1 Entwicklung eines Curriculums

Uwe Ebeling/Detlef Gronwald/Franz Stuber Revision und Entwicklung von Curricula in der gewerblichen Ausbildung [1] 1 Entwicklung eines Curriculums ...
Author: Louisa Gerber
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Uwe Ebeling/Detlef Gronwald/Franz Stuber

Revision und Entwicklung von Curricula in der gewerblichen Ausbildung [1] 1

Entwicklung eines Curriculums

Eine für die Praxis einer Ausbildung bedeutsame Curriculumentwicklung ist Teil eines umfassenden Prozesses, der an den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Auszubildenden ebenso wie der Arbeitgeber orientiert sein muss. Bevor mit diesem Prozess begonnen wird, sind die Ziele und Verwendungssituationen für die Adressaten bzw. Abnehmer der mit der angestrebten Ausbildung vermittelten Kompetenzen festzulegen ebenso wie die Interessen und Möglichkeiten der möglichen Kooperationspartner bestimmt werden müssen. Dabei ist es klar und sollte allen Beteiligten immer bewusst sein, dass nicht alle Ziele für alle Adressatengruppen mit allen Kooperationspartnern gleichermaßen erreicht werden können. Nach der Klärung, welche geographische Reichweite, also z.B. regional, das Curriculum haben soll und mit welchen Kooperationspartnern, also z.B. einem Ministerium, es entwickelt werden kann, muss die Analyse der Rahmenbedingungen beginnen. Deren Ergebnisse sind in Verbindung mit Veränderungsvorstellungen in ein curriculares Konzept umzusetzen, um anschließend das Curriculum auszuarbeiten. Dazu müssen bestimmt werden: -

Die Arbeits- und Güter- (inkl. Dienstleistungs-)Märkte, d.h. die Groß-, Mittelund/oder Kleinbetriebe, für die bzw. in denen Beschäftigungspotential besteht Wichtig ist aber auch, mögliche neu zu erschließende Märkte für Adressatengruppen aus dem informellen und Subsistenzsektor zu bestimmen. Für die so erkannten Arbeitsplätze müssen dann die Untersuchungen der Arbeitsprozesse und die Erkundungen der Betriebs- und neuen Marktsegmente durchgeführt werden;

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die Adressatengruppe (die Teilnehmer) der Ausbildung mit ihren Interessen und Möglichkeiten;

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-

der Ausbildungssektor, also die Institutionen, Organisationen, Betriebe und Personen, die die Ausbildung durchführen sollen, d.h. das Curriculum anwenden und ihre Durchführung finanzieren sollen mit ihren Intentionen, Möglichkeiten und Grenzen.

Alle Rahmenbedingungen sind mehrmals während des Prozesses der CurriculumEntwicklung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die (effiziente und effektive) Zielerreichung zu überprüfen. Um den Arbeitsaufwand für diese Erkundungen einzugrenzen und von Anfang an möglichst im Einvernehmen mit den Kooperationspartnern vorzugehen, sind die Teile der Arbeits- und Gütermärkte, der Adressatengruppe und des Ausbildungssektors einzugrenzen auf die für die beabsichtigte CurriculumEntwicklung als relevant angesehenen Bereiche (Abbildung 1). 2. Schritt: Bestimmung des Anwendungsbereichs Ausbildungspartner Vorhandener Zustand Arbeits- und Gütermarkt Normative Vorgaben Ausbildungspartner Vorhandener Zustand Ausbildungssektor Normative Vorgaben Ausbildungspartner Vorhandener Zustand Adressatengruppe Normative Vorgaben

Zielkonzept

Ausbildungspartner

1. Schritt: Von den Partnerinteressen zum Zielkonzept

4. Schritt: Bestimmungen der Anforderungen Arbeitsund Gütermarkt - Geschäftsbereich - Produktbereich - Arbeitsbereich - Arbeitsplatzangebot - Qualifikationsanforderungen Ausbildungssektor - Ausbildungs bereich - Ausbildungseinrichtungen - Ausbilderqualifikationen - Ausbildungsmethoden Adressatengruppe - Interessen - Möglichkeiten - Grenzen - Vorhandene Kompetenzen

Betriebsscenario

Arbeitsscenario

Zu entwickelnde Kompetenzen

Curriculum

Ausbildungsscenario

Adressatenscenario

Didaktischmethodisches Konzept

Einbezug und Annahmen Bedeutung zur der Entwicklung Wirklichkeit 3. Schritt: Analyse des Anwendungsbereichs

