08. Beschluss. In dem Verwaltungsverfahren

53113 Bonn Kaiser-Friedrich-Str. 16 BUNDESKARTELLAMT 2. BESCHLUSSABTEILUNG B 2 –- 46/08 Telefon: Zentrale: (0228) 94 99-525 (0228) 94 99-0 Telefa...
Author: Catharina Wolf
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53113 Bonn Kaiser-Friedrich-Str. 16

BUNDESKARTELLAMT 2. BESCHLUSSABTEILUNG

B 2 –- 46/08

Telefon: Zentrale:

(0228) 94 99-525 (0228) 94 99-0

Telefax:

(0228) 94 99-149

17. Februar 2009 ÖFFENTLICHE VERSION

FUSIONSVERFAHREN VERFÜGUNG NACH § 40 ABS. 2 GWB

Beschluss In dem Verwaltungsverfahren

1.

Nordzucker AG Küchenstraße 9 38100 Braunschweig

- Beteiligte zu 1. -

Verfahrensbevollmächtigte zu 1. Rechtsanwälte Hengeler Mueller Benrather Straße 18 – 20 40213 Düsseldorf

2.

Danisco Sugar A/S, Kopenhagen, Dänemark Langebrogade 1 DK-1001 Kopenhagen Dänemark - Beteiligte zu 2. -

Verfahrensbevollmächtigte zu 2. Rechtsanwälte Lovells Alstertor 21 20095 Hamburg

3.

Industrie- und Handelsunion Dr. Wolfgang Boettger GmbH & Co. KG Schlesische Straße 38 10997 Berlin - Beigeladene zu 3. -

Verfahrensbevollmächtigte zu 3. Rechtsanwälte WilmerHale Wildunger Str. 9 60487 Frankfurt am Main

4.

Südzucker AG Maximilianstraße 10 68165 Mannheim -

Beigeladene zu 4. –

Verfahrensbevollmächtige zu 4. Rechtsanwälte Gleiss Lutz Maybachstraße 6 70469 Stuttgart

wegen Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)1 hat die 2. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes am 17. Februar 2009 beschlossen:

I.

Das am 24. September 2008 angemeldete Vorhaben der Nordzucker AG, Braunschweig, mittelbar sämtliche Anteile an der Danisco Sugar A/S, Kopenhagen/Dänemark, zu erwerben, wird nach § 40 Abs. 2 und 3 GWB unter den nachfolgend genannten aufschiebenden und auflösenden Bedingungen freigegeben:

II.

1

Nebenbestimmungen

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 2005 (BGBl. I S. 2114), zuletzt geändert durch Artikel 2c des Gesetzes vom 15. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2426). 2

1.

Bedingungen

1.

Die Freigabe erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Danisco Sugar A/S, Kopenhagen, Dänemark, die Danisco Sugar GmbH, Anklam, sowie alle von der Danisco Sugar GmbH kontrollierten Unternehmen

innerhalb

Beschlusses

nach

[...] 2

von

Maßgabe

der

Monaten

nach

Zustellung

nachfolgenden

des

Bestimmungen

(insbesondere Abschnitte II.4., II.5.a) und II.5.b)) vor Vollzug oder gleichzeitig

mit

dem

Vollzug

(„juristische

Sekunde“)

des

Zusammenschlussvorhabens Danisco A/S, Kopenhagen, Dänemark / Nordzucker AG, Braunschweig an einen unabhängigen Erwerber verkauft bzw. der Verkauf durch die mit Danisco Sugar A/S verbundenen Unternehmen veranlasst wird. 2.

Die Bedingung gilt als erfüllt, wenn nachgewiesen ist, dass die Danisco Sugar GmbH an einen geeigneten Erwerber verkauft ist. Hierzu ist nachzuweisen, dass sowohl



alle Verträge zum Verkauf der Danisco Sugar GmbH, sowie



alle Genehmigungen, die für den Betrieb der Danisco Sugar GmbH einschließlich der Zuteilung einer Zuckerproduktionsquote nach den geltenden Regelungen, als auch



die zur Veräußerung ggf. durchzuführenden Fusionskontrollverfahren abgeschlossen bzw. erteilt worden sind (zur hierfür erforderlichen Vorabvorlage von Verträgen und zur Genehmigung des Erwerbers siehe Abschnitt II.4.). Die o.g. Verträge müssen unterzeichnet und notariell beurkundet sein. Die Beschlussabteilung bestätigt gegenüber Danisco Sugar A/S, dass der Nachweis geführt worden ist.

3.

Wird der Verkauf der Danisco Sugar GmbH bis zum Ablauf von [...] Monaten nach Zustellung des Beschlusses nicht nachgewiesen, entfaltet

2

Bei diesen und den folgenden Angaben in den eckigen Klammern handelt es sich um vertrauliche Angaben, die nicht veröffentlicht werden. 3

die

Entscheidung

keine

Freigabewirkung

(Verkaufsfrist).

Der

Zusammenschluss gilt dann als untersagt. 4.

Die Freigabe erfolgt weiter unter der auflösenden Bedingung, dass die dingliche Übereignung nicht innerhalb von [...] Monaten nach Zustellung des Beschlusses vollzogen wird. In diesem Fall entfällt die Freigabe nachträglich.

2.

Veräußerungsgegenstand

5.

Die Danisco Sugar GmbH ist eine deutsche Tochtergesellschaft der Danisco

Sugar

A/S.

Produktionsstandort Unternehmen

der

Sie

betreibt

von

Danisco

den

einzigen

Sugar

A/S

deutschen kontrollierten

in

Anklam,

Mecklenburg-Vorpommern.

In

Produktionsanlage

werden

Verarbeitungszucker

Bioethanol

und

dieser

hergestellt. a)

Vermögenswerte und Rechtsverhältnisse

6.

Für die Erfüllung der vorgenannten aufschiebenden und den Ausfall der vorgenannten auflösenden Bedingung (siehe oben Abschnitt II.1.) ist die vollständige, bedingungslose und vollzogene Übertragung sämtlicher materieller

und

immaterieller

Vermögensgegenstände

sowie

aller

vertraglichen oder sonstigen Rechtsverhältnisse notwendig, die für den Betrieb der Danisco Sugar GmbH in einem Umfang, wie er vor dem Zusammenschluss bestand, erforderlich sind. Nicht abschließend zählen hierzu: •

Betriebsgrundstücke und -gebäude, die Zuckerproduktionsanlagen, die Bioethanolproduktionsanlagen, sonstige betriebliche Einrichtungen, Läger, Anlagen, Maschinen und technische Einrichtungen, EDV-Einrichtungen, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe aller Art, fertige Erzeugnisse und Warenvorräte



immaterielle

Vermögensgegenstände,

wie

gewerbliche

Schutzrechte

(Patente, Lizenzen, Warenzeichen, Gebrauchs- und Geschmacksmuster o.ä.), spezifisches Know-how, spezielle EDV-Programme, Kunden-,

4

Debitoren- und sonstige Verzeichnisse, Geschäftsbücher und Unterlagen, die zur Fortsetzung des Geschäftsbetriebes benötigt werden, etc. •

vertragliche und sonstige Rechtsverhältnisse wie Verträge mit Lieferanten, Verträge mit Kunden, Beratungs- und Handelsvertreterverträge, Miet- und Pachtverträge,

Verträge

mit

Kreditgebern

und

–nehmern,

Gesellschaftsverträgen, Versicherungsverträge, ggf. Rechte an fremden Grundstücke, Konzessionen, Betriebsgenehmigungen, etc. 7.

Eine Übertragung ist abweichend von den vor genannten Verpflichtungen nicht erforderlich, wenn davon Vermögenswerte betroffen wären, die im Rahmen des IT-Servicevertrages nur vorübergehend auf den Erwerber übergehen bzw. bei der Danisco Sugar GmbH bislang nicht selber vorhanden sind (siehe zum IT-Servicevertrag unten II.6.a) Rdnr. 24 ff.).

b)

Arbeitnehmer

8.

Für den Betrieb der Danisco Sugar GmbH und der mit ihr verbundenen Unternehmen sind grundsätzlich sämtliche Arbeitnehmer erforderlich, die bisher bei der Danisco Sugar GmbH und der mit ihr verbundenen Unternehmen angestellt sind.

9.

Diese Arbeitsverhältnisse müssen auf den Erwerber übergehen, es sei denn,

der

Erwerber

hat

schriftlich

bestätigt,

dass

er

an

einer

Weiterbeschäftigung nicht interessiert ist. 3.

Berichtspflichten von Danisco Sugar A/S

10. Danisco Sugar A/S hat das Bundeskartellamt drei Wochen nach Zustellung des Beschlusses und danach regelmäßig einmal im Monat schriftlich unter Nennung des Gesprächspartners mit Namen und Kontaktadresse über Zeitpunkt und Inhalt sowie Ergebnis aller Kontakte mit einem oder mehreren Kaufinteressierten für das zu veräußernde Unternehmen zu unterrichten. 11. Danisco Sugar A/S wird dem Bundeskartellamt monatlich mindestens einmal schriftlich über den Fortgang der Veräußerungsgespräche berichten.

5

4.

Der Erwerber

12. Bei dem Erwerber muss es sich um ein Unternehmen handeln, an dem zum Zeitpunkt des Vollzugs der Übernahme der Danisco Sugar GmbH und der von ihr kontrollierten Unternehmen weder die Nordzucker AG, Braunschweig, noch die Südzucker AG, Mannheim, einschließlich der mit ihnen i. S. d. § 36 Abs. 2 GWB verbundenen Unternehmen personell oder auf sonstige Weise (Kapitalbeteiligung usw.) beteiligt sind und auf das keines dieser Unternehmen einen wettbewerblich erheblichen Einfluss im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB ausüben kann. Der Erwerber darf auch nicht auf sonstige Weise, beispielsweise durch vertragliche Absprachen (Lieferverträge

o.ä.),

Gemeinschaftsunternehmen

oder

sonstige

Kooperationen mit Nordzucker oder Südzucker verbunden sein. Hiervon ausgenommen

sind

die

für

eine

Übergangszeit

bestehenden

Verbindungen im Bereich der IT, ein möglicher Liefervertrag über Bioethanol zwischen Nordzucker und dem Erwerber sowie die Fortführung der bestehenden Zuckerlieferungsverpflichtungen der Danisco Sugar A/S gegenüber der Danisco Sugar GmbH durch Nordzucker (siehe unten Abschnitt II.6.b)). 13. Der vorgeschlagene Erwerber ist geeignet, wenn er aufgrund seiner unternehmerischen

Ressourcen

und

aufgrund

seines

Wettbewerbsverhaltens in der Vergangenheit in der Lage ist und einen Anreiz dazu hat, wenigstens in dem Maße Wettbewerb in den betroffenen Markt hinein zu tragen, wie dies vor dem Zusammenschluss durch Danisco Sugar A/S und deren Tochterunternehmen der Fall war. 14. Der Erwerber ist aus Sicht der Beschlussabteilung nur dann geeignet, wenn

er

operativ-strategische

bundesweiten

Markt

für

Interessen

mindestens

Verarbeitungszucker

auf

dem

nachweist.

Die

Beschlussabteilung wird einen Erwerber nur dann als geeignet ansehen, wenn eine Prognose getroffen werden kann, dass das mit dem Standort Anklam verbundene bestehende Wettbewerbspotential der Danisco Sugar GmbH dauerhaft nach Erwerb durch den Dritten erhalten bleibt. Aus Sicht der Beschlussabteilung erfüllt ein Unternehmen, das bereits in der Zuckerherstellung tätig ist, diese Voraussetzungen am besten. 6

15. Infolge der Übernahme des zu veräußernden Unternehmens durch den Erwerber darf prima facie nicht die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung zu erwarten sein. 16. Danisco Sugar A/S unterrichtet die Beschlussabteilung rechtzeitig über den ausgewählten potentiellen Erwerber. Die Unterrichtung muss so rechtzeitig vor Ablauf der Verkaufsfrist nach Abschnitt II.1. Rdnr. 3 erfolgen, dass die Beschlussabteilung ggf. einen Markttest und weitere Ermittlungen zur Eignung des Erwerbers durchführen kann. Die Unterzeichnung sämtlicher für die Erfüllung der Bedingung (siehe dazu oben Abschnitt II.1) erforderlichen Verträge bedarf der vorherigen Zustimmung der Beschlussabteilung. Danisco Sugar A/S übermittelt den zwischen den Beteiligten endverhandelten Kauf- und Übertragungsvertrag spätestens zehn Arbeitstage vor Ablauf der Verkaufsfrist nach Abschnitt II.1. Rdnr. 3. 17. Die Erteilung der Zustimmung darf nur aus den in diesem Abschnitt genannten Gründen verweigert werden. Eine etwaige Pflicht zur Anmeldung des Erwerbs beim Bundeskartellamt bleibt hiervon unberührt. 5.

Pflichten von Danisco Sugar A/S vor Vollzug der Veräußerung

18. Die Freigabe erfolgt unter der auflösenden Bedingung, dass die im Folgenden aufgezählten Pflichten seitens der Danisco Sugar A/S bis zum Vollzug der Veräußerung nicht eingehalten werden (d.h. bis zur vollständigen dinglichen Übereignung im Sinne von Abschnitt II.1. Rdnr. 4). a)

Wahrung der unternehmerischen Eigenständigkeit der Danisco Sugar GmbH

19. Danisco Sugar A/S und die mit ihr verbundenen Unternehmen stellen sicher, dass die Danisco Sugar GmbH bis zum Vollzug der Veräußerung in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang unternehmerisch eigenständig ist und ihr ausreichendes Kapital zur Verfügung steht, so dass die Danisco Sugar GmbH in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang selbständig fortgeführt werden kann. Der Danisco Sugar GmbH

7

sind die hierfür erforderlichen Mitarbeiter und Vermögensgegenstände zur Verfügung zu stellen. 20. Danisco Sugar A/S und die mit ihr verbundenen Unternehmen führen bis zur Erfüllung der Bedingungen gemäß Abschnitt II.1. die Danisco Sugar GmbH in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang rechtlich und wirtschaftlich getrennt von ihren anderen Geschäftsbereichen. Die bestehenden Verbindungen zwischen Unternehmen der Danisco Sugar A/S und Danisco Sugar GmbH sind unverzüglich nach Zustellung des Beschlusses aufzulösen; dies gilt auch für Verflechtungen personeller Art, insbesondere für die Geschäftsführung und andere leitende Angestellte. Hiervon unberührt sind Verbindungen, die unerlässlich sind, um die in diesem Abschnitt II.5.a) und im folgenden Abschnitt II.5.b) geregelten Pflichten zu erfüllen. Dies gilt insbesondere für die bestehenden Verbindungen im Bereich der IT (siehe hierzu unten II.6.a)), einen möglichen Liefervertrag über Bioethanol zwischen Nordzucker und dem Erwerber (siehe hierzu unten Abschnitt II.6.c)) sowie die Fortführung der bestehenden Zuckerlieferungsverpflichtungen der Danisco Sugar A/S gegenüber der Danisco Sugar GmbH durch Nordzucker (siehe hierzu unten Abschnitt II.6.b)). 21. Danisco Sugar A/S und die mit ihr verbundenen Unternehmen stellen sicher, dass Nordzucker bis zum Vollzug der Veräußerung von Danisco Sugar GmbH keine Geschäftsgeheimnisse, Know-how, unternehmerische Informationen oder sonstige vertrauliche Informationen in Bezug auf Danisco Sugar GmbH mehr erhält (mit Ausnahme der für die Erfüllung gesetzlicher Berichtspflichten erforderlichen Informationen). b)

Sicherung der Markt- und Wettbewerbsfähigkeit der Danisco Sugar GmbH

22. Danisco Sugar A/S und die mit ihr verbundenen Unternehmen sowie Nordzucker und die mit ihr verbundenen Unternehmen stellen sicher, dass die

wirtschaftliche

Überlebensfähigkeit

sowie

die

Markt-

und

Wettbewerbsfähigkeit der Danisco Sugar GmbH mindestens aufrecht erhalten bleiben. Danisco Sugar A/S und Nordzucker minimieren soweit

8

wie möglich das Risiko eines Verlusts des wettbewerblichen Potentials der Danisco Sugar GmbH. Insbesondere nehmen Danisco Sugar A/S und Nordzucker AG keine Handlungen vor, die einen negativen Einfluss auf den Wert, die Unternehmensführung oder die Wettbewerbsfähigkeit der Danisco Sugar GmbH haben oder Art und Umfang der Geschäftstätigkeit, die

gewerbliche

oder

unternehmerische

Strategie

oder

die

Investitionspolitik der Danisco Sugar GmbH beeinträchtigen könnten. 6.

Pflichten von Nordzucker nach Veräußerung (auflösende Bedingungen)

23. Die nachfolgend aufgeführten Pflichten sind notwendige Bedingungen für die Freigabe, um die strukturellen wettbewerblichen Auswirkungen der Veräußerung sicherzustellen. Die Freigabe erfolgt unter der auflösenden Bedingung, dass die im Folgenden in Lit. a) – g) aufgezählten Pflichten nicht eingehalten werden. Bei einem Verstoß gegen die nachfolgend aufgeführten Pflichten entfällt die Freigabewirkung der Entscheidung. Der Zusammenschluss gilt dann als untersagt. a)

Separierung IT-Systeme und Einsetzung eines Treuhänders

24. Danisco A/S, Danisco Sugar A/S und die mit ihr verbundenen Unternehmen haben sämtliche IT-Einrichtungen und –Systeme, die derzeit von ihnen und der Danisco Sugar GmbH, gemeinsam genutzt werden, nach Übertragung aller für den reibungslosen Geschäftsbetrieb der Danisco Sugar GmbH erforderlichen Daten zu trennen. Danisco A/S und Danisco Sugar A/S haben zu gewährleisten, dass der Erwerber spätestens 12 Monate nach erfolgtem und durch die Beschlussabteilung bestätigtem Verkauf der Danisco Sugar GmbH (zu den Voraussetzungen des

Verkaufs

siehe

oben

Abschnitt

II.1)

sämtliche

für

den

Geschäftsbetrieb der Danisco Sugar GmbH erforderlichen IT-Leistungen mindestens in dem derzeit bestehenden Umfang selbständig und unabhängig durchführen kann. Im Übrigen gelten die Vorgaben in Rdnr. 28. 25. Danisco Sugar A/S und der Erwerber setzen spätestens drei Wochen nach erfolgtem und durch die Beschlussabteilung bestätigtem Verkauf der 9

Danisco Sugar GmbH (zu den Voraussetzungen des Verkaufs siehe oben Abschnitt

II.1)

einen

unabhängigen

und

sachkundigen

Sicherungstreuhänder ein, der die Aufgabe hat, die Separierung der IT sowie die Überwachung bestehender Verbindungen zwischen Danisco Sugar A/S und dem Erwerber und die Wahrung der Vertraulichkeit sensibler Daten der Danisco Sugar GmbH zu gewährleisten. Der Sicherungstreuhänder muss von der Danisco A/S, der Nordzucker, dem Erwerber und den mit diesen verbundenen Unternehmen unabhängig und frei von aktuellen oder potentiellen Interessenskonflikten sein und die notwendige Qualifikation für seine Aufgabe besitzen. Danisco A/S und Nordzucker

tragen

die

Kosten

des

Sicherungstreuhänders

gesamtschuldnerisch. 26. Der Treuhänder berichtet der Beschlussabteilung mindestens einmal im Monat über den Fortgang der Separierung der IT und die Wahrung der Vertraulichkeit sensibler Daten der Danisco Sugar GmbH. Spätestens zwei Wochen nach Abschluss des Treuhändervertrages legt der Treuhänder der Beschlussabteilung seinen Arbeitsplan für das gesamte Projekt vor. 27. Die Einsetzung des Treuhänders sowie der Treuhändervertrag bedürfen der vorherigen Zustimmung des Bundeskartellamts. Der Erwerber und Danisco Sugar A/S legen der Beschlussabteilung spätestens eine Woche nach der Bestätigung durch die Beschlussabteilung, dass der Nachweis des Verkaufes der Danisco Sugar GmbH erbracht worden ist (siehe oben Abschnitt II.1. Rdnr. 2), eine Liste mit mindestens zwei Vorschlägen für das Amt des Sicherungstreuhänders unter Beifügung des zugrunde liegenden Treuhändervertrags vor. Dabei geben sie an, welchen Vorschlag

sie

gemeinsam

vorziehen

würden.

Sollte

die

Beschlussabteilung die vorgeschlagenen Kandidaten und / oder den Treuhändervertrag

ablehnen,

werden

die

Beteiligten

unverzüglich,

spätestens jedoch innerhalb einer weiteren Woche nach Zugang der ablehnenden Entscheidung der Beschlussabteilung mindestens zwei weitere Vorschläge und / oder eine nach den Anregungen der Beschlussabteilung

geänderten

10

Fassung

des

Treuhändervertrags

einreichen. Sollten auch diese Vorschläge keine Zustimmung finden, setzen die Beteiligten einen von der Beschlussabteilung benannten Treuhänder ein und / oder verwenden einen von der Beschlussabteilung vorgegebenen Treuhändervertrag. 28. Die vollständige Trennung der IT und Auflösung der bestehenden Verbindungen ist der Beschlussabteilung innerhalb von 6 Monaten nach Veräußerung der Danisco Sugar GmbH (zu den Voraussetzungen der Veräußerung siehe oben Abschnitt II.1) schriftlich zu bestätigen. Sollte der eingesetzte Treuhänder feststellen, dass eine vollständige Trennung in dieser Frist nicht möglich ist oder eine bestehende Verbindung weiter erforderlich ist, so übermittelt er der Beschlussabteilung spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Frist einen schriftlichen Bericht mit den wesentlichen

Gründen.

Der

Treuhänder

berücksichtigt

bei

seiner

Entscheidung, dass der Erwerber die Produktion und den Vertrieb von Zucker und Bioethanol in dem Umfang auch während einer laufenden Zuckerkampagne weiterführen kann, wie er vor der Veräußerung bestanden hat. Für seine Entscheidungsfindung berücksichtigt der Treuhänder daher insbesondere die bereits gewonnenen Erfahrungen und Einschätzungen des Erwerbers mit der vorhandenen IT-Umgebung. Die Beschlussabteilung kann in diesem Fall die Frist für maximal weitere 6 Monate verlängern. b)

Lieferverpflichtung

29. Nordzucker und die mit ihr verbundenen Unternehmen stellen dem Erwerber auf seinen Wunsch für eine Übergangszeit von bis zu 12 Monaten nach erfolgter Veräußerung die Produkte / Dienstleistungen zur Verfügung, die Danisco Sugar A/S auch derzeit der Danisco Sugar GmbH zur Verfügung stellt. Die Bedingungen dürfen dabei nicht schlechter sein als jene, die derzeit zwischen Danisco Sugar A/S und der Danisco Sugar GmbH zur Anwendung kommen. Diese Verpflichtung betrifft insbesondere die Lieferung von Zuckersorten, die am Standort Anklam bislang nicht hergestellt werden, in der Vergangenheit aber zur Versorgung der Kunden benötigt und aus den Werken von Danisco Sugar A/S oder den von ihr kontrollierten Unternehmen deshalb angeliefert worden ist. Dies gilt jedoch 11

nicht

für

die

vor

dem

Zusammenschluss

bestehenden

Lieferverpflichtungen der Danisco Sugar GmbH gegenüber der Danisco Sugar A/S. c)

Abnahmeverpflichtung

30. Nordzucker verpflichtet sich, dem Erwerber – soweit von diesem gewünscht – die Abnahme des am Standort Anklam produzierten Bioethanols zu marktüblichen Preisen anzubieten, wenn der Erwerber keine eigenen strategischen Interessen im Bereich von Bioethanol hat. Diese Verpflichtung ist bis zum 30. September 2015 befristet. Die näheren Einzelheiten sollen durch einen Liefervertrag geregelt werden. Der Liefervertrag ist der Beschlussabteilung rechtzeitig vor Ablauf der im Abschnitt II.1. genannten Veräußerungsfrist vorzulegen. Sein Abschluss bedarf der Zustimmung der Beschlussabteilung. d)

Abwerbungsverbot

31. Nordzucker und Danisco Sugar A/S und die mit diesen verbundenen Unternehmen unterlassen für einen Zeitraum von 5 Jahren nach Vollzug der Veräußerung die Abwerbung der für den Betrieb der Danisco Sugar GmbH unverzichtbaren Arbeitnehmer, es sei denn, der Erwerber hat schriftlich bestätigt, dass er an einer Weiterbeschäftigung nicht interessiert ist. Hierunter fallen insbesondere die folgenden Personen: • [...] • [...] • [...] • [...] • [...] • [...]

12

e)

Rückkaufverbot

32. Um den strukturellen Effekt der Veräußerungsverpflichtung zu erhalten, erwerben weder Danisco Sugar A/S noch Nordzucker einschließlich der mit diesen verbundenen Unternehmen für einen Zeitraum von 5 Jahren nach Vollzug der Veräußerung einen direkten oder indirekten Einfluss auf die veräußerten Beteiligungen und Vermögensgegenstände. f)

Verzicht auf Ausübung von Rechten aus Wettbewerbsverboten

33. Danisco Sugar A/S und Nordzucker und die mit diesen verbundenen Unternehmen verzichten nach Vollzug der Veräußerung des im Abschnitt I.2. genannten Unternehmens auf die Ausübung von Rechten aus Wettbewerbsverboten, die gegebenenfalls mit Mitarbeitern der Danisco Sugar GmbH vereinbart sind. g)

Produktionsquote

34. Die Freigabe steht unter der auflösenden Bedingung, dass nach dem Vollzug der Veräußerung der Danisco Sugar GmbH am Standort Anklam mindestens in den Zuckerwirtschaftsjahren 2009/10 und 2010/2011 Quotenzucker nicht in einem Umfang produziert werden kann, wie er vor der Veräußerung bestand. Voraussetzung für die Weiterführung des Betriebes ist die Ausstattung der Danisco Sugar GmbH mit einer Zuckerproduktionsquote in entsprechender Höhe. Der Zusammenschluss gilt in diesem Fall als untersagt. Davon unberührt sind alle Fälle höherer Gewalt, die Auswirkungen auf die Möglichkeit der Produktion von Quotenzucker haben. Wenn der Bestand der Quote bzw. die Höhe der Quote durch Maßnahmen verändert wird, die auf Vorgaben der europäischen

Zuckermarktordnung

beruhen,

tritt

die

auflösende

Bedingung nicht ein. III.

Die Gebühr für diese Entscheidung wird unter Anrechnung einer Gebühr

von

[...] EUR

für

die

Anmeldung

des

Zusammenschlussvorhabens auf [...] EUR (in Worten: [...] Tausend Euro) festgesetzt. IV.

Gebührenschuldner sind gem. § 80 Abs. 6 Nr. 1 GWB die Beteiligten zu 1. und 2. 13

A. I.

EINLEITUNG

35.

Auf

dem

bundesweiten

SACHVERHALT

Markt

für

Verarbeitungszucker 3

besteht

ein

wettbewerbsloses Oligopol zwischen der Beteiligten zu 1., der Nordzucker AG, Braunschweig (im Folgenden „Nordzucker“) und der Beigeladenen zu 4., der Südzucker AG, Mannheim (im Folgenden „Südzucker“). Der Zusammenschluss von Nordzucker mit der Beteiligten zu 2., der Danisco Sugar A/S, Kopenhagen/Dänemark (im Folgenden „Danisco Sugar“), führt zu einer Verstärkung dieses Duopols. Die Verstärkung wird beseitigt, wenn vor bzw. gleichzeitig mit dem Erwerb die deutsche Tochtergesellschaft von Danisco, die Danisco

Sugar

GmbH,

Anklam

(im

Folgenden

„Danisco

Anklam“),

einschließlich deren Tochtergesellschaft, der Anklam Bioethanol GmbH, Anklam, verkauft wird. 36.

Der sachlich relevante Markt für Verarbeitungszucker ist von Strukturen geprägt, die ein Parallelverhalten der Oligopolisten begünstigen: 

Der Konzentrationsgrad auf dem Markt für Verarbeitungszucker ist sehr hoch. Die beiden führenden Anbieter Nordzucker und Südzucker halten in Deutschland einen gemeinsamen Marktanteil von [50-60 %]. Nach dem Zusammenschluss gibt es mit Nordzucker, Südzucker und der Pfeifer & Langen KG (im Folgenden „Pfeifer & Langen“) nur noch drei namhafte Anbieter von Verarbeitungszucker.



Es gibt insbesondere eine Reihe von faktischen Marktzutrittsschranken für diesen Markt.



Die Markttransparenz ist sehr hoch. Die Wettbewerber verfügen über ein Ausmaß an detaillierten Kenntnissen und Informationen, die selbst für einen teilregulierten Markt ungewöhnlich und für den Wettbewerb schädlich sind.



In weiten Teilen des räumlich relevanten deutschen Marktes ist es in der Vergangenheit zu einer Abgrenzung von Vertriebsgebieten gekommen,

3

Zur Definition siehe unten Abschnitt B.II.1. 14

die zu einer hohen Transparenz im Hinblick auf den jeweils belieferten Kundenkreis geführt hat. 

Es bestehen regelmäßige Interaktionen im Markt zwischen den Wettbewerbern und den Wettbewerbern und ihren Abnehmern (u.a. Lieferverträge, Rübentauschverträge).



Die Angebots- und Nachfragebedingungen auf dem relevanten Markt sind sehr stabil.



Verarbeitungszucker ist für die Produktion unverzichtbar. Der Markt für Verarbeitungszucker

ist

ein

ausgereifter

Markt.

Produkt-

neuentwicklungen sind nicht mehr in erheblichem Umfang zu erwarten. 

Verarbeitungszucker ist ein homogenes Massengut. Die deutschen Zuckerhersteller verfügen über vergleichbare Produktpaletten und sind in der Lage, alle nachgefragten Körnungen und Qualitäten herzustellen und zuverlässig zu liefern.



Auch das tatsächliche Wettbewerbsgeschehen auf dem deutschen Markt

für

Verarbeitungszucker

ist

von

einer

sehr

geringen

Wettbewerbsintensität zwischen den Oligopolisten geprägt. 37.

Bei der Entscheidung hat die Beschlussabteilung berücksichtigt, dass der Markt für

Verarbeitungszucker

engen

regulatorischen

Vorgaben

nach

der

europäischen Zuckermarktordnung (im Folgenden „ZMO“) unterworfen ist. Die Regelungen der ZMO begünstigen die Bildung nationaler Monopole oder Oligopole. „Das Geschehen auf den Zuckermärkten steht somit in deutlicher Diskrepanz zum Idealbild einer nach dem Wettbewerbsprinzip funktionierenden Marktwirtschaft“. 4 Dies gilt uneingeschränkt für die Rechtslage vor der Reform der ZMO. 5 Die Regelungen der reformierten ZMO sollen einerseits den Wettbewerb intensivieren und die europäischen Märkte für Einfuhren von Zucker aus bestimmten Drittländern öffnen. Andererseits fördert die Reform die weitere Konzentration und Monopolisierung, indem Anreize gesetzt werden, die Zuckerproduktion in Mitgliedsstaaten ganz oder teilweise einzustellen. Erklärtes 4

KG, Beschluss vom 10.10.2001, Kart 30/99 – Rübenzucker, WuW/DE-R, 816. 15

Ziel ist die Reduzierung der produzierten Zuckermenge und eine Konzentration der Produktion in den Ländern mit den besten Anbaubedingungen für Zuckerrüben, d.h. vor allem Frankreich, Niederlande und Deutschland. 38.

Die Beschlussabteilung geht derzeit nicht davon aus, dass die veränderten Vorgaben der ZMO zu einer erheblichen Änderung des wettbewerblichen Umfelds

in

Deutschland

führen,

die

eine

andere

Bewertung

des

wettbewerblichen Verhaltens erforderten. Dies gilt auch unter Berücksichtigung eines Prognosezeitraums von bis zu fünf Jahren. Die derzeit in Deutschland marktbeherrschenden Unternehmen werden auch in Zukunft ihre Position behaupten bzw. sogar ausbauen können. 39.

Die normativen Vorgaben der ZMO können aber in keinem Fall zu einer Einschränkung

der

präventiven

Fusionskontrolle

führen.

Die

Wettbewerbsregeln der §§ 35 ff. GWB sind auch in regulierten Märkten vollständig

anwendbar

und

vom

Bundeskartellamt

im

Interesse

des

Wettbewerbs und des Verbrauchers dort durchzusetzen, wo ein Spielraum verbleibt. Gerade bei derartigen Marktstrukturen kommt der Fusionskontrolle für den Erhalt der verbleibenden Spielräume für Wettbewerb besondere Bedeutung zu. II.

DAS VORHABEN

40.

Mit Schreiben vom 24. September 2008, eingegangen beim Bundeskartellamt am selben Tag, haben die Verfahrensbevollmächtigten von Nordzucker das Vorhaben angemeldet, durch das mit dieser verbundene Unternehmen TitoConcerto A/S, ein dänische Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Sitz in Kopenhagen, sämtliche Anteile der Danisco Sugar zu erwerben. Gegenstand des Erwerbs sind damit auch die Tochtergesellschaften Danisco Anklam mit einer Zucker- und Bioethanolproduktion sowie das Saatgutunternehmen Danisco Seeds in Königslutter, Niedersachsen.

41.

Nordzucker hat bereits in der Anmeldung erklärt, dass beabsichtigt ist, die Zucker- und Bioethanolfabrik in Anklam „möglichst zeitgleich mit dem Vollzug des angemeldeten Zusammenschlussvorhabens an einen unabhängigen

5

Die reformierte ZMO ist mit Wirkung vom 1. Juli 2006 Inkraftgetreten. 16

Dritten zu veräußern“. Die Anmeldung als solche umfasst ausdrücklich aber den Erwerb von Danisco Sugar insgesamt, also einschließlich Danisco Anklam. 42.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2008, eingegangen beim Bundeskartellamt am 27. Oktober 2008, haben sich die Verfahrensbevollmächtigten der Danisco Sugar der Anmeldung angeschlossen.

43.

Das Vorhaben ist auch bei den zuständigen Wettbewerbsbehörden in Estland, Litauen, der Slowakischen Republik und Serbien angemeldet worden. Einen Verweisungsantrag gemäß Artikel 4 Abs. 5 EG-Fusionskontrollverordnung (im Folgenden „FKVO“) 6 haben die Zusammenschlussbeteiligten nicht gestellt. Die genannten Wettbewerbsbehörden haben das Zusammenschlussvorhaben ohne Nebenbestimmungen freigegeben.

III.

GANG DES VERFAHRENS

44.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 hat das Bundeskartellamt den anmeldenden Unternehmen nach § 40 Abs. 1 S. 1 GWB mitgeteilt, dass es in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) eingetreten ist. Die erforderliche

Veröffentlichung

nach

§ 43

Abs. 1

GWB

erfolgte

mit

Bekanntmachung Nr. 37/08 im Bundesanzeiger Nr. 167 vom 04.11.2008, S. 3950. 45.

Die Anmelder haben mit Schreiben vom 6. Januar 2009 die Frist für die Entscheidung über das Zusammenschlussvorhaben bis zum 20. Februar 2009 verlängert.

46.

Aufgrund von Beschlüssen des Amtsgerichtes Braunschweig vom 6. Oktober 2008 (3 Gs 3085 – 3087/ 08) und des Amtsgerichtes Mannheim vom 10. Oktober 2008 (4265 1008/08) hat das Bundeskartellamt in diesem Verwaltungsverfahren am 10. November 2008 die Geschäftsräume von Nordzucker und der Eurosugar S.A., Paris (im Folgenden: „Eurosugar“), in Braunschweig sowie der Südzucker in Mannheim durchsucht. Südzucker war zuvor der Beschlussabteilung als geeigneter Erwerber für Danisco Anklam genannt worden. Mit der Durchsuchung sollte u.a. aufgeklärt werden, inwieweit

6

Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“, Abl. 2004, Nr. L 24, S. 1 ff. 17

Südzucker geeignet wäre, das Wettbewerbspotential von Anklam am Markt gegenüber Nordzucker tatsächlich zu erhalten. 47.

Nach dieser Durchsuchung hat am 21. November 2008 eine Besprechung mit den Verfahrensbevollmächtigten von Nordzucker, Südzucker und Danisco Sugar im Bundeskartellamt stattgefunden. Den Vertretern von Nordzucker und Südzucker wurden dabei die für die Durchsuchung maßgeblichen Gründe dargelegt und erläutert. Im zweiten Teil des Gespräches wurde (ohne die Beteiligung des Vertreters von Südzucker) den Vertretern von Nordzucker und Danisco

Sugar

der

interne

Terminplan

für

die

Prüfung

des

Zusammenschlussvorhabens näher dargelegt. Die Beschlussabteilung gab dabei eine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage ab, um den Beteiligten einen frühzeitigen Überblick über den Stand der rechtlichen Überlegungen zu geben. Dabei wurde auch der mögliche Verkaufsprozess von Danisco Anklam eingehend besprochen. 48.

Ein weiteres Gespräch mit den Vertretern von Nordzucker hat am 15. Dezember 2008 im Bundeskartellamt stattgefunden. Die wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen der Beschlussabteilung, wie sie in der vorläufigen Einschätzung der wettbewerblichen Auswirkungen des Zusammenschlussvorhabens (im Folgenden: Abmahnung) niedergelegt sind, sind den Beteiligten im Einzelnen mündlich dargelegt worden.

49.

Am 19. Dezember 2008 hat eine gemeinsame Telefonkonferenz zwischen der Beschlussabteilung und den Verfahrensbevollmächtigten von Danisco Sugar und Nordzucker stattgefunden. In diesem Gespräch wurden auch Danisco Sugar die maßgeblichen Erwägungen für die beabsichtige Untersagung mitgeteilt und die voraussichtlichen Anforderungen an eine Freigabe unter Nebenbestimmungen konkretisiert.

50.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 hat die Beschlussabteilung den Verfahrensbeteiligten

das

Abmahnschreiben

übersandt.

Die

Verfahrensbeteiligten hatten bis zum 20. Januar 2009 Gelegenheit zur Stellungnahme. Sowohl die Zusammenschlussbeteiligten als auch sämtliche Beigeladenen haben Stellung bezogen. Alle Verfahrensbeteiligten haben zudem Akteneinsicht erhalten. 18

51.

Am 23. Januar 2009 hat eine weitere Telefonkonferenz zwischen der Beschlussabteilung und den Verfahrensbevollmächtigten von Nordzucker und Danisco Sugar stattgefunden. Darüber hinaus hat am 2. Februar 2009 eine Besprechung mit Unternehmensvertretern von Nordzucker und Eurosugar sowie

mit

deren

Verfahrensbevollmächtigten

im

Bundeskartellamt

stattgefunden. Die Beschlussabteilung hat dabei die wesentlichen Gründe für ihre wettbewerbsrechtliche Einschätzung des Zusammenschlussvorhabens, insbesondere

unter

Berücksichtigung

der

Stellungnahmen

der

Zusammenschlussbeteiligten und Beigeladenen im Rahmen des rechtlichen Gehörs, dargelegt und mit Nordzucker/Eurosugar erörtert. 52.

Am 23. und 30. Januar 2009 haben Vertreter der Beigeladenen im Bundeskartellamt die Wettbewerbsstrategie ihrer Unternehmens erläutert und die schriftliche Stellungnahme ihrer Verfahrensbevollmächtigten mündlich ergänzt.

53.

Am 26. Januar 2009 haben Vertreter der Koninklijke Coöperatie Cosun U.A., Breda/Niederlande

(im

Folgenden:

Cosun)

im

Bundeskartellamt

ihre

Vorstellungen bezüglich eines Erwerbs von Anklam dargelegt und die gegenwärtige und zukünftige Wettbewerbsstrategie von Cosun vorgestellt. 54.

Am 4. Februar 2009 hat ein Gespräch mit Vertretern des französischen Wettbewerbers Tereos im Bundeskartellamt sowie ein Telefongespräch mit dem

britischen

Unternehmen

ED&F

Man

Holdings

Limited,

London,

Großbritannien (im Folgenden „ED&F Man“) stattgefunden. 55.

