GBO 22, 29, 13, 14; WEG 27 Berichtigung des Grundbuchs aufgrund eines Urteils; Antragsberechtigung des Wohnungseigentumsverwalters

DNotI Gutachten-Abruf-Dienst Deutsches Notarinstitut G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s Abruf-Nr.: 107180# l e t ...
Author: Gerd Lorentz
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DNotI

Gutachten-Abruf-Dienst

Deutsches Notarinstitut

G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s Abruf-Nr.: 107180# l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 18. November 2010

GBO §§ 22, 29, 13, 14; WEG § 27 Berichtigung des Grundbuchs aufgrund eines Urteils; Antragsberechtigung des Wohnungseigentumsverwalters

I. Sachverhalt Die Eigentümergemeinschaft hat einen Wohnungseigentümer auf Zahlung des Wohngeldes verklagt. Der Wohnungseigentümer weigerte sich, das Wohngeld zu zahlen, da er der Meinung war, dass der seinerzeitige Wohnungskaufvertrag aus dem Jahre 2005 wegen sittenwidriger Überhöhung des Kaufpreises nichtig sei. Das Gericht hat nun in einem Urteil festgestellt, dass sowohl der Wohnungskaufvertrag als auch der hierauf beruhende Eigentumserwerb nach Maßgabe des § 138 BGB als nichtig zu erachten ist, und somit der Wohnungseigentümer nicht der Wohnungseigentümergemeinschaft angehört, mithin auch keinerlei Anspruch auf Zahlung von Wohngeld besteht. II. Fragen 1.

Wie kann die Berichtigung des Grundbuchs erfolgen?

2.

Kann der Verwalter den Antrag auf Grundbuchberichtigung stellen?

3.

Ist zur Grundbuchberichtigung die Unrichtigkeitsnachweis ausreichend?

Vorlage

des

rechtskräftigen

Urteils

als

III. Zur Rechtslage 1.

Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO Nach § 22 Abs. 1 GBO bedarf es zur Berichtigung des Grundbuchs der Bewilligung nach § 19 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Nach § 22 Abs. 2 GBO darf die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Eigentümers oder eines Erbbauberechtigten, sofern nicht der Fall des § 14 GBO vorliegt oder die Unrichtigkeit nachgewiesen wird, nur mit Zustimmung des Eigentümers oder des Erbbauberechtigten erfolgen. § 22 Abs. 1 GBO sieht für den Fall der Grundbuchberichtigung eine Ausnahme von § 19 GBO vor; statt der hiernach notwendigen Bewilligung wird zur Erleichterung des GrundDeutsches Notarinstitut • Gerberstraße 19 • 97070 Würzburg • Telefon (0931) 35576-0 • Fax (0931) 35576-225 email: [email protected] • internet: www.dnoti.de user/mr/pool/gutachten/2011/107180-fax.doc

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buchverkehrs der Nachweis der Unrichtigkeit für genügend erklärt (Demharter, GBO, 27. Aufl. 2010, § 22 Rn. 1). Zur Vornahme der Berichtigung müssen dem Grundbuchamt sonach vorliegen: -

ein Eintragungsantrag (§ 13 Abs. 1 GBO); die Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO), es sei denn, die tatsächlich bestehende Unrichtigkeit des Grundbuchinhalts wird nachgewiesen; für die Berechtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Eigentümers dessen Zustimmung (§ 22 Abs. 2 GBO); ausgenommen sind die Fälle der Berichtigung auf Gläubigerantrag nach § 14 GBO oder aufgrund Unrichtigkeitsnachweises (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rn. 360).

Die Unrichtigkeit des Grundbuchs kann eine ursprüngliche oder eine nachträgliche sein; im ersten Fall spricht man von einer Unrichtigkeit im engeren Sinn, im letzteren von einer Unvollständigkeit (Demharter, § 22 Rn. 6). Von einer ursprünglichen Unrichtigkeit ist auszugehen, wenn das Grundbuch von vornherein unrichtig war. Betrachtet man den vorliegenden Fall, so wäre im Falle der Sittenwidrigkeit der dinglichen Einigung die Eintragung als Eigentümer von vornherein unrichtig, da von Beginn an nach wie vor der ursprüngliche Eigentümer der tatsächliche Eigentümer war. 2.

