AKTUELLE ENTWICKLUNGEN IM VERGABERECHT

09.04.2016 AKTUELLE ENTWICKLUNGEN IM VERGABERECHT Baurechtsforum 2016, Krems RA Mag. Manfred Essletzbichler ÜBERSICHT • BVergG Novelle 2015 – Überbl...
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09.04.2016

AKTUELLE ENTWICKLUNGEN IM VERGABERECHT Baurechtsforum 2016, Krems RA Mag. Manfred Essletzbichler

ÜBERSICHT • BVergG Novelle 2015 – Überblick / Parlamentarischer Prozess – Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Bestbieterprinzips – Neuerungen bei Subunternehmern – Freiwillige ex-ante-Transparenzbekanntmachung neu – AVRAG-Abfrage – (Klein)Los-Regelung im Oberschwellenbereich – Fazit zur Novelle • Einheitliche Europäische Eigenerklärung • Fragen/Diskussion

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ALLGEMEINES ZUR NOVELLE (1) • Veröffentlichung der Regierungsvorlage (RV) am 7.7.2015  Beschlussfassung sollte noch im Sommer erfolgen • Art 14 Abs 4 B-VG verlangt Zustimmung aller Bundesländer für den Gesetzesbeschluss  Tirol kündigte Widerstand an • Nach Diskussion konnte doch im Verfassungsausschuss eine Einigung erzielt werden • Im Zuge der Behandlung im Parlament stellten Abgeordnete der Koalitionsparteien einen Abänderungsantrag (Bestbieterprinzip auch bei Beschaffung gewisser Lebensmittel) – der Abänderungsantrag wurde angenommen • Beschlussfassung in Nationalrat am 10.12.2015 und im Bundesrat am 17.12.2015 • Inkrafttreten der Novelle mit 1.3.2016

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ALLGEMEINES ZUR NOVELLE (2) • Zielsetzungen / Hauptthemen der Novelle: – Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping (insbesondere durch strengere Subunternehmer-Regeln) – Stärkung des Bestbieterprinzips (dadurch Stärkung heimischer Unternehmen?) – Umsetzung von EuGH- bzw VwGH-Judikaten

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INHALTE DER NOVELLE – BESTBIETERPRINZIP (1) • zukünftig gilt grundsätzlich das Primat des Bestbieterprinzips (Zuschlag auf technisch und wirtschaftlich günstigstes Angebot) – das Bestbieterprinzip ist insbesondere in den in § 79 Abs 3 BVergG genannten Fällen anzuwenden (nicht abschließende Aufzählung) • das Billigstbieterprinzip soll (eigentlich wie bisher) eine Ausnahme darstellen; die Anwendung ist nur dann zulässig, wenn – der Qualitätsstandard einer Leistung in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht klar und eindeutig definiert ist zB  zB bei bestimmten Arten von standardisierten Rohbauarbeiten, standardisierten Leistungen im Straßenbau etc und – keiner der in § 79 Abs 3 BVergG aufgezählten Fälle vorliegt

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INHALTE DER NOVELLE – BESTBIETERPRINZIP (2) • Gemäß § 79 Abs 3 BVergG ist das Bestbieterprinzip jedenfalls dann anzuwenden, wenn – es sich um geistige Dienstleistungen handelt (Z 1)  zB Architekten-/Planungsleistungen – Alternativangebote ausdrücklich für zulässig erklärt wurden (Z 2) – die Leistungsbeschreibung im Wesentlichen funktional erfolgt (Z 3)  dies soll nach den EBRV dann der Fall sein, wenn wesentliche Leistungsteile bloß funktional beschrieben sind – es sich um Leistungen handelt, die ihrer Natur nach oder wegen der mit der Leistungserbringung verbundenen Risiken eine vorherige globale Preisgestaltung nicht zulassen, und deswegen ein Verhandlungsverfahren durchgeführt wird (Z 4 [klassischer Bereich]) – Voraussetzungen für VerhVerf § 28-30 Abs 1 Z 2 bzw 3 6

