Aktuelles zur Unternehmensbesteuerung

Aktuelles zur Unternehmensbesteuerung Prof. Matthias Alber Mai 2017 -I- Inhaltsverzeichnis I. 1. 2. 2.1 2.2 2.3 2.4 Steuerfalle Pensionszusagen/...
Author: Bastian Schmidt
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Aktuelles zur Unternehmensbesteuerung

Prof. Matthias Alber

Mai 2017

-I-

Inhaltsverzeichnis I. 1. 2. 2.1 2.2 2.3 2.4

Steuerfalle Pensionszusagen/Pensionsverzicht ............................................ 1 Überblick: Steuerliche Voraussetzungen bei Pensionszusagen ......................... 1 "Entsorgung" von Pensionszusagen ................................................................... 2 Pensionsverzicht ................................................................................................. 3 Abfindung des Pensionsanspruchs ..................................................................... 6 Übertragung der Pensionsverpflichtung auf einen Pensionsfonds ...................... 8 Übertragung der Pensionsverpflichtung auf eine Schwester-GmbH ("Rentner-GmbH") ............................................................................................... 9 2.4.1 Steuerfolgen bei den beteiligten GmbHs ...................................................... 9 2.4.2 BFH: Kein Zufluss von Arbeitslohn ............................................................... 9 3. Weitere Aspekte zur Altersversorgung der GesellschafterGeschäftsführer................................................................................................. 13 3.1 Pensionszusagen: Mindestaltersgrenze und variable Altersgrenze .................. 13 3.1.1 Bisherige Verwaltungslinie zur Mindestaltersgrenze ................................... 13 3.2 Aber: Neue BFH-Rechtsprechung zum Berechnungsalter ................................ 14 3.2.1 Die BFH-Entscheidung ............................................................................... 14 3.2.2 Reaktion der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 9.12.2016 / BStBl. I S. 1427 .......................................................................................... 15 II. 1. 1.1 1.2 2. 2.1 2.2 2.3 2.4

Aktuelles zum Umwandlungssteuerrecht ..................................................... 17 Einbringung einer Freiberuflergesellschaft in eine GmbH: Vorsicht Übergangsgewinn! ............................................................................................ 17 Fall 1: Formwechsel PartGmbB in GmbH ......................................................... 17 Fall 2: Einbringung Ingenieurbüro in GmbH ...................................................... 19 Zurückbehaltener Grundstücksanteil; kein Fall des § 20 UmwStG – Der aktuelle FG-Fall .......................................................................................... 22 Hintergrund ....................................................................................................... 22 Urteilssachverhalt (vereinfacht) ......................................................................... 22 Entscheidung des FG Bad.-Württ...................................................................... 23 Praxishinweise .................................................................................................. 24

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I.

Steuerfalle Pensionszusagen/Pensionsverzicht Vorbemerkung Für den steuerlichen Berater einer Kapitalgesellschaft stellt sich in der Praxis insbesondere im Zusammenhang mit einem share-deal die Frage, eine Pensionsverpflichtung möglichst steuerneutral "entsorgen" zu können. Durch die nachstehenden Ausführungen soll geklärt werden, ob es hierzu einen "Königsweg" gibt. Außerdem wird die neue Auffassung der Finanzverwaltung zur Mindestaltersgrenze bei Gesellschafter-Geschäftsführern dargestellt.

1.

Überblick: Steuerliche Voraussetzungen bei Pensionszusagen

Steuerliche Voraussetzungen (neben § 6 a EStG)

Ernsthaftigkeit

Erdienbarkeit

Vertragliche PenBei beherrschenden sions-Altersgrenze GesellschafterGeschäftsführern:  Frühestens auf das 62.  Zusage vor Lebensjahr (seit Vollendung des 10.12.2016) 60. Lebensjahres und und  Probezeit  ab Erteilung noch (zusagefreie mindestens 10 Zeit) für Jahre aktive GesellschafterTätigkeit absehbar Geschäftsführer (vgl. BMF(vgl. BMFSchreiben vom Schreiben vom 9.12.2002, BStBl I 14.12.2012, S. 1393, sowie BStBl 2013 I BFH-Urteil v. S. 58, und H 8.7 26.6.2013, AZ.: I R „Warte- / 39/12). Dadurch ist Probezeit“ KStH für die 2015). Unverfallbarkeit eines Pensionsan Bei spruchs geltenden bestehender Fristen an den GmbH 2 bis 3 Zeitpunkt der Jahre. Erteilung der  Bei neuer Pensionszusage GmbH und nicht an den mindestens 5 früheren Zeitpunkt Jahre. der Betriebs Ausnahmen: zugehörigkeit - Umwandanzuknüpfen. lungsfälle

Finanzierbarkeit

Angemessenheit

Die Finanzierbarkeit einer Pensionszusage ist bei beherrschenden und nicht beherrschenden GesellschafterGeschäftsführern zu verneinen, wenn diese zu einer Überschuldung der Gesellschaft im insolvenzrechtlichen Sinne führt. Vgl. BMF-Schreiben vom 6.9.2005 (BStBl I S. 875). Bei Abschluss einer vollumfänglichen Rückdeckungsversicherung sind die Voraussetzungen der Finanzierbarkeit gegeben.

Dem Grunde ("Üblichkeit") und der Höhe nach (Obergrenze von 75 v.H. der Aktivbezüge einschließlich Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung). Dies gilt für beherrschende und nicht beherrschende GesellschafterGeschäftsführer. Vgl. BFH-Urteil vom 15.9.2004, (BStBl 2005 II S. 176). Eine Dynamisierung von maximal 3 v.H. jährlich ab Rentenbeginn ist steuerlich zulässig (zusätzlich zur 75 v.H.-Grenze).

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- Begründung Betriebsaufspaltung - Vortätigkeit als Geschäftsführer

Hinweis: Zum Mindestpensionsalter von 67 Jahren (Neuzusage) und von 65 Jahren (Altzusage) an beherrschende GesellschafterGeschäftsführer vgl. BMFSchreiben vom 09.12.2016, BStBl I S. 1427.

2.

Bei nicht beherrschenden GesellschafterGeschäftsführern:  Zusage vor Vollendung des 60. Lebensjahres und  Betriebszugehörigkeit insgesamt 12 Jahre, davon ab Erteilung mindestens 3 Jahre.

"Entsorgung" von Pensionszusagen Der Umgang mit bestehenden Pensionszusagen, die in der Vergangenheit an einen Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt wurden, macht insbesondere dann Mühe, wenn die Zusagen "lästig" werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn  die Anteile an der Gesellschaft im Rahmen eines share-deals veräußert werden sollen (die Käufer sind regelmäßig nicht bereit, eine Gesellschaft mit einer bestehenden Pensionsverpflichtung zu übernehmen), oder  die Kapitalgesellschaft sich in einer wirtschaftlichen Krise befindet. Nachfolgend werden die verschiedenen Möglichkeiten erläutert, wie man eine Pensionszusage "loswerden" kann. Es werden dabei jeweils die steuerlichen Konsequenzen auf Ebene der Gesellschaft und des Gesellschafter-Geschäftsführers sowie die jeweiligen Vor- und Nachteile dargestellt. Dies soll unter Berücksichtigung eines praktischen Falles dargestellt werden. Sachverhalt: Im Zusammenhang mit einem share-deal wird vom Erwerber der GmbHAnteile die Pensionsverpflichtung an die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer (Beteiligung jeweils 50 %, Alter 50 und 52 Jahre) nicht übernommen.

