Anhang 1. Vorannahmen (Vgl.: 3.1.4) Direkte Wahrnehmung von Wald Der Wald als Wahrnehmungsobjekt wird in groben Zügen von allen Befragten ähnlich beschrieben werden. Wahrscheinlich die Sinneseindrücke werden dargestellt. Um so häufiger die Befragten in den Wald gehen, um so detaillierter werden sie die Eindrücke ausgestalten können. Da die Häufigkeit eines Waldbesuches milieuabhängig sein wird, werden zwischen den Milieus in dieser Hinsicht Unterschiede bestehen. Baumarten und Baumartenwahl Unterschiede in den Prioritäten bei Baumarten sind zwischen den Milieus nicht zu erwarten. Ob Nadelbäume oder Laubbäume bevorzugt werden, könnte sich nach dem Herkunftsgebiet der Interviewpartner richten. Es ist allerdings zu erwarten, daß trotzdem der düstere, monotone Nadelwald weniger akzeptiert wird. Kindheitserlebnisse im Wald Berichte über Kindheitserlebnisse im Wald werden individuell sehr unterschiedlich ausfallen. Da in der Kindheit und Jugend die entscheidenden Schritte der Sozialisation ablaufen, ist davon auszugehen, daß Begebenheiten aus dieser Lebensphase das Verhältnis zum Wald deutlich prägten. Trotz sehr individueller Erzählungen im einzelnen, ist zu erwarten, daß sich aus den unterschiedlichen Lebenslagen in den Milieus, vor allem aber in den Altersgruppen, ähnliche Erfahrungswerte ergeben. Die Altersgruppen über 45 werden in der Kriegs- und Nachkriegszeit im Wald Erfahrungen gemacht haben. Das Sammeln von Beeren, Pilzen und Brennholz wird in ihrer Kindheit eine entscheidende Rolle bei den Aufenthalten im Wald gespielt haben. In den jüngeren Altersgruppen werden die wochenendlichen Ausflüge mit den Eltern in den Wald prägender gewesen sein. Das Thema "Kindheitserinnerungen im Zusammenhang mit Wald" ist wenig vorzustrukturieren, da die Erzählungen sehr unterschiedlich ausfallen können. Die narrative Interviewsituation kommt hierbei voll zur Geltung.

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Waldbesuch Direkt vor der empirischen Untersuchung, wurde der Artikel: "Walderholung im Spiegel der Sozialwissenschaften" (Braun 1998) fertiggestellt. Die Vorannahmen zum Thema "Waldbesuch" entsprechen dem Inhalt dieses Artikels. Danach wird im Niveaumilieu der Waldbesuch, da er nicht den gehobenen Ansprüchen genügen kann, gegen exklusivere Freizeitgestaltungsformen nicht konkurrenzfähig sein. Höchstens werden Ausdauersportarten ausgeübt, um sich körperlich fit zu halten. Im Integrationsmilieu wird das Wandern und Spazierengehen im Wald sehr beliebt sein, da die Alternativen nicht so attraktiv erscheinen, wie im Niveaumilieu. Im Harmoniemilieu wird die Neigung zu einem Waldbesuch nicht so ausgeprägt sein wie im Integrationsmilieu, weil die Passivität ausgeprägter ist. Dennoch wird der Wald hin und wieder zu einem Spaziergang aufgesucht werden. Im Selbstverwirklichungsmilieu wird der Wald als Sportplatz ftir Ausdauersportarten eine zentrale Rolle spielen. Die Naturnähe wird von einem Teil des Milieus geschätzt werden, und entsprechend wird von diesen auch gewandert und Fahrrad gefahren. Im Unterhaltungsmilieu wird ein WaIdbesuch selten sein, da sich die Freizeitaktivitäten auf die Stadt konzentrieren. Sammeln Das Sammeln von Waldprodukten hat nach dem Krieg eine wichtige Rolle gespielt. Die älteren Milieus werden vielfach noch Erinnerungen daran haben. Ob sich die Beschäftigung des Sammelns in dieser Altersgruppe allerdings bis heute beibehalten hat, kann nicht abgeschätzt werden. Die Zugehörigen zum Selbstverwirklichungsmilieu werden höchstens mit den Eltern in der Kindheit Beeren oder Pilze gesammelt haben. Möglicherweise wird in Einzelfällen dieser Beschäftigung heute aus Liebhaberei nachgegangen. Die Distanz zum Wald wird im Unterhaltungsmilieu so groß sein, daß keine Waldprodukte gesammelt werden. Die Deutschen und der Wald Das Thema "die Deutschen und der Wald" ist aus der Zeit des Nationalsozialismus vorbelastet. Die Personen, die den Nationalsozialismus mitbekommen haben, werden das Thema vermeiden. Vor allem jüngere, kritische Personen aus dem Selbstverwirklichungsmilieu werden das Thema kommentieren. Angst Es ist davon auszugehen, daß die Angst im Wald aus einem Urgefühl der Angst bei mangelhafter visueller Orientierungsmöglichkeit resultiert. Für den

