Anpassung des Naturschutzes Antje Seebens an den Klimawandel – Herausforderungen und Chancen
Wiebke Schoenberg, Katrin Vohland & Kai Jensen
Photos: K. Jensen, B. Holsten, A. Seebens Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
Veränderte (klimatische) Rahmenbedingungen Klimatische Veränderungen in den Sommermonaten bis 2100 (Regionaler Klimaatlas.de 2011)
Temperatur
•
zunehmender CO2-Gehalt der Atmosphäre (720-1070 ppm)
•
steigende Temperaturen (Jahresmittel: min. +2,1, max. +5,50C)
•
veränderte Niederschlagsverteilung (Jahresmittel: min. -13%, max. -46% sommerliche Niederschläge)
•
Meeresspiegelanstieg (20-110 cm)
•
veränderte Landnutzung, Bevölkerungsdynamik (?)
Landnutzung, Klimawandel und Eutrophierung bis 2100 wesentliche Ursachen des Biodiversitätsverlustes Niederschlag
(Sala et al. 2000)
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
Naturschutz, Biodiversität & Klimawandel Klimawandel
Biodiversität
Ökosystemleistungen
Naturschutz
Anpassung an den Klimawandel Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
Naturschutz: Ziele nach §1 BNatSchG Natur und Landschaft sind auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen … im besiedelten und unbesiedelten Bereich … so zu schützen, dass 1. die biologische Vielfalt, 2. die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie 3. die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft auf Dauer gesichert sind…
M. Stock Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
(Prognostizierte) Veränderungen der Schutzgüter Pompe et al. 2009
•
Arealveränderungen von Flora und Fauna
•
Zuwanderung (heimische Arten / Neobionten)
•
Zunehmende Lebensraumfragmentierung / verluste (bes. Feuchtgebiete, FFH-Lebensräume Vohland et al 2011)
•
Wandel von CO2-Senken in CO2-Quellen
•
Veränderte Produktivität von Organismen
Nachhaltige Entwicklung (SEDG) Langsames Wachstum (BAMBU) Schnelles Wachstum (GRAS) Pompe et al. (2008)
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
Historische Wurzeln des Naturschutzes • Forstschutz (ca. 1750): langfristiger Ressourcenschutz • Heimatschutz (ca. 1830): Kulturlandschaft als „wesentlicher Wert für ein gutes Leben“ • Naturschutz (ab ca.1890): Schwerpunkte Naturdenkmalpflege und Artenschutz, zurückgehend auf Zivilisationskritik (konservativer, primär bewahrender Ansatz), ab 1970er Jahren zunehmende Berücksichtigung von Biotopschutz, (großflächigem) Gebietsschutz und Prozessschutz (Piechocki 2010) Problem: Aktuelle Konzepte sind unter Voraussetzung klimatischer Kontinuität auf Erhalt besonders schützenswerter Lebensräume und Arten ausgerichtet
K. Jensen
BRV Nds. Elbtalaue
H. Drews
BRV Nds. Elbtalaue
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
C. Mählmann
Herausforderung
Naturschutz muss sich anpassen!
K. Jensen
BRV Nds. Elbtalaue
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
H. Drews
BRV Nds. Elbtalaue
Normative Anpassung
Herausforderung
Wie… • …kann mit Unsicherheiten umgegangen werden? • …werden klimawandelbedingte Veränderungen bewertet? („natürliche“ oder “unnatürliche“ Veränderungen) • …wird mit einwandernden Arten umgegangen? • …werden die Prioritäten des Naturschutzes gesetzt (Ökosystemfunktionen vs. Artenschutz)? • …werden Schutz- und Pflegemaßnahmen künftig gestaltet?