Abb. 1: Fünf Schritte in der Curriculum-Entwicklung

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Berufsund Arbeitsfeld

5. Schritt: Entwicklung des Curriculums

Nach der Erkundung und Analyse dieser Teile können die Analyseergebnisse mit Veränderungsvorstellungen verbunden werden und die Konsequenzen aus der Erhebung und Beschreibung der Wirklichkeit zusammen mit den Annahmen zur zukünftigen Entwicklung dann im nächsten Schritt in ein curriculares Konzept umgesetzt werden. Es ist zu prüfen, ob eine Berufsgliederung [2] zugrunde gelegt werden soll und ggfs. für welche Berufe, Fächer [3] oder Lernfelder Curricula entwickelt werden sollen. Alternativ dazu könnte auch eine Beschreibung von Handlungsfeldern und Verwendungssituationen erfolgen. Aufgrund dieses Konzepts wird schließlich das Curriculum (der Rahmenlehrplan, die Ausbildungsordnung und exemplarische Lern&Arbeitsaufgaben) [4] erstellt. Berufe als Basis und zugleich Ziel der Ausbildung mögen für Deutsche selbstverständlich sein, sind es aber nicht immer für Partner in anderen Ländern. Eher verbreitet ist die Ausbildung in bestimmten Fachbereichen [5] oder Wirtschaftszweigen, die aber nicht identisch mit Berufen oder Berufsfeldern sind. Daher wird von „Reichweite der Kompetenz“ gesprochen, was Berufsbilder (occupational profiles) oder sogar ein erweitertes, umfassendes Berufs- und Arbeitsfeld sein kann, aber nicht in jedem Falle sein muss. Entsprechend werden die zu entwickelnden Kompetenzen mehr oder weniger umfangreich sein: Bei Kurzkursen mögen nur Teile von Berufen oder Arbeits- (Handlungs-)-feldern in das Curriculum einbezogen werden. Abbildung 2 gibt einen Überblick über den Prozess der Curriculumentwicklung.

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Prozess zur Entwicklung/Revision eines Curriculums Rahmenbedingungen Geographische Reichweite Kooperationspartner/Zusammensetzung der Planungsgruppe

Analyse der Arbeits-, Güter- und Dienstleistungsmärkte

Analyse der Adressatengruppen

Analyse der Ausbildungssektoren

Curriculum-Konzept Entscheidungen zur Zusammenstellung der Rahmenbedingungen: - Arbeits- und Gütermarkt (aktuelle Situation / Aussichten) - Adressatengruppe(Lebenssituation / schulische Vorbildung / Perspektiven) - Bedarf derAdressatengruppein Beziehung zu denArbeits-, Güter- und Dienstleistungsmärkten Strukturieren des Curriculum-Konzepts Curriculum-Elemente (Lehr- und Lernbereiche / Merkmale des Curriculums) Ausbildungsorganisation (Ort / Dauer / weitere formale Bedingungen)

Arbeitsschritte zur Curriculum-Entwicklung • Identifikation von Berufsbild / Handlungsfeld • Auflistung von Aufgabenbereichen • Auflistung typischer Arbeitsaufgaben • Auflistung der für diese Arbeitsaufgaben notwendigen Kompetenzen • Auflistung weiterer Kompetenzen, die in der Ausbildung erworben werden sollen • ExemplarischeZusammenstellung von Lern&Arbeitsaufgaben

Curriculum Kompetenzen und Inhalte Pädagogischer Rahmen - Kurze, allgemeine Beschreibung - Didaktische und methodische Schwerpunkte Lern&Arbeitsaufgaben / kleine Projekte

Abb. 2: Prozess zur Revision und Entwicklung von Curricula

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Rahmenbedingungen, die die CurriculumEntwicklung beeinflussen

Jede Curriculum-Entwicklung wird durch die Anforderungen eines jeweiligen Landes bestimmt, die durch sehr unterschiedliche sozio-ökonomische, technischorganisatorische und auch kulturelle Faktoren beeinflusst sind.

2.1

Verschiedene Wirtschafts- und Ausbildungssektoren

Es ist notwendig, die Besonderheiten der Arbeit in den verschiedenen Wirtschaftssektoren und Ausbildungssektoren eines gegebenen Landes zu verstehen, um Unterschiede zu erkennen und Schnittstellen herauszuarbeiten. Durch diese Auseinandersetzung kann verdeutlicht werden, für welche Bereiche eine Ausbildung konzipiert werden soll. Die Ergebnisse fließen später in den Curriculumentwurf ein. In der Entwicklungszusammenarbeit wird von unterschiedlichen Wirtschaftssektoren ausgegangen, dem formellen, dem informellen und dem Subsistenzsektor. Letzterer wird oft als Teil des informellen Sektors betrachtet. Die verschiedenen Wirtschaftssektoren sind eng miteinander verflochten. Handwerkliche Tätigkeiten sind in allen Wirtschaftssektoren zu finden, wobei die technische Differenziertheit in Richtung des formellen Sektors zunimmt, allerdings nicht kontinuierlich. Die Verflechtung der Sektoren zeigt, dass curriculare Inhalte nicht eindeutig nur für den einen oder anderen Sektor entwickelt werden können. Vielmehr gilt es herausfinden, wo die Überschneidungen liegen und wo trotzdem sektorspezifische Entscheidungen getroffen werden müssen. Ausbildungsbedarf und -möglichkeiten mögen eher zwischen großen und kleinen Betrieben differieren als zwischen formellen und informellen. Im Ausbildungssektor wird von drei verschiedenen Bildungssektoren ausgegangen, dem formalen, dem non-formalen und dem informalen/informellen. Die Ausbildungssektoren können, anders als die Wirtschaftssektoren, deutlicher voneinander abgegrenzt werden. Die formale Ausbildung umfasst alle Ausbildungsgänge, die in staatlichen oder privaten (staatlich anerkannten) Institutionen durchgeführt werden und durch

