Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins

Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins 2. 3. Jahrgang 1997/2 1998/3 Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins Revue de l’Association Sui...
Author: Ina Schmidt
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Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins

2. 3. Jahrgang 1997/2 1998/3

Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins Revue de l’Association Suisse Châteaux forts Rivista dell’Associazione Svizzera dei Castelli Revista da l’Associaziun Svizra da Chastels 3. Jahrgang, 1998/3

INHALT

Dorothea A. Christ Das eidgenössische Bündnissystem im Spätmittelalter Die Jubiläen von 1998 aus mediävistischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . 37 François Christe Entre Moyen Age et Renaissance, deux maisons vaudoises d’époque gothique tardive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Jakob Obrecht Handwerkerspuren am Mauerwerk von Burgen und Burgruinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 PUBLIKATIONEN. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 VEREINSMITTEILUNGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

Redaktion und Geschäftsstelle:

Schweizerischer Burgenverein, Th. Bitterli, Blochmonterstr. 22 4054 Basel Telefon 061/361 24 44, Fax 061/363 94 05 Postcheckkonto 40-23087-6 http://www-sagw.unine.ch/members/SBV Erscheint vierteljährlich ISSN 1420-6994

Druck: Titelbild / Couverture:

Schwabe & Co. AG, Basel, Verlag und Druckerei Yverdon – Rue du Collège 10. La toile peinte datée de 1559, avec les armes de Jakob Wyss et de sa femme Eva Tillmann entourant l’allégorie de la fortune (Louise Decoppet, Musée d’Yverdon).

Das eidgenössische Bündnissystem im Spätmittelalter Die Jubiläen von 1998 aus mediävistischer Sicht1 von Dorothea A. Christ

Wohl kein historisch-politisches Gedenkjahr kommt ohne Diskussionen über den Sinn und die angemessene Art des Feierns aus. Heute äussern sich vorwiegend die Spezialistinnen und Spezialisten der neuzeitlichen Geschichte über die Jahre 1648, 1798 und 1848. Mir scheint es aber reizvoll, aus mediävistischer Sicht das Jubiläumsjahr 1998 genauer zu betrachten. In der schweizerischen Öffentlichkeit wird zurzeit intensiv über die Spannung zwischen notwendigen Reformen im Innern und dem politischen und ökonomischen Druck von aussen diskutiert. Diese Themen kommen nicht nur im Zusammenhang mit den verschiedenen Jubiläen des Bundesstaates zur Sprache,2 diese Debatte wird auch seit längerer Zeit im Hinblick auf die Stellung der Schweiz in Europa geführt. Besonders deutlich zeigt sich der Zusammenhang zwischen Europafrage und Jubiläen im Umgang mit dem Westfälischen Frieden von 1648: Im Westfälischen Frieden wurde die Souveränität der Schweiz völkerrechtlich anerkannt. Auf diesen Rechtstitel konnten sich die Schweizer fortan berufen, und sie setzten ihn mehrfach als Argument gegen eine Aufteilung des Landes durch die Grossmächte ein. Der Westfälische Friede sei absolut jubiläumswürdig. Dies hielt ein Komitee, bestehend aus ehemaligen Bundesräten, 120 Nationalund fast allen Ständerätinnen und Ständeräten, fest. Diese prominente Gruppe unterstützt verschiedene Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Gedenken an 1648. Die Landesregierung aber entschied sich gegen die Aufnahme dieses Datums in das offizielle Jubiläumsprogramm der Schweiz.3 Eine Begründung dafür war, dass der

Westfälische Friede in anderen Ländern gelegentlich als Ursprung der Europäischen Union bezeichnet wird. Man wollte die Europadebatte nicht mit den nationalen Jubiläen vermischen. Mit dem offiziellen Nicht-Feiern des Westfälischen Friedens ist aber umso klarer geworden, dass hier ein Zusammenhang besteht. Hier wie dort geht es um die Frage, wie sich die Schweiz in Europa einordnete, einordnen lässt und einordnen will. Die Debatten über die Jubiläen und über die Stellung der Schweiz in Europa weisen eine weitere Gemeinsamkeit auf: die Uneinigkeit darüber, was eigentlich unter «Fortschritt» verstanden wird und wie man den «Erfolg» eines politischen Systems definiert. Ob man über den Westfälischen Frieden, über die Helvetik, über 1848 oder über die Schweiz von heute diskutiert – regelmässig wird festgestellt, dass das politische System der Schweiz in seinen Grundzügen sehr alt sei. Auch die Frage nach der Bedeutung der Traditionen stellt sich immer wieder. Und oft werden Zweifel geäussert: Ist das politische System der Schweiz heute noch zeitgemäss? Wie müsste es beschaffen sein, um auch in Zukunft tragund entwicklungsfähig zu bleiben? Als Mediävistin horche ich auf, wenn jahrhundertealte Tradition erwähnt wird. In bezug auf die Schweiz geschieht dies häufig, und die Äusserungen widersprechen sich. Die einen weisen mit Stolz auf das Alter der Eidgenossenschaft hin, andere setzen zählebige Traditionen mit peinlicher Reformunfähigkeit gleich. Ob man sich nun aber positiv mit der Tradition identifiziert oder sich negativ von ihr abgrenzt: Beide Haltungen setzen einen engen Bezug zur Vergan37

genheit voraus. Die Frage, wie man das Alter eines politischen Systems gewichtet, ist also alles andere als akademisch – sie beschäftigt viele Menschen, direkt oder indirekt. Der schweizerische Bundesstaat beruht auf älteren Bündnissen zwischen den Kantonen. Die Rechtskraft dieser Verträge wurde 1648 bestätigt, 1798 wurden sie für kurze Zeit ausser Kraft gesetzt und später wieder für gültig erklärt. Die Vorstellung der Schweiz als Bund souveräner Kantone ist die wichtigste Konstante der schweizerischen Verfassungsgeschichte. Der Bund als Staatsgrundlage wird positiv gewertet und Schweizerinnen und Schweizer identifizieren sich seit langem damit: In der Mediationsverfassung aus dem Jahre 1803 steht beispielsweise, dass die Schweiz «von der Natur selbst zu einem Bundesstaate bestimmt» sei. Die Bündnisse der Kantone untereinander bildeten die Grundlage des Staates. Die äussere Anerkennung der schweizerischen Unabhängigkeit sei ebenfalls vertraglich gesichert. – Der Bundesvertrag von 1815 verweist weiterhin auf die alten Bündnisse im Innern und auf neue Verträge mit dem Ausland. Auch in den Jahren 1848 und 1874 gibt sich die Schweiz eine Verfassung «in der Absicht, den Bund der Eidgenossen zu befestigen».4 Und in der Frühjahrssession 1998 diskutierte das Parlament über die neue Verfassungspräambel. Ob Gott der Allmächtige darin vorkommen sollte, war heftig umstritten, die Erneuerung des Bundes nicht. In ungebrochener Kontinuität werden sich Volk und Stände eine Verfassung geben, «im Bestreben, den Bund zu erneuern». Der Bund der Eidgenossen ist also die unbestrittene Staatsgrundlage, der

allmächtige Gott ist es nicht mehr – Grund genug, sich mit den Anfängen des Bundesstaates zu beschäftigen, und zu fragen, was die Bündnisse der Eidgenossen mit der Schweiz von heute zu tun haben könnten. Ich möchte Ihnen in einem ersten Kapitel einen Überblick darlegen, wie das eidgenössische Bündnissystem entstand. Danach frage ich nach dem Mittelalterbild, gegen welches sich die moderne Schweiz abgrenzt und auf das sie sich in eben dieser Abgrenzung ständig bezieht. Den letzten Teil habe ich betitelt mit «Unfinished business» – wir sind mit dem Mittelalter noch nicht fertig. Die Entstehung des Bündnissystems im Spätmittelalter

Im Gebiet der modernen Schweiz entstand im Spätmittelalter ein Netz von Bündnissen. Die frühesten Vereinbarungen stammen aus dem 13. Jahrhundert, die meisten Verträge wurden im 14. und 15. Jahrhundert geschlossen und viele blieben bis 1798 in Kraft. Die Verdichtung des Bündnissystems erfolgte schubweise. Im 13. Jahrhundert bildete sich die sogenannte Burgundische Eidgenossenschaft. In dieser Zeit schlossen Bern, Fribourg, Solothurn und zahlreiche Kleinstädte eine Vielzahl bilateraler Landfriedensverträge. Ebenfalls schon im 13. Jahrhundert waren die Städte rund um den Bodensee gelegentlich verbündet; zudem existierten verschiedene Landfriedensbünde im alpinen Gebiet. Zur ersten Verdichtung des Bündnissystems kam es zwischen 1290 und 1360. Aus dieser Zeit stammen die ersten sogenannten Bundesbriefe sowie – unter anderem – zahlreiche Bündnisse einzelner Orte mit Klöstern. Der stärkste Verdichtungsschub erfolgte zwischen 1367 und 1424. In diesen Jahren verbanden sich alle eidgenössischen Orte gemeinsam mit neun Bündnispartnern, die als Zugewandte Orte bezeichnet wurden. In den gleichen Jahrzehnten kamen

neun Gemeine Herrschaften dazu, und die eidgenössischen Orte verbündeten sich einzeln oder gruppenweise mit etwa 25 weiteren Gebieten. Schliesslich schlossen im selben Zeitraum um die 40 Hochadelige Burgrechtsverträge ab mit den Städten Bern, Fribourg, Solothurn, Konstanz, Lindau, Zürich, Thun und Laupen. In dieser Phase wurde die Eidgenossenschaft immer häufiger als Gruppe wahrgenommen. Die Ausweitung der Acht- zur Dreizehnörtigen Eidgenossenschaft erfolgte zwischen 1415 und 1515. Dabei blieb es bis 1798.5 Für jede der dargestellten Entwicklungsphasen lassen sich anderswo in Europa Parallelen finden.6 Erst in der Neuzeit begann sich die innere Entwicklung der Eidgenossenschaft von der anderer Gebiete zu unterscheiden. Die Grundlagen für diese Sonderentwicklung7 wurden im Spätmittelalter gelegt. Es war beispielsweise entscheidend, dass sich im Gebiet der Eidgenossenschaft kein starker Fürst oder König dauerhaft durchsetzen konnte. Auch in anderen Gebieten Europas fehlte zeitweise eine starke fürstliche oder königliche Macht, z.B. in Belgien, Holland, Flandern oder im Elsass. Im Spätmittelalter entwickelten sich auch dort Bündnissysteme, die dem eidgenössischen glichen. Diese Strukturen wurden aber mit der Zeit durch andere politische Ordnungen abgelöst, während sich das eidgenössische Bündnissystem weiterentwickelte. Dessen spätmittelalterliche Grundlagen blieben aber bestehen, insbesondere wurde an der Autonomie und Souveränität jedes Verbündeten festgehalten. Vom 13. bis ins 16. Jahrhundert war die ständige Anpassung und Abgrenzung von Herrschaftsbereichen das wichtigste Motiv, sich miteinander zu verbünden. Angestrebt wurde dabei vor allem die Sicherung von Friede und Recht, denn es gab keinen gemeinsamen Oberherrn, der durch eine starke Präsenz verbindend wirkte und Schutz bot. Damit waren räumlich und zeitlich beschränkt gültige 38

Vereinbarungen der sinnvollste Weg, sich abzusichern und gleichzeitig beweglich zu bleiben. – Derartige Abmachungen konnten bestehende Bindungen einer Partei verändern, mussten aber nicht. Diese Beweglichkeit des Bündnissystems tritt im Bild, das wir uns heute von der mittelalterlichen Eidgenossenschaft machen, oft in den Hintergrund und wird vergessen. Oft ist auch nicht mehr klar, dass das Netz der Bündnisse viel dichter war, als gemeinhin angenommen wird. Längst nicht alle Verträge gingen als sogenannte Bundesbriefe in die schweizerische Geschichtsschreibung ein. Ein eigentlicher «Bundesbrief-Kanon» entstand erst im 19. Jahrhundert. Dieser Kanon liess nicht nur zahlreiche Vereinbarungen und Partner im eidgenössischen Bündnissystem unerwähnt, sondern rückte auch die Vielfalt dieser Dokumente in den Hintergrund. Was unter einem eidgenössischen Bündnis zu verstehen ist, wird nirgends klar definiert. Inhaltlich lässt sich dieser Begriff so umschreiben: Ein eidgenössisches Bündnis enthält Klauseln über Konfliktvorsorge und über die schiedsgerichtliche Beilegung von Streitigkeiten der Verbündeten untereinander. Hinzu kommen Bestimmungen über Prozesse zwischen privaten Parteien aus den verbündeten Gebieten, besonders in Schuld- und Pfändungssachen, sowie Artikel über Strafrecht und gegenseitige Rechtshilfe. Im weiteren sind Abmachungen über Bündnisfreiheit, Rechtsvorbehalte sowie über Gültigkeitsdauer und Garantie des Vertrags zu nennen.8 Formal lassen sich die Bündnisse noch weniger fassen: Die genannten Inhalte sind in Rechtstiteln aus unterschiedlichen Zusammenhängen zu finden, also nicht nur in den sogenannten Bundesbriefen, sondern auch in Friedensverträgen, Waffenstillstandsvereinbarungen, in Pfandurkunden usw. – Die Kombination der fiskalischen, militärischen und juristischen Inhalte ist je nach Vertragspartnern und Kon-