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INHALTE DER NOVELLE – BESTBIETERPRINZIP (3) – in der Ausschreibung von geeigneten Leitlinien abgewichen wird und dadurch keine vergleichbaren Angebote zu erwarten sind (Z 5 klassischer Bereich)  grds sind AG verpflichtet, bei Ausschreibungen geeignete Leitlinien (zB ÖNORM B2110) heranzuziehen; die Judikatur ist bei Abweichen aber relativ großzügig (Grenze ist Missbrauch)  Bestbieterprinzip daher wohl nur dann, wenn die Abweichungen wahrscheinlich in nicht vergleichbaren Angeboten resultieren (zB branchenunübliche Bedingungen, die Auswirkung auf Kalkulation bzw Kalkulationsrisiko haben – Z 5 für den Sektorenbereich: es sich um einen besonders komplexen Auftrag handelt, weil der AG objektiv nicht in der Lage ist, die technischen Spezifikationen, mit denen seine Bedürfnisse und Anforderungen erfüllt werden können, oder die rechtlichen oder finanziellen Konditionen seines Vorhabens anzugeben – Definition komplexer Auftrag aus § 34 Abs 2 7

INHALTE DER NOVELLE – BESTBIETERPRINZIP (4) – die zu erbringenden Dienstleistungen dergestalt sind, dass vertragliche Spezifikationen nicht so genau festgelegt werden können, dass der Auftrag durch die Wahl des besten Angebotes im offenen oder nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung vergeben werden kann (Z 6) – Voraussetzungen für VerhVerf § 30 Abs 1 Z 3 – im Rahmen der Angebotsbewertung mit der Leistung im Zusammenhang stehende zukünftige laufende bzw anfallende kostenwirksame Faktoren (zB Betriebs- und Erhaltungsarbeiten, Serviceleistungen, erforderliche Ersatzteil-Lagerhaltung, Entsorgung) berücksichtigt werden sollen (Z 7)  zB Life Cycle Costs oder Total Cost of Ownership Modelle  der AG ist aber deshalb nicht verpflichtet, Folgekosten zu berücksichtigen  Werden Folgekosten nur in einem Gesamtpreis abgebildet, ist nach EBRV weiterhin Billigstbieter zulässig

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INHALTE DER NOVELLE – BESTBIETERPRINZIP (5) – es sich um einen Bauauftrag handelt, dessen geschätzter Auftragswert mindestens EUR 1 Mio beträgt (Z 8)  diese Ziffer hätte im ersten „Entwurf“ der RV nur Bauaufträge betreffen sollen, die Planung und Ausführung umfassen  nach Kritik an Unbestimmtheit wurde schlicht eine starre Wertgrenze eingeführt – damit wesentliche Erweiterung des Anwendungsbereichs  es ist davon auszugehen, dass gerade kleinere, kommunale Bauvorhaben dadurch deutlich aufwendiger werden (in Vorbereitung und Angebotsprüfung) – bestimmte Lebensmittel bezogen werden (Z 9; durch Abänderungsantrag in Gesetzesbeschluss hineinreklamiert)

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INHALTE DER NOVELLE – BESTBIETERPRINZIP (6) • Entfall der Zweifelsregel des alten § 79 Abs 3 BVergG – bisher galt im Zweifel das Billigstbieterprinzip, wenn in den Ausschreibungsunterlagen nichts bzw nichts anderes festgelegt worden ist – mit Novelle ist die Zweifelsregel entfallen – trägt wohl eher zur Rechtsunsicherheit bei als zur Stärkung des Bestbieterprinzips • Bekämpfung rechtswidriger Festlegungen: – wie bei allen rechtswidrigen Regelungen in Ausschreibungsunterlagen gilt, dass die Ausschreibungsunterlagen angefochten werden müssen – reine „Feigenblattkriterien“ sind nach EBRV rechtswidrig (unklar, wann solche zu gering gewichteten Qualitäts-Kriterien vorliegen) – werden sie nicht angefochten, so werden (auch rechtswidrige) Ausschreibungsunterlagen bestandfest und verbindlich! 10

