Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins

Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins 2. 4. Jahrgang 1997/2 1999/2 Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins Revue de l’Association Sui...
Author: Klaudia Kohler
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Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins

2. 4. Jahrgang 1997/2 1999/2

Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins Revue de l’Association Suisse Châteaux forts Rivista dell’Associazione Svizzera dei Castelli Revista da l’Associaziun Svizra da Chastels 4. Jahrgang, 1999/2

INHALT

Einladung zur Jahresversammlung vom 28./29. August 1999 in Murten......................................... 29 Hermann Schöpfer Murtens Ringmauern ................................................................... 33 VEREINSMITTEILUNGEN ............................................................... 40 PUBLIKATIONEN............................................................................. 40 VERANSTALTUNGEN

Redaktion und Geschäftsstelle:

Schweizerischer Burgenverein Th. Bitterli Blochmonterstr. 22 4054 Basel Telefon 061/361 24 44, Fax 061/363 94 05 Postkonto 40-23087-6 http://www-sagw.unine.ch/members/SBV Erscheint vierteljährlich ISSN 1420-6994

Druck: Umschlagbild:

Schwabe & Co. AG, Basel, Verlag und Druckerei Stadtplan von Johann-David Vissaula 1734 (Stadtarchiv Murten, Foto Kunstdenkmalinventar Freiburg).

Einladung zur Jahresversammlung vom 28. /29. August 1999 in Murten Programm

Samstag, 28. August 1999 Vormittag Eintreffen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Murten. Individueller Besuch des Historischen Museums Murten möglich, geöffnet 10.00–12.00 Uhr. ab 11.30 Uhr: Besammlung im Hotel Weisses Kreuz (Rathausgasse 31). 12.00 Uhr: Mittagessen im Hotel Weisses Kreuz. 14.00 Uhr: Besammlung vor Hotel Weisses Kreuz, Rundgang durch Murten mit Besichtigung der Stadtmauern und Erläuterung neuer Forschungsergebnisse. Führung: Hermann Schöpfer, Kunstdenkmälerinventar Kanton Freiburg. 16.30 Uhr: Jahresversammlung im Hotel Murtenhof (beim Schloss). 19.00 Uhr: Nachtessen im Hotel Murtenhof.

Sonntag, 29. August 1999 9.00 Uhr: Besammlung Exkursionsteilnehmer auf dem Parkplatz «Ryf» beim Bus der «Ernst Marti AG». Besichtigung von Avenches (Stadtanlage und Burgturm) und Estavayer-le-Lac (Burg) mit Empfang beim Bezirkspräfekten der Broye. Mittagessen in Cousset. Besichtigung der ehemaligen Stadtanlage und Burg Montagny und Führung durch die Festung Murten aus dem 1. Weltkrieg auf dem Mont Vully. 16.50 Uhr: Rückkehr nach Murten Bahnhof.

Für die Exkursion wird die Mitnahme von guten Schuhen und ein Regenschutz empfohlen. Leitung Peter Kaiser. Im Stadtzentrum stehen wenig Parkplätze zur Verfügung. Parkfelder befinden sich auf der Nordostseite der Altstadt und in der Nähe des Hafens. Im Südwesten der Stadt (Nähe Schloss) steht das neue Parkhaus «Bubenberg».

Übernachtung

Die Anmeldung und Abrechnung für die Übernachtung vom 28. auf den 29. August erfolgt direkt durch die Teilnehmer. Infolge Zusammenfallens mehrerer Veranstaltungen an diesem Wochenende könnte es zu Engpässen bei der Zimmerreservation kommen. Deshalb empfehlen wir den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, sich rechtzeitig ein Zimmer reservieren zu lassen. Im Hotel Schiff am See*** (026/670 27 01) haben wir vorsorglich 6 Doppelzimmer (235.–/Zi) und 4 Einzelzimmer (135.–/Zi) reservieren lassen.

Tagungskosten

– Allgemeine Tagungskosten

Fr. 10.–

– Mittagessen Samstag, 28. 8. 99 (Trockengedeck)

Fr. 25.–

– Nachtessen Samstag, 28. 8. 99 (Trockengedeck)

Fr. 36.–

– Exkursion Sonntag Fr. 79.– (inkl. Carfahrt und Mittagessen) Für die Anmeldung zum Programm vom Samstag und/oder Sonntag benützen Sie bitte den beiliegenden Anmeldebogen. Wir bitten Sie, gleichzeitig den entsprechenden Betrag mit dem angehängten Einzahlungsschein bis zum 15. 8. 1999 zu überweisen. Anmeldeschluss: 15. 8. 1999

Weitere Auskünfte erhalten Sie auf der Geschäftsstelle Basel, Blochmonterstr. 22, 4054 Basel Tel. 061/361 24 44 Fax 061/363 94 05 (12. 7.–2. 8. 99 nur morgens 9–12)

Traktanden der statutarischen Jahresversammlung vom 28. August 1999

1. Protokoll der Jahresversammlung 1998* 2. Jahresbericht des Präsidenten 3. Jahresrechnung 1998 4. Budget 2000 5. Jahresbeitrag 2000 6. Ergänzungswahlen in den Vorstand 7. Mitteilungen 8. Verschiedenes

Weitere Hotels: Hotel Weisses Kreuz*** 026/670 26 41 Hotel Enge *** 026/670 41 36 Hotel Adler** 026/672 19 20 Hotel Ringmauer* 026/670 11 01 Verkehrsbüro Murten 026/672 66 66

* Eine Kopie des Protokolls der GV 98 kann bei der Geschäftsstelle angefordert werden.