text unterschiedlich. Aber alle diese Rechtstitel basieren auf der Grundvorstellung einer friedlichen Beziehung in gegenseitiger Anerkennung. Das breite inhaltliche und formale Spektrum der Bündnisse liess und lässt grossen Interpretationsspielraum. Dies hat Folgen, die ich in Form von Fragen andeuten möchte: Welches sind die konkreten Folgen eines Bündnisses? In diesem Punkt waren sich die Eidgenossen oft ebenso uneins wie die Historikerinnen und Historiker von heute. Wer gehörte alles zur Eidgenossenschaft? Viele Verbündete der eidgenössischen Orte sind vergessen worden. Gemeinhin geht man heute davon aus, dass die Orte, aus denen sich die Kantone entwickelten, die wichtigsten Mitglieder der Eidgenossenschaft waren, wenn nicht sogar die einzigen. Die Grafen von Greyerz und von Toggenburg gehörten der Eidgenossenschaft aber beispielsweise ebenso an wie der Basler Fürstbischof oder die Stadt Mülhausen. Im Sinne der oben genannten Bündnisinhalte und -formen waren aber z.B. auch die Könige von Frankreich und die Herzöge von Habsburg-Österreich «rechte» Eidgenossen. Warum schloss wer, wann mit wem ein Bündnis? Gerade die Vielfalt der Verbindungen und Verbindlichkeiten macht eine Untersuchung der Bündnismotive verschiedener Eidgenossen besonders spannend. Denn fragt man, warum sich jemand der Eidgenossenschaft anschloss, entsteht ein überaus heterogenes Bild, mit dem ich mich im Rahmen meiner weiteren Forschungen befassen werde. Heute wage ich mit den nötigen Vorbehalten folgende Vereinfachung: Viele Bündnisse der späteren Kantone waren Bestandesaufnahmen und wurden nach gemeinsam ausgestandenen Konflikten geschlossen. Die Verbündeten bestätigten einander die bestehenden Rechts- und Herrschaftsverhältnisse und hielten ihre Absichten für die Zukunft fest. Eine Vereinbarung wurde vor dem Hintergrund der aktuellen Erfahrung getroffen, wie sich gegensei-

1: Gruppenbild eidgenössischer Bannerträger im Zeitalter der Burgunderkriege, nach der Amtlichen Berner Chronik von Diebold Schilling.

tige Zusicherungen bewährt hatten, oder eben nicht. In den oft vage formulierten Abmachungen war zudem immer «Verhandlungsbedarf» eingebaut, denn niemand konnte voraussehen, wie ein nächster «Bündnisfall» aussehen würde. Für andere Partner im Bündnissystem, beispielsweise Könige, Klöster oder Bauern, dienten die Verträge oft zum Schutz bestehender Verhältnisse oder zur Unterstützung bestimmter Vorhaben. Diese Bündnisse hatten also eher bewahrenden oder vorsorglichen Charakter. Könige hatten Interesse an eidgenössischen Söldnern, Klöster erwarteten militärischen Schutz usw. Was immer die Motive waren: Die Eidgenossen anerkannten in ihren Verträgen immer die Legitimität des Partners. Dies bedeutet, dass im Bündnissystem unterschiedliche Legitimationskonzepte nebeneinander bestehen konnten: Fürsten oder Bischöfe, zum Beispiel, begründeten ihre Bündnisfähigkeit, 39

indem sie sich auf den Kaiser oder den Papst sowie auf ihre Standesrechte beriefen. Die reichsfreien eidgenössischen Orte hingegen stellten meist ihre alten Rechtstitel und Privilegien in den Mittelpunkt. Aber jede Bündnispartei anerkannte das «Herkommen» der anderen. Das bedeutet: In der Grundform des eidgenössischen Bündnissystems, d.h. im bilateralen Vertrag, stärkten sich die Partner gegenseitig, und zwar materiell wie ideell. Die gegenseitige Anerkennung war in den Bündnissen explizit oder implizit enthalten. Sie wirkte stabilisierend und festigte den Zusammenhalt. Wenn ich die gegenseitige Anerkennung in der Beschreibung des Bündnissystems hervorhebe, ist mir bewusst, dass ich v.a. mit formalen Aspekten argumentiere. Die ältere historische Forschung gewichtet hier anders. Sie ordnet das Bündnissystem inhaltlich, und zwar hierarchisch. Zur Einordnung der unterschiedlichen Eidgenossen

in eine «Rangfolge» werden Kategorien wie «Macht» und «Berechtigung» herangezogen. Man unterscheidet zwischen Abmachungen «gleichberechtigter» Partner und solchen mit «ungleich mächtigen» Parteien. «Gleichberechtigt» sind die Alten Orte, als «ungleich mächtig» gelten unter anderen Bischöfe, Zugewandte Orte und Hochadelige. Einige Bündnispartner wie z.B. der französische König passen nicht in diese Kategorien und werden daher mit dem Etikett «Ausland» versehen. Damit bleiben verschiedene Fragen offen. Das sogenannte Machtgefälle im Bündnissystem begründen die Historiker v.a. mit der ungleichen Verfügung über militärische und ökonomische Ressourcen. Oft leiten sie auch eine Hierarchie aus Vertragsklauseln ab, welche die Handlungsfreiheit der Parteien im Falle eines Krieges umschreiben. Ihre Beobachtungen unterstellen immer wieder, dass sich der «weniger mächtige» Bündnispartner in allen politischen, militärischen und ökonomischen Belangen dem stärkeren unterordnete. Dass aber Vertragspartner ihre ungleichen Möglichkeiten komplementär verstanden haben könnten, wird kaum in Erwägung gezogen. Dafür zwei Beispiele: Zwischen Schwyz und dem Kloster Einsiedeln wird ein klares Machtgefälle angenommen. Militärisch gesehen stimmt das natürlich. Dass die Obrigkeit von Schwyz aber je nachdem auf den hochentwickelten Verwaltungsapparat und das landwirtschaftliche Wissen der Klosterangehörigen angewiesen war, wird kaum erwähnt. Auch Graf Conrad von Freiburg, Inhaber der Grafschaft Neuenburg, wird als «ungleich mächtiger» Eidgenosse dargestellt. Sein Bündnis mit Bern (1406) ist im Historischen Atlas der Schweiz als territoriale Expansion der Eidgenossenschaft dargestellt. Aus dem Bündnistext aber geht klar hervor, dass Bern an den persönlichen Beziehungen des Grafen grösstes Interesse hatte.9 Graf Conrad hatte Zugang zu Fürsten- und Königshöfen, er hatte einflussreiche Verwandte

und verfügte über gute Kontakte in interessante Handelsgebiete. Die Beispiele zeigen: Ein grosser Nachteil der angenommenen Machthierarchie innerhalb der Eidgenossenschaft ist ihre Fixierung auf den Krieg als Bündnismotiv. Bündnispartner waren aber auch in Friedenszeiten interessant.10 Geht man bei der Betrachtung der Eidgenossenschaft von einer Machthierarchie aus, entsteht das Bild einer Waage: Wenn sich die Schale eines «ungleich mächtigen» Verbündeten senkt, muss eine andere aufsteigen. Zwischen zwei Waagschalen gibt es keinen Austausch, sonst funktioniert die Waage nicht. – In diesem Bild besteht historische Entwicklung lediglich darin, dass Gewichte zwischen klar getrennten Einheiten umverteilt werden. Diejenigen Mitglieder der Eidgenossenschaft, welche nicht in den heutigen Kantonen aufgingen, sind damit wie von selbst abgesunken und schliesslich verschwunden. Die politische Ordnung der Schweiz von heute bestätigt diese Interpretation zwar – wir haben nur noch Kantone im Bundesstaat. Trotzdem ist die Betrachtungsweise der älteren Forschung unbefriedigend. Sie gewichtet inhaltliche Unterschiede viel stärker als die formale Gleichstellung. Zudem erhält die Beobachtung, dass die Verbündeten sich gegenseitig legitimierten, weniger Gewicht als ihr meiner Meinung nach zukommt. Aus diesem ersten Teil meines Referates möchte ich zwei Schlussfolgerungen ziehen: 1. Das eidgenössische Bündnissystem des Spätmittelalters diente der Sicherung von Frieden und Recht. In der Praxis bedeutsam wurde die kontinuierliche Kommunikation, welche man mit den Verträgen begründete. Man verbündete sich, um wirtschaftliche Interessen zu sichern, um Streitigkeiten zu verhindern oder zu beenden. Man verpflichtete sich, einander nicht anzugreifen und sich bei drohenden Konflikten zu verständigen. Zudem mussten viele Verträge regelmässig erneuert werden. All 40

dies zwang die Partner dazu, ihre Kontakte sorgfältig zu pflegen. Die kontinuierliche Kommunikation brachte Sicherheit, aber auch gegenseitige Kontrolle. Jeder Beteiligte in diesem System musste die eigenen Standpunkte immer wieder definieren und sich mit den Meinungen der anderen befassen. Der Friede, den man innerhalb der Eidgenossenschaft schützte, war darum mehr als die Abwesenheit von Krieg. Es war ein aktiver Zustand, der mit erheblichem Aufwand aufrechterhalten wurde. Ein Preis für den inneren Frieden war die Schwerfälligkeit des Systems. Auf die Vorteile der kontinuierlichen Verständigung komme ich noch zurück. 2. Das eidgenössische Bündnissystem hat nicht nur zahlreiche innere Konflikte ausgehalten. Es bildete auch die Grundlage für die äussere Anerkennung der Schweiz als Staat. – Zum zweiten Teil. Das Mittelalterbild

Die obige Bilanz klingt positiv. Zwar ist die politische Ordnung, die sich aus dem spätmittelalterlichen Bündnissystem entwickelt hat, kompliziert. Die Bündnisse verpflichten formal gleichgestellte Partner zu kontinuierlicher Kommunikation. Das politische System orientiert sich an kleinen Räumen und begrenzten Zeithorizonten. Es ist recht schwerfällig, obwohl es in vielen Fällen bewiesen hat, dass darin auch beweglich, pragmatisch und schnell reagiert werden kann. Viele Schweizerinnen und Schweizer konnten und können sich mit dieser Ordnung identifizieren. Diese Identifikation führte auch zu einem spezifischen Umgang mit strukturellen Konflikten. Dafür nur ein modernes Beispiel: Im Bildungsbereich besteht ein Gegensatz zwischen eidgenössischer Zentralgewalt und kantonaler Hoheit. Das Bildungswesen ist kantonal organisiert, der Bund beteiligt sich aber an den Kosten und regelt gewisse Rahmenbedingungen. Der Verhandlungsbedarf zwischen Kan-

tonen und zwischen den Kantonen und dem Bund ist also mehr als gegeben, Verhandlungen sind unvermeidlich. Um den Verhandlungsbedarf zu decken, wurde die strukturelle Spannung vor mehr als 100 Jahren institutionell entschärft und gleichzeitig zementiert: Die Kantone schufen ein permanentes Verhandlungsgremium, die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren EDK.11 Dieses Gremium hat keine Entscheidungskompetenzen und funktioniert grundsätzlich wie die eidgenössische Tagsatzung vor 1798: Jeder Kanton schickt Vertreter zu regelmässig stattfindenden Versammlungen. Dort werden gemeinsame Fragen diskutiert und Informationen ausgetauscht. Die Beschlüsse der EDK werden «heimgebracht» und den kantonalen Entscheidungsgremien unterbreitet. Die volle Entscheidungsfreiheit jedes Kantons bleibt gewahrt. In der Schweiz existieren zahllose Institutionen dieser Art. Die administrative Einbettung struktureller Gegensätze und der Wille aller Partner, dieses aufwendige System mitzutragen, haben also eine lange Tradition. Gegenwärtig ist die Unzufriedenheit vieler Schweizerinnen und Schweizer mit dem politischen System aber gross. Institutionen wie die EDK stossen zunehmend auf Unverständnis und man fragt sich, ob man sich diesen Luxus noch leisten sollte. Im Zusammenhang mit den Verfassungsjubiläen fordern zudem viele mit verständlicher Ungeduld, «alten Ballast» abzuwerfen.12 Abgesehen davon, dass man noch aushandeln müsste, was «alter Ballast» ist, weiss niemand, wie man ihn abwerfen soll. Ich nehme einmal an, dass «das Mittelalter» zu diesem Ballast gehört. Nur: was heisst «das Mittelalter» hier? Vorstellungen über die Zeit «der alten Eidgenossen» spielen im Selbstverständnis der Schweizerinnen und Schweizer auch heute noch eine Rolle.13 In europapolitischen Diskussionen werden die «alten Eidgenossen» immer

wieder gerne zitiert und müssen als Zeugen unterschiedlichster Meinungen herhalten. Warum ist es so schwer, diesen «Ballast» loszuwerden? Zwei mögliche Antworten sind: Man kann und will die Geschichte der Eidgenossenschaft weiterhin als Erfolgsgeschichte lesen. Und: Bestimmte Vorstellungen über «das Mittelalter» verunmöglichen eine Distanznahme von der nationalen Geschichte. Lassen Sie mich erklären, was ich damit meine. Deutsche und französische Forscher diskutieren heute über verschiedene Bilder des Mittelalters,14 und oft beeinflussen diese Bilder die Beschreibungen gesellschaftlicher Probleme der Gegenwart. Argumentiert wird zwischen folgenden

Extremen: Die einen grenzen die Gegenwart positiv gegen ein finsteres Mittelalter ab, die anderen stellen die Moderne negativ einem hellen Mittelalter gegenüber. Zur ersten Position: Im Jahre 1993 erschien in Deutschland ein Buch mit dem Titel «Das Ende des Individualismus. Die Kultur des Westens zerstört sich selbst.»15 Die Verfasser, Inhaber wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Lehrstühle, zeichnen ein düsteres Bild der Gegenwart. Die Menschen in Europa hätten jahrhundertelang eine «individualistische Kultur» verinnerlicht. Das Resultat sei eine Gesellschaft, in der «die extreme Betonung der Interessen des einzelnen gegenüber der Gemeinschaft» vorherrsche. Individualisierung sei

2: Neujahrsblatt von 1673, das die Einigkeit und glorreiche Vergangenheit der Eidgenossen verherrlicht. Abgebildet sind die Wappen der eidgenössischen Orte und der Zugewandten.