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Der Wertansatz dieser Pensionsverpflichtungen beträgt zum 31.12.2016 in der StB (nach § 6a EStG):

400.000 €

in der HB:

700.000 €

Aufwand für eine vergleichbare Altersversorgung als Einmalbetrag bei einem Versicherungsunternehmen:

1.900.000 €

Im Einzelnen:

2.1

Pensionsverzicht Übersicht: Verzicht auf den Pensionsanspruch

auf "past-service"

Pensionsverzicht

auf "future-service"

= verdeckte Einlage

= keine verdeckte Einlage

= Zufluss von Arbeitslohn nach § 19 EStG

= kein Zufluss von Arbeitslohn nach § 19 EStG

= nachträgliche AK i.S.d. § 17 EStG

= keine nachträglichen AK i.S.d. § 17 EStG

Ausnahmefall:

Aber:

Verzicht in der Krise zur Abwendung der Insolvenz (Nachweis durch Überschuldungsbilanz erforderlich)

Pensionsverzicht / Änderung der Pensionszusage darf den sog. s/t-Anwartschaftsbarwert nicht unterschreiten (vgl. BMF-Schreiben vom 14.8.2012, BStBl I S. 874)

kein Zufluss von Arbeitslohn (BMF-Schreiben vom 06.09.2005, BStBl I S. 875, und Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 15.02.2007, DStR 2007 S. 993)

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Verzichtet ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH aus gesellschaftlichen Gründen auf einen bereits entstandenen werthaltigen Pensionsanspruch gegenüber seiner GmbH (sog. Verzicht auf den "past-service"), führt dies zu einer verdeckten Einlage (H 8.9 "Verzicht auf Pensionsanwartschaftsrecht" KStH 2015). Steuerfolgen bei der GmbH:  Ertrag aus der Ausbuchung der Pensionsrückstellung.  Wenn Verzicht betrieblich veranlasst (nur bei Verzicht zur Abwendung der Insolvenz; grundsätzlich unabhängig vom Bestehen einer Rückdeckungsversicherung): keine Korrektur des Ertrags.  Wenn im Gesellschaftsverhältnis veranlasst: außerbilanzielle Korrektur um den Teilwert des Anspruchs (verdeckte Einlage, soweit werthaltig, § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG); insoweit auch Zugang im steuerlichen Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG.

Folgen beim Ges.-Gf. 

Zufluss, wenn Verzicht im Gesellschaftsverhältnis veranlasst und soweit werthaltig.



Nachträgliche AK auf die Beteiligung, soweit werthaltiger Verzicht.

Vorteile für die GmbH und ihren Gesellschafter-Geschäftsführer:   

Kein Liquiditätsproblem. Sinnvolle Lösung für die Unternehmen, wenn der Anspruch nicht werthaltig ist (Krisensituation der GmbH und keine Rückdeckung), gleichzeitig aber Verlustvorträge in ausreichender Höhe vorhanden sind. Höherer Kaufpreis bei einer anschließenden Übertragung der Anteile, da die GmbH durch den Verzicht ohne Liquiditätsabfluss von einer Schuld entlastet wurde.

Nachteile:   

Großes Zuflussproblem beim Ges.-Gf., wenn und soweit der Anspruch werthaltig ist (vor allem – aber nicht nur – bei vorhandener und ggf. verpfändeter Rückdeckungsversicherung). Wenn betrieblich veranlasst und nicht werthaltig, reichen oftmals zwar die körperschaftsteuerlichen, nicht aber die gewerbesteuerlichen Verlustvorträge aus, um den entstehenden Ertrag bei der GmbH auszugleichen. Wertfragen sind oftmals nicht einfach zu beantworten.

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Praxishinweise: 

Der Verzicht ist auch gegen Besserungsschein möglich; nach Beendigung der wirtschaftlichen Krise ergibt sich dann wieder ein Aufwand bei der GmbH; der Ges.Gf. erlangt seinen Altersversorgungsanspruch wieder. Dieser Aufwand unterliegt nicht dem Nachholverbot des § 6a Abs. 4 EStG, da der Teilwert der Pensionsverpflichtung zum vorherigen Bilanzstichtag (also vor Eintritt des Besserungsfalles) 0 € betrug.



Nicht entscheidend ist, ob der Vorgang als "Verzicht" oder als "Widerruf" bezeichnet wird. Die steuerliche Beurteilung ist unabhängig von der Bezeichnung. Das Vorliegen einer verdeckten Einlage (und damit der Zufluss von Arbeitslohn) kann also nicht damit verhindert werden, dass "Widerruf" als Überschrift über die Vereinbarung gewählt wird.



Bei Verzicht auf einen werthaltigen Anspruch geht der Teilwert der verdeckten Einlage über den Rückstellungsbetrag nach § 6a Abs. 3 EStG hinaus. Wichtig: Der Pensionsverzicht ist mit dem Wert zu bewerten, den der Ges.-Gf. für eine vergleichbare Altersversorgung als Einmalbetrag bei einem Versicherungsunternehmen aufwenden müsste (hier:1.900.000 €). Die Differenz ist als Aufwand und (zusätzlicher) Ertrag nachzubuchen (vgl. BFH-Urteil vom 15.10.1997 – I R 58/93, BStBl. 1998 II S. 305: "Sollte der Teilwert der Pensionsanwartschaft über dem Buchwert der Pensionsrückstellung liegen, so ist der Differenzbetrag zum Stichtag des Forderungsverzichtes gleichzeitig als Aufwand der Kapitalgesellschaft und als Einlage zu behandeln."). Der Ertrag wird dann außerbilanziell steuerfrei gestellt; der Aufwand ist abzugsfähige Betriebsausgabe. Allerdings ist der zu versteuernde Arbeitslohn in diesem Fall ebenfalls höher als der Rückstellungsbetrag nach § 6a EStG. Im vorliegenden Fall: Zufluss von Arbeitslohn i.H. von 1.900.000 €; gleichzeitig Erhöhung der Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG in dieser Höhe; aber Berücksichtigung wegen § 3c Abs. 2 EStG nur i.H. von 60 % von 1.900.000 € = 1.140.000 €. D.h. in Höhe der Differenz von 760.000 € käme es bei den Gesellschafter-Geschäftsführern zu einer steuerlichen "Definitivbelastung".



Wird nur auf den sog. "future service" (also auf künftige, noch nicht erdiente Ansprüche) verzichtet, führt dies nicht zu einer verdeckten Einlage und damit auch nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn (vgl. BMF-Schreiben vom 14.08.2012, BStBl I S. 874). Allerdings reduziert sich die Pensionsrückstellung erheblich (= steuerpflichtiger Ertrag, der nicht außerbilanziell als verdeckte Einlage korrigiert werden kann).

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2.2

Abfindung des Pensionsanspruchs

Mit Urteilen vom 11.09.2013 – I R 28/13 (BStBl. 2014 II S. 726) und vom 23.10.2013 – I R 89/12 (BStBl 2014 II S. 729) hat der BFH die steuerliche Behandlung der Abfindung von Pensionszusagen wesentlich verschärft. Nach Auffassung des BFH führt die Abfindung einer Pensionszusage beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer regelmäßig zu einer vGA. Faktisch erkennt der BFH – zumindest in aktiver Dienstzeit – keinen wirtschaftlichen Grund an, der die Abfindung eines Pensionsanspruchs rechtfertigen könnte. Darüber hinaus hält der BFH eine Abfindungsvereinbarung kurz vor dem Abfindungszeitpunkt aus steuerlicher Sicht nicht für ausreichend, um eine vGA auszuschließen; er verlangt also regelmäßig eine Abfindungsvereinbarung in der5 ursprünglichen Pensionszusage – wegen des Nachzahlungsverbots – (was allerdings regelmäßig die vorherige Passivierung einer Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz gefährdet; vgl. dazu BMF-Schreiben vom 06.04.2005, BStBl. I S. 619, und vom 01.09.2005, BStBl I S. 860, unter Hinweise auf das BFH-Urteil vom 10.11.1998, BStBl. 2005 II S. 261). Im vorliegenden Fall sind die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund Annahme gleichgerichteter Interessen als beherrschend anzusehen; eine Abfindung hätte deshalb zur Annahme einer vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und gleichzeitig zur gewinnerhöhenden Ausbuchung der Pensionsrückstellung geführt.