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Jahresbericht des Präsidenten

Tagungen Die statutarische Jahresversammlung des Vereins fand am 29. August 1998 im Tagsatzungssaal zu Baden statt. Ihr ging eine Einführung in die Geschichte Badens, eine Führung zur Ruine Stein und durch die Stadt voraus. Anschliessend wurde das Landvogteischloss besucht. Die Frühjahresversammlung vom 3. Mai begann auf der Neu-Bechburg und führte hinüber zu den beiden Erlinsburgen westlich oberhalb Oensingen. Vorträge Im Rahmen der «Zürcher Vortragsreihe» referierten im Wintersemester 1997/98 drei Fachleute über das Siedlungsbild der Umgebung Zürichs im frühen Mittelalter, über den Bau von Burgen und über die Entwicklung Winterthurs von der ländlichen Siedlung zur Stadt. Exkursionen Wissenschaftlich begleitete TagesExkursionen führten nach Oberwinterthur und Hegi, im Zusammenhang mit der Jahresversammlung nach Wettingen, Freudenau, Urgiz und Schenkenberg und als Herbstexkursion zu verschiedenen Burgen und Burgstellen im Kanton Neuenburg. Publikationen Im Berichtsjahr erschien die Zeitschrift «Mittelalter – Moyen Age –

Medioevo – Temp medieval» im 3. Jahrgang. Es wurden 4 Hefte mit insgesamt 96 Seiten versandt. Ein Beitrag über zwei spätmittelalterliche Häuser in Lausanne und Yverdon erschien in französischer Sprache. Die übrigen, deutschsprachigen Beiträge sind in der Regel mit französischen, italienischen und rätoromanischen Zusammenfassungen versehen. In der Reihe der «Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters» (SBKAM) wurden 1998 zwei Bände veröffentlicht: Der Doppelband von Werner Meyer u.a. «Heidenhüttli – 25 Jahre archäologische Wüstungsforschung im schweizerischen Alpenraum» als Band 23/24 und von Christian Bader «Die Burgruine Wulp bei Küsnacht ZH» als Band 25. Beide Bände sind im Verlag des Schweizerischen Burgenvereins erschienen. Forschungsprojekte Die unter dem Patronat des Vereins stehende Arbeitsgemeinschaft für alpine Siedlungsforschung in der Schweiz (AGASAS) hat 1998 die Arbeit am Band «Heidenhüttli» abgeschlossen. Internationale Beziehungen Der Verein arbeitete mit der Deutschen Burgenvereinigung e.V. bei der Herausgabe eines Handbuches der Burgenkunde zusammen. Ausserdem war er am Kongress der Organisation «Château Gaillard» vom

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22.–29. August 1998 in Graz (A) vertreten. Mit verschiedenen Fachinstitutionen Mittel- und Osteuropas fand wie üblich ein Schriftentausch statt. Öffentlichkeitsarbeit Am 20. April 1998 hat der Redaktor unserer Zeitschrift, lic. phil. Thomas Bitterli-Waldvogel auch die Geschäftsstelle übernommen. Die Geschäftsstelle beantwortete zahlreiche Anfragen von Mitgliedern, Schulklassen, Lehrern und Privaten in bezug auf Burgen in der Schweiz. Sie besorgte den Verkauf der Publikationen. Dank der Vermittlung der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) ist der Verein auch im Internet präsent (www.sagw.unine.ch/members/SBV). Die Veranstaltungen der Zürcher Vortragsreihe wurden regelmässig in den wichtigen Zeitungen der Region und in Instituten der Universität angekündigt. Der Besuch ist für jedermann unentgeltlich. Der Vereinsprospekt liegt in verschiedenen Museen und öffentlich zugänglichen Schlössern auf. Im Zusammenhang mit den Buchvernissagen fanden gezielte Werbeaktionen bei verwandten Organisationen statt. Mitglieder Anfangs Dezember 1998 zählte der Verein 1353 Mitglieder. Dr. Heinrich Boxler

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Murtens Ringmauern von Hermann Schöpfer

Der Besucher von Murten ist überrascht vom Kontrast des Stadtbildes. Aussen empfängt ihn ein durchgehend geschlossener mittelalterlicher Mauerring mit einem Dutzend Türmen, innen ein ebenso auffallend einheitliches Ensemble barocker Bürgerhäuser. Diese zweifellos primär durch den Wechsel von Stil und Funktion bedingte Spannung wird optisch durch das verwendete Material unterstützt: Aussen Feldsteine, Molasse und Tuff, die den abweisenden Befestigungscharakter zu unterstreichen scheinen, innen Hausfassaden aus gelbem Neuenburgerstein, der eine Heiterkeit ausstrahlt, wie sie barocker kaum gelingen könnte. Das Ganze hineingesetzt in das zähringische Hofstättensystem, dessen Raumordnung mit breiter Hauptgasse, Hinter- und Quergassen, Haupttoren und Egräben bis heute erhalten ist, sich als Stadtkonzept seit dem 12. Jh. bewährt und sowohl die spätere Ringmauer als die noch jüngeren Häuser mit Lauben in der Hauptgasse wie nahtlos integriert hat. Ob das Schloss an der Westecke, dessen Bau Peter II., Graf von Savoyen, kurz nach 1255 in Angriff

nahm, einen Vorgänger hatte, muss offenbleiben. Es wurde für die Stadtgeschichte bedeutsam, denn es ist bis heute Sitz der Obrigkeit, zunächst Savoyens (bis 1475), dann der Berner und Freiburger für die Gemeine Herrschaft Murten (bis 1798), schliesslich des Kantons Freiburg für den Seebezirk. Die kleine Siedlung am Seeufer, bezeichnenderweise Ryf (lat. ripa = Ufer) genannt, dürfte von Anfang an seine Rolle als Umladeplatz vom See- zum Landweg gespielt haben, wurde jedoch nie zur eigentlichen Stadt gezählt, auch nachdem die Prosperität des 17. und 18. Jhs. dort respektable Bauten hatte entstehen lassen. Immerhin war die Ryf befestigt und die Bewohner besassen das Stadtrecht. Dass die Region Murten ein alter Siedlungsplatz ist, zeigen sowohl die Nähe von Aventicum wie die ehem. Mauritiuskirche in Muntelier: Sankt Moritz war bis zum Abbruch 1762 Mutterkirche von Murten und verweist mit ihrem Patrozinium ins Frühmittelalter. Dass der 515 dem Kloster Saint-Maurice geschenkte Hof Muratum und die 1034 von Kaiser Konrad zerstörte Feste Murten in oder bei Murten gestanden

1: Ringmauern von Murten Türme 1. Ehem. Katharinenturm, vermutlich 13. Jh., Abbruch 1837. 2. Chaudière- oder Kesselturm, auch Zerschossener Turm (wegen der Bombardenschäden von 1476), spätes 14. Jh.

haben, ist nicht zu bezweifeln, doch sind sie nicht näher zu situieren. Ein selten gut erhaltener mittelalterlicher Mauerring

Murten ist eine der wenigen Schweizer Kleinstädte, deren mittelalterliche Befestigung weitgehend erhalten geblieben ist. Freilich gibt es anderswo auch bedeutende Teile von Fortifikationen, doch sind sie nur hier – oder etwa in Estavayer-le-Lac – in solcher Gesamtheit überliefert und erlebbar. (Davon auszunehmen ist die zu zwei Dritteln erhaltene Stadtbefestigung von Freiburg, einer im Spätmittelalter mittelgrossen Stadt von überdurchschnittlicher Wirtschaftskraft und bemerkenswert hohen politischen, technischen und ästhetischen Ansprüchen.) Das macht Murtens Stadtring zu einem wichtigen historischen Zeugen der im Mittelland dichten kleinstädtischen Struktur des Spätmittelalters mit kompakten Siedlungen, Schutzmauern, Türmen und Toren und gibt uns ein repräsentatives Bild aus der Zeit vor der Entfestigungswelle nach dem Einmarsch der französischen Revolutionsarmee und

9. Schimmelturm, vermutlich 1370er/80er Jahre. 10. Kleiner Schimmelturm, 1238 oder etwas später. 11. Schaalturm von 1523. 12. Roter oder Neuer Turm, im 19. Jh. vereinzelt auch Hexenturm, Mitte 14. Jh. 13. Schlossgassturm, Wende 14./15. Jh.