INHALTE DER NOVELLE – SUBUNTERNEHMER (1) • Mit der Novelle wird erstmals eine Definition des Begriffs „Subunternehmer“ ins BVergG aufgenommen: – „Subunternehmer ist ein Unternehmer, der Teile des an den AN erteilten Auftrages ausführt. Die bloße Lieferung von handelsüblichen Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung der Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung.“ – „handelsüblich“:  wurde erst durch Abänderungsantrag eingefügt:  widerspricht bisheriger Judikatur, wonach auch Maßanfertigungen bloße Lieferung und keine SU-Leistung sind  Schafft Unsicherheit – was ist (noch) handelsüblich (ist eine Maßanfertigung handelsüblich?)? • Definition umfasst gesamte Subunternehmerkette (also auch SubSubunternehmer etc)! 11

INHALTE DER NOVELLE – SUBUNTERNEHMER (2) • kein Subunternehmer ist nach EBRV ein „Unternehmen, dessen Leistung darin besteht, einen Subunternehmer in die Lage zu versetzen, einen Leistungsteil des Auftrages erst erbringen zu können (zB Vermietung von Maschinen und Geräten an Subunternehmer, Überlassung von Arbeitskräften an Subunternehmer)“ – fraglich, ob dies bei Personal auch dann gilt, wenn bestimmte Qualifikationen gefordert sind (die Judikatur ging in diesem Fall bisher von SU aus) – bei eignungs- oder zuschlagsrelevanten „Beistellungen“ (Personal, Maschinen etc) sollten Auftraggeber uE dennoch Verpflichtungserklärung von „Beisteller“ fordern – andernfalls ist nicht sichergestellt, dass Ressourcen tatsächlich zur Verfügung stehen

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INHALTE DER NOVELLE – SUBUNTERNEHMER (3) • Bieter hat grundsätzlich alle Teile des Auftrages, die er beabsichtigt an Subunternehmer zu vergeben, im Angebot bekannt zu geben – grundsätzlich sind alle Subunternehmer (gleich, ob notwendige SU oder nicht) zu nennen – dies soll Transparenz hinsichtlich der „tatsächlich“ ausführenden Unternehmen schaffen • Etwas anderes gilt nur, wenn der AG in den AUL festlegt, dass nur die wesentlichen Teile des Auftrages, die an Subunternehmer vergeben werden sollen, im Angebot bekannt zu geben sind – – der AG darf dies aber nur bei Vorliegen sachlicher Gründe festlegen – sachliche Gründe sind laut EBRV zB hohe zu erwartende Anzahl an Subunternehmern wegen kleinteiliger Leistung mit Vielzahl von Gewerken – Begründung muss nicht in AUL aufgenommen werden, jedoch entsprechend (im Vergabeakt) dokumentiert werden 13

INHALTE DER NOVELLE – SUBUNTERNEHMER (4) • Der AG hat alle im Angebot genannten Subunternehmer zu prüfen – auch die nicht erforderlichen (sehr hoher Aufwand)! • Dabei hat der AG zu prüfen, – ob die Zuverlässigkeit gegeben ist – ob der Bieter bzw Subunternehmer über die Kapazitäten der genannten Subunternehmer tatsächlich verfügt – ob der AN in einer Gesamtbetrachtung über die zur Durchführung des Gesamtauftrages erforderliche finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt

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INHALTE DER NOVELLE – SUBUNTERNEHMER (5) • Konsequenzen bei negativem Prüfergebnis in Hinblick auf Subunternehmer: – Unterscheidung danach, ob der SU  für den Eignungsnachweis erforderlich ist (notwendiger SU)  oder nicht (nicht-notwendiger bzw freiwilliger SU) – bei notwendigen SU führt ein negatives Prüfergebnis zum Ausscheiden des Bieters bzw Angebots (mangels Eignung) – bei nicht notwendigen SU wird der entsprechende SU – laut EBRV – vom AG abgelehnt, das Angebot des Bieters soll aber nicht ausgeschieden werden  der AG erhält damit das Recht, das Angebot des Bieters nachträglich (einseitig?) zu verändern bzw in seine geplanten Ressourcen einzugreifen – wie kalkuliert Bieter Leistung abgelehnten Subunternehmers? 15

