5.3
Koordination der Personalführung mit Planung und Kontrolle
Anforderungen an die Bemessungsgrundlagen von Anreizsystemen Zielbezug (Anreizkompatibilität) Agent (Mitarbeiter) soll auf das Unternehmensziel/Ziel des Prinzipals ausgerichtet werden Entscheidungsabhängigkeit (Controllability) Ausprägung/Höhe der Bemessungsgrundlagen muss mit der Entscheidung bzw. dem Handeln des Agenten verknüpft sein Manipulationsfreiheit (Intersubjektive Überprüfbarkeit) Extrembeispiel für Manipulation: Bilanzfälschung zum Ausweis eines höheren Gewinns (wird weitestgehend durch ext. Kontrollen verhindert: Wirtschaftsprüfer) Weiteres Beispiel: „Earnings Management“: z. B. Wahl anderer Abschreibungsvarianten, um Gewinn zu beeinflussen Weitere Anforderungen: Aktualität der Ermittlung, Transparenz und Kommunikationsfähigkeit, Akzeptanz Controlling WS 2015/16
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5.3
Koordination der Personalführung mit Planung und Kontrolle
Marktwertorientierte Bemessungsgrundlagen Residualer Marktwertzuwachs: Pt f M t M t 1 Dt 1 1 i Pt f i
= Prämie der Periode t = Proportionalitätsfaktor = Zinssatz
0 f 1
Mt = Marktwert der Periode t Dt = Dividendenausschüttung der Periode t
Analyse Vorteile • unmittelbarer Bezug zum Shareholder-Value Unternehmensziel • Istwerte manipulationsfrei, da Bewertung durch den Markt Grenzen • Einflüsse der Gesamtmarktentwicklung und andere nicht vom Management beeinflussbare Faktoren Entscheidungsabhängigkeit begrenzt, insbesondere unterhalb der Top-Managementebene (hohes Risiko für die Manager) Praxis: Aktien und Aktienoptionen sind weit verbreitete Vergütungsbestandteile, insbesondere auf Top-Managementebene Controlling WS 2015/16
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5.3
Koordination der Personalführung mit Planung und Kontrolle
Bemessungsgrundlagen basierend auf dem buchhalterischen Gewinn (1/3) Kritikpunkte: Manipulationsmöglichkeiten bei der Gewinnermittlung Anreize zur Überinvestition bei Verwendung des buchhalterischen Gewinns als Bemessungsgrundlage
K üt 1 i A0 T
• Kapitalwert der Einzahlungsüberschüsse:
t
t 1
• Barwert der Gewinne: G* üt at 1 i T
t
t 1
üt = Einzahlungsüberschüsse in Periode t at = Periodenabschreibungen in Periode t
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t 1
t
T
t
t 1
A0 = Anschaffungsauszahlung i = Zinssatz
at 1 i at A0 T
• Überinvestitionsproblematik, da
üt 1 i at 1 i T
t 1
143
t
T
t 1
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5.3
Koordination der Personalführung mit Planung und Kontrolle
Bemessungsgrundlagen basierend auf dem buchhalterischen Gewinn (2/3) Anreize zur Unterinvestition bei Verwendung des ROI (1/2): Auslassung vorteilhafter Neuinvestitionen • Definition Return on Investment: ROI = Gewinn / Investiertes Kapital • Projekte sind vorteilhaft, wenn sie eine Verzinsung erbringen, die über den Kapitalkosten liegt (positiver Kapitalwert) • Projekte mit positivem Kapitalwert (Durchführung vorteilhaft), deren ROI unter dem bisherigen ROI des Unternehmens liegt, senken den ROI des Gesamtunternehmens • Manager, der auf Basis des ROI bezahlt wird, hat damit Anreize, diese vorteilhaften Projekte nicht durchzuführen
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5.3
Koordination der Personalführung mit Planung und Kontrolle
Bemessungsgrundlagen basierend auf dem buchhalterischen Gewinn (3/3) Anreize zur Unterinvestition bei Verwendung des ROI (2/2): zu geringe Investitionssumme
Gewinnkurve
Gewinn vor kalkulatorischen Zinsen, kalkulatorische Zinsen
maximaler Residualgewinn
Zinsgerade
a
b
c I
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1
I
2
investiertes Kapital
I
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5.3
Koordination der Personalführung mit Planung und Kontrolle
Residualgewinnorientierte Bemessungsgrundlagen (1/2) RGt üt at i Ct 1
Residualgewinn in Periode t:
( Ct-1 = Anfangskapital der Periode t )
Vorteil: Barwert der Residualgewinne stimmt (bei Geltung der Prämissen des LückeTheorems) mit dem Kapitalwert der Zahlungsströme überein Barwert des Prämienstroms von auf dem Residualgewinn basierenden Boni
Bt f RG 1 i T
t
t 1
= f ü 1 i T
t 1
t
f ü a i C 1 1 i T
t
t 1
üt f Kt
Beurteilung Berücksichtigt Verzinsung des eingesetzten Kapitals Zielbezug Aber: Zielbezug nur gegeben, wenn Zeit- und Risikopräferenzen des Managers mit denen des Unternehmens (bzw. der Unternehmenseigner) überein stimmen (in Realität kaum gegeben)
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5.3