3. Untertor oder Zeitglockenturm, auch Berntor genannt, ab 1255 erwähnt, heutiger Bau 1777/78 von Niklaus Hebler, Berner Werkmeister.

14. Ehem. Ober- oder Katharinentorturm, erwähnt 1239, samt Vorwerk abgebrochen 1805.

4. Pulverturm, Neubau 1488 und 1497/98 am Platz eines älteren, bei der Belagerung 1476 zerstörten Turms.

15. Portierla, Durchgang beim Rathaus und Treppe zur Ryf mit ehem. Tor auf der Seeseite, vermutlich 14. Jh., erwähnt ab 1439.

5. Turm der Deutschen Kirche, Neubau 1681–83 am Platz eines älteren baufälligen Turms des 12./13. Jhs (?).

16. Ehem. Mühle- oder Spitaltor, erwähnt seit 15. Jh., samt Mauersektor XVI abgebrochen 1712 und 1738.

6. Katzenturm an der Ostecke der Stadt, vermutlich im unteren Teil von 1238.

17. Ehem. Ryftorturm, vermutlich 2. Hälfte 14. Jh., erwähnt ab 1439, Abbruch 1803.

7. Pfaffenturm, vermutlich im unteren Teil 2. Hälfte 13. Jh. 8. Tournaletta, 2. Hälfte 14. Jh.

Die Mauersektoren sind mit römischen Ziffern bezeichnet.

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der in der Mitte des 19. Jhs. einsetzenden Industrialisierung und «Landflucht». Hier wurden, in den Ratsprotokollen sachlich als Verbesserung der engen Stadtausgänge begründet, kurz nach 1800 immerhin das Obertor und sein Vorwerk, das Ryftor und das Vorwerk des Untertors abgebrochen. Dass Murten nicht entfestigt worden ist wie Bulle, Avenches und die vielen anderen Städte im Mittelland, lag einerseits an der Gemeinde, welche im 19. Jh. zwar durchaus willens war, die Mauern niederzureissen und dies bei Neubauten und Quartierplanungen immer wieder vorsah, doch die Mittel und Möglichkeiten sowohl für den Abbruch wie zu den gleichzeitig geplanten Stadterweiterungen nicht fand. Anderseits erhielten die Mauern seit der 400-Jahrfeier der Schlacht, welche politische und kulturelle Prominenz aus der ganzen Schweiz nach Murten brachte, patriotischen und touristischen Wert.

Die Mauer wurde Denkmal und – im Sinne des 19. Jhs. – Symbol eidgenössischer Wehr- und Siegeskraft. Der Berichterstatter des Luzerner «Vaterland» von 1876 fand die Stadtbefestigung von Murten «wohl die schönst erhaltene in der Schweiz mit ihren ringsum noch geschlossenen Ringmauern und mächtigen Türmen (…); denn sie waren und sind die einzigen und wenigen überlebenden Zeugen der alten glorreichen Tage» (27. 6. 1876). Der Wehrgang wurde anschliessend für die Besucher zugänglich gemacht, Mauern und Türme 1912 unter Schutz gestellt und mit Kantons- und Bundessubvention restauriert. Technisch und architektonisch sind die Mauern und Türme Durchschnitt, abgesehen vielleicht vom Untertor (3)1, das 1777/78 wegen Baufälligkeit erneuert werden musste und als gut proportionierte Variante des etwas älteren Berner Zeitglockenturms zu deuten ist.

Der Originalplan Niklaus Heblers für Murten ist erhalten. Bedeutsam für die spätmittelalterliche Befestigungsarchitektur sind der Pulverturm (1488 und 1498/99, [4]) und der Schaalturm (1523, [11]). Sie sind frühe Beispiele der gegen die aufkommende Artillerie gebauten kleinen gedrungenen Türme, die nach den Verlusten des 19. Jhs. bei uns selten überliefert oder stark umgebaut worden sind. Beide sind aus grossen Sandsteinquadern vorzüglich gebaut und ausgezeichnet erhalten. Mit Ausnahme der beiden seit der Mitte des 13. Jhs. erwähnten Stadttore (3, 15) sind die Befestigungstürme erst seit dem späten 14. Jh. aktenkundig. Das Ryftor (17) und die Portierla (15), der Durchgang im Rathaus mit Tür und Treppe zur Ryf, sind seit 1439 erwähnt und spätestens im 14. Jh. entstanden. Das «Törli», der kleine, ursprünglich türbreite Stadtausgang auf der Südseite der Kreuzgasse (IX)2, wur-

2: Stadtansicht von Süden, gezeichnet von Niklaus Schor 1755, radiert und veröffentlicht von David Herrliberger in seiner Topographie.

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de 1499 errichtet. Mit dem Törli und der Portierla hat Murten auf den Geviertseiten oder übers Kreuz je einen Aus- bzw. Eingang erhalten. Mit Wagen passierbar waren allerdings nur die beiden alten des 13. Jhs. Bei den Haupttoren wurden die Fallbrücken im 16. Jh. durch steinerne Bogenbrücken ersetzt. Baulast, Funktion und Nutzungen