In der Rechtsfolge sieht der BFH bei Annahme einer vGA zwei Vorgänge ("geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise"):  

den Verzicht auf den Pensionsanspruch, der in Höhe der aufzulösenden Pensionsrückstellung zu einem steuerpflichtigen Ertrag führt. die Abfindung des Anspruchs, die bilanziell zu einem Aufwand führt, der dann nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerbilanziell hinzugerechnet wird.

Es erfolgt also keine "Neutralisierung" infolge eines weitgehenden erfolgsneutralen Aktiv-/Passivtauschs durch eine Buchung: Pensionsrückstellung an Bank. Somit ergeben sich zusammenfassend für eine Abfindung in aktiver Dienstzeit folgende Rechtsfolgen:

Steuerfolgen bei der GmbH:  Ertrag aus der Auflösung der Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz.  Keine Neutralisierung als verdeckte Einlage (streitig in der Verwaltungspraxis; vom BFH nicht eindeutig entschieden). M.E. liegt insoweit keine verdeckte Einlage vor. Andernfalls hätte der BFH in den beiden Urteilen vom 11.09.2013 (BStBl. 2014 II S. 726) und vom 23.10.2013 (BStBl 2014 II S. 729) hierzu eine konkrete Aussage treffen müssen.

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 Aufwand aus der Abfindungszahlung; dieser Aufwand ist außerbilanziell nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu neutralisieren.

Steuerfolgen beim Ges.-Gf.:  Zugeflossene Abfindung muss als vGA versteuert werden (mit Abgeltungsteuer oder im Teileinkünfteverfahren).

Vorteile:  

Günstigere Besteuerung beim Gesellschafter als bei Annahme von Arbeitslohn. Gesellschafter-Geschäftsführer hat Liquidität zur Steuerentrichtung (zumindest bei Barabfindung).

Nachteile: 

Hohe Steuerbelastung auf Ebene der GmbH.

Praxishinweise: 

Von der Rechtsprechung des BFH sind nur beherrschende GesellschafterGeschäftsführer betroffen. Für nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer gelten die einschränkenden Feststellungen des BFH nicht.



Auch auf die Abfindung von Pensionsansprüchen an beherrschende GesellschafterGeschäftsführer nach Pensionseintritt hat die BFH-Rechtsprechung keine Auswirkung. In diesen Fällen wird also keine vGA angenommen. Auf Ebene der GmbH vollzieht sich die Abfindung dann weitgehend neutral. Der Höhe nach darf bzw. muss die Abfindung mit dem m/n-Anwartschaftsbarwert erfolgen (und nicht mit dem Betrag, den man für eine vergleichbare Altersversorgung als Einmalbetrag bei einem Versicherungsunternehmen aufwenden müsste; dies wäre die Bewertung der verdeckten Einlage bei einem Pensionsverzicht!; vgl. BFH-Urteil vom 28.04.2010 – I R 78/08, BStBl 2013 II S. 41).

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2.3

Übertragung der Pensionsverpflichtung auf einen Pensionsfonds

Steuerfolgen bei der GmbH:  Ertrag aus der Ausbuchung der Pensionsrückstellung.  Zahlung an den Pensionsfonds = grds. Aufwand; Steuerfreistellung beim Gesellschafter aber nur, wenn der über die Rückstellung hinausgehende Aufwand bei der GmbH auf 10 Jahre verteilt wird (§ 4e Abs. 3 EStG).

Steuerfolgen beim Ges.-Gf.:  Zufluss, aber steuerfrei nach § 3 Nr. 66 EStG, wenn die GmbH einen Antrag auf Aufwandsverteilung nach § 4e Abs. 3 EStG stellt.  Nachgelagerte Besteuerung für spätere Leistungen des Pensionsfonds nach § 22 Nr. 5 EStG.

Vorteile: 

Steuergünstige Lösung (steuerfreier Zufluss beim Gesellschafter; Aufwand bei GmbH).

Nachteile: 

Liquiditätsproblem  sehr teure Lösung (hier ca. 1.900.000 €).



Aufwand bei der GmbH nur verteilt über 10 Jahre.



Risiko, dass hohe Zahlungen in den Pensionsfonds bei frühzeitigem Tod größtenteils verloren sind ("Kurzlebigkeitsrisiko").

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2.4

Übertragung der Pensionsverpflichtung auf eine Schwester-GmbH ("Rentner-GmbH")

2.4.1

Steuerfolgen bei den beteiligten GmbHs

Steuerfolgen bei der abgebenden GmbH:  Bei der abgebenden Gesellschaft entsteht ein steuerlicher Aufwand in der Differenz zwischen dem Wert nach § 6a EStG und dem "Kaufpreis" der Verpflichtungsübernahme. Dieser muss aber nach § 4f EStG i.d.R. auf 15 Jahre verteilt werden (Ausnahme allerdings nach § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG bei Mitnahme von Altersversorgungsansprüchen bei Arbeitgeberwechsel sowie in § 7g EStG-Fällen).

Steuerfolgen bei der übernehmenden GmbH: 

2.4.2

Nach § 5 Abs. 7 EStG entsteht in etwa entsprechender Höhe ein steuerlicher Ertrag, der m.E. aber ebenfalls auf 15 Jahre verteilt werden kann (§ 5 Abs. 7 Satz 5 EStG). Die Verteilung ist allerdings nicht zweifelsfrei, da § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG nicht direkt auf § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG verweist.

BFH: Kein Zufluss von Arbeitslohn

Bisherige Verwaltungslinie 

Zufluss von Arbeitslohn (BFH-Urteil vom 12.04.2007, BStBl. II S. 581); aber u.U. steuerfrei nach § 3 Nr. 55 EStG (BMF-Schreiben vom 24.07.2013, BStBl. I S. 1022, Rz 323 ff.). Die Steuerfreiheit sollte aber nur eingreifen, wenn zuvor kein Wahlrecht zwischen Abfindung und Übertragung bestand (Rz. 328). Außerdem wurde sie nicht gewährt, wenn der Ges.-Gf. bereits in der Ruhestandsphase war. Daneben wurde lohnsteuerlich verlangt, dass es sich um eine aktiv gewerblich tätige GmbH handelt (also keine reine "Rentner-GmbH").

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Aber: Dieser Sichtweise hat nun der BFH mit den aktuellen Urteilen vom 18.08.2016 – VI R 18/13, DB 2016 S. 2645, und VI R 46/13 widersprochen. Die Finanzverwaltung wird die Urteile dem Vernehmen nach mit einem begleitenden BMF-Schreiben im BStBl. II veröffentlichen und allgemein anwenden. Sachverhalte: VI R 18/13

VI R 46/13

K war beherrschender Ges.-Gf. der AGmbH. Er hatte einen Pensionsanspruch i.H. von 50 % seiner letzten Aktivbezüge. Die Rückdeckungsversicherung für die Pensionszusage war bereits ausgezahlt (467.000 €) und von der A-GmbH getrennt von ihrem übrigen Vermögen angelegt.

A war alleiniger Ges.-Gf. der A-GmbH und der A-Sport-GmbH. Da A seine Anteile an der A-GmbH veräußern wollte, übertrug die A-GmbH die Pensionsverpflichtung schuldbefreiend und gegen Entgelt auf die A-SportGmbH. Die A-Sport-GmbH erhielt dafür ein Entgelt i.H. von 761.554 €.

Im Jahr 2006 wurde das Ruhegehalt des K auf 3.500 € festgelegt und der Höhe nach bis zum Verbrauch des angelegten Betrags von 467.000 € begrenzt. Anschließend gründete K die B-GmbH (alleiniger Ges.-Gf.: K), die alle Rechte und Pflichten aus der Pensionszusage gegen eine Vergütung von 467.000 € übernahm.

