a) Anspruch von Meister gegen Sester auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs aus 894 BGB

Prof. Dr. Olaf Sosnitza Examensklausurenkurs Teil I: I. Grundbuchberichtigung 1. Materiell-rechtliche Ansprüche a) Anspruch von Meister gegen Ses...
Author: Krista Linden
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Prof. Dr. Olaf Sosnitza

Examensklausurenkurs

Teil I:

I. Grundbuchberichtigung

1. Materiell-rechtliche Ansprüche

a) Anspruch von Meister gegen Sester auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs aus § 894 BGB Auflassung (873, 925 BGB) nichtig wegen Geschäftsunfähigkeit des M (§§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 1 BGB) => Meister ist Eigentümer geblieben, Sester lediglich als Buchberechtigter eingetragen Der Betreuer Hummel kann den Anspruch nach § 894 BGB als gesetzlicher Vertreter von Meister nach §§ 1896, 1902 BGB geltend machen.

b) Anspruch von Meister gegen Sester auf Herausgabe der fehlerhaft erlangten

Grundbuchposition

im

Wege

der

Leistungskondiktion,

§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB - Leistung (bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens) = Grundbuchposition - Ohne Rechtsgrund, da Kaufvertrag ebenfalls wegen der unerkannten Geschäftsunfähigkeit nichtig (§§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 1 BGB) - Rechtsfolge "Herausgabe der Grundbuchposition" = Zustimmung zur Grundbuchänderung (§ 19 GBO)

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2. Prozessuale Durchsetzung Gegenstand: Abgabe Bewilligung nach § 19 GBO => Einseitige Verfahrenshandlung Erreichbar nach § 894 Abs. 1 ZPO analog (da keine WE; a.A. vertrebar), wonach die Zustimmung mit Urteil als gegeben gilt. Das Urteil braucht dann nur beim Grundbuchamt vorgelegt werden (§§ 13 Abs. 1 S. 2 Alt. 2, 39 GBO) Voraussetzungen: -

Zuständig ist das LG Regensburg (§§ 1 ZPO, 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG; § 24 Abs. 1 ZPO)

-

Vertretung durch Betreuer nach § 51 Abs. 1 ZPO möglich.

-

Rechtsanwaltszwang nach § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO

II. Herausgabe von Grundstück und Obst durch Windbichler

1. Herausgabe des Grundstücks

a) § 985 BGB Eigentümer = Meister (s.o.) Besitzer = Windbichler Recht zum Besitz aus § 986 Abs. 1 S. 1 BGB (-): Besitzrecht aus Pachtvertrag (§ 581 Abs. 2 BGB) wirkt nur gegenüber Sester als Vertragspartner. Dort bricht aber die Kette ab, weil dieser kein Besitzrecht gegenüber Meister hat. Der Kaufvertrag, der dazu berechtigen würde, ist

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ebenfalls wegen der Geschäftsunfähigkeit nichtig.

b) § 861 Abs. 1 BGB (-) Für die Frage der verbotenen Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) kommt es nur auf den natürlichen Willen des Besitzers, hier von Meister, an.

c) § 1007 BGB (-) Keine bewegliche Sache

d) § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB (-) Scheitert am Vorrang der Leistungskondiktion. Windbichler hat den Besitz am Grundstück durch Leistung von Sester erhalten

2. Herausgabe des geernteten Obstes

a) Anspruch aus § 985 BGB aa) Windbichler ist unmittelbarer Besitzer des Obstes. bb) Eigentümer (1) Meister Das Obst ist ein Erzeugnis des Grundstücks nach §§ 953, 94 Abs. 1 Satz 2, 99 Abs. 1 BGB, so dass das Eigentum hieran

dem

Grundstückseigentum

folgt.