Als König Konrad 1238, zwanzig Jahre nach dem Aussterben der Zähringer, den Murtnern den Auftrag erteilte, die Stadt mit einer Mauer zu befestigen, erliess er ihnen zwar für vier Jahre die Steuern und schenkte ihnen für dieselbe Zeit die Einkünfte der Herrschaft. Er verpflichtete sie aber gleichzeitig auf den späteren Unterhalt. Dies bedeutete für die kleine Bürgerschaft, welche im 15. Jh. zwischen 500 und 600 Personen betragen hat, eine erhebliche Belastung, weshalb sich der jeweilige Landesherr bei grossen Ausgaben in der Regel an den Kosten beteiligte. Als 1469 Amadeus IX., Herzog von Savoyen, den Murtnern die Herrschaft Lugnorre verkaufte, tat er dies mit der Auflage, die baufälligen Stadtmauern in Ordnung zu bringen. Bern und Freiburg halfen zur Zeit der Gemeinen Herrschaft zwar bei den grossen Arbeiten wie den Neubauten nach der Schlacht oder dem Neubau des Turms der Deutschen Kirche (5), doch betrugen die Beiträge nie mehr als 15–20 Prozent der Gesamtkosten. Beim Neubau des Untertors (Berntor [3])1777/78 sah die Obrigkeit gar von einer Subvention ab. Die Landbevölkerung (der Herrschaften Murten und Lugnorre) wurde früh zur Kasse gebeten. Schon beim Tellstreit 1378 zwischen Stadt und Land muss es sich primär um die Baulast der Ringmauern gehandelt haben. Die Tell war eine Kriegs- und Bausteuer, von welcher der zweite Teil der Stadtbefestigung zugute kam. Eine

detaillierte Regelung trafen Bern und Freiburg erst 1753: Fortan trug die Landschaft Zweidrittel, die Stadt den Rest der Kosten. Dieser Verteilungsschlüssel dürfte seit langem Brauch gewesen sein. Als die Tellordnung 1798 ersatzlos gestrichen wurde, geriet die Stadt in grosse Verlegenheit. Erst die Unterschutzstellung und die Subventionen von Kanton und Bund machten die Last wieder erträglich. Stadtmauern sind Herrschaftsinstrumente. Sie dienen dem Schutz gegen äussere (militärische) Feinde, erlauben aber gleichzeitig die Kontrolle der Bewohner, extra und intra muros. Wem und wann der Zugang zur Stadt erlaubt wurde, bestimmte der Stadt- und Landesherr. Entsprechend waren die Tore nachts, in unruhigen Zeiten auch tagsüber, geschlossen. Der Wert dieser einfachen Polizeimassnahme wurde, wenn auch zu spät, nach den etwas forschen Abbrüchen (des Obertors gegen Avenches und des Ryftors gegen Muntelier) wiedererkannt. Ebenso waren das Bauen an die Ringmauer und Durchbrüche obrigkeitlich geregelt. 1404 verordnete der Rat, dass auf der Aussenseite der Mauer unterhalb von 12 Schuh (3,5 m) Höhe erstellte Türen und Fenster weder belassen noch neue ausgebrochen werden dürfen. Um diese Zeit hatte die Mauer, wie die Brandschäden von 1416 auf der Innnenseite grossflächig zeigen, die Höhe des heutigen Wehrgangs (7 m oder das Doppelte der 1238 in Auftrag gegebenen Mauer) erreicht. Durchbrüche waren eine Dauersorge der Stadtväter. Die meisten fanden in der ersten Hälfte des 19. Jhs. statt, als der Rat über Erhaltung und Abbruch sich selber nicht mehr ganz im klaren war. Nach dem Stadtbrand 1416, der weite Teile der Stadt zerstört haben muss, wurde zwischen den Häusern und der Ringmauer ein Freiraum von 30 Schuh (8,8 m) vorgesehen. Doch liess die Stadt kurz später die 35

Vorschrift aus Platznot wieder fallen, sofern sie diese überhaupt je durchsetzen konnte. Die bestehenden Bauten mit teils gotischen Fassaden lassen eher an das Zweite denken. Im 18. Jh. waren längs der Innenseite der Ringmauer nurmehr wenige Stellen unverbaut. Der Streifen Land eignete sich gut für Ställe und Remisen, an der Schlossgasse und am Franz. Kirchgässlein wurden sehr früh auch Gewerbe- und Wohnbauten geduldet. Die Schaal dürfte bereits vor dem Stadtbrand an der Schaalgasse, der ringmauerseitigen Fortsetzung der Schlossgasse, gestanden haben. Dort ist sie bis nach dem 2. Weltkrieg geblieben. Einzelne Türme nutzte die Stadt selber, andere wurden verpachtet, was bis heute der Fall ist. Im Untertor, das erst seit dem späten 19. Jh. auch Berntor genannt wird, ist, seit 1450 nachgewiesen, die Stadtuhr untergebracht. Im 16. Jh. besass der Turm auch einen Kerker. Ebenfalls mit Kerkern versehen war im 17. und 18. Jh. der Grosse Schimmelturm (9). Die Kerker bestanden in der Regel aus grossen, in die Türme gestellten «Kasten» aus Ständerwerk mit Bohlenfüllung. Im Pulverturm (4), dessen Obergeschoss im 16. und 17. Jh. ebenfalls als Käfig gedient hat, bestand, wie die Gefangenenkritzeleien auf der Mauer zeigen, kein Kasten. Später, 1724 bis nach 1837, war der Turm städtisches Pulverdepot und das Parterre wurde 1746 zur damals errichteten Neuen oder Unteren Schaal geschlagen. Im Turm der Deutschen Kirche (5), der zur Befestigung gezählt wurde, befinden sich, seit dem 15. Jh. erwähnt, die Stadtglocken. (Der Turm der ehem. Mutterkiche in Muntelier besass einen bescheidenen, für grosse Glocken ungeeigneten Turm. Die Marienkapelle in der Stadt, eine Gründung des 14. Jhs., erfüllte diese Aufgabe.) Von der Tournaletta (8) wurde am 10 000-Rittertag (22. Juni, Jahrestag der Schlacht) geschossen. Der Hexenturm (12) erhielt seinen Namen vom «Hexenkasten». Das war wahrscheinlich eine Haftkammer für Frauen, die

werk von lokalem, im Vully oder in Courgevaux abgebautem Sandstein errichtet. Einschränkend ist zu sagen, dass auf der Süd- und Südwestseite grosse Teile nach der Schlacht entweder ummantelt oder neu gebaut worden sind. Auch wurde die Mauer auf der Hangkante zur Ryf zwischen dem Schloss und der Französischen Kirche spätestens im 16. Jh. allmählich abgebrochen und zum Platzgewinn durch weiter in den Hang vorgeschobene und kaum mehr als Stadtmauer zu betrachtende Mauern ersetzt. So entstanden auf der Rückseite der Häuser in der Rathausgasse Höfe und Terrassen, aber auch Platz für Werkstätten und Scheunen.