In beiden Fällen nahm das Finanzamt einen Zufluss von Arbeitslohn an, für den es nur die Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG gewährte. Die FGs in der Vorinstanz bestätigten diese Rechtsauffassung.

Leitsätze des BFH: Der BFH hat die beiden Streitfälle mit folgenden Leitsätzen zugunsten der Kläger entschieden: 

Die Ablösung einer vom Arbeitgeber erteilten Pensionszusage führt beim Arbeitnehmer zwar dann zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn der Ablösungsbetrag auf

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Verlangen des Arbeitnehmers zur Übernahme der Pensionsverpflichtung an einen Dritten gezahlt wird (Bestätigung der Rechtsprechung). 

Hat der Arbeitnehmer jedoch kein Wahlrecht, den Ablösungsbetrag alternativ an sich auszahlen zu lassen, wird mit der Zahlung des Ablösungsbetrags an den die Pensionsverpflichtung übernehmenden Dritten der Anspruch des Arbeitnehmers auf die künftigen Pensionszahlungen (noch) nicht wirtschaftlich erfüllt. Ein Zufluss von Arbeitslohn liegt in diesem Fall nicht vor.

Steuerliche Konsequenzen: Der BFH verneint also einen lohnsteuerlichen Zufluss bei Übertragung einer Pensionsverpflichtung auf eine Schwester-GmbH. Für ihn waren dabei vor allem folgende Aspekte maßgeblich: 

Die Ablösungszahlung aus der Schuldübernahme führte noch nicht zu einem Zufluss. Die übertragenden GmbHs erfüllten mit der Zahlung der Ablösebeträge nämlich keinen Anspruch der Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern nur einen Anspruch der übernehmenden GmbHs aus den Vereinbarungen über die Schuldübernahme.



Dass die Regelungen des BetrAVG für beherrschende Ges.-Gf. persönlich nicht anwendbar sind, steht dem nach Auffassung des BFH nicht entgegen.



Mit der Übertragung wurde auch kein unmittelbarer und unentziehbarer Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft. Der Vorgang stellt sich nicht so dar, als habe die jeweils übertragende GmbH den Betrag ihrem Ges.-Gf. zur Verfügung gestellt und dieser ihn zum Erwerb einer Zukunftssicherung verwendet (wie dies z.B. bei Einzahlungen in eine Direktversicherung der Fall ist).



Es kommt dabei nicht darauf, ob der Ges.-Gf. bei der Rentner-GmbH ein neues Arbeitsverhältnis begründet oder nicht.



Anders stellt sich die Rechtslage allerdings dann dar, wenn den Ges.-Gf. in den Pensionszusagen ein Wahlrecht zugestanden hätte, eine Zahlung an sich selbst oder an eine GmbH gegen Übernahme der Pensionsverpflichtung zu verlangen. In beiden Streitfällen gab es ein solches Wahlrecht nicht (auch nicht als faktisches Wahlrecht aus der Stellung als beherrschende Gesellschafter).



Ebenso begründet die (zivilrechtlich notwendige) Zustimmung der Ges.-Gf. zur Übertragung keine Verfügungsmacht über den Ablösebetrag.



Ob die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 55 EStG zu Anwendung kommen kann, musste der BFH aufgrund der Verneinung von Arbeitslohn nicht mehr entscheiden.

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Auf zwei körperschaftsteuerliche Aspekte weist der BFH allerdings noch hin: 

Im Verfahren VI R 18/13 könnte in der Begrenzung der Auszahlung auf den Geldbetrag von 467.000 € ein Teilverzicht des Ges.-Gf. auf seine Pensionszusage vorgelegen haben. Dies muss nun das FG noch prüfen (m.E. liegt insoweit eindeutig eine teilweise verdeckte Einlage mit der Folge von zugeflossenem Arbeitslohn vor, vgl. H 8.9, Verzicht auf Pensionsanwartschaftsreche, KStH 2015).



Die Übernahme der Pensionszusage durch die "Rentner-GmbHs" ohne Vereinbarung eines Risiko- oder Sicherheitszuschlags könnte eine vGA darstellen. Da dies aber nicht Gegenstand des Verfahrens war, hat der BFH diese Frage offen gelassen.

Praxisfolgen: Der BFH hat mit diesen beiden Urteilen die "Rentner-GmbH" zum Mittel der Wahl für die (weitgehende) steuerneutrale Entsorgung von Pensionszusagen erkoren. Auf folgende Aspekte ist jedoch hinzuweisen: 

Die Finanzverwaltung hat mittlerweile entschieden, dass diese Rechtsprechung anzuwenden ist. Es soll jedoch ein begleitendes BMF-Schreiben ergehen.



Wichtig: Die bisherigen Restriktionen der Finanzverwaltung rund um die Anwendung von § 3 Nr. 55 EStG (Verlangen nach einer aktiven Tätigkeit der "Rentner-GmbH", keine Anwendung bei Ges.-Gf., die bereits in der Auszahlungsphase sind oder zumindest das Rentenalter erreicht haben usw.) haben sich damit für die Beraterpraxis erledigt.



Aber: Keine Reduzierungen des Pensionsanspruchs im zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung der Verpflichtung; sie können – wie das Verfahren VI R 18/13 zeigt – zu einer verdeckten Einlage und damit doch zum teilweisen Zufluss von Arbeitslohn führen.



Ebenso muss geprüft werden, ob in den Pensionszusagen ein Abfindungs- bzw. Übertragungswahlrecht des Ges.-Gf. enthalten ist; dann liegt nämlich Arbeitslohn vor (so auch schon BFH-Urteil vom 12.04.2007 – VI R 6/02, BStBl II S. 581; dieses Urteil hatte die Finanzverwaltung bisher zum Anlass genommen, immer einen Zufluss von Arbeitslohn anzunehmen. In diesem Fall müsste m.E. es zunächst das Wahlrecht aus der Pensionsvereinbarung gestrichen werden; eine Übertragung der Pensionsverpflichtung ist dann erst nach geraumer Zeit ohne Zufluss von Arbeitslohn möglich.



Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf den Hinweis des BFH zur möglichen vGA reagieren wird, wenn die Verpflichtung ohne Risiko- oder Sicherheitszuschlag übertragen wird. Sicherheitshalber sollte man einen solchen

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Zuschlag in Praxisfällen vereinbaren. M.E. genügt ein Sicherheitszuschlag von ca. 10 % des übergegangenen Werts. Dieser darf allerdings auch nicht zu hoch sein, sonst läge nämlich eine vGA in umgekehrter Richtung vor.

Im vorliegenden Praxisfall stellt sich somit die neue BFH-Rechtsprechung zur Übertragung auf eine "Rentner-GmbH" als Königsweg dar. In der Beratungspraxis besteht jedoch eine große Unsicherheit darüber, welcher Wert für die entgeltliche Übertragung zugrunde gelegt werden muss. M.E. sollte als Ablösungsanspruch mindestens der handelsrechtliche Wert der Pensionsverpflichtung zuzüglich des vom BFH geforderten Risikozuschlags von ca. 10 % sein, d.h. 700.000 € + 10 % = 70.000 €, insgesamt 770.000 €. Es ergeben sich zusammenfassend folgende steuerliche Auswirkungen: 

Bei der abgebenden GmbH: steuerlicher Aufwand i.H. von 370.000 € (Differenz zwischen Wert nach § 6a EStG von 400.000 € zum "Kaufpreis" der Verpflichtungsübernahme). Dieser Aufwand muss nach § 4f EStG grundsätzlich auf 15 Jahre verteilt werden. Ein Sofortabzug kommt nur im Falle des § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG in Betracht (Arbeitgeberwechsel und Fall des § 7g EStG).