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INHALTE DER NOVELLE – SUBUNTERNEHMER (6) • Festlegung kritischer Leistungsteile durch AG: – AG können bei Bau- oder Dienstleistungen sowie bei Verlege- oder Installationsarbeiten im Zusammenhang mit einem Lieferauftrag vorschreiben, dass bestimmte kritische Aufgaben vom Bieter selbst ausgeführt werden müssen  Erbringung dieser „kritischen“ Leistungsteile durch Subunternehmer oder sonstige Dritte ist sodann unzulässig!  d.h. der Bieter muss in diesem Fall auch selbst für die Erbringung dieser Leistungsteile befugt und technisch leistungsfähig sein! – Dieser Vorbehalt ist zulässig für jene Leistungsteile/Aufgaben, die aus Sicht des AG besondere Fachkunde oder Fähigkeiten erfordern  die Entscheidung bzw Festlegung obliegt dem AG!

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INHALTE DER NOVELLE – SUBUNTERNEHMER (7) • Nachträgliche Änderung bei SU nach Zuschlagserteilung (I): – der AN hat dem AG jeden beabsichtigten Wechsel eines Subunternehmers sowie jede beabsichtigte Hinzuziehung eines neuen (nicht im Angebot bekannt gegebenen) Subunternehmers bekanntzugeben – gilt für alle (Sub-…)Subunternehmer (auch für nicht wesentliche Subunternehmern), die der AG nicht bereits geprüft hat – die Bekanntgabe hat schriftlich zu erfolgen; es sind alle zur Prüfung des SU erforderlichen Unterlagen anzuschließen (Nachweise zur Zuverlässigkeit, Befugnis, allenfalls technisch und finanzielle Leistungsfähigkeit) – neue Subunternehmer dürfen nur nach ausdrücklicher Zustimmung des AG eingesetzt werden! – eine pauschale vorherige (Vorab-)Zustimmung des AG (zB in AUL) ist unzulässig 17

INHALTE DER NOVELLE – SUBUNTERNEHMER (8) • Nachträgliche Änderung bei SU nach Zuschlagserteilung (II): – der AG hat seine Zustimmung unverzüglich mitzuteilen (entsprechende Frist für Prüfung der Unterlagen) – sie darf nur aus sachlichen Gründen verweigert werden, zB  mangelnde Eignung des neuen Subunternehmers  bereits im Leistungsvertrag festgelegte Gründe  Gründe, die den AG zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen

– die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der AG den Subunternehmer nicht binnen drei Wochen (in RV war noch eine bloß 2-wöchige Frist vorgesehen) nach Einlangen der Bekanntgabe ablehnt  Achtung Auftraggeber: bei entsprechender Bekanntgabe muss der SU rasch geprüft werden, damit man keinen unliebsamen SU „untergeschoben“ bekommt

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INHALTE DER NOVELLE – SUBUNTERNEHMER (9) – § 83 Abs 5: „Dem Angebot sind die entsprechenden Verpflichtungserklärungen beizulegen.“ (unklar: Welche Verpflichtung? Gemeint „neue“ SU und/oder AN und/oder „alte“ SU?) – „Verpflichtungserklärung“ meint offenbar die Verpflichtung zur Bekanntgabe (Mitteilung) eines SU-Wechsels sowie der Hinzuziehung eines „neuen“ SU – Nach den Materialien sind dem Angebot Verpflichtungserklärungen des AN sowie der (wohl „alten“) SU beizulegen  müssen Verpflichtung zur vertraglichen Überbindung an weitere Subunternehmer in der Kette enthalten  Absicherung der Einhaltung dieser gesetzlichen Verpflichtung durch Pönalen oder Vertragsauflösungsklausel  Verstöße gegen diese gesetzliche Verpflichtung können als schwere berufliche Verfehlung qualifiziert werden und bei künftigen Vergabeverfahren zum Ausschluss führen!

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INHALTE DER NOVELLE – SUBUNTERNEHMER (10)  Dient der Absicherung des AG, da er keinen (direkten) vertraglichen Zugriff auf SU hat  Diese einzelnen Pflichten sowie die Ausschluss-Sanktion ergeben sich jedoch einzig aus den Materialien!

