Maren Rahmann, Angélica Castelló, Andreas Pamperl, FLEISCHEREI, Wien © Rainer, Berson, Blindspot E2

„AUF DIESEM DUNKEL NDEN STERN“ SOLO-Performance mit Maren Rahmann nach Texten von INGEBORG BACHMANN eine Produktion von FLEISCHEREI – Projekt Theater STUDIO phase 2, Wien www.experimentaltheater.com

„AUF DIESEM DUNKEL NDEN STERN“ SOLO-Performance mit Maren Rahmann nach Texten von INGEBORG BACHMANN eine Produktion von FLEISCHEREI – Projekt Theater STUDIO phase 2, Wien Mit Unterstützung der Erben Ingeborg Bachmanns

MITWIRKENDE: Maren Rahmann Regie: Eva Brenner Komposition & Live Musik: Angélica Castelló Raum & Projektionen: Andreas Pamperl Künstlerische Leitung: Eva Brenner & Maren Rahmann

UA 2004, Dublin (IR) ÖE / Neuinszenierung im Palais Palffy, Wien, Mai 2006 im Rahmen der Veranstaltungsreihe und Ausstellung zum 80. Geburtstag von Ingeborg Bachmann. Neuinszenierung 2008 aus Anlass des 35. Todesjahres der österreichischen Autorin – Gastspiele in Polen, Slowakei und Österreich. Performance mit Video-Closed-Circuit - Dauer ca. 1 h

Die Solo-Performance „Auf diesem dunkelnden Stern“ montiert einen repräsentativen Querschnitt aus dem Werk Ingeborg Bachmanns zu einen spannenden Abend für eine Schauspielerin. Gedichte aus verschiedenen Lebensphasen sowie Auszüge aus Reden, Essays und dem Roman „Malina“ zeigen eine Autorin, die sich schonungslos aussetzte und zugleich Stellung nahm, unbeirrbar in ihrer Suche nach Authentizität und mit ihrer sprachgewaltigen Widerständigkeit. Ingeborg Bachmann überschritt Grenzen und lenkte den Blick auf deren Durchlässigkeit - zwischen dem Ich und seinem Lebensraum, dem so genannten Privaten und dem Öffentlichen. Die Schauspielerin Maren Rahmann begegnet den Texten auf persönlichem und direktem Weg, verortet die existenzielle Notwendigkeit der Worte, ihre Radikalität und Kraft im Hier und Jetzt. Dem Mythos vom Scheitern wird der aktive Widerstand der Autorin gegenüber gesetzt – in dem Versuch, ein „Monument“ österreichischer Literatur näher zu bringen.

„Auf diesem dunkelnden Stern“ THEATRALE KONZEPTION

Maren Rahmann, Andreas Pamperl im Palais Palffy, Wien © Blindspot E2

Die Performance „Auf diesem dunkelnden Stern“ ist das vorläufige Ergebnis einer mehrjährigen Beschäftigung mit der österreichischen Autorin. Neben der zentralen Bedeutung der Texte Ingeborg Bachmanns spielen der öffentliche Raum, die Spaltung der Protagonistin in „zwei“ weibliche Figuren, die betonte Musikalität der Sprachbehandlung und die Verwendung von Live-Video eine wichtige Rolle. Für jedem Text wird eine eigene musikalisch-rhythmische Übersetzung gefunden, die in der theatralen Doppelgestalt – die „Autorin“ (Maren Rahmann in verblüffender Ähnlichkeit zu Ingeborg Bachmann (wird begleitet und gespiegelt von der „Musikerin“ (Angélica Castelló mit Flöte, Plattenspieler und Percussion) als Schattenfigur – ihren Ausdruck findet. Der Dialog oszilliert zwischen den verschiedenen Sprachen von „Musik & Dichtung“ (zugleich Titel eines Textes). Das großformatige Videobild, das der bildende Künstler Andreas Pamperl live filmt und simultan auf die Wand projiziert, ermöglicht den Diskurs zwischen Performance und medialer Übertragung; der Zuschauer wird Zeuge davon, wie das „Bild“ entsteht. Die ungewöhnliche theatrale Spannung lebt von der Differenz zwischen Körper und Ab-Bildung, Raumbild und Nahaufnahme, über die sich das Wort erhebt. Die Miteinbeziehung realer Räume wie Strasse (als Möglichkeit) und Auditorium, die fokussierte Präsenz der Zuschauer – auch sie finden sich auf den Videobildern wieder – führen den Texten eine beunruhigende Unmittelbarkeit zu. Es gelingt der Aufführung, platte Aktualisierungen zu unterlaufen, jegliche Ikonisierung oder nostalgische Verharmlosung zu vermeiden.