Bei der übernehmenden GmbH: steuerlicher Ertrag i.H. von 370.000 €, da nach § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG die Pensionsrückstellung mit dem Wert nach § 6a EStG zu passivieren ist. M.E. ist dieser Ertrag nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG auf 15 Jahre zu verteilen. Von der Finanzverwaltung wird hierzu in nächster Zeit ggf. noch eine Aussage in einem BMFSchreiben getroffen werden.



Bei den Gesellschafter-Geschäftsführern: kein Zufluss von Arbeitslohn. Nach Eintritt des Pensionsfalls wäre auch bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern eine Abfindung des Pensionsanspruchs möglich. Eine vGA wird insoweit nicht angenommen (vgl. hierzu die vorstehenden Ausführungen unter Tz. 2.2).

3.

Weitere Aspekte zur Altersversorgung der Gesellschafter-Geschäftsführer

3.1

Pensionszusagen: Mindestaltersgrenze und variable Altersgrenze

3.1.1

Bisherige Verwaltungslinie zur Mindestaltersgrenze

In den KStR 2004 bzw. KStH 2008 fanden sich zur Mindestaltersgrenze bei Pensionszusagen folgende Aussagen der Finanzverwaltung: 

R 38 Satz 8 KStR 2004: Bei einer vertraglichen Altersgrenze von weniger als 60 Jahren ist davon auszugehen, dass keine ernsthafte Vereinbarung vorliegt. Hinweis: Diese Aussage betrifft die Anerkennung der Pensionszusage dem Grunde nach!

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H 38 "Altersgrenze …" KStH 2008: Eine vertraglich vereinbarte Altersgrenze von weniger als 65 Jahren kann für die Berechnung der Pensionsrückstellung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn besondere Umstände nachgewiesen werden, die ein niedrigeres Pensionsalter rechtfertigen. Hinweis: Diese Aussage betrifft die Berechnung der Pensionsrückstellung nach § 6a EStG der Höhe nach!



3.2

Durch die EStR 2008 wurde in R 6a Abs. 8 EStR das bei der Berechnung der Pensionsrückstellung zugrunde zu legende Mindestalter für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer neu geregelt (mit Wirkung ab 2009; vgl. BMFSchreiben vom 03.07.2009, BStBl I S. 712). In der Vergangenheit hatte für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer eine einheitliche Berechnungsgrenze für die Pensionsrückstellung von 65 Jahren gegolten. Seit dem Jahr 2009 galten dann folgende Berechnungsaltersgrenzen: Geburtsjahrgänge

Pensionsalter

bis 1952

65

ab 1953 bis 1961

66

ab 1962

67

Aber: Neue BFH-Rechtsprechung zum Berechnungsalter Rechtsprechung: BFH-Urteil vom 11.09.2013 – I R 72/12, BStBl. II 2016, S. 1008

3.2.1

Die BFH-Entscheidung Den Einschränkungen bei der Rückstellungsbildung in R 6a Abs. 8 EStR hat der BFH mit seinem Urteil vom 11.09.2013 – I R 72/12, BStBl. II 2016, S. 1008, generell widersprochen (nicht nur hinsichtlich der Erhöhung der Berechnungsaltersgrenze seit 2009). Der BFH hat im Urteilsfall zwar die Rückstellungsbildung nicht beanstandet. In Abweichung von seinem Urteil vom 23.01.1991 – I R 113/88, BStBl II S. 379, hält er ein "Sonderrecht" bei der Rückstellungsbildung für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer generell nicht (mehr) für gerechtfertigt (= Rechtsprechungsänderung, auch wenn der BFH dies selbst bestreitet). Es gibt nach Auffassung des BFH auf der Bilanzebene ("innerbilanziell"; 1. Stufe der Gewinnermittlung) kein Mindestpensionsalter für einen versorgungsbegünstigten Gesellschafter-Geschäftsführer. Aber: Der BFH hat ausdrücklich offen gelassen, ob eine Pensionszusage auf ein Endalter unter 65 Jahren (oder nach der Gedankenwelt von R 6a Abs. 8 EStR: unter 66 bzw. 67

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Jahren) auf der 2. Ebene (nämlich außerbilanziell) zu einer vGA führt (so z.B. Urteil des FG Düsseldorf vom 06.11.2012 – 6 K 1093/10 K, G, F, vom BFH in der Anschlussentscheidung vom 23.10.2013 – I R 89/12 ausdrücklich offen gelassen).

Seine obige Rechtsprechung hat der BFH mit Beschluss vom 26.11.2014 – I R 2/14, GmbHR 2015 S. 280, nochmals ausdrücklich bestätigt. In diesem Verfahren ging es konkret um die Erhöhung der Berechnungsaltersgrenze vom 65. auf das 66./67. Lebensjahr in R 6a Abs. 8 EStR.

3.2.2

Reaktion der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 9.12.2016 / BStBl. I S. 1427 Die Finanzverwaltung folgt dem BFH hinsichtlich des Berechnungsendalters. Die Rückstellung nach § 6a EStG ist dann immer nach dem vereinbarten Pensionsalter zu berechnen. Das obige Urteil vom 11.09.2013 – I R 72/12 wurde deshalb im BStBl. veröffentlicht; R 6a Abs. 8 EStR ist überholt und wird in den nächsten EStR nicht mehr enthalten sein. Aber: Die Finanzverwaltung hat im BMF-Schreiben vom 09.12.2016 den Hinweis des BFH, dass man ja auf der 2. Stufe ("vGA-Ebene") ein Mindestpensionsalter fordern könnte, aufgegriffen und beschlossen, bei beherrschenden GesellschafterGeschäftsführern für bereits bestehende Zusagen von einem fremdvergleichsüblichen Pensionsalter von 65 Jahren und für künftige Zusagen von 67 Jahren auszugehen. Den Steuerpflichtigen soll es aber unbenommen bleiben, die Fremdüblichkeit eines niedrigeren Pensionseintrittsalters darzulegen. Die Problematik hat sich damit von der "Rückstellungsebene" auf die "vGA-Ebene" verlagert. Darüber hinaus wird nach der neuen Verwaltungslinie bei Neuzusagen nach dem 09.12.2016 bei einer vertraglichen Altersgrenze von weniger als 62 Jahren eine vGA dem Grunde nach angenommen (wegen fehlender Ernsthaftigkeit). In diesem Fall sind Zuführungen zur Pensionsrückstellung in voller Höhe vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und die spätere Pensionszahlungen führen beim Gesellschafter insgesamt zu Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Dies gilt für beherrschende und nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer. Nur bei bis zum 09.12.2016 bereits bestehenden Zusagen gilt die bisherige Altersgrenze von 60 Jahren weiter (R 38 Satz 8 KStR 2004). Für die Berechnung der Pensionsrückstellung ist bei beherrschenden GesellschafterGeschäftsführern bei Neuzusagen nach dem 09.12.2016 eine vGA der Höhe nach anzunehmen, als eine geringere vertragliche Altersgrenze als 67 Jahre vereinbart wird. Zuführungen zur Pensionsrückstellung sind dann insoweit vGA, als diese nicht auf das 67. Lebensjahr, sondern auf das vertraglich vereinbarte geringere Pensionsalter berechnet werden. D.h. die Differenz zwischen der Berechnung der Pensionsrückstellung auf das 67. Lebensjahr und das vertraglich vereinbarte, geringere Pensionsalter löst (insoweit) bei der GmbH und dem Gesellschafter die Rechtsfolgen einer vGA aus. Aber: Auch bei Altzusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer (bis zum 09.12.2016) verlangt die Finanzverwaltung nunmehr eine vertragliche Altersgrenze von mindestens 65 Jahren. M.E. ist dies nicht sachgerecht und stellt eine echte "Verböserung" dar, da in der