• Verpflichtungserklärung von „neuen“ Subunternehmern kann denklogisch nicht bereits mit dem Angebot abzugeben sein, sondern erst in der entsprechenden Mitteilung an den AG • die Bekanntgabepflicht des AN besteht immer für alle (wesentlichen und unwesentlichen) SU, auch wenn im Angebot nur die SU für wesentliche Leistungsteile anzuführen waren • Die Bekanntgabepflicht obliegt stets dem AN (gleich auf welcher SU“Ebene“ der Wechsel erfolgt) – AN ist daher zu raten, entsprechende Verpflichtungen in den SUVerträgen vorzusehen bzw SU verpflichten, diese Verpflichtungen auch auf Sub-SU zu übertragen

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INHALTE DER NOVELLE – TRANSPARENZBEKANNTMACHUNG (1) • Mit sog. „freiwilliger ex ante-Transparenzbekanntmachung“ gibt AG bekannt, mit einem bestimmten Unternehmen ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens einen Vertrag schließen zu wollen – Wird die Bekanntmachung nicht angefochten, so kann der Vertrag geschlossen werden – eine Anfechtung (bzw Feststellung) war bisher (!) in der Folge nicht mehr möglich • EuGH hat in der Rs C-19/13 fastweb II entschieden, dass die Bekanntmachung nur dann ihre „immunisierende Wirkung“ entfaltet, wenn der AG – sorgfältig bei seiner Prüfung war und davon ausgehen konnte, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zulässig ist (ein entschuldbarer Rechtsirrtum schadet nicht) – die Gründe für die Vergabe ohne förmliches Verfahren in der Bekanntmachung „in klarer und eindeutiger Weise“ dargelegt werden

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INHALTE DER NOVELLE – TRANSPARENZBEKANNTMACHUNG (2) • diese Rechtsprechung wurde nun entsprechend im BVergG nachgezogen – AG hat eine detaillierte Begründung seiner Entscheidung in die Transparenz-Bekanntmachung aufzunehmen – Unternehmen müssen anhand dieser Begründung die Überlegungen des AG nachvollziehen und die Rechtskonformität der Entscheidung beurteilen können • ein allfälliger späterer Feststellungsantrag ist daher nunmehr (nur) dann unzulässig, wenn der Auftraggeber (i) davon ausgehen konnte, dass die entsprechende Ausnahme vorliegt und (ii) er die Umstände auch entsprechend in der Bekanntmachung dargelegt hat • Verpflichtung trifft in 1. Linie Auftraggeber; aber auch der Auftragnehmer als Vertragspartner sollte auf rechtskonforme Bekanntmachung hinwirken, widrigenfalls die Nichtigerklärung des Vertrags droht 22

INHALTE DER NOVELLE – AVRAG-ABFRAGE (1) • Verpflichtung des AG zur Einholung einer Auskunft aus der Verwaltungsstrafevidenz der Wr GKK als Kompetenzzentrum für Lohnund Sozialdumping-Bekämpfung gemäß § 7n AVRAG – ob eine rechtskräftige Entscheidung gemäß § 7k AVRAG oder eine rechtskräftige Bestrafung gemäß §§ 7i Abs 4 und 5 AVRAG vorliegt – von den für die Zuschlagserteilung in Frage kommenden Unternehmen und deren Subunternehmer (Einholung der Auskunft ausschließlich für Zuschlagsempfänger und dessen Subunternehmer wohl ausreichend)

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INHALTE DER NOVELLE – AVRAG-ABFRAGE (2) • Vorliegen einer Entscheidung gemäß § 7k AVRAG (Untersagung der Dienstleistung) hat zur Konsequenz, dass der betreffende Unternehmer seine Befugnis zur Ausübung der Leistung verliert – Das Unternehmen ist daher mangels Befugnis auszuscheiden (keine Selbstreinigung!) • Vorliegen einer rechtskräftige Bestrafung gemäß § 7i Abs 4 und 5 AVRAG (für Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen, Unterentlohnung) – kann zu Ausscheiden des Angebotes mangels beruflicher Zuverlässigkeit führen – Hier ist allerdings eine sog. Selbstreinigung möglich (Setzen von personellen, organisatorischen oder technischen Maßnahmen, um zukünftige Verstöße zu verhindern)