3: Blick in den Wehrgang des 15. und 16. Jhs., Sektoren X/XI (Foto Wildanger 1930er Jahre).

der Hexerei angeklagt waren. Der Kasten wurde 1763 entfernt. Private Nutzungen sind selten belegt. Die Obergeschosse des ehemaligen Ryftors (17) wurden im 17. Jh. als Speicher verpachtet. Den Pfaffenturm (7) vermietete die Stadt 1764 dem Seiler Künzi zur Aufbewahrung seines Werkzeugs. Im Kessel- oder Zerschossenen Turm und im Schlossgassturm (2 und 13) nisteten sich seit dem 19. Jh. allmählich die Eigentümer der an die Türme angebauten Häuser ein, schlugen die Turmgeschosse zu ihren Wohnungen und brachen Fenster aus. Eigentümerin bleibt bis heute die Stadt.

Etwas zur Baugeschichte

Die 1238 in Auftrag gegebene und aus Feldsteinen errichtete Mauer ist in den Fundamenten auf weite Strecken, auf der Südost- und – vereinzelt – der Nordostseite auch aufgehend erhalten. Das zeigt, dass einerseits die Stadt nie vergrössert worden ist, anderseits die Mauer während Jahrhunderten ihren Dienst erfüllt hat und selbst bei Aufstockungen belassen werden konnte. Die Aufstockungen, die vor allem im 14. Jh. stattgefunden haben, wurden zunächst aus z.T. von römischen Ruinen, vielleicht aus Avenches herbeigeschafftem Kleinquaderwerk von gelbem Neuenburgerstein, später aus Quader36

Die Türme wuchsen im Laufe der Zeit sowohl an Höhe wie an Zahl mit der Mauer. Von den erhaltenen Türmen gehen wohl die Nrn. 6, 7 und 10 ins 13. Jh. zurück. Anfänglich dürften sie die 1238 geforderten zwölf Schuh oder 3,5 m Höhe der Ringmauer wenig übertroffen haben und flach gedeckt gewesen sein, doch einen Zinnenkranz getragen haben, ähnlich wie die Ringmauer, die wahrscheinlich erst nach dem Sempacherkrieg (1386) und dem grossen Stadtbrand (1416) einen gedeckten Wehrgang erhalten hat. Die vom Archäologischen Dienst und der Stadt Murten gemachten dendrochronologischen Untersuchungen und die übrigen Beobachtungen im Rahmen der zur Zeit laufenden Restaurierung lassen keinen gedeckten Wehrgang vor diesen Daten annehmen. In der 2. Hälfte des 14. Jhs. wurden die Türme offensichtlich vermehrt. Hierbei entstanden nicht mehr kleine, primär aus Feldsteinen gebaute halbrunde Schalentürme, sondern relativ anspruchsvolle Quaderbauten aus Sandstein oder Tuff. Dazu gehören der Kesselturm, die Tournalette, der Grosse Schimmel und vielleicht auch der Schlossgassturm (2, 8, 9 und 13). Der Grosse Schimmel ist einmal ausgebrannt, was, wie die links und rechts davon ebenfalls mit grossflächigem Brandschaden versehenen Mauersektoren VII und VII zei-

gen, mit der Katastrophe von 1416 in Verbindung zu bringen ist. Diese Türme haben Analogien in Freiburg und Luzern. Etwas älter und auch etwas anders ist der 1394 erstmals erwähnte Rote Turm (12): Er ist im Grundriss quadratisch, stadtseits ebenfalls mit einer Mauer geschlossen und besteht nicht aus kleinem und mittlerem Quaderwerk aus Sandstein, sondern aus verschiedenen Materialien (Kleinquaderwerk aus gelbem Neuenburgerstein, Feldsteinen, groben Quadern aus Tuff oder Muschelkalk), wobei im Turminneren das Erdgeschoss 3,5 m hoch ausschliesslich aus dem erwähnten römischem Kleinquaderwerk erstellt ist. Im Typ entspricht er dem ins letzte Drittel des 13. Jhs. zu datierenden Grossen Turm des Schlosses in naher Nachbarschaft. Doch entstand der Rote Turm, wie ein Dendrountersuch der Balkenlagen zeigt, offenbar erst um die Mitte des 14. Jhs. Zugänge zum Wehrgang gibt es, nachweislich seit dem 16. Jh., zwei. Sie werden oft als «die zwo stegen» erwähnt. Die eine befindet sich an der Ostecke der Stadt bei der Deutschen Kirche (V), die andere – und 1528/29 errichtet – beim Grossen Schimmelturm oder beim Törli (9, IX) und war an die Mauer angesetzt. 1835 wurde sie in den Turm verlegt. Der Stadtgraben

Das Plateau, auf dem die Stadt liegt, besitzt see- oder ryfseits mit dem Steilhang natürlichen Schutz. Die Höhendifferenz zwischen Ryf und Rathausgasse beträgt 21 m. Auf der Untertorseite verlaufen sowohl der Ryfhang wie die Ebene in gleicher Richtung fort wie in der Stadt. Zur Anlage eines Grabens wurde vom Untertor zum See quer in den Hang eine Riefe gehauen (oder eine natürliche vertieft), auf dem Plateauteil zwischen dem Untertor und der Ostecke der Stadt ein Graben ausgehoben und ein Erdwall erstellt. Auf den Seiten Südost

und Südwest ist der Graben in ganzer Länge künstlich angelegt und bis auf den Teil zwischen dem Schlossgassturm und dem Schloss, der im frühen 19. Jh. planiert worden ist, erhalten. Zwischen Ringmauer und Graben liegt in ganzer Länge eine Böschung oder ein Erdwall, der 4,5 m hoch und bis 12 m tief ist. Die ursprüngliche Breite des Grabens misst rund 20 m, über die Tiefe wären genauere Angaben nur archäologisch auszumachen.

wert befand. Der Rat liess 1566 die Inhaber systematisch erfassen, 1569 eine Nutzungsverordnung ausarbeiten und im Jahr darauf Marchsteine setzen. Da seit den 1590er Jahren die Gärten unter Privaten weiterverkauft wurden, dürften diese spätestens seit den 1560er Jahren privater Eigentum gewesen sein. Der Graben der Südost- und der Südwestseite (VI–XII) ist bis heute in Privateigentum und wird als Gemischtgarten genutzt.