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staatliche Rahmenrichtlinien reguliert sind. Die Duale Ausbildung ist gekennzeichnet durch eine Aufteilung zwischen zwei Partnern, in Deutschland zwischen Betrieben und Berufsschulen. Wenn diese Form der Ausbildung für beide Partner durch anerkannte, staatliche Richtlinien geregelt ist, dann ist sie formal. Wenn, wie vielfach in Entwicklungsländern, die Betriebe keinen entsprechenden Richtlinien folgen, können hier auftretende Formen der Dualen Ausbildung nicht der formalen zugeordnet werden. Non-formale Ausbildung beschreibt alle Formen von Ausbildung, die außerhalb der staatlichen Rahmenrichtlinien stattfinden. Die betriebliche Lehre, egal ob es sich um Betriebe des formellen oder informellen Sektors handelt, ist eine der verbreitetsten Formen non-formaler Ausbildung. Darüber hinaus umfasst non-formale Ausbildung alle Programme und Projekte, die ein nachholendes Lehrangebot für diejenigen bieten, die bereits am Arbeitsmarkt beschäftigt sind und durch Abend- oder Wochenendkurse ihre Kompetenzen erweitern wollen. Weiterhin bestehen Angebote für Adressatengruppen, die keinen formalen Ausbildungsplatz gefunden haben, sei es, weil sie die Eingangsvoraussetzungen nicht erfüllen oder weil zu wenig Plätze vorhanden sind. Die Begriffe informelle oder informale Ausbildung sind schwer fassbar. Häufig werden sie in der Literatur synonym verwandt, andererseits werden sie differenziert, indem sie entweder auf praktisches Lernen innerhalb der Familie oder auf unstrukturiertes Lernen in informellen Betrieben bezogen werden. Hierbei gibt es jedoch keine eindeutige Anwendung des einen oder anderen Begriffes. Der Begriff informelle Ausbildung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem informellen Wirtschaftssektor. Er umschreibt die Lehre in Klein- und Kleinstbetrieben des informellen Sektors, die ohne Regelung von 'außen' stattfindet. Da Curricula eine Regelung von ‘außen’ sind, wird die Ausbildung in Betrieben des informellen Sektors non-formal, sobald Curricula dafür entwickelt werden. In der Ausbildung sowie in der Curriculum-Entwicklung müssen sowohl länderspezifische als auch sektorspezifische Kriterien entwickelt werden, die die tatsächlich im Arbeitsprozess zur Verfügung stehenden Maschinen und Werkzeuge mit ihrer organisatorische Einbindung berücksichtigen und das technische Bewusstsein der Lernenden mit einbeziehen. Darüber hinaus muss das starke Gefälle im Technologieniveau innerhalb eines Landes bedacht werden. Der unterschiedliche Komplexitätsgrad der Anforderungen der industriellen Arbeitsprozesse und der handwerklichen Tätigkeiten muss sich auch in einem unterschiedlichen Komplexitätsgrad der Curricula widerspiegeln.

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Arbeitsorganisation ist ein weiterer Aspekt, der für die Curriculumarbeit im Zusammenhang mit der Bestimmung der zu erlernenden Kompetenzen in den verschiedenen angestrebten Arbeitsbereichen eine Rolle spielt. Bei der Organisation der Arbeit lassen sich sowohl länderspezifische als auch lokale und sektorspezifische Unterschiede eines gegebenen Tätigkeitsfeldes beobachten. Während länderspezifische Prägungen eher auf sozio-kulturelle Faktoren zurückzuführen sind, hängen die sektorspezifischen Faktoren stark von den sehr verschiedenen Möglichkeiten des Technologieeinsatzes innerhalb eines Landes ab.

2.2

Bandbreite der Handlungsfelder in der praktischen Arbeit

2.2.1 Handlungsfelder, Lebens- und Arbeitsprozesse Handlungsfelder beschreiben das alltägliche Tun, das Handeln des Menschen im privaten und öffentlichen Leben genauso wie im Arbeitsprozess. Lebens- und Arbeitsprozesse sind dabei durch die Person des Handelnden eng verbunden, während die Umfelder und die Tätigkeiten sehr verschieden sein können. Ausgebildet wird sowohl für die Lebens- wie für die Arbeitsprozesse, Berufsausbildung soll für die professionelle Arbeit in mit dem täglichen Leben verbundenen Handlungsfeldern vorbereiten. Traditionell werden bei uns professionelle Tätigkeiten Berufsfeldern zugeordnet, wobei diese in den gewerblichtechnischen Berufsfeldern durch das zu bearbeitende Material, wie Metalltechnik, Holz, aber auch Elektrotechnik charakterisiert werden. Daraus werden dann Praxisfelder für die Ausbildung geschnitten. Diese Praxisfelder sind beschrieben durch Berufe. Berufe im gewerblich-technischen Feld werden zwei Dimensionen zugeordnet: dem technischen Gegenstand, mit und an dem gearbeitet wird und dem Wirtschaftssektor, in dem gearbeitet wird, also der Industrie oder dem Handwerk. Beispiele können traditionelle Berufe sein, wie Elektroinstallateur oder moderne Berufe wie Kfz-Mechatroniker. In den Industrieländern sind mit dieser Festlegung seit Beginn der Automatisierung Probleme aufgetreten, die sich aus den Anforderungen neuer anspruchsvoller und die Reichweite traditioneller Berufsfelder übergreifender Tätigkeiten ergeben haben. Beispiel dafür sei das Handlungsfeld der Anlageninstandhaltung, bei dem zum Beherrschen der Technik nicht mehr zwischen der Steuerung und dem gesteuerten Prozess getrennt werden darf. Aber auch im Handwerk sind solche Probleme aktuell, z.B. im Feld der Gebäudeautomatisierung.