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Selbstzweck geworden, mit verheerenden Folgen: Geburtenrückgang, Zuwanderung, Vereinzelung, Zerfall der Gesellschaft – eben: «Die Kultur des Westens zerstört sich selbst.» Nach Meinung der Autoren begann diese unselige Entwicklung am Ende des Mittelalters. Das Mittelalter definieren sie als Zeit der «Gemeinschaftsorientierungen». «Der einzelne, die Gemeinschaft und die Natur» hätten im mittelalterlichen Denken «eine unauflösliche Einheit» gebildet. Mit der «Individualisierungswoge» der frühen Neuzeit seien zwar «erhebliche Energien» freigesetzt worden. Diese hätten sich in der Form eines «schöpferischen Egoismus» und einer kreativen Neugier geäussert und herkömmliche Schranken gesprengt. Die Kehrseite dieser Entwicklung sei aber «der immer härtere Wettbewerb zwischen Individuen und Gruppen». Ehe und Familie seien zunehmend als Belastung definiert worden, das Resultat sei eine selbstzerstörerische Kultur. Die Verfasser sehen nur einen Weg, wie sich die westliche Kultur vor der Selbstvernichtung schützen könne – das «Ende des Individualismus» und den Aufbruch in ein Neues Mittelalter. Nun zur Gegenposition. Der Begriff «Neues Mittelalter» hat einer französischen Gegenwartsdiagnose den Namen gegeben. Ein Manager und Berater des früheren Premierministers Balladur hat 1993 ein Buch mit dem Titel «Le nouveau Moyen Age» vorgelegt.16 Der Autor beschäftigt sich mit dem Zustand Europas nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und befürchtet, dass sich Europa auf dem Weg in ein neues Mittelalter befindet. Sein «Mittelalter» ist aber alles andere als die oben erwähnte Zeit der «Gemeinschaftsorientierungen.» Die Folgen von 1989 seien mit dem Ende des Römischen Reiches, das heisst mit dem Beginn des Mittelalters zu vergleichen. «Mittelalter» ist für diesen Autor gleichbedeutend mit «Zersplitterung und Unordnung». Die «weltweite Deregulierung, das immer stärkere Aufkommen lokaler Kon-

flikte, die Auflösung nationaler Gesellschaften durch … die Mafia, die neuen Migrationsbewegungen, Aids als die neue Pest, der Verlust des Fortschrittsglaubens und aller Ordnungsphilosophien» – all diese Gegenwartsphänomene bedeuten für diesen Autor das Ende der Moderne und den Rückfall in ein finsteres Mittelalter. Mir ist nicht bekannt, dass in der Schweiz eine öffentliche Debatte über Mittelalterbilder geführt würde. Dies erstaunt nicht, denn das Gespräch über die spätmittelalterliche Geschichte ist mit Debatten über Mythen, Krieg und Tod belastet. Aber eine neue Diskussion der Vorstellungen, welche über die Entstehungszeit der Eidgenossenschaft vorhanden sind, könnte klärend wirken. Wie in den obigen Beispielen angedeutet, könnte man fragen, wie Vorstellungen von Fortschritt und Definitionen von Moderne vom Kontrast der Mittelalterbilder abhängen. In diesem Zusammenhang wäre auch über die «mittelalterlichen Wurzeln» nationaler Identität zu diskutieren. Wie könnte ein schweizerisches Mittelalterbild aussehen? Ich kann dazu nur eine These vorschlagen. Dabei gehe ich aus von den Kontrastbildern eines hellen oder finsteren Mittelalters und werfe gleichzeitig einen Blick auf das oben skizzierte eidgenössische Bündnissystem. Die These lautet: 1. Das schweizerische Bild vom Mittelalter ist ambivalent. Es zeigt sowohl eine finstere Zeit, als auch eine heile Welt. Das Mittelalterbild bietet Schweizerinnen und Schweizern die Möglichkeit, sich sowohl positiv mit den «alten Eidgenossen» zu identifizieren als auch negativ gegen sie abzugrenzen. Immer aber bleibt ein enger Bezug zu jener Zeit bestehen. Salopp gesagt: Die «alten Eidgenossen» lassen niemanden kalt, wenn Schweizerinnen und Schweizer über die Anfänge des Bundesstaates nachdenken. 2. Das schweizerische Bild vom Mittelalter macht an den Landesgrenzen Halt. Vorstellungen darüber, wie sich die politische Struktur der 42

Eidgenossenschaft mit der in anderen Gebieten Europas vergleichen lässt, sind ausserhalb spezialisierter Kreise kaum verbreitet. Ich habe ausgeführt, dass der Bundesstaat auf dem Bündnissystem des Spätmittelalters aufbaute, und dass der Bundesgedanke nach wie vor allgemein akzeptiert ist. Auf den ersten Blick scheint damit klar: Für Schweizerinnen und Schweizer von heute ist das Mittelalter eher eine freundliche Zeit der Gemeinschaft, eine Epoche der Einheit der Menschen in Kultur, im Glaubensbekenntnis und mit der Natur. Bei näherer Betrachtung kommen aber Zweifel auf. Die Ausführungen über das eidgenössische Bündnissystem haben gezeigt, dass die Eidgenossenschaft ohne innere und äussere Konflikte kaum zustandegekommen wäre. Ohne das ständige Verhandeln über Gegensätze und Gemeinsamkeiten hätte das Bündnissystem keinen Bestand gehabt. Nationale, kantonale und lokale Selbstbilder der Schweizerinnen und Schweizer hätten sich ohne diese Kommunikationskultur wohl anders entwickelt. Wie sieht die Gegenposition aus? Sehen Schweizerinnen und Schweizer das Mittelalter als Zeit von Anarchie und Gewalt? Wenn man berücksichtigt, wie wichtig Konflikte für die Eidgenossenschaft waren, könnte man dieses Mittelalterbild akzeptieren und ins Positive umdrehen: Je finsterer das Mittelalter, desto heller die eidgenössischen Erfolge im Krieg gegen aussen und bei der Friedenswahrung nach innen. Aber auch dieses Bild stimmt nicht: Die Erfolgsgeschichte der spätmittelalterlichen Eidgenossenschaft wird personalisiert erzählt und findet in mehrheitlich idyllischer Umgebung statt. Tell, Winkelried, Nikolaus von der Flüe und die Genossenschaften im Alpengebiet passen schlecht in ein finsteres Mittelalterbild. Und mit Unordnung identifizieren sich Schweizerinnen und Schweizer sowieso höchst ungern. Das schweizerische Mittelalterbild vereinigt die positiv gewendete Vorstellung einer finsteren

Zeit mit dem Bild einer hellen Epoche der Gemeinschaftsorientierung. Weil Licht- und Schattenseiten ineinander verschränkt sind, ist das Bild stabil. Weil das Bild aus einer innengerichteten Perspektive entstanden und klein geblieben ist, ist es schwierig, Abstand zu nehmen, über die Grenzen zu schauen und klärende Fragen zu stellen. Damit komme ich zu meinem letzten Teil. «Unfinished business»: Wir sind mit dem Mittelalter noch nicht fertig

Wenn es stimmt, dass das schweizerische Bild des Mittelalters ambivalent und innengerichtet ist, hat dies Folgen für die Gegenwart. Mit Bezug auf ein solches Mittelalterbild könnte man produktiv über die eigenen Wurzeln und das daraus abgeleitete Selbstverständnis streiten. Aber schon seit längerer Zeit sind in derartigen Auseinandersetzungen vor allem defensive Selbstdefinitionen und Aussagen darüber, wie die Schweiz nicht sei, zu hören und zu lesen. Positive Qualitäten werden seltener erwähnt. In den Hintergrund tritt auch ein beachtlicher Leistungsausweis: Seit dem EWR-Nein vom Dezember 1992 schaffte die Schweiz den Wechsel zur Mehrwertsteuer, sie liberalisierte den Binnenmarkt, sie zog die Reform von Post, Telekommunikation und Bahn durch, sie richtete Fachhochschulen ein, sie wagte einen Neuanfang in der Drogenpolitik, sie zwingt die Landwirtschaft an den Markt und in die Ökologie. Und so weiter. Aber irgendwie reichen all diese Erfolge nicht, um die Stimmung zu verbessern – vielleicht sind es auch nicht die richtigen Erfolge. Viele Schweizerinnen und Schweizer sorgen sich gegenwärtig um den nationalen Zusammenhalt und um ihre Identität. Eine Selbstdefinition, die schon im Bündnissystem angelegt war, wird dabei immer wieder angeführt: Wir sind anders als die anderen und auch untereinander verschieden. Aus diesem

Grund sind die gegenwärtige Europa- und die Raubgolddebatte besonders bedrohlich: Die Vorwürfe von aussen wenden zentrale Aspekte eines positiven Selbstbildes – innere Sicherheit und Rechtlichkeit – in ihr Gegenteil. Zudem fühlen sich viele Schweizerinnen und Schweizer unwohl, wenn plötzlich kollektiv von «einer Nation Schweiz» gesprochen wird. Spricht man den Schweizerinnen und Schweizern das ab, was sie voneinander unterscheidet, ist ihr Selbstverständnis angegriffen. Wenn sich Schweizerinnen und Schweizer über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg gleich wahrgenommen und behandelt fühlen, löst das eher Beklemmung aus. Erfolge im Fussball oder Skisport bilden hier selbstverständlich die Ausnahme von der Regel. Ähnliches gilt für die Diskussionen über direkte Demokratie, bewaffnete Neutralität und Föderalismus. Auf scheinbare oder wirkliche Bedrohungen dieser sogenannt urschweizerischen Institutionen wird empfindlich reagiert. Die innere Lähmung, die man der Schweiz heute häufig vorwirft, hat aber nicht primär mit Neutralität, Föderalismus oder direkter Demokratie zu tun. Denn gerade weil man sich über die praktische Bedeutung dieser abstrakten Konzepte permanent verständigen musste und muss, verfügt die Schweiz über viel Personal mit politischer Verhandlungserfahrung. Dieses Potential könnte produktiv in die Auseinandersetzung mit ausländischen Partnern eingebracht werden. So gesehen wäre die Schweiz gut gerüstet für eine Öffnung gegenüber der EU, trotzdem reagieren weite Kreise auf diesen Gedanken mit diffuser Angst. Vielleicht kommt diese Angst auch daher, dass die Schweiz ein enges, aber ambivalentes Verhältnis zu den Wurzeln ihres politischen Systems hat. Vielleicht sind sich Schweizerinnen und Schweizer nicht mehr bewusst, wie alt die Gewohnheit ist, sich gegenseitig zu stärken und gleichzeitig in Ruhe zu lassen. In der Diskussion derartiger Fragen könnte die Mediävistik 43

auch in Zukunft einen Beitrag leisten. Mit den folgenden drei Gedanken möchte ich schliessen. 1. «Schweizerische Identität» wird auch heute noch mit Föderalismus, direkter Demokratie und bewaffneter Neutralität in Verbindung gebracht. Die Wurzeln dieser Institutionen vermutet man in der Zeit «der alten Eidgenossen», auch wenn Historikerinnen und Historiker das Gegenteil behaupten. Was hingegen unzweifelhaft in das 14. und 15. Jahrhundert gehört, ist die Entstehung des Bündnissystems und die Ausbildung einer spezifischen politischen Kultur.17 2. Das schweizerische Bild vom Mittelalter – wenn es so etwas überhaupt gibt – entsteht aus einer innengerichteten Perspektive und vereinigt Licht- und Schattenseiten. Weil es ambivalent und klein geblieben ist, bietet es Identifikationsmöglichkeiten. In seinen Grundzügen hat es der Mythenkritik, welche die Historikerzunft in den letzten Jahrzehnten formuliert hat, standgehalten. 3. Im Streit darüber, wie «modern» die Schweiz von heute sei und wie sie sich weiter entwickeln könnte, redet man heute kaum mehr vom Mittelalter. Trotzdem: Solange sich Schweizerinnen und Schweizer so intensiv mit ihrer nationalen Identität und Zukunft auseinandersetzen wie heute, müssen sie auch über das Mittelalter als Kontrast zur Moderne reden – über die Elemente, von denen sie sich abgrenzen und über diejenigen, mit welchen sie sich identifizieren. Da ist noch viel «unfinished business». Ich verstehe diesen Begriff durchaus positiv. Im politischen System der Schweiz war und ist man im besten Sinne des Wortes nie miteinander fertig. Hier sind Möglichkeiten verborgen, die man nutzen könnte. Denn die Angst vor der Gleichmacherei von aussen her ist meines Erachtens nicht nötig – dafür ist die Eidgenossenschaft alt genug.