Die Aushebung des Stadtgrabens dürfte in die Frühzeit der Stadt ins 12. Jh. zurückreichen oder spätestens mit der 1238 in Auftrag gegebenen Ringmauer an die Hand genommen worden sein. Er eignete sich, bedingt durch die landseitigen Niveauunterschiede von bis zu 5,5 m nicht für eine Überschwemmung. Das wurde durch die Breite des Grabens und eine Erdböschung wettgemacht. Die Mauerhöhen entsprechen proportional der Höhe und Tiefe der Böschung und des Terraingefälles. Am eindeutigsten ist dies beim Roten Turm (12), wo die Mauerhöhe (von 7,5 m) im Sektor XIII einem Steilhang von gleicher Höhe gegenübersteht. Auf der Südostseite im Sektor VI, wo das Gelände in eine leicht abfallende Ebene übergeht, misst die Mauerhöhe aussen 9 m, die Böschung lediglich 5,5 m.

Bau- und Unterhalt inkl. Freihalten der Stadtgräben gehörten bis zum Ende des Ancien Régime zu den Tellpflichten. Grössere Arbeiten sind für diese Zeit einzig für den Wüsten Graben oder Raffor, das Stück zwischen dem Untertor und der Ryf (vor den Sektoren I/II), belegt. Er diente als Abfluss des Stadtbachs, d.h. des Abwassers, das beim Untertor die Stadt verliess. Die stadtseitige Böschung war steil und rutschgefährdet. 1746 wurde der Wüste Graben, offenbar nach einem grösseren Rutsch, in über 500 Tagwerken wieder in Ordnung gebracht, Erdarbeiten getätigt und «Thalgrotzen [junge Tannen?], Dorn und Heublümd [Heusamen]» gepflanzt bzw. gesät. Fortan bis in die späten 1770er Jahre diente der Graben als Deponie für Abfallmaterial von Strassenund Hausbauten. 1777/78, beim Abbruch und Neubau des Untertors, bezahlte die Stadt rund 1000 Taglöhne, um Abbruch und Erde in den «Raffor zu stossen». So wurde der Graben allmählich gefüllt und erhielt die heutige Form einer gleichmässig abfallenden breiten Riefe. 1828 wurde der Raffor als aufgefüllt bezeichnet.

Der bis heute auf drei Seiten des Gevierts weitgehend erhaltene Stadtgraben ist seit dem frühen 15. Jh. aktenkundig. Damals erliess der Rat mehrere Verbote gegen Nutzung und Missbrauch: 1408 verordnete er die Pfändung von Haustieren, die dort gefunden werden, 1409 untersagte er das Weiden und Grasen, 1425 und 1432 die Deponierung von Abfall, Mist oder toten Tieren. 1528 diente der Graben den Armbrustschützen als Übungsplatz und dazu wurden Bäume und Sträucher entfernt. Die Nutzung als Gemüsegarten scheint kurz nach 1500 üblich geworden zu sein. Die Erträge waren offenbar so bedeutend, dass Bern sie 1539 der Zehntpflicht zu unterstellen für 37

Mit dem Abbruch der bescheidenen Vorwerke beim Unter- und Obertor 1803 bzw. 1805, beim Obertor auch des Turms, begann die Einebnung der Gräben, doch beschränkte sie sich auf die Stadteingänge und deren unmittelbare Umgebung. Beim Untertor wurde der Graben und die südöstliche Fortsetzung auf das Niveau des Stadteingangs planiert. Der Platz

des ehemaligen Obertors wurde abgesenkt und der Graben zwischen Schloss und Schlossgassturm aufgefüllt. Der Graben beim Törli war, wie der älteste Stadtplan zeigt, 1734 bereits planiert. Die wenigen Bauten, welche nach der Mitte des 19. Jhs. im Grabenbereich errichtet wurden, befanden sich in den planierten Sektoren und wurden in der Zwischenzeit wieder abgebrochen. Der letzte Bau im Graben, er lag zwischen dem Untertor und der Deutschen Kirche, wurde 1967 aus denkmalpflegerischen Gründen abgerissen. In gleichem Sinne kaufte die Stadt in den 1960er Jahren den Stadtgraben in diesem Sektor zurück und machte ihn der Öffentlichkeit zugänglich. Das 1903 in den ehemaligen Graben zwischen dem Schloss und dem Schlossgassturm gebaute Fotoatelier war bereits 1936 mit Stadthilfe abgebrochen worden. In unmittelbarem Grabenbereich steht heute einzig noch die Villa Sonnegg von 1869/70. Sie trägt, weil sie auf der Hangkante zum Raffor steht, zur Raumgestaltung des Berntorplatzes wesentlich bei.

fen mit Pfahlwerk schützten, die Vorwerke mit Holzkonstruktionen verstärkten und zur Schaffung freier Schussfelder vor den Ringmauern alle Gebäude abbrachen und die Bäume fällten. Die Truppen Karls näherten sich auf der Nordost- und der Südseite über Laufgräben, blieben jedoch im Süden, wo das Gelände tiefer und offener zu Füssen der Stadt liegt, gegen das Büchsen- und Geschütz-

feuer der Verteidiger erfolglos. Auf der Nordseite begann am 15. Juni ein massiver Artilleriebeschuss, wobei Ringmauer und Türme erheblich Schaden litten und zwischen dem Untertor und der Deutschen Kirche (III und IV) grosse Breschen entstanden. Am 18. Juni schoss die burgundische Artillerie «etlich türn und die mur zum soorgklichsten uff den Boden nider» (Brief Berns an Zürich) und

Die Bruchsteinmauer aus gelbem Jurakalk, welche auf der Südostund der Südwestseite dem Graben auf der Aussenseite folgt und frühestens im 17. Jh. entstanden sein dürfte, gehört nicht zur Befestigung. Sie trennt den Stadtgraben von den Privatgärten in einer Distanz von rund 24 m parallel zur Ringmauer. Die Schäden bei der Belagerung durch Karl von Burgund

Karl von Burgund erschien am 9. Juni 1476 vor Murten und schloss es an den beiden folgenden Tagen ein. Seeseits gelang ihm die Absperrung bis zum Ende nicht. In der Stadt lag eine bernisch-freiburgische Besatzung von rund 2000 Mann. Murten war nach damaligen Begriffen keine moderne und starke Feste, weshalb die Besatzer den Ha-

4: Ringmauer Sektor VIII: Das regelmässige Mauerwerk aus Feldsteinen stammt aus der Zeit der ersten, 1238 in Auftrag gegebenen Stadtmauer. Darüber folgen zwei Aufstockungen des 13./14. Jhs. aus verschiedenen Materialien (Feld- und Bruchstein, Kleinquaderwerk aus gelbem Neuenburgerstein von römischen Bauten usw.). Zuletzt – und links neben dem Schimmelturm ab Boden – folgt Kleinquaderwerk aus Sandstein, welches auf der Innenseite grossflächig Brandspuren von 1416 zeigt und deshalb ebenfalls noch aus dem 14. Jh. stammen muss.