Neobiota.org
K. Schmidt
Wikimedia.net
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
Neobiota.org
BRV Nds. Elbtalaue
Anpassung des Flächenbedarfs
Herausforderung
Förderung der Resilienz durch •
Biotopverbund für Kompensationswanderungen von Organismen
•
Weiterentwicklung des Schutzgebietssystems
•
verbesserten Schutz von Lebensräumen
•
enge Abstimmung Naturschutz / Landnutzung
Riecken et al. 2004
BfN 2008
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
Borggräfe & Krekemeyer 2007
Anpassung von Planungsinstrumenten
Herausforderung
•
Landschaftsplanung als zyklisches Managementinstrument unter Einbeziehung von Szenarien zu (klimatischer) Entwicklung
•
Anpassung von Pflege-, Management-, Entwicklungsplänen (climate proofing für Schutzgebiete) Problem: hohe Dynamik, feste Schutzgebietsgrenzen, ursprünglicher Schutzzweck evtl. nicht haltbar, neue Zielsetzungen notwendig
•
UVP für Klima-Anpassungmaßnahmen, z.B. neue Eingriffsdefinitionen
BfG 2007
Elbe-natura2000.de
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
BfN 2008
Mitigation & Adaption
Chancen
• CO2-Speicherung in intakten Feuchtgebieten wie Marschen und Mooren (20-30% der weltweit festgelegten C-Menge bei 3-5% Flächenanteil) • Küstenschutz durch naturnahe Marschen • Kaltluftschneisen in Städten Trepel 2008, nach Bryne et al. 2004
Sedimentationsrate [cm per Jahr]
3,0
Salzmarsch
2,5 2,0
Süsswassermarsch
der Dienst-
PI: Pionierzone UM: Untere Marsch OM: Obere Marsch
Mittelwert ± Stdf. Mittelwert±Stdf.
1,5
stärkere Berücksichtigung der Ökosystemfunktionen bzw. ökosystemaren leistungen, Honorierung
1,0
möglicher künftiger Meeresspiegelanstieg
0,5 0,0 LM
PI
MM UM
HM OM
LM
PI
MM
Höhenzone der Tidemarsch
Höhenzone der Tidemarsch
UM
HM
OM
(Jensen et al. 2010)
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
Naturschutz braucht Wissen…
Herausforderung & Chance
• Verbesserung des Systemverständnisses durch experimentelle und/oder interdisziplinäre Ansätze • Quantifizierung von Veränderungen durch BiodiversitätsMonitoring • Informationsaustausch / Vernetzung … ist aber keine Wissenschaft! 3m 2m - SN
+ SN
+N
-N
+ SN
- SN
+N
-N
K. Ludewig
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
BRV Nds. Elbtalaue
Zusammenfassung • Ohne Identifizierung neuer Prioritäten für die Naturschutzarbeit unter Berücksichtigung des Klimawandels keine Handlungsfähigkeit! Bewahrende oder dynamische Konzepte? Schutz einzelner Arten oder Schutz der Ökosystemfunktionen? • Zunehmender Flächenbedarf = zunehmende Flächenkonkurrenz • Climate Proofing für Schutzgebietsmanagement • Monitoring
C. Mählmann
C. Mählmann
C. Butzeck
C. Mählmann
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
C. Mählmann
Vielen Dank!
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
Mitigation & Adaptation
Chancen
Ökosystemare Dienstleistungen (Ecosystem services): Vorteile bzw. Leistungen, die Ökosysteme dem Menschen / der Gesellschaft erbringen: • Unterstützende Dienstleistung (supporting services): Biodiversität, Primärproduktion… • Versorgungsdienstleistung (provisioning services): Nahrung, Wasser, genetische Ressourcen… • Regulationsdienstleistung (regulating services): Stoffspeicherung, Luftqualität, Wasserkreislauf… Monetäre In-Wert-Setzung, Honorierung des Erhalts ökosystemarer Dienstleistungen (TEEB 2010)
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen
Biodiversität & Klima-sensitive Prozesse Drivers of Biodiversity crisis 2100
Relative effect of drivers
1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0
Böden • Bodenbildung: Verwitterung, Humusabbau, Tonverlagerung • Bodenfunktionen: Grundwasserneubildung, C-Speicherung, N-Mineralisation Organismen • Physiologische Leistungen: Respiration, Photosynthese • Phänologie: Jahreszeitliche Rhythmen • Vitalität und Biomasseproduktion • Vorkommen und Verbreitung • Biotische Interaktionen: Bestäubung, Schaderreger Biodiversitätsverlust • Weltweiter Rückgang der Artenvielfalt • Landnutzung, Klimawandel und Eutrophierung wesentliche Ursachen
Sala et al. (2000)
Klimawandel und Biodiversität 20.05.2011 W. Schoenberg, K. Vohland & K. Jensen