Résumé

Une question lancinante a traversé les débats autour de l’anniversaire de la constitution fédérale, celle de la place qu’a occupé la Suisse en Europe, celle qu’elle occupe et celle qu’elle souhaite occuper. La controverse a porté surtout sur l’opportunité de commémorer le Traité de Westphalie, de 1648. Dans la mesure où ce traité de paix est souvent considéré dans les autres pays d’Europe comme l’origine de l’Union européenne, il n’a pas été retenu au programme des festivités nationales. Le système politique de la Suisse était fondé à la fin du Moyen Age sur des alliances entre des territoires autonomes. La notion de la Suisse comme confédération de cantons souverains est la principale constante de l’histoire constitutionnelle du pays. Ce système est comparable avec ceux qui se mettent en place dans le reste de l’Europe. En Suisse, ce n’est qu’au début du XVIIe siècle que s’est amorcé un développement particulier: les cantons confédérés se sont attachés à leur système d’alliances. L’ordre politique qui s’est développé sur cette base est à vrai dire compliqué et pesant. Pourtant, nombre de Suissesses et de Suisses s’y sont reconnus et continuent à le faire, d’autant plus qu’il constituait un moyen original de régler les conflits. Aujourd’hui, nombre de Suissesses et de Suisses ne se satisfont plus du système politique et souhaitent s’affranchir du carcan hérité des «anciens confédérés». Mais ces traditions ont la vie dure. L’image «suisse» du Moyen Age est ambivalente, avec une face obscure et une face claire, qui offre ainsi différentes possibilités d’identification. Le débat public sur cette image du Moyen Age n’a pas – encore – eu lieu. Les débats en cours sur l’Europe ou sur l’or volé sont ressentis comme une menace, pendant que s’altère l’image positive de sécurité intérieure et de légalité que le pays avait de lui-même. Cette peur vient peut-être aussi de la perte de consci-

ence en Suisse de l’ancienneté de la tradition qui veut, que si l’union fait la force, chacun doit aussi rester maître chez soi. C’est pourtant par l’héritage de son système politique que la Suisse serait bien préparée pour s’ouvrir vers l’Europe. La réflexion sur le Moyen Age pourrait donc apporter une utile contribution au débat sur ces questions. (François Christe) Riassunto

Nei dibattiti imperniati sui programmi delle ricorrenze dei giubilei da attuare negli stati Confederati, ci si pone sempre la stessa domanda, come si collocherà la Svizzera in Europa, come si lascerà o vorrà collocarsi. Oggetto di controversia è soprattutto il giubileo sulla pace della Vestfalia nel 1648. Mentre negli altri paesi Europei questo evento di pacificazione viene considerato come il promotore dell’ unione Europea, nel quadro del programma nazionale sulle ricorrenze questa data non rientra in quella delle festività. Il sistema politico della Svizzera sorto nel tardo Medioevo ebbe sviluppo grazie ai patti d’alleanza intrapresi fra i singoli paesi. La presentazione della Svizzera, Confederazione composta dai prestigiosi Canton, è la costante più importante dell’ evoluzione storica nazionale. Questo sistema mostra molte analogie con quello adottato attualmente nel resto d’Europa. Tuttavia solamente nel 17 secolo si manifesò in Svizzera quel particolare processo evolutivo patriottico durante il quali i Stati Confederati (Cantoni) adottarono più fermamente il loro sistema. L’ordinamento politico che ne conseguirà sarà tuttavia molto complicato e traballante. Ciononostante molti cittadini Svizzeri ben si identificarono con questo sistema ponendo le basi delle regole che portarono successivamente al conflitto. Attualmente molti cittadini Svizzeri non sono più in linea con questo vecchio sistema politico, e vorrebbero una identificazione al passo 44

coi tempi gettando via le basi della vecchia Confederazione. Questa identificazione acquisita tuttavia poggia su basi solide dure da scalfire, derivate da una immagine medioevale e pertanto oggetto di critica. L’immagine Svizzera del Medioevo e ambivalente, mentre per molti versi può sembrare antiquata, in altri sensi risulta multivalente ed offre diverse possibilità di identificazione. Purtroppo, ancora, non è in programma un dibattito aperto imperniato sul quadro Medioevale. Attualmente le argomentazioni ritenute prioritarie e quindi prevalentemente trattate nei dibattiti sono quelle dell’attuale Europa, e quelle dei beni sottratti, in tal senso si tende a distanziare e non danneggiare la propria immagine interna, mentre la sicurezza e giustizia ne escono fuori contorte. Può darsi che in Svizzera questa ansia abbia preso piede proprio dal fatto che non si è più consapienti di quanto sia vecchia l’abitudine di aiutarsi reciprocamente e nello stesso tempo rimanere in pace. Considerando le tradizioni del sistema politico, la Svizzera sarebbe ben strutturata per una apertura all’ Europa. In un prossimo futuro, sarebbe veramente auspicabile che gli esperti intraprendessero un convegno incentivato proprio sulle basi inerenti le discussioni delle siffatte domande incognite. (Gianluca Petrini) Resumaziun

En la debatta davart ils giubileums da la constituziun dal stadi federal s’han ins adina puspè fatg la dumonda co che la Svizra è s’integrada en l’Europa, co ch’ins po integrar ella e co ch’ella vul s’integrar en l’avegnir. In punct cuntravers è cunzunt la dumonda da la dignitad dal giubileum da la Pasch vestfalica dal 1648. Questa data na fa betg part dal program naziunal da las festivitads perquai che questa conclusiun da la pasch vala mintgatant en intgins pajais europeics sco l’origin da l’Uniun europeica. En il temp medieval tardiv sa ba-

sava il sistem politic da la Svizra sin ils patgs tranter ils singuls lieus. L’idea d’ina Svizra sco federaziun da chantuns suverans è la pli impurtanta constanta da l’istorgia da la constituziun svizra. Quest sistem pon ins cumparegliar cun ils process en ils auters pajais da l’Europa. Pir a l’entschatta dal 17 avel tschientaner ha cumenzà en Svizra in svilup spezial: ils lieus federals (chantuns) sa tegnevan vi da lur sistem da patgs. L’urden politic ch’è sa resultà dal sistem da patgs è cumplitgà e pesant. Ma bleras Svizras e blers Svizzers pudevan e pon s’identifitgar cun quel, tant pli perquai ch’el ha sviluppà ina moda speziala da reglar conflicts. Da preschent n’èn bleras Svizras e blers Svizzers betg pli cuntents cun il sistem politic e na vulan er betg pli mantegnair tscherts maletgs davart il temp «dals vegls confederads». Ma quests maletgs èn pulit francads. Quai ha da far cun il maletg dal temp medieval che quests critichers fan. Il maletg «svizzer» dal temp medieval è ambivalent. El mussa tant in mund stgir sco era in mund intact e porscha uschia pliras pussaivladads da s’identifitgar. Ina debatta publica davart quest maletg dal temp medieval n’ha (anc) betg lieu. La debatta actuala en connex cun l’Europa e l’aur rapinà fa tema a blers, perquai che l’agen maletg positiv da la segirezza interna e da la legalitad croda. Forsa deriva questa tema era dal fatg ch’ins nun è pli conscient en Svizra quant veglia ch’è quella disa da sustegnair l’auter ed a medem temp d’al laschar en paus. Sch’ins guarda la tradiziun dal sistem politic, fiss la Svizra dentant pronta per s’avrir vers Europa. La medievistica pudess era en l’avegnir contribuir sia part en la discussiun da talas dumondas. (Lia rumantscha)

Anmerkungen 1

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Bei den nachfolgenden Ausführungen handelt es sich um eine öffentliche Vorlesung, welche die Autorin am 16. Juni 1998 zum Abschluss ihres Habilitationsverfahrens an der Universität Basel gehalten hat. Der Vortragscharakter des Textes wurde bewusst beibehalten. Vgl. z.B. Beatrix Mesmer, Reformbedarf im Innern – Druck von aussen. Die Helvetik im historischen Kontext. Neue Zürcher Zeitung, 1998 Nr. 43 (21./22. Februar 1998) 67. Das Jubiläumsdatum 1648 wurde schon in der Vorbereitung der bundesrätlichen Botschaft zu den nationalen Feierlichkeiten des Jubiläumsjahres gestrichen. Der Titel der Botschaft passte den National- und Ständerätinnen und Ständeräten trotzdem nicht: Im Mai 1995 erschien die Helvetik noch gleichberechtigt mit der Bundesstaatsgründung in der Botschaft, nach der parlamentarischen Debatte lautete der Titel: «Zum Jubiläum der Gründung des schweizerischen Bundesstaates im Jahre 1848 und zur Erinnerung an dessen Entstehungsgeschichte und Weiterentwicklung», vgl. Hubert Schnüriger, Die Schweiz im Jubiläumsjahr. In: 1848 & Co. (HIB HistorikerInnenBlätter. Das StudentInnenmagazin des Historischen Seminars der Uni Basel. Wintersemester 97/98) 9. Zitiert nach Hans Nabholz und Paul Kläui (Hrsg.), Quellenbuch zur Verfassungsgeschichte der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Kantone (Aarau 1940) 185, 206, 299, 326. Vgl. Hans Conrad Peyer, Verfassungsgeschichte der alten Schweiz (Zürich 1978) 22–24, 26–44. Vgl. dazu Peyer (Anm. 5) 43, 74 und Peter Blickle, Friede und Verfassung. Voraussetzungen und Folgen der Eidgenossenschaft von 1291. In: Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft, Jubiläumsschrift 700 Jahre Eidgenossenschaft 1, hrsg. vom Historischen Verein der Fünf Orte (Olten 1990) 15–204. Bewusst vermieden wird in diesem Zusammenhang der problematische Begriff «Sonderfall». Die Anfänge eines schweizerischen «Sonderwegs» werden gemeinhin im Spätmittelalter vermutet, d.h. in einer Zeit, während der die Eidgenossenschaft – wie oben ausgeführt – eben nichts Besonderes war. – Der Sonderfall Schweiz ist für die Verfassungshistoriker seit dem 16. Jahrhundert ein Problem. Insbesondere wurde immer wieder erörtert, ob und in welcher Hinsicht die Eidgenossenschaft ein Staat sei. Ein Überblick zur Forschungsdiskussion bei Bruno Meyer, Die Bildung der Eidgenossenschaft im 14. Jahrhundert. Vom Zugerbund zum Pfaffenbrief. Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Beiheft 15 (Zürich 1972). Vgl. Dorothea A. Christ, Zwischen Kooperation und Konkurrenz. Die Grafen von Thierstein (1350–1534) und ihre Standesgenossen in ihrer Beziehung zur Eidgenossenschaft im Spätmittelalter Grafen und Eidgenossen im Spätmittelalter (Zürich 1998, im Druck) Kapitel 4.2, sowie Hans Weber, Die Hülfsverpflichtungen der XIII Orte. Jahrbuch für Schweizerische Geschichte 17 (1892) 29–463. «Wir der vorgenante gräff Cuonrat soellen, und wellen ouch den vorgenanten von Berne ünser erberen botschaft, alz dik si dero bedur-

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fent, in iren kosten liehen und geben; daz selb soellen und wellen ouch wir die obgenanten von Berne glicher wis hinwider tuon», in: Nabholz/Kläui (Anm. 4) 41. Vgl. dazu Christ (Anm. 8) Kapitel 2.4 und 4.2. Zur Geschichte der EDK vgl. die Aufsatzsammlung von Hans Badertscher (Hg.), Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren 1897 bis 1997. Entstehung, Geschichte, Wirkung (Bern 1997). – Ein Beitrag von Moritz Arnet (ebenda, 169–172) umschreibt das Verhältnis zwischen EDK und Bund als «permanente Kappeler Milchsuppe». Vgl. z. B. Georg Kreis, Die 1848er und ihr 1291. Vom Aufbruch aus der Geschichte. In: ‘98/2, Die Zeitung zum Gedenkjahr 150 Jahre Bundesstaat und 200 Jahre Helvetik (April 1998) 2–4: «1848 konnte natürlich nicht sich selbst als historischen Bezugspunkt haben. 1848 musste auf eine Vorzeit zurückgreifen. 150 Jahre später, 1998, muss man sich aber endlich vom damaligen Rückgriff lösen und für sich selbst einen eigenen historischen Rückgriff entwickeln. Worauf soll sich dieser beziehen? Ein naheliegender Ansatz hat sich bereits gezeigt: 1848 selbst, ohne seinen damals mitproduzierten Ballast». Vgl. z. B. Guy P. Marchal, Das Mittelalter und die nationale Geschichtesschreibung der Schweiz. In: Spannungen und Widersprüche. Gedenkschrift für Frantisek Graus, hrsg. von Susanna Burghartz et al., 91–108, insbesondere 91–92, 106–108. Die Darstellung der beiden Mittelalterbilder folgt dem Artikel von Otto Gerhard Oexle, Die Moderne und ihr Mittelalter. Eine folgenreiche Problemgeschichte. In: Mittelalter und Moderne. Entdeckung und Rekonstruktion der mittelalterlichen Welt. Kongressakten des 6. Symposiums des Mediävistenverbandes in Bayreuth 1995, hrsg. von Peter Segl (Sigmaringen 1997) 307–364, insbesondere S. 307–309. Meinhard Miegel und Stefanie Wahl, Das Ende des Individualismus. Die Kultur des Westens zerstört sich selbst (1993). Alain Minc, Le nouveau Moyen Age, 1993. In deutscher Übersetzung (Das Neue Mittelalter) 1994 erschienen. Werner Seitz, Die politische Kultur und ihre Beziehung zum Abstimmungsverhalten. Eine Begriffsgeschichte und Methodenkritik (Zürich 1997) 269–274.

