem Fall geachtet werden, da der Antrieb zum Trinken vermindert sein kann. Bei den Mahlzeiten ist zu beachten, dass eiweißreiche Kost Levodopa bindet. Daher sollten eineinhalb Stunden vor und nach der Gabe von Antiparkinsonika keine Milchprodukte und ähnliche Nahrungsmittel zu sich genommen werden. (vgl.: Humboldt et al., 2009, S. 16) Es gibt aber auch PatientInnen, die nach der Hauptmahlzeit in den frühen Nachmittagsstunden eine starke Akinese empfinden. Diese Patienten sollten versuchen, die Mahlzeiten tagsüber eher eiweißarm zu gestalten und die nötige Tagesmenge nur beim Abendessen zu sich zu nehmen. 34
Eiweiß ist in allen tierischen und auch in pflanzlichen Produkten enthalten. Zu den eiweißreichsten Nahrungsmitteln zählen Milch, Joghurt, Topfen, mageres Fleisch, Wurst, Fisch, Eier, Käse, Kartoffeln, Getreide, Hülsenfrüchte und Sojaprodukte. Kohlenhydrate spielen in der Resorption von L-Dopa ebenfalls eine Rolle, da sie die Aufnahme ins Gehirn fördern. Eine erhöhte Zufuhr ist vor allem bei Gewichtsverlust empfohlen, kann aber, wie eine allzu eiweißarme Diät, zur Verstärkung einer Hyperkinese führen. Eine wichtige Rolle spielt auch die Magenentleerung, denn je länger das L-Dopa im Magen bleibt, desto weniger steht im Dünndarm für die Resorption zur Verfügung. Untersuchungen haben gezeigt, dass L-Dopa nüchtern eingenommen am schnellsten wirkt und auflösbare Präparate können die Wirkung noch beschleunigen. (vgl.: Humboldt et al., 2009, S. 19) 7.4.
Sich bewegen
Die Bewegungsabläufe sollten das Pflegepersonal mit kontrollieren und dem Patienten helfen, einen optimalen Bewegungsablauf zu finden. Primär bleibt die Schulung der Bewegungsabläufe den Physiotherapeuten überlassen doch sollte in einer engen Zusammenarbeit zwischen Physiotherapeuten und Pflegepersonal gezeigt werden, wie diese dem Patienten entsprechende Hilfestellungen geben können. Hierbei ist besonders auf Startschwierigkeiten, Freezing, Fallneigung, Kleinschrittigkeit und gebeugte Körperhaltung zu achten. Die Zeit auf Station sollte genutzt werden, Bewegungsabläufe und die Körperhaltung zu korrigieren und zu optimieren. (vgl.: Pruznek / Müller, 1999, S. 26) Die Bewegungsarmut darf nicht dazu verleiten, Parkinsonkranke im Bett liegen oder im Stuhl sitzen zu lassen, denn immer wieder müssen sie zu Bewegungen angeregt werden – am besten spielerisch – etwa durch Sitzgymnastik bei der täglichen Morgenrunde aber auch dadurch, dass die Pflegepersonen mit ihnen gehen. Beim Laufen sollte bewusst auf große Schritte und eine Mitbewegung der Arme geachtet werden. Körperliche Aktivität trägt dazu bei depressiv-resignierende Grundhaltungen zu überwinden und die Selbstständigkeit sowie das Selbstbewusstsein zu fördern. Auf Rollstühle sollte so lange wie möglich verzichtet werden, ebenso sind reziproke Gehgestelle nicht ideal, besser sind hier Gehhilfen mit Rädern oder – so lange es geht der ergonomisch angepasste Stock. Da die krankengymnastischen Therapieeinheiten in ihrer Frequenz alleine oft nicht ausreichen,
ist
es
sinnvoll
Krankengymnastik, 35
unter
Anleitung
der/des
Physiotherapeuten/in, in verschiedene geeignete Pflegehandlungen zu übernehmen. (vgl.: Humboldt et al., 2009, S. 17) Um den Start, besonders am Morgen zu erleichtern, sollte die morgendliche Medikamentendosis auf dem Nachttisch bereitliegen und nach einer halben Stunde kann der Betroffene sich im Bett mit Hilfe einer Strickleiter hochziehen. Die Bewegungsverlangsamung bewirkt, dass sich die Patienten in der Nacht nicht so häufig umlagern und Parkinsonkranke im fortgeschrittenen Stadium müssen daher in der Nacht zwei- bis dreistündlich umgelagert werden um einem Dekubitus der Haut vorzubeugen. Die Füße schwellen oft bei Patienten mit beträchtlicher Akinese an. Das Ödem verschwindet mit der gezielten Behandlung des Parkinsonismus und sobald der Patient gelenkiger wird und die Beine häufiger bewegt. Als zusätzliche Maßnahme verschreibt der Arzt ein Diuretikum. (vgl.: Höwler, 2007, S. 287) 7.5.