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Im Prinzip Gleiches ist auch in den wenig industrialisierten Ländern zu beobachten, aber hier unter anderen Vorzeichen: die moderne Industrialisierung schafft meist, bezogen auf die Zahl der Arbeitskräfte insgesamt nur wenige Arbeitsplätze. Dies fördert aus der Not heraus die Entwicklung des informellen Sektors. Dieser verlangt nach umfassenden Kompetenzen, die sich nicht auf die Fähigkeit zum Umgang mit Technik beschränken, sondern weit in die Bereiche der Ökonomie, der Kundenwerbung, des Betriebsmanagements unter erschwerten Bedingungen hinein reichen. Hier tritt ein weiteres Problem auf: So wie in Industrieländern im ländlichen Raum die Nachbarschaftshilfe z.B. beim Bau des eigenen Hauses wieder mehr zunimmt, so entwickelt sich in anderen Ländern die Subsistenzwirtschaft. Mit der Verschlechterung der ökonomischen Bedingungen kapseln sich diese Gruppen ab und tauschen nur noch untereinander ihre Arbeit und Produkte. Diese Arbeit erfordert jedoch Kompetenzen, die viel stärker am alltäglichen Lebensprozess orientiert sein müssen und deren Entwicklung einer an diese besonderen Bedingungen angepassten Ausbildung bedarf. Wenn also Ausbildung neu strukturiert wird, kann sie nur noch sehr eingeschränkt auf die Industriearbeit zielen, sondern muss ein breites Spektrum an Kompetenzen entwickeln. 2.2.2 Handlungsfelder und Kompetenzen Für die übergreifenden Anforderungen an die Ausbildung für handwerklich orientierte Arbeit gilt also, dass sie sich in unterschiedlicher Weise an den Gegebenheiten der Lebens- und Arbeitsprozesse orientieren muss. Je nach Organisation dieser Gegebenheiten kann man unterscheiden zwischen •

selbstorganisierter Arbeit im informellen Sektor (Subsistenzsektor, -wirtschaft), mit der Produkte primär für den eigenen Bedarf und den Bedarf der Nachbarschaft hergestellt sowie Dienstleistungen angeboten und ausgetauscht werden. Dies erfordert vor allem Kompetenzen, die durch den eigenen Lebensprozess und die Fähigkeit des unmittelbaren Überlebens durch das Einbringen der eigenen Arbeitsleistung in den umgebenden Lebensraum und nicht in eine betriebliche Organisation charakterisiert sind. Dazu sind u.a. ein breites Spektrum grundlegender Fertigkeiten für handwerkliche Arbeitsprozesse gefragt. Ein Beispiel für derartige Arbeiten ist die Herstellung einfacher Möbel für den Tauschhandel gegen Lebensmittel in einem Dorf in einer Nachkriegssituation.



betrieblich organisierte Arbeit im informellen Sektor (Kleinstbetriebe), mit der in der Regel Produkte für den lokalen Markt hergestellt sowie Dienstleistungen angeboten werden. Dieser Arbeitsprozess, der zumeist in kleinsten Gruppen

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betrieblich organisiert und mit einfachsten Werkzeugen durchgeführt wird, erfordert im Vergleich zur selbstorganisierten Arbeit im informellen Sektor grundlegende ökonomische Kompetenzen und in einem schmaleren technischen (Berufs-)Feld weitergehende fachliche Kompetenzen. Neben den immer noch großen Anteil der auf die Erwerbsarbeit bezogenen und für den (Über)lebensprozess notwendigen Sozial- und Humankompetenzen kommt also für den Arbeitsprozess ein mehrdimensionales Feld fachlicher Kompetenzen hinzu. Beispiele für derartiges Arbeiten sind Hofwerkstätten der Kfz-ReparaturAnbieter in den Großstädten der Entwicklungsländer. •