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Vergangenheit nur eine vertragliche Altersgrenze von mindestens 60 Jahren gefordert wurde. Der steuerliche Berater muss in Absprache mit seinem Mandanten entscheiden, ob er hiergegen im finanzgerichtlichen Verfahren vorgeht oder aber nachträglich eine vertragliche Altersgrenze von mindestens 65 Jahren vereinbart wird. In diesem Fall muss m.E. von der Finanzverwaltung eine entsprechende Erhöhung des Pensionsanspruchs steuerlich akzeptiert werden. Vgl. zum möglichen Barwertausgleich im Falle der Steuerproblematik "Pension neben Aktivgehalt" und der Aufschiebung des Eintritts der Versorgungsfälligkeit RdNr. 12 des BFH-Urteils vom 23.10.2013, Az.: I R 60/12, BStBl 2015 II S. 413. Dies muss nach Meinung der Finanzverwaltung spätestens zum bis zum Ende des Wirtschaftsjahres geschehen, das nach dem 09.12.2016 beginnt (also in der Regel bis zum 31.12.2017). M.E. kann – ohne einen Verzicht auszulösen – auch ein höheres Endalter (z.B. 66 oder 67 Jahre) in Altfällen gewählt werden, da das BMFSchreiben vom 9.12.2016 (aaO) dazu keine entsprechende Regelung trifft. Die neue Verwaltungslinie im BMF-Schreiben vom 09.12.2016 (BStBl. I S. 1427) stellt sich also wie folgt dar:  Für Altzusagen:  

Ernsthaftigkeit setzt Altersgrenze von 60 Jahren voraus (sonst für beherrschende und nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer vGA dem Grunde nach) Fremdvergleich setzt bei beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer Altersgrenze von 65 Jahren voraus (sonst vGA der Höhe nach)

 Für Neuzusagen (nach dem 09.12.2016)  

Ernsthaftigkeit setzt Altersgrenze von 62 Jahren voraus (sonst für beherrschende und nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer vGA dem Grunde nach) Fremdvergleich setzt bei beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer Altersgrenze von 67 Jahren voraus (sonst vGA der Höhe nach)

Fazit: Das Thema "Pensionszusage/Pensionsverzicht" ist ein Dauerbrenner in der Praxis der GmbH-Besteuerung und ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer. Sowohl die Rechtsprechung als auch die Finanzverwaltung beschäftigen sich permanent mit diesen Rechtsfragen und verändern – oftmals zum Leidwesen der Praxis – langjährige steuerliche Rechtspositionen. Dem steuerliche Berater ist deshalb zu empfehlen, mit großer Sorgfalt an diese Thematik heranzugehen und ggf. im Vorfeld Rechtssicherheit über eine verbindliche Auskunft bzw. zumindest über eine lohnsteuerliche Anrufungsauskunft einzuholen. Ein großer Lichtblick in diesem Zusammenhang ist jedoch die neue BFH-Rechtsprechung zur steuerneutralen Übertragung von Pensionsverpflichtungen auf eine Rentner-GmbH. Insbesondere in Fällen der sog. sharedeals wird dies künftig mangels Alternativen der steuerliche Königsweg werden.

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II.

Aktuelles zum Umwandlungssteuerrecht

1.

Einbringung einer Freiberuflergesellschaft in eine GmbH: Vorsicht Übergangsgewinn!

1.1

Fall 1: Formwechsel PartGmbB in GmbH Sachverhalt Die freiberufliche ABC-Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (ABCPartGmbB) wird im Juli 2017 steuerlich rückwirkend zum 31.12.2016 in die ABC-GmbH umgewandelt (Formwechsel). Die ABC-PartGmbB hat bisher ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmen-Überschussrechnung) ermittelt. Zum 31.12.2016 hatte die Forderungen gegenüber ihren Mandanten i.H. von 200.000 €. Das Anlagevermögen der ABC-PartGmbB sowie das übrige Umlaufvermögen hatten einen Buchwert von insgesamt 100.000 €. Darlehensverbindlichkeiten bestanden i.H. von 50.000 €. Zwischen 01.01.2017 und Juli 2017 haben die Gesellschafter der ABC-PartGmbB Entnahmen i.H. von 190.000 € getätigt. Schaubild: A 1/3

B 1/3

C 1/3

ABC- PG

A 1/3

B 1/3

C 1/3

ABC-GmbH

Formwechsel (steuerlich) zum 31.12.2016 im Juli 2017

Gesetzliche Grundlagen / UmwStErl § 191 Abs. 1 Nr. 1 UmwG: Eine PartGmbB kann ein formwechselnder Rechtsträger sein.

Folgen für den konkreten Fall ●

Der Formwechsel der ABCPartGmbB in die ABC-GmbH ist zivilrechtlich zulässig. Somit liegt auch steuerlich eine Umwandlungsform vor, die unter das UmwStG fällt.



Steuerlich kann der Formwechsel durch die Verweisung in § 25 Satz 2 UmwStG mit 8-monatiger Rückwirkung (also im Juli 2017 zum 31.12.2016) vorgenommen werden.



Die ABC-GmbH hat auf den

§ 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG: Der Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft fällt unter §§ 20 ff. UmwStG. Keine zivilrechtliche Rückwirkung für einen Formwechsel (keine Einreichung einer Bilanz notwendig). § 25 Satz 1 UmwStG: Die §§ 20 bis 23 UmwStG gelten für einen Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft entsprechend.

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Gesetzliche Grundlagen / UmwStErl

Folgen für den konkreten Fall 31.12.2016 eine (steuerliche) Eröffnungsbilanz aufzustellen; es gelten in vollem Umfang die Regelungen für andere zivilrechtliche Umwandlungsformen (vgl. den Verweis in Randnr. 25.01 UmwStErl auf Randnr. 20.01 bis 23.21 UmwStErl).

§ 25 Satz 2 UmwStG: Verweis auf § 9 Satz 2 und 3 UmwStG.

§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG: Voraussetzung für den BW-Ansatz ist u.a., dass die Passivposten des eingebrachten Betriebsvermögens die Aktivposten nicht übersteigen.



Die Einbringung eines Betriebs mit einem Negativkapital ist also nicht zulässig. Im vorliegenden Fall lag zum steuerlichen Übertragungsstichtag (31.12.2016) kein Negativkapital vor:

Anlagevermögen / übriges UV Mandantenforderungen Verbindlichkeiten saldiert

100.000 € 200.000 € ./. 50.000 € 250.000 €

Somit war das Betriebsvermögen am 31.12.2016 positiv. Randnr. 20.19 UmwStErl: Das eingebrachte Betriebsvermögen darf auch durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum nicht negativ werden.

§ 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG: Die Anschaffungskosten der Anteile der



Die Entnahmen im Rückwirkungszeitraum i.H. von 190.000 € mindern also das zum 31.12.2016 (eigentlich) vorhandene positive Betriebsvermögen i.H. von 250.000 €. Im vorliegenden Fall verbleibt aber dennoch ein positiver Betrag (60.000 €). Tatsächlich muss diese Rechnung allerdings getrennt für jeden Gesellschafter erfolgen. Im Hinblick auf die vorherige 4/3Rechnung dürfte sich hieraus im vorliegenden Fall jedoch keine abweichende Lösung ergeben.



Der Buchwertansatz ist hier also durch die Entnahmen im Rückwirkungszeitraum nicht gefährdet (was bei Einbringung einer Freiberufler-Praxis in eine GmbH aber nicht selbstverständlich ist!).



Die AK von ABC für die erhaltenen GmbH-Anteile

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Gesetzliche Grundlagen / UmwStErl

Folgen für den konkreten Fall

Einbringenden sind um den Buchwert der Entnahmen im Rückwirkungszeitraum zu vermindern.

betragen 60.000 € (jeweils 20.000 € für A, B und C).

Die ABC-GmbH ist als Formkaufmann zur Buchführung verpflichtet (§ 6 Abs. 1 i.V. mit § 238 HGB). Nach § 140 AO gilt dies auch steuerlich.



Die ABC-GmbH ist somit auch steuerlich ein bilanzierender Gewerbebetrieb.