Adresse der Autorin: PD Dr. Dorothea A. Christ Clarahofweg 19b 4058 Basel

Entre Moyen Age et Renaissance, deux maisons vaudoises d’époque gothique tardive par François Christe

Le hasard des travaux a permis de documenter récemment deux grandes maisons construites à l’époque gothique tardive dans le canton de Vaud.1 Elles ont toutes deux révélé la présence d’un riche décor, tout comme une amplification du programme de base qui caractérise le Moyen Age. Leur largeur sur rue exceptionnelle, de l’ordre de 30 m, pose le problème du parcellaire originel des villes médiévales.

Lausanne Rue de la Cité-Derrière 28

La réaffectation au logement de bâtiments administratifs à la Cité de Lausanne constitue une occasion exceptionnelle de documenter une série de maisons médiévales, plus ou moins lourdement transformées depuis la fin du XIXe siècle. C’est notamment le cas de l’ancienne Caserne de gendarmerie, dont la

1: Lausanne – La façade arrière de la maison d’Amblard de Gerbaix. En contrebas, le mur de ville.

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façade actuelle sur rue, banalisée autour de 1900, dissimulait des vestiges significatifs d’une riche demeure du XVIe siècle. Celle-ci a été constituée à partir d’un groupe de maisons plus anciennes, dont les quatre façades arrière sont encore clairement distinctes (Fig. 1), comme à l’intérieur, où les anciens murs mitoyens sont conservés. La largeur des parcelles est de 4 m au nord, 9 m, puis 8 m pour les deux

parcelles méridionales, leur profondeur passant de 9 au nord à 16 m au sud. Les murs mitoyens, dont le doublage était prévu, n’ont pour l’essentiel pas été piqués. Une porte à encadrement en molasse, voûtée en arc plein cintre, est apparue dans le mur séparant les deux maisons au nord. Elle a dès lors pu être percée dès 1439, date de la première unification de ces édifices par le chanoine Guillaume Cochard, la seconde intervenant en 1519 par le protonotaire apostolique Amblard de Gerbaix, qui la fit reconstruire à grands frais.2 Le rez-de-chaussée, sans doute à vocation utilitaire, n’a guère livré d’éléments spectaculaires, pas plus que la partie méridionale de l’étage, unique à l’origine, victime de transformations très lourdes à l’époque administrative, avec le remplacement des solivages par des dalles en béton; il en va bien différemment au nord, où l’organisation de l’espace au XVIe siècle a pu être reconnue (Fig. 2). La parcelle sud n’était à l’origine occupée que par une grande salle trapézoïdale d’une profondeur de 8 m, s’élargissant à 10 m au sud. Elle est couverte par un solivage à la française avec trois poutres brutes portant une planche forte de 10 cm, à chanfrein avec adoucissement contre les murs mitoyens; l’effet massif de ces supports est atténué par des planchettes prolongeant l’arête supérieure du chanfrein en légère oblique vers le haut, à la façon d’un caisson. L’ensemble a été daté de 1522.3 Cette vaste salle prenait le jour à l’est par deux grandes fenêtres à meneau de 1.60 par 2 m de hauteur; l’encadrement présente une mouluration en gorge avec une accolade au linteau, doublé à l’origine par une croisée disparue dont l’amorce est bien lisible dans les piédroits. A l’ouest, comme indiqué plus haut, la façade a été reconstruite, ce que montre aussi l’absence de poutre de rive, présente en revanche contre la façade opposée. Une subdivision en pan de bois intervient en 1604, créant deux chambres à l’est, desservies par un corridor contre la façade ouest. Les



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2: Lausanne – Rue de la Cité-Derrière 28. Plan du premier étage avec les solivages anciens. A: aula: B: camera; C: dégagement; D: emplacement probable de l’escalier.

3: Lausanne – Rue de la Cité-Derrière 28. Détail de la mouluration de la poutre de rive de la camera.

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4: Lausanne – Rue de la Cité-Derrière 28. Détail de la frise décorant la paroi nord de l’aula, avec un ange et l’amorce d’un phylactère.

5: Lausanne – Rue de la Cité-Derrière 28. La frise décorant la paroi sud de l’aula, avec des phylactères portant des inscriptions en caractères gothiques, annoncés par des portraits de profil en médaillon.

7: Lausanne – Rue de la Cité-Derrière 28. Le décor de draperies conservé sur la paroi sud de la chambre.

6: Lausanne – Rue de la Cité-Derrière 28. Détail de la frise décorant la paroi nord de l’aula, avec une façade de maison en pierre de taille et une fenêtre à croisée.

poutres sont ici moulurées en griffes de chat. Les dimensions initiales de cette pièce, de près de 80 m2 de plancher, contrastent très fortement avec celles de la dernière parcelle au nord, qui en atteint tout juste le tiers, soit moins de 30 m2; il s’agit bien là de la superficie ancienne, comme

l’indique la répartition du décor peint et de la mouluration, beaucoup plus riche que ceux de sa grande voisine; cette répartition traduit également une subdivision d’origine en trois locaux distincts, avec un dégagement côté rue de 3.50 par 2.50 m de profondeur, prolongé contre la paroi nord par une travée étroite correspondant sans doute à l’escalier, large de 1 m et longue de 5.50 m, bordant la chambre de même longueur, large de 2.50 m seulement, d’une surface inférieure à 14 m2. Les poutres de rive, brutes, sont supportées par des corbeaux en molasse sculptés ancrés dans le mur mitoyen sud, et par des piliers maçonnés remplaçant au nord le 48

mitoyen démoli lors de la reconstruction du bâtiment amont. Ce chantier n’a pas empiété sur la maison, comme l’indiquent les badigeons anciens, rencontrés uniquement sur les faces intérieures et inférieures des solives comme de la poutre de rive de ce côté. Celle du sud porte d’abord une forte corniche moulurée en gorge flanquée de tores, avec amortissement contre les façades (Fig. 3), en appui des solives à moulure en tore à listel entre deux gorges, amortie contre le mur mitoyen et la cloison disparue; celle-ci devait être en bois, supportant une corniche symétrique, à juger de l’absence de rainures ou de mortaises dans les solives. L’extrémité occidentale de la pièce est exprimée

par la mouluration sur la seule face de la solive tournée vers l’intérieur. Dans cette chambre, les faces des solives présentent une rainure en légère oblique vers l’intérieur, pour des planchettes lambrissant une manière de berceau. L’abattage de ces bois n’est pas antérieur à 1514,4 et sa mise en œuvre doit remonter au même chantier que la salle précédente. Le décor peint

Le décor peint5 conservé dans cette maison a constitué une surprise majeure: si le plafond de la grande salle n’a jamais reçu qu’un éventuel badigeon rouge, la partie supérieure d’un décor pariétal y a été reconnue, avec un drapé rouge, blanc et anthracite, exécuté à la détrempe sur un badigeon blanc.6 La frise est ornée d’inscriptions en caractères gothiques portées sur des phylactères tenus par des personnages ailés en pied (Fig. 4) ou annoncés par des portraits de profil en médaillon (Fig. 5); certains aspects de ce décor évoquent celui, Renaissance, du château Saint-Maire voisin,7 ou de l’ancien Evêché à l’autre extrémité de la Cité.8 On peut également voir ici la représentation de façades de maison en pierre de taille avec des fenêtres à croisée (Fig. 6), du même type que celles qui éclairent ces peintures. La décoration est encore mieux conservée et bien plus riche dans la petite chambre voisine, puisque les moulures du solivage sont relevées par les mêmes couleurs rouge, blanc et anthracite. Le plafond et les faces des solives sont richement décorés de motifs floraux au pochoir, imitant des caissons sur le plafond. La même gamme chromatique a été utilisée pour le décor de draperies dégagé sur la paroi sud (Fig. 7). Plusieurs phylactères accueillant des inscriptions ont également été retrouvés, y compris dans l’étroite travée nord. Ce décor, complété après la Réforme par des motifs floraux en grisaille avec une inscription en caractères romains, est exceptionnel pour l’architecture privée de notre région.

Le projet affectait cette tranche de la maison à l’escalier desservant les futurs appartements, impliquant la démolition du solivage décoré; fort heureusement, une variante plus respectueuse a pu être trouvée par les architectes, qui maintiendra visible l’essentiel de cet extraordinaire ensemble. Ce qui frappe ici, c’est que la lourdeur des transformations du siècle écoulé, qui ne permettent plus de comprendre l’affectation des chambres de la partie sud, où un décor peint accompagnant les éléments de structure, notamment les corbeaux, a pu être sporadiquement repéré, a maintenu intelligible, comme lors de la reconstruction du XVIe siècle, le parcellaire ancien de la Cité. Yverdon Rue du Collège 10

C’est ici la mise à l’enquête d’un projet de transformation de l’im-

8: Yverdon – Rue du Collège 10. La façade sur rue.

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meuble qui a justifié une analyse avant travaux des seules surfaces visibles, qui ont pourtant révélé un remarquable état de conservation de cette maison, construite vers 1557 par Jakob Wyss,9 bailli de LL.EE. à Yverdon de 1554 à 1562;10 elle est située à l’extrémité occidentale de la ville, bien en retrait des deux murs de ville successifs, reconnus par sondage,11 qui bordaient le cours ancien de la Thièle aux XIIIe puis XVe siècles.12 Elle s’étend sur une profondeur de 18 m, avec une façade large de 8 m et haute de deux étages sur le rez-de-chaussée, avec une simple toiture à deux pans (Fig. 8). La partie avant de ce niveau est la seule à avoir été considérablement modifiée par la création de vitrines pour un commerce et par la reconstruction de l’escalier à volée droite, accoté au mur mitoyen. La partie arrière est occupée par deux caves voûtées en berceau, longues de 11 et larges de 3.80 et 3.50 m; celle au nord, la plus large, est

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9: Yverdon – Rue du Collège 10. Coupe transversale de la maison avec le puits de jour, vue vers l’ouest.

10: Yverdon – Rue du Collège 10. Un des corbeaux sculptés soutenant les poutres de rive au premier étage.

légèrement excavée et s’ouvre sur l’arrière par une grande porte en arc surbaissé, en plein cintre au sud, avec une largeur normale. Les deux étages présentent des chambres sur les façades avant et

arrière profondes de 6 m, séparées par un vestibule au premier étage et un puits de jour entouré d’une galerie au second, larges de 4 m (Fig. 9). La structure porteuse horizontale consiste en poutres de rive appuyées sur des corbeaux en pierre sculptés, ancrés dans les murs mitoyens (Fig. 10); ces pièces donnent appui aux poutres transversales, qui supportent le cloisonnement secondaire. La datation par dendrochronologie des pièces visibles de ces structures a confirmé les données des sources historiques.13 Verticalement, c’est une construction en pan de bois qui sépare les différentes chambres. Au premier étage du côté de la rue se trouvent deux chambres de largeur très différente, de 5 m au nord 50

et 2.50 au sud (Fig. 11). La grande chambre est éclairée par deux groupes de trois fenêtres rectangulaires, avec en façade une mouluration croisée en tore à listel retombant sur des bases cylindriques résillées (Fig. 12); à l’intérieur, les deux groupes de fenêtres, flanquées de coussièges (Fig. 13), sont séparés par une colonne à base et chapiteau octogonaux (Fig. 14), qui supporte l’arrière-voussure surbaissée. La petite chambre est dotée d’un couple de fenêtres du même type, également flanqué de coussièges. Les poutres de rive sont richement moulurées, avec un quart-de-rond bordé de filets encadrés de doucines. La partie arrière ne comportait à l’origine qu’une seule pièce flanquée au nord par le couloir d’accès à une tour de latrines extérieure, disparue. La chambre, de 6 m de côté, prenait le jour par deux fenêtres à linteau en accolade et originellement à croisée, comme l’a montré l’analyse des blocs de l’encadrement (Fig. 15). Une niche accueillant probablement une cheminée est visible dans le mur sud. Cette chambre a reçu un plafond de gypse à forte mouluration, avec un médaillon central en forme d’ellipse entouré par une frise rectangulaire à pans coupés à l’intérieur, ajourée de disques au milieu des côtés. Cet apport doit remonter au XVIIIe siècle, dont la première moitié voit l’apparition de cette technique dans la région;14 à tout le moins, lors de l’importante reconstruction vers 1673 de la maison du lieutenant baillival Gaudard à la Cité de Lausanne, tous les solivages sont apparents, et certains y reçoivent alors seulement un décor peint.15 Plus tard encore, une cloison a subdivisé cet espace en deux chambres communicantes, dans la proportion un tiers – deux tiers au sud; cette transformation remonte au début du XIXe siècle, d’après le poêle à cheval en carreaux de faïence blancs sans décor (Fig. 16). Au nord du vestibule enfin, l’absence de corbeaux dans le mur traduit l’emplacement d’une vaste cheminée, dont la hotte reposait sur un chevêtre à 1.40 m du mur. Ses dimensions

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comme sa position au centre de la maison correspondent dans la règle à la cuisine. L’accès au second étage se fait par un escalier en simple volée droite, dont le sens a été inversé à une date indéterminée; il débouche sur une galerie surplombant le puits de jour de 4 par 2 m, qui traverse tout le comble; le côté du vide est protégé par un garde-corps à balustres en fuseaux, en bois tourné (Fig. 17). Du côté nord, la hotte de cheminée amorcée à l’étage inférieur a été transformée en placards et puits de jour secondaire. La galerie distribue ici sur quatre chambres de dimensions très proches avec une largeur de 4 m, sauf celle de l’angle nordouest, amputée de 1 m par le couloir d’accès à la tour de latrines. Les poutres de rive côté rue, à ce niveau, ne sont décorées que de baguettes et de canaux, avec un chanfrein sur l’arête inférieure, amorti aux angles, seul présent à l’arrière; c’est la même moulure qui a pu être repérée sur le cadre des portes originelles, qui présente une largeur de 25 cm. Chacune des chambres sur la rue prend jour par une haute fenêtre à croisée moulurée du même type qu’au premier étage, comme l’indiquent les blocs de l’encadrement. A l’arrière, chacune des pièces s’ouvrait à l’ouest par une fenêtre à meneau.