Nachweis der Unrichtigkeit Keine Berichtigungsbewilligung ist erforderlich, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen wird, § 22 Abs. 1, 29 GBO. Der Unrichtigkeitsnachweis ersetzt nur die Berichtigungsbewilligung und die Zustimmung nach § 22 Abs. 2 GBO, nicht die sonstigen Voraussetzungen der Grundbuchberichtigung (Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 10. Aufl. 2009 § 22 Rn. 112; Kunze/Ertel/Hermann/Eickmann/Munzig, Grundbuchrecht, 5. Aufl. 1999, § 22 Rn. 86; Schöner/Stöber, Rn. 369). „Nachweis“ ist dabei als die im allgemeinen Beweisrecht geltende Überzeugung des Gerichts zu erklären, die mehr ist als bloßes Glaubhaftsein, aber auch nicht mit einer absoluten Gewissheit verwechselt werden darf (Meikel/Böttcher, § 22 Rn. 113). Nach der Formulierung des BGH (BGHZ 53, 245, 256) genügt „ein für das praktische Verfahren brauchbarer Grad an Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschalten“. An die Führung des Nachweises sind hierbei strenge Anforderungen zu stellen (OLG Hamm Rpfleger 1984, 312; OLG Düsseldorf Rpfleger 1967, 13; BayObLG Rpfleger 1982, 468; Demharter, § 22 Rn. 37; Meikel/Böttcher, § 22 Rn. 113; Kunze/Ertel/Hermann/Eickmann/Munzig, § 22 Rn. 58). Der Antragsteller hat hierbei auch alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten (neuen) Eintragung entgegen stehen würden (BayObLG Rpfleger 1992, 19; OLG Hamm Rpfleger 1989, 148), z. B. die eines gutgläubigen Erwerbs (Demharter, § 22 Rn. 37). Hierbei stellt sich die Frage, ob der Nachweis auch durch Urteil geführt werden kann. Einigkeit besteht weitgehend in der Frage, dass der Nachweis durch rechtsgestaltendes Urteil geführt werden kann, da das Grundbuchamt hieran gebunden ist (OLG Darmstadt FG 11220; Meikel/Böttcher, § 22 Rn. 116; Demharter, § 22 Rn. 37). Darüber hinaus wird auch ein rechtskräftiges Zivilurteil feststellender Natur für ausreichend gehalten (BayObLG Rpfleger 1995, 406; Hügel/Holzer, GBO, 2. Aufl. 2010, § 22 Rn. 62). Nach h. M. erwächst die Beurteilung vorgreiflicher Rechtsverhältnisse hingegen grundsätzlich nicht in Rechtskraft (RG JW 1931, 3549; BGH WM 2000, 320; Meikel/Böttcher, § 22 Rn. 116). In diesem Zusammenhang hat etwa das OLG Frankfurt a. M. entschieden, dass in einem auf Löschung einer Grunddienstbarkeit gerichteten Grundbuch-