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Menschen in seinem natürlichen Umfeld war es wichtig, Eventualitäten möglichst früh zu erkennen. Der Sehsinn ist von den menschlichen Sinnen räumlich am weitesten wirksam. Ist dieser eingeschränkt, ist erhöhte Aufmerksamkeit und Wachsamkeit notwendig, da sich die Distanz von möglichen Gefahren verringert und die Zeit, in der reagiert werden kann, verkürzt wird. Im Wald ist generell die Sicht eingeschränkt. Um so dichter und dunkler der Wald ist, um so größer müßte das Gefuhl der Anspannung und damit der Angst werden. Geschichten, Märchen, Mythen und Sagen, bei denen Abenteuer im Wald durchlebt wurden, werden diese Urangst unterstützen und bestätigen. Es ist anzunehmen, daß die sei be Urangst schon die Wahl des Schauplatzes "Wald" nahegelegt hat, um die Wirkung der Erzählungen zu erhöhen. Tatsächliche Gefahren, die heute wohl vornehmlich von Menschen ausgehen, werden wegen einer angenommenen größeren Schutzlosigkeit im Wald als in der Stadt, ebenfalls unterstützend zu dem Angstgefiihl beitragen. Zwischen den Milieus wird es grundsätzlich geringe Unterschiede geben, soweit es sich um ein Urgefiihl handelt. Die Mythen, Märchen und Sagen werden bei den älteren Milieus in ihrer Jugend wegen der fehlenden Konkurrenz aus dem Fernsehen eine größere Rolle gespielt haben. Vor allem im Harmoniemilieu wird eine allgemein größere Hilflosigkeit die Angstempfindungen unterstützen.

Gründefür den Erhalt des Waldes und seine Bedeutungfür die Gesellschaft Der Wald wird in allen Milieus, außer dem Harmoniemilieu, als Wasserspeicher und als Sauerstoffproduzent gesehen werden. Da die Generationen, die im und nach dem Krieg aufgewachsen sind, die Nutzung des Waldes noch viel unmittelbarer mitbekommen haben (s. Vorannahme Holznutzung), ist zu erwarten, daß sie dem Wald die Funktion der Rohstoffproduktion zuschreiben werden. Vor allem das Harmoniemilieu wird hier die vornehmliehe Rolle des Waldes sehen. Im Niveau- und Integrationsmilieu wird der Wald auch als Naherholungsraum gesehen werden. Im Selbstverwirklichungsmilieu wird der Wald als Freiraum fur die Erholung und sportliche Betätigungen angesehen werden. " Waldsterben" Das "Waldsterben" wird in den jüngeren Altersgruppen das Waldbild eher bestimmen, da in den entscheidenden Sozialisationsphasen das Thema viel diskutiert wurde. Die Eigenerfahrung wird allerdings nicht sehr ausgeprägt sein, weil die Häufigkeit eines Waldbesuches geringer sein wird. Das geringere Lebensalter wird außerdem die Vergleichsmöglichkeiten reduzieren.

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In den älteren Personengruppen kam die Diskussion um das "Waldsterben" auf, als das Waldbild bereits weitgehend geprägt war. Es hat in diesen Bevölkerungsgruppen Anfang der 80er Jahre vermutlich eine heftige Erschütterung im Waldbild hervorgerufen, womit auch die damalige Schockwirkung der Nachricht erklärbar wäre. Das Ausbleiben der damals aufgestellten Horrorszenarien wird dem Thema aber heute die Brisanz genommen haben. Außerdem haben wahrscheinlich die Zeit und die große Zahl weiterer Schreckensmeldungen im Umweltbereich einen gewissen Gewöhnungseffekt verursacht. Um so größer die eigene Distanz zum Wald ist, um so mehr Gewicht wird das "Waldsterben" bei der Wahrnehmung von Wald haben, da dem durch die Medien geprägten Bild von Wald wenig aus eigener Erfahrung hinzugerugt wird. Darur wird die Relevanz, die dem Thema im täglichen Umfeld eingeräumt wird, geringer sein, da sich mit dem Wald wenig verbindet. Der direkte Kontakt zum Wald wird den Effekt haben, daß man sich an die Schäden gewöhnt und andere positive Erfahrungen werden das Wissen über das "Waldsterben" überdecken.