Dies gilt unabhängig davon, dass die Gesellschaft eigentlich eine freiberufliche Tätigkeit ausübt.

R 4.5 Abs. 6 EStR: Bei einer Betriebsveräußerung ist ein Übergang zur Bilanzierung erforderlich. Eine Betriebsveräußerung liegt auch bei Einbringung in eine Kapitalgesellschaft vor (unabhängig vom Wertansatz; also auch bei Ansatz der Buchwerte).



Bei der ABC-PartGmbB entsteht somit zum 31.12.2016 ein Übergangsgewinn i.H. von 200.000 €. Es handelt sich damit um einen laufenden Gewinn.

H 4.5 Abs. 6 „Übergangsgewinn“ EStH: Die dem Gewinn hinzuzurechnenden Beträge können nicht verteilt werden (Verweis auf das BFH-Urteil vom 13.09.2001 – IV R 13/01, BStBl 2002 II S. 287).



Eine Verteilung des Übergangsgewinns kommt also nicht in Betracht.

Fazit: Bei Einbringung einer Freiberufler-Praxis in eine Kapitalgesellschaft können hohe Mandantenforderungen ein Umwandlungshindernis darstellen. Eine Verlagerung dieser Betriebseinnahmen auf die GmbH ist nicht zulässig.

1.2

Fall 2: Einbringung Ingenieurbüro in GmbH Sachverhalt I hat bis zum Frühjahr 2017 ein Ingenieurbüro (§ 18 EStG) als Einzelunternehmen betrieben (4/3-Rechnung). Daneben war I schon seit vielen Jahren Alleingesellschafter der I-GmbH, die im Baubereich tätig ist. I erbringt regelmäßig umfangreiche Ingenieurleistungen gegenüber der I-GmbH. Zum 31.12.2016 bestanden Forderungen des I gegenüber der I-GmbH aus diesen Leistungen i.H. von 2 Mio. €. Die Betätigungen des Einzelunternehmens und der I-GmbH sollen zusammengeführt werden. Dazu soll das Einzelunternehmen nun im Juli 2017 rückwirkend zum 31.12.2016 in die I-GmbH eingebracht werden. Die Forderungen i.H. von 2 Mio. € sollen jedoch nicht in die I-GmbH eingebracht werden. Ist die Einbringung zum Buchwert möglich?

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Schaubild: I

I

100 %

100 %

Ford. 2 Mio. €

Einzeluntern. I

I-GmbH

Einbringung zum 31.12.2016

Gesetzliche Grundlagen / UmwStErl

Folgen für den konkreten Fall

Notwendigkeit des Übergangs zur Bilanzierung.



Vgl. dazu oben Fall 1.

Kein Negativkapital (auch nicht durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum).



Vgl. auch dazu oben Fall 1 (Höhe des Betriebsvermögens hier aber nicht dargestellt; Problem u.U. aufgrund der zurückbehaltenen Forderung; dazu s.u.).

§ 20 Abs. 1 UmwStG: Die Einbringung muss gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgen.



Bei der I-GmbH muss also eine Kapitalerhöhung erfolgen. Dies kann als Sachkapitalerhöhung oder auch als Barkapitalerhöhung mit Sachagio ausgestaltet werden (vgl. Randnr. 01.44 UmwSt-Erlass). Eine Ausgliederung i.S. von § 123 Abs. 3 UmwG ist hier aus zivilrechtlichen Gründen nicht gestaltbar.

§ 20 Abs. 1 UmwStG / Randnr. 20.06 UmwSt-Erlass: Die Anwendbarkeit des § 20 UmwStG erfordert die Einbringung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen.



Diese Voraussetzung wäre nicht erfüllt, wenn es sich bei der zurückbehaltenen Forderung i.H. von 2 Mio. € um eine wesentliche Betriebsgrundlage handeln würde. Forderungen stellen jedoch i.d.R. keine wesentlichen Betriebsgrundlagen dar. Sie sind nicht betriebsnotwendig, da sie lediglich das Ergebnis der betrieblichen Betätigung sind (zu denkbaren Ausnahmefällen vgl. Patt in Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, Die KSt, § 20 UmwStG Tz 63). Dies gilt hier unabhängig davon, dass sich nach der Einbringung der Forderung in die I-GmbH eine Konfusion

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Gesetzliche Grundlagen / UmwStErl

Folgen für den konkreten Fall ergeben würde und die I-GmbH damit von einer Schuld i.H. von 2 Mio. € entlastet wäre. Dieser Umstand kann keine Auswirkung auf die Entscheidung der Frage haben, ob ein vollständiger Betrieb eingebracht wurde.

BFH-Urteil vom 04.12.2012 – VIII R 41/09, BStBl 2014 II S. 288: Ausstehende Honorarforderungen, die sich der Einbringende vertraglich ausdrücklich zurückbehält, gehen nicht in das Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft über (ähnlich schon BFH-Urteil vom 14.11.2007 – XI R 32/06, BFH/NV 2008 S. 385). Die Forderungen stellen sog. Restbetriebsvermögen des Einbringenden dar und sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses zu versteuern. Bei Übergang zur Bilanzierung gehen sie nicht in die Ermittlung des Übergangsgewinns ein.



Für die zurückbehaltenen Forderungen ergibt sich somit kein Zwang zum Übergang zur Bilanzierung; sie führen also nicht zu einem Übergangsgewinn. Somit dürfte sich das Problem des Übergangsgewinns in diesem Fall weitgehend erledigt haben.



Die Forderung ist Restbetriebsvermögen des bisherigen Ingenieurbetriebs. Sie ist bei Zahlungseingang als nachträgliche Betriebseinnahme (§ 24 EStG) zu erfassen.



Das genannte BFH-Urteil ist zwar zu einem Einbringungsfall nach § 24 UmwStG ergangen. Es sind jedoch keine Gründe ersichtlich, die Frage bei einer Einbringung in eine GmbH anders zu beurteilen.

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2.

Zurückbehaltener Grundstücksanteil; kein Fall des § 20 UmwStG – Der aktuelle FG-Fall Rechtsprechung:

2.1

Urteil des FG Baden-Württemberg vom 10.12.2015 - 1 K 3485/13, EFG 2016 S. 423, Revision beim BFH anhängig unter Az. I R 7/16

Hintergrund Bei Betriebsaufspaltungen ist in der Praxis (vor allem bei Betriebsprüfungen) häufig der Umfang des Betriebs- bzw. Sonderbetriebsvermögens streitig. Diese Frage hat nicht nur Bedeutung für die Frage, ob das fragliche Wirtschaftsgut zu einem späteren Zeitpunkt steuerfrei veräußert werden kann oder nicht. In Umstrukturierungsfällen kann die Problematik auch den Buchwertansatz nach § 20 UmwStG verhindern, wie der nachfolgend dargestellte Sachverhalt zeigt.