Kommunizieren
Einschränkungen beim Sprechen, in Mimik, Gestik und beim Schreiben führen nicht selten zur Isolation. Hilfestellungen können erfolgen indem man den Patienten dazu ermutigt, langsam und deutlich zu sprechen, sowie Mimik und Gestik einzusetzen und ihn anhält, täglich ein Schreibtraining durchzuführen. Hier ist die Absprache mit dem Logopäden sinnvoll und das Pflegepersonal sollte sich Zeit nehmen, mit dem Patienten Gespräche zu führen über alltägliche Dinge, über seine Befindlichkeit und über seine familiäre Situation. Weiterhin sollte darauf geachtet werden, dass der Betroffene an Gruppenaktivitäten teilnimmt, die Station verlässt, um das Café oder den Garten aufzusuchen und eventuell Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufnimmt. (vgl. Pruznek / Müller, 1999, S. 26) Musiktherapie kann die Aussprache des Betroffenen klarer machen, denn der Kranke kann beim Reden rhythmisch auf eine Trommel schlagen, welches ihm hilft die Zungenmuskulatur besser zu koordinieren und damit die Sprechgeschwindigkeit zu regulieren. (vgl.: Höwler, 2007, S. 287)
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7.6.
Ausscheiden
Nächtliches Einnässen aufgrund von Bewegungseinschränkung kann behoben werden, wenn die Betroffenen mit geeigneten Inkontinenzhilfsmitteln (Vorlagen, Toilettenstuhl am Bett) versorgt werden. Bei Parkinsonismus sind die Bewegungen des Darms ebenso verlangsamt, wie die der Extremitäten und es kann zu Obstipation führen. Daher sollte der Patient eine ballaststoffreiche Ernährung zu sich nehmen und ausreichend Flüssigkeit trinken. Ebenso ist die Ausscheidung zu überprüfen, so dass insgesamt eine ausreichende Flüssigkeitsbilanz besteht und eine Trink- und Ausfuhrkontrolle erleichtert die Überprüfung. Ein Flüssigkeitsmangel kann zu einer Verschlechterung der Parkinsonsymptome führen. (vgl.: Höwler, 2007, S. 288) 7.7.
Für eine sichere Umgebung sorgen
Lässt sich ein Krankenhausaufenthalt aus Gründen der medikamentösen Einstellung nicht vermeiden, so ist es hilfreich dem Patienten möglichst viele vertraute Gegenstände mitzugeben. Diese können Fotos von Angehörigen sein, oder eigene Handtücher bis hin zur bekannten Bettwäsche. (vgl.: Höwler, 2007, S. 288) 7.8.