Meister

ist

Grundstückseigentümer (s.o.) (2) Originärer Erwerb durch Windbichler? Erwerb

durch

Aneignung

infolge

Gestattung

eines

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Nichtberechtigten, §§ 957, 956 Abs. 1 S. 1 BGB - str. e.A. (-): Er selber war bösgläubig (§ 957 a.E. BGB) (MüKo/Baldus, 5.Aufl.2009, § 987 Rdnr.2) a.A. (+): Auf Unredlichkeit kommt es nicht an nach den §§ 956 Abs. 2, 955 Abs. 1 BGB (Staudinger/Gursky, BGB, Neubearb. 2006, Vor §§ 987 ff., Rn. 6; H.Roth, JuS 1997, S. 898 [Fall 29])

=> (+/-)

Folgt man der ersten Ansicht, dass W kein Eigentum erwirbt, so muss weiter geprüft werden:

Recht zum Besitz? Problem: § 991 Abs. 1 BGB § 991 Abs. 1 BGB gibt ein eigenes Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB (MüKo/Baldus, § 987 Rn. 3). Sester ist redlicher und unverklagter Oberbesitzer. Zu dessen Schutz sieht § 991 Abs. 1 Alt, 1 BGB einen Schutz auch des unmittelbaren Besitzers vor, gleich ob dieser bösgläubig ist. Grund:

Schutz des redlichen Oberbesitzers vor Regressansprüchen (Arg. §§ 990, 987, 993 Abs.1 a.E. BGB)

Allerdings ist hier Sester nach § 536b S. 1 BGB keinen

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Rückgriffsansprüchen

von

Windbichler

wegen

eines

Rechtsmangels des Grundstücks aus den §§ 581 Abs. 2, 536 Abs. 3, 536a BGB ausgesetzt. Deshalb ist auch eine teleologische Reduktion des § 991 Abs. 1 BGB denkbar. [Schließlich kann man noch erwägen, dass eine einschränkende Auslegung deshalb abzulehnen ist, weil der Eigentümer keinen Vorteil deshalb haben soll, dass gerade nicht der redliche Oberbesitzer selber Nutzungen gezogen hat.] => (+/-) cc) Ergebnis Je nach dem zu § 957 BGB und § 991 BGB gefundenen Ergebnis ist Windbichleraus § 985 BGB zur Herausgabe des Obstes verpflichtet oder nicht.

b) Anspruch aus den §§ 990 Abs. 1 S. 1, 987 Abs. 1 BGB Ebenso wie zuvor muss zum einen eine Vindikationslage vorliegen (dieses Mal hinsichtlich des Grundstücks, s.o.), zum anderen kommt es wiederum auf die Anwendung von § 991 Abs. 1 BGB an, s.o. => (+/-)

c) Kondiktionsansprüche => (-) Ausschluss wegen § 993 Abs. 1 2. Halbsatz BGB

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Teil II:

I. Ansprüche von Meier

1. Zahlung von 200.000,- € aus §§ 488 Abs. 1 Satz 2, 398 S. 2 BGB Erfüllung, § 362 Abs. 1 BGB => Forderung erloschen Abtretung

der

"Hypothek"

danach

=

Abtretung

der

Forderung,

§ 1153 Abs. 1 BGB Damit ging die Abtretung aber ins Leere; Forderungen können nicht gutgläubig erworben werden. => (-)

2. Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Hypothek, §§ 1113, 1147 BGB Meier kann von Weber aus der Hypothek die Duldung der Zwangsvollstreckung verlangen, wenn er Inhaber der Hypothek geworden ist. a) Bestellung der Hypothek => (+) Mangels näherer Angaben im Sachverhalt wirksam bestellt b) Abtretung der Buchhypothek durch die A-Bank an Meier Die Hypothek geht nach § 1153 Abs. 1 BGB mit Abtretung der Forderung über. Die Forderung sollte nach § 1154 Abs. 3 BGB in der Form des § 873 Abs. 1 BGB durch Einigung und Eintragung in das Grundbuch formgerecht abgetreten werden. Aber: Forderung bestand nicht mehr, s.o.