2.2

Urteilssachverhalt (vereinfacht) S hatte zunächst als Einzelunternehmer ein Maschinenbauunternehmen betrieben. Im Folgenden gründete S die S-GmbH und vermietete ab dem Jahr 1999 die Maschinen seines Einzelunternehmens sowie den Kundenstamm an diese GmbH. Zwischen dem Einzelunternehmen und der S-GmbH bestand ab diesem Zeitpunkt steuerlich eine Betriebsaufspaltung. Der Anteil des S an der S-GmbH war Betriebsvermögen des Besitzunternehmens. Zusammen mit seiner Ehefrau E vermietete S ferner ein bebautes Grundstück an die SGmbH. S behandelte seinen Miteigentumsanteil am Grundstück als Privatvermögen und erklärte mit seiner Ehefrau Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Zum 01.01.2006 übertrug S sein Besitzunternehmen auf die S-GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Dafür sollten nach § 20 UmwStG die Buchwerte zum Ansatz kommen. Seinen Miteigentumsanteil am bebauten Grundstück hat S dagegen nicht übertragen. Das Finanzamt behandelte den Miteigentumsanteil des S am vermieteten bebauten Grundstück als notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens. Nach Ansicht des Finanzamtes habe S einen Aufgabegewinn zu versteuern, da er das Wirtschaftsgut „Miteigentumsanteil am vermieteten Grundstück“ (= notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens und wesentliche Betriebsgrundlage) nicht auf die S-GmbH übertragen habe. Daher sei eine Übertragung zu Buchwerten nicht möglich. Verpachtung  Maschine  Kundenstamm Besitzunternehmen S

Betriebs-GmbH S

Einbringung § 20 UmwStG Vermietung EF 50 %

S 50 %

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2.3

Entscheidung des FG Bad.-Württ. Das FG Baden-Württemberg hat die Linie des Finanzamts bestätigt und die Anwendbarkeit des § 20 UmwStG mit folgendem Leitsatz abgelehnt: Vermietet eine Grundstücksgemeinschaft, an der der Besitzeinzelunternehmer beteiligt ist, ein Grundstück an die Betriebs-GmbH, kann dies aus Sicht des Besitzeinzelunternehmers dazu dienen, die Vermögens- und Ertragslage der Betriebsgesellschaft zu verbessern und damit den Wert der Beteiligung daran zu erhalten oder zu erhöhen. Ist dies der Fall, ist sein Miteigentumsanteil am vermieteten Grundstück beim Besitzunternehmen als notwendiges Betriebsvermögen zu erfassen, und zwar gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als ideeller Anteil an dem Sachwert (vgl. BFH-Urteil vom 08.03.1990 – IV R 60/89, BStBl II 1994 S. 559) Begründungslinien des FG: 

Soweit S der S-GmbH Maschinen überließ, war ab dem Jahr 1999 – unstrittig – eine Betriebsaufspaltung begründet worden. Die Vermietung des Grundstücks durch die Grundstücksgemeinschaft an die S-GmbH begründete keine – weitere – Betriebsaufspaltung. Es mangelt insoweit nämlich an einer personellen Verflechtung, da S an der Grundstücksgemeinschaft nur zu 50 % beteiligt war.



Das Grundstück (und damit auch der Miteigentumsanteil des S) war dazu bestimmt, die Vermögens- und Ertragslage der GmbH zu verbessern und damit den Wert der Beteiligung daran zu erhalten oder zu erhöhen und wurde aus diesem Grund notwendiges Betriebsvermögen. Denn zum notwendigen Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft gehören nicht nur Wirtschaftsgüter, die dem Besitzunternehmen unmittelbar dienen, sondern auch solche, die dazu bestimmt sind, die Vermögensund Ertragslage der Betriebsgesellschaft zu verbessern und damit den Wert der Beteiligung daran zu erhalten oder zu erhöhen. Ist dies der Fall, ist sein Miteigentumsanteil am vermieteten Wirtschaftsgut beim Besitzunternehmen als notwendiges Betriebsvermögen zu erfassen, und zwar gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als ideeller Anteil an dem Sachwert.



Der Miteigentumsanteil gehörte somit zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens und wäre daher auch bis zur Einbringung in die S-GmbH im Besitzunternehmen zu bilanzieren gewesen. Es stand von Anfang an fest, dass das (fragliche) Grundstück der S-GmbH überlassen werden sollte und auf die Bedürfnisse der S-GmbH zugeschnitten war. Das FG hatte zudem auch keine Zweifel daran, dass das Grundstück (und mithin der Miteigentumsanteil des S) eine wesentliche Betriebsgrundlage war. Denn das Grundstück bildete die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der GmbH und ermöglichte es dieser, ihren Geschäftsbetrieb auszuüben. Es ist die einzige Betriebsstätte der GmbH und auf dem Grundstück sind die an die GmbH vermieteten Dreh- und Fräsmaschinen aufgestellt.



Auch die Argumentation des S, es sei ein Teilbetrieb „Maschinenvermietung“ ausgegliedert worden, ließ das FG nicht gelten. Ein Teilbetrieb setzt einen Hauptbetrieb (Gesamtbetrieb) voraus, der ohne den Teilbetrieb als Betrieb weiterexistiert. Im Streitfall würde nach der Übertragung eines – unterstellten – Teilbetriebs „Maschinenvermietung“ kein Hauptbetrieb weiterexistieren. Der behauptete Hauptbetrieb bzw. weitere Teilbetrieb „Grundstücksvermietung“ wäre nach der Übertragung des Teilbetriebs „Maschinenvermietung“ nicht gewerblich und

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damit kein „Betrieb“, weil es insoweit an den Voraussetzungen (keine persönliche Verflechtung) einer Betriebsaufspaltung fehlen würde. Ein zurückbehaltenes Grundstück bildet keinen Teilbetrieb „Grundstücksverwaltung“. Die Maschinenvermietung konnte somit kein „zweiter Teilbetrieb“ sein. Darüber hinaus umfasst im Falle einer Betriebsaufspaltung der Betrieb das gesamte Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft. Der Miteigentumsanteil am Grundstück gehörte danach zum – unterstellten – Teilbetrieb „Maschinenvermietung“ und hätte daher auf die GmbH mitübertragen werden müssen. Das ist aber nicht geschehen. 

2.4

Da der Miteigentumsanteil des S am Grundstück (= wesentliche Betriebsgrundlage) nicht auf die GmbH mitübertragen wurde, lagen die Voraussetzungen des § 20 UmwStG (Einbringung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen) nicht vor. Ein Buchwertansatz kam nicht in Betracht; der Vorgang führt zu einer Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG mit Realisierung der stillen Reserven a) in den übertragenen Maschinen b) im übertragenen Kundenstamm c) im Grundstücksanteil des S und d) in dem GmbH-Anteil des S an der S-GmbH.

Praxishinweise 

Der Fall ist nun beim BFH anhängig (Revision mit dem Az. I R 7/16). Vergleichbare Fälle können Sie bis zu einer Entscheidung des BFH offen halten (Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO).



In Umstrukturierungsfällen bei Betriebsaufspaltungen sollte man jeweils auch die Wirtschaftsgüter in die Prüfung einbeziehen, die in der Vergangenheit nicht als Betriebsvermögen aktiviert waren. Die bisherige Handhabung ist nämlich nicht gleichbedeutend mit der Aussage, dass auch kein notwendiges Betriebsvermögen bzw. keine wesentliche Betriebsgrundlage vorlag. Zweifelsfälle sollte man vorab mit dem zuständigen Finanzamt im Rahmen einer verbindlichen Auskunft abstimmen.



Unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung ist die Indizienabwägung, ob Wirtschaftsgüter, die neben der eigentlichen Betriebsaufspaltung überlassen werden, notwendiges Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen darstellen, nach folgenden Kriterien vorzunehmen (vgl. dazu auch H 15.7 Abs. 4 „Notwendiges Betriebsvermögen“ EStH mit Hinweisen auf die BFH-Rechtsprechung):

Betriebl. Interessen = Betriebsvermögen • Keine Fremdüblichkeit der Überlassung • Nutzung durch die Interessen des Betriebsunternehmens bestimmt • WG kann nur an Betriebsunternehmen überlassen werden • WG ist für Betriebsunternehmen unverzichtbar

Private Interessen = Privatvermögen • Mietvertrag erst längere Zeit nach der Betriebsaufspaltung geschlossen • Besitzunternehmer hat zivilrechtlich keinen / nur geringen Einfluss auf die Grundstücksgemeinschaft • Je geringer die Beteiligung an der Grundstücksgemeinschaft, desto eher eigenständiger Zweck (V+V);

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• Nutzungsüberlassung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung der Betriebsaufspaltung

eine 50 %-Beteiligung ist aber noch keine geringe Beteiligung in diesem Sinne

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