Prävention und Gesundheitsberatung
Betroffenen sollen auf den Umgang mit den Medikamenten achten, ebenso ist auf die Ernährung zu achten, das heißt dass man ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt und das L-Dopa Präparat nicht zusammen mit eiweißreichen Mahlzeiten nimmt. Auch ist es wichtig Bewegungsübungen durchzuführen und das gleiche gilt für Sprech- oder Schreibübungen. Man sollte auch auf eine allgemeine Sturzprophylaxe wertlegen und soziale Aktivitäten durchführen und den Kontakt zu Selbsthilfegruppen suchen. (vgl.: Menche et al., 2007, S. 1319)
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8. Heil- und Hilfsmittel Therapiekitt Diese Masse wird für Finger- und Handübungen verwendet und es gibt verschieden Sorten mit unterschiedlicher Festigkeit. Der Kitt härtet nicht aus und ist unbegrenzt haltbar, färbt nicht auf die Hände ab und er ist erhältlich in drei Festigkeitsgraden: weich, mittel, hart. (vgl.: Henneberg, 1999, S. 118) Anziehilfen Ein Strumpfanzieher ist ein einfaches Gerät, welches aus hochflexiblem Polyäthylen mit Baumwollbändern besteht. Der Strumpf wird über die gebogene Rinne geführt und von den Seitenkerben in der richtigen Position gehalten und der Fuß wird dann in die Öffnung des Strumpfes gesetzt, welches jetzt mit Hilfe der Bänder nach oben gezogen werden kann. Knöpfen muss auch kein Problem sein, denn Knöpfhilfen wurden speziell für das Zuknöpfen mit nur einer Hand konstruiert. Die normalen und knaufförmigen Griffe lösen die meisten Probleme beim Knöpfen, aber es sind auch ganz besondere Knopfhaken erhältlich. Wie z.B.: mit Gummihandgriff für besonders sicheres Greifen oder als Saugnapfversion zur Befestigung an einer glatten Wand. (vgl.: Henneberg, 1999, S. 119) Esshilfen Um zu verhindern, dass Speisen über den Tellerrand hinaus rutschen, sind Ränder entwickelt worden, die auf herkömmliches Geschirr aufgesteckt werden können. Diese müssen flexibel, leicht aufzustecken und bruchsicher sein um auf verschiedene Teller zu passen. Essbestecke mit schwarzen Griffen sind den Konturen der Hand entsprechend angepasst, so dass sich auch mit geringen Druck gehalten werden können und zusätzlich ist ein abgewinkeltes Messer erhältlich, welches mit einer leichten Wiegebewegung wirksam genutzt werden kann. (vgl.: Henneberg, 1999, S. 120)
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Koch- und Küchenhilfen Eine große Erleichterung bei der täglichen Küchenarbeit stellen Schneidbretter dar, welche so konstruiert sind, dass sie selber nicht verrutschen können und auch ein Verrutschen der zu schneidenden Nahrungsmittel verhindern. So ermöglichen sie Parkinson Betroffenen das Bestreichen von Brot, sowie das gezielte Schneiden von Brot, Fleisch und Gemüse. (vgl.: Henneberg, 1999, S. 121) Gehhilfen Das Deltarad, der Rollator und das Gehgestell ermöglichen Unterstützung bei unterschiedlichen Graden der Gehbehinderung. Ebenso gibt es einen Anti-Freezing Stock, welcher bei Starthemmungen eingesetzt wird: Durch das Ausfahren eines Zeigers, über den der Patient antreten kann, wird das Losgehen erleichtert. (vgl.: Henneberg, 1999, S. 122)
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9. Zusammenfassung Morbus Parkinson ist eine chronische Erkrankung, die in jedem Lebensalter auftreten kann und man beschreibt die häufigsten primären Symptome, wie Rigor, Tremor, Brady- oder Hypokinese und Bewegungsunruhe. Für Patienten mit einem parkinsonschen Symptom ist die schiefe Körperhaltung typisch, da die Erkrankung sich indirekt auf den Körper auswirkt und dies führt zu einer gebückten Haltung und dem typischen Maskengesicht. Die Erkrankung kann jeden treffen und es ist auch nachgewiesen, wenn man zwei Krankheitsfälle in der Familie hat, dass das Risiko an Morbus Parkinson zu erkranken doppelt so hoch ist. Die Erkrankung wird in fünf Krankheitsstadien unterteilt, angefangen mit dem Stadium eins, wobei die Symptomatik einseitig besteht und eine geringe funktionelle Beeinträchtigung vorliegt. Das Endstadium wird mit Stadium fünf benannt und hierbei kann der Patient bettlägerig oder pflegebedürftig sein. Der Verlauf der Erkrankung ist schleichend