Am 11. Februar 2009 hat die Beschlussabteilung allen Verfahrensbeteiligten einen Entwurf der Nebenbestimmungen übermittelt und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 16. Februar 2009 gegeben. Von der Möglichkeit der Stellungnahme haben Danisco Sugar und Nordzucker Gebrauch gemacht. Cosun, einer der Erwerbsinteressenten, hat ebenfalls Stellung genommen. Die IHU hat mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtigt, Stellung zu nehmen. Südzucker hat sich überhaupt nicht geäußert.

56.

Mit Email vom 16. Februar 2009 hat Nordzucker notariell beurkundete Verträge zur Veräußerung von Danisco Anklam an den niederländischen Wettbewerber

19

Cosun

vorgelegt.

Am

12. Februar

Zusammenschlussvorhaben

im

2009

Bundeskartellamt

hat

Cosun

angemeldet.

das Dieser

Zusammenschluss ist am 16. Februar 2009 freigegeben worden. IV.

BEILADUNGEN

57.

Durch Beschluss vom 05. November 2008 ist die Industrie- und Handelsunion Dr. Wolfgang Boettger GmbH & Co. KG, Berlin (im Folgenden „IHU“) auf ihren Antrag vom 22. September 2008, eingegangen beim Bundeskartellamt am 23. September 2008, zum Verfahren beigeladen worden. Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 24. Oktober 2008 erhalten. Keiner der Zusammenschlussbeteiligten hat der Beiladung widersprochen.

58.

Durch Beschluss vom 7. Januar 2009 hat die Beschlussabteilung Südzucker auf ihren Antrag vom 10. Dezember 2008 eingegangen beim Bundeskartellamt am selben Tag, zum Verfahren beigeladen. Die Beteiligten hatten mit Schreiben vom 16. Dezember 2008 Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31. Dezember 2008 erhalten. Keiner der Verfahrensbeteiligten hat der Beiladung widersprochen.

V.

ERMITTLUNGEN

59.

Die

Beschlussabteilung

hat

die

Marktverhältnisse

durch

mehrere

Auskunftsbeschlüsse und Auskunftsersuchen näher untersucht. Mit dem Erlass von Auskunftsbeschlüssen nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 u. Nr. 2, Abs. 6 Satz 1 GWB i. V. m. § 36 GWB hat die Beschlussabteilung die Beantwortung der gestellten

Fragen

zur

Rechtspflicht

gemacht,

um

eine

fristgerechte

Beantwortung der Fragen mit einer höheren Verbindlichkeit zu erreichen. 60.

Mit Beschluss vom 15. Oktober 2008 sind die in Deutschland tätigen Zuckerhersteller sowie in der Anmeldung angegebene weitere Wettbewerber befragt

worden.

Weitere

nennenswerte

Wettbewerber

sind

der

Beschlussabteilung nicht bekannt. Sämtliche der 10 befragten Unternehmen haben eine Antwort abgegeben.

20

61.

Mit

Beschluss

vom

16. Oktober

2008

sind

über

90 Abnehmer

zum

Zusammenschlussvorhaben und dem Markt im Allgemeinen befragt worden. Die Beschlussabteilung hatte vorab von den vier großen Zuckerherstellern (Nordzucker, Südzucker, Pfeifer & Langen, Danisco Anklam) die Adressen ihrer Abnehmer

erfragt,

auf

die

75 %

des

Gesamtumsatzes

im

letzten

Zuckerwirtschaftsjahr (im Folgenden „ZWJ“) von bestimmten Zuckerfabriken entfiel. Während von Nordzucker und Danisco Anklam sämtliche Standorte und damit 75 % der Gesamtabnehmer der Unternehmen abgefragt worden sind, ist die Abfrage bei Südzucker auf die Kunden der Zuckerfabriken Warburg, Wabern, Zeitz und Brottewitz und bei Pfeifer & Langen auf die Zuckerfabriken Lage und Könnern beschränkt worden. Nahezu alle Abnehmer haben ihre Antworten der Beschlussabteilung übersandt. In einigen Fällen konnte von einer Beantwortung abgesehen werden, aufgrund einer nur geringen Tätigkeit im Zuckerbereich oder des Bezuges von Zuckerprodukten, die vorliegend nicht Gegenstand der wettbewerblichen Betrachtung sind. 62.

Mit

Beschluss

vom

20. Oktober

2008

hat

die

Beschlussabteilung

9 Zuckerhändler und –importeure zu den Marktverhältnissen in Deutschland befragt. Es ist davon auszugehen, dass mit dieser Befragung alle wesentlichen Zuckerhändler und –importeure in Deutschland erfasst worden sind. Zwei der in der Anmeldung genannten Unternehmen haben ihre Geschäftstätigkeit im Bereich Zucker eingestellt und bei zwei weiteren Unternehmen wurde auf eine Antwort aufgrund der geringen Geschäftstätigkeit bei Zucker verzichtet. Die übrigen fünf Unternehmen haben der Beschlussabteilung eine Antwort übersandt. 63.

Mit Auskunftsersuchen vom 3. November 2008 sind des Weiteren die größten ausländischen Zuckerhersteller in Frankreich, den Niederlanden, Polen, Großbritannien,

Spanien

und

Tschechien

befragt

worden.

Der

Beschlussabteilung lagen für die wettbewerbliche Beurteilung drei Antworten vor. 64.

Mit einem zweiten Auskunftsbeschluss vom 3. Dezember 2008 sind die vier großen Zuckerhersteller Nordzucker, Südzucker, Pfeifer & Langen und Danisco

21

Sugar erneut zu den Wettbewerbsverhältnissen befragt worden. Sämtliche Antworten sind in die Beurteilung eingeflossen. 65.

Im Januar 2009 hat die Beschlussabteilung auf Grund des Vortrags von Nordzucker zur sachlichen Marktabgrenzung ergänzende Ermittlungen bei einzelnen Abnehmern im Bereich des Verarbeitungszuckers gemacht sowie Gespräche u.a. zur Klärung der nach Deutschland importierten Zuckermengen mit ausländischen Zuckerunternehmen geführt.

VI.

VERFAHRENSBETEILIGTE

1.

Erwerber

66.

Nordzucker ist eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Geschäftssitz in Braunschweig. Die Kontrolle wird mit 76,22 % der Anteile von der Nordzucker Holding AG ausgeübt, deren Anteilseigner Landwirte und Zuckerrübenbauern sind. Nordzucker produziert und vertreibt Zucker aus Zuckerrüben und die bei der

Produktion

von

Zucker

anfallenden

Nebenprodukte

(Carbokalk,

Rübenschnitzel, Pellets und Melasse). Über die Tochtergesellschaft fuel 21 GmbH & Co. KG (im Folgenden „fuel 21“), Klein-Wanzleben, produziert Nordzucker Bioethanol aus Zuckerrüben. 67.

Der Vertrieb des Zuckers erfolgt seit 2007 ausschließlich über das Gemeinschaftsunternehmen

Eurosugar

S.A.,

Paris

(im

Folgenden

„Eurosugar“). 7 Nordzucker hält ein Drittel der Anteile an Eurosugar. Die restlichen Anteile werden zu je einem Drittel von der ED&F Man sowie Cristal Union union de coopératives agricoles, Vilette-sur-Aube, Frankreich (im Folgenden „Cristal Union“), gehalten. Eurosugar wird von Nordzucker, ED&F Man und Cristal Union gemeinsam kontrolliert. 68.

Nordzucker produziert und vertreibt Zucker an fünf Standorten in Deutschland, an zwei Standorten in Polen, an vier Standorten in Serbien und an je einem Standort in Ungarn und der Slowakei. In der Tschechischen Republik hält Nordzucker eine Minderheitsbeteiligung an einem Standort, die restlichen Anteile werden von Tereos, Lille/ Frankreich (im Folgenden „Tereos“) gehalten.

7

Die Gründung ist in dem Verfahren B2-118/07 fusionskontrollrechtlich freigegeben worden. 22

In Irland hat Nordzucker keine eigene Zuckerproduktion, vertreibt dort aber Zucker über eine Tochtergesellschaft. 69.

Bioethanol wird von Nordzucker ausschließlich am deutschen Standort in KleinWanzleben produziert. Der Vertrieb erfolgt über die fuel 21.

70.

Im letzten Geschäftsjahr hat Nordzucker weltweit Umsatzerlöse in Höhe von [1,5 – 2,0 Mrd. EUR] erzielt. Davon entfallen [1,0 – 1,5 Mrd. EUR] auf die EU und [0,5 – 1,0 Mrd. EUR] auf Deutschland. Diese Zahlen sind so in der Anmeldung angegeben worden. Der Geschäftsbericht der Nordzucker dagegen gibt für den gleichen Zeitraum die Gesamtumsatzerlöse mit 1.300 Mio. Euro an. Diese Angaben liegen unter den Angaben von Nordzucker in der Anmeldung. Der Umsatz entspricht einem Gesamt-Zuckerabsatz von [5,5 – 6,0 Mio. t], wovon [2,0 – 2,5 Mio. t] in Deutschland abgesetzt worden sind. Nordzucker hat im selben Zeitraum [0-1000 m3] Bioethanol an inländische Abnehmer abgesetzt. Nordzucker hält gegenwärtig rund 34,3% an der deutschen Zuckerquote.

2.

Zielunternehmen

71.

Danisco Sugar produziert und vertreibt Zucker und Zuckernebenprodukte (Carbokalk, Rübenschnitzel, Pellets und Melasse). Daneben ist Danisco Sugar in der Herstellung und dem Vertrieb von Saatgut im Wesentlichen für Zuckerrüben tätig. Am einzigen deutschen Standort für die Zuckerproduktion in Anklam, Mecklenburg-Vorpommern, betreibt Danisco Anklam zusätzlich eine Bioethanolanlage.

72.

Außerhalb von Deutschland produziert und/ oder vertreibt Danisco Sugar über verbundene Unternehmen Zucker in Dänemark (zwei Werke), Schweden, Finnland und Litauen (je ein Werk), Norwegen und Lettland (nur Vertrieb). Saatgut wird in Dänemark, Österreich, Italien und Spanien produziert und/ oder vertrieben.

73.

Im letzten Geschäftsjahr hat Danisco Sugar weltweit Umsatzerlöse in Höhe von [0,5 – 1,0 Mrd. EUR] erzielt. Davon entfielen [0,5 – 1,0 Mrd. EUR] auf die EU und [100 – 500 Mio. EUR] auf Deutschland. Der Gesamtabsatz von Zucker ohne

Zuckernebenprodukte

(Carbokalk,

23

Rübenschnitzel,

Pellets

und

Melasse).betrug in dieser Zeit [1,0 – 1,5 Mio. t], wobei [0,5 – 1,0 Mio. t] auf die EU und [0,1 – 0,5 Mio. t] auf Deutschland entfielen. 3.

Veräußerer

74.

Danisco Sugar ist eine Tochtergesellschaft der Danisco A/S, Kopenhagen, Dänemark (im Folgenden „Danisco A/S“). Danisco A/S produziert und vertreibt Lebensmittelzusätze

(Emulatoren,

Süßstoffe,

Ballaststoffe

usw.)

sowie

Biotechnologie für die industrielle Weiterverarbeitung. Die Umsatzerlöse weltweit lagen im Geschäftsjahr 2007/2008 bei [2,5 – 3,0 Mrd. EUR]. Danisco A/S will sich durch die Veräußerung von Danisco Sugar vollständig von ihren Aktivitäten im Zuckerbereich trennen und ihre Tätigkeit auf die übrigen Geschäftsfelder beschränken. 4.

Beigeladenen

75.

Die IHU ist eine Holding Gesellschaft ohne eigenes operatives Geschäft. Die Gesellschafter sind Privatpersonen und die Boettger Verwaltungsgesellschaft mbH, die ausschließlich mit der Verwaltung der IHU befasst ist. Der Großteil der mit der Beigeladenen verbundenen Tochtergesellschaften ist auf verschiedenen Zuckermärkten aktiv. Neben dem Großhandel mit Roh- und Weißzucker vertreibt die Beigeladene Flüssigzucker. In diesem Bereich bestehen gesellschaftsrechtliche und vertragliche Verflechtungen mit der Pfeifer & Langen KG (im Folgenden „Pfeifer & Langen“) sowie Nordzucker.

76.

Seit 1974 betreibt die IHU zusammen mit Pfeifer & Langen die SpezialzuckerRaffinerie Lage GmbH & Co. Betriebs-KG, die u.a. Flüssigzucker herstellt. Mit Nordzucker war die Beigeladene seit 1981 bis 2008 gemeinsam in der Produktion von Flüssigzucker tätig. Die IHU hält 50 % der Anteile an der MEF Melasse-Extraktion

Frellstedt

GmbH

und

50 %

der

Anteile

an

der

Norddeutschen Zuckerraffinerie GmbH in Frellstedt. Das Werk Frellstedt ist inzwischen geschlossen worden und die zur Verfügung stehende Quote in den Restrukturierungsfond der ZMO zurückgegeben worden. Die Beigeladene bezieht derzeit einen großen Teil des vertriebenen Flüssigzuckers von Nordzucker. Derzeit noch nicht vollzogen ist die von der Beschlussabteilung im Verfahren B 2 – 292/07 freigegebene Beteiligung in Höhe von 49 % an der

24

Nordzucker KG. Die Nordzucker KG ist eine 100 %ige Tochter der Nordzucker und stellt Flüssigzucker in den Werken in Nordstemmen und Groß-Munzel her. 77.

Südzucker ist der größte deutsche und europäische 8 Zuckerhersteller mit einem Umsatz von [5 – 5 Mrd. EUR]. 9 Südzucker ist in den Bereichen „Zucker“ (Umsatz 2007/08: [3 - 4 Mrd. EUR], „Spezialitäten“10 und „Frucht“ 11 tätig. Von den Umsätzen entfielen im Zuckerwirtschaftsjahr 2008/2009 rund 57% auf den Bereich Zucker, knapp 30% auf den Bereich Spezialitäten und gut 13% auf den Bereich Frucht. 12 Südzucker hat insgesamt 34 Zuckerfabriken und 2 Raffinerien. Von diesen 34 Zuckerfabriken liegen 9 in Deutschland, die restlichen u.a. in Belgien, Frankreich, Österreich, Ungarn, Polen, der Slowakei, der Tschechischen Republik sowie in Bosnien-Herzegowina. 13 In Deutschland hält Südzucker rund 40 % der deutschen Zuckerquote. B.

RECHTLICHE WÜRDIGUNG

I.

FORMELLE UNTERSAGUNGSVORAUSSETZUNGEN

1.

Anwendungsbereich des GWB

78.

Eine vorrangige Zuständigkeit der Europäischen Kommission ist nicht gegeben. Dem Zusammenschluss kommt keine gemeinschaftsweite Bedeutung zu (Art. 1 Abs. 2 und 3 FKVO i.V.m. § 35 Abs. 3 GWB), da Nordzucker und Danisco Sugar im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr zusammen weniger als 2,5 Mrd. Euro Umsatzerlöse erzielt haben.

79.

Das GWB findet auf den vorliegenden Zusammenschluss Anwendung. Bei einem Inlandsumsatz des Zielunternehmens von [100 – 500 Mio. EUR] und

8

9 10

11

12 13

Auf europäischer Ebene verfügt Südzucker über einen Quotenanteil von gut 20% und ist damit mit Abstand europäischer Marktführer. Nordzucker/Danisco werden mit rund 16% der Quote die neue Nummer zwei in Europa werden. Alle weiteren Zuckerproduzenten haben auf europäischer Ebene Anteile von um die oder unter 10%. Zuckerwirtschaftsjahr 2007/2008. Im Segment Spezialitäten ist Südzucker in den Bereichen der Herstellung und des Vertriebs von Bioethanol (crop energies), von „Food Ingredients“, z. B. Inulin, Oligofructose, Isomalt (BeneoGruppe) und Stärkeprodukten (Agrana Stärke) tätig. Herstellung und Vertrieb von Fruchtzubereitungen für internationale Lebensmittelkonzerne (Agrana Fruit) und Fruchtsaftkonzentraten (Agrana Juice). Südzucker Zwischenbericht 1.-3. Quartal 2008/2009, Seite 3. Die Zuckerfabriken in u.a. Rumänien wurden mittlerweile geschlossen, in anderen Staaten wurden einzelne Zuckerfabriken stillgelegt. 25

dem Produktionsstandort in Deutschland liegen spürbare Auswirkungen im Sinne des § 130 Abs. 2 GWB auf den Markt im Geltungsbereich des GWB vor. 2.

Zusammenschluss

80.

Das Vorhaben unterliegt der Anmeldepflicht des § 39 GWB.

81.

Der Erwerb sämtlicher Anteile an Danisco Sugar durch Nordzucker erfüllt den Zusammenschlusstatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 2 (Kontrollerwerb) und Nr. 3 lit. a (Anteilserwerb über 50 %) GWB.

82.

Die für die Kontrolle des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt maßgeblichen Schwellenwerte nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GWB sind bei weltweiten

Umsatzerlösen

der

beteiligten

Unternehmen

von

[2,0



2,5 Mrd. EUR], davon [100 – 500 Mio. EUR] Danisco Sugar und [0,5 – 1,0 Mrd. EUR]

Nordzucker,

deutlich

überschritten.

Beide

beteiligten

Unternehmen erzielten im letzten Geschäftsjahr jeweils mehr als 25 Mio. EUR im Inland. 83.

Die Voraussetzungen der De-Minimis-Klausel des § 35 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB sowie des § 35 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GWB (Bagatellmarktklausel) liegen nicht vor.

II.

MATERIELLE UNTERSAGUNGSVORAUSSETZUNGEN

84.

Der

Zusammenschluss

führt

zur

Verstärkung

einer

oligopolistischen

Marktbeherrschung auf dem bundesweiten Markt für Verarbeitungszucker. Wettbewerbsrechtlich unproblematisch ist das Zusammenschlussvorhaben dagegen in den Bereichen der Produktion bzw. des Vertriebs von Haushaltszucker, der Zuckerrübenerfassung, der Herstellung und des Vertriebs von

Zuckernebenprodukten

(Rübenschnitzel,

Melasse,

Carbokalk),

der

Produktion bzw. des Vertriebs von Saatgut und der Produktion und des Vertriebs von Bioethanol (dazu unten Abschnitt II.5.a). 85.

Die Zuckermärkte sind durch besondere Rahmenbedingungen gekennzeichnet, die im Folgenden dargestellt werden (dazu unter II.4.). Zuvor werden die Definitionen

der

verschiedenen

Zuckerarten

(dazu

unter

II.1.),

der

Zuckeraufbau und die Zuckerqualitäten (dazu unter II.2.) sowie der Prozess der

26

Zuckerherstellung (dazu unter II.3.) näher erläutert, um die Terminologie für den Beschluss und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verdeutlichen. 1.

Zuckerarten und Terminologie

86.

Für die Zwecke dieses Beschlusses werden die wesentlichen Zuckerarten und verwendeten

Begrifflichkeiten

kurz

beschrieben

und

eine

einheitliche

Terminologie vorgeben: 87.

Verarbeitungszucker: Dieser Zucker wird für die Weiterverarbeitung bei der Herstellung

von

Lebensmitteln

verwendet.

Hierzu

zählen

kristalliner

Weißzucker, sowohl EG-Grundsorte als auch Raffinade, und Flüssigzucker in sämtlichen Variationen. Verarbeitungszucker kann sowohl aus Zuckerrüben als auch aus Zuckerrohr gewonnen werden. 88.

Flüssigzucker: Hierbei handelt es sich um konzentriere Zuckerlösungen, die vor allen in der Getränke- und Backwarenindustrie verwendet werden.

89.

Haushaltszucker:

Haushaltszucker

in

Deutschland

ist

Zucker

der

Raffinadequalität und weist damit einen besonders hohen Reinheits- und Weißheitsgrad auf. Er wird in handelsüblichen Verpackungen von einem halben oder einem ganzen Kilo über den Lebensmitteleinzelhandel an Endverbraucher vertrieben. Haushaltszucker wird in unterschiedlichen Körnungen und als Spezialitätenzucker angeboten. Hierzu zählen Streuzucker, Hagelzucker, Puderzucker, Gelierzucker, Würfelzucker, Kandiszucker usw. 90.

Invertzucker: Invertzucker wird durch die Lösung von Saccharose, d.h. kristallinem Weißzucker gewonnen (invertiert) und zeichnet sich durch einen stabilen Anteil von etwa einem Drittel Glukose, einem Drittel Fruktose und einem Drittel Saccharose aus. Die Anteile können durch Beigabe des betreffenden Zuckers entsprechend der Nachfrage variiert werden. Die Stabilität der Zuckeranteile ist beispielsweise in der Getränkeindustrie wichtig, damit ein Getränk auch nach längerer Zeit noch den gewünschten Gehalt an Süße aufweist.

91.

Saccharose: Dieser Begriff steht für die chemische Bezeichnung des weißen Zuckers, der aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben gewonnen wird.

27

92.

Stärke und Stärkederivate: Stärke besteht aus Kohlenhydraten, die aus Weizen, Mais und Kartoffeln gewonnen werden, und schmeckt nicht süß. Stärke ist ein Rohstoff für die Gewinnung von Glukose und stellt ein Vorprodukt dar, das von den Zusammenschlussbeteiligten nicht hergestellt oder vertrieben wird. Stärkederivate (Maltodextrin, Dextrose, Polyalkohole) bestehen aus Glukose

und

Dextrose

und

werden

zwar

als

Süßmittel

verwendet,

unterscheiden sich aber nach Geschmack, Farbe und Zähflüssigkeit von Zucker und Zuckerlösungen. 93.

Glukose: Glukose ist auch unter dem Begriff Traubenzucker bekannt und wird in der Regel durch die vollständige enzymatische Spaltung von Stärke gewonnen. Die Stärke wiederum wird aus Mais, Kartoffeln oder Getreide und nicht aus Zuckerrüben gewonnen. Von den Zusammenschlussbeteiligten stellt allein Danisco Sugar Glukose in seinen dänischen Werken her. Glukose wird überwiegend in der Medizin, in der chemischen Industrie sowie in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Glukose wird als Glukosesirup oder trockenes Pulver hergestellt.

94.

Fruktose: Fruktose ist ein Zucker, der eine höhere Süßwirkung als Zucker hat aber den gleichen Kalorienwert aufweist. Fruktose kann getrocknet oder gelöst als Fruktosesirup vorkommen. Fruktose kann auf verschiedene Arten gewonnen werden, z.B. durch die Spaltung von Saccharose, d.h. der Abspaltung des darin enthaltenen Fruktosemoleküls.

95.

Isoglukose: Isoglukose ist ein Flüssigzucker auf Glukosebasis und wird beispielsweise in den Vereinigten Staaten weitgehend für die Süßung von Getränken verwendet. Zur Herstellung werden wegen der Glukosebasis Mais und Getreide und nicht Zuckerrüben verwendet. Isoglukose unterfällt dem Regime der europäischen Zuckermarktordnung (im Folgenden „ZMO“) und kann daher nur unter Zuteilung einer Quote hergestellt werden. In Deutschland ist ausschließlich die Cargill Deutschland GmbH mit einer Quote für die Herstellung von Isoglukose ausgestattet.

28

96.

Industriezucker: Die Beschlussabteilung hat in der Vergangenheit den Verarbeitungszucker als Industriezucker bezeichnet. 14 Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (im Folgenden „VO GMO“) enthält nun eine Legaldefinition des Begriffes des Industriezuckers. Darunter fällt nur der Zucker, der über die Quote hinaus produziert wird und zur Erzeugung von Bioethanol, Alkohol usw. oder bestimmten Erzeugnissen der chemischen und pharmazeutischen Industrie bestimmt ist. 15 Für den vorliegenden Beschluss wird daher der Begriff Industriezucker in Übereinstimmung mit dem Verständnis der europäischen Vorgaben verwendet.

2.

Zuckeraufbau und Zuckerqualitäten

97.

Zucker ist nicht gleich Zucker und lässt sich chemisch anhand der Molekülstruktur und –zusammensetzung sowie nach Qualität und Reinheit unterscheiden. Nach den Vorgaben der ZMO gibt es drei Hauptqualitäten, die eine erste grobe Einteilung ermöglichen – Zucker der EG I-Qualität (sog. Raffinade), Zucker der EG-II-Qualität (sog. Grundsorte) und Zucker der EG IIIQualität (sog. halb weißer Zucker). Raffinadezucker ist kristalliner Weißzucker, der die höchste Qualitätsstufe mit einer höheren Reinheit, einer besseren Farbbeständigkeit und einem geringeren Gehalt an Reststoffen aufweist. Grundsortenzucker ist ebenfalls kristalliner Weißzucker, welcher der EGStandardqualität nach Anhang IV der VO GMO 16 entspricht. Zucker der EG IIIQualität ist im wesentlichen Rohzucker, der noch zu kristallinem Weißzucker weiterverarbeitet werden muss.

98.

Zucker ist ein Kohlenhydrat und besteht chemisch betrachtet aus Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff. Die chemischen Zuckerarten unterscheiden sich nach ihrer Molekülstruktur: Einfachzucker (Monosaccharid) sind die am einfachsten aufgebauten Kohlenhydrate, wozu Glukose, d.h. Traubenzucker, und Fruktose, d.h. Fruchtzucker zählen. Der chemische Name für kristallinen

14

15

B2-90/05, Beschluss vom 3. August 2006 – Pfeifer&Langen/ Zuckerfabrik Jülich Rz. 19; B2-31/02, Beschluss vom 24.06.2006 – Nordzucker/ Union-Zucker. Art. 62 VO 1234/2007 iVm Anlage III Teil II Nr. 6 der VO. 29

Weißzucker der Raffinadequalität ist Saccharose. Saccharose ist ein Zweifachzucker (Disaccharid), der aus je einem Molekül Glukose und Fruktose besteht. Mehrfachzucker (Polysaccharide) sind chemisch gesehen lange Ketten von Zuckermolekülen, die nicht süß schmecken. Stärke ist der für die Ernährung wichtigste Mehrfachzucker. 99.

Als wesentliche Qualitäts- und Reinheitsparameter werden in der VO GMO die Körnung, der Polarisationsgrad, der Feuchtigkeitsgehalt, der Gehalt an Invertzucker, der Aschegehalt, die Farbtype und die Färbung in einer Lösung vorgeben. Diese Parameter lassen sich bei der Zuckerherstellung individuell nach den Bedürfnissen der Abnehmer verändern. So werden von der zuckerverarbeitenden Industrie unterschiedliche Körnungen nachgefragt, z.B. eine sehr grobe Körnung, also größere Zuckerkristalle, wenn man bei der Produktion Staubentwicklung durch kleine Zuckerkristalle verhindern will. In der Getränkeindustrie ist es demgegenüber wichtig, dass der Zucker bei Lösung in Wasser keine Verfärbungen aufweist.

3.

Die Zuckerherstellung

100. Zucker kann entweder aus Stärke, aus Zuckerrohr oder aus Zuckerrüben hergestellt werden. Die Herstellung aus Zuckerrohr ist billiger und die größten Mengen des auf dem Weltmarkt gehandelten Zuckers stammen aus Zuckerrohr. Aus klimatischen Gründen ist ein Anbau von Zuckerrohr in Europa wirtschaftlich nicht möglich, so dass die europäische Zuckerproduktion nahezu ausschließlich auf Zuckerrüben als Grundstoff basiert. Eine Ausnahme sind hier die Einfuhren von Rohzucker aus Zuckerrohr, der in Vollzeitraffinerien 17 innerhalb der EU zu Zucker weiterverarbeitet wird. 101. Die Zuckerrüben werden im September/ Oktober eines jeden Jahres geerntet und für die Zuckerherstellung in die Zuckerfabriken transportiert. Dort beginnen dann die jährlichen Zuckerkampagnen. In dieser Zeit werden die geernteten Zuckerrüben zu Zucker verarbeitet. Zucker wird in den Zuckerfabriken nur während der Kampagnen produziert. Die Länge der jährlichen Kampagne gibt 16

17

Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. EG vom 16. November 2007 L 299. Zur Begriffsdefinition vgl. Anhang III zu Art. 2 Abs. 1 Teil II Nr. 13 der VO 1234/2007. 30

deshalb Auskunft über die Auslastung und Rentabilität einer Zuckerfabrik. Je länger die Kampagne ist, desto günstiger kann in dieser Fabrik Zucker produziert werden. 102. Zucker wird in einem mehrstufigen Prozess durch Erwärmung, Verdickung und Kristallisation gewonnen. Die Rüben werden in einem ersten Schritt zu Schnitzeln zerkleinert, aus denen im Wege der sog. Gegenstromextraktion 99 % des enthaltenen Zuckers durch Wärmezufuhr gewonnen wird. Während die entlaugten Schnitzel zu Pellets gepresst und als Viehfutter verwendet werden, wird der gewonnene Rohsaft von unerwünschten Bestandteilen gereinigt. Diese Nichtzuckerstoffe werden in einem zweiten Schritt mit Kalkmilch und Kohlensäure gebunden. Das Ergebnis sind der sog. Dünnsaft und Carbokalk, der als Düngemittel in der Landwirtschaft verwendet wird. Dem Dünnsaft wird durch Verdampfung in einem dritten Schritt solange Wasser entzogen, bis der goldbraune Dicksaft mit einem Zuckergehalt von 65 – 70 % entsteht. Im vierten Schritt, z.T. durch Beifügung von Impfkristallen, wird die Bildung von Zuckerkristallen durch weitere Verdampfung angeregt. In Zentrifugen werden die Zuckerkristalle vom restlichen Dicksaft getrennt. Aus diesem letzten Schritt entsteht weißer Zucker und ein dunkelbrauner, zähflüssiger Sirup, Melasse genannt. Die Melasse weist noch einen Zuckergehalt von 50 % auf und wird für die Viehfütterung und Hefeerzeugung genutzt. 4.

Gemeinsame Marktorganisation für Zucker

103. Die europäischen Märkte für Zucker sind für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. vormals der Europäischen Gemeinschaften seit 1968 reguliert. Aus der Motivation heraus, die eigene Produktion von Zuckerrüben und Zucker zu schützen, ist durch marktregulierende Mechanismen, die sowohl die Preise als auch die produzierte Menge und Exporte außerhalb der EU betreffen, ein in sich abgeschotteter Markt mit erheblichen wettbewerblichen Defiziten entstanden. Für die Einschätzung des Marktgeschehens innerhalb des regulatorischen Korsetts und die Prognose der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Markt ist eine Bewertung der rechtlichen Vorgaben unerlässlich. Dies gilt umso mehr, als das System der ZMO mit Wirkung ab Juli 2006 reformiert worden ist. Daher sollen im Folgenden die 31

geltenden Regeln und der zu erwartende Rechtsrahmen im Vordergrund stehen. Die ältere Rechtslage ist im Beschluss Pfeifer & Langen / Zuckerfabrik Jülich dargestellt und bewertet worden. 18 a)

Rechtliche Grundlagen

104. Die maßgeblichen Regelungen der geltenden ZMO sind nunmehr in der VO GMO enthalten. Die Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates vom 20. Februar 2006 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker, welche die grundlegende Reform der europäischen Zuckermärkte regelte, ist dadurch abgelöst worden. Zu der VO GMO existieren weitere Ausführungsrechtsakte der Kommission und des Rates, welche die Durchführung der GMO für Zucker ermöglichen. b)

Reform der ZMO im Jahr 2006

105. Die Regelungen der alten ZMO hatten bis zum 30. Juni 2006 Gültigkeit. 19 Das System an sich stand seit längerem auf dem Prüfstand. Von vielen Seiten sind insbesondere

die

unter

der

Geltung

der

alten

ZMO

produzierten

Zuckerüberschüsse und der hohe Zuckerpreis in der EG, der den Welthandelspreis für Zucker bis um ein Dreifaches überstieg, kritisiert worden. Auch nach Beginn der Umsetzung der Reform ist der EU-Marktpreis mehr als doppelt so hoch wie der Weltmarktpreis. Die Zuckerüberschüsse wurden zu großen Teilen in Drittländer, d.h. nicht EU-Mitgliedstaaten, exportiert, wobei für diesen Zucker teilweise Exporterstattungen in Höhe der Differenz zwischen Weltmarktpreis und dem sog. Interventionspreis der EG gezahlt wurden. Der Interventionspreis legte einen Mindestpreis fest, zu dem Zucker an die Interventionsstellen der Mitgliedstaaten verkauft werden konnte. Während die EU sich nahezu vollständig gegen Importe abgeschottet hatte, sorgten die subventionierten

Exporte

gleichzeitig

dafür,

dass

der

Zugang

zu

Drittlandsmärkten insbesondere für zuckerproduzierende Entwicklungsländer versperrt war. 20 Unter dem Schutz dieses Systems ist die EU trotz der 18 19

20

B2-90/05 Pfeifer & Langen / Zuckerfabrik Jülich, Rz. 83 ff. VO (EG) Nr. 1260/2001 des Rates vom 19. Juni 2001 über eine gemeinsame Marktorganisation für Zucker. Forum Umwelt & Entwicklung, Ev. Entwicklungsdienst EED, Misereor, Oxfam Deutschland, WWF (Hrsg.), Die Zuckermarktreform der EU und ihre Konsequenzen, S. 24. 32

wirtschaftlich schlechteren Anbaubedingungen im Vergleich zum Rohrzucker in der Vergangenheit zum zweitgrößten Zuckerexporteur auf dem Weltmarkt gewachsen. 106. Durch ein Schiedspanel der WTO ist die EG verurteilt worden, das alte System der ZMO in Bezug auf die Exporte in Drittländer bis 2006 zu ändern. 21 Anlass der Klage gegen die EG waren die hohen Exporte der EG auf den Weltmarkt, die

nur

aufgrund

der

Stützung

durch

Exporterstattungen

und

Quersubventionierung konkurrenzfähig mit dem viel billigeren Weltmarktzucker waren. c)

Das System der neuen ZMO

107. Die ZMO sieht Regelungen sowohl für die Zuckerrübenerzeugung als auch die nachgelagerte Zuckerproduktion vor. Den Anbauern von Zuckerrüben wird ein Mindestpreis für Quotenzucker garantiert, der im ZWJ 2008/09 bei 27,8 EUR/t liegt. 22 Dieser Preis ist mindestens von den Zuckerherstellern für den Ankauf von Zuckerrüben zu entrichten. Konkret geregelt werden die vertraglichen Beziehungen

zwischen

Zuckerrübenbauern

und

Zuckerherstellern

auf

Grundlage von Branchenvereinbarungen, die Vorgaben für Kauf, Lieferung, Abnahme und Bezahlung der Zuckerrüben vorsehen müssen. 23 Daneben gibt es meist jährliche Verträge zwischen den Zuckerherstellern und den einzelnen Zuckerrübenbauern über die weiteren Einzelheiten der Belieferung. 108. Jeder Mitgliedstaat erhält eine Zuckerquote zugeteilt, die den in seinem Staat tätigen Zuckerproduzenten insgesamt zur Verfügung steht. Für Deutschland beträgt die Zuckerquote im ZWJ 2008/09 insgesamt 2,90 Mio. t. 24 Die Verteilung der Quoten auf die Zuckerproduzenten wird von jedem Mitgliedstaat selber vorgenommen. In Deutschland erfolgt die Festsetzung und Änderung der Quoten durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und

21 22 23 24

WTO Panel Entscheid vom 28. Mai 2005, AB-2005-2. Art. 49 VO 1234/2007. Art. 50 VO 1234/2007. Angaben nach Europäische Kommission, Comitée de Gestion sucre, 26. Juni 2008. 33

Verbraucherschutz (im Folgenden „BMELV“) nach den Vorgaben der ZuckerQuoten-Verordnung. 25 109. Zucker, den die Hersteller im Rahmen der ihnen zugeteilten Quoten produzieren, kann beliebig innerhalb der EU-Mitgliedstaaten vertrieben werden. Der innergemeinschaftliche Handel ist gewollt und erforderlich, da die national je Mitgliedstaat zugelassenen Quoten nicht mehr in jedem Fall den Bedarf eines Mitgliedstaates decken. So haben als Folge der Reform der ZMO die Länder Bulgarien, Irland, Lettland, Portugal (mit Ausnahme der Raffination von Rohrohrzucker) und Slowenien ihre gesamte Zuckerquote zurückgeben und die Produktion damit eingestellt. Andere Länder wie Italien, Griechenland und Spanien haben 50 und mehr Prozent der eigenen Quote zurückgegeben. In diesen Ländern ist der Anbau von Zuckerrüben im Verhältnis zu anderen Feldfrüchten wirtschaftlich und aufgrund klimatischer Bedingungen ganz oder teilweise nicht mehr wettbewerbsfähig. 110. Für Quotenzucker besteht noch bis zum Ende des ZWJ 2009/10 ein Interventionssystem. Nach Art. 13 Abs. 1 VO 1234/2007 können maximal 600.000 t Weißzucker zur öffentlichen Intervention je ZWJ angekauft werden. Der Preis beträgt 80 % des Referenzpreises für das nachfolgende ZWJ, Art. 20 VO 1234/2007. Voraussetzung für die öffentliche Intervention ist dabei, dass der durchschnittlich zu erzielende Preis für Zucker im Markt unter dem jeweiligen Referenzpreis für das ZWJ liegt. Damit besteht für Zuckerhersteller grundsätzlich die Möglichkeit, Zucker nach diesen Vorgaben an die staatlichen Interventionsstellen zu verkaufen. 111. Der Referenzpreis, Art. 8 Abs. 1 lit. c VO 1234/2007, stellt damit im begrenzten Maße (faktisch) eine Preisuntergrenze dar. Zugleich ist der Referenzpreis für die Europäische Kommission ein Gradmesser, in den Markt unmittelbar einzugreifen, „um das strukturelle Gleichgewicht des Marktes zu einem Preisniveau zu erhalten, das sich dem Referenzpreis“ annähert, Art. 52 VO 1234/2007. Die Europäische Kommission kann für den Fall, dass hier ein Ungleichgewicht durch eine Überproduktion von Zucker besteht, eine

25

Verordnung über die Zuteilung und Änderung von Quoten für Zucker in der Fassung vom 9. November 2006, BGBl. I S. 2601. 34

Marktrücknahme von Zucker in einem ZWJ beschließen. Der tatsächliche Zuckerabgabepreis kann sich grundsätzlich frei am Markt bilden. In der Vergangenheit lag dieser Preis in Deutschland stets deutlich über dem Referenzpreis. 112. Die Überwachung der durchschnittlichen Preise durch die Europäische Kommission erfolgt anhand eines Preismeldesystems. Nach Art. 9 VO 1234/2007 führt die Europäische Kommission ein solches Informationssystem ein und veröffentlicht die Höhe der Preise. 26 Nach Art. 14 VO 952/2006 27 veröffentlicht die Europäische Kommission im Juni und Dezember eines jeden Jahres den durchschnittlichen EU-Preis für Weißzucker, getrennt nach Quotenund Nichtquotenzucker. Es erfolgt weder eine weitere Unterscheidung, etwa zwischen Verarbeitungs- und Haushaltszucker, noch eine Angabe der Durchschnittspreise für die einzelnen Mitgliedsländer. 113. Sämtlicher Zucker, der über die Quote hinaus produziert wird, gilt als Überschusszucker im Sinne des Art. 61 VO 1234/2007. Dieser Zucker darf nur auf bestimmte Art und Weise verwendet und vertrieben werden, sonst ist der Hersteller zur Zahlung einer Überschussabgabe in einer Höhe verpflichtet, die eine Anhäufung von Überschusszucker verhindern soll (Art. 64 VO 1234/2007). Derzeit beträgt die Überschussabgabe je Tonne Zucker 500 EUR, Art. 3 VO 967/2006. 28 Die Zahlung dieser Abgabe entfällt, wenn nach Art. 61 VO 1234/2007: 

der Zucker als Industriezucker für die Verarbeitung zu festgelegten Erzeugnissen der chemischen und Arzneimittelindustrie, zu Bioethanol, Alkohol usw. nach den Vorgaben des Art. 62 VO 1234/2007 verwendet wird,



auf das nächste ZWJ übertragen und dort auf die Quote des Jahres angerechnet wird,

26

27

Sie stellt dabei sicher, dass aus den veröffentlichten Informationen keine Rückschlüsse auf die Preise einzelner Unternehmen oder Wirtschaftsteilnehmer möglich sind. Verordnung der Kommission vom 29. Juli 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates hinsichtlich der Binnenmarktordnung und Quotenregelung für Zucker, ABl. EG L 178 vom 1. Juli 2006. 35



im Rahmen der besonderen Versorgungsregelungen für Regionen mit äußerster Randlage (wie Kanarische Inseln oder Madeira) exportiert wird,



der Zucker außerhalb der EU auf den Weltmarkt exportiert wird, wobei die Exportbeschränkungen zu beachten sind.