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=> (-) c) Gutgläubiger Erwerb Nach §§ 1138, 892 BGB kann die Forderung fingiert werden, wenn die Voraussetzungen eines gutgläubigen Erwerbs vorliegen: => (+) Tatsächliche Einsichtnahme in das Grundbuch bedurfte es nicht ("gilt ... als richtig"). Problem: Zahlung von Weber verwandelt Hypothek in eine nachträgliche verdeckte Eigentümergrundschuld (§§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 BGB) Auch über diesen Mangel (nun des dinglichen Rechts) kann ein gutgläubiger Erwerb nach § 892 Abs. 1 BGB hinweghelfen. => (+) Insbesondere liegt auch ein rechtsgeschäftlicher Erwerb vor, da insoweit ein mittelbarer Zusammenhang über § 1153 Abs. 1 BGB ausreicht. => (+) Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung besteht.

II. Ansprüche von Ingrimm

1. Zahlung von 200.000,- € aus §§ 488 Abs. 1 Satz 2, 398 S. 2 BGB Die Forderung auf Rückzahlung des Darlehens, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, ist durch Erfüllung erloschen, ein gutgläubiger Erwerb von Forderungen ist nicht möglich (s.o.). => (-)

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2. Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld, §§ 1191, 1192 Abs. 1, 1147 BGB a) Die Zahlung von Weber auf die Forderung hat die Grundschuld in der Hand der BBank unverändert gelassen. b) Eine Eigentümergrundschuld ist für Weber ebenfalls nicht entstanden, weil die §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 BGB als Ausdruck der Akzessorietät auch über § 1192 Abs. 1 BGB auf die Grundschuld keine Anwendung finden. c) Abtretung B-Bank an Ingrimm, §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 3, 873 Abs. 1 BGB => (+) da weiterhin die B-Bank Inhaberin der Grundschuld und damit berechtigt Es wird dabei die Grundschuld selber abgetreten (insoweit passt die Anwendung

von

§

1154

BGB

nicht

vollständig,

vgl.

Staudinger/Wolfsteiner, Neubearbeitung 2009, § 1154 Rn. 79). => Ingrimm hat damit die Buchgrundschuld in voller Höhe erworben. d) Einrede Aber:

Weber hat Rückgewähranspruch durch die Zahlung auf die

Forderung - Vertraglicher Anspruch aus Sicherungsvertrag - Ergibt sich aus ergänzende Vertragsauslegung, gleich ob eine ausdrückliche Normierung vorliegt Weber hat danach die Wahl:

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- Übertragung der Grundschuld auf ihn nach den §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 3 BGB mit dem Ergebnis einer Eigentümergrundschuld oder - Verzicht der B-Bank auf die Grundschuld nach §§ 1192 Abs. 1, 1168 Abs. 1 BGB mit dem Ergebnis einer Eigentümergrundschuld oder - Aufhebung der Sicherungsgrundschuld

=> Dieser Rückgewähranspruch = Einrede gegen die Grundschuld => Auch gegenüber neuem Gläubiger (§§ 1192 Abs. 1, 1157 S. 1 BGB) Problem: Einredefreier Erwerb nach §§ 1157 S. 2, 892 BGB? Früher ja, seit der Änderung durch das RisikobegrenzG ist aber vorrangig § 1192 Abs. 1a BGB zu beachten, der einen einredefreien Erwerb der Grundschuld ausschließt. => (-) Erg.: Es besteht kein Anspruch aus §§ 1147 BGB auf Duldung der Zwangsvollstreckung.