Koordination der Personalführung mit Planung und Kontrolle
Residualgewinnorientierte Bemessungsgrundlagen (2/2) Wertorientierte Spitzenkennzahlen in Unternehmen des DAX 100 (KPMG, 2003) Performancemaß
1999/2000
2002/2003
EVA (u. ähnliche Konzepte)
39 %
54 %
DCF
4%
9%
CVA (u. ähnliche Konzepte)
3%
7%
CFROI (u. ähnliche Konzepte)
3%
5%
ROE
9%
6%
RORAC, RAROC
4%
1%
ROI, RONA, ROIC, ROCE
22 %
6%
ROS u. andere Profitabilitätskennzahlen
2%
3%
Meist verwendetes Residualgewinnkonzept: EVA (Economic Value Added) z. B. Siemens, MAN, ThyssenKrupp Version basierend auf Cash Flow statt Gewinn: CVA (Cash Value Added) z. B. Bayer, Lufthansa Controlling WS 2015/16
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Kapitel 6: Koordination der Organisation im Führungssystem
Kapitel 6
6.1 Beziehungen zwischen Controlling und Organisation 6.2 Beziehungen zwischen Organisation und Informationssystem 6.3
Beziehungen der Organisation zu Planung und Kontrolle
6.4
Koordination der Organisation mit der Personalführung
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6.1
Beziehungen zwischen Controlling und Organisation
Gegenstand der Organisation Organisationsbegriffe (vgl. Küpper et al., 2013, S. 365 ff.) Instrumentell: • Organisation als bewusst gestaltetes Instrument zur zielgerichteten Steuerung (Unternehmung hat Organisation) Institutionell: • Unternehmung ist eine Organisation Problemfelder Aufbauorganisation • Bildung von Teilaufgaben und Synthese zu Aufgabenkomplexen Einrichtung organisatorischer Einheiten als Stellen, Abteilungen, Gremien • Gestaltung von Weisungs- und Entscheidungsrechten Ablauforganisation • Gestaltung der raum-zeitlichen Beziehungen zwischen Aufgabenträgern, Reihenfolgeprobleme von Aufträgen, Leistungsabstimmung Controlling WS 2015/16
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6.1
Beziehungen zwischen Controlling und Organisation
Abgrenzung der Koordinationsaufgaben der Organisation und des Controlling (Quelle: Küpper et al., 2013, S. 369) Organisation: Koordination im Leistungssystem Controlling: Koordination im Führungssystem Organisation Aufgabenverteilung Gestal tung von Weisungsrechten Gestaltung von Entscheidungsrechten Gestal tung raum-zeitlicher Beziehungen von materiellen und Informationsprozessen
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Controlling Koordinationinnerhalb der Organisation
Koordination zwischen den Führungsteilsystemen
Organisationsprobleme der Führungsteilsysteme
Koordination innerhalb der Führungsteilsysteme insbesondere - Informationssystem - Personalführung - Kontrollsystem - Planungssystem
Organisatorische Maßnahmen zur Koordination von Führungsaufgaben (auch im Leistungssystem)
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Kapitel 6: Koordination der Organisation im Führungssystem
Kapitel 6
6.1 Beziehungen zwischen Controlling und Organisation 6.2 Beziehungen zwischen Organisation und Informationssystem 6.3
Beziehungen der Organisation zu Planung und Kontrolle
6.4
Koordination der Organisation mit der Personalführung
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6.2
Beziehungen zwischen Organisation und Informationssystem
Beziehungen zwischen Organisation und Informationssystem Aufbauorganisation Aufgabenverteilung Informationsbedarf Gestaltung der Entscheidungsfelder Segmentierung der Rechnungssysteme Ablauforganisation zeitliche und räumliche Gestaltung der Info.bereitstellung Möglichkeiten/Ausprägung des Informationssystems beeinflusst auch Organisation: Bspw. Entwicklungen in Informationstechnologie: bessere Kopplung von Arbeitsgängen, stärkere Möglichkeiten der Delegation durch Entscheidungsunterstützungssysteme Informationsinstrumente zur Erfassung der Beziehung zwischen mehreren Organisationseinheiten Segmentierung in der Bilanz- und Finanzrechnung Segmentierung in der Kosten- und Erlösrechnung Konsolidierung in der Bilanz-, Finanz-, sowie Kosten- und Erlösrechnung Controlling WS 2015/16
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Kapitel 6: Koordination der Organisation im Führungssystem
Kapitel 6
6.1 Beziehungen zwischen Controlling und Organisation 6.2 Beziehungen zwischen Organisation und Informationssystem 6.3 Beziehungen der Organisation zu Planung und Kontrolle 6.4 Koordination der Organisation mit der Personalführung
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6.3
Beziehungen der Organisation zu Planung und Kontrolle
