An Frau Wiebke Claussen Sprecherin der Bewohner-Initiative zur PCB-Verseuchung im Dortmunder Hafen. PCB-Belastungen im Dortmunder Hafen

Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen Der Minister Ministerium für Klimasc...
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Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen Der Minister

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An Frau Wiebke Claussen Sprecherin der Bewohner-Initiative zur PCB-Verseuchung im Dortmunder Hafen

Johannes Remmel MdL 16.11.2010 Seite 1 von 5 Aktenzeichen V-4-8851.8.10 bei Antwort bitte angeben

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PCB-Belastungen im Dortmunder Hafen

Sehr geehrte Frau Claussen, sehr geehrte Frau Rieckermann, sehr geehrte Damen und Herren der Bewohner-Initiative,

Ihren offenen Brief vom 4. November 2010 habe ich mit Interesse gelesen. Für Ihre darin geäußerte Besorgnis habe ich großes Verständnis. Mir ist sehr daran gelegen, auf die von Ihnen erhobenen Forderungen einzugehen. Soweit in dem Brief Missverständnisse zum Ausdruck kommen, will ich diese gerne aufklären. Der gemeinsam von Arbeits- und Umweltministerium initiierte Runde Tisch hat bisher zu einer Verbesserung der Informationslage aller Beteiligten und zu einer Versachlichung der Diskussion erfolgreich beigetragen. Besonders freut es mich zu hören, dass inzwischen auch weitere Strukturen entstanden sind, z.B. eine Selbsthilfegruppe - ein Dialog zwischen Unternehmen, Gewerkschaften und Anwohnern - die von der Landesregierung auch weiterhin unterstützt werden. Das dritte und vorerst letzte Treffen des Runden Tisches wird am 14.12.2010 stattfinden. In welcher Form es danach weitergeht, ist noch nicht entschieden. Das Umweltministerium nimmt seine Verantwortung für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor schädlichen Umwelteinwirkungen sehr ernst und hat sich daher zu keinem Zeitpunkt - weder aus dem Angebot für erste Blutuntersuchungen, noch aus dem Betreuungsprogramm - zurückgezogen.

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Bürgerinnen und Bürger, die besorgt sind, aus dem Fall im Dortmunder Hafen mit PCB belastet zu sein, können nach wie vor ihr Blut (auf Kosten des Umweltministeriums) auf PCB untersuchen lassen (Human-Biomonitoring). Sie können sich diesbzgl. bei der Berufsgenossenschaft Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse (BG ETEM) (Tel. 0221 / 3778-5002) melden. Dies wurde z.B. Ende September über das Gesundheitsamt der Stadt Dortmund im Rahmen einer Informationsveranstaltung bekanntgegeben. Ein umfangreiches Betreuungsprogramm wurde von der Landesregierung und den Berufsgenossenschaften ins Leben gerufen, um die gesundheitliche Betreuung der Menschen, die im Umfeld des Dortmunder Hafens mit PCB belastet sind, zu gewährleisten. Eventuelle gesundheitliche Folgen sollen so früh wie möglich erkannt und behandelt werden. Jedem, bei dem im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung eine Zusatzbelastung erkennbar ist, wird die Teilnahme an dem Betreuungsprogramm angeboten. Dies gilt selbstverständlich auch für Anwohner und Kleingärtner. Dies ist zwischen der BG ETEM und dem Umweltministerium so vereinbart. Die praktische Durchführung findet komplett unter dem Dach der BG ETEM statt, um eine einheitliche Vorgehensweise für alle Teilnehmenden zu gewährleisten. Zur Einbindung einer Referenzgruppe in das Betreuungsprogramm wurde nie eine Zusage abgegeben. Die Thematik befindet sich in der fachlichen Diskussion. Ihr Vorwurf, mein Haus sei „…ebenfalls in das Verschleiern des EnvioSkandals verwickelt ..“ und es läge eine „… eigene Verstrickung in das offensichtlich kriminelle Profitstreben von Envio..“ vor, trifft nicht zu. Daher weise ich diese Äußerung auch entschieden zurück. Sofort mit Übernahme der Amtsgeschäfte im Umweltministerium habe ich eine lückenlose Aufklärung der behördlichen Aufgabenwahrnehmung im Zusammenhang mit dem PCB-Fall in Dortmund bei allen beteiligten Behörden eingeleitet und vorangetrieben. Die beiden Ministerien (Umwelt und Arbeit) führen eine fachaufsichtliche Überprüfung des Behördenhandelns der nachgeordneten Behörden im PCB-Fall durch.