handwerklich organisierte Arbeit in Klein- und Mittelbetrieben, mit der ebenfalls Produkte für den lokalen Markt hergestellt sowie Dienstleistungen angeboten werden, jedoch in einer auch formal in den regionalen Wirtschaftsraum integrierten Form. Die damit verbundene größere soziale Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Lohnabhängigkeit und die zumeist besseren Werkzeuge und Materialien sind verbunden mit höheren und spezielleren fachlichen Arbeiten, kontrolliert durch die von der Betriebsleitung kalkulierten Kosten für den Arbeitsprozess. Dies erfordert im Vergleich zur Arbeit im informellen Sektor für den Arbeitsprozess weniger Kompetenzen zur Bewältigung von (existentiellen) Anforderungen des Lebensprozesses, aber weit höhere Kompetenzen zur Bewältigung komplexer Anforderungen aus dem Arbeitsprozess. Diese Situation verbindet immer noch Leben und Arbeiten, sie wird bestimmt von den Anforderungen des Marktes an die Art und die Qualität der Produkte und Dienstleistungen sowie durch die regionalen gesellschaftlichen Gegebenheiten. Die Probleme liegen in der erforderlichen Qualität der fachlichen Arbeit, in der ökonomischen Bestimmung der Situation durch den regionalen Markt, aber auch in den notwendigen Sozial- und Humankompetenzen für den Umgang mit Kunden und Kollegen. Beispiel dafür sind freie, nicht-markengebundene Kfz-Werkstätten, in denen sich der Mechaniker direkt mit dem Kunden auseinandersetzt bei der Arbeit an sehr unterschiedlichen Fabrikaten und Modellen. Eine Sonderstellung nehmen in diesem Bereich der Klein- und Mittelbetriebe die Zulieferer für Industriebetriebe ein, die einerseits vielfach wie ein Handwerksbetrieb organisiert sind, andererseits aber Massenteile herstellen.



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handwerklich organisierte Arbeit in Experten-Gruppen, mit der spezielle Produkte hergestellt und komplexe Dienstleistungen angeboten werden. Diese Gruppen können in verschiedenen Betriebsformen vom selbständigen Kleinbetrieb bis zur Instandhaltungsgruppe in einem großen Industriebetrieb

integriert sein. Die Anforderungen der Arbeitsprozesse bestimmen Leben und Arbeiten, höchste fachliche Kompetenzen sind erforderlich, die notwendigen Sozial- und Humankompetenzen sind dem fachlichen Teil des Arbeitsprozesses zugeordnet. Selbständigkeit, Kreativität und Bewältigung komplexer Zusammenhänge bei der Lösung komplexer Probleme sind bestimmend. Beispiel dafür sind die Inbetriebnahme- und Instandhaltungsgruppen in den großen Montagewerken der Industrie oder Dienstleistungsarbeit im IT-Bereich. Es lassen sich also verschiedene Anforderungen an die notwendigen Kompetenzen für den Übergang von der selbstorganisierten Arbeit in der lokalen Tauschwirtschaft bis zur handwerklichen Expertenarbeit in Gruppen unterscheiden. Offenbar besteht eine abnehmende Tendenz in den Kompetenzen zur Bewältigung der Anforderungen aus dem Lebensprozess und eine zunehmende Tendenz für die Notwendigkeit integrierter Kompetenzen zur Bewältigung der Anforderungen des Arbeitsprozesses (Abbildung 3).

Selbstorgansiert e Arbeit im informellen Sektor

Betrieblich organisierte Arbeit im informellen Sektor

Handwerklich organisierte Arbeit im Kleinund Mittelbetrieben

Handwerklich organisierte Arbeit in ExpertenGruppen

Abb. 3: Vom handwerklich bestimmten Lebens- und Arbeitsprozess geforderte Kompetenzen bei unterschiedlichen Formen der Arbeitsorganisation in verschiedenen wirtschaftlichen Situationen

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2.3

Arbeitsmarkt und Beschäftigungsstruktur

Grundsätzlich sollte das Angebot an und die Nachfrage nach Arbeitskräften, i.e. der Arbeitsmarkt, und die Beschäftigungsstruktur einen Einfluß auf das Ausbildungsangebot haben. Die Verfügbarkeit angemessen ausgebildeter Arbeitskräfte (Human Resources) kann die Produktqualität erhöhen und Investitionsentscheidungen in allen Wirtschaftssektoren positiv beeinflussen. Nur die Entwicklung eines breiten Spektrums von horizontal und vertikal diversifizierten Ausbildungsangeboten kann die verschiedenen Arbeitsperspektiven abdecken. Ausbildungsschwerpunkte müssen in Bereichen gesetzt werden, in denen aller Wahrscheinlichkeit nach Beschäftigung zu finden oder in näherer Zukunft zu erwarten ist. Bedingt durch automatisierte, kapitalintensive Produktion [6] bieten moderne Industriezweige meist nur eine begrenzte Zahl an Arbeitsplätzen. In diesem Bereich werden qualifizierte Facharbeiter verlangt, die in der Lage sein müssen, die vorhandenen Anlagen zu führen, sie instand zu halten und auf technologische Veränderungen zu reagieren (primäre und sekundäre Facharbeit). Die mittelgroßen/mittelständischen Betriebe, in denen teilweise handwerklich produziert oder die Produktion manufakturähnlich organisiert wird, benötigten durch die dort übliche Arbeitsteilung ebenfalls nur wenige, qualifizierte Arbeitskräfte, während der größere Teil der Arbeit von ungelernten oder angelernten ArbeiterInnen verrichtet wird. Demgegenüber ist ein sehr viel breiteres Spektrum von Handwerksbetrieben in den Bereichen handwerkliche Produktion, Wartung und Reparatur von industriell hergestellten Gütern sowie personenorientierter Dienstleistung zu finden. Im Handwerk besteht ein großes Gefälle im Technologieniveau sowohl innerhalb als auch zwischen den Wirtschaftssektoren. Entsprechend der unterschiedlichen Ausstattung und Größe können diese Betriebe sehr verschieden organisiert sein. Einerseits gibt es Betriebe, die Lohnarbeitsplätze zur Verfügung stellen, andererseits findet sich eine große Anzahl von Kleinst- oder Eine-Person-Betrieben, die sich auf die Mitarbeit von Familienmitgliedern stützen. Hieraus ergeben sich Differenzierungen der Ausbildungsschwerpunkte. Wenn z.B. die Beschäftigungsperspektive primär in der Gründung eines selbständigen Kleinbetriebes oder der Subsistenzarbeit liegt, dann sollte dies in der Curriculumentwicklung berücksichtigt werden.