über Jahre und die Betroffenen bemerken eine gewisse Steifigkeit der Muskeln. Bei einem Teil der Betroffenen gelingt es therapeutisch den Verlauf der Erkrankung in einem Gleichgewicht zu halten, doch bei einem anderen Teil der Betroffenen nehmen die Symptome innerhalb eines Jahres stetig zu und lassen sich therapeutisch nicht mehr ausreichend kompensieren. Neben der medikamentösen Therapie gibt es operative Behandlungen wie die stereotaktischen Interventionen. Hierbei werden bestimmte Hirnregionen durch einen mechanischen Eingriff durch Elektroden in Vollnarkose vorübergehend ruhiggestellt. Diese Behandlung führt zu einer Verbesserung der motorischen Kardinalsymptome. Als nichtmedikamentöse Therapie bezeichnet man die Physio-, Logo- und Ergotherapie, welche einen erheblichen Teil der Therapie bei Morbus Parkinson beitragen. Die Pflege von Parkinsonpatienten ist ein wesentlicher Bestandteil einer stationären Behandlung und diese wird gewährleistet wenn ein interdisziplinäres Team von Ärzten, Pflegepersonal, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden zusammenarbeitet. Das oberste Ziel der Pflege von Parkinsonpatienten ist es die Selbständigkeit des Patienten auf einem hohen Niveau zu bewahren. Graz, November 2009
Weidmann Tanja
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10.Literaturverzeichnis Bücher: Fries, W. / Liebenstund, I. (1998): Physiotherapie beim Parkinson-Syndrom: Ein Leitfaden zur Bewegungstherapie. München: Pflaum Gerlach, M. (2001): Die Parkinson-Krankheit: Grundlagen, Klinik, Therapie. Wien: Springer Verlag Henneberg, A. (1999): Parkinson – zu neuem Gleichgewicht finden: Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige. Freiburg: Verlag Herder Höwler, E. (2007): Gerontopsychiatrische Pflege: Lehr und Arbeitsbuch für die Altenpflege. Hannover: Brigitte Kunz Verlag. Menche, N. / Grunst, S. / Asmussen-Clausen, M. / Beck, H. / Bernig, B. / Beth, B. / Bilen, E. / Brüggemann, R. / Bürger-Mildenberger, A. / Dangel, B. / De Jong, A. / Fischer, T. / Fischle, G. / Fröhlich, A. / Röhm-Kleine, S. / Grevers, G. / Hasenburg, A. / Heffels, W. / Hein, B. / Hellinger, E. / Hertlein, R. / Huhn, S. / Isfort, M. / Kamphausen, U. / Katryniok, M. / Kommerell, T. / König, P. / Kümmel, L. / Lindemeyer, T. / Mayer, H. / Michaelis U. / Nydahl, P. / Panfil, E. / Renz- Polster, H. / Röhl, A. / Gerlach, H. / Klare, T. / Richter, M. / Schädle, W. / Schmidbauer, W. / Simon-Jödicke, A. / Warmbrunn, A. / Weidlich, U. / Weiß, B. / Zegelin, A. / ZielkeNadkarni, A. / Zimmer, M. / (2007), Pflege Heute, München: Urban & Fischer Poller, B. (2004): Maßnahmen der Sporttherapie in der Rehabilitation bei Morbus Parkinson, Graz: Pruznek, H. / Müller, T. (1999): Nichtmedikamentöse, adjuvante Therapie bei der Behandlung des Morbus Parkinson. Stuttgart – New York: Georg Thieme Verlag Thümler, R. (2006): Die Parkinson – Krankheit: Mehr wissen – besser verstehen. Trias Verlag 41
Van Seggelen, P. H. (2001): Parkinson: Professionelle Pflege und Therapie. Bern: Verlag Hans Huber Fachzeitschriften: Ceballos-Baumann, A. (2006): Aktuelle Aspekte der Parkinson Therapie, in: Ärzte Magazin expertise, Sonderausgabe Juni, S. 1- 4 Humboldt, H. / Roosevelt, T. / Breschnjew, L. / Honecker, E. (2009): Die Parkinson Krankheit, in: Geronto-News, Nr. 02/09; S. 9 – 20. Jellinger, K. (2003): Demenzen, Morbus Alzheimer und Morbus Parkinson beim alternden
Mann,
in:
Blickpunkt
Der
Mann:
wissenschaftliches
Journal
für
Männergesundheit, 1 (3), S. 34 – 42 Reuter, I. / Engelhardt, M. (2007): Sport und M. Parkinson, in: Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, Jahrgang 58, Nr.5, S. 122- 133 Internet: http://www.bayerhealthcare.at/scripts/pages/de/patienteninfos/morbus_parkinson/ind ex.php (11.08.2009; 12:45) http://psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2004/270/pdf/faust1_parkinson.pdf (11.08.2009; 19:00) Abbildungsverzeichnis: Abb.1.: (http://www.hainstaedterspaetlese.de/Morbus_Parkinson_Symptome_der_krankheit.j pg (20.11.2009)) Abb.2.: (http://www.merz.ch/de/gesundheit/parkinson/therapie/medikamentoes (20.11.2009))
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