Ingeborg Bachmann „Einen einzigen Satz haltbar machen, / auszuhalten in dem Bimbam von Worten, // Es schreibt diesen Satz keiner, der nicht unterschreibt.“ (Ingeborg Bachmann im Gedicht „Wahrlich“, Werke 1, S 166) Ingeborg Bachmann, 1926 geboren, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Kärnten. In den Nachkriegsjahren studierte sie Philosophie, Germanistik und Psychologie an den Universitäten Innsbruck, Graz und Wien, promovierte1950 mit einer Arbeit über „Die kritische Aufnahme der Existenzialphilosophie Martin Heideggers“ Sie setzte sich mit der Sprachkritik Ludwig Wittgensteins auseinander, schrieb Essays über Robert Musil und Marcel Proust. In dieser Zeit wird die Dichtung ihr wichtigstes Ausdruckmittel und Paul Celan, den sie 1948 kennen lernt, ihr ein Freund, dem sie bis zu seinem Tod 1970 tief verbunden bleibt. Erste Gedichte werden in Zeitschriften veröffentlicht. Zwischen 1951 und 1953 ist Ingeborg Bachmann Redakteurin beim amerikanischen Radiosender RotWeiß-Rot in Wien. Ihr erstes Hörspiel Ein Geschäft mit Träumen entsteht. Sie pflegt Kontakt zu Hans Weigel, der im Wiener Café Raimund Künstler um sich schart. 1952 wird sie zu einer Tagung der Gruppe 47 in Niendorf an der Ostsee eingeladen. Die Lesung – sie tritt gemeinsam mit Paul Celan und Ilse Aichinger auf - ist der Beginn ihres literarischen Durchbruchs. Ein Jahr später erhält sie den renommierten Preis der Gruppe. Ihr erster Gedichtband Die gestundete Zeit wird begeistert aufgenommen. 1954 widmet ihr das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ eine Titelgeschichte. Ingeborg Bachmann ist der neue „Stern am deutschen Poetenhimmel“ (Süddeutsche Zeitung). Inzwischen in Italien arbeitet sie mit dem Komponisten Hans Werner Henze, den sie 1952 bei der Gruppe 47 kennen gelernt hatte. Für ihn schreibt sie u.a. Textfassungen zur Ballettpantomime Der Idiot (1953) und die Oper Der Prinz von Homburg (1960), zu ihrem Hörspiel Die Zikaden (1955) komponiert Henze die Musik. Die Zusammenarbeit der beiden ist auch Ausgangspunkt für eine Reihe musikästhetischer Essays, wie z.B. Musik und Dichtung (1959), die von der Bedeutung des Mediums Musik für ihr dichterisches Schaffen erzählen. 1956 erscheint der Gedichtband Aufrufung des großen Bären, 1958 das Hörspiel Der gute Gott von Manhattan, für das sie 1959 den Hörspielpreis der Kriegsblinden erhält. Sie bedankt sich mit der poetologischen Rede Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar. Inzwischen lebt sie in München, ist seit 1957 Dramaturgin beim Bayerischen Fernsehen, wurde zum korrespondierenden Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt gewählt. Sie engagiert sich mit anderen Mitgliedern der Gruppe 47 im „Komitee gegen die Atomrüstung“. 1959/60 hält Ingeborg Bachmann als erste Dozentin Poetikvorlesungen an der Universität Frankfurt/M. über „Fragen zeitgenössischer Dichtung“. 1961 erscheint der erste Erzahlband Das dreißigste Jahr. Ingeborg Bachmann ist am Höhepunkt ihres Erfolges, als sie sich – für die Öffentlichkeit – der Prosa zuwendet. 1971 erscheint der Roman Malina, eine Ouvertüre zu ihren „Todesarten - Projekt“, an dem sie seit langem gearbeitet hat und das unvollendet bleiben sollte. 1972 wird der Erzählungsband Simultan veröffentlicht. Ingeborg Bachmann stirbt am 17. Oktober 1973 an den Folgen eines Brandunfalles. Besonders in ihrem späteren Werk zeigt sich ein kompromissloses Streben nach Authentizität und eine zunehmende, offensive Weigerung Erwartungshaltungen des Literaturmarktes zu bedienen. Erst nach ihrem Tod entwickelte sich ein - insbesondere durch posthume Veröffentlichungen ermöglichtes umfassenderes Verständnis ihres literarischen Schaffens. Zwischen der verklärenden Bewunderung für die Lyrikerin in den fünfziger Jahren und autobiografischen Deutungen, in denen mit gewichtigem Hinweis auf die problematische Beziehung zu Max Frisch (1958 – 1962) ein tragödenhafter Unterton beigemengt war, gilt es eine differenzierte Sicht auf ein Werk zu finden, das bis heute nichts von seiner Brisanz verloren hat.