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2.4

Spektrum von Berufen und Tätigkeitsfeldern

Moderne Industrieberufe, in denen bereits berufsfeldübergreifende Tätigkeiten eine wichtige Rolle spielen, sind in den Entwicklungsländern erst im Entstehen, zumeist sind jedoch die gleichen klassischen [7] Berufe wie in den Industrieländern zu finden. Die Unterschiede liegen in der praktischen Anwendung, für die im wesentlichen drei Gründe zu nennen sind: 1.

Die Einfachheit der vorhandenen Produktionsmittel führt zu erhöhter Arbeitsintensität und erfordert mehr handwerkliche Kreativität.

2.

Die tatsächlich vorhandenen Maschinen und Geräte entstammen häufig einer älteren Maschinengeneration, sie sind durch mechanische Steuerung gekennzeichnet, die durchschaubarer und fehlertoleranter als moderne elektronische Steuerungen sind und Reparaturen mit einfachen Ersatzteilen zulassen.

3.

Fehlende oder minderwertige Materialien und Ersatzteile machen einen erfinderischen Umgang in der Verarbeitung und Reparatur notwendig und erfordern handwerkliches Geschick.

Aus allen drei Punkten ergibt sich ein anderes Spektrum von Tätigkeiten, als es in den Industrieländern zu finden ist. Im informellen Sektor ist ein großes Spektrum verschiedenster Tätigkeiten, die sich an traditionellen und/oder klassischen Berufen orientieren, zu finden. Einerseits werden diese oft mit erstaunlicher Fertigkeit verrichtet, andererseits mangelt es an theoretischen und/oder praktischen Fähigkeiten, sogar um den lokalen Anforderungen gerecht zu werden. Aus der Beobachtung der Art und Weise wie im informellen Sektor oder im Subsistenzsektor gearbeitet wird, ergeben sich für die Curriculum-Planung wichtige Aspekte der Schwerpunktsetzung bezüglich der graduellen Verbesserung der Organisation der Arbeit und der Handhabung lokaler Produktionsmittel sowie der Optimierung der Ausnutzung vorhandener Ressourcen.

2.5

Gütermarkt, Vermarktung und Vermarktungschancen

Der Gütermarkt beschreibt unter Berücksichtigung der Produktqualität das Angebot an und die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen. Während die Herstellung von Gütern in Industrie und Kleingewerbe die Vermarktung zum Ziel hat, dient sie in der Subsistenzwirtschaft dem Eigenbedarf oder dem Erhalt der Familie. Die sich hieraus ergebende Konsequenz für die Curriculumarbeit ist, neben dem Arbeitsmarkt

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auch immer den Gütermarkt, einschließlich neu zu erschließender, sich aus den Bedarfen der Adressaten ableitender Marktsegmente, in die Ausbildungskonzeption mit aufzunehmen. Die Vermarktung und Vermarktungschancen sowohl von Gütern und Dienstleistungen als auch von erworbenen Kompetenzen in allen drei Wirtschaftssektoren können Aufschluss über benötigte Kompetenzen, die Bedarfe an Berufen und damit auch über die Ausbildungsbedarfe geben. Um Vermarktung und Vermarktungschancen gezielt in die Ausbildung zu integrieren, muss u.a. einerseits die Herstellung oder Wartung und Reparatur vermarktungsfähiger Produkte und Dienstleistungen und andererseits die Arbeitsnachfrage zum Ausgangspunkt gemacht werden.

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Adressatengruppe

Jedes Curriculum betrifft Menschen und deshalb ist die wichtigste Frage, wem oder welcher gesellschaftlichen Gruppe das geplante Curriculum nutzen soll. CurriculumplanerInnen müssen deshalb das Lebensumfeld der Auszubildenden kennen, um damit deren Bedarfe (Verwendungssituationen) und die Lernvoraussetzungen (methodisch-didaktische Aspekte) zum Anknüpfungspunkt der Curriculumkonzeption zu machen. In diesem Zusammenhang müssen die notwendigen Kompetenzen vermittelt werden, die Auszubildende in die Lage versetzen sollen, eigenständig ihre Lebenssituation zu verbessern. Durch die genaue Betrachtung der Charakteristika einer spezifischen Adressatengruppe ergeben sich für die CurriculumplanerInnen Schritte der Abstimmung, Modifizierung und Neuentwicklung eines Curriculums. Neben den verschiedenen Adressatengruppen der Auszubildenden stehen verschiedene indirekte Adressatengruppen („Mittlergruppen“) der AnwenderInnen (LehrerInnen, AusbilderInnen). Im Rahmen der Curriculumarbeit kann möglichen vorhandenen Defiziten des Lehr- und Ausbildungspersonals begegnet werden.