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INHALTE DER NOVELLE – NEUE LOSREGELUNGEN • Kleinlosregelung nun auch im Oberschwellenbereich – für die Wahl des Vergabeverfahrens ist der geschätzte Auftragswert des einzelnen Loses/Gewerkes ausschlaggebend (nicht mehr der Wert aller auf Basis der Losregel vergebenen Aufträge) – die unter die Ausnahme fallenden Lose/Gewerke können daher bei entsprechend niedrigem Los-Auftragswert nach den Bestimmungen für den Unterschwellenbereich vergeben werden – ausdrückliche Regelung sowohl für klassischen Bereich als auch für Sektorenbereich vorgesehen • Begründungspflicht für Nicht-Unterteilung des Auftrages in Lose: – erfolgt keine Unterteilung hat der AG dies in der Ausschreibung oder im Vergabevermerk zu begründen (§ 22 Abs 4 neu) – AG unterliegt dabei (nur) laut EBRV keiner nachprüfenden Kontrolle (uE aus Rechtsschutzgesichtspunkten kritisch)!

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FAZIT ZUR NOVELLE • Die Ziele der Vergabenovelle 2015 sind grundsätzlich begrüßenswert (Betonung Qualitätsaspekte gegenüber dem bloßen Preis; Bekämpfung Lohn- und Sozialdumping etc) • Novelle bringt wohl wesentlichen Mehraufwand sowohl für Bieter (bei Angebotserstellung) als auch für Auftraggeber (bei Angebotsprüfung bzw -evaluierung) • Spannend bleibt, ob – sich Vergabepraxis (Zuschlagskriterien) tatsächlich nennenswert ändert – Preiswettbewerb tatsächlich schwächer (und nicht vielleicht sogar stärker) wird – Vergaben tatsächlich (insbes. auch preislich) „fairer“ werden (und dadurch weniger Nachträge?) – die Zahl der Nachprüfungsverfahren zunehmen wird (Fehler bei Qualitätsbewertung) 26

EINHEITLICHE EUROPÄISCHE EIGENERKLÄRUNG (EEE) (1) • Durchführungsverordnung der Europäischen Kommission – das Standardformular (die eigentliche Erklärung) findet sich im Anhang der Durchführungsverordnung • in der ganzen Union ab 18.4.2016 verbindlich • einheitliche, gleichlautende Erklärung für Bewerber/Bieter aus der gesamten Union – dadurch soll insb. KMU die Teilnahme an „ausländischen“ Vergabeverfahren erleichtert werden (die Berufung auf die EEE ersetzt den Eignungsnachweis – dadurch weniger Unterlagen, Übersetzungen etc) • Zweck der EEE entspricht iW der ö. Eigenerklärung (§ 70 Abs 2 BVergG)

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EINHEITLICHE EUROPÄISCHE EIGENERKLÄRUNG (EEE) (2) • AG müssen in AUL klarstellen, welche Erklärungen die Bewerber/Bieter in der EEE abgeben müssen – AG können aber regeln, dass „Pauschalverweis“, wonach alle Kriterien erfüllt werden, zulässig ist – Nachweise sollen idR erst vom Bestbieter tatsächlich eingeholt werden • die EEE ist ab 18.4.2016 in den AUL für OSB-Verfahren zu berücksichtigen bzw ist eine entsprechende EEE zu akzeptieren • Fraglich, ob EEE Ziele (Senkung Verwaltungsaufwand; mehr ausländische Bieter) tatsächlich erreicht – zu befürchten, dass – ähnlich wie bei ö. Eigenerklärung – AG immer umgehend alle Nachweise einfordern (verständlich, da die Eignung als „Vorfrage“ geklärt werden soll)

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DANKE FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!

Manfred Essletzbichler Partner & Leiter Vergaberecht Tel.: +43 1 515 10 5350 [email protected]

WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & CO KG Schubertring 6 1010 Wien www.wolftheiss.com Für die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Präsentation wird keine Haftung übernommen. Insbesondere kann diese Präsentation keine Beratung im Einzelfall ersetzen.

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