11: Yverdon – Rue du Collège 10. Plan du premier étage.

Le décor 16

Les sondages effectués ont révélé, sous les enduits récents, la présence sur les parois des chambres sur rue du second étage d’un décor peint à la détrempe de colonnes à chapiteau soutenant des draperies peintes en grisaille (Fig. 18), qui peuvent remonter au deuxième quart du XVIIe siècle.17 Dans la partie arrière comme au premier étage, seul des filets ocre jaune et noirs entourant les corbeaux ont pu être repérés. Le décor de cet étage devait être assumé par d’autres éléments, notamment par une toile peinte exceptionnelle, datée de 1559, qui mesure 2.72 m de côté.18 Conservée au Musée d’Yverdon, elle proviendrait

de la maison,19 ce que paraît bien confirmer la présence des armes de Jakob Wyss et de sa femme Eva Tillmann, entourant l’allégorie de la fortune (en couverture). Maisons nobles et maisons pauvres

Les deux maisons présentées ici, bien proches dans le temps, présentent des caractéristiques communes, dans la technique de construction par exemple, dans leur important développement en largeur, ou encore dans la présence du couple aula – camera; cette disposition constitue, en réduction, le 51

modèle de répartition bien connu dans les châteaux médiévaux, avec la grande salle, publique, et la chambre, privée. Ce couple, considéré comme caractéristique de la demeure noble, paraît en fait correspondre à la structure de base de l’habitation médiévale en général, comme nous l’avions déjà observé en 1400 dans la maison vigneronne du couvent de Lutry.20 Dans les deux cas présentés ici pourtant, il est possible de constater une amplification de ce programme essentiel, seul présent à Lutry, avec les trois chambres supplémentaires de la Cité et le second étage d’Yverdon. L’aisance des propriétaires est encore exprimée dans ces deux cas par

la riche mouluration des encadrements de fenêtre et des plafonds, et surtout par celle du décor peint, trop rarement conservé – ou détecté – dans notre région. Mais leur typologie obéit à deux partis fort différents; en effet, la maison de la Cité correspond surtout, malgré une reconstruction dite «à grands frais»,21 à l’unification des quatre bâtiments pré-

cédents sous un même toit, en conservant leurs anciennes façades, dotées d’encadrements de fenêtre modernisés, comme les murs mitoyens, percés de portes; elle est ainsi encore bien dans la tradition médiévale de la parcelle entrebâtie, avec façade sur rue et façade sur cour ou jardin. Ce n’est pas le cas de la maison d’Yverdon, apparemment construite ex nihilo, avec ses chambres séparées par le puits de jour; elle préfigure ainsi le modèle des

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12: Yverdon – Rue du Collège 10. Restitution de l’état originel de la façade sur rue.

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bâtiments à deux corps de logis séparés par une cour à arcades ou galeries, qui s’imposera aux XVIIe et XVIIIe siècles.22 La hiérarchie repérable, absente à la Cité, est ici horizontale, avec le soin plus marqué du décor des chambres sur rue, alors que verticalement, les hauteurs d’étage sont rigoureusement équivalentes. Reste le problème de l’origine de ces maisons, rares, mais bien attestées à l’époque gothique tardive

partout dans la région;23 leur développement est incongru en tissu médiéval, avec des façades sur rue longues de 27 m à la maison du bailli à Yverdon, comptés avec grange et écurie,24 et les 30 m de celle du protonotaire apostolique à la Cité. Il n’est pas exclu que l’exceptionnelle largeur de la maison d’Yverdon et de ses dépendances puisse s’expliquer par la présence, dans ce quartier, d’anciennes propriétés ecclésiastiques de largeur comparable, antérieures au lotissement de la ville neuve;25 l’étude détaillée de la ville manque à ce jour. Il en va bien différemment à la Cité, historiquement et matériellement, où le contraste est frappant entre la maison du protono-

13: Yverdon – Rue du Collège 10. Vue de la grande chambre sur rue du premier étage avec ses deux triplets de fenêtres à coussiège.

5 cm 5m

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14: Yverdon – Rue du Collège 10. Détail de la colonne à base et chapiteau octogonaux en support de l’arrière-voussure des fenêtres de la grande chambre.

15: Yverdon – Rue du Collège 10. Restitution de l’état originel de la façade arrière.

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16: Yverdon – Rue du Collège 10. La grande chambre à l’arrière du premier étage, avec son plafond en stuc et la cloison à cheval sur un poêle du début du XIXe siècle.

17: Yverdon – Rue du Collège 10. Le puits de jour éclairant le premier étage, avec son garde-corps à balustres en fuseaux.

taire et le parcellaire privé résiduel, qui n’excède qu’exceptionnellement les deux fenêtres en façade. Ce cas nous paraît ainsi exemplaire d’un phénomène encore mal étudié, même s’il peut être observé dans nombre de villes de la région, à savoir la dégénérescence du tissu

ancien, accompagnée ou non par une recomposition d’inégale ambition. L’étude mieux documentée de Villeneuve,26 par exemple, montre que la fin de la période de prospérité au tournant du XIVe siècle s’accompagne d’un abandon de nombre de maisons de la Grand’rue; elles ne 54

seront qu’en partie reconstruites, le plus souvent en granges le cas échéant, alors que celles-ci devaient dans la règle occuper l’arrière de la parcelle. Ce n’est qu’avec la reprise économique du XIXe siècle que ces dépendances seront rebâties en maisons, souvent d’une remarquable largeur avec cinq, voire sept fenêtres sur la rue.27 Le remodelage de la Ville haute, à Moudon, est encore plus spectaculaire, puisqu’il combine deux facteurs pour un même résultat: l’érosion de l’éperon molassique, tout d’abord, qui provoquera l’éboulement de rangées entières de maisons dans la rivière, auquel s’adjoindra l’abandon, à la fin du XIVe siècle ou au début du suivant,28 de plusieurs îlots médiévaux, remplacés peu après par des «châteaux», grosses maisons avec dépendances et jardins édifiées par les notables du lieu. Si la concurrence des faubourgs des XIIIe et XIVe siècles, plus commodément établis au bas de la colline,29 a dû jouer un rôle, c’est sans doute ici, vu les dates d’abandon, la dépression démographique amorcée dès le milieu du XIVe siècle qui a été déterminante.30 Le cas de Lausanne a fait l’objet d’une étude particulièrement fouillée, qui met en lumière une autre cause du même phénomène, soit le rassemblement en mains ecclésiastiques de la propriété, pratiquement achevé à la conquête bernoise;31 les quelques investigations archéologiques effectuées, comme celle de la maison présentée ici, ou celle de l’une des nombreuses maisons capitulaires de la Cité, édifiée au détriment de plusieurs parcelles bien plus densément bâties auparavant,32 confirment bien cette concentration. Le phénomène est ici d’autant plus frappant que l’annexion de parcelles latérales pour l’édification de vastes demeures, dans les autres quartiers de la ville, n’a pas été observée avant le XVIIe et surtout le XVIIIe siècle.33 A la Cité, LL.EE., avec la construction en 1579 de l’ancienne Académie et ses 70 m de façade,34 au détriment de deux rangées de maisons séparées par une ruelle,35 puis les autorités

Riassunto

18: Yverdon – Rue du Collège 10. La chambre nord sur rue du second étage, avec son décor peint de colonnes à chapiteau soutenant des draperies.

vaudoises avec en 1803 celle du bâtiment du Grand Conseil,36 et nombre d’autres bâtiments reconstruits ou transformés pour les besoins de l’administration, continueront ce processus de concentration monumentale, jusqu’à un quasimonopole de la propriété étatique ou para-étatique.37 Les trois exemples évoqués montrent bien que le tissu originel, en parcelles étroites, peut précocement dégénérer sous l’influence de facteurs très divers, ici économiques, topographiques, démographiques et politiques, en combinaison étroite, avec une dominante plus ou moins marquée de l’un ou de l’autre de ces facteurs.38 Ces considérations devront évidemment être encore étayées par l’étude systématique et raisonnée des séries documentaires disponibles, qui souffrent malheureusement d’un important décalage avec l’origine des villes, et par l’archéologie, devenue plus attentive aujourd’hui au sous-sol des bâtiments et des rues. L’enjeu est d’importance, mais les gages bien fragiles. Zusammenfassung

Im Verlauf von Umbauarbeiten bot sich kürzlich die Gelegenheit, zwei grössere Stadthäuser in Lausanne und Yverdon zu untersuchen. Beide

sind in der Spätgotik durch Adlige aus der Waadtländer Region erbaut worden. Überraschend war die reichhaltige Verzierung an Deckenbalken, Tür- und Fenstergewänden und die gemalten Deckenbretter (vgl. Titelbild). Der Grundriss zeigt noch die für das Mittelalter charakteristische Gliederung des Hauses in eine aula (öffentlicher Saal) und eine camera (private Zimmer). Während beim Haus in Lausanne ein kompakter Baukörper mit Strassen- und Hoffassade entstand, wurde in Yverdon das Gebäude durch einen Lichtschacht in zwei Baukörper aufgeteilt. Im Grundrissplan und im Baukörper zeichnet sich die Parzellenstruktur mittelalterlicher Städte ab. Das 1522 in der Cité von Lausanne errichtete Gebäude entstand durch Zusammenlegen von vier ehemals eigenständigen Stadthäusern unter einem Dach – erkennbar an den Innenmauern und der Fassadenstruktur. Das 1557 in Yverdon erbaute Gebäude dagegen steht auf einer einzigen grossen Parzelle mit einer einheitlichen Strassenfassade von gut 30 m. Hier ist offenbar die mittelalterliche Parzellenstruktur der Stadt, bekannt vor allem durch schriftliche Quellen, zugunsten eines ehrgeizigen Bauprojektes aufgegeben worden. (Thomas Bitterli) 55

Recentemente durante lo svolgimento di ingenti lavori di ristrutturazione edile, si è presentata l’occasione per indagare e documentare due grandi edifici abitativi situati Losanna e Yverdon edificati all’epoca Tardo-Gotica per conto della Nobiltà Vaudese. Particolarmente interessanti e ricche di contenuti le decorazioni presenti sulle travi del soffitto, il portale e le armature delle finestre, nondimeno le pitture applicate sulle tabelle lignee del soffitto. La pianta costruttiva dei due manufatti evidenzia ancora l’impostazione tipica delle abitazioni Medioevali, costituita da una Aula (sala pubblica) e Camera (stanza privata). Differenti invece risultano le impostazioni architettoniche dei due edifici, quello di Losanna risulta costituito da un unico corpo strutturale con le facciate che danno sulla via e sulla corte, quello di Yverdon risulta invece composto da due unità divise da un cortile interno per sfruttare la luce del giorno. Mentre nell’edificio di Losanna, sorto nel 1522 integrando insieme quattro cellule abitative in un unico tetto (delle quali sussistono evidenti tracce sui parametri murari interni e sulla fattezze delle facciate), si possono scorgere ancora degli attributi tipici delle parcelle strutturali delle città medioevali, per quello di Yverdon i sostanziali mutamenti non consentono una lettura dell’originaria impostazione e planimetrica urbana. Eretto nel 1557 costituito da un unica grande parcella con una immensa facciata che da sulla strada di ben 30 metri pone seri problemi di originaria identificazione. In questo caso solo grazie alle fonti scritte, ottenute dai riscontri forniteci dai piani catastali di un ambizioso progetto poi decaduto, si è potuti risalire all’impostazione originaria delle parcelle urbane assunte nel medioevo. (Gianluca Petrini)

Resumaziun

Durant lavurs da transfurmaziun è sa dada dacurt l’occasiun dad examinar en detagl duas chasas, ina a Losanna ed ina ad Yverdon. Domaduas han aristocrats da la regiun dal Vad construì durant la gotica tardiva. Ina surpraisa signifitgan ils blers ornaments vi da las travs principalas dal tschiel sura, vi dals mirs sper las portas e vi da las urladiras da las fanestras e vi dal tavlegià dal palantschieu sura (v. maletg da cuverta). La skizza mussa anc la repartiziun caracteristica per il temp medieval, la chasa è dividida en in’aula (sala publica) ed ina camera (chombras privatas). Entant che la chasa a Losanna è ina construcziun cumpacta cun ina fatschada vers la via ed ina vers la curt, è l’edifizi ad Yverdon dividì tras in chamin da glisch en duas parts. Il plan ed il cubus laschan eruir la structura da parcellas da las citads medievalas. L’edifizi construì il 1552 a la Cité da Losanna sa cumpona da quatter chasas da citad sut in tetg ch’eran pli baud independentas sco quai ch’ins po vesair vi dals mirs interiurs e vi da la structura da la fatschada. Il bajetg construì 1557 ad Yverdon percunter stat sin ina suletta parcella gronda cun ina fatschada unifurma vers la via ed ella ha ina lunghezza da 30 m. Qua han ins apparentamain renunzià en favur d’in project ambizius a la structura parcellada medievala da la citad, enconuschenta spezialmain ord funtaunas scrittas. (Lia Rumantscha)

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Notes 1

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Mandats de la Section des monuments historiques et archéologie de l’Etat de Vaud (=MHA VD) au Bureau d’archéologie monumentale et urbaine, par Eric Teysseire, Conservateur cantonal des monuments, pour la Cité, et de son adjointe, Elisabeth Morier-Genoud, pour Yverdon. Marcel Grandjean, Les monuments d’art et d’histoire du canton de Vaud (= MAH VD) III, La ville de Lausanne: édifices publics (II), quartiers et édifices privés de la ville ancienne (Bâle 1979) 154–155.