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Ausbildungsorte und Ausbildungsdauer

Zur weiteren Spezifizierung der Rahmenbedingungen kann die Betrachtung des Charakters der Lernorte und die Bestimmung der zeitlichen Abläufe herangezogen werden. Mögliche Ausbildungsorte sind entweder ein formeller oder informeller Betrieb oder eine Ausbildungsinstitution. In letzterer ist von Bedeutung, ob die Ausbildung vorwiegend in einer Werkstatt, auf einer Baustelle, im Labor oder im Klassenraum stattfindet. Darüber hinaus steht die Ausstattung mit Werkzeug, Maschinen und Verbrauchsmaterialien in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ausbildungsort. Die Ausbildungsdauer kann sich von Wochenendkursen über Abend- und Teilzeitkurse bis hin zu mehrjährigen Vollzeitausbildungen erstrecken. Die Kompetenzen der Lehrer und Ausbilder gehen ebenso wie ihre Interessen und Möglichkeiten indirekt in die Konzeption einer Ausbildung ein. Eine Veränderung in ihrem sozialen Status kann genauso wie eine Veränderung der Lehreraus- und fortbildung entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung von Curricula haben.

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Lern&Arbeitsaufgaben

Lern&Arbeitsaufgaben sind von AusbilderInnen und LehrerInnen entwickelte Elemente der beruflichen Bildung, die von den Auszubildenden in einem am Arbeitsprozess orientierten eigenständigen Lernprozess bearbeitet werden. Allerdings lassen sich komplexe Arbeitsprozesse nicht ohne weiteres in eine für den Ausbildungsprozess geeignete Form umsetzen. Lern&Arbeitsaufgaben werden aus Arbeitsfeldern unter didaktischen Ansprüchen entwickelt. Kern einer Lern&Arbeitsaufgabe ist der geplante, wirklich ausgeführte und reflektierte Arbeitsprozess. Dieser Arbeitsprozess kann die Herstellung ebenso wie die Planung und Vermarktung eines Produktes, aber auch einer Dienstleistung umfassen. Entscheidend ist, dass der Lernprozess möglichst •

weitgehend eingebunden Arbeitsprozesses,



umfassend geplant wird unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen dieser Realität,

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ist

in

die

gesellschaftliche

Realität

des



von den Lernenden klar als Prozess zur bewussten Entwicklung umfassender Handlungsfähigkeit im gesellschaftlichen Kontext erkannt und reflektiert wird,



in Bezug auf die Verbesserung der Qualität der Durchführung des Arbeitsprozesses, des Produktes und des Zusammenhanges zwischen beiden Kriterien bewertet wird,



die Bearbeitung eines in den gesellschaftlichen Kontext eingebundenen Produktes oder einer Dienstleistung zum Ergebnis hat.

Lern&Arbeitsaufgaben stellen die Elemente dar, mit denen in der beruflichen Bildung die didaktischen Ansprüche an die Entwicklung •

von umfassender Handlungsfähigkeit,



der Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit der beruflichen und gesellschaftlichen Realität und



der in den Arbeitsprozess integrierten Fähigkeit zum eigenständigen Erarbeiten beruflicher Kompetenzen

eingelöst werden können. Gleichzeitig bilden sie jedoch auch methodische Strukturen, mit denen ein eigenständiger Lernprozess möglich wird. Damit kann die eigenständige Erarbeitung von Kompetenzen aus dem (zumindest beruflichen) Handeln heraus erlernt werden. Lern&Arbeitsaufgaben beinhalten Elemente wie Selbständigkeit der Lernenden bei der Erarbeitung von Kompetenzen, die Praxisnähe des Lernprozesses und die Marktfähigkeit bzw. den direkten Gebrauchs- und Verwendungswert des Produktes. Lern&Arbeitsaufgaben stellen den Arbeitsprozess stärker in den Vordergrund als das Produkt. Die Bewertung dieses Prozesses und nicht allein des Produktes ist zentral. Der Anspruch an die Entwicklung umfassender Handlungsfähigkeit in der beruflichen Arbeit setzt eine relativ starke Planung des Lernarbeitsprozesses und dessen Reflexion durch die MeisterInnen, die LehrerInnen oder AusbilderInnen voraus. Lern&Arbeitsaufgaben können auch nicht allein eine Ausbildung tragen, sondern sie stellen ein Element eines Ausbildungszyklus dar, das ergänzt wird um eine von AusbilderInnen und LehrerInnen getragene Vorbereitung und eine Nachbereitung. In der Vorbereitungsphase wird auf die Lern&Arbeitsaufgabe hin gelernt, es werden die notwendigen Voraussetzungen zur Bearbeitung der Aufgabe geschaffen. Auf Lern&Arbeitsaufgaben folgt eine notwendige Phase der Reflexion