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das Korps des Grafen von Romont trat am Abend erfolglos zum Sturm an. Doch da die Vorbereitungen für die Schlacht gegen das eidgenösssische Heer den burgundischen Herzog in den nächsten Tagen voll beanspruchten, trat die Belagerung in den Hintergrund und alles Weitere erübrigte sich mit der Niederlage. Die anschliessende Wiederherstellung und Erneuerung beanspruchten Jahrzehnte und fanden erst in den 1520er Jahren ihren Abschluss. Tore und Vorwerke wurden sofort instandgestellt. Bern und Freiburg unterstützten zwar das Werk, überliessen jedoch den neuen Untertanen die Hauptlast (1523, beim Bau des Schaalturms [11] und der angrenzenden Mauersektoren X und XI, trugen Bern und Freiburg rund 20% der Kosten). Der Mauersektor IV auf der Nordostseite, welcher zwischen dem Untertor und der Deutschen Kirche liegt und offenbar am meisten gelitten hatte, wurde in den 1480er Jahren erneuert. Die eigenartige Mischung von Quader- und Bollensteinwerk ist ein Notbehelf und lässt Materialund Geldmangel vermuten. Erst nach 1500, zwischen 1504/05 und 1523, wurden weite Teile der Südseite (X–XII) erneuert. 1522 nahm die Stadt beim Kloster Frienisberg einen Kredit auf. Bereits kurz nach der Schlacht müssen die Seepalisaden aufgegeben worden sein. Sie waren für den regen Seeverkehr hinderlich und wurden spätestens nach der Eroberung der Waadt 1536 fortifikatorisch obsolet. Die gleiche Vermutung ist für den Rest der Befestigung zu machen. Dass nach der Schlacht, welche Murten und sein Hinterland in die Hand Berns und Freiburgs und damit zur Eidgenossenschaft gebracht hat, nach Instandstellungsarbeiten und dem Neubau einzelner Türme und Mauersektoren in die Befestigung nurmehr das Notwendige investiert worden ist, liegt an der Ablösung bzw. dem Zurückdrängen Savoyens auf die Südseite des Genfersees, womit Murten ins «Landesinnere» der

5: Der von Meister Peter 1523 gebaute Schaalturm (Nr. 11) ist ein für die Zeit typischer kleiner, gedrungener Artillerieturm. Er wurde, zusammen mit den benachbarten Mauersektoren X und XI, aus grossen Sandsteinquadern errichtet (Foto Yves Eigenmann 1993).

Stadtrepubliken Bern und Freiburg zu liegen kam. Der Ort verlor die strategische Bedeutung, die er bis 1476 und vor der Eroberung der Waadt noch besessen hatte. Deshalb fehlen auch barocke Projekte für den Bau von Bastionen oder Artilleriebefestigungen. Es macht den Eindruck, wie die Abschottung gegen das Land im Bauern- und im 1. Villmergenkrieg (1653 und 1656) nahelegt, dass die Mauern fortan primär Schutz vor einer nicht immer ganz berechenbaren Landbevölkerung bedeuteten. 39

Anmerkungen 1 Die Ziffern beziehen sich auf die Legende zu Abb. 1 und bezeichnen die Türme. 2 Die römischen Ziffern beziehen sich auf die Legende zu Abb. 1 und bezeichnen Abschnitte der Ringmauern.

Abbildungsnachweise 1, 2, 3, 4, 5 Archiv Kunstdenkmäler Freiburg

Adresse des Autors Hermann Schöpfer Redaktion «Kunstdenkmäler Freiburg», Archivweg 4, 1700 Freiburg.

VEREINSMITTEILUNGEN Exkursion vom 9./10. Oktober 1999

Allgäu und Tirol Die Gegend um Füssen ist geprägt vom skurrilen Burgentraum Neuschwanstein des bayrischen Königs Ludwig II. Viel früher entstanden in dieser Gegend imposante Burgen, von denen die monumentalen Ruinen Hohen-Freyberg, Eisenberg und Falkenstein zeugen. Ihnen, sowie der Höhlenburg Loch und der Klause Ehrenberg bei Reutte (Tirol) gilt unser Interesse. Dabei dürfen wir auf die kundige Führung durch Dr. Joachim Zeune zählen, der heute mit seinen Forschungsarbeiten zu den profiliertesten deutschen Burgenfachleuten gehört. Auf dem Hinweg machen wir Halt im Bodenseestädtchen Lindau und in Isny. Der längste Aufstieg während der landschaftlich reizvollen Exkursion dauert ca. 20 Minuten.

Samstag 9. 10. 1999 08.15 Uhr: Abfahrt ab Carstandplatz Sihlquai Zürich Reiseroute: Zürich – Lindau (Kaffeehalt und kurze Besichtigung) – Isny (Führung durch die Altstadt, Mittagessen) – Zell (Eisenberg, Hohen-Freyberg, Besuch des Burgenmuseums), Nachtessen und Übernachtung in Zell. Sonntag 10. 10. 1999 Zell–Ruine Falkenstein–Höhlenburg Loch – Klause Ehrenberg – Schluxen (Mittagessen) – Zell – Kempten – Lindau – Zürich. Ankunft ca. 18.45 Uhr in Zürich

Kosten: Fr. 265.– pro Person im Doppelzimmer. Zuschlag für Einbettzimmer Fr. 20.–. Im Preis inbegriffen sind Carfahrt, Führungen, 3 Hauptmahlzeiten (Trockengedeck), Übernachtung mit Frühstück, Pausenkaffee, Transport mit Kleinbus zur Burg Falkenstein. Es stehen leider nur sehr wenige Einzelzimmer zur Verfügung. Der Einzahlungsschein und das detaillierte Exkursionsprogramm werden Ihnen nach der Anmeldung zugestellt. Bei kurzfristiger Abmeldung nach dem 31. Juli 99 müssen die festen Kosten verrechnet werden.

Leitung: Dr. Heinrich Boxler Anmeldung: bis zum 31. Juli 1999 bei Dr. Heinrich Boxler, im Hölzli 19, 8706 Feldmeilen mit beiliegendem Talon.