Tiere im Wald Im Integrations- und im Harmoniemilieu werden sich vor allem die Rehe und Hirsche als Symbol rur Wald großer Beliebtheit erfreuen. Die Zugehörigen zu diesen Milieus werden in natura neben Rehen auch andere Waldsäugetiere bei Spaziergängen und Wanderungen gesehen haben. Im Selbstverwirklichungsmilieu wird sich die Wahrnehmung spalten: Die einen, die Mehrheit, werden kein besonderes Verhältnis zu Tieren im Wald haben. Die anderen werden sich mit der naturwissenschaftlichen Bestimmung von Tieren beschäftigt haben. Die Kenntnis von Tieren von den Zugehörigen zum Unterhaltungsmilieu wird sich auf die großen Säugetiere beschränken. Möglicherweise wird "Bambi" genannt. Holznutzung Die älteren Milieus werden den Wald aus den Erfahrungen der Nachkriegszeit heraus, eher nutzungsorientiert sehen. Einige ältere Menschen haben möglicherweise die Holzhauerei in den Reparationshieben selbst als Arbeiter oder von Bekannten und Angehörigen mitbekommen. Die Vorstellung von einer "dienenden Natur" ist noch dominanter ausgeprägt, weil eine "Ieidende Natur" in der Sozialisation noch nicht so wahrgenommen wurde. Außerdem hatte die Landwirtschaft in der Jugendzeit eine noch größere gesamtgesellschaftliche Bedeutung. Insgesamt ist zu erwarten, daß in den älteren Milieus der Holznutzung eine eher positive Werthaltung entgegengebracht wird.

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Die Ordnung wird vor allem im Integrationsmilieu, abgeschwächt auch in den anderen älteren Milieus, eine besondere Wertigkeit haben, u. U. als Folge aus den Turbulenzen der Kriegsjahre. Das Gefuhl, daß alles geregelt und damit sicher ist, wird wahrscheinlich auf den Wald übertragen. Damit wird eine Forstwirtschaft, die den Wald sauber hält, eher begrüßt. In den jüngeren Milieus ist eine eher ablehnende Haltung zur Holznutzung zu erwarten, da zum einen die Distanz zur Landwirtschaft meistens groß ist und damit die Natur als Nutzungsobjekt weniger verinnerlicht ist, zum anderen eine Sensibilisierung in bezug aufUmweltthemen in die Jugendphase fallt. Daß die Natur vor den Übergriffen des Menschen geschützt werden muß, ist im Bewußtsein ausgeprägt. Damit wird die Holznutzung mehr als Zerstörung der Natur, denn als notwendige Rohstoffgewinnung gesehen. Der Zusammenhang zwischen Gegenständen des täglichen Gebrauches, wie Holzmöbel oder Papier, und der Holznutzung wird weniger präsent sein, da die Produkte im Möbel- oder Schreibwarengeschäft gekauft werden ohne näheren Bezug zu der eigentlichen Herkunft. Außerdem gibt es viele Alternativen zur Holzverwendung. Vor allem im Bereich des Mobiliars werden viele Produkte aus anderen Materialien angeboten. So liegt die Notwendigkeit von Holznutzung weniger nahe. Das Selbstverwirklichungsmilieu wird vor allem die Monokultur und die damit verbundene "Ordentlichkeit" und Einheitlichkeit von Wäldern ablehnen. Dazu trägt sicher die Naturschutzdiskussion bei, bei der der Begriff "Monokultur" eine negative Bedeutung hat. Es wird aber auch eine ganz generelle Aversion gegen das Uniforme ausschlaggebend sein. Vor allem die Natur sollte nach dieser Vorstellung eher wild und frei sein, sie soll sich, ebenso wie die Menschen, "selbstverwirklichen".