114. Der Export von Zucker außerhalb der EU ist aufgrund der Verpflichtungen gegenüber der WTO nur in begrenztem Umfang möglich. Nach Art. 1 VO 924/2008 29 beläuft sich die Höchstmenge für solche Exporte auf 650.000 t für das ZWJ 2008/09. Darüber hinaus darf kein Zucker aus der EU in Drittländer ausgeführt werden. Bislang sind für nur rund 42.200 t Ausfuhrlizenzen beantragt und erteilt worden. 30 115. Die europäischen Zuckermärkte sollen für Importe aus bestimmten Drittländern durch die Regelungen der ZMO weiter geöffnet werden. Auf diese Weise soll die wachsende Differenz zwischen rückläufiger Erzeugung und stagnierendem Verbrauch in der EU gedeckt werden. Grundsätzlich bleibt der Zugang zu den EU-Zuckermärken für Drittländer durch Einfuhrzölle und das Erfordernis einer Einfuhrlizenz beschränkt. 116. Eine Ausnahme besteht aufgrund der Handelsabkommen der EU mit den AKP 31- und den LDC 32-Staaten. Zucker aus diesen Ländern kann in begrenztem Umfang und zu garantierten Preisen in die EU eingeführt werden. Daneben gibt es für Länder des Balkans sowie bestimmte MFN 33-Länder die Möglichkeit, in begrenztem Umfang Zucker in die EU einzuführen. Mit Beginn des Zuckerwirtschaftsjahres 2009/10 im Oktober 2009 entfallen für die Einfuhren aus den AKP- und LDC-Staaten die Mengen- und Zollbegrenzungen, so dass der Import grundsätzlich unbeschränkt möglich ist. Allerdings besteht auch hier eine Möglichkeit der Europäischen Kommission, die europäischen 28

29

30

31 32 33

Verordnung der Kommission vom 29. Juni 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates hinsichtlich der Nichtquotenerzeugung im Zuckersektor, ABl. EG L 176 vom 30. Juni 2006. Verordnung (EG) 924/2008 der Kommission vom 19. September 2008 zur Festsetzung der Höchstmenge für Ausfuhren von Nichtquotenzucker und Isoglukose bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2008/09, ABl. EG L 252 vom 20. September 2008. Angaben nach Zuckerverwaltungsausschuss (Comitée de Gestion sucre) der Europäischen Kommission. Afrika, Karibik, Pazifik. Least Developed Countries. Most favoured Nations. 36

Märkte zu schützen, indem die Einfuhren wieder beschränkt werden können, wenn die Einfuhren mehr als 25 % der Vorjahresmenge betragen. 117. Der weit überwiegende Anteil des importierten Zuckers aus diesen Ländern ist bislang Rohrohrzucker, der noch in der EU zu Weißzucker weiterverarbeitet (raffiniert) werden muss. Bis zum Ende des ZWJ 2008/09 darf die Raffinierung von Rohrzucker nur in den Vollzeitraffinerien erfolgen, Art. 153 Abs. 3 VO 1234/2007. Darunter fallen nur die Raffinerien, deren einzige Tätigkeit die Raffination von Rohrzucker ist oder die im Wirtschaftsjahr 2004/05 eine Menge von mindestens 15.000 t eingeführten rohen Rohrzuckers raffiniert haben, Anhang III Teil II Nr. 13 VO 1234/07. Mit Beginn des ZWJ 2009/10 entfällt die Beschränkung auf die Vollzeitraffinerien und die Raffination von Rohrzucker ist für alle Unternehmen (Zuckerproduzenten, Zuckerhändler und Abnehmer von Zucker) offen, die über die geeigneten technischen Anlagen verfügen. d)

Folgen der neuen ZMO

118. Die

Reform

der

ZMO

soll

zu

einer

deutlichen

Senkung

der

EU-

Gesamtproduktion führen (dazu unter aa) und bb)). Die entstehende Lücke zwischen Produktion und Verbrauch soll durch steigende Importe gedeckt werden (dazu unter cc)). Zugleich werden die Exporte im Rahmen der WTOVerpflichtungen gedeckelt (dazu unter dd)). aa)

Senkung der EU-Zuckerproduktion

119. Einen Überblick über die grundsätzlichen Änderungen von Produktion, Im- und Exporten in der EU gibt die folgende Tabelle: ZWJ

Verbrauch

2005/06 in Mio. Tonnen pro Jahr ~ 17

2007/08 in Mio. Tonnen pro Jahr ~ 17

Nach 2009/2010 in Mio. Tonnen pro Jahr ~ 17

Quotenerzeugung EU

~ 18,4

~ 17,5

~ 12,4

Importe

~ 2,3

~ 2,3

~ 4,5

Exporte

~5

1,4

1,4

120. Die hier ermittelten Zahlen zu Produktion sowie Im- und Exporten stimmen mit den Angaben in der Anmeldung im Wesentlichen überein.

37

121. Durch die erhebliche Senkung der Produktionsquote in der EU wird die EU vom Zuckerausfuhrland zum Zuckereinfuhrland. Inwieweit dadurch in naher Zukunft eine Versorgungslücke entsteht, ist offen, muss zur Beurteilung des Zusammenschlusses aber nicht weiter erhärtet werden. Betrachtet man die Zahlen bezogen auf alle Märkte der EU, so wird die Unterdeckung nach dem ZWJ 2009/10 über 5 Mio. t pro Jahr betragen. 122. Der Blick auf die Märkte in den einzelnen Ländern zeigt aber ein differenziertes Bild. Es kommt bzw. ist bereits zur Entstehung von Überschuss- und Unterschussgebieten

gekommen

(vgl.

Anlage

1).

Während

die

südeuropäischen Länder sowie Teile Skandinaviens und Osteuropas auf Importe

angewiesen

sein

werden,

erwirtschaftet

z.B.

Frankreich

Zuckerüberschüsse. Deutschland wird aller Voraussicht nach Überschüsse abbauen und mittelfristig einen Ausgleich zwischen Produktion und Verbrauch erfahren. 123. Zur Reduzierung der EU-Zuckerproduktion ist durch die Reform der ZMO ein Anreizsystem mit folgenden Vorgaben eingeführt worden: 

Gleichmäßige Marktrücknahme in Höhe von 13,5 % der Quote eines Mitgliedstaates im ZWJ 2007/08



Senkung des Referenzpreises für Zucker um 36 % von 631,90 EUR (2006/07) auf 404,40 EUR (2009/10)



Senkung des Mindestpreises für Zuckerrüben um knapp 40 % von 32,86 EUR/t (2006/07) auf 26,26 EUR/t (2009/10)



Zahlung einer ab dem ZWJ 2008/09 sinkenden Umstrukturierungsbeihilfe bei vollständiger und teilweiser Aufgabe der Zuckerproduktion an die Zuckerhersteller.

124. Die Umstrukturierungsbeihilfe konnte nur bis zum 30. Januar 2009 in Anspruch genommen werden. Gibt ein Zuckerhersteller danach Quoten zurück, erhält er keinerlei finanzielle Kompensationen. Finanziert wird vor allem die Zahlung der Umstrukturierungsbeihilfe bei Abbau von Zuckerproduktionskapazitäten sowie die Entschädigung für die Einkommensverluste der Zuckerrübenanbauer durch

38

die

Senkung

des

Mindestpreises

mit

der

Erhebung

einer

Umstrukturierungsabgabe bei den Zuckerherstellern. 34 Diese Abgabe ist vollständig in den Zuckerpreis einkalkuliert worden und wird in den nächsten Jahren sukzessive wieder abgebaut. 125. Wenn die Europäische Kommission am Ende der Reform im ZWJ 2009/10 feststellen sollte, dass die angestrebte Reduzierung der Zuckerproduktion in der EU um mehr als 5 Mio. t nicht erreicht worden ist, kann sie die noch fehlende Menge durch eine finale Kürzung gleichmäßig verteilt auf alle zuckerproduzierenden Mitgliedsländer kürzen (sog. Final Cut). Das gesamte Anreizsystem soll damit zu einer möglichst schnellen und frühzeitigen Rückgabe von Zuckerquoten führen. 126. Ob ein Zuckerproduzent seine Quote ganz oder zu einem bestimmten Teil zurückgibt, entscheidet er grundsätzlich allein. Er kann auf eine Rückgabe komplett verzichten, mit Ausnahme der unmittelbar nach Beginn der Reform vorgenommenen pauschalen Quotenrücknahme in Höhe von 13,5 % in allen Mitgliedsländern.

In

diesem

Fall

profitiert

er

jedoch

nicht

von

den

Umstrukturierungsbeihilfen. Außerdem muss er darauf vertrauen, dass die anderen

Zuckerhersteller

zurückgeben,

damit

ihre die

Quote

in

einem

Europäische

ausreichenden Kommission

Maße keinen

(entschädigungslosen) Final Cut vornimmt. Pfeifer & Langen hat der Beschlussabteilung allerdings mitgeteilt, dass nach eigener Einschätzung ein "Final Cut" nicht zu erwarten ist. Ob diese Einschätzung, die auch von anderen Marktteilnehmern geteilt wird, richtig ist, muss nicht entschieden werden, da es für die wettbewerbsrechtliche Bewertung des Zusammenschlussvorhabens nicht darauf ankommt, ob es zu einem Final Cut kommt und wenn ja, welche Zuckerproduzenten diese Maßnahme treffen wird. Für das ZWJ 2008/09 wird die Produktion auf 12,86 Mio. t geschätzt. 35 Damit würden nur noch rund 500.000 t zur Erreichung der avisierten 12,4 Mio. t fehlen.

34 35

126 EUR im ZWJ 2006/07, 174 EUR im ZWJ 2007/08 und 113 EUR im ZWJ 2008/09. Angaben nach Europäische Kommission Comitée de Gestion sucre, 26. Juni 2008. 39

bb) Senkung der deutschen Zuckerproduktion 127. Für Deutschland hat sich die Quote von ursprünglich 3,66 Mio. t im ZWJ 2007/08 auf 2,90 Mio. t für das ZWJ 2008/09 verringert, das entspricht einer Reduzierung um 20,7 %. Die tatsächliche Produktion betrug für das ZWJ 36

2007/08 4,32 Mio. t.

Der Verbrauch im selben Jahr betrug 3,89

Mio. t.37 128. Für

die

in

Deutschland

tätigen

Zuckerproduzenten

stellt

sich

die

Quotenrückgabe wie folgt dar: Unternehmen

cc)

Quote ZWJ

Quote ZWJ

2007/08 in 1.000 t

2008/09 in 1.000 t

Nordzucker

1.224

995

Reduzierung in 1.000 t und % der Gesamtquote - 229 / 18,7

Südzucker

1.472

1.159

- 313 / 21,3

P&L

805

632

- 173 / 21,5

Danisco

133

111

- 22 / 16,5

Gesamt

3.634

2.898

737 / 20,3

Anstieg der Importe

129. Die EU schützt nach wie vor ihre Zuckermärkte vor Importen von Weltmarktzucker. Bis zum Ende des ZWJ 2008/09 gelten grundsätzliche Mengen- und Zollbeschränkungen auch gegenüber den AKP- und LDCLändern u.a., mit denen die EU Handelsabkommen geschlossen hat. Derzeit betragen die Importe in die EU rund 2,3 Mio. t. Durch die Verknappung der eigenen Produktion und die gleichzeitige Öffnung der europäischen Märkte für Zucker aus bestimmten Ländern wird allgemein mit einem Anstieg der Importe gerechnet. Wie schnell sich die Öffnung der Märkte vollziehen wird, kann aber auch die Branche nicht sagen. Hier ist zu beachten, dass in der gesamten EU noch ein Zuckerbestand von über 3 Mio. t neben der jährlichen Produktion besteht, der kurzfristig zur Deckung von Engpässen eingesetzt werden kann.

36 37

Angaben nach F.O. Licht. Angaben nach F.O. Licht. 40

130. Dass die Importe allerdings einen spürbaren Effekt auf dem deutschen Markt haben werden, ist nicht zu erwarten. Hiergegen sprechen die überwiegenden Gründe (siehe dazu im Einzelnen unten Rdnr. 262 ff.). 131. Betrachtet man die bisherigen Importe in Höhe von immerhin rund 2,3 Mio. t, so bleibt festzustellen, dass nur ein ganz geringer Teil – der aus dem Balkan kommende Weißzucker aus Zuckerrüben – den deutschen Markt erreicht. Die Öffnung der Märkte betrifft jedoch im Wesentlichen den Rohrrohzucker aus den Entwicklungsländern. Dieser Zucker muss noch raffiniert werden, um als Weißzucker weiterverarbeitet werden zu können. 132. In Deutschland gibt es derzeit keine Vollzeitraffinerie. Zwar hat Pfeifer & Langen am Standort Lage eine Raffinationsanlage aufgebaut, die grundsätzlich nach dem Wegfall der Beschränkung der Raffination auf die Vollzeitraffinerien Rohrohzucker verarbeiten könnte. Es bestehen aber Zweifel, ob in Deutschland eine Raffination von importiertem Weltmarktzucker stattfinden wird. Südzucker verfügt über eigene Raffinationsanlagen im Ausland, die über eine bessere Seeanbindung verfügen, als sie in Deutschland zu erreichen wäre. Nordzucker würde bei einer Übernahme von Danisco Sugar die Raffinationsanlagen in Finnland und Schweden erhalten. Der Bestand der Raffinationsanlage am Standort Lage ist unsicher, da Pfeifer & Langen nach den Erkenntnissen aus den

Asservaten

bereit

ist,

in

Absprache

mit

anderen

deutschen

Zuckerherstellern über die Zukunft der Rohrohrzuckerraffination in Deutschland nachzudenken.38 Diese Überlegungen lassen sich aus internen Unterlagen von Nordzucker plausibilisieren.39 133. Außerdem scheinen die deutschen Abnehmer die Verwendung von aus Rohrzucker stammendem Verarbeitungszucker überwiegend abzulehnen. Die Befragung hat ergeben, dass im Einzelfall ggf. geprüft werden muss, ob eine Umstellung auf Weißzucker aus Rohrzucker überhaupt möglich ist. Zum Teil ergaben die Antworten auch, dass eine Verwendung von Rohrzucker nicht möglich ist, da Verfärbungen, geschmackliche Abweichungen, unerwünschte

38

Südzucker Asservat 9, Seite 293; Vorab-Auszug Protokoll Nr. 15 der Vorstandssitzung vom 28. Juli 2008; Nordzucker Email vom 6. November 2005. Sämtliche im Beschluss zitierten Asservate und Email Schreiben von Nordzucker und Südzucker sowie Pfeifer & Langen sind Asservate aus der Durchsuchung in diesem Verwaltungsverfahren. 41

Kristallbildung usw.

befürchtet

werden. Inwieweit

diese

Befürchtungen

begründet sind, kann dahinstehen. Jedenfalls legt das Marktverhalten der Abnehmer den Schluss nahe, dass mit einem Anstieg des Absatzes von Zucker aus Rohrohrzucker in Deutschland nicht gerechnet werden kann. 134. Gegen einen deutlichen Anstieg der Importe nach Deutschland spricht schließlich, dass Deutschland auch nach Kürzung der Quoten in etwa die Zuckermenge produziert, die dem Verbrauch entspricht. Anders als z.B. in Spanien und Italien besteht damit in Deutschland auch nach dem Ende der Reform der ZMO kein bzw. nur ein geringfügiges Defizit (vgl. Anlage 1). Außerdem bestehen in Deutschland noch erhebliche Lagerbestände, die zur Deckung von Engpässen verwendet werden können. Allein die Lagerbestände der vier großen Zuckerhersteller zum Ende des ZWJ 2007/08 betragen nach eigenen Angaben im Rahmen des zweiten Auskunftsbeschlusses rund 500.000 t. dd) Beschränkung der Exporte 135. Aufgrund der Verpflichtungen im Rahmen der WTO können aus der EU pro Jahr nicht mehr als 1,4 Mio. t exportiert werden. Diese Beschränkung betrifft insbesondere die Zuckerproduzenten in Frankreich und den Niederlanden, die in der Vergangenheit große Mengen an Zucker exportiert haben. 5.

Sachliche Marktabgrenzung

136. Das Zusammenschlussvorhaben betrifft eine Reihe unterschiedlicher Märkte. Neben dem Zuckerbereich (einschließlich der Erfassung von Zuckerrüben und der Produktion von Zuckernebenprodukten) sind die Bereiche der Produktion und des Vertriebs von Bioethanol und der Produktion und des Vertriebs von Saatgut betroffen. 137. Der Schwerpunkt des Zusammenschlussvorhabens liegt im Zuckerbereich. Nordzucker produziert und vertreibt sowohl Verarbeitungszucker als auch Haushaltszucker. Danisco Sugar produziert ebenfalls Verarbeitungszucker und Haushaltszucker. Anklam, das Werk von Danisco Sugar in Deutschland, produziert neben Bioethanol lediglich Verarbeitungszucker in Form des 39

Nordzucker Email vom 11. Juni 2008. 42

kristallinen Weißzuckers. Flüssigzucker und kristalliner Weißzucker sind von Danisco Sugar in den vergangenen Jahren in geringen Mengen aus Dänemark nach Deutschland eingeführt worden. 138. Die

detaillierte

wettbewerbsrechtliche

Zusammenschlussvorhabens

Prüfung

beschränkt

sich

der auf

Auswirkungen

des

den

des

Bereich

Verarbeitungszuckers. 139. Auf dem Markt für Haushaltszucker kommt es zu keinen vergleichbar wettbewerbsschädigenden Auswirkungen des Zusammenschlusses, so dass dieser Markt hier nicht näher beurteilt werden soll. Die weiteren, ebenfalls von dem Zusammenschluss betroffenen Märkte werden anschließend kurz vorgestellt

und

abschließend

erörtert,

da

auch

hier

durch

den

Zusammenschluss weder die Entstehung noch die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung zu erwarten ist. a)

Wettbewerblich unbedenkliche Märkte

aa)

Markt für Haushaltszucker

140. Verarbeitungszucker und Haushaltzucker gehören nicht demselben sachlichen Markt an. Zwar sind Haushaltszucker und Verarbeitungszucker chemisch und physikalisch praktisch identisch. Sie unterscheiden sich jedoch maßgeblich hinsichtlich

der

Verpackung

und

der

jeweiligen

Vertriebswege:

Verarbeitungszucker wird lose auf Silofahrzeugen oder als Sackware in Packungen von mehr als 5 kg an industrielle Abnehmer aus der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie vertrieben. Haushaltszucker wird regelmäßig in Packungsgrößen von bis zu einem Kilogramm vertrieben. Haushaltszucker wird in verpacktem Zustand bei den Abnehmern, den Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels, angeliefert. Das Verpacken übernehmen

in

der

Regel

die

Zuckerproduzenten.

Zudem

bestehen

Preisunterschiede zwischen Haushaltszucker und Verarbeitungszucker, die sich nicht durch Mehrkosten (z. B. für die Verpackung von Haushaltszucker) erklären lassen.

43

141. Die Beschlussabteilung und die Europäische Kommission sowie eine Reihe anderen nationalen Wettbewerbsbehörden in der Europäischen Union haben bisher in ständiger Praxis getrennte Märkte für Haushaltszucker und Verarbeitungszucker angenommen.40 Auch die Zusammenschlussbeteiligten und die befragten Abnehmer

gehen insoweit von sachlich eigenständigen

Märkten aus. 142. Offen bleiben kann, ob im Bereich Haushaltszucker die Annahme eines eigenständigen Marktes für Herstellermarken und eines davon zu trennenden eigenständigen Marktes

für Handelsmarken sachgerecht ist. Während die

Beschlussabteilung ebenso wie andere europäische Wettbewerbsbehörden41 eine solche Differenzierung bisher nicht vorgenommen hat, unterscheidet die Europäische Kommission diese beiden Teilmärkte.42 143. Eine genaue Abgrenzung des Marktes kann jedoch unterbleiben, weil auf dem Markt für Haushaltszucker unabhängig davon, ob man eine weitere Unterteilung

in

Handels-

Zusammenschluss

keine

und

Herstellermarken

Begründung

oder

vornimmt,

durch

Verstärkung

den einer

marktbeherrschenden Stellung zu erwarten ist. Es kommt zu keinerlei Marktanteilsadditionen durch den Zusammenschluss. Danisco Anklam hat zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit Haushaltszucker produziert. Danisco Sugar hat Haushaltszucker nicht nach Deutschland eingeführt.43 Außerdem

40

41

42 43

B2-31/02 Nordzucker/Union-Zucker; B2-90/05 Pfeifer & Langen/Zuckerfabrik Jülich, Rz. 24; Case No. COMP/M. 2530 Südzucker/Saint Louis Sucre, Rz. 42; U.K. Competition Commission March 2005, James Budgett Sugars Ltd. and Napier Brown Foods PLC (www.competitioncommission.org.uk.) Rz. 4.9 und 4.10; Nederlandse Mededingingsautoriteit Besluit Nr. 5703/304 Cosun-CSM Rz. 38; Antimonopoly Office of the Slovak Republic, Decision Number 2008/FH/3/1/105; Competition Council of the Republic of Lithuania Decision No. 1S-152.Im Hinblick auf die (nationalen) Besonderheiten des estnischen Marktes – in Estland kaufen offenbar Lebensmittelhändler in größerem Ausmaß Verarbeitungszucker und verpacken diesen auf eigenen Packanlagen zu den üblichen 500 Gramm bzw. 1 Kilogramm Haushaltszuckerpackungen – hat die estnische Kartellbehörde ihrer Prüfung des Zusammenschlussvorhabens Nordzucker/Danisco einen einheitlichen Markt für Zucker (Haushaltszucker und Verarbeitungszucker) zu Grunde gelegt; Konkurentsiamet Otsus Koondumisele nr 18/2008 TITOCONCERTO A/S / Danisco Sugar A/S loa andmine. Da sich die Marktbedingungen in Deutschland und Estland derart grundlegend unterscheiden, besteht kein Anlass, wegen der Entscheidung der estnischen Kartellbehörde ebenfalls von der bisher üblichen Marktabgrenzung abzuweichen. B2-31/02 Nordzucker/Union-Zucker; B2-90/05 Pfeifer & Langen/Zuckerfabrik Jülich, Rz. 23. Auch die niederländische und die slowakische Kartellbehörde gehen von einem einheitlichen Markt für Haushaltszucker aus (Nederlandse Mededingingsautoriteit Besluit Nr. 5703/304 Cosun-CSM, Rz. 47; Antimonopoly Office of the Slovak Republic, Decision Number 2008/FH/3/1/105 ), Seite 8. Case No. COMP/M. 2530 Südzucker/Saint Louis Sucre, Rz. 23. Vgl. die Angaben in Anlage 11.3. zum Schreiben der Nordzucker vom 11.09.2008. 44

übersteigen die Marktanteile von Nordzucker weder auf einem Gesamtmarkt Haushaltszucker

noch

in

sachlichen

Teilmärkten

für

Handels-

und

Herstellermarken die Grenze für die Einzelmarktbeherrschungsvermutung. Die Oligopolvermutungsschwelle des § 19 Abs. 3 GWB ist zwar auf dem Gesamtmarkt

für

Haushaltszucker

erfüllt.

Aufgrund

der

fehlenden

Marktanteilszuwächse und des fehlenden potentiellen Wettbewerbs durch die skandinavischen

Zuckerfabriken

von

Danisco

Sugar

ist

aber

keine

Verstärkungswirkung festzustellen. bb) Markt für die Zuckerrübenerfassung 144. Die Bedingungen für den Ankauf von Zuckerrüben sowie die Lieferung, Abnahme und Bezahlung derselben müssen gemäß Art. 50 Abs. 1 VO GMO durch

Branchenvereinbarungen

zwischen

den

Verbänden

der

Zuckerrübenbauern und den Zuckererzeugern festgelegt werden. Dazu wird ein Mindestpreis je Tonne Zuckerrübe durch Art. 49 VO GMO vorgegeben, der durch Zu- oder Abschläge für Qualitätsabweichungen geringfügig geändert werden kann. 145. Vorliegend besteht eine solche Vereinbarung zwischen Danisco Anklam und dem Anklamer Anbauerverband für Zuckerrüben für die ZWJ 2006/07 bis 2010/11.44 Danisco Anklam ist aufgrund dieser Vereinbarung verpflichtet, mit den Zuckerrübenbauern jährliche Lieferverträge für die Rübenmenge zu schließen, die zur Produktion der der Zuckerfabrik Anklam zugeteilten Quote erforderlich ist. Diese Quotenrüben werden von den Zuckerrübenbauern an bestimmten Übergabestellen nach der Ernte gelagert und vom Zuckerhersteller auf eigene Rechnung zur Zuckerfabrik transportiert. 146. Bei der Übernahme der Zuckerfabrik durch einen Dritten haben die Zuckerrübenbauern die Möglichkeit, ihre Zuckerrüben an ein anderes Zucker erzeugendes Unternehmen zu liefern. Die Quote wird um die entsprechende Menge an Zuckerrüben, die an den Dritten geliefert werden sollen, gekürzt und auf den Dritten übertragen. Die Einzelheiten für die Übertragung von Zuckerquoten sind in Anhang VIII der VO GMO geregelt.

44

Anlage 14.3. zum Schreiben vom 11.09.2008. 45

147. Im Falle der Schließung einer Zuckerfabrik wird die auf diese Fabrik entfallene Quote durch den Mitgliedstaat neu vergeben (Anhang VIII der VO GMO Ziff. II. 3). Auch in diesem Fall können die Zuckerrübenbauern darauf drängen, dass ihre Lieferungen und damit die Quote an ein bestimmtes Unternehmen vergeben wird. 148. Auf dem Markt für die Erfassung von Zuckerrüben kommt es weder zur Begründung noch zur Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung von Nordzucker

durch

die

Übernahme

von

Danisco

Sugar.

Durch

den

Zusammenschluss kommt es praktisch zu keinen Änderungen für die betroffenen Rübenbauern (Mindestpreise sind vorgeben, Transportkosten muss immer

der

Zuckerhersteller

tragen).

Während

sie

bislang

über

die

Branchenvereinbarung zur Lieferung an Danisco Anklam verpflichtet gewesen sind, können die Bauern im Fall der Übernahme des Standortes durch ein drittes Unternehmen über die weitere Belieferung selbst entscheiden. Nach den Feststellungen der Europäischen Kommission im Fall Südzucker/ Saint Louis Sucre entspricht es der ständigen Praxis des für die Quotenvergabe zuständigen BMELV, dass die Zu- oder Neuverteilung einer Quote niemals gegen den Widerstand der Zuckerrübenbauern erfolgt.45 Nur im Fall der Schließung der Zuckerfabrik Anklam durch einen neuen Eigentümer könnten die Ausweichmöglichkeiten der Zuckerrübenbauern de facto beschränkt sein. Das Zusammenschlussvorhaben hat jedoch keine Auswirkungen auf diesen Markt. cc)

Markt für Glukose, Glukosesirup und Stärkederivate

149. Glukose, Glukosesirup und Stärkederivate gehören einem eigenen sachlich relevanten Markt an. Sie sind aus Sicht der Abnehmer nicht gegen Verarbeitungszucker austauschbar, da sie sich von diesem geschmacklich, in ihrer Süßkraft, in der Farbe und der Konsistenz unterscheiden. Zudem sind die Glukoseprodukte preiswerter als Verarbeitungszucker. Bundeskartellamt und

45

Case No. COMP/M.2530 – Südzucker/ Saint Louis Sucre, Rn. 164 ff. 46

andere Wettbewerbsbehörden

einschließlich der Europäische Kommission

haben daher für diese Produkte einen eigenständigen Markt abgegrenzt.46 150. Die Zusammenschlussbeteiligten tragen erstmals in ihrer Stellungnahme zur Abmahnung vor, dass sie der Ansicht sind, die Nachfrager nach Zucker könnten aus Zuckerrüben gewonnenen Zucker gegen auf Stärke basierende Zuckerprodukte (z. B. Glukose) austauschen. Dabei macht Nordzucker allerdings nur geltend, dass rund ein Drittel des Zuckers aus Zuckerrüben durch auf Stärke basierende Zuckerprodukte ausgetauscht werden könne. Andere Zuckerproduzenten oder Zuckerhändler haben nicht angegeben, dass auf Stärke basierende Zuckerprodukte (wenigstens teilweise) dem Markt für auf Zuckerrüben basierenden Verarbeitungszucker zuzurechnen seien. 151. Ob eine derart begrenzte Substitutionsmöglichkeit, wenn sie denn bestünde, die Erweiterung des Marktes für aus Rüben (oder Rohrzucker) gewonnenen Zucker um die auf Stärke basierenden Zuckerprodukte rechtfertigte, erscheint zweifelhaft, muss hier aber nicht entschieden werden. Die Befragung der von Nordzucker benannten (großen) Nachfrager nach auf Stärke basierenden Zuckerprodukten hat nicht einmal eine solche Austauschbarkeit bestätigt. Abnehmer haben erklärt, Glukosesirup könne zwar durch Verarbeitungszucker ersetzt werden, nicht jedoch umgekehrt. Alle befragten Abnehmer haben darauf hingewiesen, dass durch einen Austausch Unterschiede im Geschmack, der Farbe, der Konsistenz und der Qualität auftreten. Keiner der befragten Abnehmer hat bestätigt, dass auf Stärke basierende Zuckerprodukte zu einem Drittel

aus

Zuckerrüben

gewonnenen

Zucker

ersetzen

könnten.

Die

durchgeführten Nachermittlungen haben damit das bereits bei der ersten Abnehmerbefragung

gewonnene

Bild

bestätigt

und

entspricht

den

Ermittlungsergebnissen der Europäischen Kommission.47 152. Gesprächsnotizen der Nordzucker über ein Gespräch mit Pfeifer & Langen über den Bereich Glukose belegen zudem, dass auf Stärke basierende

46

B2-31/02 Nordzucker/Union-Zucker; B2-55/03 Nordzucker/Syral; B2-90/05 Pfeifer & Langen/Zuckerfabrik Jülich, Rz. 39; U.K. Competition Commission James Budgett Sugars Ltd. and Napier Brown Fodds PLC, Rz. 4.3. bis 4.8.; Case No. IV/M. 062 Eridania/ISI, Rz. 14; Case No. COMP/M. 2029 Tate & Lyle/Amylum, Rz. 9; Case No. COMP/M. 2502 Cargill/Cérestar, Rz. 14. 47

Zuckerprodukte eigenständigen Marktbedingungen unterliegen, die nichts mit denen im Bereich des aus Rüben gewonnenen Zuckers zu tun haben.48 153. Auf Stärke basierende Zuckerprodukte sind daher nicht dem Markt für aus Rüben

gewonnenen

wettbewerbliche

Verarbeitungszucker

Auswirkungen

dieses

hinzuzurechnen. Bereichs

Allfällige auf

die

Wettbewerbsbedingungen bei aus Rüben gewonnenem Verarbeitungszucker werden

jedoch

im

Rahmen

der

Auswirkungen

des

Zusammenschlussvorhabens bewertet. 154. Die genaue sachliche und räumliche Abgrenzung im Bereich der auf Stärke basierenden

Zuckerprodukte

kann

unterbleiben,

da

es

durch

den

Zusammenschluss nicht zur Entstehung oder Verstärkung auf einem dieser Märkte kommt. Führende Anbieter sind in diesem Bereich die Unternehmen Cargill und Roquette. dd) Markt für Industriezucker 155. Ob Industriezucker („Nichtquotenzucker“) einen eigenständigen sachlich relevanten

Markt

bildet,

kann

im

Ergebnis

offen

bleiben.

Da

die

Zusammenschlussbeteiligten nur in sehr geringem Umfang in diesem Bereich tätig sind,49 werden die Wettbewerbsverhältnisse diesbezüglich nicht weiter untersucht und bewertet. Soweit es sich um einen sachlich eigenständigen Markt handelt, ist nicht zu erwarten, dass der Zusammenschluss insoweit zur Entstehung oder Verstärkung von Marktbeherrschung führen könnte. ee)

Markt für Zuckernebenprodukte

156. Ebenfalls offen bleiben kann, ob Zuckernebenprodukte (Rübenschnitzel, Melasse, Carbokalk) einen oder mehrere sachlich relevante Märkte bilden und wie diese Märkte räumlich abzugrenzen wären. Es ist nicht ersichtlich, dass das

47

48 49

Vorhaben

insoweit

zur

Entstehung

oder

Verstärkung

von

Case No. COMP/M. 2502 Cargill/Cérestar, Rz. 14-16: “…..which limits the possibility to substitute sugar to around 2% of the current European sugar consumption. As such, the parties’ submission that glucose competes with sugar cannot be withheld….”. Nordzucker Asservat 9, Notizen vom 12. Mai 2000. Nordzucker hat im Jahre 2007 lediglich Industriezucker in einer Menge von [500-750 Tonnen] an Dritte geliefert. 48

Marktbeherrschung führt. Die Wettbewerbsverhältnisse in diesem Bereich müssen nicht im Detail untersucht werden. ff)

Markt für Bioethanol

157. Ob Bioethanol ein sachlich eigenständiger Markt ist, und wie ein solcher gegebenenfalls räumlich abzugrenzen wäre, kann dahinstehen. Eine detaillierte Untersuchung

der

Wettbewerbsverhältnisse

auf

diesem

Markt

kann

unterbleiben, da durch den Zusammenschluss dort in keinem Fall eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird. Zwar kommt es durch den Zusammenschluss zu Marktanteilsadditionen, da sowohl Danisco Sugar (in Anklam) als auch Nordzucker im Bereich der Produktion und des Vertriebs von Ethanol/Bioethanol tätig sind. Wesentliche Wettbewerber in Deutschland sind jedoch darüber hinaus die Unternehmen Verbio, Ruhrpetrol, Cargill und Alcodis. Mit einem Marktanteil von [15-25 %]50 ist Südzucker in diesem Bereich ein deutlich größerer Wettbewerber als Nordzucker/Danisco Sugar nach dem Zusammenschluss. gg) Markt für Saatgut 158. Im Bereich des Saatgutes grenzt die Beschlussabteilung in Übereinstimmung mit der Praxis der Europäischen Kommission sachlich gesonderte Märkte je nach der Art des Saatgutes ab.51 Da Danisco Sugar über die Danisco Seeds GmbH

neben

Zuckerrüben-Saatgut

auch

Saatgut

für

Sonnenblumen,

Futterrüben und Bohnen vertreibt, sind von dem Zusammenschlussvorhaben diese vier sachlich relevanten Märkte betroffen. Die genaue räumliche Marktabgrenzung der Saatgut-Märkte kann offen bleiben, ebenso wie eine detaillierte Untersuchung der Wettbewerbsverhältnisse auf diesen Märkten. Zum

Einen

kommt

es

durch

den

Zusammenschluss

zu

keinen

Marktanteilsadditionen, da Nordzucker keinerlei Saatgut produziert oder

50

51

Die Marktanteilsangaben beruhen auf den Schätzungen von Südzucker, die ein Marktvolumen von 1,035 Millionen Kubikmeter zu Grunde legen. Die Angaben zum Marktvolumen beruhen auf Angaben des Marktforschungsinstitutes F.O. Licht für das Jahr 2007. Tereos hat das Marktvolumen in Deutschland in einer ähnlichen Größenordnung geschätzt, Stellungnahme Tereos vom 12. 02. 2009, Seite 5. B2-54/04 Oetker / KWS, B2-65/04 Syngenta/Übernahme verschiedener Saatgutproduzenten, B2186/08 Dow Chemical/Südwestsaat; COMP/M. 3465 KWS/Adventa. 49

vertreibt.52 Starke Wettbewerber in allen Saatgutmärkten sind KWS, deren Marktanteil

bei

Zuckerrüben-Saatgut

über

der

Schwelle

für

die

Einzelmarktbeherrschungsvermutung des § 19 Abs. 3 Satz 1 GWB liegt, sowie die Unternehmen Strube-Dieckmann und Syngenta. Der Marktanteil der Danisco Seeds GmbH dürfte in Deutschland erheblich unter 10 % liegen. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass es durch den Zusammenschluss mit Nordzucker zur Entstehung von Marktbeherrschung auf einem der betroffenen Saatgutmärkte kommt. Im Folgenden werden diese Märkte als solche daher nicht weiter untersucht. b)

Verarbeitungszucker

159. Der Markt für Verarbeitungszucker ist der wettbewerblich relevante Markt für die Beurteilung des Zusammenschlussvorhabens. Dabei ist nicht zwischen Verarbeitungszucker aus konventionellem und ökologischem Anbau zu unterscheiden.53 160. Zugunsten der Zusammenschlussbeteiligten geht die Beschlussabteilung in diesem Beschluss davon aus, dass aus Rohrzucker gewonnener Zucker dem Markt für aus Zuckerrüben gewonnenen Verarbeitungszucker hinzuzurechnen ist. Ob eine Unterteilung des Marktes in eigenständige Teilmärkte für Flüssigzucker und kristallinen Weißzucker (noch) sachgerecht ist, kann offen bleiben.