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verfahren keine Bindung an eine Entscheidung in einem Zivilprozess besteht, in dem Ansprüche gem. §§ 1027, 1004 BGB Gegenstand sind und die Klageabweisung mit der Nichtigkeit der Grunddienstbarkeit begründet wird (OLG Frankfurt a. M., Beschl. vom 18.8.2009 – 20 W 143/05, BeckRS 2009, 26379). Zur Begründung führt das OLG Frankfurt a. M. an, dass das Zivilprozessverfahren Ansprüche gem. §§ 1027, 1004 BGB zum Gegenstand hatte und die Frage der Wirksamkeit bzw. Nichtigkeit der Grunddienstbarkeit eine präjudizielle Rechtsfrage behandle, die nicht in Rechtskraft erwachse (vgl. auch BGH WM 2000, 320, 321 für die Klage auf Rückübereignung; BGH NJW-RR 2002, 516, 517 für die Klage auf Grundbuchberichtigung; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl. 2010, vor § 322 Rn. 36; Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 322 Rn. 29). Demgemäß könnten das Grundbuchamt und dementsprechend auch die Rechtsmittelinstanzen selbstständig über die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Belastung entscheiden. Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so enthält das gegenständliche Urteil, das die Nichtigkeit der Auflassung feststellt, keinen Unrichtigkeitsnachweis in diesem Sinne, da diese Feststellung nicht in Rechtskraft erwächst. Das Gericht entschied über Ansprüche auf Wohngeldzahlung und hatte hierbei als Rechtsvorfrage zu entscheiden, ob der Eigentumserwerb überhaupt wirksam war. Die Feststellung des Gerichts, dass hier eine nichtige Auflassung gegeben ist, ist nicht Gegenstand der Rechtskraft, § 322 ZPO. Eine Bindung des Grundbuchamts ist hier nach einhelliger Auffassung deshalb nicht eingetreten. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass ein rechtskräftiges Zivilurteil nur im Verhältnis der Parteien des Rechtsstreits zueinander bindend ist, § 325 ZPO (Demharter, § 22 Rn. 37). Die Rechtskraftwirkung besteht nur zwischen dem Kläger und dem Beklagten des Prozesses, hier also zwischen Wohnungseigentümergemeinschaft und dem momentan Buchberechtigten. Eine Rechtskraftwirkung im Verhältnis zum vorherigen Eigentümer und Vertragspartner des Buchberechtigten ist nicht eingetreten. Ebensowenig kann daher eine Rechtskraftwirkung im Verhältnis zum Grundbuchamt angenommen werden. Als Zwischenergebnis lässt sich daher festhalten, dass das rechtskräftige Urteil zwischen den Beteiligten des Prozesses keine Bindungswirkung für das Grundbuchamt erzeugt; die Entscheidungsgründe entfalten keine Rechtskraft. Die Berichtigung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises gem. § 22 Abs. 1 GBO scheidet demnach aus. 3.

Die Berichtigungsbewilligung Der nach § 13 GBO gestellte Berichtigungsantrag kann statt mit dem Nachweis der Unrichtigkeit auch mit einer Berichtigungsbewilligung des verlierenden Teils begründet werden (Hügel/Holzer, § 22 Rn. 69; Meikel/Böttcher, § 22 Rn. 92 ff.). Bewilligungsberechtigt ist derjenige, dessen grundbuchmäßiges Recht von der Berichtigung formell betroffen ist (BayObLG, DNotZ 1988, 781; Meikel/Böttcher, § 22 Rn. 102). Zum Teil wird die Meinung vertreten, dass neben dem Buchberechtigten auch der wahre Berechtigte bewilligungsberechtigt sei (Demharter, § 22 Rn. 32). Dem wird jedoch – nach Auffassung des Bearbeiters zurecht – entgegengehalten, dass diese Auffassung „in ebenso gefährlicher wie unpraktischer Weise die Unterschiede verwische, die zwischen einer Berichtigung aufgrund Bewilligung und der Berichtigung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises bestünden“ (Meikel/Böttcher, § 22 Rn. 93). Bei der Berichtigung der Eigentümereintragung bestehen überdies insofern Besonderheiten, als hier die Unrichtigkeit hinsichtlich der Eigentümereintragung schlüssig darzulegen ist (BayObLG DNotZ 1991, 598, 599; BayObLG Rpfleger 1994, 410, 412; OLG Frankfurt FGPrax 1996, 8; Demharter, § 22 Rn. 31; Bauer/v. Oefele/Kohler, GBO, 2. Aufl. 2006, § 22