Geschichten und Lieder um den Wald Ältere Personen werden eher einen Bezug zu Märchen und Sagen haben, da in ihrer Kinderzeit die Konkurrenz des Fernsehens nicht bestand. Außerdem ist zu erwarten, daß mindestens im Nationalsozialismus in der Schule deutsche Mythen vermittelt wurden, deren Handlungsraum immer wieder der Wald ist. Den Jüngeren werden einige Märchen bekannt sein, wenn auch nur aus Trickfilmen, aber sie werden keinen Bezug mehr dazu haben, da viele andere Geschichten die alten Kindermärchen verdecken. Da die Mobilität im Laufe der Biographie der höher gebildeten Milieus größer ist, wird die emotionale Bindung an einen bestimmten Raum weniger ausgeprägt sein. Sagen, die häufig einen lokalen Bezug haben, werden daher

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weniger bekannt sein. Allerdings werden die allgemeinen deutschen Sagen auch in diesen Milieus als Bildungsinhalte vertraut sein. Eine Vorliebe für alte Volkslieder wird vor allem im Integrations- und Harmoniemilieu verbreitet sein, da sie sicher in ihrer Jugendzeit damit in Verbindung gekommen sind.

Wald im Fernsehen Die Fernsehgewohnheiten sind sehr stark milieuabhängig. Die Häufigkeit und die Sendungen variieren je nach Alter und Bildungsstand. Einige Ergebnisse der Fernsehgewohnheiten der Bevölkerung sind bereits in den Milieubeschreibungen von Schulze (1996) zu finden. Das Niveaumilieu sieht sich, soweit es überhaupt Zeit hat fernzusehen, am ehesten Naturfilme an. Das Integrationsmilieu wird ebenso Naturfilme bevorzugen. Vor allem die Frauen im Integrationsmilieu werden aber auch dann und wann "Forsthaus Falkenau" einschalten. Das Harmoniemilieu ist geradezu prädestiniert für alle Filme, die mit Wald zu tun haben. Serien, Heimatfilme und seltener Naturfilme sind in der Beliebtheit sicher weit oben anzusiedeln. In den jüngeren Milieus wird der Fernsehkonsum geringer sein. Das Selbstverwirklichungsmilieu hat viele andere Interessen und wenn es das Fernsehen einschaltet, dann um ausgewählte Filme anzusehen. Im Unterhaltungsmilieu wird häufiger ferngesehen, aber vor allem der Videokonsum wird hier groß sein. In den jüngeren Altersgruppen werden Sendungen in denen Wald vorkommt, einerlei ob Naturfilm oder Serien, höchstens nebenbei, wenn nichts Spannenderes kommt, angesehen.

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2. Lebenslauf (V gl.: 3.1.4) 09.12.1968

bis 1976 Schulzeit 09.1974 01.1976 09.1979 08.1980 05.1988

Studienzeit WS 88/89 1988 - 1991 10.1988 - 03.1989 10.1989 - 03.1990 19.03.1990 11.1991 1992 - 1993 1992 - 1993

10.1994 10.1994 - 12.1994 01.1995 - 05.1995

geboren in München Beruf der Mutter: Lehrerin Beruf des Vaters: Jurist Wohnort Großinzemoosl Dachauer Moos (sehr ländlich)

Einschulung in die Grundschule Röhrmoos Wechsel in die Deutsche Schule Kabul! Afghanistan Wechsel in die Grundschule Blaubeuren Eintritt in das Hainberg-Gymnasium Göttingen Abitur Außerschulische Aktivitäten: Botanische, ornithologische, gewässerkundliehe Naturbeobachtung (im Deutschen Jugendbund für Naturbeobachtung) Reisen zum Vater (Kairo, Medellin); Reisen in Asien! Europa

Beginn des Studiums der Forstwissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Reisen zur Mutter (Indien) Praktikum am staatlichen Forstamt in Elzach Studentenvertreterin im Fakultätsrat Geburt der Tochter Johanna Diplomvorprüfung Mitglied in der Studienkommission zur Reformierung des Studiengangs "Forstwissenschaften" Diplomarbeit am Institut für Forstbotanik zum Thema: "Auswirkungen von Stickstoffernährungsvarianten auf das Wachstum von Sämlingspflanzen" Diplomprüfung: Diplom Forstwirtin Reise nach Argentinien, Chile Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut rur Forstbotanik

Zeit der vorbereitung auf die Promotion 06.1995 Beginn der Dissertation am Institut rur Forstpolitik 30.08.1996 Heirat mit Veit Moosmayer (Assessor des Forstdienstes) 253