52

53

Nordzucker vermittelt lediglich „ihren“ Rübenbauern einen Vertrag mit einem Saatguthersteller oder –lieferanten und übernimmt das Inkasso für diesen. Dies ist ein übliches Vorgehen, das auch von Pfeifer & Langen praktiziert wird. Der Vorteil für den Zuckerfabrikanten liegt darin, dass er erreichen kann, dass alle seine Abnehmer einheitlich Saatgut eines Anbieters beziehen, was dazu führt, dass die Qualitätsmerkmale der gezüchteten Rüben einheitlicher sind, als dies bei Bezug von verschiedenen Saatgutherstellern der Fall wäre. Eine einheitliche Rübenqualität erleichtert wiederum die Verarbeitung in der Zuckerfabrik. Südzucker vertreibt Saatgut (ohne es zu produzieren). Anders als bei anderen landwirtschaftlichen Produkten ist eine Trennung zwischen Zucker aus Rüben aus ökologischem Landbau und aus konventionellem Landbau nicht erforderlich. Das Herstellungsverfahren ist bei Biozucker identisch mit dem Herstellungsverfahren von sonstigem Zucker. Zuckerrüben aus ökologischem Landbau (gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2090/1991) werden zu Beginn einer jeweiligen Zuckerkampagne verarbeitet, so dass für die Verarbeitung von ökologisch angebauten Zuckerrüben nicht die Errichtung einer eigenständigen Verarbeitungsanlage erforderlich ist, um die „Verunreinigung“ mit aus konventionellem Landbau stammenden Rübenbestandteilen während des Verarbeitungsprozesses zu vermeiden. Im Anschluss an die Produktion des Biozuckers erfolgt dann in derselben Zuckerfabrik die Produktion von sonstigem Zucker. Sämtliche Zuckerarten können auch als Biozucker hergestellt werden. Dementsprechend produzieren sowohl Nordzucker und Danisco als auch Pfeifer & Langen und Südzucker konventionellen und Biozucker in Deutschland. 50

aa)

Rohrzucker/Rübenzucker

161. Die Zusammenschlussbeteiligten tragen erstmals explizit im Rahmen ihrer Stellungnahme zum Abmahnschreiben vor, dass aus Rohrzucker gewonnener Zucker und aus Zuckerrüben gewonnener Zucker einem einheitlichen sachlich relevanten Markt zuzurechnen sind. Weder das Bundeskartellamt noch andere Wettbewerbsbehörden haben sich bislang zu dieser Frage geäußert. 162. Es gibt eine ganze Reihe gewichtiger Indizien, die dafür sprechen, einen sachlich eigenständigen Markt für Rohrzucker anzunehmen. Zutreffend ist, dass das Zuckermolekül Saccharose in beiden Fällen identisch ist. Allerdings haben die befragten Abnehmer erklärt, raffinierter Rohrzucker sei allenfalls teilweise (für Abnehmer, die Backwaren produzieren in noch viel geringerem Umfang als für Abnehmer aus dem Bereich der Getränkeindustrie) mit aus Zuckerrüben gewonnenem Zucker austauschbar. Selbst Nordzucker geht jedenfalls für den gegenwärtigen Zeitpunkt davon aus, dass lediglich ein kleinerer Teil ihrer Kunden aus Rübenzucker gewonnenem Zucker durch aus Rohrzucker gewonnenen Zucker zu ersetzen bereit ist54 und gesteht dabei zu, dass es zwischen aus Rohrzucker gewonnenem Zucker und aus Zuckerrüben gewonnenen Zucker Qualitätsunterschiede gibt, wenn sie diese auch als „nicht signifikant“ bewertet. Andere Zuckerproduzenten gehen ebenfalls von einer nur eingeschränkten Austauschbarkeit aus.55 163. In

Ergänzung

zum

Nachfrageverhalten

der

Abnehmer

hat

die

Beschlussabteilung auch Ermittlungen zur Angebotsumstellungsflexibilität durchgeführt. Danach ergibt sich, dass Rohrzucker nur in sehr begrenztem Umfang in bestehenden Zuckerfabriken parallel zu Zuckerrüben verarbeitet werden kann. Die Verarbeitung von Zuckerrohr in größerem Umfang erfordert die Errichtung einer neuen Fabrik oder die Umrüstung einer bestehenden Zuckerfabrik. Dies ist nur mit entsprechendem Kosten- und Zeitaufwand möglich.56 Das spricht gegen eine Produktionsumstellungsflexibilität, welche in Ergänzung des Bedarfsmarktkonzepts möglicherweise die Annahme eines 54 55

56

Nordzucker Ergebnisprotokoll Vermarktung Rohrzucker in Deutschland vom 18.07. 2008. Stellungnahme Cosun am 26. Januar 2009 im Bundeskartellamt; Aussage von Pfeifer & Langen am 10. Dezember 2008 im Bundeskartellamt. Die Kosten für die Umrüstung einer bestehenden Zuckerfabrik werden von Zuckerproduzenten auf [> 10 Mio. EUR] geschätzt. 51

einheitlichen Marktes für Rübenzucker und für Rohrzucker rechtfertigen würde. Ein Aufbau neuer Raffinerien für Rohrzucker oder ein Umbau bestehender Anlagen erscheint nach Erkenntnissen der Beschlussabteilung auch nur dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn die Produktionsanlage Zugang zu einem (See)Hafen hat. 164. Bei Annahme eines separaten Marktes für Rohrzucker käme es durch den Zusammenschluss nicht zu Marktanteilsadditionen. Ein solcher Markt muss daher nicht näher untersucht werden. Im Folgenden geht der Beschluss daher zu Gunsten der Zusammenschlussbeteiligten von einem einheitlichen Markt für Verarbeitungszucker aus, unabhängig davon, ob dieser aus Zuckerrüben oder aus Zuckerrohr gewonnen wird. bb) Kristalliner Verarbeitungszucker /Flüssigzucker 165. Ob der Bereich des Verarbeitungszuckers weiter in selbständige Märkte für kristallinen Weißzucker und Flüssigzucker zu unterteilen ist, kann im Ergebnis offen bleiben. 166. Die Zusammenschlussbeteiligten tragen vor, dass eine weitere Unterteilung des Bereichs Verarbeitungszucker in eigenständige Märkte für kristallinen Weißzucker und Flüssigzucker nicht mehr sachgerecht ist. Sie begründen ihre Ansicht damit, dass sich das Nachfrageverhalten geändert habe. Bis zum Jahre 2002/2003 sei von den Abnehmern eine Mischung aus Flüssigzucker und Glukose nach spezifischen Vorgaben der Abnehmer nachgefragt worden. Diese Mischungen seien für die Kunden auch nicht durch kristallinen Weißzucker zu ersetzen gewesen. Derartige Mischungen würden jedoch seit einigen Jahren nicht mehr von den Abnehmern nachgefragt. Die Abnehmer seien vielmehr zunehmend dazu übergegangen, kristallinen Weißzucker nachzufragen und diesen in eigenen Verflüssigungsanlagen aufzulösen. Die Zusammenschlussbeteiligten führen eine Reihe von Unternehmen auf, die zwischen 2004 und 2008 ihren Bezug von Flüssigzucker auf kristallinen Weißzucker umgestellt haben. Die Beigeladene IHU hat ebenfalls in ihrer mündlichen Stellungnahme vorgetragen, dass eine Zusammenfassung von

52

Flüssigzucker und kristallinem Weißzucker zu einem einheitlichen sachlich relevanten Markt sachgerecht sei.57 167. In der Vergangenheit (bis einschließlich 2006) hat das Bundeskartellamt getrennte Märkte für Flüssigzucker und kristallinen Weißzucker angenommen. Die Ermittlungen der Beschlussabteilung hatten ergeben, dass Abnehmer gezielt Flüssigzucker nachfragten, um den mit der Auflösung verbundenen zeitlichen, technischen und personellen Aufwand zu vermeiden.58 Andere Wettbewerbsbehörden haben eine entsprechende Unterscheidung nicht getroffen. 59 168. Die Befragung der Abnehmer von Verarbeitungszucker in diesem Verfahren hat gezeigt, dass einige Unternehmen, die in der Vergangenheit Flüssigzucker nachgefragt hatten, mittlerweile kristallinen Weißzucker nachfragen und diesen in eigenen Anlagen verflüssigen.60 Zwar handelt es sich dabei nur um relativ wenige Unternehmen und die meisten der befragten Abnehmer, darunter auch große und finanzstarke Unternehmen, haben angegeben, auf den Bezug von Flüssigzucker angewiesen zu sein und ihren Bedarf nicht auf kristallinen Weißzucker umstellen zu können. Zudem kann für Zuckeranwendungen außerhalb von Flüssigkeiten in jedem Fall nur kristalliner Weißzucker verwendet werden. Es besteht daher - wenn überhaupt - nur eine einseitige Austauschbarkeit. 169. Demgegenüber könnte der Gesichtspunkt der Produktionsumstellungsflexibilität für die Annahme eines einheitlichen Marktes für Verarbeitungszucker sprechen. Südzucker

hat

an

drei

Standorten

Produktionsanlagen

für

Flüssigzucker/Invertzuckersirup. An allen drei Standorten wird auch kristalliner Weißzucker produziert. Auch Danisco Sugar und Nordzucker produzieren sowohl Flüssigzucker als auch kristallinen Weißzucker. Das entsprechende Fertigungswissen 57 58 59

60

ist

daher

bei

allen

Anbietern

vorhanden.

Da

die

Mündliche Stellungnahme IHU am 23. Januar 2009. B2-91/98; Nordzucker-Vertriebskartell; B2-31/02 Nordzucker /Union –Zucker. U.a. U.K. Competition Commission James Budgett Sugars Ltd. and Napier Brown Foods PLC, Rz. 4.11; Nederlandse Mededingingsautoriteit Case 5703/Cosun-CSM, Rz. 29. Die Unternehmen, die eine Umstellung vollzogen haben, haben angegeben, dass die Umstellung innerhalb eines Zeitraums von [6 bis 12 Monaten] und mit einem Kostenaufwand von [unter 1,5 Mio. €] verbunden gewesen sei. Südzucker schätzt, dass [weniger als 25%] ihrer Kunden im Flüssigzuckerbereich ihren Bezug von Flüssigzucker auf kristallinen Weißzucker umgestellt haben. 53

Produktionsanlagen ohnehin nicht maximal ausgelastet sind, weil auf Grund der Quotenbeschränkung nicht beliebig viel Zucker produziert werden kann, geht die Beschlussabteilung davon aus, dass auf Seiten der Anbieter eine hohe Angebotsumstellungsflexibilität besteht.61 cc)

Ergebnis

170. Im Ergebnis sprechen einige gewichtige Gründe für die Annahme eines einheitlichen

Marktes

für

Verarbeitungszucker.

Da

die

Untersagungsvoraussetzung sowohl bei der Annahme getrennter Märkte als auch bei Annahme eines einheitlichen Marktes für Verarbeitungszucker vorliegen, geht die Beschlussabteilung für die Prüfung des folgenden Vorhabens entsprechend dem Vortrag der Zusammenschlussbeteiligten davon aus, dass es sich um einen einheitlichen Markt für Verarbeitungszucker handelt. 6.

Räumliche Marktabgrenzung

171. Der Markt für Verarbeitungszucker ist national abzugrenzen. a)

Vortrag der Zusammenschlussbeteiligten und bisherige Praxis BKartA

172. Die

Zusammenschlussbeteiligten

haben

zunächst

in

der

Anmeldung

vorgetragen, dass der Markt für Verarbeitungszucker räumlich größer als der bisher von der Beschlussabteilung zu Grunde gelegte regionale Markt von 200/220 km um eine Zuckerfabrik ist. Sie begründeten ihre Auffassung im Wesentlichen damit, dass es eine Reihe von großen Nachfragern gebe, die ihre Beschaffung europaweit zentralisiert haben. Im späteren Ablauf des Verfahrens haben

die

Aktionsradius

Zusammenschlussbeteiligten eines

Zuckerproduzenten

geltend ganz

gemacht, wesentlich

dass

der

durch

die

Transportkosten beschränkt wird. Sie tragen vor, dass der Transport von Zucker aus dem norddeutschen Raum und der Mitte Deutschlands in den bayerischen Raum und umgekehrt betriebswirtschaftlich unsinnig sei. In der

61

An dieser Einschätzung ändert der Umstand, dass es einige Unternehmen gibt, die nur Flüssigzucker herstellen und über keine Umstellungsflexibilität verfügen, nichts. Diese Unternehmen verfügen nur deshalb nicht über eine entsprechende Umstellungsflexibilität, weil sie keine Quotenrechte zur Zuckerproduktion in Deutschland haben und kristallinen Weißzucker 54

Erwiderung auf die Abmahnung schließlich argumentiert Nordzucker, dass die Beschlussabteilung

konsequenterweise

grenzüberschreitende

Märkte

annehmen müsste. 173. Die Beschlussabteilung hat in der Vergangenheit insbesondere unter Berücksichtigung der Transportkosten einen Lieferradius von zunächst 200 km,62 in einer späteren Entscheidung dann von 220 km63 um eine Zuckerfabrik als räumlich relevanten Markt abgegrenzt. Nicht in den relevanten Markt einbezogen wurden solche Gebiete, die zwar innerhalb des jeweiligen Radius aber außerhalb Deutschlands liegen. Die Europäische Kommission hat ebenfalls in Bezug auf Deutschland die Abgrenzung eines regionalen Marktes für sachgerecht gehalten. Dieser umfasst den Raum Süddeutschland (die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Saarland, Hessen und RheinlandPfalz).64 Auch die niederländische Wettbewerbsbehörde (im Folgenden „NMa“) hat für Deutschland eine Abgrenzung auf der Basis eines 220 km Radius für sachgerecht gehalten, geht für die Niederlande dagegen von einem deutlich größeren

räumlich

relevanten 65

grenzüberschreitend sein kann.

Markt

(300

km)

aus,

der

auch

Die NMa beruft sich für ihre Marktabgrenzung

für Deutschland jedoch auf die entsprechende Entscheidungspraxis des Bundeskartellamtes. Es ist insoweit nicht klar, ob die NMa bezüglich des deutschen Marktraumes überhaupt eigene Markterhebungen angestellt hat. 174. Nordzucker und Südzucker berufen sich auf diese Verwaltungspraxis und tragen insoweit im Widerspruch zu ihren eigenen Angaben in der Anmeldung vor, es gebe keinerlei nachvollziehbaren Grund, abweichend von der

62 63 64

65

einkaufen müssen, um diesen dann zu Flüssigzucker weiterzuverarbeiten. Sie sind daher eher als Dienstleister denn als Zuckerproduzenten einzustufen. B2-31/02 Nordzucker/Union-Zucker. B2-90/05 Pfeifer & Langen/Zuckerfabrik Jülich, Rz. 40. Case No. COMP/M. 2530 Südzucker/Saint Louis Sucre, Rz. 31 ff. 39 ff. Die regionale Marktabgrenzung nimmt die Europäische Kommission für die Märkte für Verarbeitungszucker und für Haushaltszucker/Herstellermarken vor. Für den von ihr als eigenständigen Markt abgegrenzten Bereich Haushaltszucker/Handelsmarken geht die Europäische Kommission dagegen auch für Deutschland von einem nationalen Markt aus. Nederlandse Mededingingsautoriteit Besluit Nr. 5703/304 Cosun-CSM, Rz. 62. Die estnische Wettbewerbsbehörde hat ihrer Entscheidung in räumlicher Hinsicht einen nationalen Markt zu Grunde gelegt (Konkurentsiamet Otsus Koondumisele nr 18/2008 TITOCONCERTO A/S / Danisco Sugar A/S loa andmine), ebenso die litauische Kartellbehörde (Competition Council of the Republic of Lithuania Decision No. 1S-152). 55

bisherigen Praxis der Wettbewerbsanalyse nunmehr einen nationalen Markt zu Grund zu legen. 175. Grundsätzlich ist ein Abweichen von der bisherigen Verwaltungspraxis rechtlich zulässig. Es besteht kein wie auch immer gearteter Grundsatz des Vertrauensschutzes der Verfahrensbeteiligten, der die Beschlussabteilung dazu zwingt,

an

einer

einmal

gefundenen

sachlichen

oder

räumlichen

Marktabgrenzung festzuhalten. 176. Die Beschlussabteilung hat in diesem Verfahren auf Grund der geänderten Marktbedingungen

im

Übrigen

nicht

nur

ihre

bisherige

räumliche

Marktabgrenzung, sondern auch ihre Einschätzung bezüglich der sachlichen Marktabgrenzung

erweitert

und

ist

dabei

den

Anregungen

der

Zusammenschlussbeteiligten gefolgt. 177. Die letzte veröffentlichte Entscheidung der Beschlussabteilung im Bereich des Verarbeitungszuckers stammt aus dem Jahre 2006. Zu diesem Zeitpunkt war die Reform der Zuckermarktverordnung soeben erst in Kraft getreten. Der damaligen

Entscheidung

liegt

mithin

bei

der

Frage

der

räumlichen

Marktabgrenzung eine Marktstruktur zu Grunde, deren Rahmenbedingungen sich u.a. durch die später erfolgte Schließung von Zuckerfabriken geändert haben. Gleiches gilt im Übrigen für die Einschätzungen der Auswirkungen der Zuckermarktreform. Die Auswirkungen waren zum damaligen Zeitpunkt schwerer zu prognostizieren, als dies heute, nachdem Auswirkungen (und ausgebliebene Auswirkungen) klarer erkennbar sind, der Fall ist. b)

Nationaler Markt für Verarbeitungszucker in Deutschland

178. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist die Beschlussabteilung zu der Erkenntnis gelangt, dass der Markt für Verarbeitungszucker mittlerweile national und nicht mehr regional abzugrenzen ist. Maßgeblich ist hierfür die Erkenntnis, dass es zwar historisch gewachsene Kernabsatzgebiete der Zuckerproduzenten in Deutschland gibt, die weitgehend regionale Begrenzung diese Absatzgebiete jedoch nicht durch strukturelle Gründe bedingt ist. Marktzutrittsschranken

bestehen

nicht.

56

Die

Zuckerproduzenten

können

innerhalb ihrer Kernabsatzgebiete auch nach eigener Einschätzung keine andere Marktstrategie verfolgen, als außerhalb derselben. aa)

Befragung der Abnehmer

179. Die Befragung der Abnehmer hat ein differenziertes Bild ergeben. Rein rechnerisch betrachtet haben ungefähr 50 % der befragten Abnehmer angegeben, der Markt für Verarbeitungszucker sei regional und innerdeutsch oder regional und grenzüberschreitend abzugrenzen. Allerdings hat eine nicht unerhebliche Anzahl dieser Abnehmer erklärt, dass es sich um eine „künstliche“ Marktabgrenzung handele, die nicht durch objektive Ursachen, sondern durch das Vertriebsverhalten der Zuckerproduzenten begründet sei, die

das

jeweilige

„Hoheitsgebiet“

ihrer

deutschen

Wettbewerber

„respektierten“. Weitere 26 % der befragten Abnehmer haben demgegenüber erklärt, der Markt sei europaweit abzugrenzen. Allerdings hat aus dieser Gruppe ein Teil wiederum erklärt, de facto nur von deutschen Lieferanten oder Danisco Anklam beliefert zu werden und auch keine Ausweichmöglichkeit auf andere

Lieferanten

zu

haben.

24 %

der

befragten

Abnehmer

von

Verarbeitungszucker haben erklärt, dass der Markt national abzugrenzen sei. bb) Ansicht der Zuckerhersteller 180. Danisco Sugar hat in ihrer Stellungnahme angegeben, der räumlich relevante Markt sei „mindestens national“. 181. Südzucker hatte bereits in dem Zusammenschlussverfahren der Europäischen Kommission Südzucker/Saint Louis Sucre die Ansicht vertreten, dass eine regionale Marktabgrenzung nicht sachgerecht sei. Diese Auffassung hat Südzucker auch in diesem Zusammenschlussvorhaben wiederholt. Nach Ansicht von Südzucker ist stattdessen der Markt für Verarbeitungszucker national abzugrenzen. Südzucker hat zur Begründung angeführt, dass unterschiedliche räumliche Schwerpunkte der deutschen Zuckerproduzenten nicht den Schluss erlaubten, diese könnten unabhängig voneinander und ohne Rücksicht aufeinander in ihren jeweiligen räumlichen Gebieten aktiv sein. Es gebe

breite

Bereiche,

in

denen

sich

die

jeweiligen

Gebiete

der

Zuckerproduzenten überlappten. In diesen Überlappungsgebieten könnten die

57

Zuckerproduzenten aber keine andere Marktstrategie verfolgen als in ihren Kerngebieten. Ein Indiz dafür sei, dass in Deutschland ein homogeneres Preisniveau herrsche, als in anderen Mitgliedstaaten.66 182. Pfeifer & Langen hält eine Abgrenzung von 300 km um den jeweiligen Produktionsstandort für sachgerecht, die Beigeladene IHU gibt an, der räumliche Markt habe sich von einem grenzüberschreitenden Markt zu einem nationalen Markt „rückentwickelt“. cc)

Entstehung von Kernabsatzgebieten und Optimierung dieser Gebiete durch externes Wachstum

183. Für die Entstehung der Kernabsatzgebiete sind überwiegend historische Gründe verantwortlich. Sie sind dadurch entstanden, dass die Unternehmen bestrebt sind, ihre Vertriebsstruktur zu optimieren. Rein strukturelle Gründe sind dagegen nicht für die Entstehung dieser Gebiete verantwortlich. 184. Die Ermittlungen der Beschlussabteilung haben bestätigt, dass die deutschen Zuckerproduzenten in räumlicher Nähe zu ihren Zuckerfabriken Gebiete haben, in denen sie einen ganz wesentlichen Teil ihres Zuckers absetzen. Die wesentlichen in Deutschland tätigen Zuckerhersteller und Zuckerhändler sind von der Beschlussabteilung nach ihren Lieferströmen gefragt worden. Dabei war für sämtliche Produktionsstandorte und Läger anzugeben, welche Mengen (Umsatz in EUR) von dem jeweiligen Standort bzw. Lager in welches Postleitzahlengebiet verkauft worden sind. Bei der Auswertung hat die Beschlussabteilung Gebiete auf Basis von zweistelligen Postleitzahlen als „Kernabsatzgebiete“ eines Zuckerproduzenten ausgewiesen, bei denen dieser im

Jahre

2007

einen

Marktanteil

von

mindestens

80 %

erzielt

hat

(vgl. Anlage 2). 185. Diese Kernabsatzgebiete sind historisch entstanden und beruhen darauf, dass die Zuckerproduzenten Zuckerfabriken jeweils in ihren Kernabsatzgebieten oder in unmittelbar angrenzenden Gebieten erworben haben (vgl. Anlage 3 für einen Überblick über die Standorte der deutschen Zuckerfabriken). Kein deutscher Zuckerproduzent hat bislang in Deutschland eine Zuckerfabrik 66

Case No. COMP/M. 2530 Südzucker/Saint Louis Sucre, Rz. 33. 58

erworben,

die

im

Kernabsatzgebiet

eines

Wettbewerbers

lag.

Die

Zuckerproduzenten sind zudem bestrebt, überwiegend solche Kunden zu beliefern, die räumlich in der Nähe einer ihrer Zuckerfabrik liegen, um Lieferwege zu optimieren und die Transportkosten gering zu halten. Diese Standortpolitik rechtfertigt jedoch nicht ohne weiteres den Schluss, dass es sich insoweit auch um jeweils separate räumliche Märkte handelt. 186. Die Kerngebiete der Zuckerproduzenten sind dadurch entstanden, dass Zuckerfabriken jeweils im eigenen Kerngebiet oder in räumlicher Nähe zum eigenen Kerngebiet, nicht jedoch im Kerngebiet eines Wettbewerbers erworben wurden. Sie beruhen nicht darauf, dass Zucker ein „verderbliches Gut“ ist, das nicht

über

längere

Marktzutrittsschranken

Strecken

rechtlicher

transportiert

oder

tatsächlicher

werden Art

könnte.

konnte

die

Beschlussabteilung nicht identifizieren. 187. Pfeifer & Langen hat die Zuckerfabrik Jülich erworben, die im Kerngebiet von Pfeifer & Langen liegt,67 die Zuckerfabrik Jülich hatte zuvor die Zuckerfabrik Bedburg erworben,68 die in Nachbarschaft zur Zuckerfabrik Jülich liegt. 188. Im Jahre 1997/98 hatten die Zuckerverbund Nord AG und die Zucker AG Uelzen-Braunschweig zur Nordzucker fusioniert.69 Die Zucker AG UelzenBraunschweig hatte zuvor Zuckerfabriken in Güstrow und Lübz, in Wismar und Salzwedel

erworben.70

Die

Zucker

AG

Uelzen-Braunschweig

hat

die

Zuckerfabrik Königslutter,71 die Zuckerfabriken in Genthin, Haldersleben und Klein Wanzleben72, im Jahre 1991 die Hannover Zucker AG Lehrte73 sowie 1992 die Zucker AG Schöppenstedt74 erworben. Nordzucker hat im Jahre 2002 die Union Zucker Südhannover erworben.75 Zwar hat das Unternehmen im Jahre 1995 auch ernsthaftes Interesse am Erwerb der Zuckerfabrik Jülich gezeigt. Allerdings hat Pfeifer & Langen gegenüber Nordzucker deutlich gemacht, dass dieses Interesse von Nordzucker als „unfreundlicher Akt“ 67 68 69 70 71 72 73 74

B2-90/05, Pfeifer & Langen/Zuckerfabrik Jülich. B2-42/95 Zuckerfabrik Jülich/Zuckerfabrik Bedburg. B2-89/97 Zuckerverbund Nord AG/Zucker AG Uelzen Braunschweig. B2-108/90 Zucker AG /Zuckerfabriken Güstrow, Salzwedel, Wismar und Lübz. B2-230/92 Zucker AG/Zuckerfabrik Königslutter. B2-33/91 Zuckerverbund Nord/Zuckerfabriken Genthin, Haldersleben und Klein Wanzleben. B2-Zuckerverbund Nord/Hannover Zucker AG Lehrte. B2-185/92 Zucker AG Uelzen-Braunschweig/Zucker AG Schöppenstedt. 59

bewertet werde. Wenn Nordzucker Jülich erwerbe, hinterlasse sie im nördlichen Deutschland „verbrannte Erde“ und entziehe einer „späteren Zusammenarbeit zwischen P & L und NZ den Boden“.76 Eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Nordzucker und Pfeifer & Langen wurde dann zumindest noch im November 2005 und Februar 2006 zwischen Nordzucker und Pfeifer & Langen diskutiert. Dabei hat Nordzucker u. a. vorgeschlagen, von einem Erwerb der Zuckerfabrik in Jülich Abstand zu nehmen, wenn Pfeifer & Langen im Gegenzug seine [ ] Werke an Nordzucker verkauft oder in [ ] „mit Nordzucker zusammengeht“.77 Da jedoch wegen der unterschiedlichen Interessenlagen [

] keine Einigung zustande kam, war das Fazit von

Nordzucker in Bezug auf die geplante Übernahme der Zuckerfabrik Jülich, dass Nordzucker seine „politische Schmerzgrenze definieren“ müsse.78 Letztlich hat jedoch Pfeifer & Langen die Zuckerfabrik Jülich erworben. 189. Südzucker hat u. a. die Zuckerfabriken in Straußfurt, Zeitz, Delitzsch, Brottewitz und Löbau erworben79 und im Jahre 1992 die Zuckerfabrik Soest.80 Südzucker hatte sich dagegen nicht um den Kauf der Zuckerfabrik Jülich bemüht. Für Danisco Sugar hat Südzucker auch ein Angebot zum Erwerb der Zuckersparte abgegeben. Aus den internen Unterlagen von Südzucker ergibt sich jedoch, dass Südzucker tatsächlich nicht am Erwerb der Zuckersparte von Danisco A/S interessiert war und nur aus strategischen Überlegungen ein Angebot abgegeben hatte.81 Dies hat Südzucker gegenüber dem Bundeskartellamt nochmals ausdrücklich bestätigt.82 190. Von diesem Schema weicht lediglich der Erwerb von Zuckerfabriken im Osten Deutschlands durch Pfeifer & Langen ab, da diese nicht unmittelbar im Kerngebiet der Pfeifer & Langen

75 76 77

78 79 80 81

82

liegen und auch nicht an das bisherige

B2-31/02 Nordzucker/Union Zucker Südhannover. Nordzucker Email vom 30. März 2005. Nordzucker Email vom 6. November 2005. Gemäß einer Nordzucker Email vom 15. Februar 2006 hat es Gespräche zwischen Pfeifer & Langen und Nordzucker darüber gegeben, dass „in Bezug auf das Projekt Jaguar (das ist die Zuckerfabrik Jülich) man über [ ] t Quote reden könne“. Nordzucker Email vom 5. November 2005. B2-119/90, B2-116/90 Südzucker/Zuckerfabrik Straußfurt. B2-187/92 Südzucker/Soest. Südzucker Asservat 6, Seite 263; Protokoll Nr. 30 der Vorstandssitzung vom 23. Januar 2008; Asservat 9, Seite 235 Chancen und Risiken Anklam“. Besprechung im Bundeskartellamt vom 30. Januar 2009. 60

Kerngebiet von Pfeifer & Langen angrenzen.83 Dies ist jedoch historisch bedingt. Der Erwerb erfolgte im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands. Zum damaligen Zeitpunkt wurde nach Sanierungskonzepten für die im Osten Deutschlands

gelegenen

Zuckerfabriken

gesucht.

Neben

einer

Reihe

ausländischer Wettbewerber, von denen letztlich mit Ausnahme von Danisco Sugar keiner Berücksichtigung fand, hatten insbesondere Nord- und Südzucker Interesse an einem Erwerb der Zuckerfabriken und der entsprechenden Zuckerquote gezeigt. Das Bundeskartellamt hatte damals signalisiert, einem Erwerb von Zuckerfabriken durch Südzucker nur dann zuzustimmen, wenn durch den Eintritt eines weiteren Wettbewerbers (außer Nordzucker) eine Verstärkung der Marktstellung von Südzucker kompensiert werde. Dieser weitere Wettbewerber war dann Pfeifer & Langen.84 dd) Räumliche Ausdehnung der Kernabsatzgebiete 191. Das Bestreben, Lieferströme zu optimieren und Transportkosten gering zu halten, führt zwar dazu, dass die Zuckerproduzenten bestrebt sind, überwiegend Kunden zu beliefern, die in räumlicher Nähe zu einer ihrer Zuckerfabriken liegen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Belieferung von Kunden in Kerngebieten der Wettbewerber allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen ist. Es hat in der Vergangenheit eine Reihe von Werksschließungen gegeben, um im Rahmen der oben näher beschriebenen, von der Europäischen Kommission finanziell entschädigten Quotenrückgabe zugleich die von Nordzucker in ihrer Stellungnahme zur Abmahnung beschriebenen Rationalisierungsmaßnahmen durchzuführen.85 Dadurch hat sich der Lieferradius der verbliebenen Zuckerfabriken für alle Marktteilnehmer gegenüber der Vergangenheit erhöht. 192. Alle deutschen Zuckerproduzenten haben in der Vergangenheit Werke in Deutschland geschlossen. Diese Werksschließung ist wenigstens teilweise auf die finanziellen Anreize zurückzuführen, die sich aus der ZMO ergeben und die 83 84

85

B2-16/91 Pfeifer & Langen/Zuckerfabriken Langenboden, Elsnigk, Nauen und Thöringswerda. B2-119/90 Vorbereitung der Anmeldungen der Zuckerwirtschaft bei Restrukturierung im Beitrittsgebiet. Nordzucker Stellungnahme vom 20. Januar 2009, S. 6 f. Südzucker hat in ihrer mündlichen Stellungnahme vom 30. Januar 2009 ebenfalls auf entsprechende eigene Rationalisierungsmaßnahmen hingewiesen. 61

die höchste Entschädigung für die Schließung kompletter Werke vorsehen. Andererseits

haben

alle

Zuckerproduzenten

Rationalisierungsmaßnahmen Zuckerproduktionsstandorten

durchgeführt. vergrößert

in

Mit

sich

der

der

der

Vergangenheit

Schließung

Lieferradius

für

von die

verbleibenden Werke. Daher haben die Ermittlungen der Beschlussabteilung einen über die Jahre stetig wachsenden Lieferradius für die jeweils verbliebenen Produktionsstandorte ergeben. ee)

Lieferradien und Transportkosten

193. In ihrer Stellungnahme zur Abmahnung macht Südzucker geltend, die von der Beschlussabteilung festgestellte Wettbewerbslosigkeit zwischen Nordzucker und

Südzucker

insbesondere

die

beruhe

auf

objektiven

Transportkosten

Strukturgründen.

ausschlaggebend

dafür,

Dabei dass

seien eine

Belieferung in ganz Deutschland unwirtschaftlich sei. Da Zucker ein homogenes gut mit hohem Fixkostenanteil sei, sei Zucker besonders „transportkostensensibel“.

Südzucker

kritisiert

weiter

den

vermeintlich

systematisch fehlerhaften Ansatz. Wenn die Beschlussabteilung bei der wettbewerblichen

Beurteilung

den

regional

unterschiedlichen

Tätigkeitsschwerpunkten der Zuckerhersteller eine entscheidende

Rolle

beimesse, dann müsse auch die räumliche Marktabgrenzung entsprechend ausfallen. Insofern sei hier nur eine regionale Marktabgrenzung sachgerecht.86 194. Die Transportkosten bilden keine absolute Marktzutrittsschranke, die der Annahme eines deutschlandweiten Marktes entgegen stehen. Abstrakt betrachtet ist es zutreffend, dass Transportkosten bei einem homogenen Gut mit hohem Fixkostenanteil für die Preisbildung besonders wichtig sind. Dies kann dazu führen, dass der Verkauf für den Zuckerproduzenten ab einer bestimmten Entfernung unwirtschaftlich wird. Wo diese Grenze für ihr Unternehmen liegt (und auf welchen wirtschaftlichen Rahmendaten dies beruht), haben die Verfahrensbeteiligten (mit Ausnahme von Nordzucker) nicht angegeben.

86

Südzucker Stellungnahme vom 20. Januar 2009, S. 19 ff. 62

195. Nordzucker hat der Beschlussabteilung eine Berechnung der Transportkosten in Abhängigkeit von der Entfernung vorgelegt. Aus den von Nordzucker vorgelegten Daten ergibt sich, dass erst ab einer Entfernung von [200-400] km die Transportkosten progressiv ansteigen.87 196. Der

Transportkostenunterschied

zwischen

einer

Lieferung

von

Verarbeitungszucker über 200 km und einer Lieferung über 300 km beträgt nach den Angaben von Nordzucker unter [0-10] EUR.88 Geht man von einem derzeitigen durchschnittlichen Verkaufspreis in Höhe von 600 EUR je Tonne Verarbeitungszucker aus, liegt die Preisdifferenz bei lediglich[0-5] %. 197. Legt man daher eine Entfernung von mindestens 300 km zu Grunde, was im Übrigen auch mit der Einschätzung von Pfeifer & Langen korrespondiert, ist das

Überschneidungsgebiet

zwischen

den

Produktionsstandorten

der

Zuckerproduzenten in Deutschland so groß, dass bereits dies die Annahme eines nationalen Marktes rechtfertigt. 198. Ein Hinweis darauf, dass Transportkosten tatsächlich nicht die Annahme regionaler Märkte rechtfertigen, findet sich bei Betrachtung des Wettbewerbers Danisco Anklam, der über kein historisch gewachsenes Kerngebiet verfügt. Von Anklam aus beliefert Danisco Anklam den Raum südlich von [...], den Raum [...] und den Raum [...]. Legt man diesen Maßstab zu Grunde, könnten sowohl Pfeifer & Langen als auch Nordzucker von ihren Standorten den Münchener Raum, umgekehrt Südzucker den gesamten norddeutschen Raum beliefern. 199. Auch die Verfahrensbeteiligten entscheiden über die Belieferung von Abnehmern nicht alleine auf Grund der Lieferdistanz. Nordzucker und Südzucker haben in der Vergangenheit nicht ihre gesamte inländische Quote in Deutschland abgesetzt. Sie haben einen nicht unerheblichen Anteil ihrer inländischen Quote [zwischen 15 % und 20 %] vom Markt genommen und in andere europäische Staaten ausgeführt. Dabei hat z.B. Nordzucker ihren Zucker nicht etwa in die unmittelbar an ihre Vertriebsgebiet angrenzenden [...], sondern bis in den [...]transportiert, wo das Preisniveau zwar höher als in 87 88

Nordzucker Stellungnahme vom 12. Dezember 2008, Anlagenkonvolut 1. Nordzucker Stellungnahme vom 12. Dezember 2008, Anlagenkonvolut 1. 63

anderen [...]ist, jedoch noch immer unter dem in [...]lag. Nordzucker begründet dies mit der strategischen Notwendigkeit, auf einem zukünftigen [...]präsent zu sein. 200. Nach dem Vortrag aller Zuckerproduzenten gibt es eine Reihe deutschlandweit (oder sogar europaweit) tätiger Abnehmer, die von den Zuckerproduzenten eine deutschlandweite (oder europaweite) Lieferung nachfragen und erhalten. Ob dabei eine Belieferung betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, entscheidet mithin nicht die absolute Entfernung, sondern vielmehr eine Gesamtabwägung der mit der Belieferung des jeweiligen Kunden verbundenen Vor- und Nachteile. Geringere Margen aufgrund größerer Entfernungen für die Belieferung werden dann in Kauf genommen, wenn es sich um einen wichtigen Kunden mit entsprechendem

Absatzpotential

handelt.

Dies

verdeutlicht,

dass

die

Transportkosten jedenfalls keine absolute Marktzutrittsschranke bilden. ff)

Bewertung der Verfahrensbeteiligten

201. Dem entspricht im Übrigen auch die Bewertung der Verfahrensbeteiligten: Sowohl Nordzucker als auch Südzucker haben in ihren Stellungnahmen zur Abmahnung geltend gemacht, sie könnten in ihren jeweiligen Kerngebieten keine andere Marktstrategie verfolgen als außerhalb derselben.89 Auch aus internen Unterlagen der Nordzucker ergibt sich, dass die Annahme regionaler Märkte auf der Grundlage eines Radius um einen Produktionsstandort nicht mehr den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht.90 202. Illustriert wird dies dadurch, dass vor einigen Jahren die Wettbewerber von Danisco Sugar konstatiert hatten, dass Danisco Sugar die Marktverhältnisse in Deutschland wenig kenne und deshalb mit größeren Preisnachlässen gegenüber der Konkurrenz operiere, als dies erforderlich wäre. Die Folge sei, dass „trotz der geographischen Randlage sich die Niedrigpreispolitik von Anklam auf den deutschen Markt insgesamt auswirke, da nationale und internationale Kunden für entsprechende Transparenz sorg(t)en“.91 Auch in 89

90

91

Nordzucker Stellungnahme vom 20. Januar 2009, Seite 50; Südzucker Stellungnahme vom 20. Januar 2009, Seite 13. Nordzucker Email vom 3.7.2008:”...the german cartel authority argue(s) that sugar is sold within a radius of 220 km around a sugar plant....On the other hand, the real market acts in a different way…”. Südzucker Asservat 2, Seite 123. 64

einer

internen

Bewertung

des

Gefahrenpotentials,

das

von

einer

Raffinationsanlage für Rohrzucker in Anklam ausgeht, geht Nordzucker davon aus, dass [...].92 203. Die Beschlussabteilung teilt aus den dargestellten Gründen die Ansicht, dass es den Zuckerunternehmen in Deutschland bei funktionierendem Wettbewerb allenfalls sehr begrenzt möglich ist, in ihren „Kernabsatzgebieten“ eine andere Marktstrategie zu verfolgen, als im übrigen Bundesgebiet. Aus diesem Grund bildet

der

nationale

Markt

die

sachgerechte

Grundlage,

um

die

Marktes

für

Wettbewerbsverhältnisse bei Verarbeitungszucker zu beurteilen. c)

Kein europäischer Markt für Verarbeitungszucker

204. Andererseits

ist

die

Annahme

eines

europäischen

Verarbeitungszucker nicht gerechtfertigt. Es bestehen zwar keine rechtlichen Marktzutrittsschranken für den Vertrieb von Zucker. Dennoch gibt es erhebliche faktischer Marktzutrittsschranken, die der Annahme eines einheitlichen europäischen Marktraumes entgegenstehen. Zu diesen gehören neben unterschiedlichen Anforderungen der Abnehmer an die Zuckerqualität auch die hohen Anforderungen der Abnehmer an die Lieferzuverlässigkeit. Außerdem ist für einen relevanten Markterfolg der Aufbau eines nationalen Vertriebssystems oder besser noch einer Produktionsanlage auf den einzelnen nationalen Märkten erforderlich. aa)

Aktuelle Ein- und Ausfuhren auf dem deutschen Markt

205. Der deutsche Markt befindet sich in keiner „Insellage“. Grenzüberschreitender Warenverkehr findet gegenwärtig mit Nachbarstaaten Deutschlands statt. 206. Die Ermittlungen haben jedoch gezeigt, dass diese Lieferbewegungen von und nach Deutschland zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht so erheblich sind, dass sie auf einen größeren als nationalen Markt schließen lassen. So liegen die Einfuhren des letzten ZWJ in einer Größenordnung von < 10 % gemessen am in Deutschland abgesetzten Verarbeitungszucker insgesamt.

92

Email Nordzucker vom 10. Juni 2008. 65

bb) Faktische Marktzutrittsschranken 207. Die Beschlussabteilung hat nicht feststellen können, dass es innerhalb des Prognosezeitraums zur Herausbildung eines europäischen oder auch nur eines Deutschland

und

weitere

Staaten

(oder

Gebiete

einzelner

Staaten)

umfassenden Marktraums kommen wird. Es bestehen für nicht in Deutschland ansässige

Zuckerproduzenten

eine

Reihe

von

faktischen

Marktzutrittsschranken. aaa) Präsenz vor Ort 208. Für eine erfolgreiche Geschäftsstrategie ist es notwendig, wenigstens mit einer Niederlassung, besser noch mit einer Zuckerfabrik im jeweiligen Absatzland präsent zu sein.93 Dieses Erfordernis besteht u.a. deshalb, weil die Abnehmer keine eigene Lagerhaltung betreiben. Dementsprechend sind sie bei ihrer Produktion auf eine Lieferung „just-in-time“ angewiesen. Zuckerproduzenten haben erklärt, dass eine Belieferung innerhalb von 24 Stunden erwartet werde, die logistisch nur dann zu bewerkstelligen sei, wenn der Zuckerproduzent in dem Staat selbst ansässig ist, in dem der Kunde seinen Produktionsstandort hat.94 209. Die Antworten im Rahmen der Abnehmerbefragung haben diese Einschätzung bestätigt.