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Darüber hinaus habe ich einen externen Gutachter damit beauftragt, Fragen der Behördenstruktur und –organisation sowie der behördlichen Kommunikation im PCB-Fall zu untersuchen und – falls erforderlich Verbesserungsvorschläge zu entwickeln, wie eine Wiederholung ähnlicher Fälle in Zukunft verhindert werden kann. Dies muss mit großer Sorgfalt geschehen. Die Ergebnisse der Untersuchungen bitte ich abzuwarten, damit eine begründete und sorgfältige Bewertung erfolgen kann und daraus die notwendigen Konsequenzen gezogen werden können. Ihre Auffassung, dass bereits eingetretene Schäden begrenzt und die Risiken für weitere Schäden minimiert werden müssen, teile ich. In erster Linie ist hier die Sanierung des hoch belasteten EnvioGeländes zu nennen. Im Rahmen des letzten Runden Tisches hat die Bezirksregierung Arnsberg zu einem Fachgespräch am 30. November 2010 über die Fragen im Zusammenhang mit der Sanierung eingeladen. Hierbei werden auch verschiedene ausgewiesene Experten anwesend sein, so dass die Fragen diskutiert und geklärt werden können. Auch Sie als Bewohner-Initiative sind herzlich zur Teilnahme eingeladen. Ich glaube, dass diese Vorgehensweise eine fachliche Diskussion ermöglicht und am Ende eine fachlich fundierte und verantwortbare Lösung gefunden wird. In Ihrem Schreiben sprechen Sie auch die Einrichtung eines Landesfonds an, der notwendige Mittel für die nachhaltige Sanierung der Flächen und Gebäude, ein gesundheitliches Nachsorgeprogramm sowie Entschädigungszahlungen an Betroffene, deren Testergebnis über dem Referenzwert liegt, vorhalten soll. Hierzu weise ich darauf hin, dass die bisher getroffenen und künftig zu treffenden Maßnahmen zur Sanierung der Flächen und Gebäude und zur Untersuchung der Arbeitnehmer, ihrer Familienangehörigen sowie der Anwohner fortgesetzt werden. Das gesundheitliche Betreuungsprogramm wird vom Land NRW und den Berufsgenossenschaften finanziert. Die Untersuchungsmaßnahmen werden auch weiterhin im zugesagten Umfang durchgeführt; noch erforderliche Sanierungsmaßnahmen werden trotz der zwischenzeitlichen Insolvenz gegenüber der Envio GmbH & CO KG angeordnet.

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Kommt die KG oder der Insolvenzverwalter diesen Anordnungen nicht nach, so werden die Maßnahmen durch die anordnenden Landesbehörden durchgeführt. Anschließend werden die Kosten gegenüber der KG geltend gemacht. Aufgrund der Insolvenz der Envio GmbH & CO KG ist davon auszugehen, dass Ansprüche gegen diese nur teilweise realisiert werden können; darüber hinaus prüft die Bezirksregierung Arnsberg zur Zeit, ob auch die Muttergesellschaft, die Envio AG, für die entstehenden Kosten haftet. Ferner hat das Umweltministerium eine kostenlose Rechtsberatung für Arbeitnehmer und Anwohner initiiert. Die Luftkonzentrations- und Depositionsmessungen sowie das Biomonitoring (Pflanzenuntersuchungen) der PCB-Belastungen im Hafengebiet und in der Umgebung werden selbstverständlich in dem notwendigen Umfang fortgeführt. Wie Sie den regelmäßig durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), die Bezirksregierung Arnsberg und die Stadt Dortmund veröffentlichten Messergebnissen entnehmen können, ist die Belastung inzwischen insgesamt rückläufig und nimmt mit zunehmender Entfernung vom Hafengebiet deutlich ab. In dem durch Freizeit und Wohnen genutzten Umfeld des Hafens liegen die PCB-Konzentrationen der Luft in vergleichbarer Größenordnung wie in anderen industriell geprägten Gebieten im Ruhrgebiet. Dies zeigen die an der in Hauptwindrichtung gelegenen Messstation (Kleingartenanlage Hafenwiese) ermittelten Werte. Auch der Eintrag von PCB und PCDD/F über Staubniederschläge ist deutlich zurückgegangen und liegt an den Messpunkten außerhalb des Hafengebietes inzwischen im Bereich der Werte, die in NRW in den letzten 5 Jahren auch in anderen industriell geprägten Gebieten gemessen wurden; z.T. wurden sogar Werte deutlich darunter im Bereich unbelasteter Reinluftgebiete ermittelt. Im Rahmen der Fortsetzung der Messungen wird diese Entwicklung weiter verfolgt.

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Soweit Sie in Ihrem Brief Fragen der Bauleitplanung und der Entwicklung der Nordstadt ansprechen, muss ich Sie an die hierfür zuständige Stadt Dortmund verweisen. Ich hoffe, Ihre Fragen damit ausreichend beantwortet zu haben. Mit freundlichen Grüßen

Johannes Remmel

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