„Auf diesem dunkelnden Stern“ DAS PROGRAMM

OUVERTÜRE im Foyer: Exil (Werke, Piper, 1982, Bd. 1) - Musik&Sprachimprovisation

1.

Keine Delikatessen ( „Letzte unveröffentlichte Gedicht, Edition & Kommentar Hans Höller, 1998)

2.

Kriegstexte (div. Interviews und Malina, in: Werke, Bd. 2)

3.

Alkohol („Ich weiß keine bessere Welt“, 2000)

4.

Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar – (Rede zur Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden, 1959, in: Werke, Bd. 4)

5.

Schweigen befohlen (unveröffentlichtes Gedicht)

6.

Musik und Dichtung (Werke, Bd. 4)

7.

Müd und Untauglich („Ich weiß keine bessere Welt“)

8.

Meine Schreie („Ich weiß keine bessere Welt“)

9.

Werbung („Ich weiß keine bessere Welt“)

10. Auf das Opfer darf sich keiner berufen (Werke Bd. 4) 11. Ein Tag wird kommen... (Malina) 12. Die gestundete Zeit (Werke, Bd. 1) 13. Terror in Vietnam (Aus einer Erklärung vom Dezember 1965) 14. Die Waffen nieder! (aus dem Nachlass) 15. Böhmen liegt am Meer („Letzte unveröffentlichte Gedichte“) 16. Auflösung („Ich weiß keine bessere Welt“)

CODA: Meine Spießer („Ich weiß keine bessere Welt“)

Zusätzliche Musikzitate von Katharina Klement, Giuseppe Verdi, Rossi-Mann-Weil

Biografien der Mitwirkenden: (alphabetisch)

Eva Brenner (A/USA) Regisseurin, Bühnenbildnerin, Filmschaffende, Autorin, Theaterwissenschaftlerin Nach Engagements in Deutschland und der Schweiz Umzug nach New York City, dort Studium und Unterrichtstätigkeit von 1980 – 1993, Ph.D. an der New York University unter Richard Schechner (Heiner Müllers „Hamletmaschine“). Ab 1990/91 Leitung des PROJEKT THEATERs / Wien - New York, einer internationalen Gruppe für Experimentaltheater und Performance mit Sitz in Wien. 1995 Gründung von ACT NOW/Theater Arbeit in Wien, 1998 Gründung des Projekt Theater STUDIOs Wien. Seit 1994 Regiearbeiten in Österreich (ua. Wiener Festwochen, Stadttheater Klagenfurt, Schauspielhaus Wien); zuletzt „ES WEISS JA JEDER “ von Ingeborg Bachmann, „POLA“ von Hanna Krall, „SKANDALON : STILLE“, Performance mit Musik nach Werner Schwabs Handwerktexten, Literaturhaus Graz, Koproduktion mit „Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas“ sowie Projekt Theater STUDIO, Wien, „AUF DIESEM DUNKELNDEN STERN “ mit Texten von Ingeborg Bachmann (UA, Dublin, Trinity College), Mai 2004, ÖE/Neuaufführung im Palais Palffy und FLEISCHEREI 2006. „FLEISCH_Rezitation 1“, Ko-Regie Herbst 2004, FLEISCHEREI, Wien. Frühjahr 2005 „HERZ.angst“ (Regie) nach Texten von Else Lasker-Schüler & Marlene Streeruwitz. Aktivistin der Theaterproduktion HERZ.stücke nach Texten von Heiner Müller, FLEISCHEREI, Oktober-November 2005, Regie von „ÖDIPUS_geschichten“, FLEISCHEREI, März-April 2006, Konzept CREATING ALTERNATIVES / Entwurf für ein THEATER OF EMPOWERMENT, 1. Projektzyklus zum Thema „Migration & Integration“, theatrale Cooking Shows von und mit MigrantInnen in Wien (jeden Montag Abend in der FLEISCHEREI), sowie FLEISCHEREI_mobil, interkulturelle Hochzeitsrituale in Gasthäusern der Bezirke, seit herbst 2006. 2007 und 2008 Konzeption und Produktion des Zweijahreszyklus: „CREATING ALTERNATIVES“, integrale soziotheatrale Projekte im öffentlichen Raum (siehe wwww.experimentaltheater.com).