Liefersicherheit

und

Lieferzuverlässigkeit

sind

auch

nach

Einschätzung der Verfahrensbeteiligten Kriterien, die von den Abnehmern regelmäßig höher bewertet werden, als der zu zahlende Zuckerpreis.95 Dem entspricht, dass viele Abnehmer angemerkt haben, dass die erforderliche Lieferzuverlässigkeit bezüglich der Importe aus mittel- und osteuropäischen Staaten, teilweise aber auch aus Frankreich, nicht gewährleistet sei und deshalb Lieferbeziehungen zu Lieferanten aus diesen Staaten wieder abgebrochen worden sind.

93

94

95

Tereos (mündliche Stellungnahme vom 4. Februar 2009) und schriftliche Stellungnahme vom 12. Februar 2009, Seite 2 sowie Cosun (mündliche Stellungnahme vom 26. Januar 2009) haben dies explizit vorgetragen. Tereos mündliche Stellungnahme vom 4. Februar 2009 und schriftliche Stellungnahme vom 12. Februar 2009, Seite 2. U.a. Südzucker Stellungnahme vom 20. Januar 2009, Seite 11. 66

bbb) Qualität und Zuckerarten 210. Nicht in Deutschland ansässige Zuckerlieferanten verfügen zudem teilweise nicht über Zucker in einer Spezifizierung, wie dies von den in Deutschland tätigen Abnehmern nachgefragt wird. So haben Abnehmer bekundet, dass Zuckerlieferanten aus Polen und angrenzenden Staaten für sie deshalb nicht (oder nur in sehr geringem Umfang) in Betracht kommen, weil die Qualität des produzierten Zuckers (in Bezug auf die Farbe, die Körnung und die im Zucker vorhandenen

Sedimente)

nicht

ihren

Anforderungen

entspricht.

Damit

korrespondiert eine relativ geringe Importmenge selbst von den polnischen Werken von Pfeifer & Langen oder von dem polnischen Lieferanten Krajowa Spótka Cukrowa S.A. (im Folgenden „KSC“), deren Zuckerfabriken auf Grund der relativ geringen Entfernung zur deutschen Grenze zumindest den ostdeutschen

Raum

wohl

preisgünstiger

versorgen

könnten,

als

die

96

nächstgelegenen deutschen Zuckerfabriken.

211. Zudem hat Danisco Sugar in ihrer Stellungnahme zur Abmahnung darauf hingewiesen, dass der in Skandinavien und im Baltikum hergestellte Verarbeitungszucker eine kleinere Körnungsgröße als der in Deutschland hergestellte (und nachgefragte) Verarbeitungszucker habe. Danisco Sugar qualifiziert diesen Umstand als „natürliches Hindernis“ für den Marktzutritt in Deutschland.97 cc)

Unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen in den verschiedenen europäischen Staaten

aaa) Preisniveau 212. Darüber hinaus ist ein Indiz für räumlich eigenständige Märkte, dass in den verschiedenen europäischen Staaten kein einheitliches Preisniveau besteht. Auch nach Einschätzung der Verfahrensbeteiligten ist das Preisniveau in den südlichen98 und den östlichen Staaten deutlich niedriger,99 das Preisniveau in

96

97 98 99

So auch die Einschätzung von Südzucker bezüglich Pfeifer & Langen, Stellungnahme vom 20. Januar 2009, Seite 17. Danisco Stellungnahme vom 20. Januar 2009, Seite 3. Projekt Tito: Wachstum für eine sicherere Zukunft: Seite 8. Nordzucker Preisübersicht EU Industriezucker 9/2007; Südzucker Asservat 8, Seite 271, Asservat 9, Seite 431. 67

den

skandinavischen

Ländern100

dagegen

höher

als

in

Deutschland.

Nordzucker schätzt intern, dass die Preisdifferenz zum deutschen Markt die Frachtdifferenz zu diesen Märkten übersteigt.101 213. Ebenso erhalten Abnehmer, die ihren Zuckerbedarf in verschiedenen europäischen Staaten nachfragen, keinen „europäischen Einheitspreis“, sondern jeweils unterschiedliche Preise für einzelne europäische Staaten.102 214. Teilweise unterscheiden sich die Marktbedingungen auch bezüglich des nationalen Rechtsrahmens, innerhalb dessen der Zuckervertrieb möglich ist. So ist z. B. das zulässige Höchstgewicht für den Straßentransport in Frankreich und den Niederlanden höher als in Deutschland, mit der Folge, dass der Lkw Transport von Zucker in Deutschland insoweit teurer ist.103 bbb) Marktstruktur auf Anbieterseite 215. Schließlich ist auch die Marktstrukturen auf der Anbieterseite in den einzelnen europäischen Staaten höchst unterschiedlich: Danisco Sugar ist quasiMonopolist in Skandinavien und hat eine sehr starke Marktstellung in den baltischen Staaten,

ist jedoch im restlichen Europa (mit Ausnahme von

Deutschland) so gut wie nicht präsent. Nordzucker und Südzucker haben eine sehr starke Marktstellung in Deutschland, in Polen ist Pfeifer & Langen jedoch stärker als Nordzucker bzw. Südzucker vertreten. Der Zuckerproduzent KSC hat die höchsten Marktanteile in Polen. In Österreich ist Südzucker quasiMonopolist, in den Niederlanden hat Cosun eine sehr starke Marktstellung und in Großbritannien British Sugar. In Frankreich ist Tereos führender Anbieter vor Südzucker und der Groupe Vermandoise bzw. Nordzucker. In weiteren europäischen Staaten ohne nationalen Zuckerproduzenten gibt es keinen klaren Marktführer.

100 101 102

103

Danisco Stellungnahme vom 20. Januar 2009, Seite 3. Projekt Tito: Wachstum für eine sichere Zukunft Seite 36. Nordzucker Anlage 1 zum Schreiben vom 6. Februar 2009; Nordzucker Notizen vom 4. 8. 2008 (Asservat 3); Tereos hat dies im Gespräch im Bundeskartellamt am 4. Februar 2009 ebenfalls bestätigt. Cosun EMail vom 29. 01. 2009; Nederlandse Mededingingsautoriteit Besluit Nr. 5703/304 CosunCSM, Rz. 60, 61. 68

dd) Prognose 216. Die Beschlussabteilung verkennt nicht, dass die europäischen Zuckermärkte gegenwärtig „in Bewegung“ sind, sich teilweise die lokalen Kräfteverhältnisse ändern und die Möglichkeit besteht, dass es zumindest in einzelnen Regionen zur Herausbildung von grenzüberschreitenden Märkten kommen wird. Für Deutschland lässt sich das jedoch nicht in einem Ausmaß feststellen oder prognostizieren,

wie

dies

zur

Annahme

grenzüberschreitender

Märkte

erforderlich wäre. aaa) Rahmenbedingungen für Einfuhren aus EU-Ländern 217. Zuckerproduzenten aus Polen werden am Ende der Zuckermarktreform einen Heimatmarkt mit einem Angebotsdefizit haben. Für diese besteht daher kein Anreiz,

in

nennenswertem

Umfang

ihre

Exporte

nach

Deutschland

auszudehnen, zumal Deutschland seinerseits kein Defizitland sein wird. Außerdem haben Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen vor einigen Jahren Zuckerfabriken in einigen MOEL-Ländern (wozu auch Polen zählt)104 erworben. Seit die deutschen Zuckerproduzenten in diesen Staaten tätig sind, hat sich das Preisniveau in diesen Ländern dort deutlich erhöht, so dass (auch für international tätige Zuckerhändler) der Import aus diesen Staaten nach Deutschland nicht mehr so attraktiv ist, wie in der Vergangenheit.105 218. Auch Exporte aus dem skandinavischen Raum werden nicht in einem Umfang ansteigen, dass dies die Annahme eines größeren räumlich relevanten Marktes rechtfertigte. Danisco Sugar exportiert bereits gegenwärtig seinen Zucker hauptsächlich in die skandinavischen Länder und wird dies (auch bei Zugehörigkeit zu Nordzucker) auch zukünftig tun, da die skandinavischen und baltischen Staaten (mit Ausnahme des Überschussgebietes Dänemark) am Ende der Zuckermarktreform Defizitländer sein werden. Zwar hat Danisco Sugar schon bislang (über den mit dem Werk Anklam in Deutschland produzierten Zucker hinaus) Zucker nach Deutschland exportiert. Die Exporte sind in den vergangenen Jahren sogar angestiegen. Wegen des gegenüber dem deutschen Markt deutlich höheren Preisniveaus in den skandinavischen

104

Mittel- und osteuropäische Länder. 69

Staaten bleibt es für Danisco Sugar /Nordzucker jedoch auch in Zukunft attraktiv, seinen Zucker schwerpunktmäßig in diesen Staaten abzusetzen.106 219. Ein Import aus Frankreich, dem größten Überschussgebiet in der Europäischen Union,

könnte

theoretisch

durch

die

dortigen

Zuckerproduzenten

in

zunehmendem Maße erfolgen, zumal die französischen Zuckerfabriken im nördlichen Teil von Frankreich und damit günstig zum süd- und westdeutschen Markt

liegen.

Dennoch

ist

nicht

zu

erwarten,

dass

französische

Zuckerproduzenten in verstärktem Maß ihren Zucker nach Deutschland exportieren werden. Ein Grund dafür ist, dass es mit Tereos nur einen nennenswerten von Nordzucker und Südzucker unabhängigen Zuckerhersteller gibt. In Frankreich sind neben Tereos im Wesentlichen nur die mit Nordzucker über Eurosugar verbundene Cristal Union und die zu Südzucker gehörende Saint Louis Sucre tätig. Die Groupe Vermandoise ist nur ein kleiner Produzent, der zudem auf dem deutschen Markt keine Rolle spielt.107 Bei Cristal Union (Eurosugar) und Saint Louis Sucre (Südzucker) ist nicht zu erwarten, dass Importe nach Deutschland in nennenswertem Umfang erfolgen, da beide Zuckerhersteller kein Interesse daran haben, das Preisniveau in Deutschland durch Einfuhren größerer Zuckermengen aus Frankreich zu gefährden. Um kein Überangebot mit entsprechendem Preisdruck zu erzeugen, müssten sie deutschen Quotenzucker unter Inkaufnahme von Transportkosten in einem Maße wieder ausführen, wie sie Zucker aus französischer Produktion einführen. 220. Aber auch in Bezug auf Tereos steht nicht zu erwarten, dass deren Importe nach

Deutschland

ansteigen

werden.

Tereos

müsste

im

Falle

von

vorstoßendem Wettbewerb damit rechnen, dass Nordzucker und Südzucker Tereos auf ihrem Heimatmarkt Frankreich angreifen. Dies dürfte sie nach Einschätzung der Beschlussabteilung nachhaltig davon abhalten, ihre Importe nach Deutschland erheblich auszuweiten. Nordzucker hat explizit derartige

105

Darauf hat insbesondere die Zuckervertriebsgesellschaft der IHU in ihrer schriftlichen Antwort auf den Fragebogen und in ihrer mündlichen Stellungnahme am 23. Januar 2009 hingewiesen. 106 Danisco Stellungnahme vom 20. Januar 2009, Seite 3. 107 Tereos hat bestätigt, dass dieses Unternehmen von seiner Geschäftsstrategie praktisch vollständig auf den französischen Markt ausgerichtet ist, mündliche Stellungnahme Tereos vom 4. Februar 2009. 70

Überlegungen für den Fall angestellt, dass Tereos Anklam erwirbt und mit Anklam vorstoßenden Wettbewerb in Deutschland betreibt.108 221. Auch

andere

europäische

Zuckerproduzenten

haben

keinen

Anreiz,

Lieferungen nach Deutschland aufzubauen oder auszuweiten. Deutschland wird am Ende der Zuckermarktreform weder ein Überschuss- noch ein Defizitland sein. Es handelt sich bei Deutschland vielmehr um einen gesättigten Markt im Quotenbereich. Die räumliche Nähe der deutschen Zuckerfabriken zu ihren deutschen Kunden lässt erwarten, dass trotz der tendenziell höheren Preise

in

Deutschland

die

deutschen

Zuckerproduzenten

und

nicht

ausländische Zuckerproduzenten ohne eigene Zuckerfabriken in Deutschland die deutschen Kunden beliefern werden. Dies entspricht auch der internen Einschätzung von Nordzucker. 109 bbb) Rahmenbedingungen für Handel innerhalb der EU 222. Deutsche Zuckerproduzenten werden ihrerseits zukünftig Zucker nicht in erheblich größerem Umfang ausführen, als dies bereits gegenwärtig der Fall ist. Auch die zunehmend europäische Ausrichtung etwa von Nordzucker mit der Gründung von Eurosugar führt nicht dazu, dass der in Deutschland hergestellte Verarbeitungszucker zunehmend in andere EU-Länder verbracht wird. Im Fokus

von

Eurosugar

stehen

[...]wie

z.

B.

[...],

die

nach

der

Unternehmensstrategie künftig verstärkt von Eurosugar aus den [...]Werken der [...]beliefert werden sollen. ee)

Ergebnis

223. Im Ergebnis hat die Beschlussabteilung keine weiteren Anhaltspunkte gefunden,

die

gegenwärtig

eine

größere

als

nationale

räumliche

Marktabgrenzung für Verarbeitungszucker rechtfertigen. Auch Nordzucker geht in seinen eigenen Marktanalysen davon aus, dass „Deutschland“ der räumlich relevante Markt ist. 110

108

Nordzucker Email vom 11. Juni 2008. Nordzucker Email vom 28. Mai 2008. 110 Projekt Tito: Wachstum für eine sichere Zukunft, Seite 35. 109

71

7.

Auswirkungen des Zusammenschlusses

224. Der

Zusammenschluss

lässt

die

Verstärkung

einer

oligopolistischen

marktbeherrschenden Stellung der Zuckerhersteller Nordzucker und Südzucker auf dem deutschen Markt für die Herstellung und den Vertrieb von Verarbeitungszucker erwarten (§ 36 Abs. 1, § 19 Abs. 3 Satz 2 GWB). Dies würde auch dann gelten, wenn man einen jeweils eigenständigen Markt für kristallinen Verarbeitungszucker und Flüssigzucker abgrenzte. a)

Konzeptionelle Grundlagen

225. Die

konzeptionellen

Grundlagen

der

deutschen

Fusionskontrolle

in

oligopolistisch strukturierten Märkten haben sich aufgrund einer umfangreichen Fallpraxis seit langem etabliert. Die Wettbewerbsbehörden und Gerichte haben Faktoren herausgearbeitet, anhand derer geprüft werden kann, ob auf einem relevanten

Markt

oligopolistische

Marktbeherrschung

besteht.

Der

Prüfungsschwerpunkt liegt auf (a) den Strukturbedingungen im Markt und (b) ihren Wirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen im Oligopol und auf den Wettbewerb

gegenüber

den

Oligopolaußenseitern.

Die

Analyse

der

Strukturbedingungen des betroffenen Marktes umfasst dabei neben dem durch die Vermutungen des § 19 Abs. 3 Satz 2 GWB näher konkretisierten Grad der Anbieterkonzentration (Marktanteile) unter anderem Faktoren wie die Art und die Höhe der Marktzutrittsschranken, den Grad der Stabilität der Angebots- und Nachfragebedingungen, den Grad der Homogenität des Produktes, das Ausmaß der vorherrschenden Markttransparenz und weitere Faktoren wie z.B. bestehende Verflechtungen und Kooperationen zwischen den Oligopolisten oder zwischen Oligopolisten und Dritten. Die wettbewerbstheoretischen Grundlagen

für

die

festgestellten

maßgeblichen

Zusammenhänge

Strukturbedingungen

Wettbewerbsgeschehen

im

Oligopol

eines stützen

zwischen

den

konkret

Marktes

und

dem

sich

unter

anderem

auf

spieltheoretisch fundierte industrieökonomische Ansätze, die insbesondere den Anreiz der betrachteten Unternehmen für ein dauerhaftes Parallelverhalten und die Vorteilhaftigkeit eines entsprechenden Verzichts auf wettbewerbliche Vorstöße

in

den

Mittelpunkt

stellen.

Bei

der

Analyse

des

Wettbewerbsgeschehens wird bewertet, inwieweit die Strukturbedingungen die Anreize

der

betroffenen

Unternehmen 72

für

den

aktiven

Einsatz

von

Wettbewerbsparametern im Oligopol beeinflussen; In diesem Zusammenhang gilt das Hauptaugenmerk nicht zuletzt dem Grad der Identifizier- und Beobachtbarkeit einseitiger wettbewerblicher Vorstöße und der Möglichkeit, diese mit einer hinreichend großen Abschreckungswirkung zu sanktionieren. 226. Das

Bundeskartellamt

dargestellte

und

die

Prüfungskonzept

deutsche für

die

Rechtsprechung haben Feststellung

das

kollektiver

Marktbeherrschung - das auch Grundlage der Fusionskontrolle der Kommission in

Oligopolmärkten

Entscheidungen

ist –

in

angewandt

einer Reihe und

von

verankert. 111

älteren

und

Zuletzt

neueren hat

der

Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung E.ON/Stadtwerke Eschwege die Anwendungspraxis des Bundeskartellamtes und des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf nachdrücklich bestätigt. Danach kommt im Rahmen der erforderlichen

Gesamtbetrachtung den die

Marktstruktur bestimmenden

Merkmalen eine besondere Bedeutung zu. Insgesamt sei zu prüfen, ob aufgrund der Marktstruktur ein Anreiz besteht, nicht von dem gemeinsamen Vorgehen abzuweichen und ob daher mit einem dauerhaft einheitlichen Verhalten der Mitglieder des Oligopols zu rechnen ist. Dabei sind die Markttransparenz und die Abschreckungs- und Sanktionsmechanismen bei abweichendem Marktverhalten die für eine implizite Kollusion entscheidenden Indizien. Im Rahmen der Beurteilung der die Marktstruktur bestimmenden Merkmale erwähnt der BGH neben dem Konzentrationsgrad im Sinne der Marktstruktur im engeren Sinne weitere Aspekte wie z.B. die Symmetrie der Produktpaletten der Oligopolisten sowie einen Vergleich der jeweiligen Kostenstruktur,

die

Nachfragemacht

der

Marktgegenseite

und

die

Preiselastizität der Nachfrage. Für ein Oligopol spricht nach den Feststellungen des BGH auch, wenn ein Produkt- und Preiswettbewerb aufgrund der Homogenität der vertriebenen Produkte ohnehin nur eingeschränkt oder gar nicht in Betracht kommt oder gesellschaftsrechtliche Verflechtungen bestehen. Der BGH verweist schließlich auch auf die Bedeutung des tatsächlich

111

BGH WuW/E 2433, 2440 "Gruner + Jahr/Zeit II", KG WuW/E OLG 3051. 3075 ff. "Morris/Rothmans", OLG DE-R 1625, 1628ff. "Rethmann/GfA Köthen", OLG Beschluss vom 6. Juni 2007 "E.ON/Stadtwerke Eschwege", Beschlussausfertigung Seite 15 ff.; BKartA WuW/E 2247, 2249 "Hüls/Condea", BKartA WuW/E 2669, 2678 "Lindner Licht GmbH", BKartA DE-V 995, 1001 ff. "Rethmann/GfA Köthen", BKartA DE-V 823, 825 ff. "E.ON/Stadtwerke Eschwege"; OLG 73

feststellbaren

Wettbewerbsverhaltens

der

Oligopolisten

und

benennt

beispielhaft eine gegebenenfalls geringe Kundenwechselquote als einen Beleg für einen fehlenden Binnenwettbewerb..112 227. Auch die Anforderungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) an die fusionsrechtliche

Prüfung

oligopolistischer

Märkte

sind

weitgehend

deckungsgleich mit den Anforderungen in der deutschen Rechtsanwendung und Rechtsprechung. Der EuGH hat jüngst und in Aufhebung des Urteils des EuG in der Sache „Impala/Kommission“113 unterstrichen, dass es für die Beurteilung

einer

stillschweigenden

Koordinierung

im

Oligopol

einer

Gesamtbetrachtung des Marktes bedarf. 114 Dabei seien die verbindenden Faktoren zwischen den Mitgliedern des Oligopols festzustellen, die ein einheitliches Vorgehen auf dem Markt ermöglichten, um aus einer kollektiven wirtschaftlichen Machtstellung gegenseitig Nutzen ziehen zu können. Es komme nicht darauf an, jedes Strukturkriterium (wie im Fall die Transparenz des Marktes) isoliert und abstrakt zu prüfen. Vielmehr müssen sämtliche Strukturkriterien in Hinblick auf einen Mechanismus einer unterstellten stillschweigenden Koordinierung beurteilt werden. Nur bei Berücksichtigung eines solchen Gesamtzusammenhanges könne beurteilt werden, ob etwaige Faktoren, wie die Transparenz auf einen Markt, tatsächlich geeignet sind, ein gemeinsames

Vorgehen

zu

erleichtern

und

eine

Überwachung

des

koordinierten Verhaltens zu ermöglichen. b)

Marktstruktur und Wettbewerbsbedingungen vor dem Zusammenschluss

228. Im

vorliegenden

Fall

hat

das

Bundeskartellamt

auf

dem

Markt

für

Verarbeitungszucker das Bestehen einer kollektiven Marktbeherrschung festgestellt. Der Markt weist eine ganze Reihe von Strukturbedingungen auf, die eine Koordinierung erleichtern (hierzu unter aa)). Aufgrund dieser Marktstruktur

wird

ein

nachhaltiger

Anreiz

der

Oligopolisten

für

Düsseldorf, Beschluss vom 26. November 2008 „Phonak/GN Resound“, Beschlussausfertigung Seite 28 ff. 112 BGH, Beschluss vom 11. November 2008 "E.ON/Stadtwerke Eschwege", Beschlussausfertigung Seite 17 f. 113 Rs. T-464/04 "IMPALA/Kommission"; Europäisches Gericht erster Instanz, Entscheidung v. 13. Juli 2006, "2. Concept of collective dominance", Rz. 245 ff. 114 EuGH, Urteil v. 10. Juli 2008, Rz. 117 ff.

74

Parallelverhalten

begründet,

insbesondere

aufgrund

der

leichten

Identifizierbarkeit wettbewerblicher Vorstöße und der Existenz effektiver Vergeltungs- bzw. Abschreckungsmechanismen (hierzu unter bb)). Der auf das Oligopol

einwirkende

aktuelle

und

potentielle

Außenwettbewerb

ist

unzureichend, um für eine wirksame Begrenzung der Verhaltensspielräume der Oligopolisten zu sorgen (hierzu unter cc)). Eine hinreichend gegengewichtige Nachfragemacht konnte – entgegen der Annahme der Parteien – nicht festgestellt werden (hierzu unter dd)).. aa)

Strukturbedingung zur Begünstigung von Parallelverhalten

229. Die beschriebenen Strukturbedingungen, die ein Parallelverhalten nahe legen und begünstigten, lassen sich sämtlich auf dem deutschen Markt für Verarbeitungszucker nachweisen. Die identifizierten Strukturbedingungen stimmen weitgehend mit den in den Leitlinien der Kommission definierten Kriterien überein, 115 teilweise gehen sie sogar darüber hinaus. Die weitgehende Anpassung der Anbieter an diese Wettbewerbsbedingungen begünstigt ein oligopolistisches

Parallelverhalten,

das

schon

vor

Vollzug

des

Zusammenschlussvorhabens für ein marktbeherrschendes Oligopol zwischen Nordzucker und Südzucker spricht. Ob Pfeifer & Langen ebenfalls Teil dieses Oligopols ist, muss hier nicht entschieden werden, weil es für die Beurteilung des angemeldeten Zusammenschlusses ohne Relevanz ist. 230. Der

Zusammenschluss

wird

die

markt-

und

unternehmensbezogenen

Strukturen zugunsten des Oligopols Südzucker/Nordzucker weiter verändern. Der fehlende Binnenwettbewerb korrespondiert mit einer überragenden Marktstellung des Oligopols gegenüber den auf dem deutschen Markt verbliebenen Anbietern von Verarbeitungszucker. aaa) Marktkonzentration und Marktanteil 231. Der Konzentrationsgrad auf dem Markt für Verarbeitungszucker ist sehr hoch. Die beiden führenden Anbieter Nordzucker und Südzucker halten in Deutschland einen gemeinsamen Marktanteil von [>50].

115

"Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen" der Kommission, VO Nr. 139/2004 des Rates 75

232. Der Markt für Verarbeitungszucker (aus Rohrzucker und Rübenzucker) in Deutschland hatte im letzten ZWJ eine Größe von rund 2,75 Mio. t. Dieses Ergebnis aus der Befragung deckt sich ungefähr mit den Angaben des Statistischen Bundesamtes bzw. des BMELV, die den Gesamtmarkt für 2007/08 mit 2,54 Mio. t angeben. Vergleichbare Zahlen sind auch in der Anmeldung

enthalten,

in

welcher

das

Volumen

des

Marktes

für

Verarbeitungszucker gesamt, d.h. einschließlich Flüssigzuckers, mit 2,86 Mio. t geschätzt wird. Der Umsatz allein der vier größten Zuckerhersteller auf diesem Markt betrug im ZWJ 2007/08 mehr als 1,5 Mrd. EUR. 233. Die Marktanteile der Wettbewerber für das letzte abgeschlossene ZWJ 2007/08 in

Deutschland

sind

für

den

Bereich

des

Verarbeitungszuckers

in

nachfolgender Tabelle dargestellt. Die Angaben erfolgen dabei entsprechend der hier angenommenen sachlichen Marktabgrenzung für kristallinen und flüssigen Verarbeitungszucker zusammen: Marktanteile Verarbeitungszucker gesamt in % Nordzucker

25 – 30

Südzucker

25 – 30

Pfeifer & Langen

20 – 25

Danisco

5 – 10

IHU

5 – 10

C.K. Sugar & Fruit

0–5

Winter GmbH

0–5

Tereos

5 – 10

Cosun

0–5

Polnische Importe

0–5

Sonst. Zuckerhändler und -importeure

0–5

Summe

100

vom 20.01.2005, Ziffer 44 ff; zur generellen Anwendbarkeit einer Norm vgl. Rex v. Haddock in A.P. Herbert Uncommon Law, Seite 53 ff, Seite 57 und 58. 76

234. Die in der Tabelle errechneten Marktanteile haben sich aus der Befragung der in Deutschland tätigen Hersteller, Händler, Importeure sowie der ausländischen Zuckerproduzenten ergeben. 235. Zu

Gunsten

der

Zusammenschlussbeteiligten

werden

vorliegend

die

Marktanteile von Tereos, Cosun, der polnischen Importe und der deutschen Zuckerhändler vollständig in die Betrachtung miteinbezogen. Hierdurch kommt es zu Doppelzählungen, denn vor allem die deutschen Zuckerhändler beziehen nach eigenen Angaben ihren Zucker zum Teil von Tereos oder Cosun, so dass dieser Absatz beim Marktanteil von Tereos abgezogen werden müsste. Es ist deshalb davon auszugehen, dass das Gesamtmarktvolumen tatsächlich kleiner ist. 236. Der Markt in Deutschland stellt sich demnach wie folgt dar: 

Südzucker ist Marktführer mit einem Anteil von 25 – 30 %



Nordzucker folgt direkt dahinter mit 25 – 30 % Marktanteil



Mit etwas Abstand folgt Pfeifer & Langen mit 20 – 25 %



Deutlichen Abstand weisen Danisco Sugar und die Beigeladene IHU mit jeweils 5 – 10 % auf.

237. Auf dem deutschlandweiten Markt für Verarbeitungszucker haben die beiden führenden

Anbieter

Nordzucker

und

Südzucker

einen

gemeinsamen

Marktanteil von [50-60 %], die Grenze für die enge Oligopolvermutung des § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist deutlich überschritten. Der hohe gemeinsame Marktanteil des Duopols Nordzucker und Südzucker geht einher mit erheblichen Marktanteilsvorsprüngen vor den folgenden Wettbewerbern: schon der Marktanteilsabstand zu Pfeifer & Langen als dem nächstgrößten Wettbewerber beträgt rund 35 %, alle folgenden Wettbewerber haben sogar nur Marktanteile im einstelligen Prozentbereich. Hierbei ist weiter zu berücksichtigen, dass Pfeifer & Langen im Vergleich zu Südzucker einerseits und Nordzucker andererseits keine sehr großen Marktanteilsunterschiede aufweist, jedoch erhebliche Unterschiede in den marktbezogenen Ressourcen und dem Wettbewerbsverhalten zwischen Pfeifer & Langen und dem Duopol

77

bestehen. Für die vorliegende Entscheidung kann es jedoch dahinstehen, ob Pfeifer & Langen dem Oligopol zuzurechnen ist oder nicht. (1)

Marktanteilsentwicklung

238. Die Marktanteile der Oligopolisten sind stabil. Die Entwicklung der Marktanteile in den letzten drei ZWJ ist den nächsten beiden Übersichten dargestellt. Marktanteile Verarbeitungszucker gesamt in % ZWJ 2005/06

ZWJ 2006/07

ZWJ 2007/08

Nordzucker

25 – 30

30 – 35

25 – 30

Südzucker

25 – 30

25 – 30

25 – 30

Pfeifer & Langen

15 – 20

15 – 20

20 – 25

Danisco

0–5

0–5

5 – 10

IHU

5 – 10

5 – 10

5 – 10

C.K. Sugar & Fruit

0,00

0–5

0–5

Winter GmbH

0–5

0–5

0–5

Tereos

5 – 10

5 – 10

5 – 10

Suiker Unie

0–5

0–5

0–5

Polnische Importe

0–5

0–5

0–5

Sonst. Zuckerhändler – und Importeure

0–5

0–5

0–5

100,00

100,00

100,00

Summe

239. Graphisch zeigen sich die folgenden Verlaufskurven:

78

Entwicklung Marktanteile Verarbeitungszucker gesamt Nordzucker Südzucker Pfeifer & Langen Danisco IHU

2005/06

2006/07

2007/08

240. Die Marktanteile von Nordzucker und Südzucker bei Verarbeitungszucker unterlagen in der Vergangenheit keinen nennenswerten Schwankungen (der Schwankungsbereich lag in den letzten drei ZWJ < 2 %), sie sind auf hohem Niveau stabil geblieben. Der Marktanteilszuwachs in Höhe von < 5 % von Pfeifer & Langen beruht im Wesentlichen auf der Übernahme der Zuckerfabrik Jülich, nicht jedoch auf Marktanteilsgewinnen zu Lasten eines oder mehrerer Wettbewerber. Ließe man dieses externe Wachstum außer Acht, wäre auch der Marktanteil von Pfeifer & Langen statisch. Lediglich Danisco Sugar verzeichnet auf diesem Markt ein Wachstum auf niedrigem Niveau (< 5 %). 241. Der Anteil der anderen Wettbewerber ist auf sehr niedrigem Niveau in etwa gleich geblieben, mit Ausnahme der Importeure und Zuckerhändler, deren Anteil deutlich gesunken ist. 242. Die Ergebnisse beruhen auf der durch die Beschlussabteilung durchgeführten Befragung aller Marktteilnehmer mit einer nennenswerten Marktbedeutung. Die Angaben in der Anmeldung zeigen ein ähnliches Bild, wobei jedoch dort die Marktanteile der Zusammenschlussbeteiligten leicht unter den hier ermittelten Werten liegen und der Anteil von Südzucker deutlich über dem von der Beschlussabteilung ermittelten Marktanteil liegt.

79

(2)

Einfuhren

243. Nach den Ermittlungen der Beschlussabteilung liegen die Einfuhren im vergangenen ZWJ unter 10 % bezogen auf das Gesamtmarktvolumen. Einfuhren nach Deutschland haben nur dann einen wettbewerblichen Effekt, wenn sie durch dritte, nicht mit den Mitgliedern des Oligopols verbundene Unternehmen

erfolgen

und

auch

selbständig

vertrieben

werden.

Die

Beschlussabteilung sieht vor diesem Hintergrund vor allem die Einfuhren von Tereos, Cosun und KSC als wettbewerbsrelevante Einfuhren an. Hier ergibt sich ein „gemeinsamer Marktanteil“ von < 10 %. Während es in den Niederlanden mit Cosun nur einen Zuckerhersteller gibt, finden sich in Frankreich und Polen weitere Hersteller. Diese Zuckerhersteller sind weit überwiegend aber nicht unabhängig, sondern verbundene Unternehmen von Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen. 244. Auch die Zusammenschlussbeteiligten benennen in ihrer Anmeldung keine weiteren nennenswerten ausländischen Wettbewerber und geben den Marktanteil

der

eben

genannten

ausländischen

Wettbewerber

in

der

Anmeldung mit < 10 % an. 116 Dem entspricht das Ergebnis der Marktbefragung bei den Abnehmern, die ebenfalls keine anderen Unternehmen als aktuelle oder potentielle Lieferanten benannt haben. 245. In ihrer mündlichen und schriftlichen Stellungnahme zum Abmahnschreiben hat Nordzucker erstmals vorgetragen, es gebe eine erhebliche Anzahl weiterer Zuckerlieferanten (Händler und Produzenten), die Zucker nach Deutschland exportierten und die die Beschlussabteilung nicht befragt habe. Folglich seien deren Importe nicht bei der Berechnung des Marktvolumens berücksichtigt. Die der

wettbewerbsrechtlichen

Beurteilung

zu

Grunde

gelegten

Daten

überzeichneten somit die Marktstellung der Zusammenschlussbeteiligten und von Südzucker und seien insgesamt nicht plausibel. 246. Zutreffend ist, dass die Beschlussabteilung die von Nordzucker benannten Unternehmen nicht befragt hat und dass die Angaben des Statistischen Bundesamtes höhere Einfuhren ausweisen.

116

Anlage 6 zur Anmeldung vom 24. September 2008. 80

247. Die Angaben des Statistischen Bundesamtes zu den Zuckereinfuhren nach Deutschland im Jahr 2007 sind nicht geeignet, die tatsächliche Höhe der wettbewerblich wirksamen Einfuhren abzubilden. Die vom Statistischen Bundesamt für dieses Jahr verzeichneten Einfuhren in Höhe von rund 552.000 t ergeben sich aus der Außenhandelsstatistik. Gegenstand dieser Erhebung ist der grenzüberschreitende Warenverkehr Deutschlands mit dem Ausland, d.h. alle körperlich ein- und ausgehenden Waren werden erfasst. 117 Zur Meldung verpflichtet sind alle umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen in Deutschland, deren innergemeinschaftlicher Warenverkehr den Wert von 300.000 EUR übersteigt. Es werden demnach alle Marktbewegungen von Zucker oberhalb dieser Grenze erfasst, unabhängig von Absender und Empfänger der Ware. Die Befragung der vier großen Wettbewerber in Deutschland hat ergeben, dass beispielsweise rund 141.000 t allein durch die Wettbewerber selber bzw. durch mit diesen verbundenen Unternehmen nach Deutschland eingeführt worden sind. 248. Die von der Beschlussabteilung ermittelten Daten geben die tatsächlichen Marktverhältnisse dagegen zutreffend wieder. Es kann auf Grund der Marktbedingungen ausgeschlossen werden, dass die nachträglich von Nordzucker gemeldeten Wettbewerber in nennenswertem Umfang auf dem deutschen Markt tätig sind: Die Zuckerproduzenten haben bestätigt, dass für einen

erfolgreichen

Marktauftritt

in

Deutschland

eine

Präsenz

(Niederlassung/Produktionsstätte) auf dem deutschen Markt erforderlich ist. Die von Nordzucker benannten Unternehmen verfügen über eine solche nicht. Soweit diese Unternehmen über Händler auf dem deutschen Markt tätig sind, sind ihre Liefermengen (über die Händler) im Marktvolumen enthalten. 249. Auch Nordzucker geht in internen Berechnungen von nahezu exakt den Importdaten aus, welche die Beschlussabteilung dieser Entscheidung zu Grunde legt. 118 Für Frankreich, von wo die höchste Importmenge nach Deutschland kommt, werden die von der Beschlussabteilung ermittelten Daten zusätzlich von Tereos bestätigt. Tereos hat auf der Grundlage der eigenen 117

S. dazu Informationsbroschüre „Außenhandel“ des Statistischen Bundesamtes, abrufbar unter http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/Fachve roeffentlichungen/Aussenhandel/LeitfadenAussenhandelsstatistik,property=file.pdf. 118 Nordzucker Aufzeichnungen in Asservat 3 vom 29. 01. 2008. 81

Importe und von Schätzungen der Importmengen der übrigen französischen Zuckerproduzenten Angaben zu dem Importvolumen aus Frankreich gemacht, die sowohl mit den internen Schätzungen von Nordzucker als auch mit den in diesem Beschluss verwendeten Daten deckungsgleich sind. 119 250. Die Beschlussabteilung hält es daher für ausgeschlossen, dass die der Marktanteilsberechnung

zu

Grunde

liegenden

Daten

nicht

die

Kräfteverhältnisse auf dem deutschen Markt für Verarbeitungszucker zutreffend wiedergeben. bbb) Marktzutrittsschranken 251. Der

deutsche

Markt

für

Verarbeitungszucker

weist

faktische

Marktzutrittsschranken auf, die zu einer Abschottung des Marktes führen und das Oligopol damit absichern. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen einem Marktzutritt als Zuckerproduzent und einem Marktzutritt als Zuckerhändler, wenngleich beides eng miteinander verknüpft ist. 252. Für die Herstellung von Zucker in Deutschland sind eine Zuckerfabrik und (soweit es sich um die Herstellung von Zucker aus Zuckerrüben handelt), die Zuteilung einer Zuckerproduktionsquote erforderlich. 253. Ein Marktzutritt in Deutschland als Zuckerproduzent ist mit sehr hohen Marktzutrittsschranken verbunden. Zunächst erfordert der Zutritt den Aufbau einer Zuckerfabrik. Dann muss diese Zuckerfabrik, sofern sie Zucker aus Zuckerrüben gewinnt, Lieferrechte von umliegenden Zuckerrübenanbauern erwerben. In größerem Umfang ist dies nicht möglich, da die Rübenanbauer durch langfristige Lieferverträge an die bestehenden Zuckerfabriken gebunden sind. Rechtlich ist eine Zulassung als Zuckerhersteller und die Erteilung einer Zuckerproduktionsquote durch das zuständige BMELV und Landwirtschaft erforderlich. Die Quote ist je Mitgliedsland der EU begrenzt und bereits vollständig verteilt. Der Marktzutritt ist damit allenfalls durch die Übernahme eines bestehenden Produktionsstandortes in Deutschland, wie vorliegend, möglich. Anderenfalls müsste die Quote unter Berücksichtigung eines neu in den Markt eintretenden Zuckerherstellers neu verteilt werden. Sofern Zucker 119

Tereos schätzt die Importe von Frankreich nach Deutschland auf [< 250.000 Tonnen]. 82

aus Rohrzucker gewonnen wird, ist dagegen eine Fabrik mit Hafenanbindung erforderlich. 254. Ein erfolgreicher Marktzutritt als Händler setzt neben einer eigenen Niederlassung und dem Aufbau eines Kundenstammes und der für die Belieferung erforderlichen Logistik ebenfalls voraus, dass Zucker in der von deutschen Abnehmern nachgefragten Güte (Körnung und Reinheitsgrad) und mit der erforderlichen Zuverlässigkeit aus anderen Staaten importiert werden kann. ccc) Regelmäßige Interaktion 255. Die Beschlussabteilung hat ein hohes Maß an Interaktion auf dem Markt festgestellt. Lieferverträge werden in der Regel jährlich geschlossen. Preise und Konditionen nach Ende der Zuckerkampagnen im Januar/ Februar ausgehandelt. Außerdem ist im vertikalen Verhältnis Zuckerhändler – Abnehmer der regelmäßige Kontakt wichtig. Dies zeigen die Aussagen sämtlicher Zuckerhersteller, inländisch und ausländisch, die vorgetragen haben, dass der Verkauf von Zucker von einem gut funktionierenden Vertrieb abhängt. Liefermengen werden im Kontakt mit dem Abnehmer zudem laufend angepasst. 256. Vor allem aber im horizontalen Verhältnis der Zuckerhersteller untereinander findet eine regelmäßige Interaktion auf verschiedenen Ebenen statt. Neben regelmäßigen Treffen im Rahmen der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker e.V., Bonn (im Folgenden „WVZ“), und des europäischen Verbandes CEFS 120 finden bilaterale Treffen, ein regelmäßiges Benchmarking mit Wettbewerbern und gegenseitige Fabrikbesichtigungen statt. ddd) Marktphase, Stabilität der Angebots- und Nachfragebedingungen und Preiselastizität 257. Die Angebots- und Nachfragebedingungen bei Verarbeitungszucker sind in Deutschland stabil. Auf der Angebotsseite wird es in absehbarer Zeit weder eine Unterversorgung noch ein Überangebot geben. Die Nachfrage nach