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Laboratoire romand de dendrochronologie, Moudon, Bâtiment 28 Cité-Derrière – CHLausanne (VD). Manuscrit dactylographié de mai 1996 déposé aux MHA VD, Réf. LRD96/R4132. Dates d’abattage en automne-hiver 1519–1520 et 1521–1522. Ibid. Dégagement et restauration par l’atelier Jozef Trnka, Lausanne. Evaluation historique et stylistique des décors peints, manuscrit dactylographié de Brigitte Pradervand, Nicolas Schätti, mars 1998, déposé au Service des bâtiments de l’Etat de Vaud. Lettre à l’auteur de Jozef Trnka du 14 août 1998. Marcel Grandjean, MAH VD I, La ville de Lausanne: introduction, extension urbaine, ponts, fontaines, édifices religieux (sans la cathédrale), hospitaliers, édifices publics (I) (Bâle 1965) 367–369. Ibid., pp. 330–336. Georges Kasser, Histoires et figures de l’histoire yverdonnoise, Eburodunum V (Yverdon 1992) 45 et 54. Hermann Gagg, Les baillis d’Yverdon de 1536 à 1798. Revue historique vaudoise (= RHV) 1906, 154. François Christe, Yverdon-les-Bains – Rue des Casernes 7 – Murs de ville. RHV 1990, 139–140. François Christe, Le canton de Vaud. Dans: Stadt- und Landmauern 2, Stadtmauern in der Schweiz. Kataloge, Darstellungen (Zurich 1996) 314–316. Abattage après 1539; l’absence du dernier cerne ne permet pas de préciser l’année d’abattage de ce bois, d’après Christian Orcel, Jean Tercier, Jean-Pierre Hurni (Laboratoire romand de dendrochronologie, Moudon), Bâtiment 10 rue du Collège – CH-Yverdon-lesBains, manuscrit dactylographié du 10 janvier 1997 déposé aux MHA VD, Réf. LRD97/R4211. Monique Fontannaz, Les cures vaudoises – Histoire architecturale 1536–1845. Bibliothèque historique vaudoise, 84 (Lausanne 1987) 322. Analyse en cours sous la direction de l’auteur. Jozef Trnka, Yverdon-les-Bains – Rue du Collège 10. Documentation des travaux de consolidation des enduits, manuscrit dactylographié de mai 1995 déposé aux MHA VD. Brigitte Pradervand, Yverdon-les-Bains – Rue du Collège 10 – Brève évaluation des peintures murales mises au jour par Jozef Trnka, manuscrit dactylographié de mars 1995 déposé aux MHA VD, 13. Merci à Mme France Terrier, Conservatrice du Musée, de nous avoir transmis cette cote, ainsi que la photographie de l’objet. Cf. Kasser (v. note 8) 54. François Christe, Une maison gothique à Lutry. Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins 18, 1994/2, 66–72. Du même, La maison médiévale. Dans: Gilbert Kaenel, Pierre Crotti (réd.), Archéologie du Moyen Age – Le canton de Vaud du Ve au XVe siècle (Lausanne 1993) 54–55. Grandjean, MAH VD III (v. note 2) 154. Frédéric Gilliard, La maison bourgeoise en Suisse – Le canton de Vaud (Ire partie), XVe volume (Zürich et Leipzig 1925) XV. Marcel Grandjean, Villes neuves et bourgs médiévaux. Dans: L’homme dans la ville, Cours général public 1983–1984 (Lausanne 1984) 95.

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Cf. Kasser (v. note 9) 54. Cf. Kasser (v. note 9) 82. Michèle Grote, Aspects de l’histoire urbaine et de l’architecture. Dans: Villeneuve – Promenades dans son histoire (Villeneuve 1991) 129–130 et plan pp. 104–105. Op. cit., 140–141. François Christe, Moudon – Quartiers du Bourg. RHV 1990, 125 et fig. 9, et ibid., 1992, 211–215. En attendant l’étude complète de Monique Fontannaz, MAH VD VI, La ville de Moudon, voir le résumé du développement urbain dans Christe (v. note 11) 308–309. Jean-François Poudret, La Renaissance urbaine. Dans: Henri Meylan (s. dir.), L’Histoire vaudoise, Encyclopédie illustrée du Pays de Vaud 4 (Lausanne 1973) 84. Grandjean, MAH VD III (v. note 2) 106–107, 154. François Christe, La «Cour des Miracles» à la Cité – 1220–1960 : une tranche de l’histoire de Lausanne. Cahiers d’archéologie romande 58 (Lausanne 1992) 53–59. La fouille d’une parcelle au nord de la rue de l’Académie, qui vient de s’achever sous la direction du soussigné, a livré les traces d’une occupation extraordinairement intense entre le Bas-Empire et le début du Moyen Age. Grandjean, MAH VD I (v. note 7) 44. Grandjean, MAH VD III (v. note 2) 21–23 et fig. 16–17, pp. 26–27. Grandjean, MAH VD III (v. note 2) 119. Grandjean, MAH VD I (v. note 7) 423–425 pour l’édifice actuel, et Grandjean, MAH VD III (v. note 2) 126–127 pour les bâtiments médiévaux. Cette tendance commence à s’inverser avec le processus de reconversion au logement des bâtiments administratifs; celui-ci a récemment nécessité la démolition de deux grands immeubles construits en 1960, dont la réaffectation n’était pas possible. Morges constituerait dès lors bien un cas particulier, suivant la restitution du parcellaire originel tentée par Paul Bissegger, La ville neuve de Morges au XIVe siècle à travers les reconnaissances foncières. Dans: Le Pays de Vaud vers 1300, cours public publié par Agostino Paravicini Bagliani (Lausanne 1992) 141–180.

Adresse de l’auteur: François Christe, Bureau d’archéologique monumentale et urbaine (BAMU), Place du Château 3, case postale 179, 1000 Lausanne 17. Crédit des illustrations: Fig. 1, 4–6, 8, 13, 16–18: Rémy Gindroz, Lausanne Fig. 2–3, 9–12, 14–15: Colette Grand, BAMU, Lausanne Fig. 7: Atelier Jozef Trnka, Lausanne

Handwerkerspuren am Mauerwerk von Burgen und Burgruinen von Jakob Obrecht

Einleitung

Vorbereitungsarbeiten

Mit dem folgenden Aufsatz möchte ich in kurzen Zügen aufzeigen, wie anhand von heute noch sichtbaren Arbeitsspuren an mittelalterlichen Bauwerken und Burgruinen Rückschlüsse auf die Organisation der Baustellen und die Arbeitstechniken der Handwerker beim Burgenbau gezogen werden können. Meine Ausführungen beschränken sich auf den Rohbau, das heisst: Innenausbauten, künstlerischer Schmuck und der ganze Themenkreis Backsteinarchitektur sind nicht Gegenstand der Betrachtungen. Die Arbeit stützt sich einerseits auf Ausgrabungsbefunde und Beobachtungen am aufgehenden Mauerwerk verschiedener Burgruinen, andererseits auf zeitgenössische Abbildungen und persönliche Erfahrungen. Ausgangspunkte der Betrachtungen sind die für den Bau einer Steinburg wichtigsten Baumaterialien: Stein und Holz. Gleichzeitig ist zu erwähnen, dass daneben auch Branntkalk, Sand und grosse Mengen an Eisenteilen wie Nägel, Klammern und Beschläge benötigt wurden. Zudem sind eine grosse Anzahl an Werkzeugen und technischen Hilfsmitteln eingesetzt worden, die kaum jemals im Fundmaterial einer archäologischen Ausgrabung auftauchen und zudem am Bauwerk kaum Spuren hinterliessen. Es sind dies Gegenstände aus organischem Material wie Säcke, Körbe und hölzerne Kübel, aber auch Schnüre, Taue und Riemen, die für die verschiedensten Zwecke eingesetzt werden konnten. Die Beschreibung folgt ungefähr dem Bauablauf und beginnt deshalb mit einem Blick auf die Vorbereitungsarbeiten, die für den Bau einer Burg notwendig waren.

Als erstes musste ein geeigneter Bauplatz gesucht werden. Dieser hatte den vielfältigen Absichten und Wünschen des Bauherrn so weit als möglich zu entsprechen.1 Anschliessend musste der Bauplatz hergerichtet und das für den Bau der Burg benötigte Baumaterial bereitgestellt werden. Die Gewinnung von Baumaterial hinterliess meist nur wenige, heute kaum noch sichtbare Spuren. Nur ein geübtes Auge erkennt beispielsweise einen seit Jahrhunderten eingestellten, der Natur überlassenen Steinbruch. Andere Spuren, wie z.B. Kalkbrennöfen, sind im Verlaufe der Zeit durch Eingriffe des Menschen in die Landschaft, sei es durch fortwährende Bautätigkeit oder grosse landwirtschaftliche Meliorationen, für immer getilgt worden.

Fällen dienten die auszuhauenden Burggräben vielfach gleichzeitig als Steinbruch. Abgetreppte Grabensohlen und Hauspuren im Gestein der Grabenflanken – meistens vom Zweispitz (Abb. 2)3 – zeugen vom Abbau von Bausteinen. In einigen seltenen Fällen sind sogar noch die in den Fels gehauenen Löcher zum Einsetzen der hölzernen oder eisernen Sprengkeile zu sehen (Abb. 3). Hervorgehobene Bauelemente wie Ecksteine, Tür- und Fenstergewände wurden vielfach aus besonderem, wertvollerem Steinmaterial gehauen.

Baumaterial Bausteine

Der überwiegende Teil der zum Bau einer Burg benötigten Bausteine wurde wenn möglich in der unmittelbaren Umgebung des Bauplatzes gewonnen. Die Art des verfügbaren Baumaterials bestimmte dabei sehr direkt die Struktur des Mauerwerks (Abb. 1). Zum Beispiel sind die aus grossen Findlingen errichteten Türme mit Megalithmauerwerk nur in Gegenden zu finden, wo die Gletscher der letzten Eiszeiten ihre Steinfracht abgeladen haben.2 Bei Burgen, die auf Fels errichtet sind, deren Gesteinsart sich als Baustein eignet, sind oft noch Spuren der Bausteingewinnung zu sehen. In solchen 57

1: Alberswil LU, Kastelen. Westseite. Quadermauerwerk aus leicht bearbeitbarem Tuffstein.

2: Sagogn GR, Schiedberg. Zweispitz oder Spitzhacke, 11./12. Jahrhundert. L = 25 cm.

Steinmetzzeichen Speziell geformte Steine und hervorgehobene Bauteile, wie z.B. Gewände und Eckverbände, sind oft mit «Steinmetzzeichen» markiert (Abb. 4). Im Gegensatz zu den Einschnitzzeichen der Zimmerleute sind die Steinmetzzeichen nur in seltenen Fällen Montagehilfen, und auch nicht aus reiner Freude am Werk in die Steine gehauen. In erster Linie dienten sie dazu, den Akkord eines Steinhauers oder einer Steinhauergruppe festzulegen.4

3: Bergalingen D. Ein mit Hilfe von regelmässig eingehauenen Löchern und darin eingesetzten Keilen teilweise gesprengter Stein.

4: Basel, Pfalzmauer. Steinmetzzeichen.

Schichthöhenzeichen Einen Hinweis auf sozusagen industriell gefertigte Mauersteine geben die im Raume Bern5/Freiburg im Üechtland und auch im Elsass an Quadermauerwerk zu findenden Schichthöhenzeichen. Diese eingehauenen Marken sind keine eigentlichen Steinmetzzeichen, sondern die Kennzeichnung vorgefertigter Bausteine gleicher Höhe (Abb. 5). Auf diese Art wurde das Quadermauerwerk sozusagen standardisiert und dadurch ein rationelleres und schnelleres Bauen möglich. Das Steinmaterial für ganze Mauerfluchten, inkl. Tür- und Fenstergewänden, konnte dank dieser Methode vorgängig in den benötigten Mengen und Dimensionen im Steinbruch vorgefertigt und anschliessend auf der Baustelle versetzt werden. Zeitraubende Zurichtarbeiten und das Einpassen einzelner Steine durch die Maurer reduzierten sich auf ein Minimum. Mörtel

5: Burgdorf BE, Kornhaus. Schichthöhenzeichen.