Angélica Castelló (MEX) Musikerin, Komponistin Geb. 1972 in México City. Studium der Blockflöte in Mexiko, Kanada und Amsterdam, 1999 Umzug nach Wien, wo sie unterrichtet, die Konzertreihe „Neue Musik in St. Ruprecht“ gegründet hat und organisiert und mit TänzerInnen, SchriftstellerInnen, MusikerInnen, VideokünstlerInnen und SchauspielerInnen u.a. zusammenarbeitet.

Mitbegründung des Ensembles Low Frequency Orchestra, Los Autodisparadores (mit Thomas Grill und Katharina Klement), Andromeda (mit Stefano di Santis aka „urkuma) und Fiori Musicali. Sie arbeitete u.a. mit dem Projekt Theater Wien und MusikerInnen / Komponisten wie Burkhard Stangl, Billy Roisz, Olga Neuwirth, Wolfgang Mitterer, Burkhard Stangl, Mario Lavista und Johannes Kretz. Als Komponistin hat sie für ihr Instrument geschrieben, uraufgeführt und aufgenommen: „ma fin.../2002, „musique pour la mer de topolo“ / 2005, „trois minutes pour M.D.“ / 2005, für Theater: „Ichtli“ / 2004, „Auf diesem dunkelnden Stern“ / 2006 u. 2008, für Tanz „SOLO – 4 tableaux about loneliness“ / 2003 Sie spielte bei renommierten Festivals wie dem Ulrichsberger Kaleidophon, Festival Cervantino, Grabenfesttage Wien, Wien Modern u.a. und wirkte als artist in residence in Schrattenberg (A) und in Topolo (I)

Andreas Pamperl (A) Bühnenbildner, Lichtdesigner, Dokumentarfilmer Geb. 1963 in Vorau. HTL für Elektrotechnik, 1989-1996 Aufbau und Leitung des Kulturzentrums "experiment junge kunst". Studium der Publizistik, Kameraausbildung. Technische Leitung im Theater des Augenblicks (1996-2002). Raumgestaltung, Lichtdesign und Bühnenbilder für viele österreichische und internationale Theater- und Tanzgruppen, u.a. Österreichisches Theater/Robert Quitta, Editta Braun Company, TangoPlus , Workcenter of Jerzy Grotowski and Thomas Richards, KONTEXT EUROPA Wien, Central Europe Dance Kopenhagen. Dokumentarfilme u.a.: „De memorie d’Homme“, Theatre National de Toulouse/Frankreich, „Bones“, Anita Kaya/Wien. Seit 2003 Mitarbeit im Projekt Theater STUDIO, seit 2004/05 KoKünstlerische Leitung der FLEISCHEREI. Freier Ausstatter div. Theatergruppen im In- und Ausland, zuletzt für das Österreichische Theater im Nestroyhof, Wien, und Dschungel Wien.

Maren Rahmann (D) Schauspielerin, Performerin, Clownin

Geb. 1964 in Hamburg, Lehre und Studium Agrarwirtschaft, Praktikum Entwicklungshilfe (Indien), Ausbildung an der Theaterakademie Spielstatt Ulm: Schauspiel, Tanz, Improvisation, Theaterpädagogik), lebt und arbeitet seit 1994 in Wien: In verschiedenen freien Theatern ( u.a. Klagenfurter Ensemble, Studiobühne Villach, Theater Foxfire, Rabenhoftheater, Operntheater Sirene) und bei den Roten Nasen Clowndoctors. Seit 1997 Ensemblemitglied im Projekt Theater STUDIO – Zuletzt 06: „Ödipus_geschichten“ Heiner Müller. Teilnahme an verschiedenen Festivals (Egon-Schiele-Festival / Neulengbach, I`le mouvante-Festival / Korsika, Shäxpir-Festival / Linz, Rund-um-die-Burg-Literaturfestival / Wien, Lesofantenfest / Wien) Singt, spielt Akkordeon, Mundharmonika, Percussion und Flöte, Gedicht- und Textvertonungen, Lesungen, Moderationen, Performances. Letztes Soloprojekt unter der Regie von Eva Brenner / FLEISCHEREI: „Auf diesem dunkelnden Stern“ Performance mit Texten von Ingeborg Bachmann, UA Dublin 2004, Neufassung 2006 im Rahmen der Feiern zum 80. Geburtstag der Autorin (Palais Palffy, Wien): mit dem Projekt div. Gastspiele (u.a. Polen März /2008)