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Rn. 13; Hügel/Holzer, § 22 Rn. 71). Hierzu gehört auch der Vortrag, dass das Grundbuch durch die beantragte Berichtigung richtig werden wird (BayObLG Rpfleger 1994, 410, 412; OLG Jena Rpfleger 2001, 125). Auch reicht es nicht aus, lediglich die Löschung eines eingetragenen Eigentümer zu begehren, ohne dass gleichzeitig ein neuer Eigentümer eingetragen wird; denn dies hätte eine inhaltlich unzulässige Eintragung zur Folge, die wiederum eine Amtslöschung erfordern würde (BGH NJW 1970, 1544, 1545; Bauer/v. Oefele/Kohler, § 22 Rn. 13). Betrachtet man den vorliegenden Fall, so lässt sich festhalten, dass daher nur der buchberechtigte Eigentümer die Berichtigung des Grundbuchs bewilligen kann. Hierbei ist in schlüssiger Weise darzulegen, dass das Grundbuch unrichtig und der vormalige Eigentümer wahrer Eigentümer des Grundbuchs ist. Wird die Berichtigungsbewilligung des Buchberechtigten nicht freiwillig abgegeben, so kann diese gem. § 894 ZPO durch ein rechtskräftiges Urteil ersetzt werden, durch das der Betroffene zur Abgabe der formellrechtlichen Berichtigungsbewilligung verurteilt wird (Hügel/Holzer, § 22 Rn. 71; Meikel/Böttcher, § 22 Rn. 110; Kunze/Ertel/Hermann/Eickmann/Munzig, § 22 Rn. 74; OLG Frankfurt FGPrax 1996, 8). 4.

Antragsberechtigung des Wohnungseigentumsverwalters Das Antragsverfahren zur Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO richtet sich – wie im regulären Antragsverfahren – nach § 13 GBO. Nach § 13 Abs. 1 S. 2 GBO ist derjenige Antragsberechtigt, dessen dingliche Rechtsstellung durch die Eintragung unmittelbar gewinnt oder verliert (Demharter, § 13 Rn. 42; Hügel/Holzer, § 22 Rn. 12). Im Rahmen des Berichtigungsverfahrens nach § 22 GBO ist streitig, wer antragsberechtigt ist, da es anders als bei einer Rechtsänderung gem. § 873 Abs. 1 BGB hier nur um eine Berichtigung geht, deren Besonderheit darin besteht, dass das Grundbuch von Anfang an nicht mit der wahren Rechtslage übereinstimmt oder diese außerhalb des Grundbuchs eingetreten ist. a)

Nach einer Ansicht (BayObLG Rpfleger 1970, 26; KGJ 47, 207, 208; KGJ 52, 162, 163) soll nur derjenige antragsberechtigt sein, dem der materielle Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB tatsächlich zusteht. Die Antragsberichtigung wird also mit dem unmittelbaren Gewinn oder Verlust der dinglichen Rechtsstellung (und nicht nur der Buchposition) verknüpft (so auch Demharter, § 22 Rn. 45).

b) Nach der vordringenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BayObLG DNotZ 1991, 598, 599; BayObLG Rpfleger 1994, 410, 412; OLG Frankfurt FGPrax 1996, 8; OLG Frankfurt Rpfleger 1996, 403; OLG Hamm OLGZ 1986, 316, 319; Hügel/Holzer, § 22 Rn. 14; Bauer/v. Oefele/Kohler, § 22 Rn. 13) ist nur derjenige antragsberechtigt, der das Vorliegen einer Unrichtigkeit zu seinen Gunsten schlüssig behauptet. Die Unrichtigkeit sei hiernach dann schlüssig dargelegt, wenn aufgrund der vorgetragenen Tatsachen eine Divergenz von Eintragung und materieller Rechtslage vorliegen könne (Hügel/Holzer, § 22 Rn. 14). c) Unabhängig davon, wie die vorstehende Streitfrage entschieden wird, ist von vornherein ein Antragsrecht des Wohnungseigentumsverwalters zu verneinen, da diesem weder nach § 894 BGB ein Anspruch auf Berichtigung zusteht, noch dieser das Vorliegen einer Unrichtigkeit zu seinen Gunsten behaupten kann. Ebensowenig ergibt sich aus § 14 GBO ein Recht zur Stellung eines Berichtigungsantrages, da der Wohnungseigentumsverwalter nicht mittelbar beteiligter Vollstreckungsgläubiger ist. Die Antragsberechtigung nach § 14 GBO könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn eine aufgrund eines vollstreckbaren Titels vorzunehmende Eintragung die

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vorherige Berichtigung des Grundbuchs erfordert (Hügel/Holzer, § 22 Rn. 15). Inwiefern dies im vorliegenden Fall gegeben ist, kann nicht beurteilt werden.

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