120

Comité Européen des Fabricants de Sucre, Brüssel/Belgien. 83

Verarbeitungszucker ist gesättigt, das Angebot wird sich infolge der Quotenreduzierung an die nachgefragte Menge anpassen. 258. Bei Verarbeitungszucker sind die Angebotsbedingungen innerhalb des Prognosezeitraums stabil. Die Anbieter auf dem Markt sind durchweg etabliert und seit Jahrzehnten auf dem relevanten Markt tätig. Marktzutritte haben in den vergangenen Jahren so gut wie nicht stattgefunden. Zwar haben sich in der Vergangenheit einige Zuckerhändler etabliert, die im Wesentlichen auch Importeure sind. Deren Bedeutung ist jedoch nach den vorliegenden Informationen eher rückläufig, da ein gestiegenes Preisniveau in den mitteleuropäischen Staaten (Polen, Serbien, Kroatien) dazu geführt hat, dass Importe aus diesen Staaten wirtschaftlich immer schwieriger werden. Die längeren Transportwege und höheren Transportkosten können nicht mehr durch ein im Vergleich zu Deutschland erheblich niedrigeres Preisniveau kompensiert werden. Dementsprechend haben auch Marktneueintritte wie das Unternehmen „Winter“ keine nennenswerte Bedeutung erlangt. Stattdessen hat der

Markt

aufgrund

von

Unternehmensübernahmen

eine

erhebliche

Konsolidierung auf nunmehr vier nennenswerte Anbieter in Deutschland erfahren. 259. Das

Angebot

ist

in

Deutschland

durch

die

Quotenrückgabe

der

Zuckerproduzenten auch nicht in einem Ausmaß zurückgegangen, das eine Unterversorgung des deutschen Marktes zu befürchten wäre. Der in Deutschland erzeugte Rübenzucker deckt in etwa den – ohnehin leicht rückläufigen – Konsum von knapp 3 Mio. t. Durch die Quotenrückgabe der in Deutschland tätigen Zuckerproduzenten hat sich daran nichts geändert. Insbesondere die Nachfrager von Verarbeitungszucker haben zwar teilweise bekundet, dass Zucker „knapp“ geworden sei. Diese Einschätzung resultiert jedoch

weitgehend aus

Produzenten,

welche

die

einer entsprechenden „gefühlte

Marketing-Strategie

Verknappung“ dazu

der

nutzen,

ihren

gegen

eine

Abnehmern längerfristige Lieferverträge anzudienen. 121 260. Auch

die

tatsächlichen

Marktverhältnisse

sprechen

Unterversorgung des deutschen Marktes. Nordzucker und Südzucker haben 121

Aussagen von Pfeifer & Langen am 10. Dezember 2008 im Bundeskartellamt. 84

schon bisher einen Teil ihrer inländischen Quote nicht im Inland abgesetzt sondern exportiert. Durch die Quotenrückgabe wird sich auch nach Einschätzung von Nordzucker vor allem der Anteil dieser Exporte, nicht jedoch das Angebot im Inland verringern. 122 Da die Quotenrückgabe im Wesentlichen abgeschlossen ist, wird sich auch zukünftig an der Angebotssituation nichts Entscheidendes mehr ändern. 261. Andererseits ist auch nicht zu erwarten, dass innerhalb des Prognosezeitraums das Angebot an Verarbeitungszucker in nennenswertem Umfang steigen wird. Einfuhren aus Staaten, die am Ende der Zuckermarktreform Defizitmärkte haben werden (z. B. Polen), 123 werden sich verringern, weil im eigenen Land eine ungedeckte Nachfrage besteht. Da Einfuhren aus derartigen Staaten schon in der Vergangenheit nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben, werden

aus

diesen

Ländern

auch

in

Zukunft

keine

wesentlichen

Wettbewerbsimpulse auf den deutschen Markt wirken. 262. Einfuhren aus Überschussländern werden nicht in nennenswertem Umfang auf den deutschen Markt kommen. Seit die Europäische Union nur noch in begrenztem Umfang Zucker exportieren darf, haben zwar Staaten, die mehr Zucker produzieren als verbrauchen (Frankreich, Dänemark), einen Anreiz, diesen Zucker innerhalb Europas abzusetzen. Andererseits müssen auch die Überschussländer Quote zurückgeben, so dass der Importdruck aus diesen Staaten entsprechend abnimmt. 124 Außerdem ist für diese Länder der Absatz des

Überschusszuckers

(Spanien/Portugal,

Italien,

auf

den

Defizitmärkten

Griechenland)

bzw.

in

den

südlichen

nördlichen

Staaten

(Skandinavien/Baltikum) attraktiver als auf dem gesättigten deutsche Markt. 263. Auch Importe aus Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union werden nicht zu einer Veränderung der Angebotsbedingungen in Deutschland führen. Zwar dürfen zukünftig bestimmte Drittstaaten Zucker frei von Zollabgaben und grundsätzlich

ohne

Mengenbeschränkung

in

die

Europäische

Union

importieren. Dabei handelt es sich jedoch zum überwiegenden Teil um Rohrohrzucker, der noch raffiniert werden muss. Diese Importe werden zudem 122

Nordzucker Email vom 28. Mai 2008. Projekt Tito: Wachstum für eine sichere Zukunft, Seite 30. 124 Projekt Tito: Wachstum für eine sichere Zukunft, Seite 35. 123

85

schwerpunktmäßig in Staaten gehen, die ein Zuckerdefizit haben. 125 Dies werden neben dem Großbritannien und Irland, Spanien/Portugal, Italien und Griechenland vor allem Norwegen, Schweden, Finnland, die Baltischen Staaten und Polen sein, nicht jedoch Deutschland (vgl. Anlage 4). 126 Außerdem hat die Kommission die Möglichkeit, zum Schutze der europäischen Zuckerindustrie die Importmengen wieder zu beschränken, wenn diese mehr als 25 % über dem Vorjahresniveau der Importe liegen. 264. Bereits gegenwärtig werden im Übrigen nicht unerhebliche Mengen an Zucker in die Europäische Union exportiert, ohne dass wenigstens ein Teil dieser Mengen den deutschen Markt erreicht hätte. Anhaltspunkte dafür, dass sich diese Situation grundlegend ändern könnte, sind nicht erkennbar. Nordzucker geht sogar davon aus, dass die europäischen Märkte auch in den kommenden Jahren tendenziell eher noch unterversorgt sein werden, da dem Quotenabbau keine entsprechenden

Importe

gegenüberstehen. 127 Zudem

wird

nach

Einschätzung von Nordzucker das nördliche Europa für Präferenzzucker wegen des längeren Transportwegs vergleichsweise weniger attraktiv sein als die Defizitmärkte im südlichen Teil Europas.128 265. Auch

die

Nachfragebedingungen

sind

stabil.

Die

Nachfrage

nach

Verarbeitungs- und Haushaltszucker geht weder bei steigenden Preisen zurück, noch kann sie durch sinkende Preise nennenswert ausgeweitet werden.

Der

Wesentlichen

Pro-Kopf-Verbrauch konstant

mit

von

leicht

Zucker

rückläufiger

in

Deutschland Tendenz

und

ist

im

kaum

konjunkturabhängig. Zudem hat die Beschlussabteilung keine wesentlichen produktbezogenen Ausweichmöglichkeiten oder die Möglichkeit zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung der Beschaffung identifizieren können. Die meisten Abnehmer von Verarbeitungszucker sind auf eine regelmäßige Belieferung angewiesen, da sie vielfach Zucker „just in time“ benötigen und keine größeren Lagerkapazitäten haben.

125

Projekt Tito: Wachstum für eine sichere Zukunft, Seite 31. Nordzucker Email vom 28. Mai 2008. 127 Projekt Tito: Wachstum für eine sichere Zukunft, Seite 29. 128 Projekt Tito: Wachstum für eine sichere Zukunft, Seite 29. 126

86

266. Die Preiselastizität bei Verarbeitungszucker ist gering. Die Nachfrager haben keine Möglichkeit, ihre Nachfrage nach Verarbeitungszucker einzuschränken, um Preiserhöhungen und nicht erfolgten Preissenkungen der Wettbewerber auszuweichen. Verarbeitungszucker ist für die Abnehmer nur in geringem Umfang durch andere Produkte, wie zum Beispiel auf Stärke basierenden Zuckerprodukten, zu ersetzen. Für viele Nachfrager von Verarbeitungszucker ist der Zucker einer der wesentlichen Inhaltsstoffe der von ihnen hergestellten Produkte. Diese Bewertung entspricht auch dem subjektiven Empfinden der Abnehmer, die bezüglich des Hauptinhaltsstoffes Zucker nicht bereit sind, Kompromisse einzugehen oder sich auf Experimente einzulassen. Diese Einschätzung ist von Zuckerproduzenten bestätigt worden. 129 eee) Homogenität des Produktes und des Produktportfolios 267. Verarbeitungszucker ist dem Grunde nach ein homogenes Produkt. Sämtlicher in

Deutschland

aufgrund

einer

Produktionsquote

hergestellter

Verarbeitungszucker erfüllt die Mindestanforderungen der ZMO. 130 Der Qualitätsstandard von Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen ist vergleichbar. Aus Sicht der Nachfrager gibt es keinerlei Unterschiede zwischen diesen Unternehmen. Im Gegensatz zu ausländischen Zuckerherstellern, insbesondere aus den MOEL-Staaten, vertrauen die Abnehmer auf das hohe und gleich bleibende Qualitätsniveau der deutschen Zuckerhersteller. 268. Es gibt Verarbeitungszucker in den unterschiedlichsten Variationen, d.h. verschiedene Körnungen, verschiedene Anteile an Trockensubstanz oder Fruktose im Flüssigzucker, o.ä. Aus Sicht der Abnehmer ist auch hier das Produktangebot von Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen weitgehend identisch. Nach dem Ergebnis der Abnehmerbefragung bieten alle drei Hersteller Verarbeitungszucker in allen Qualitätsabstufungen, insbesondere auch in der qualitativ hochwertigen Form mit einem nur sehr geringem Anteil an Sedimenten und in einer breiten Variation von Körnungen an. Der Qualitätsstandard

129 130

der

Produkte

ausländischer

Anbieter

weist

nach

Gespräch mit Pfeifer & Langen am 10. Dezember 2008 im Bundeskartellamt . Die Anforderungen an die Standardqualität ergeben sich aus Anhang IV lit. B der VO 1234/2007. 87

Einschätzung der befragten Abnehmer hingegen Einschränkungen in Hinblick auf die o.g. Varianten auf. 269. Dagegen sind andere Wettbewerber nur in Teilbereichen (CK Sugar & Fruit nur im Bereich Flüssigzucker, Danisco Sugar in Deutschland nur im Bereich kristalliner Verarbeitungszucker, Tereos und Cosun in Deutschland praktisch nur im Bereich des Verarbeitungszuckers) tätig oder bieten nicht alle nachgefragten Qualitätsstufen oder Körnungen an (insbesondere Importeure von Zucker aus den MOEL-Ländern). fff)

Markttransparenz

270. Die Markttransparenz in Deutschland auf dem inländischen Markt für Verarbeitungszucker ist so stark ausgeprägt, dass hierdurch schon vor dem Zusammenschluss oligopolistisches Parallelverhalten begünstigt wird. 271. Für die Annahme einer - oligopolistisches Parallelverhalten begünstigenden Markttransparenz kommt es generell nicht darauf an, dass vollständige Produkt-, Preis- und Konditionentransparenz herrscht. Würde man ein oligopolistisches Parallelverhalten nur dann bejahen, wenn die Oligopolisten einen Überblick über die gesamte Preis- und Rabattpolitik ihrer Wettbewerber hätten, so wäre der Nachweis oligopolistischer Marktbeherrschung in der Fusionskontrolle nur in Ausnahmefällen zu führen. 272. Um ein oligopolistisches Parallelverhalten zu begünstigen, reicht es aus, wenn die Markttransparenz ein Niveau erreicht, das es den Oligopolisten zum einen erlaubt, die Produkt- und Preisstrategie der Wettbewerber zu erkennen und Wettbewerbsvorstöße anderer Wettbewerber zu identifizieren. Zum anderen muss der Grad der Markttransparenz die Oligopolisten in die Lage versetzen, auf Wettbewerbsvorstöße anderer Oligopolisten kurzfristig reagieren zu können, um ihr eigenes Produktangebot bzw. ihre eigenen Konditionen entsprechend

anzupassen. 131

Wettbewerbsvorstoß

eines

In

einem

Oligopolisten

solchen nicht

zu

Szenario einem

würde

der

dauerhaften

Marktanteilszuwachs führen, da der komparative Vorteil dieses Vorstoßes von 131

Rs. T-464/04 "Independent Music Publishers and Labels Association (Impala)/Kommission"; Court of First Instance, Entsch. v. 13.Juli 2006, Rz. 440. 88

den Wettbewerbern wegen deren Reaktion ohne einen erheblichen "time lag" neutralisiert werden könnte. 132 273. Die Beschlussabteilung hat auf dem inländischen Markt für die Herstellung und den Vertrieb von Verarbeitungszucker ein hohes Maß an Transparenz festgestellt. Diese verstärkt noch zusätzlich zu den die Transparenz fördernden Strukturparameter „hoher Konzentrationsgrad auf der Angebotsseite“, „Stabilität der Angebots- und Nachfragebedingungen“ und „Homogenität des Produktes“ den Verlust an Geheimwettbewerb auf dem Markt für Verarbeitungszucker: 

Transparenz über wesentliche Bestandteile der Produktionskosten:

274. Die Kosten der Zuckerproduktion der einzelnen Zuckerproduzenten sind im Wesentlichen transparent und in der Branche - jedenfalls den Mitgliedern des Oligopols - bekannt. Die Rohstoffkosten, d.h. der Kauf der Zuckerrüben, erfolgt zu den durch die Vorgaben der ZMO geregelten Mindestpreisen. Zwar gibt es hier

durchaus

Unterschiede

in

der

Höhe

der

Vergütung

für

die

Zuckerrübenanbauern durch ein kompliziertes System an Zu- und Abschlägen, aber die Differenzen sind nicht sehr groß und im übrigen sind die Zuckerrübenpreise in der Branche bekannt. 133 Dies gilt nicht in vergleichbarer Weise für die Zuckerrübenpreise für Überschusszucker (d.h. Zucker, der über die zur Verfügung stehende Quote hinaus produziert wird), da hier keine Mindestpreise von der ZMO vorgeschrieben werden. 275. Über Benchmarking mit Wettbewerbern erhalten die Zuckerproduzenten dezidierten Einblick in die Produktionsstruktur und die Kostenstruktur der Zuckerfabriken von Wettbewerbern. 134 So hat Nordzucker im Jahre 2005 ein Benchmarking mit Pfeifer & Langen durchgeführt, das beiden Unternehmen einen bis auf einzelne Produktionsstandorte heruntergebrochenen Einblick in die

Kostenstruktur

ermöglichte

(Mitarbeiterentlohnung,

132

Energiekosten,

Siehe auch Wagner-von Papp, "Wie "Identifizierend" dürfen Marktinformationsverfahren sein?", WuW 7 u.8/2005, S. 732, 735; Ted Bergstrom „A Fresh Look at the rotten Kid-Theorem“, Department of Economics, UCSB, 1989. 133 Vgl. dazu Artikel in Top-Agrar Nr. 12, Dezember 2008, S. 44 ff. 134 Über die im Internet allgemein abrufbaren Statistiken zu Zuckerrüben, Zuckerproduktion (u.a. Import und Export in Drittstaaten, Kampagnenlänge), Strukturdaten und Nebenprodukten gibt es laut Cosun (Aussage im Bundeskartellamt am 26. Januar 2009) im Rahmen der CEFS Benchmarking-Veröffentlichungen, die nur den Mitgliedern zugänglich sind und die einen anonymisierten Betriebsdatenvergleich enthalten. 89

Energieverbrauch, Energieträger, Kosten für Hilfsstoffe, Abwasseranfall, Reparaturzeiten).

135

276. Darüber hinaus finden regelmäßig Werksbesichtigungen bei Wettbewerbern statt,

die

verschaffen.

Einblick 136

in

die

Kampagnenlänge

und

die

Produktpalette

Derartige Werksbesichtigungen sind auch nach Ansicht des

niederländischen Wettbewerbers Cosun üblich. 137 277. Nach Auskunft von Cosun findet im Rahmen des europäischen Verbandes CEFS regelmäßig ein (wenn auch anonymisiertes) Benchmarking statt. 

Preistransparenz

278. Eine

hohe

Preistransparenz

wird

durch

das

Zusammenspiel

aus

Referenzpreissystem, Transparenz über wesentliche Kostenfaktoren und Homogenität der Produkte begünstigt. Eine vollständige Preistransparenz liegt damit nicht vor, ist aber auch vorliegend nicht erforderlich, da die führenden Zuckerproduzenten sich auf Kernabsatzgebiete verständigt haben. Die im Rahmen der Durchsuchung gefundenen Vertriebsberichte sprechen dafür, dass die Mechanismen zur Koordinierung und zur Überwachung der Koordinierung weniger über den Austausch von Preisen als vielmehr über die Regulierung und Steuerung der Vertriebsmengen erfolgen. 138 Das Preismeldesystem der Europäischen Kommission 139 ist in diesem Umfeld nur noch ein nicht sehr erheblicher Baustein zur hohen Transparenz im Markt. 

Transparenz über Quotenzuteilung und Absatzmengen

279. Die Verteilung der Quoten auf die Zuckerproduzenten wird von jedem Mitgliedstaat selber vorgenommen. In Deutschland erfolgt die Festsetzung und Änderung der Quoten durch das BMELV nach den Vorgaben der ZuckerQuoten-Verordnung. Auch auf Wunsch des BMELV soll die Zuteilung der Quoten möglichst einvernehmlich zwischen den deutschen Zuckerproduzenten 135

Nordzucker Asservat 9. Nordzucker Asservat 9, Protokoll vom 5.6.07. 137 Cosun mündlicher Vortrag am 26. Januar 2009. 138 Nordzucker Asservat 3, Notizen vom 14.04.2008, Asservat 2, Protokolle vom 10.06.2008, 07.08.2008, 16.09.2008. 139 Vgl. dazu bereits die Ausführungen oben unter B.II.4.c). 136

90

erfolgen. Hierzu wurde in der Vergangenheit ein Abstimmungsprozess zwischen den Unternehmen Südzucker, Nordzucker, Pfeifer & Langen und Danisco Sugar unter dem Dach der WVZ angestrebt und jedenfalls für Südzucker, Nordzucker und Pfeifer & Langen auch erreicht. Basis für die Abstimmung sind unternehmensbezogene Kerndaten zu Produktionsmengen, Gesamtverarbeitungskapazitäten und (Markt-)Anteilen an der deutschen Gesamtzuckerquote. 140 280. Die

bestehenden

nationalen

Zuckerquoten

sind

auch

deshalb

allen

Marktteilnehmern bekannt. Dies gilt nicht nur für die jeweilige nationale Quote, die auf einen Staat insgesamt entfällt, sondern darüber hinaus für die Quote, die auf einzelne Zuckerproduzenten in diesem Staat entfällt und sogar für die Quote, die auf jedes einzelne Werk der Zuckerproduzenten entfällt. Auch ist den deutschen Zuckerproduzenten jeweils zeitnah aus entsprechenden Gesprächen miteinander bekannt, ob und in welchem Umfang die bestehende Quote eines Zuckerproduzenten innerhalb eines ZWJ ausgeschöpft wird oder nicht. 141 Ein Grund dafür sind auch die Veröffentlichungen der WVZ während einer Zuckerkampagne (Die Kampagne fängt, je nach Witterungslage Mitte September/ Anfang Oktober an und dauert, je nach Ernteertrag, bis zum vier Monaten).

Die WVZ

veröffentlicht

regelmäßig

die

Erntemengen,

den

Zuckergehalt und die Produktionsmenge und stellt diese Informationen den Mitgliedern und der Bundesanstalt für Landeswirtschaft und Ernährung, BonnMehlem (im Folgenden „BLE“) zur Verfügung. 142 281. Darüber

hinaus

existieren

Analysen

zu

Liefermengen

aus

einzelnen

Bundesländern in alle anderen Bundesländer mit genauer Übersicht über die jeweils von diesem Bundesland in ein anderes Bundesland gelieferte Tonnage. 143

140

141

142

143

Siehe Ergebnisnotiz "Wirtschaftliche Vereinigung Zucker", Anlage 2 zum Schreiben Nordzucker v. 3. Dezember 2008. Nordzucker Email vom 24. 10. 2006; Südzucker Vorab-Auszug Protokoll Vorstandssitzung vom 5. Mai 2008. Diese stellt ebenfalls Schnellberichte von der jeweiligen Kampagne wöchentlich auf ihrer Homepage ein http://www.ble.de/cln_099/nn_416626/DE/01__Marktgestaltung/06 __MarktordnungswarenMeldeverordnung/Meldewesen/Zuckerkampagne.html?__nnn=true. Nordzucker Asservat 1 Analyse der Liefermengen aus Mecklenburg-Vorpommern. 91



Transparenz über Produktportfolio 144

282. Die Befragung der Abnehmer hat ergeben, dass die vier großen deutschen Hersteller im Wesentlichen das gleiche Produktportfolio aufweisen und sich in den

Punkten

Qualität

und

Umfang

des

Sortiments

nicht

wesentlich

unterscheiden. Die wichtigsten Zuckerarten werden von allen Herstellern angeboten,

wobei

nicht

ausgeschlossen

ist,

dass

im

Einzelfall

Weiterentwicklungen durch einzelne Hersteller erfolgen. Damit geht jedoch kein nennenswerter Wettbewerbsvorsprung einher, da jede Neuentwicklung mit Marktchancen unmittelbar durch die anderen Hersteller kopiert werden kann und wird. 

Transparenz über Kundenbindungen im Wege der Abgrenzung von Vertriebsgebieten

283. Die Beschlussabteilung hat für das Gebiet zwischen den Kernabsatzgebieten der Unternehmen Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen (es handelt sich um die Gebiete mit den zweistelligen PLZ 01, 04, 06-09, 12, 13, 16, 17, 23, 32, 33, 38, 40, 54, 59, 98) mit einem zweiten Auskunftsbeschluss vom 3. Dezember 2008 die vier großen Hersteller gefragt, zu welchen Lieferanten in den letzten drei Jahren Kunden mit mehr als 10 % der jeweiligen Bestellmenge gewechselt sind. Die übermittelten Antworten zeigen, dass in den meisten Fällen bekannt ist, zu welchem Lieferanten der Kunde wechselt bzw. welcher Lieferant als weiterer Lieferant für den Rückgang des eigenen Absatzes verantwortlich

ist

bzw.

von

welchem

Wettbewerber

Liefermengen

hinzugewonnen werden konnten. Darüber hinaus zeigen die internen Daten der Nordzucker exemplarisch, dass der Vertrieb für alle wesentlichen Kunden (Top 10 und Top 50, jeweils getrennt nach Abnehmern von Verarbeitungszucker und Abnehmer von Haushaltszucker) sehr detaillierte Daten über Mengenzu- und Mengenabwanderungen,

Preisstellung

(inklusive

Zahlungsziele)

der

Wettbewerber sowie die Gründe für diese Bewegung und die jeweils von Wettbewerbern gelieferten Mengen hat. 145

144 145

S. dazu auch die Ausführungen unter B.II.7.b)aa)eee). Nordzucker Industrie Deutschland Inland Top 50 Kunden; Vertriebsberichte zu Kunden / Bericht über den Key Account Backwaren/ Süßwaren 2004/2005, Nordzucker Asservat 3 Notiz vom 92



Transparenz über Expansionsstrategien der Wettbewerber

284. Eine Ausweitung der Absatzmenge und eine Erhöhung der Marktpräsenz ist aufgrund des Quotenregimes der ZMO im Wesentlichen nur durch externes Wachstum möglich. Die Expansionsstrategien der Wettbewerber sind ebenso wie deren Exitstrategien zeitnah bekannt. Zum Beispiel hat Nordzucker im März 2005 mit Pfeifer & Langen darüber gesprochen, ob und inwieweit Pfeifer & Langen ein Interesse am Kauf des niederländischen Wettbewerbers CSM (heute Cosun) hat. 146 Nordzucker hat frühzeitig bei Südzucker eruiert, ob Südzucker ein (ernsthaftes) Interesse am Kauf der Zuckeraktivitäten von Danisco Sugar hat. 147 Südzucker war bekannt, dass sowohl Cosun als auch Pfeifer & Langen ein Interesse am Erwerb der Zuckerfabrik in Anklam geäußert hatten. 148 285. Gleiches gilt für die Exitstrategien (Quotenrückgabe/ Werksschließungen) einzelner Wettbewerber. 149 ggg) Symmetrie des Oligopols 286. Auf dem Markt für Verarbeitungszucker sind die derzeitigen Marktanteile von Südzucker und Nordzucker praktisch identisch. Durch den Erwerb der Zuckersparte von Danisco A/S wird Nordzucker zum Marktführer, allerdings nur mit einem geringfügigen Vorsprung vor Südzucker. 287. Nordzucker und Südzucker sind darüber hinaus im Zuckergeschäft von ihrer Aufstellung im Wettbewerb sehr ähnlich. Diese Symmetrie wird durch den Zusammenschluss weiter verstärkt. Sowohl Nordzucker als auch Südzucker sind Aktiengesellschaften, bei denen die Rübenanbauer einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftspolitik haben. Demgegenüber handelt es sich bei

28.5.2008; Nordzucker Asservat 2, Ergebnisprotokoll Jour –fixe Eurosugar Deutschland vom 10.6.2008, vom 7.8. 2008 und vom 16.09. 2008. 146 Nordzucker Email vom 30.03.2005. 147 Südzucker Vorab-Auszug Protokoll Nr. 30 der Vorstandssitzung vom 23. Januar 2008. 148 Südzucker Vorab-Auszug Protokoll Nr. 15 der Vorstandssitzung vom 28. Juli 2008, Südzucker Projekt Albano Besprechung am 12. 09. 2008.; Nordzucker Asservat 18, Eintrag vom 16.05.2008. 149 Südzucker Vorab-Auszug Protokoll Nr. 3 vom 31. März 2008 zum Umfang der Quotenrückgabe in der Slowakei, Vorab-Auszug Protokoll Nr. 17 der Vorstandssitzung vom 10. September 2007 zu Werksschließungen von Nordzucker in Ungarn, Vorab-Auszug Protokoll Nr. 21 vom 29. Oktober 2007 zur gemeinsamen Quotenrückgabe von Nordzucker und Südzucker in Ungarn und Tschechien; Nordzucker Asservat Nr. 11, Email vom 10.02.2006. 93

Pfeifer & Langen um eine Kommanditgesellschaft, die keine vergleichbaren Verbindungen zu Rübenanbauern besitzt. 288. Nordzucker und Südzucker haben neben ihren Zuckerfabriken in Deutschland in einer ganzen Reihe weiterer europäischer Länder Zuckerfabriken, während alle nennenswerten Wettbewerber neben den Zuckerfabriken in ihrem Heimatstaat nur sehr eingeschränkt über ausländische Zuckerproduktion verfügen. Nordzucker und Südzucker haben Zuckerfabriken in Frankreich (bzw. Nordzucker ist beim Vertrieb von Zucker neben ED&F Man mit der französischen Cristal Union zusammengeschlossen) und in Mitteleuropa (Südzucker in Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei; Nordzucker in Polen, Ungarn, Serbien, der Slowakei sowie eine Beteiligung an einer Zuckerfabrik in Tschechien). Südzucker hat daneben Zuckerfabriken in Österreich und Belgien, Nordzucker erhielte durch den Erwerb von Danisco Sugar Zuckerfabriken in Dänemark, Schweden, Finnland und Litauen. 289. Demgegenüber verfügt Pfeifer & Langen neben seinen Zuckerfabriken in Deutschland nur über Zuckerfabriken in Polen. Die IHU betreibt derzeit lediglich eine Zuckerfabrik gemeinsam mit Pfeifer & Langen in Lage. Tereos ist nur in Tschechien

(gemeinsam

mit

Nordzucker)

und

neuerdings

über

eine

Kooperation mit einem spanischen Zuckerproduzenten in Spanien präsent. Cosun ist außer auf dem niederländischen Zuckermarkt nur in Slowenien präsent. ABF/British Sugar hat außerhalb des UK in Europa lediglich Zuckerfabriken in Polen (BSO) und neuerdings Spanien (Ebro) und ist nach Aussage der Zusammenschlussbeteiligten auf den britischen Markt fokussiert und nicht in größerem Umfang an einem Engagement in Kontinentaleuropa interessiert. 150 290. Das europäische Engagement von Nordzucker und Südzucker folgt nicht nur einem

ähnlichen

geographischen

Muster,

es nähert

sich durch den

Zusammenschluss auch von seiner Dimension deutlich an. Südzucker hat einen Anteil (über alle Zuckerarten hinweg) in Europa von [20 % bis 25 %], Nordzucker von [10 % bis 15 %] vor dem Zusammenschluss und [20 % bis 25 %] nach der Übernahme der Zuckeraktivitäten von Danisco A/S. Tereos als 150

Mündliche Aussage Nordzucker am 15. Dezember 2008. 94

nächst größerer Wettbewerber hat einen Anteil von [10 % bis 15 %], alle übrigen Wettbewerber von deutlich unter 10 %. hhh) Weitere Strukturbedingungen 291. Zu den strukturellen Wettbewerbsbedingungen des deutschen Zuckermarktes gehören verschiedene Formen der tatsächlichen und potentiell möglichen Zusammenarbeit Verflechtungen

zwischen und

den

Zuckerherstellern.

Kooperationen

mit

Daneben

Zuckerherstellern

aus

bestehen anderen

europäischen Ländern. Auf diese Weise wird die Transparenz des Marktes insgesamt

weiter

erhöht

und

damit

die

Wahrscheinlichkeit

von

wettbewerblichen Vorstößen, zumindest innerhalb des Oligopols, verringert. 292. Die deutschen Zuckerhersteller arbeiten insbesondere bei der Beschaffung der Zuckerrüben eng zusammen. Nach Angaben von Nordzucker bestehen in größerem Umfang Rübentauschverträge mit Pfeifer & Langen [50.000 – 100.000 t] und Südzucker [1.000 – 50.000 t]. Der wirtschaftliche Hintergrund liegt in der Ersparung von Transportkosten für die Verbringung der Rüben von den

Anbauern

zu

den

Zuckerfabriken.

Wenn

beispielsweise

ein

Rübenanbaugebiet, dessen Bauern Lieferrechte mit Nordzucker vereinbart haben,

näher

an

einer

Zuckerfabrik

von

Südzucker

liegt,

werden

Rübentauschverträge zwischen Nordzucker und Südzucker geschlossen. Die Zuckerrüben werden dann in die Zuckerfabrik von Südzucker geliefert und Südzucker schuldet Nordzucker im Gegenzug die entsprechende Menge Zuckerrüben. 151 293. Daneben

gibt

es

zahlreiche

Lieferungen

von

Zucker

zwischen

den

Herstellern 152 zur Deckung von Engpässen oder Ergänzung des Sortiments, die nach Angaben von Nordzucker jedoch jeweils die Menge von 10.000 t pro Jahr nicht überschreiten. 294. Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen arbeiten auch auf der Ebene der Wartung ihrer Zuckerfabriken zusammen. Es gibt einen gemeinsamen 151

152

Nordzucker, Asservat 14, Notiz über Gespräch mit Pfeifer & Langen (undatiert); Nordzucker Asservat 10, Email vom 23.06.2005, 20.07.2006, 24.07.2006. Z.B. Ferrero/Kanaren Gesellschaft aus dem Jahr 2007 unter Beteiligung von Nordzucker, Südzucker und dem Zuckerhandelsunternehmen August Töpfer. 95

Ersatzteilpool, über den die Ersatzteile für die technischen Anlagen in den Zuckerfabriken eingekauft und gehandelt werden. 295. Nach den Vorgaben der ZMO besteht für alle Zuckerhersteller die Möglichkeit, ihre Zuckerfabriken durch sog. Werklohnfertigungen besser auszulasten. Nach Art. 6 der VO (EG) Nr. 952/2006. 153 Hiernach kann ein Zuckerhersteller einen anderen Zuckerhersteller mit der Produktion von Zucker in seinem Namen beauftragen, wenn der jeweilige Mitgliedstaat einem entsprechenden Antrag stattgibt. Zulässig ist die Werklohnfertigung, wenn entweder der beauftragende Zuckerhersteller im betreffenden ZWJ mit seiner eigenen Zuckererzeugung unter seiner Gesamtquote bleibt oder die Gesamtzuckererzeugung beider Zuckerhersteller höher ist als ihre beiden Quoten zusammen genommen. Die Werklohnfertigung

ist

damit

ein

Instrument,

um

die

Auslastung

der

Zuckerfabriken besser steuern zu können. Diese Möglichkeiten nutzen die deutschen Zuckerhersteller. 154 296. Gesellschaftsrechtliche und vertragliche Verflechtungen bestehen zwischen der beigeladenen IHU und Pfeifer & Langen sowie zwischen Nordzucker und Tereos, die in der Tschechischen Republik ein Gemeinschaftsunternehmen betreiben, das jedoch nach Angaben von Tereos von Tereos alleine kontrolliert wird. 155 Pfeifer & Langen und die IHU halten jeweils die Hälfte der Anteile an der Spezialzucker-Raffinerie Lage GmbH. IHU betreibt mit Nordzucker die Gemeinschaftsunternehmen Norddeutsche Zucker-Raffinerie GmbH und die MEF Melasse-Extraktion Frellstedt GmbH (je 50 % der Anteile hält die IHU). Die Zuckerproduktion ist jedoch eingestellt worden und das Unternehmen wird abgewickelt. Der Bezug des für die IHU notwendigen Flüssigzuckers erfolgt nunmehr auf Grundlage eines langfristigen Liefervertrages mit Nordzucker. Anstelle

des

abzuwickelnden

Unternehmens

153

soll

jedoch

ein

neues

Verordnung (EG) Nr. 952/2006 der Kommission vom 29. Juni 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates hinsichtlich der Binnenmarktordnung und Quotenregelung für Zucker, ABl. EG vom 1. Juli 2006 L 178. 154 Südzucker Asservat 6, Seite 411; Südzucker Mengen und Kapazitätsauslastung, Asservat 6, Seite 495. 155 Nordzucker hält eine Beteiligung von rund 35 %, während die restlichen Anteile bei Tereos liegen. 96

Gemeinschaftsunternehmen

mit

Nordzucker

zum

Betrieb

der

beiden

Flüssigzuckerwerke in Nordstemmen und Groß-Mutzel treten. 156 297. Die IHU ist für die Produktion des von ihr vertriebenen Zuckers damit auf Nordzucker oder Pfeifer & Langen angewiesen. Aufgrund der engen gesellschaftsrechtlichen Verflechtung ist damit das Wettbewerbspotential der Beigeladenen IHU beschränkt. bb) Auswirkungen der Strukturbedingungen auf den Binnenwettbewerb im Oligopol 298. Die

zuvor

dargelegten

Strukturmerkmale

lassen

ein

dauerhaftes

Parallelverhalten der Oligopolisten erwarten. Sie begründen aufgrund der induzierten leichten Identifizierbarkeit wettbewerblicher Vorstöße und effektiver Sanktions- und Abschreckungsmechanismen einen starken Anreiz für die beteiligten Unternehmen, auf wettbewerbliche Vorstöße zu verzichten (hierzu unter aaa)). Diese Anreizwirkungen der vorherrschenden Strukturbedingungen im Markt für Verarbeitungszucker werden nicht zuletzt durch das feststellbare Wettbewerbsgeschehen bestätigt (hierzu unter bbb)). aaa) Koordinierungs- und Sanktionsmechanismen 299. Südzucker und Nordzucker sind schon vor dem Zusammenschluss von Nordzucker mit Danisco Sugar in Deutschland, Frankreich und Mitteleuropa ähnlich aufgestellt und verfügen über ein vergleichbares Vergeltungspotential, um etwaigen vorstoßenden Wettbewerb des jeweils anderen Oligopolisten sowohl auf ihrem Heimatmarkt als auch auf anderen europäischen Märkten vergelten zu können. Die sehr große Markttransparenz ermöglicht beiden, die jeweiligen Möglichkeiten des Wettbewerbers zutreffend einzuschätzen und in ihre eigenen Überlegungen einzubeziehen. Vorstoßender Wettbewerb kann zudem wegen der hohen Transparenz in Bezug auf die von den wesentlichen Abnehmern nachgefragten bzw. dort abgesetzten Mengen und den jeweiligen Lieferanten dieser Mengen zeitnah identifiziert und nötigenfalls sanktioniert werden. Nordzucker und Südzucker haben in vergleichbarem Ausmaß Zugang zu Kunden sowohl auf dem Markt für Verarbeitungszucker als auch auf dem 156

Zur gesellschaftsrechtlichen Neuordnung dieser Beziehung vergleiche den Beschluss B2-292/07 97

Markt für Haushaltszucker einschließlich der Teilsegmente der jeweiligen Märkte. Damit haben sie jeweils Einblick in das Marktgeschehen in allen Teilsegmenten beider Märkte. Sie sind damit (anders als die genannten Wettbewerber) in der Lage, Wettbewerbsvorstöße auch in Teilbereichen frühzeitig zu erkennen und diesen nötigenfalls auf diesem oder einem anderen Teilsegment des Marktes oder auf dem jeweils benachbarten Markt zu begegnen. Auf dem deutschen aber auch auf den mitteleuropäischen Märkten findet eine Verständigung zwischen Nordzucker und Südzucker über die (gemeinsamen) Marktstrategien und die dafür notwendigen Schritte (Ausfuhr von inländischem Quotenzucker, Quotenrücknahme, Werksschließungen) statt. bbb) Aktuelles Wettbewerbsgeschehen als Indiz eines unzureichenden Binnenwettbewerbs (1)

Preiswettbewerb

300. Wesentlicher Preiswettbewerb zwischen Nordzucker und Südzucker findet bereits gegenwärtig nicht statt und ist auch zukünftig nicht zu erwarten. 301. Nordzucker ist der Auffassung, dass ein Rückgang seiner Durchschnittspreise innerhalb der vergangenen fünf Jahre ohne ein Absinken der Referenz- oder Interventionspreise ein Beleg für intensiven Preiswettbewerb sei. 157 Eine Preissenkung ist jedoch für sich kein Beleg für intensiven Preiswettbewerb. Vielmehr hätte auch ein marktbeherrschendes Unternehmen (im Extremfall: ein Monopolist)

den

Anreiz,

bei

unveränderter

Wettbewerbsintensität

auf

Veränderungen der angebots- oder nachfrageseitigen Marktbedingungen mit einer Preisänderungen zu reagieren. So würde beispielsweise auch ein Monopolist auf einen Rückgang der Nachfrage oder Steigerung der Produktivität mit einer Preissenkung reagieren, um unter den veränderten Bedingungen seinen Gewinn zu maximieren. Danisco Sugar, die auf den skandinavischen Märkten über eine quasi Monopolstellung verfügt, hat auf diesen Märkten ihre Preise um [>15 > 25 EUR je Tonne} gesenkt. 158

vom 19. Dezember 2007. Stellungnahme Nordzucker vom 20. Januar 2009, Seite 45f. 158 Eurosugar, Protokoll Vertriebssitzung vom 03.04.2007, Top 2/ Top 3. 157

98

302. Es kann an dieser Stelle offen bleiben, welche Faktoren im vorliegenden Fall bei einer eingehenden Analyse die von Nordzucker lediglich behaupteten Preissenkungen erklären. Ausschlaggebend ist, dass Nordzucker allein mit der Behauptung, dass seine Durchschnittspreise im Zeitablauf gesunken seien, die auf einer umfassende Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände gestützte Feststellung eines wettbewerbslosen Oligopols bereits im Ansatz nicht widerlegen kann. Lediglich der Vollständigkeit halber ist daher darauf hinzuweisen, dass – wie Nordzucker im Übrigen selbst vorträgt – die Zuckerhersteller in den vergangenen Jahren ihre Produktionskosten spürbar senken und ihre Produktivität steigern konnten. Überdies ist festzuhalten, dass – entgegen der Behauptung von Nordzucker – die übrigen Marktbedingungen in dem betrachteten Zeitraum auch keineswegs konstant geblieben sind: So fällt beispielsweise in den relevanten Zeitraum die Osterweiterung der EU um zehn weitere Mitgliedstaaten (Beitritt der Luxemburg-Gruppe). 159 Auch eine Rückführung der zur Intervention zur Verfügung stehenden Menge fand in dem betrachteten Zeitraum statt. 303. Schon

gegenwärtig

verfolgen

beide

Unternehmen

die

Strategie,

das

Preisniveau in Deutschland zu optimieren: Nordzucker und Südzucker setzen ihre inländische Quote nicht vollständig auf dem deutschen Markt ab und nehmen dafür zumindest teilweise Exporte mit langen Transportwegen und entsprechend hohen Transportkosten in Länder in Kauf, in denen das Preisniveau unter dem Niveau des deutschen Marktes liegt. 160 Sie verzichten damit bereits jetzt auf vorstoßenden Wettbewerb, um auch nach der Absenkung

des

Referenzpreises

ein

möglichst

hohes

Preisniveau

in

Deutschland zu erhalten. Es ist zu erwarten, dass sich die Marge von Nordzucker

und

Südzucker

durch

die

gleichzeitige

Absenkung

der

Marktordnungsabgabe und der Zuckerrübenpreise auch zukünftig jedenfalls nicht verschlechtern oder sogar verbessern wird. 161 Preiswettbewerb findet auch nach den internen Einschätzungen von Nordzucker und Südzucker nicht

159

Am 1. Mai 2004 sind die Baltischen Staaten, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Malta und Zypern der EU beigetreten. 160 [...] 161 [...] 99

zwischen diesen statt, vielmehr sind es „die holländischen Mitbewerber und Pfeifer & Langen“, die „das Preisniveau nach unten ziehen“. 162 304. Die

Abnehmerbefragung

bestätigt

dieses

Bild

ebenfalls.