3. Schutzmöglichkeiten von Weber Nach alter Rechtslage hätte sich Weber gegen einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung

durch

Eintragung

eines

Widerspruchs

nach

§§ 1192 Abs. 1, 1157 S. 2 894, 899 BGB oder einer entsprechenden Vormerkung (§ 883 BGB) schützen müssen. Nunmehr ist materiell aber keine Vorsorge mehr angezeigt, da Ingrimm die Grundschuld nicht erwerben konnte. Geht Ingrimm dennoch aus der Grundschuld vor, muss sich Weber der prozessualen Möglichkeiten zur Abwehr einer

Vollstreckung

aus

materiellen

Gründen

bedienen:

Der

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Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO), die ggf. auch im Wege der einstweiligen Verfügung Sinn macht, da bei offensichtlicher Begründetheit nach § 769 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht einmal eine Sicherheitsleistung erbracht werden muss (weitere Neuerung durch das RisikobegrenzG). Für das Vorliegen eines Titels als Grundlage einer drohenden Zwangsvollstreckung gibt der Sachverhalt aber zu wenig Hinweise.

III. Ansprüche der X-Bank

1. Zahlung von 50.000,- € Die X-Bank hat zunächst nach § 398 BGB die für die C-Bank bestehende Forderung auf Rückzahlung des Darlehens (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) in Höhe von 50.000,- € erworben. Bei nachträglicher Erfüllung in Unkenntnis greift zugunsten des Weber aber § 407 BGB. => (-) [X-Bank muss sich an die C-Bank halten und kann die gezahlten 50.000,- € von dieser verlangen, § 816 Abs. 2 BGB]

2. Duldung der Zwangsvollstreckung, §§ 1191, 1192 Abs. 1, 1147 BGB

a) Übertragung Grundschuld nach §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 -

Einigung über die Abtretung der Grundschuld nach den §§ 413, 398 BGB

-

Abtretungserklärung in schriftlicher Form

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-

Übergabe des Grundschuldbriefes

-

C-Bank = Berechtigte

=> (+) X-Bank Inhaberin der Grundschuld

b) Die Einwendung aus § 407 BGB betrifft nur die Forderung und gilt nicht für die Grundschuld (§ 1192 Abs. 1, 1156 S. 1 BGB).

c) § 893 BGB hilft auch nicht weiter. Zwar ist der alte Gläubiger eingetragen, dieser ist bei einer Briefgrundschuld aber nicht als legitimierte Scheingläubiger anzusehen. Hier ist der Briefbesitz Legitimationsausweis.

d) Allerdings ist nunmehr § 1192 Abs. 1a BGB eingefügt worden, nach dem § 1157 S. 2 BGB keine Anwendung findet und Einwendungen aus dem Sicherungsvertrag auch grundsätzlich gegenüber dem neuen Gläubiger geltend gemacht werden können (Staudinger/Wolfsteiner, Neubearbeitung 2009, § 1192 Rn. 43 m.w.N.). Abgestellt wird somit auf die Tilgungsabrede, nicht die gesetzliche Folge aus § 407 BGB, so dass das Verhältnis zu § 1156 BGB nicht thematisiert werden muss (a.A. Weller, JuS 2009, 969, 974: Spezialität zu § 1156 S. 1 BGB) Voraussetzungen: -

Sicherungsgrundschuld

=

zur

Sicherung

einer

Forderung

(§ 1192 Abs. 1a BGB) => (+) -

Einrede aus dem Sicherungsvertrag mit dem bisherigen Gläubiger => (+)

-

Einrede ist schon entstanden oder zumindest im Sicherungsvertrag angelegt

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Str., inwieweit neue Einreden berücksichtigt werden. Jedenfalls muss die Einrede nicht (wie früher) schon bestehen zum Abtretungszeitpunkt, da Gleichlauf mit § 407 BGB gewollt Nach Wortlaut sind auch Einreden erfasst, die „sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben“ Hier: Tilgung im Vertrag angelegt (Tilgungsabrede), aber andererseits auch erst nach Abtretung vorgenommen => (+/-) wobei nach Sinn und Zweck besser von einer Anlage im Vertrag ausgegangen werden kann Erg.: Je nachdem, ob man die Einwendung zulässt, besteht ein Anspruch oder nicht.

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