PUBLIKATIONEN Peter Ochsenbein (Hrsg.) Das Kloster St. Gallen im Mittelalter Die kulturelle Blüte vom 8. bis zum 12. Jahrhundert Konrad Theiss, Stuttgart 1999 – 288 Seiten mit 105 z.T. farbigen Abbildungen. ISBN 3-8062-1378-x Das Benediktinerkloster St. Gallen erreichte seine erste kulturelle Blütezeit zwischen dem 8. und dem 12. Jahrhundert; diese Zeit ist auch als das «Goldene» und das «Silberne Zeitalter» überliefert. Nach einer Übersicht über die Geschichte des Klosters bis zum 12. Jahrhundert und dessen weitreichende Beziehungen werden Kontinuität und Veränderung der St. Galler Schrift sowie die frühe Schriftlichkeit in den Urkunden gezeigt. Weitere Kapitel widmen sich den Verbrüderungsbüchern St. Gallens und der Geschichte der Klosterschule, ferner der lateinischen Literaturgeschichte sowie der Geschichte der Bibeltexte und des Schriftstudiums in St. Gallen. Zudem

werden das musikalische Wirken und die Kunst des Klosters gewürdigt, die sich noch heute insbesondere in seiner Buchmalerei zeigt. Abschliessend wird die grosse Bedeutung des Gallusklosters für die Anfänge unserer Muttersprache dargestellt. Peter Frey, Franziska Wenziger Plüss Aus den Anfängen der Brückenstadt Kaiserstuhl hrsg. von der Historischen Vereinigung des Bezirkes Zurzach. Zu beziehen bei Max Kalt, Hauptstr. 58, 5330 Zurzach. Preis Fr. 20.– (plus Porto). Etwas Licht in die Frühzeit der Stadt bringt diese Publikation, die sich detailliert mit den von 1989 bis 1994 durchgeführten baugeschichtlichen Untersuchungen an den Stadtbefestigungen, am Oberen Turm und an der Stadtkirche auseinandersetzt. Die Autoren haben in der reich illustrierten und fachlich fundierten Schrift die Forschungsergebnisse mit teilweise neuen Erkenntnissen veröffentlicht.

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Das Geheimnis der Burg Von Rittern, Burgen und … Spionen hrsg. in der Reihe Meyer Multimedia beim Bibliographischen Institut Mannheim. 4-fach CD-ROM, ca. DEM 90.– Kinder erkunden im Auftrag des Königs eine mittelalterliche Burg. Auf der Suche nach den Plänen des Burgherrn durchstreifen sie 3-D-Räume und erleben dort interaktive Begegnungen mit den Burgbewohnern. Dabei eignen sie sich wertvolles Wissen über das Leben im Mittelalter an: detailgetreue Querschnitte zeigen Szenen des Alltages, die Bibliothek mit den prächtigen Bänden vermittelt wichtige Informationen zu Gesellschaft, Kriegsführung, Handel, Ernährung, Gesundheit etc. Ein lehrreicher Abenteuerspass. Technische Voraussetzungen: IBM Pentium, 8 Mb RAM, 256 Farben, MS-DOS 5.0, Win 3.1 oder 95; Mac 68030, System 7.x.

VERANSTALTUNGEN Bubikon ZH

Wildegg AG

Ritterhaus Bubikon Geschichte kreuz und quer

Schloss Wildegg Schlossgeschichten

Neueröffnung des Johannitermuseums am 4. Juli 1999. Öffnungszeiten 1. 4.–31. 10.: Di–Fr 13–17 Uhr, Sa/So 10–17 Uhr. Weitere Informationen bei Ritterhaus Bubikon, 8608 Bubikon, 055 243 39 74 (Tel.) und 055 243 39 77 (Fax).

Das Schloss Wildegg und sein Garten machen Geschichte lebendig. MUSEE SUISSE Schloss Wildegg und PRO SENECTUTE AARGAU laden zu vier begleiteten Rundgängen ein. Dabei kann man auch Kräutersalben herstellen, eine Rüstung anziehen, einer Aristokratin aus dem 18. Jahrhundert und heute lebenden Zeitzeugen zuhören.

Paspels GR Historisches Zeltlager der Companie of Saynte George am Canovasee

Rundgang 1: Erinnern und vergessen 14. 7. 99: 14–16 Uhr; 13. 8. und 16. 9. 99: 10–12 Uhr.

Samstag/Sonntag 24./25. Juli 1999

Rundgang 2: Vom Billard zur Jagd 21. 7. 99: 14–16 Uhr; 20. 8. und 23. 9. 99: 10–12 Uhr.

Diese spätmittelalterlich gekleidete und ausgerüstete Gruppe kehrt nach 1996 (25 Jahre Bündner Burgenverein) an den Canovasee zurück und wird durch den Verein und dessen Mitglied Rudolf von Planta, der ihnen Gastrecht gewährt, unterstützt. Rothenbrunnen GR Tag der offenen Tür auf Burg Oberjuvalt Sonntag 17. Juli 1999, 13–21 Uhr mit einfacher Burgschenke, organisiert vom Burgenverein Domleschg.

Rundgang 3: Ihre Frau stehen 28. 7. 99: 14–16 Uhr; 27. 8. und 30. 9. 99: 10–12 Uhr. Rundgang 4: Zu Lust und Nutz 4. 8. 99: 14–16 Uhr; 3. 9. und 9. 9. 99: 10–12 Uhr. Kosten: Je Rundgang Fr. 17.– inkl. Kaffee und Schlosswein für die Pause. Anmeldung: MUSEE SUISSE, Schloss Wildegg, 5103 Wildegg, 062 893 10 33.

Arbeitsgemeinschaft für die Würdigung der geschichtlichen Ereignisse von 1499 (Schwabenkrieg) Informationen zu den zahlreichen einzelnen Veranstaltungen erhalten Sie bei Forum 1499, Seestrasse 31, 8806 Bäch. Im Internet sind die Daten auch zu finden unter: www.1499.ch. Glurns (Südtirol) Stadt Glurns «Glurens gaudens» – mittelalterliches Laubenfest zur Erinnerung an 500 Jahre Frieden nach der Schlacht an den Calven. 6.–8. 8. 1999 In der Stadt Glurns herrscht für 3 Tage mittelalterliches Treiben. Den Höhepunkt stellt der grosse historische Festumzug durch die Stadt am Sonntag, dem 8. August dar. Vorgesehen sind ein mittelalterlicher Markt und Theateraufführungen, die mit geschäftigem Treiben der Kaufleute, Handwerker und Theatergruppe einhergehen.

Schweizerischer Association Suisse Associazione Svizzera Associaziun Svizra

Burgenverein des Châteaux forts dei Castelli da Chastels