Eine

nicht

unerhebliche Anzahl der befragten Abnehmer hat angegeben, dass sie trotz Aufforderung zur Angebotsabgabe keine (wettbewerbsfähigen) Angebote in Konkurrenz zu ihrem bisherigen Zuckerlieferanten erhalten und dass dies aus ihrer Sicht nicht mit Transportkosten oder nicht vorhandenen Zuckerqualitäten erklärt werden könne. (2)

Wettbewerb um Vertriebsgebiete und Kunden in Deutschland

305. Zwischen Nordzucker und Südzucker besteht bereits gegenwärtig kein wesentlicher Wettbewerb um Vertriebsgebiete und Kunden in Deutschland. 306. Die oben beschriebene Kundenwechselanalyse zeigt, dass es selbst in den Gebieten, in denen die Vertriebsgebiete von Nordzucker und Südzucker unmittelbar aneinander grenzen, einen Wettbewerb um Vertriebsgebiete und Kunden in Deutschland nur in sehr geringem Umfang gibt. Demgegenüber sind im selben Gebiet deutlich mehr Kundengewinne und –verluste zwischen Nordzucker und Pfeifer & Langen bzw. Danisco Sugar zu erkennen. Die Wechselquote in dem Gebiet, in dem die Wettbewerbsgebiete von Nordzucker, Südzucker, Danisco Sugar und Pfeifer & Langen aufeinandertreffen liegt zwischen Nordzucker/Südzucker über die letzten Jahre konstant bei [> 5 %]. Dagegen betrug die Wechselquote im selben Zeitraum zwischen Nordzucker und Danisco Sugar immerhin [> 10 %] und zwischen Nordzucker und Pfeifer & Langen (mit starken Schwankungen zwischen 5 % und 15 %, in der Spitze sogar deutlich über 15 %). Eine wesentlich detailliertere interne Bewertung der Nordzucker für ihre Top 50 Kunden in Deutschland für Verarbeitungszucker für den Zeitraum März bis August 2007/im Vergleich zum Vorjahr zeigt noch weniger Wechselbewegungen zwischen Nordzucker und Südzucker. Aus den Vertriebsberichten von Nordzucker zu ihren Top 10 Kunden im Bereich Verarbeitungszucker für den vorhergehenden Zeitraum (Jahre 2004/2005) ergibt 162

sich,

[...].

Insgesamt

bewertet

auch

Nordzucker

die

Südzucker Asservat 5, Seite 87, Vorab-Auszug Protokoll Nr. 22 der Vorstandssitzung vom 5. November 2007. 100

Wettbewerbsintensität für ihr gesamtes Vertriebsgebiet als „gering“ und hat diese

Erwartung

auch

in

ihre

perspektivischen

Berichte

über

die

Geschäftsentwicklung gegenüber dem Aufsichtsrat einfließen lassen. 163 307. Südzucker trägt in seiner Stellungnahme zur Abmahnung vor, das Amt habe die Kundenwechselanalyse unzureichend ausgewertet. Die Analyse zeige nicht, dass maßgeblicher Wettbewerb allein von Pfeiffer & Langen sowie Danisco Sugar ausgehe. 308. Diese Argumentation überzeugt jedoch aus folgenden Gründen nicht: Südzucker stützt sich bei der Interpretation der Analyse auf Kundenzahlen, nicht aber auf die damit verbundenen gewonnenen oder verlorenen Mengen. Die Zu- oder Abnahme der Kundenzahl gibt für sich jedoch keinen Anhaltspunkt darüber, ob maßgeblicher Wettbewerb zwischen Unternehmen herrscht. Anhaltspunkt für das Ausmaß des wettbewerblichen Drucks, den Kundenwechsel ausüben, ist erst das Beschaffungsvolumen, das ein Kunde mit sich bringt oder abzieht. Je größer die mit einem Wechsel verbundene Menge, desto stärker ist der Druck, der durch den Kundenwechsel ausgeübt wird. Wie bereits dargestellt, sind jedoch die mit Kundenwechseln verbundenen Mengenveränderungen zwischen Nordzucker und Pfeiffer & Langen (bis zu 20% der jährlichen Menge), Danisco Sugar (bis zu 8% der jährlichen Menge) sowie Dritten (bis zu 18% der jährlichen Menge) erheblich höher als zwischen Nordzucker und Südzucker (bis zu 4% der jährlichen Menge) 164 – was auch von Südzucker im Übrigen nicht bestritten wird. 165 309. Auch die von Südzucker auf Basis der Nordzucker-Daten durchgeführte eigene Analyse des Kundenwechselverhaltens im Bereich Flüssigzucker trägt aus folgenden Gründen nicht. Das Amt hat auf eine solche Analyse nicht zuletzt deshalb verzichtet, weil es der Auffassung war, dass angesichts der relativ lückenhaften Angaben 166 keine belastbaren Aussagen getroffen werden können. Südzucker hat nunmehr diese sehr lückenhaften Angaben dennoch ausgewertet und kommt auf Basis der Kundenzahl zu dem Ergebnis, dass

163

Email Nordzucker vom 10. Juni 2008; Email Nordzucker vom 17. September 2008. Siehe Kundenwechselanalyse. 165 Stellungnahme von Südzucker vom 20. Januar 2009, Seite 4. 164

101

mehr Kunden zwischen Nordzucker und Südzucker als zwischen den übrigen Wettbewerbern gewechselt sind. Zieht man sinnvollerweise jedoch aus den bereits dargelegten Gründen anstelle der Kundenzahlen die gewechselten Beschaffungsmengen heran, so erkennt man, dass die Wechselquoten zwischen Nordzucker und Südzucker erneut erheblich geringer sind als zwischen Nordzucker und den übrigen Unternehmen. Die Wechselmengen zwischen Nord- und Südzucker beliefen sich nur jeweils auf 1% des jährlichen Absatzvolumens im betreffenden Gebiet. Die Wechselmengen zwischen Nordzucker und Pfeiffer & Langen lagen hingegen – obschon weniger Kunden gewechselt sind – bei bis zu 28% jährlich, die für Dritte immerhin bei bis zu 9% jährlich. 167 310. Auch die von Südzucker im Rahmen der Stellungnahme vorgelegte Analyse von Südzucker-Daten über Mengenveränderungen überzeugt nicht. Die Analyse stellt lediglich die Anzahl der Kunden dar, die jährlich ihr Beschaffungsvolumen um mehr als 20% variiert haben, und schließt daraus, dass es Wettbewerb auf dem Markt für Verarbeitungszucker gäbe. Überdies gäbe es keinen Anlass zu der Annahme, dass entsprechende Kundenwechsel nur in geringem Maße zwischen Nordzucker und Südzucker stattfänden. Diese Analyse lässt jedoch keine Aussage darüber zu, ob die Wettbewerbsintensität hinsichtlich Nordzucker ebenso hoch ist wie hinsichtlich der übrigen Wettbewerber. Für eine Analyse des Kundenwechselverhaltens sind diese Daten nicht geeignet, weil keine Informationen darüber vorliegen, von welchem Wettbewerber die Kunden gewonnen wurden bzw. an welchen Wettbewerber Kunden verloren wurden. Im Übrigen sind die Daten dadurch verzerrt, dass auch Lieferungen an die bzw. von den Wettbewerbern Nordzucker und Pfeiffer & Langen enthalten sind. Darüber hinaus ist eine einfache Betrachtung der Kundenzahlen ohne Aussagekraft. Notwendig wäre vielmehr eine differenzierte Betrachtung

der

jeweils

veränderten

Beschaffungsvolumina,

die

die

vorliegenden Daten jedoch nicht erlauben. Schließlich können die Daten auch die

Vermutung,

dass

Kundenwechsel

Nordzucker

und

die

übrigen

Wettbewerber in gleichem Maße treffen nicht gestützt werden. Denn wäre dies 166

Es wurden nur Angaben für 17 Unternehmen vorgelegt, wobei nur für je sechs Unternehmen angegeben werden konnte, woher bzw. wohin der Kunde gewechselt ist. 167 Siehe Kundenwechselanalyse. 102

der Fall, so müssten sich diese Kundenwechsel in den Nordzuckerdaten widerspiegeln. Tatsächlich hatte Nordzucker im Wirtschaftsjahr 07/08 jedoch nur einen Zugewinn von rund [...t] und einen Verlust von nur rund [...t] von bzw. an Südzucker. Dies entspricht jeweils erheblich weniger als 1% der gesamten Absatzmenge in den Überschneidungsgebieten in diesem Zeitraum. 168 311. Südzucker trägt darüber hinaus vor, dass die höhere Wechselquote zwischen Nordzucker und Pfeiffer & Langen auf die geografische Lage der Produktionsund Kundenstandorte zurückzuführen sei. Ziel einer Kundenwechselanalyse ist jedoch nicht, Ursachen für das Wechselverhalten festzustellen. Unabhängig von den Ursachen für die geringere Wechselquote zwischen Nordzucker und Südzucker gegenüber den übrigen Anbietern liefert die Kundenwechselanalyse Anzeichen dafür, dass die Wettbewerbsbeziehung zwischen den beiden Unternehmen gegenüber derjenigen zu anderen Unternehmen beschränkt ist. Selbst wenn die geringen Kundenwechselquoten auf die Standortfaktoren zurückzuführen wären, würden diese die Möglichkeit zur Koordinierung verbessern, da implizite Abstimmungen nur für diejenigen Bereiche erforderlich wären, in denen die Unternehmen in Wettbewerbsbeziehung zueinander stehen. Ist die Zahl der wettbewerblichen Begegnungen beschränkt, so würde dies die Wahrscheinlichkeit und die Stabilität koordinierten Verhaltens erhöhen. 312. Ergänzend ist anzumerken, dass gerade die Bildung der „Kerngebiete“ ein (wenn nicht der) Kern der Marktkoordinierung ist; die Kerngebiete sind jedoch gerade

nicht

das

Ergebnis

anderer

ökonomischer

Gründe

wie

z.B.

Transportkosten (insoweit kann auf die räumliche Marktabgrenzung oben Abschnitt B.II.6.b) verwiesen werden). 313. Entgegen den Bekundungen der Vertreter von Nordzucker und Südzucker in diesem

Verfahren

hat

es

in

Deutschland

zwischen

den

deutschen

Zuckerproduzenten auch in erheblichem Ausmaß Gespräche über den Umfang der Rückgabe der Quote in Deutschland gegeben. 169 Durch das BMELV angeregt, haben die Zuckerhersteller auch gemeinsam die Aufteilung der Zusatzquote beschlossen, die es nach Beginn der Reform der ZMO als 168 169

Südzucker, Anlage 5 zum Schriftsatz vom 20. Januar 2009. Südzucker Protokoll Monatsgespräch zwischen Vorstand und Geschäftsbereich Zucker vom 3. März 2008. 103

Ausgleich für die ehemalige C-Zuckerquote zu erwerben gab. Darüber hinaus hat es Überlegungen von Pfeifer & Langen und sowohl Südzucker als auch Nordzucker über eine „Optimierung der Werksstrukturen“ unter Schließung von Zuckerfabriken in dem Gebiet gegeben, wo die Wettbewerber unmittelbar aufeinandertreffen. 170 Die Beschlussabteilung folgert aus diesen Tatsachen, dass auch dort, wo trotz der engen Regulierung des Zuckermarktes ohne Zweifel Spielraum für wettbewerbliches Verhalten ist – nämlich bei der Verteilung der Quote und der wettbewerblichen Ausrichtung der eigenen Standorte – kein wesentlicher Wettbewerb herrscht. (3)

Wettbewerb um die Marktführerschaft in Europa

314. Ein Wettbewerb um die Marktführerschaft in Europa findet zwischen Nordzucker und Südzucker bereits gegenwärtig nicht statt. Beide Unternehmen sind in vergleichbarem Umfang auf europäischen Nachbarstaaten tätig. Dabei liegt der Schwerpunkt der europäischen Aktivitäten von Südzucker neben Frankreich und Belgien in Österreich und damit im Süden von Deutschland und in mitteleuropäischen Staaten. Nordzucker ist dagegen in südlich an Deutschland angrenzenden Staaten nicht vertreten. 315. Auf Märkten außerhalb Deutschlands, in denen Südzucker, Nordzucker und Pfeifer

&

Langen

aufeinandertreffen,

sind

Versuche

erkennbar,

das

Marktverhalten zumindest in Teilbereichen zu koordinieren. Strategische Überlegungen von Nordzucker von Anfang des Jahres 2007 zeigen, dass außerhalb Deutschlands eine gemeinsame Restrukturierung mit Pfeifer & Langen angestrebt wird 171 und in der Slowakei mit Agrana (also mit Südzucker) über die Struktur zukünftiger Produktionsmöglichkeiten nachgedacht wird. 172 Bezüglich der Slowakei hat es zudem Gespräche zwischen Nordzucker und Südzucker über das jeweilige Ausmaß der Quotenrückgabe gegeben, dabei ist eine

Verständigung

zwischen

Nordzucker

170

und

Südzucker

über

das

Südzucker Protokoll Nr. 28 Geschäftsjahr 2007/08 vom 7. Januar 2008, Südzucker Vorab-Auszug Protokoll Nr. 32 der Vorstandssitzung vom 11. Februar 2008, Südzucker Vorab-Auszug Protokoll Nr. 10 der Vorstandssitzung vom 9. Juni 2008, Südzucker Vorab-Auszug Protokoll Nr. 15 der Vorstandsitzung vom 28. Juli 2008; Nordzucker Email vom 5. November 2005; Nordzucker Email vom 13. Februar 2006. 171 Email Nordzucker vom 8. Februar 2007; Email Nordzucker vom 5. November 2005, Asservat 18 Protokoll vom 15. September 2008. 172 Email Nordzucker vom 8. Februar 2007. 104

beiderseitige Ausmaß der Quotenrückgabe gesucht aber offenbar nicht gefunden worden. 173 Bezüglich der Quotenrückgabe in Ungarn hat es zwischen Nordzucker und Südzucker ebenfalls gemeinsame Überlegungen gegeben. 174 Die Kooperationsbestrebungen zwischen Nordzucker und Pfeifer & Langen außerhalb Deutschlands werden zudem von Südzucker „begleitet“. 175 cc)

Auswirkungen der Strukturbedingungen auf den (aktuellen und potentiellen Außenwettbewerb)

316. Sämtliche inländische Wettbewerber des Oligopols (mit Ausnahme von Pfeifer & Langen) sind nur in Teilbereichen der relevanten Märkte tätig 176 oder verfügen als Händler über keine eigenen Produktionsstätten. Damit sind sie nicht in der Lage, den Oligopolisten ein gleichwertiges Wettbewerbs- und Vergeltungspotential entgegenzusetzen. Dementsprechend bewegt sich ihr Marktanteil konstant auf sehr niedrigem Niveau oder ist sogar rückläufig. 317. Pfeifer & Langen ist zwar in allen relevanten Märkten tätig, hat jedoch in Deutschland einen deutlichen Schwerpunkt auf dem Markt für Haushaltszucker und dort wiederum im Herstellermarkenbereich. Dies ist der wesentlich kleinere der beiden Märkte für Quotenzucker. 177 Zudem hat Pfeifer & Langen über die Präsenz in einem europäischen Nachbarland hinaus keine Zuckerfabriken in anderen europäischen Ländern. Insgesamt ist das Vergeltungspotential von Pfeifer & Langen gegenüber dem der Oligopolisten klein. Dementsprechend hat die

Beschlussabteilung

neben

moderatem

Wettbewerb

insbesondere

gegenüber von Nordzucker ein deutliches Bestreben von Pfeifer & Langen festgestellt, sich zumindest außerhalb Deutschlands mit Nordzucker und Südzucker zu arrangieren. 178 Aber auch im Inland hat Pfeifer & Langen gegenwärtig nicht die Möglichkeit, ihren Marktanteil deutlich auszubauen. Zwar verfügt Pfeifer & Langen über die technischen Voraussetzungen, in ihrer Zuckerfabrik in Lage Rohrohrzucker zu raffinieren. Dies eröffnet Pfeifer & 173

Südzucker Vorab-Auszug Protokoll Vorstandssitzung vom 31. März 2008; Nordzucker Asservat 10, Schreiben vom 1.04.2008. 174 Südzucker Vorab-Auszug Protokoll Vorstandssitzung vom 29. Oktober 2007. 175 Südzucker Protokoll Nr. 10 – Geschäftsjahr 2008/09 vom 9. Juni 2008. 176 IHU und CK Sugar & Fruit sind nur im Bereich Flüssigzuckerproduktion tätig; das Unternehmen Winter handelt nur mit Haushaltszucker/Handelsmarken. 177 Im letzten ZWJ betrug der Anteil des Haushaltszuckers nur rund 18 % am „Gesamtzuckermarkt“. Dies entspricht dem Verhältnis in den vergangenen Jahren mit geringfügigen Schwankungen. 178 Nordzucker Asservat 9, Notiz vom 29.01.2003; Asservat 3, Notizen vom 11.01.2008. 105

Langen theoretisch ab dem ZWJ 2009/10 die Möglichkeit, Zucker zusätzlich zu ihrem Quotenzucker auf dem deutschen Markt abzusetzen. Geschieht dies jedoch in nennenswertem Umfang und zu aggressiven Preisen, würden Pfeifer & Langen mit dieser Vertriebspolitik die Marge für ihren eigenen Quotenzucker nachhaltig schmälern. 318. Andererseits wird die Pfeifer & Langen zur Verfügung stehende inländische Zuckerquote im kommenden ZWJ ganz erheblich abgesenkt werden. Pfeifer & Langen vertreibt bereits jetzt im Inland mehr Zucker (aus Lagerbeständen und Importen), als es ihrer gegenwärtigen Quote entspricht. Dementsprechend hat Pfeifer & Langen, anders als Südzucker und Nordzucker, die einen erheblichen Teil ihrer inländischen Quote nicht im Inland absetzen, ein nur sehr eingeschränktes

Vergeltungspotential,

um

Wettbewerbsvorstößen

der

Oligopolisten zu begegnen. Zudem liegt das Kernabsatzgebiet von Pfeifer & Langen im Westen Deutschlands. Damit haben Südzucker und Nordzucker die Möglichkeit, Wettbewerbsvorstöße von Pfeifer & Langen im Inland durch französische Zuckerlieferungen nach Deutschland in das Kernabsatzgebiet von Pfeifer & Langen zu sanktionieren. 179 Dies ist nicht nur eine theoretische Möglichkeit,

sondern

entspricht

den

strategischen

Überlegungen

von

Nordzucker für den Fall, dass über die Raffination von Lage vorstoßender Wettbewerb von Pfeifer & Langen erfolgen sollte. 180 319. Die sehr hohe Markttransparenz führt dazu, dass alle Wettbewerber dieses „Drohpotential“ kennen, zutreffend bewerten und in ihre strategischen Überlegungen einbeziehen. Pfeifer & Langen wird daher auch zukünftig den Verhaltensspielraum der Oligopolisten nicht wirksam begrenzen. Pfeifer & Langen wird sich vielmehr darauf beschränken, ihre Marktanteile im Bereich des Haushaltszuckers zu verteidigen oder moderat auszubauen. Weiter werden sie versuchen, eine Werks- und Standortoptimierung in Kooperation mit Südzucker und Nordzucker zu erreichen und im Übrigen die auskömmlichen Margen nicht durch zu aggressives Wettbewerbsverhalten nicht gefährden.

179

Email Nordzucker vom 28.05.2008: „...vor diesem Hintergrund ist es strategisch gut, dass wir P&L zumindest mit den französischen Mengen von Cristal Union über Eurosugar im Rheinland disziplinieren können.“ 180 Nordzucker Email vom 28. Mai 2008. 106

320. Gleiches gilt für die ausländischen Wettbewerber, die derzeit auf dem deutschen Markt aktiv sind. Tereos müsste damit rechnen, dass sie im Falle von vorstoßendem Wettbewerb in Deutschland durch Nordzucker/Eurosugar und Südzucker/Saint Louis Sucre auf ihrem Heimatmarkt angegriffen werden. Mit einer derartigen Strategie (Lieferung in das Kerngebiet von Tereos in Frankreich) hatte sich bereits im Jahre 2005 der wesentlich kleinere niederländische Zuckerproduzent CSM (nach dem Zusammenschluss mit Cosun heute Suiker Unie) gegen Tereos zur Wehr gesetzt, mit der Folge, dass Tereos seine Zuckerlieferungen in den niederländischen Raum deutlich reduziert hat. 181 Die Tatsache, dass Nordzucker dieser Sachverhalt bekannt ist, zeigt zudem, wie transparent das Marktgeschehen über die Grenzen hinweg ist. Nordzucker selbst stellt bezüglich einer möglichen Expansionsstrategie von Tereos vergleichbare Abwehrüberlegungen für den deutschen Markt an. 182 321. Einer Ausweitung des Marktanteils von Danisco Sugar durch Exporte von Dänemark nach Norddeutschland begegnet Nordzucker gegenwärtig ebenfalls mit einer Ausdehnung ihrer Präsenz auf dem dänischen Markt. Hiervon hat Südzucker Kenntnis.183 Derartige Vergeltungsmaßnahmen können Südzucker und Nordzucker auch gegenüber polnischen Zuckerlieferanten ergreifen, sollten diese trotz der Unterversorgung des eigenen Heimatmarktes Vorstöße auf den deutschen Markt intensivieren. 322. Potentielle

Wettbewerber

sind

entweder

reine

Zuckerhändler

oder

Unternehmen wie ABF/British Sugar, die bisher ein weitgehendes Desinteresse an kontinentaleuropäischen Märkten gezeigt haben. Über Eurosugar ist Nordzucker auch auf dem Heimatmarkt von ABF/British Sugar tätig, so dass Nordzucker die Möglichkeit hätte, Wettbewerbsvorstößen von British Sugar auf dem deutschen Markt mit entsprechenden Vergeltungsmaßnahmen auf deren Heimatmarkt zu begegnen. Marktzutritte in der Zukunft durch neue Händler und Importeure, die Zucker aus Rohrzucker in Deutschland vertreiben, sind nicht wahrscheinlich bzw. wenn, dann nur in unbedeutendem Umfang. Aufgrund der ausgeglichenen Zuckerbilanz für Deutschland besteht kein Bedarf an größeren

181

Nordzucker Email vom 11. September 2005. [...] 183 Südzucker Email vom 2. April 2008. 182

107

Einfuhren von Rohrzucker und zudem zeigen sich die Abnehmer sehr skeptisch gegenüber der Austauschbarkeit von Verarbeitungszucker aus Zuckerrüben mit Verarbeitungszucker aus Rohrzucker. Zudem sind die nördlichen Märkte auch aus Sicht von Nordzucker sehr viel weniger attraktiv für Rohrzucker, da sich die Logistikkosten

gegenüber

den

südlichen

Staaten

nicht

unerheblich

intensivieren. 184 323. Auf

dem

Markt

für

Verarbeitungszucker

bestehen

faktische

Marktzutrittsschranken, die bereits an anderer Stelle dargestellt worden sind. 185 Dies zeigt auch die Tatsache, dass es in den vergangenen Jahren Markteintritte nur in Nischenbereichen und auch dort nur in sehr geringem Umfang gegeben hat. Hinzu kommt, dass Wettbewerber, die auf dem deutschen Markt über den Preis vorstoßenden Wettbewerb betreiben, das Marktpreisniveau in Deutschland und damit ihre Marge senken. Das gilt sowohl für potentielle Wettbewerber, die Rohrzucker einführen als auch für solche, die mit Quotenzucker auf den deutschen Markt kommen. Außerdem ist der deutsche Zuckermarkt gesättigt, der Zuckerverbrauch stagniert. Auf diesem Markt haben die heimischen Zuckerproduzenten kürzere Transportwege zu den Abnehmern und verfügen über eine hohe Marktgeltung in Bezug auf Qualität und Lieferzuverlässigkeit. Es handelt sich dementsprechend um keinen für potentielle Wettbewerber attraktiven Wachstumsmarkt. dd) Keine gegengewichtige Nachfragemacht 324. Nach den Feststellungen der Beschlussabteilung ist nicht zu erwarten, dass die Verhaltensspielräume

des

Oligopols

durch

Marktgegenmacht

der

Abnehmerseite wirkungsvoll begrenzt werden. 325. Die Verfahrensbeteiligten machen geltend, dass sie bereits deshalb keinen unkontrollierten Verhaltensspielraum hätten, weil ihnen große, europaweit tätig Nachfrager entgegenstünden, die zudem eine „multi-sourcing“-Strategie betrieben.

184 185

Nordzucker beziffert die Differenz in der Email vom 11. Juni 2008. Vgl. die Ausführungen oben im Abschnitt B.II.7.b)aa)bbb). 108

326. Voraussetzung für gegengewichtige Marktmacht ist zum Einen die Existenz marktstarker Nachfrager und zum Anderen, dass diese ihre Aufträge nach marktstrategischen Überlegungen gegebenenfalls gezielt auf Wettbewerber verteilen, um nicht von einem oder mehreren (beherrschenden) Anbieter abhängig zu werden. 186 327. Diese strukturellen Voraussetzungen liegen im Markt für die Herstellung und den Vertrieb von Verarbeitungszucker schon vor dem Zusammenschluss nicht vor. Der Konzentrationsgrad auf der Angebotsseite übersteigt bei Weitem den auf der Nachfrageseite. Zudem ist die Kundenstruktur im Bereich des Verarbeitungszuckers sehr heterogen. Neben einigen größeren Nachfragern (Nestlé, Oetker, Haribo, Coca Cola, Ferrero) gibt es eine Vielzahl kleiner Abnehmer. Die Beschlussabteilung hat im Rahmen der Ermittlung der hiesigen Marktverhältnisse knapp 100 Abnehmer befragt, die zusammen mindestens 75 % des Nachfragevolumens von Nordzucker, Südzucker, Pfeifer & Langen und Danisco Sugar im nord- und mitteldeutschen Raum repräsentieren. 187 Die Vielzahl der

Nachfrager hat den Oligopolisten keine Nachfragemacht

entgegenzusetzen. 328. Beim weit überwiegenden Teil der Abnehmer hat sich eine Reihe von Anhaltspunkten

ergeben,

die

auf

erhebliche

Schwierigkeiten

beim

Lieferantenwechsel schließen lassen. Selbst die größeren unter diesen Nachfragern von Verarbeitungszucker haben nur in sehr geringem Ausmaß die Möglichkeit, auf Wettbewerber der Oligopolisten auszuweichen und insoweit ein marktstrategisches Einkaufsverhalten durchzusetzen. Daher sind diese nicht gezwungen, ihren großen Nachfragern preisgünstige Angebote zu machen. Große Nachfrager können nur in sehr begrenztem Umfang auf Wettbewerber befürchten

der

müssen,

Oligopolisten von

ausweichen,

da

Nordzucker/Südzucker

diese in

der

Wettbewerber oben

näher

beschriebenen Weise sanktioniert zu werden, wenn sie in nennenswertem Umfang deutsche Nachfrager beliefern. Dementsprechend hat eine größere Zahl von Nachfragern erklärt, sie würden gerne größere Mengen ihrer 186 187

BGH WuW/E 1749, 1752 – Klöckner-Becorit. Es handelt sich um sämtliche Abnehmer von Nordzucker und Danisco Sugar, sowie die Abnehmer von Pfeifer & Langen aus den Werken Lage und Könnern sowie von Südzucker aus den Werken Warburg, Wabern, Brottewitz und Zeitz. 109

Nachfrage auf mehrere Zuckerlieferanten verteilen, sehen sich dazu aber nicht in der Lage, weil sie auf ihre Anfragen keine oder keine wettbewerbsfähigen Angebote erhalten. ee)

Ergebnis

329. Eine

Gesamtbetrachtung

der strukturellen

Marktbedingungen

und

des

tatsächlichen Marktverhaltens ergibt, dass auf dem bundesdeutschen Markt für Verarbeitungszucker bereits gegenwärtig ein marktbeherrschendes Oligopol zwischen Nordzucker und Südzucker besteht. c)

Verstärkung eines marktbeherrschenden Oligopols durch den Zusammenschluss

330. Die gemeinsame marktbeherrschende Stellung von Südzucker und Nordzucker auf dem bundesweiten Absatzmarkt für Verarbeitungszucker wird in Folge der geplanten Übernahme der Danisco Sugar durch Nordzucker verstärkt. Die Verstärkung ist aufgrund der dem Oligopol zuwachsenden Marktanteile und der Neutralisierung der bislang von Danisco Sugar im Wettbewerb eingesetzten unternehmerischen

Ressourcen

und

zukünftig

zu

erwartenden

Wettbewerbshandlungen zu erwarten. 331. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung muss die durch den Zusammenschluss zu erwartende Verstärkung einer bereits bestehenden marktbeherrschenden Stellung nicht im Sinne von § 1 GWB spürbar sein. Zur Annahme einer solchen Verstärkungswirkung bedarf es daher weder einer Ausweitung

der

bestehenden

Ressourcenzuwachs

erforderlich.

Marktanteile Es

genügt

noch

ist

vielmehr,

ein wenn

sonstiger die

die

Marktmacht ausgleichende Wirkung des Wettbewerbs durch eine Veränderung der markt- und unternehmensbezogenen Strukturen in noch höherem Maße eingeschränkt wird, als dies schon vor dem Zusammenschluss der Fall war. Ein trotz Marktbeherrschung verbliebener oder potentieller Wettbewerb ist umso

110

nachhaltiger zu schützen, je stärker der Grad der durch Konzentration eingetretenen Beschränkung des Wettbewerbs bereits ist. 188 aa)

Höherer Konzentrationsgrad

332. Die

Zuckerhersteller

Nordzucker

und

Südzucker

werden

nach

dem

Zusammenschluss auf einen gemeinsamen Marktanteil von [> 60 %] kommen. Derzeit liegt dieser Anteil bei [50 – 55 %]. Die marktanteilsbezogene Symmetrie wird durch den Zusammenschluss insoweit verändert, als sich Nordzucker an die Spitze des Duopols setzt. Das Duopol ist aber auch nach dem Zusammenschluss



bezogen

auf

die

Marktanteilsverteilung



sehr

ausgeglichen. Marktanteile Verarbeitungszucker nach Zusammenschluss in % Nordzucker Danisco

30 – 35

Südzucker

25 – 30

Pfeifer & Langen

20 – 25

bb) Einbindung eines aktiven Wettbewerbers 333. Das Bestreben, Lieferströme zu optimieren und Transportkosten gering zu halten, führt zwar dazu, dass die Zuckerproduzenten bestrebt sind, überwiegend Kunden zu beliefern, die in räumlicher Nähe zu einer ihrer Zuckerfabriken liegen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Belieferung von Kunden in Kerngebieten der Wettbewerber betriebswirtschaftlich unsinnig wäre. Danisco Sugar, die über kein historisch gewachsenes Kerngebiet verfügt, hat hier Spielräume genutzt und überregional Verarbeitungszucker verkauft. Von Anklam aus beliefert Danisco Sugar den Raum südlich von [...], den Raum [...] und den [...] Raum und erzielt einen ganz erheblichen Anteil an den dortigen Zuckerabsätzen.

188

BGH WuW/E DE-R 1419, 1424 – Deutsche Post/trans-o-flex, BGH WuW/E-R 1925 – National Geographic II, OLG Düsseldorf, zuletzt Beschluss vom 26. November 2008 „Phonak/GN Resound“, Beschlussausfertigung Seite 54. 111

334. Auch die Kundenwechselanalyse für Nordzucker im Grenzgebiet zwischen den Kernabsatzgebieten von Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen hat gezeigt, dass von Danisco Sugar in der Vergangenheit Wettbewerbsimpulse ausgegangen sind. So sind die Verluste von Nordzucker an Danisco Sugar in diesem Bereich im Regelfall höher ausgefallen als die Gewinne durch Akquisition von Mengen, die zuvor von Danisco Sugar an Kunden in diesen Gebieten verkauft wurden. Dies korrespondiert auch mit den bundesweiten Marktanteilsgewinnen von Danisco Sugar in den vergangenen drei Jahren, die teilweise auf aggressiver Preissetzung, teilweise auf Einführung anderer Produktqualitäten beruhen. Mit dem Zusammenschluss entfällt der einzige ausländische Anbieter mit einer Produktionsstätte in Deutschland. Der ohnehin schon stark eingeschränkte Wettbewerbsdruck wird sich auf diese Weise durch den Zusammenschluss weiter verringern. Insbesondere auch bei Großkunden mit verschiedenen in-und ausländischen Produktionsstandorten würde sich das Wettbewerbspotential von Nordzucker und Südzucker verbessern, da Danisco Sugar als Betreiber eines internationalen Netzes an Produktionsstandorten wegfiele. cc) Verstärkung der Präsenz in räumlich benachbarten Märkten/verbesserter Zugang zu Präferenzzucker 335. Danisco

Sugar

exportiert

seinen

Zucker

zwar

hauptsächlich

in

die

skandinavischen Länder. Dennoch hat Danisco Sugar schon bislang (über den mit dem Werk Anklam in Deutschland produzierten Zucker hinaus) Zucker nach Deutschland exportiert. Die Exporte sind in den vergangenen Jahren sogar angestiegen. Mit dem Erwerb von Danisco Sugar durch Nordzucker entfällt auch dieses Wettbewerbspotential. Einen Überblick über die Einfuhren gibt die nachstehende Tabelle: Einfuhren von Danisco nach Deutschland in Tonnen Verarbeitungszucker

ZWJ 2006/07

ZWJ 2007/08

[1.000 – 10.000]

[10.000 – 20.000]

- davon Flüssigzucker

[1.000 – 10.000]

[10.000 – 20.000]

- davon kristalliner Zucker

[0 – 1.000]

[1.000 – 10.000]

112

336. Es ist zu erwarten, dass bis zum Ende des ZWJ 2009/10 Angebot und Nachfrage

in Deutschland zunächst einen leichten Angebotsüberhang

aufweisen und sich der Markt langfristig in einem Gleichgewicht einpendeln wird. 189 Demgegenüber wird es in den Heimatländern von Danisco Sugar aufgrund der starken Reduzierung der heimischen Zuckerproduktion zu Engpässen kommen (in einer Größenordnung von dann jährlich 400.000 t). Dies wird Nordzucker im Vergleich zur heutigen Situation über den Zugriff auf die

skandinavischen

und

baltischen

Staaten

eine

Optimierung

ihrer

Absatzmengen ermöglichen. Denn Nordzucker wird – auch im Interesse des Duopols – in der Lage sein, das Preisniveau in Deutschland hoch zu halten, indem

derzeit

noch

überschüssige

Zuckermengen

in

das

ebenfalls

hochpreisige Vertriebsgebiet der heutigen Danisco Sugar – dann im eigenen Unternehmensverbund - transferiert werden. Damit besteht für Nordzucker zugleich keine Notwendigkeit mehr, Quote zur Stabilisierung eines hohen Preisniveaus in Deutschland über suboptimale Lieferwege aus dem deutschen Markt herauszuhalten. Dies verbessert ihre Möglichkeit, in Deutschland gemeinsam mit Südzucker dauerhaft ein über dem Wettbewerbspreis liegendes Preisniveau zu etablieren. Allerdings haben Nordzucker und Südzucker im Rahmen der 2. Rückgabewelle Quote zurückgegeben, so dass in Deutschland insgesamt nur noch ein allenfalls geringer Quotenüberschuss produziert werden wird, der zur Stabilisierung des Marktpreisniveaus exportiert werden müsste. 337. Das Oligopol wird die Zugangswege für raffinierten Rohrzucker stärker kontrollieren als vor dem Zusammenschluss. Rohzucker aus Rohrzucker wird, da ausschließlich außerhalb Europas angebaut, insbesondere über den Seeweg transportiert. Ein Aufbau neuer Raffinerien für Rohrzucker oder ein Umbau

bestehender

Anlagen

erscheint

nach

Erkenntnissen

der

Beschlussabteilung daher nur dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn die jeweilige Produktionsanlage

Zugang

zu

einem

(See)

Hafen

hat.

Nach

dem

Zusammenschluss würde Nordzucker nicht mehr nur in Hamburg über entsprechende Hafenanlagen verfügen, sondern mittels Anklam auch in Rostock. Danisco Sugar selbst verfügt in Finnland und Schweden bereits über 189

Nordzucker, Projekt Tito: Wachstum für eine sichere Zukunft, Seite 30. 113

Raffineriekapazitäten für Rohrohrzucker. Nordzucker betreibt gegenwärtig schon in Polen eine Raffinerie für Rohrohrzucker mit Zugang zum Danziger Hafen. In Deutschland hat demgegenüber nur Pfeifer & Langen in Lage eine Raffinerie für Rohrohrzucker. Nordzucker würde dadurch in die Lage versetzt wesentliche

Importe

von

Rohrohrzucker

zu

regulieren,

um

hierdurch

entstehenden Preis- und Kundenwettbewerb zu minimieren. Dies liegt auch im Interesse von Südzucker 338. Weitere

Raffineriestandorte

in

Nord-

und

Osteuropa

sind

der

Beschlussabteilung nicht bekannt. Mit dem Erwerb der Raffineriekapazitäten für Rohrohrzucker von Danisco Sugar beherrscht Nordzucker für den gesamten nord- und osteuropäischen Raum (Skandinavien/Baltikum) die Zugangswege für

Rohrzuckerimporte.