Organisatorische Koordinationsinstrumente Instrumente für die Koordination von Planungs- und Kontrollprozessen Standardisierung Plan- und Kontrollrahmen Planungskalender Prinzipien für die zeitliche Koordination der Planung und Kontrolle Koordination von Plänen unterschiedlicher Fristigkeit • Reihung, Staffelung, Schachtelung Koordination aufeinanderfolgender Planungs- und Kontrollzyklen • Serielle und rollierende Planung Koordination von Plänen verschiedener Hierarchieebenen • top-down, bottom-up, Gegenstromprinzip
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6.3
Beziehungen der Organisation zu Planung und Kontrolle
Koordination von Plänen unterschiedlicher Fristigkeit: Abstimmung durch Reihung, Staffelung und Schachtelung (Quelle: Gaitanides, 1989, Sp. 2261) Planungsperiode t=0
1
2
K
M
L
Abstimmung durch Reihung
K
M
L
Abstimmung durch Staffelung
L
M
K
Abstimmung durch Schachtelung K = Kurzfristplanung M = Mittelfristplanung L = Langfristplanung
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6.3
Beziehungen der Organisation zu Planung und Kontrolle
Koordination aufeinanderfolgender Planungs- und Kontrollzyklen: serielle und rollierende Planung (Quelle: Küpper et al., 2013, S. 408) P la n u n g s p e r io d e
t = 0
1
1 . T e ilp la n
2
3
2 . T e ilp la n
4
5
3 . T e ilp la n
s e r ie lle P la n u n g
1 . T e ilp la n 2 . T e ilp la n 3 . T e ilp la n 4 . T e ilp la n 5 . T e ilp la n ro llie r e n d e P la n u n g
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6.3
Beziehungen der Organisation zu Planung und Kontrolle
Koordination von Plänen verschiedener Hierarchieebenen Reihenfolge der Planung: zeitliche Folge von Aktivitäten im Planungsprozess Top-down Planung (retrograde Planung) • Ausgangspunkt: strategische Planung • Umsetzung der Ziele der strategischen Planung (z. B. Eröffnung eines neuen Marktes) in taktischer Planung (Entscheidungen über Investitionen, Vertriebssysteme) • Entscheidungen der taktischen Ebene als Daten für konkrete Maßnahmen auf operativer Ebene Bottom-up Planung (progressive Planung) • Umgekehrte Vorgehensweise als bei top-down: höhere Realitätsnähe aber evtl. zu wenig weiterführende Perspektiven berücksichtigt Gegenstromprinzip • Ausgangspunkt ist langfristige Planung, jedoch rücklaufender Abstimmungsprozess
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Kapitel 6: Koordination der Organisation im Führungssystem
Kapitel 6
6.1 Beziehungen zwischen Controlling und Organisation 6.2 Beziehungen zwischen Organisation und Informationssystem 6.3 Beziehungen der Organisation zu Planung und Kontrolle 6.4 Koordination der Organisation mit der Personalführung
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6.4
Koordination der Organisation mit der Personalführung
Beziehung zwischen Organisationsstruktur und Personalführung Funktionale Organisation Enge Verknüpfung durch Ausrichtung auf die selben Produkte Kaum Möglichkeiten zur Abgrenzung der Bereiche Zielinterdependenzen: Wirkung der Aktivitäten eines Bereichs auf den Erfolg abhängig von den Entscheidungen anderer Bereiche keine individuellen Erfolgsgrößen (Erfolgszurechnung schwierig) Verwendung von Inputgrößen im Anreizsystem (Güterverbrauch, Kosten etc.) Tendenz zur Zentralisierung Funktionsspezialisierung erschwert Personalaustausch (Personalentwicklung) Divisional Segmentierung der Erfolgsrechnung Einteilung der Responsibility Center nach Erfolgskomponente
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6.4
Koordination der Organisation mit der Personalführung
Überblick über verschiedene Arten von Responsibility Centers (Vgl. Küpper et al., 2013, S. 416; Eldenburg/Wolcott, 2005, S. 595)
Cost Center
Revenue Center
Profit Center
Investment Center
Verantwortung
Kostenverantwortung
Erlösverantwortung
Kurzfristige Gewinnverantwortung (Kosten u. Erlöse)
Langfristige Gewinnverantwortung (Kosten, Erlöse u. Investitionen)
Beispiele
Produktionsstelle, Rechnungsprüfungsstelle, F&E, Marketing
Konzerndivisionen mit Produktverantwortung
Konzerndivisionen u. Geschäftsbereiche mit Investitionsverantwortung
Jahresüberschuss, Gewinn u. Gewinnbudgets, Betriebsergebnis, EBIT
Return on Investment (ROI), Economic Value Added (EVA), Cash Value Added (CVA)
Typische Performancemaße
Effizienzmaße (Anzahl neuer Produkte), Kostenbudgets u. Abweichungen, Herstellkosten in Vergleich zu IndustrieBenchmark
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Vertriebsabteilung, Reisebüro
Umsatzwachstum, Umsatzbudgets u. Abweichungen, Kundenzufriedenheit
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