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und Systematisierung, in der die erlebte Arbeitssituationen reflektiert sowie die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten systematisch eingeordnet und ergänzt werden können. Lern&Arbeitsaufgaben sind auch an der Entwicklung auf den Arbeitsprozess bezogener humaner und sozialer Kompetenzen orientiert. Das Erlernen von Sozialverhalten im Arbeitsprozess steht gleichwertig neben dem Erlernen fachlicher Kompetenzen. Beispiele für Lern&Arbeitsaufgaben sind: -

Entwicklung eines Angebotes in einem Installationsbetrieb für eine geeignete Beheizung eines Hauses entsprechend der Ausschreibung eines Kunden (unter Einbezug ökonomischer, ökologischer und technischer Bedingungen).

-

Planung und Vorbereitung der Produktion eines Prototyps für eine Hebevorrichtung an einem Mülltransportfahrzeug in einer Kleinserienproduktion (unter Einbezug produktionsorganisatorischer, ökonomischer und ergonomischer Kriterien).

-

Produktion von Stühlen zur lokalen Vermarktung (unter Einbezug der Produktionssituation in der Werkstatt, der ökonomischen Bedingungen am Markt).

-

Design neuer Produkte im Bereich der Töpferwaren für den lokalen Markt und Vorbereitung einer dezentralen Produktion (unter Einbezug kreativer Gestaltung, Verwendung besserer Materialien, Entwicklung angepasster Werkzeuge, abgestimmter Organisation der Vermarktung).

Charakteristisch für Lern&Arbeitsaufgaben ist, dass sie in eine gesellschaftliche Umgebung eingebunden sind, die sowohl das Arbeitsumfeld als auch die AbnehmerInnen der erstellten Produkte oder Dienstleistungen umfasst. Damit wird es schwierig, Lern&Arbeitsaufgaben ohne genaue Kenntnis des Umfeldes zu planen. Es wird dadurch aber auch möglich, bei dem Lernen mit Lern&Arbeitsaufgaben nützliche Kompetenzen zu erwerben, die weit mehr umfassen, als die rein fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten. Und es wird möglich, die Qualität der erworbenen Kompetenzen in Relation zu den Anforderungen des Marktes zu beurteilen. Lern&Arbeitsaufgaben können dazu führen, arbeitsprozessbezogene Systematiken zu entwickeln, die andere Bereiche als traditionelle Fachsystematiken umfassen. Aus

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den bei der Bearbeitung der Lern&Arbeitsaufgaben gewonnenen Erkenntnissen lassen sich Kernbereiche für notwendige Kenntnisse und Fertigkeiten definieren, die dann zu systematischen Netzen von Kernkompetenzen erweitert werden können. Diese Netze sind mit Sicherheit näher an der Situation des Arbeitsprozesses als theoretisch entwickelte oder aus anderen gesellschaftlichen Situationen übernommene Netze. Lern& Arbeitsaufgaben stellen Elemente der Verbindung verschiedener Lernorte (theorieorientiert, praxisorientiert) dar. Beide Bereiche können sich ergänzen, wenn LehrerInnen und AusbilderInnen zusammenarbeiten. [1] Überarbeitete Auszüge aus: Adam, S./ Blumenstein, G./ Boehm, U./ Ebeling, U./ Gronwald, D./ Schade, E.: CURRENT - Orientierungshilfe zur Curriculum Revision und Entwicklung. Bremen 1998. [2] z.B. ISCO (International Standard Classification of Occupations) oder eine der deutschen ähnliche Berufsgliederung. [3] Insbesondere in schulischen Institutionen ist die Ausbildung in Fächer gegliedert. Die Gliederung in Berufe ist mit der Fächergliederung nicht immer kompatibel. [4] s. Schröter, Hans-Günter (Hrsg.), Curriculumund Berufsbildungszusammenarbeit. Diskussionsbeiträge und Materialien zur internationalen Berufsbildungszusammenarbeit, Bd. 4, Overall Verlag Berlin, 1996 [5] z.B. Food & Nutration, Hotel & Tourism [6} z.B. beschäftigen die Ölraffinerien in Nigeria oder die Diamantenminen in Botswana, die in der Tat dominierende, moderne Industriezweige im Lande sind, weniger als 2% der formell beschäftigten Arbeitskräfte. Demgegenüber steht ein Exportanteil dieser Industriezweige von mehr als 90%. [7] Unter Beruf verstehen wir die hauptsächliche (Erwerbs-)Tätigkeit des/der Einzelnen, die auf dem Zusammenwirken verschiedener Kompetenzen beruht und durch die er/sie sich in die Volkswirtschaft eingliedert. Wir kategorisieren Berufe in • traditionelle - ursprünglich in den Ländern entstandene Berufe, • klassische - zwar durch Modernisierung geprägte, jedoch schon lange vorhandene, importierte Berufe • moderne - nach neuen technologischen, ökonomischen und sozialen Entwicklungen umgeformte Berufe bzw. Berufsbilder.

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