Zugleich

kann

Nordzucker

selbst

die

Raffineriekapazitäten nutzen, um die Defizitmärkte (insbesondere im Baltikum) zu versorgen. Dementsprechend bewertet Nordzucker als einen mit der Übernahme von Danisco Sugar verbundenen Wettbewerbsvorteil, dass die Akquisition Nordzucker in die Lage versetzt, die Zugangswege für Rohrzucker zu kontrollieren. 190 Auch hier sind die Auswirkungen auf den deutschen Markt jedoch vergleichsweise gering, da Rohrzucker aus den beschriebenen Gründen bisher von vielen Abnehmern in Deutschland nicht oder allenfalls eingeschränkt akzeptiert wird. dd) Abschreckungswirkungen auf nationale und europäische Wettbewerber 339. Mit

dem

Verkauf

von

Danisco

Sugar

an

Nordzucker

werden

die

Expansionsmöglichkeiten der anderen Anbieter erheblich erschwert. Dies ist auch ausdrücklich eine Motivation für den Erwerb der Zuckersparte von Danisco A/S durch Nordzucker. 191 340. Nordzucker und Südzucker verfügen sowohl innerhalb Deutschlands als auch in allen europäischen Nachbarstaaten über ein flächendeckendes Netz von Tochterunternehmen. Der gesamte Norden und ein wesentlicher Teil der Mitte Europas sind nach dem Zusammenschluss zwischen Nordzucker und

190

Projekt Tito: Wachstum für eine sichere Zukunft, Seite 6:“1. Markt verteidigen Zugangswege Präferenzzucker beherrschen (HH;HR); Etablierte Märkte versorgen Raffinerie Kapazitäten nutzen und/oder Überschusszucker [ ] einsetzen“. 114

Südzucker aufgeteilt, ebenso der südlich an Deutschland angrenzende Raum (Südzucker/Agrana,

vgl.

Anlage

5).

Nordzucker

wird

mit

dem

Zusammenschluss zu einem im Verhältnis zu Südzucker ebenbürtigen europäischen

Partner.

Das aus

Sicht

der Beschlussabteilung bereits

gegenwärtig nicht wesentliche Wettbewerbsverhalten zwischen Südzucker und Nordzucker wird sich weiter abschwächen. Dies entspricht auch der Sichtweise von Nordzucker selbst, die ein aggressives Marktvorgehen durch andere Zuckerhersteller nach dem Zusammenschluss nicht mehr erwartet. 192 341. Die Kooperationsbereitschaft von Pfeifer & Langen, die schon vor dem Zusammenschluss

ausgeprägt

ist

(z.B.

im

Hinblick

auf

die

Kapazitätsbereinigungen in Mitteldeutschland), wird sich weiter erhöhen und sich stärker als bisher an den Interessen des Duopols ausrichten müssen. 342. Für Unternehmen wie Tereos, die bisher als einziger ausländischer Zuckerproduzent nennenswerte Zuckermengen nach Deutschland exportieren, wird der deutsche Markt durch den Zusammenschluss eine weitere Stärkung der

etablierten

Anbieter

mit

negativen

Folgen

für

das

eigene

Deutschlandgeschäft erfahren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn Danisco Anklam nicht mehr von einem ausländischen Wettbewerber betrieben wird, sondern stattdessen einem der Duopolisten gehört. 343. Nordzucker wird zwar mit der Danisco Sugar die über Eurosugar zu vertreibenden Zuckermengen weiter erhöhen. Hohe Mengen an Quotenzucker in verschiedenen Mitgliedstaaten erlauben grundsätzlich eine gezielte und grenzüberschreitende Mengensteuerung je nach nationalem Preisniveau und Wettbewerbssituation. Wettbewerbsvorstößen

Auch Dritter

Disziplinierungsmaßnahmen

sind

leichter

möglich.

Allerdings

bei ist

zu

berücksichtigen, dass der in Skandinavien produzierte und nachgefragte Verarbeitungszucker

sich

von

dem

in

Deutschland

und

Frankreich

nachgefragten Verarbeitungszucker hinsichtlich der Körnung unterscheidet. Das mit dem Erwerb der Danisco Sugar verbundene Vergeltungspotential ist

191 192

[...] Projekt Tito: Wachstum für eine sichere Zukunft, Seite 5. 115

daher nicht so groß, wie dies bei einer vordergründigen Betrachtung der von Danisco Sugar produzierten Mengen erscheint. 344. Allerdings wird – davon geht auch Nordzucker aus – Tereos seine Expansionsbestrebungen nach dem Zusammenschluss stärker in den Süden Europas verlegen müssen. 193 Diese Erwartung von Nordzucker hat sich mittlerweile jedenfalls ansatzweise bestätigt. Tereos hat Ende November 2008 ein Gemeinschaftsunternehmen (Produktion und Vertrieb) mit dem spanischen Zuckerunternehmen Acor gegründet. Dieses Gemeinschaftsunternehmen wird über Raffinationskapazitäten für Rohrohrzucker verfügen, die jedoch praktisch vollständig auf die Belieferung des spanischen Marktes ausgerichtet sind. 194 345. Die von Nordzucker und Südzucker kontrollierten Märkte – z.B. Deutschland werden jedenfalls dann noch weniger als bisher im Fokus der Vertriebsstrategie von Tereos stehen, wenn Danisco Anklam von einem der Duopolisten in Deutschland erworben wird. Für Tereos kommt erschwerend hinzu, dass der Expansion durch die Übernahme von Produktionsstandorten in Südeuropa Grenzen gesetzt sind, da diese Länder im Rahmen der ZMO ganz erhebliche Teile ihrer nationalen Zuckerquote reduzieren mussten und nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission einen wesentlichen Teil ihres Zuckerbedarfs zukünftig über den Import von Zuckerrohr-Rohzucker decken werden. Entsprechende Raffineriekapazitäten gibt es in Portugal und Spanien. Allerdings ist zu berücksichtigen, das Tereos – neben dem niederländischen Anbieter Cosun und weiteren Marktteilnehmern großes Interesse am Erwerb des Danisco Sugar Standortes in Anklam geäußert hat. 346. Schließlich ist das Preisniveau in Südeuropa - den vorliegenden Informationen zufolge - wesentlich niedriger als in Deutschland oder Skandinavien. Da Tereos seinerseits beim Absatz von Zucker aus französischer Zuckerrübenproduktion erhebliche Transportstrecken von seinem Kernabsatzgebiet in Nordfrankreich in Rechnung stellen muss, wird Tereos Südeuropa zu für das Unternehmen auskömmlichen Preisen nur über das Gemeinschaftsunternehmen mit Acor beliefern können. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass Defizitmärkte wie z.

193 194

Nordzucker Projekt Tito: Wachstum für eines sichere Zukunft, Seite 7. Pressemeldung Flexnews vom 28. November 2008. 116

B.

Spanien/Portugal

auch

im

Fokus

von

Eurosugar

stehen,

einem

Wettbewerber, an dem neben Cristal Union auch Nordzucker beteiligt ist. Der Zusammenschluss wird demnach zu einer Schwächung von Tereos als Wettbewerber in Deutschland (und dem gesamten europäischen Norden) führen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch Danisco Anklam von Nordzucker oder Südzucker übernommen würde. Bei einer bloßen Übernahme von Danisco

Sugar

ohne

Verstärkungswirkungen

Danisco

Anklam

grundsätzlich

zwar

treten auch

die ein,

beschriebenen jedoch

nur

in

abgeschwächter Form, so dass alleine daraus keine Verstärkung des marktbeherrschenden Oligopols in Deutschland hergeleitet werden kann. 347. Gleiche Erwägungen gelten auch für andere europäische Zuckerhersteller wie Cosun und KSC. ee)

Weitere Verbesserung der Koordinierungs- und Abwehrmechanismen im Oligopol

348. Aufgrund der beschriebenen Strukturbedingungen ist es im Markt für Verarbeitungszucker schon vor dem Zusammenschluss einfach, über die Bedingungen einer Koordinierung zu einem Einvernehmen zu gelangen. Die Unternehmen können auch in ausreichendem Maße überwachen, ob die Koordinierungsmodalitäten befolgt werden und sie haben jederzeit die Möglichkeit, glaubhafte Abschreckungsmechanismen in Gang zu setzen, wenn ein abweichendes Wettbewerbsverhalten zu Tage treten sollte. 349. Durch den Zusammenschluss verengt sich die Anbieterstruktur in Deutschland auf letztlich drei Unternehmen mit nennenswerten Marktanteilen. Das Duopol hat eine Marktabdeckung von [> 60 %]. Schon dies wird die Überwachung und Durchsetzung einer tragfähigen Koordinierung weiter vereinfachen. Die Transparenz

z.B.

über

Produktionskosten,

Produktionskapazitäten

die

Kernabsatzgebiete und – mit Einschränkungen - in den Grenzgebieten zwischen den Kernabsatzgebieten versetzen die Hersteller schon jetzt in die Lage, einen möglichen Wettbewerbsvorstoß sofort zu erkennen. Nach dem Zusammenschluss wird die mögliche Identifizierbarkeit eines „Abweichlers“ weiter verbessert, da die Unternehmen außerhalb des Duopols zuzüglich

117

Pfeifer & Langen jeweils nur eine sehr geringe Marktbedeutung in Deutschland haben. 350. Südzucker und Nordzucker, die (noch) Quotenüberschüsse produzieren, können preisliche Angriffe auf Kunden der Wettbewerber in Deutschland führen.

Pfeifer

&

Langen

ist

demgegenüber

in

einer

wesentlich

unkomfortableren Situation. Das Unternehmen hat nach der Quotenrückgabe noch erhebliche Überkapazitäten, insbesondere im Werk Könnern. Es ist demnach auf eine stärkere Auslastung angewiesen, um die hohen Fixkosten amortisieren zu können. Auf der anderen Seite produziert das Unternehmen derzeit schon an der Grenze seiner Quote und eine weitere erhebliche Quotenkürzung wird im kommenden ZWJ wirksam werden. Damit wird Pfeifer & Langen künftig noch stärker in die Rolle eines Zuckerhändlers gedrängt, als dies gegenwärtig schon der Fall ist. Dementsprechend verringert sich das Vergeltungspotential zukünftig weiter, da Pfeifer & Langen, soweit sie Zuckerhändler sind, keinen gesicherten Zugriff auf eigene Quote und Produktionskapazitäten haben wird. Pfeifer & Langen hat damit im Vergleich zu Südzucker und Nordzucker wesentlich weniger Vergeltungspotentiale bei Kundenverlusten an einen dieser Wettbewerber. Nordzucker und Südzucker sind über ihr internationales Standortnetz darüber hinaus auch in der Lage, ausländische Wettbewerber in ihren Heimatländern anzugreifen. 351. Gerade in den Absatzgebieten außerhalb der Kernabsatzgebiete, in denen die Beschlussabteilung Kundenwechsel insbesondere zwischen Nordzucker und Pfeifer & Langen bzw. Nordzucker und Danisco Sugar festgestellt hat, werden sich die wettbewerblichen Impulse durch den Wegfall von Danisco Sugar als unabhängigem Wettbewerber weiter verringern. Auch durch den Zugewinn der Produktionsmengen des ausländischen Danisco-Geschäfts für Nordzucker werden sich die wettbewerblichen Spielräume von Pfeifer & Langen und von ausländischen Wettbewerbern wie Tereos weiter verschlechtern, wenn auch in vergleichsweise geringfügigem Umfang. 8.

Gesamtbetrachtung

352. Die Beschlussabteilung hatte im vorliegenden Fall einen Zusammenschluss auf einem Markt zu prüfen, dessen Strukturbedingungen wesentlich durch die

118

europäische Zuckermarktordnung und deren Umsetzung in den Mitgliedstaaten mitbestimmt

werden.

Diese

Strukturbedingungen

reichen

von

einer

weitgehenden Transparenz über Produktionskosten und Endkundenpreise bis hin zu einer Mengenregulierung und weitreichenden Importsteuerung. Die ZMO begünstigt für sich genommen schon eine europäische Marktstruktur, die durch nationale Monopole oder Oligopole gekennzeichnet ist. Zwar nimmt die EU für sich in Anspruch, Wettbewerbsimpulse durch die Erleichterung von Importen aus den AKP-Staaten und den LDC-Staaten geschaffen zu haben; dies gilt nach den Erkenntnissen der Beschlussabteilung jedoch nur insoweit, als diese Importe keine substantielle Gefahr für den Erhalt einer im Wesentlichen auf europäischer Zuckerproduktion basierenden Marktstruktur darstellen. Hieran hat auch die Reform aus dem Jahr 2006 nichts Wesentliches geändert. 353. In diesem Umfeld haben sich in Deutschland Wettbewerbsbedingungen entwickelt, die oligopolistisches Parallelverhalten begünstigen. Diese werden unterstützt durch die weitgehende Homogenität der Produkte, die geringe Preiselastizität der Nachfrage und die in weiten Teilen Deutschlands etablierte Abgrenzung der Vertriebsgebiete vor allem zwischen Südzucker und Nordzucker. Die Duopolisten haben diese Strukturbedingungen genutzt, um schon

vor

dem

Zusammenschluss

über

die

Bedingungen

einer

oligopolistischen Koordinierung Einvernehmen zu erlangen. Sie sind auch in der Lage, die Koordinierungsmodalitäten zu befolgen und sie zu überwachen. Schließlich sind sie in der Lage, im Falle eines Verstoßes gegen diese Koordinierung glaubhafte Abschreckungsmechanismen einzusetzen. 354. Soweit für die Vergangenheit Wettbewerb um Kunden zu beobachten war, ging dieser wesentlich von Danisco Sugar und Tereos, eingeschränkt auch von Pfeifer & Langen aus. Dieser Wettbewerb reichte jedoch nicht aus, um wesentlichen Binnenwettbewerb in das Duopol hineinzutragen. Dies gilt umso mehr, als die von der Europäischen Kommission mit der ZMO 2006 propagierte Liberalisierung der europäischen Zuckermärkte in Deutschland bisher nicht greift. 355. Die Beschlussabteilung hat auch keine Ansatzpunkte dafür gefunden, dass sich dies im Prognosezeitraum signifikant ändern wird. Denn die Überwachung des

119

Wettbewerbsverhaltens im Duopol und die Absicherung der Dauerhaftigkeit der Koordinierung bezieht inzwischen auch die Wettbewerbsstrukturen in den europäischen Nachbarländern ein. Die Vergeltungspotentiale von Nordzucker und Südzucker gegenüber deutschen und ausländischen Wettbewerbern liegen zum einen in der Steuerung des inländischen Absatzes und der zur Verfügung stehenden Zuckerquote. Zum anderen verfügen beide Duopolisten in Überschussländern wie Frankreich oder Polen über erhebliche Produktionsund Zuckerquotenkapazitäten, mit Hilfe derer wettbewerbliche Vorstöße von Zuckerproduzenten aus diesen Ländern wirksam sanktioniert werden können. 356. Das bereits gegenwärtig bestehende marktbeherrschende Oligopol zwischen Nordzucker und Südzucker würde durch die Übernahme der Zuckersparte von Danisco A/S durch Nordzucker weiter verstärkt. Diese Verstärkung ist schon aufgrund der dem Oligopol zuwachsenden Marktanteile und der Neutralisierung der

bislang

von

Danisco

Sugar

im

Wettbewerb

eingesetzten

unternehmerischen Ressourcen zu erwarten. Daran würde auch der von den Zusammenschlussbeteiligten

ursprünglich

beabsichtigte

Verkauf

der

Zuckerfabrik in Anklam an Südzucker nichts ändern. 357. Hierfür ist maßgebend, dass Südzucker als Mitglied des Duopols kein geeigneter Erwerber wäre. 358. Zum Einen ist nicht zu erwarten, dass Südzucker das Wettbewerbspotential von Anklam gegen Nordzucker am Markt einsetzen würde. Südzucker würde mit dem Erwerb der Zuckerfabrik Anklam zwar erstmalig in das Kerngebiet von Nordzucker vordringen und erweiterte seine Marktpräsenz in Deutschland nicht unerheblich.

Dies

würde

aber

nicht

zu

einer

Verbesserung

der

Wettbewerbsbedingungen führen. Es sind aus den oben näher dargelegten Gründen nicht die Transportkosten und die fehlenden Produktionskapazitäten, die einen vorstoßenden Wettbewerb von Südzucker in das Kernabsatzgebiet von Nordzucker unmöglich machen. Vielmehr betreiben die Oligopolisten keinen vorstoßenden Wettbewerb, um das Preisniveau in Deutschland hoch zu halten und die weitreichenden Abgrenzungen der Vertriebsgebiete nicht zu gefährden. Dieses Interesse bestünde auch im Falle des Erwerbs von Anklam durch Südzucker fort.

120

359. Dass der Erwerb der Zuckerfabrik Anklam für Südzucker zudem unter dem Gesichtspunkt einer weiteren strategischen Einbindung von Wettbewerbern interessant zu sein könnte, hat Südzucker bestritten. Den internen Unterlagen von Südzucker ist zu entnehmen, dass ein Kauf der Zuckerfabrik Anklam durch Südzucker dieser die Möglichkeit eröffne, „eine Lösung mit P+L (Pfeifer & Langen)“ und mit „den nordpolnischen Fabriken (KSC)“ zu erzielen. 195 Zutreffend ist, dass Südzucker als strategisches Interesse in diesem Dokument eine „Mengenausweitung“ benennt. Nach den mündlichen Erläuterungen von Südzucker ist damit jedoch eine Ausweitung der Marktposition von Südzucker im polnischen und skandinavischen Raum gemeint. Der Erwerb der Zuckerfabrik Anklam durch Südzucker ist daher bereits auf Grund des eigenen Vortrags von Südzucker nicht geeignet, das wettbewerbsrechtliche Problem des Zusammenschlussvorhabens Nordzucker/ Danisco Sugar zu lösen. Vorstoßender Wettbewerb in Skandinavien beseitigt nicht das festgestellte Wettbewerbsproblem

in

Deutschland.

Insoweit

kann

das

inländische

Wettbewerbspotential von Danisco Sugar über die Zuckerfabrik in Anklam nur dann erhalten und abgesichert werden, wenn der Erwerber weder dem Duopol angehört, noch in der Vergangenheit im Wesentlich nur durch „sehr gebremste“ Wettbewerbshandlungen

gegenüber

Nordzucker

und

Südzucker

in

Deutschland in Erscheinung getreten ist. 360. Grundsätzlich – dies hat die Beschlussabteilung dargelegt – ist es keineswegs ausgeschlossen,

dass

sich

die

Rahmenbedingungen

für

ein

marktbeherrschendes Oligopol in Deutschland - auch ohne den Standort Anklam – weiter verschlechtern. Denn Danisco Sugar exportiert bereits gegenwärtig – wenngleich in sehr geringem Umfang - Zucker von Dänemark nach Deutschland. Zudem erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das Oligopol auch ohne den Zugriff auf Anklam in die Lage versetzt würde, den deutschen Zuckermarkt nach dem Zusammenschluss noch wirkungsvoller als zuvor gegen vorstoßenden Wettbewerb aus dem Ausland, beispielsweise aus Frankreich oder den Niederlanden, abzuschotten. Die Beschlussabteilung ist jedoch der Auffassung, dass gerade der Einstieg eines europäischen Zuckerproduzenten 195

in

den

deutschen

Zuckermarkt,

Südzucker Asservat 9 Seite 235 (Chancen und Risiken Anklam). 121

verbunden

mit

nachgewiesenen logistischen und kundenbezogenen Synergieeffekten, diese Nachteile kompensieren würde. Sie hat jedenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte

dafür,

dass

dann

mit

dem

Zusammenschluss

eine

Strukturverschlechterung einhergehen würde, die eine Untersagung des Gesamtvorhabens rechtfertigen würde. Beim Verkauf von Anklam an einen geeigneten Dritten werden die Inlandsauswirkungen des Zusammenschlusses in ihrer Substanz beseitigt. Die von der Beschlussabteilung festgestellten Abschreckungswirkungen insbesondere gegenüber Tereos reichen für sich genommen nicht aus, um die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung des Duopols zu begründen. 361. Die Rahmenbedingungen für die Veräußerung von Anklam ergeben sich aus den im Tenor formulierten Nebenbestimmungen und den nachfolgenden Gründen für die Eignung und Verhältnismäßigkeit dieser Nebenbestimmungen. III.

BEGRÜNDUNG NEBENBESTIMMUNG

1.

Verhältnismäßigkeit der Nebenbestimmungen

362. Die

durch

den

Zusammenschluss

bewirkte

Verstärkung

einer

marktbeherrschenden Stellung von Nordzucker und Südzucker auf dem bundesweiten Markt für Verarbeitungszucker wird durch die Erfüllung der Nebenbestimmungen beseitigt. Die Nebenbestimmungen entsprechen dem Grundsatz

der

Verhältnismäßigkeit,

da

sie

zur

Beseitigung

der

Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB geeignet, erforderlich und angemessen sind. a)

Veräußerung der Danisco Sugar GmbH

363. Durch den Erwerb der Danisco Sugar, dem Zuckerbereich der Danisco A/S entfällt auf dem Markt für Verarbeitungszucker, der räumlich auf das Gebiet der Bundesrepublik

Deutschland

begrenzt

ist,

der

einzige

ausländische

Wettbewerber mit einem inländischen Zuckerproduktionsstandort in Anklam. Der von Danisco Anklam betriebene Produktionsstandort für Zucker und Bioethanol liegt inmitten eines Gebietes, das zu den Kernabsatzgebieten von Nordzucker gehört.

122

364. Die Ermittlungen der Beschlussabteilung, wie sie im Abmahnschreiben vom 22. Dezember 2008 dargestellt worden sind, haben ergeben, dass auf dem bundesdeutschen Markt für Verarbeitungszucker ein Oligopol besteht, in dem mindestens Nordzucker und Südzucker ihr Verhalten koordinieren. Ein Erwerb der Zuckersparte von Danisco A/S einschließlich des Standortes in Anklam würde zu einer erheblichen Stärkung des Oligopols führen. Mit Danisco Sugar entfällt

ein

wirtschaftlich

potenter

Wettbewerber,

der

durch

den

Produktionsstandort in Anklam in Deutschland erfolgreich in Wettbewerb zu den Oligopolisten getreten ist. 365. Die

Marktbefragung

hat

ergeben,

dass

für

den

Vertrieb

von

Verarbeitungszucker in Deutschland das Vorhandensein einer eigenen Produktionsanlage

von

großer

Bedeutung

ist.

Selbst

internationale

Großkonzerne organisieren ihren Einkauf in der Regel so, dass sie in den jeweiligen Ländern auf die nationalen Zuckerproduzenten als Lieferanten zurückgreifen. Für die Belieferung dieser strategisch wichtigen Kunden über die Grenzen des eigenen Landes hinaus ist es für einen Wettbewerber deshalb wichtig, in anderen Ländern Produktionskapazitäten zu erhalten. 366. Danisco Sugar ist diesen Weg auf dem deutschen Markt gegangen und hat mit der Produktion in Anklam erfolgreich den Markteintritt geschafft. Der Wegfall dieses Wettbewerbers und der Zufall des Marktanteils an die Mitglieder des Oligopols würden die wettbewerblichen Verhältnisse erheblich verschlechtern. Aus Sicht der Beschlussabteilung ist eine Freigabe daher nur möglich, wenn ein geeigneter dritter Erwerber die Produktion in Anklam übernimmt und die Rolle des Wettbewerbers fortführt. 367. Hierfür ist auch die Übernahme der Bioethanolanlagen erforderlich. Dafür spricht

zunächst

die

technische

Verbindung

zwischen

Zucker-

und

Bioethanolproduktionsanlage. Beide sind ineinander integriert und Bioethanol wird ausschließlich aus einem Vorprodukt der Zuckergewinnung, dem Dicksaft, gewonnen.

Eine

Veräußerung

nur

der

Zuckerproduktion

an

einen

Wettbewerber wäre aufgrund dieser technischen Verflechtung wettbewerblich bedenklich.

Nordzucker

als

Betreiber

der

Bioethanolanlage

würde

möglicherweise ein Störpotential gegenüber dem Erwerber von Anklam

123

erhalten. Außerdem ist die zusätzliche Auslastung der Zuckerfabrik in Anklam durch die Produktion von Bioethanol eine wichtige Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit. Durch die Bioethanolproduktion wird die Auslastung der Fabrik verbessert und durch die längeren Laufzeiten der Anlagen werden die Fixkosten gesenkt. 368. Dabei ist die Veräußerung von Danisco Anklam einschließlich der mit ihr verbundenen

Unternehmen

ausreichend.

Eine

Veräußerung

weiterer

Vermögensteile ist nicht erforderlich. Die von der Beschlussabteilung befragten Wettbewerber, die sich für den Erwerb der Produktion in Anklam interessieren, haben weit überwiegend angegeben, dass Anklam als Stand-alone-Fabrik betrieben werden kann. Es sei nicht erforderlich, weitere Produktionsstandorte, etwa in Polen, zu erwerben. 369. Die Beschlussabteilung teilt diese Einschätzung. Eine weitere Veräußerung von Vermögensteilen der Danisco Sugar oder der Nordzucker ist nicht erforderlich, um

den

Erwerber

von

Anklam

in

die

Lage

zu

versetzen,

dass

Wettbewerbspotential von Danisco Sugar zu erhalten. Dafür spricht die Überlegung, dass auch bisher die deutschen Kunden von Danisco Anklam ganz überwiegend mit Zucker aus Anklam versorgt worden sind. 370. Eine weniger beschränkende Nebenbestimmung ist von den Beteiligten nicht vorgeschlagen worden und auch nicht ersichtlich. Die Bedingungen, Danisco Anklam mit dem Standort in Anklam an einen geeigneten Erwerber zu veräußern, sind auch aus Sicht der Beschlussabteilung das erforderliche, am wenigsten eingreifende Mittel zum Ausgleich der wettbewerblich schädlichen Auswirkungen. Ebenso sind die Bedingungen angemessen, denn die unternehmerischen Interessen der Zusammenschlussbeteiligten werden nicht unverhältnismäßig beschränkt. b)

Aufschiebende und auflösende Bedingungen

371. Die Nebenbestimmungen sind als aufschiebende und auflösende Bedingungen ausgestaltet

worden.

Diese

Gestaltung

angemessen.

124

ist

geeignet,

erforderlich

und

372. Der Zusammenschluss wird unter der aufschiebenden Bedingung freigegeben, dass zuvor oder gleichzeitig mit dem Erwerb des Zuckergeschäfts von Danisco A/S durch Nordzucker die Veräußerung von Danisco Anklam erfolgt. Die aufschiebende Bedingung verhindert, dass ein kartellrechtlich bedenklicher Zustand überhaupt eintritt und entspricht damit am Besten dem Grundsatz der präventiven Kontrolle. 196 Zudem wird die Übernahme von Danisco Anklam vor oder gleichzeitig mit dem Vollzug („juristische Sekunde“) des angemeldeten Zusammenschlussvorhabens mögliche Gefahren für den Werterhalt des Produktionsstandortes in Anklam, der im Kernabsatzgebiet der Nordzucker liegt, minimieren. Schließlich kommt hinzu, dass sich die wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamtes nicht auf einen vom Zusammenschluss im Inland betroffenen Randmarkt, sondern auf einen wesentlichen Gegenstand des Zusammenschlusses, die Übernahme der Geschäftstätigkeit der Danisco A/S

im

Bereich

des

Verarbeitungszuckers

bezieht.

In

dieser

Gesamtkonstellation ist nur die aufschiebende Bedingung das geeignete Mittel. 373. Die Bedingung ist an eine Veräußerungsfrist von [...] Monaten nach Zustellung des Beschlusses gebunden. Dadurch soll verhindert werden, dass aufgrund eines

längeren

Veräußerungszeitraums

die

Wettbewerbsfähigkeit

des

Zielunternehmens, Danisco Anklam, leidet. Die Zuckerproduktion und der Zuckervertrieb

sollen

möglichst

unbelastet

von

umfangreichen

Veräußerungsprozessen betrieben und deshalb schnell durch einen dritten Erwerber übernommen werden. Schließlich ist der Beschlussabteilung bekannt, dass es mehrere Erwerbsinteressenten für Danisco Anklam gibt, deren Vertragsverhandlungen mit dem Veräußerer bereits weit fortgeschritten sind. Insoweit sind Vorbereitungshandlungen für die Veräußerung, wie sie üblicherweise anfallen (z.B. Due Diligence-Verfahren) bei der Fristensetzung im vorliegenden Fall nicht zu berücksichtigen. 374. Durch eine weitere auflösende Bedingung soll erreicht werden, dass mindestens in den nächsten zwei ZWJ am Standort Anklam Quotenzucker in einem Umfang produziert werden kann, wie er vor der Veräußerung hergestellt worden 196

ist.

Der

Betrieb

einer

Zuckerfabrik

Ruppelt, in: Langen/Bunte § 40 Rn 31.

125

ohne

Zuteilung

einer

entsprechenden Zuckerproduktionsquote ist nach dem derzeitig geltenden Rechtsrahmen

der

europäischen

Zuckermarktordnung

nicht

möglich.

Wesentlicher Vermögenswert einer Zuckerfabrik ist damit die Quote. Die Erteilung der Quote erfolgt nach Art. 60 iVm Anhang VIII der VO 1234/2007 durch das zuständige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Für den Erhalt des Wettbewerbspotentials des Standortes Anklam ist es zwingend erforderlich, dass der neue Erwerber über eine entsprechende Quote verfügt und diese Quote auch behält. Die Sicherstellung beider Voraussetzungen ist nur mit Hilfe der Kombination einer aufschiebenden Bedingung im Hinblick auf den Übergang der bestehenden Produktionsquote und der auflösenden Bedingung zum Erhalt der Quote am Standort Anklam zu erreichen. Die Beschlussabteilung geht davon aus, dass die Produktionsquote – auch nach Ablauf dieser Übergangsfrist – am Standort Anklam verbleibt. 2.

Weitere Bedingungen

375. Zur Erhaltung der Markt- und Wettbewerbsfähigkeit der Zuckerproduktion in Anklam müssen die unternehmerische Selbständigkeit und die erforderliche Kapitalausstattung gewährleistet sein. Außerdem muss sichergestellt werden, dass weder Danisco Sugar A/S noch Nordzucker einen wettbewerblich schädlichen Einfluss auf den Wert, die Unternehmensführung oder die Wettbewerbsfähigkeit erhalten. 3.

Anforderungen an den Erwerber

376. Der Erwerber muss geeignet sein, in aktiven Wettbewerb mit Nordzucker und Südzucker zu treten. Er darf deshalb weder mit einem dieser Unternehmen verbunden, verflochten noch auf sonstige vertragliche Weise verbunden sein. Hiervon ausgenommen werden die bestehende und erst zu trennende Verbindung im Bereich IT, ein möglicher Liefervertrag über Bioethanol zwischen Nordzucker und dem Erwerber sowie die Fortführung bestehender Zuckerlieferungsverpflichtungen der Danisco

Sugar gegenüber Danisco

Anklam durch Nordzucker. Die vertraglichen Verbindungen dienen in diesen Bereichen dem Erhalt des Wettbewerbspotentials von Anklam und sind damit zulässig.

126

4.

Einsetzung eines Sicherungstreuhänders

377. Die Einsetzung eines Sicherungstreuhänders für die Separierung der bestehenden IT-Verbindungen ist erforderlich, um das in diesem Prozess bestehende

Missbrauchspotential

zu

kontrollieren.

Nach

Angaben

der

Zusammenschlussbeteiligten ist die Auseinanderführung der integrierten ITSysteme und vollständige Trennung nur über einen längeren Zeitraum möglich. Weitere Angaben zum Umfang der bestehenden Verbindung und insbesondere zum Zugriff auf sensible Daten wie Kunden- und Preisinformationen sind nicht vorgetragen worden. Gleichzeitig sind aber Möglichkeiten des Missbrauchs der bestehenden Verflechtung zum Nachteil des Erwerbers denkbar. Die Einsetzung eines im IT-Bereich sachkundigen Sicherungstreuhänders ist die einzige Möglichkeit, diesen Prozess zu überwachen. Die Verteilung der Kosten folgt den geltenden Gebührenregelungen für die Zusammenschlusskontrolle und wird entsprechend angewandt. Den Beteiligten bleibt es unbelassen, im Innenverhältnis die Kosten anderweitig zu verteilen. IV.

GEBÜHR

378. [..] 379. [..] 380. [..]. 381. [..] 382. [..] 383. [..] 384. [..] 385. [..] 386. [..]

127

V.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

387. Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich binnen einer mit Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat beim Bundeskartellamt, Kaiser-Friedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es genügt jedoch, wenn sie innerhalb dieser Frist bei dem Beschwerdegericht, dem Oberlandesgericht Düsseldorf, eingeht. 388. Wird Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach § 42 GWB gestellt, so beginnt die Frist

für

die

Beschwerde

mit

der

Zustellung

der

Verfügung

des

Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. 389. Die

Beschwerde

ist

durch

einen

beim

Bundeskartellamt

oder

beim

Beschwerdegericht einzureichenden Schriftsatz zu begründen. Die Frist für die Beschwerdebegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt im gleichen Zeitpunkt wie die Frist für die Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag vom

Vorsitzenden

des

Beschwerdegerichts

verlängert

werden.

Die

Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, und die – gegebenenfalls auch neuen – Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. 390. Beschwerdeschrift

und

Beschwerdebegründung

müssen

durch

einen

Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Krueger

Zeise

128

Schulze

Inhaltsverzeichnis A. Sachverhalt ........................................................................................................ 14 I.

Einleitung ........................................................................................................... 14

II. Das Vorhaben .................................................................................................... 16 III. Gang des Verfahrens ......................................................................................... 17 IV. Beiladungen ....................................................................................................... 20 V. Ermittlungen ....................................................................................................... 20 VI. Verfahrensbeteiligte ........................................................................................... 22 1. Erwerber ...................................................................................................... 22 2. Zielunternehmen.......................................................................................... 23 3. Veräußerer .................................................................................................. 24 4. Beigeladenen .............................................................................................. 24 B. I.

RECHTLICHE WÜRDIGUNG ............................................................................ 25 Formelle Untersagungsvoraussetzungen ........................................................... 25 1. Anwendungsbereich des GWB .................................................................... 25 Zusammenschluss....................................................................................... 26 2.

II. Materielle Untersagungsvoraussetzungen ......................................................... 26 1. Zuckerarten und Terminologie ..................................................................... 27 2. Zuckeraufbau und Zuckerqualitäten ............................................................ 29 3. Die Zuckerherstellung.................................................................................. 30 Gemeinsame Marktorganisation für Zucker................................................. 31 4. a) Rechtliche Grundlagen ............................................................................. 32 b) Reform der ZMO im Jahr 2006 ................................................................. 32 c) Das System der neuen ZMO .................................................................... 33 d) Folgen der neuen ZMO ............................................................................ 37 aa) Senkung der EU-Zuckerproduktion .......................................................... 37 bb) Senkung der deutschen Zuckerproduktion ............................................... 40 cc) Anstieg der Importe .................................................................................. 40 dd) Beschränkung der Exporte ....................................................................... 42 5. Sachliche Marktabgrenzung ........................................................................ 42 a) Wettbewerblich unbedenkliche Märkte ..................................................... 43 aa) Markt für Haushaltszucker........................................................................ 43 bb) Markt für die Zuckerrübenerfassung......................................................... 45 cc) Markt für Glukose, Glukosesirup und Stärkederivate ............................... 46 dd) Markt für Industriezucker .......................................................................... 48 ee) Markt für Zuckernebenprodukte ............................................................... 48 ff) Markt für Bioethanol ................................................................................. 49 gg) Markt für Saatgut ...................................................................................... 49 b) Verarbeitungszucker ................................................................................ 50 aa) Rohrzucker/Rübenzucker ......................................................................... 51

129

bb) Kristalliner Verarbeitungszucker /Flüssigzucker ....................................... 52 cc) Ergebnis ................................................................................................... 54 6. Räumliche Marktabgrenzung ....................................................................... 54 a) Vortrag der Zusammenschlussbeteiligten und bisherige Praxis BKartA .. 54 b) Nationaler Markt für Verarbeitungszucker in Deutschland ....................... 56 aa) Befragung der Abnehmer ......................................................................... 57 bb) Ansicht der Zuckerhersteller..................................................................... 57 cc) Entstehung von Kernabsatzgebieten und Optimierung dieser Gebiete durch externes Wachstum ....................................................................... 58 dd) Räumliche Ausdehnung der Kernabsatzgebiete ...................................... 61 ee) Lieferradien und Transportkosten ............................................................ 62 ff) Bewertung der Verfahrensbeteiligten ....................................................... 64 c) Kein europäischer Markt für Verarbeitungszucker ................................... 65 aa) Aktuelle Ein- und Ausfuhren auf dem deutschen Markt............................ 65 bb) Faktische Marktzutrittsschranken ............................................................. 66 aaa) Präsenz vor Ort ........................................................................................ 66 bbb) Qualität und Zuckerarten .......................................................................... 67 cc) Unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen in den verschiedenen europäischen Staaten .............................................................................. 67 aaa) Preisniveau .............................................................................................. 67 bbb) Marktstruktur auf Anbieterseite ................................................................ 68 dd) Prognose .................................................................................................. 69 aaa) Rahmenbedingungen für Einfuhren aus EU-Ländern............................... 69 bbb) Rahmenbedingungen für Handel innerhalb der EU .................................. 71 ee) Ergebnis ................................................................................................... 71 7. Auswirkungen des Zusammenschlusses..................................................... 72 a) Konzeptionelle Grundlagen ...................................................................... 72 b) Marktstruktur und Wettbewerbsbedingungen vor dem Zusammenschluss.... ............................................................................... 74 aa) Strukturbedingung zur Begünstigung von Parallelverhalten ..................... 75 aaa) Marktkonzentration und Marktanteil ......................................................... 75 (1) Marktanteilsentwicklung ........................................................................... 78 (2) Einfuhren .................................................................................................. 80 bbb) Marktzutrittsschranken ............................................................................. 82 ccc) Regelmäßige Interaktion .......................................................................... 83 ddd) Marktphase, Stabilität der Angebots- und Nachfragebedingungen und Preiselastizität.......................................................................................... 83 eee) Homogenität des Produktes und des Produktportfolios............................ 87 fff) Markttransparenz ..................................................................................... 88 ggg) Symmetrie des Oligopols ......................................................................... 93 hhh) Weitere Strukturbedingungen................................................................... 95 bb) Auswirkungen der Strukturbedingungen auf den Binnenwettbewerb im Oligopol ................................................................................................... 97 aaa) Koordinierungs- und Sanktionsmechanismen .......................................... 97 bbb) Aktuelles Wettbewerbsgeschehen als Indiz eines unzureichenden Binnenwettbewerbs ................................................................................. 98 (1) Preiswettbewerb ....................................................................................... 98 (2) Wettbewerb um Vertriebsgebiete und Kunden in Deutschland .............. 100 (3) Wettbewerb um die Marktführerschaft in Europa ................................... 104 cc) Auswirkungen der Strukturbedingungen auf den (aktuellen und potentiellen Außenwettbewerb)................................................................................. 105 130

dd) Keine gegengewichtige Nachfragemacht ............................................... 108 ee) Ergebnis ................................................................................................. 110 c) Verstärkung eines marktbeherrschenden Oligopols durch den Zusammenschluss ................................................................................. 110 aa) Höherer Konzentrationsgrad .................................................................. 111 bb) Einbindung eines aktiven Wettbewerbers .............................................. 111 cc) Verstärkung der Präsenz in räumlich benachbarten Märkten/verbesserter Zugang zu Präferenzzucker ................................................................... 112 dd) Abschreckungswirkungen auf nationale und europäische Wettbewerber ............................................................................................................... 114 ee) Weitere Verbesserung der Koordinierungs- und Abwehrmechanismen im Oligopol ................................................................................................. 117 8. Gesamtbetrachtung ................................................................................... 118 III. Begründung Nebenbestimmung....................................................................... 122 1. Verhältnismäßigkeit der Nebenbestimmungen .......................................... 122 a) Veräußerung der Danisco Sugar GmbH ................................................ 122 b) Aufschiebende und auflösende Bedingungen ........................................ 124 2. Weitere Bedingungen ................................................................................ 126 3. Anforderungen an den Erwerber ............................................................... 126 4. Einsetzung eines Sicherungstreuhänders ................................................. 127 IV. Gebühr ............................................................................................................. 127 V. Rechtsmittelbelehrung...................................................................................... 128

131

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