Der leichte und leicht zu bearbeitende Tuffstein war dabei besonders beliebt. Lagerstätten für Tuffstein sind heute bekannt, doch weiss man noch sehr wenig darüber, an welchen Stellen die grossen Materialmengen tatsächlich abgebaut worden sind.

Zum Bau einer massiven Mauer benötigt man Bausteine und Mörtel. Im Mittelalter wurde der Mörtel aus Sand, gebranntem Kalk und Wasser hergestellt. Drei Bestandteile, die nicht überall in beliebiger Menge zur Verfügung standen. Wasser Die Versorgung einer Baustelle mit Wasser war wohl das geringste Problem. Wenn es in unmittelbarer 58

Nähe einer Baustelle weder fliessendes noch stehendes Wasser gab, konnte es entweder in Schläuchen und Fässern herangeschafft oder in Form von Niederschlägen in improvisierten Sammlern aufgefangen werden. Sand Etwas schwieriger war wohl die Beschaffung von geeignetem Sand, denn Brechwerke gab es im Mittelalter noch nicht. Man war deshalb auf den Abbau von natürlichen Lagerstätten wie Moränen, Schwemmkegel sowie Sand- und Kiesbänke grösserer Bäche und Flüsse angewiesen. Sandvorkommen mit fein abgestufter Kornverteilung und niedrigem Lehmgehalt sind nicht überall zu finden. Der Sand musste sicher schon damals gesiebt oder gar ausgeschlämmt werden, um allzu grosse Komponenten zu entfernen und unerwünscht hohe Lehmanteile herabzusetzen. Kalk Zur Herstellung von Branntkalk benötigt man Kalkstein und Energie in Form von Brennholz. Im Jura, in den Voralpen und in einigen Teilen des Alpenraumes besteht der natürliche Untergrund aus Kalkstein. Auch Brennholz gab es in diesen Gebieten in ausreichenden Mengen, so dass Branntkalk wohl überall problemlos hergestellt werden konnte. In Gebieten ohne Kalkvorkommen, im Mittelland mit seinem Untergrund aus Molassesandstein und in allen Talschaften des Alpenraumes mit Böden aus Urgestein, war die Beschaffung von gebranntem Kalk schon viel umständlicher und dadurch auch mit höheren Kosten verbunden. Je nach Lage musste in diesen Gebieten der Branntkalk über weite Strecken bis zur Baustelle transportiert werden. Es darf daher davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen nicht schwere ungebrannte Kalksteinbrocken, sondern der bereits gebrannte, fast 50% leichtere Stückkalk gehandelt wurde.6

Wie und wo wurde der zum Bau von Burgen benötigte Kalk gebrannt? Selbst im Jura, einem waldreichen Kalksteingebirge, welches für das Kalkbrennen ideale Voraussetzungen bietet, findet man in unmittelbarer Nähe von Burgen kaum Überreste von Kalkbrennöfen. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass der Kalk während der Blütezeit des Burgenbaus vielfach noch im offenen Feuer und nicht in einem Kalkofen gebrannt wurde. Zudem stellt sich weiter die Frage, ob die wenigen, in der Nähe von Burgruinen festgestellten Kalköfen wirklich aus der Bauzeit stammen und nicht erst beim systematisch betriebenen Abbruch der Burg zur Baumaterialgewinnung gebaut und betrieben worden sind. Für die Mörtelherstellung musste der gebrannte Kalk zuerst gelöscht werden.7 Anschliessend wurde der Löschkalk wohl sofort – also noch heiss – mit dem Sand vermischt. Anders lässt sich das Fehlen grosser Sumpfkalkgruben innerhalb und in der näheren Umgebung von Burgen kaum erklären.8 Üblicherweise wurde der Mörtel von Hand in grossen, mit Brettern ausgeschlagenen Mulden gemischt. Manchmal kamen auch hölzerne, durch Tier- oder Menschenkraft angetriebene Mischmaschinen zum Einsatz (Abb. 6).9 Dank den Mischmulden blieben nicht nur die Verluste klein, der Mörtel wurde so auch gleichzeitig vor ungewollten Verunreinigungen geschützt. Bei Grabungen findet man von diesen Einrichtungen nur selten eine Spur. Dies ist weiter nicht verwunderlich, handelt es sich doch bei beiden Einrichtungen nur um temporäre Installationen, die nach dem Bau oder Umbau einer Burg als erstes wieder abgebrochen wurden. Nach dem Mischen wurde der fertige Mörtel von Trägern in hölzernen Kübeln und Tragmulden zum Arbeitsplatz des Maurers gebracht.

Einzige Zeugen dieser Tätigkeiten sind die gelegentlich im Fundmaterial archäologischer Grabungen auftauchenden groben Äxte (Abb. 7).12 6: Zürich, Münsterhof. Mörtelmischer, Rekonstruktionsversuch.

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5 cm

7: Sagogn GR, Schiedberg. Axt mit einer breiten, zum Fällen von Bäumen und Abschlagen von Ästen bestens geeigneten Klinge, 12./13. Jahrhundert.

grösseren Mengen bereitgestellt werden. Holz fand nicht nur als Baustoff für Böden, Wände und Dachgerüste Verwendung, sondern wurde auch für den Bau von Hilfseinrichtungen wie Gerüste und Rampen in grossen Mengen benötigt. Neben dem Konstruktionsholz waren auch ansehnliche Mengen an Brennholz zum Brennen von Kalk und und in Form von Holzkohle zum Betreiben der Schmiedeessen notwendig.10 In den waldreichen Gebieten Nordund Mitteleuropas stellte die Beschaffung von geeignetem Bauholz wohl wenig Probleme. In den mit Laubmischwald bestockten Gegenden musste ausgesucht langes und gerades Bauholz in vielen Fällen wohl auch über grössere Distanzen herangeschafft werden.11

Rutenflechtwerk Für den Bau von Burgen wurden nicht nur Bretter und Balken aus langgewachsenem Holz verwendet. Für all die mit Lehm verstrichenen Wandkonstruktionen, sei es für hölzerne Nebengebäude oder für Trennwände im Inneren von Steinbauten, benötigte man grosse Mengen von Ruten. Meistens nahm man dafür die langen Schösslinge von Weiden und Erlen sowie die elastischen Ruten des Haselstrauches, den man fast an jedem Waldrand fand. Zudem wurden zur Verstärkung der Lehmausfachungen von Fachwerkbauten auch kurze gerade Stamm- und Aststücke verschiedener Baumarten verwendet, die für diesen Zweck in dünne Scheite gespalten wurden. Rutenflechtwerk kann in der Regel nur indirekt nachgewiesen werden, nämlich als Abdruck in gebrannten Lehmstücken, dem sogenannten «Hüttenlehm». Im Normalfall treten hohe, zum Brennen von Hüttenlehm erforderliche Temperaturen im Innern eines Hauses nur in unmittelbarer Nähe einer Feuerstelle oder eines Backofens auf. In der überwiegenden Anzahl der Fälle entsteht der Hüttenlehm bei Bränden und taucht deshalb bei archäologischen Grabungen vielfach in Brand- und Abraumschichten ehemaliger Brandplätze auf. Bei den schlechten Erhaltungsbedingungen im feuchten, regenreichen Mittel- und Nordeuropa bleibt der ungebrannte, luftgetrocknete Rutenlehm nur erhalten, wenn er wie oben beschrieben in situ gebrannt wurde oder nie direkt der Feuchtigkeit (Regen/Schnee) ausgesetzt war. Baustelle

Bauholz

Holz war das zweitwichtigste Baumaterial und musste deshalb in

Holzschlag Der Holzschlag, wie auch die anschliessende Bearbeitung, das Sägen und Behauen von Brettern und Balken, hinterliess kaum Spuren. 59

Infrastruktur

Zum Bau einer Burg wurden nicht nur grosse Mengen an Baumaterial,

sondern auch vielerlei Werkzeuge und einfache Maschinen, wie z.B. Aufzüge (Abb. 8) oder gar Tretradkrane benötigt. Sicher unentbehrlich waren auch Wohn- und Schlafgelegenheiten für die Bauhandwerker. Es ist mir nicht bekannt, dass man jemals bei Ausgrabungen auf die Reste einer Bauhütte, zutreffender ist wohl eher die heutige Bezeichnung «Barackenlager», gestossen wäre. Solche Lager muss es aber gegeben haben, denn für die Dauer der Bauzeit – die für eine kleine bis mittelgrosse Burg im Bereich von etwa zwei bis fünf Jahren liegen dürfte – mussten die Handwerker, Handlager und Fuhrleute untergebracht und verpflegt werden. Hinzu kommt, dass wohl etliche der her-

umziehenden Handwerker und Hilfsarbeiter auch Frau und Kinder bei sich hatten. Zur Infrastruktur jeder grösseren Baustelle gehörte wohl auch eine Schmiede. Die eisernen Werkzeuge – wie Spitzeisen, Meissel, Beitel, Äxte und Dechsel – wurden bei der harten Arbeit nicht nur stumpf, sie gingen auch zu Bruch oder gar durch Unachtsamkeit verloren. Nur Fachleute mit Erfahrung sind in der Lage, eiserne Werkzeuge durch Zuspitzen, Härten und Schärfen derart in Stand zu stellen, dass sie nicht bereits beim ersten Einsatz wieder stumpf werden oder gar – weil zu stark gehärtet – zu Bruch gehen. Das gleiche gilt auch für die Herstellung von Nägeln und Beschlä-

8: Einfacher Aufzug mit Dreibein und Haspel. Der Quaderstein hängt an einer Zange. Im Vordergrund liegen die typischen Werkzeuge des Steinmetz. Von oben nach unten: Fläche, Scharriereisen, Klöpfel, Zirkel, Zweispitz. (Diebold Schilling, Spiezer Chronik).

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gen, die nur von gut ausgebildeten Schmieden in ausreichender Anzahl und Qualität hergestellt werden konnten. Das Schmiedehandwerk kann archäologisch vielfach nur indirekt, durch handwerksspezifische Werkzeuge, wie Hämmer und Schmiedezangen, nachgewiesen werden. In seltenen Fällen gelingt der Nachweis auch direkt, wenn bei einer Grabung Reste von Feuergruben, Schmiedeschlacken und Hammerschlag13 oder gar Werkabfälle zum Vorschein kommen. Bauvorgang

Vorbereitung des Baugrundes Als erstes musste der Baugrund vorbereitet werden. Eine Arbeit, die die verschiedensten Tätigkeiten umfassen konnte. Häufig musste das Gelände zuerst gerodet und anschliessend ausgeebnet werden. Daneben galt es vorspringende Felsen abzuarbeiten, Sümpfe trockenzulegen oder gar Wasserläufe umzuleiten. Zwei Beispiele von Baugrundvorbereitungen möchte ich kurz herausgreifen: 1. Viele der heute durch Meliorationen trocken gelegten Anbauflächen waren im Mittelalter noch Sumpfgebiete. Man versuchte aber bereits damals, diese Gebiete in Besitz zu nehmen und den Herrschaftsanspruch mit dem Bau von Burgen zu manifestieren. Vor dem Bau einer Burg musste der schlechte Baugrund für die Aufnahme der grossen Lasten vorbereitet werden. Eine der Methoden bestand darin, Pfähle (Abb. 9),14 vielfach waren es ganze Pfahlfelder, einzurammen und darauf grosse, gezimmerte Roste zu verlegen, um das Gewicht der Mauern auf eine grössere Fläche zu verteilen. In einfacheren Fällen wurden die Mauern auch auf einfache Roste aus Knüppeln und Astwerk gestellt. In vollständig durchnässten Böden sind diese Konstruktionen manchmal erhalten geblieben, so dass wir heute die Möglichkeit haben, die

10: Trimbach SO, Frohburg. Ausgräber beim Freilegen eines in den Fels geschroteten Fundamentabsatzes.

9: Sursee LU, Vierherrenplatz. Ein mit Holzpfählen gegen Abrutschen gesichertes Mauerfundament.

Fälldaten der Hölzer dieser Gründungen dendrochronologisch zu ermitteln. 2. Auf abschüssigen oder fast senkrechten Felsen konnten die Mauern nur auf ausgehauene Fundamente abgestellt werden. Vielerorts ist heute das aufgehende Mauerwerk längst verschwunden. Dank der meist bandförmig oder treppenartig ausgebildeten Auflagern (Abb. 10) sind wir wenigstens noch in der Lage, den ehemaligen Verlauf dieser Mauerzüge zu rekonstruieren. Abstecken Nach der Vorbereitung des Baugrundes wurde der Grundriss des geplanten Baus festgelegt und abgesteckt. Wie heute noch üblich, wurden dafür auch damals Pflöcke und Schnüre verwendet. Diese, aus Holz und Pflanzenfasern bestehenden Hilfsmittel, sind längst im Boden verrottet, doch lassen sie sich unter besonders glücklichen Umständen noch archäologisch nachweisen – die Pflöcke in Form von Pfostenlöchern entlang der Ränder der Fundamentgruben oder als Abdrücke in den untersten gemörtelten Fundamentlagen. Von den von Pflock zu Pflock gespannten Schnüren ist heute nichts mehr zu sehen, doch ist aus arbeitstechnischen Überlegungen davon auszugehen, dass Mauerfluchten auch im Mittelalter mit der Richtschnur festgelegt worden sind (Abb. 11).

11: Bümpliz BE, Altes Schloss. Mit Latten markierte Pfostenlöcher der Pfähle, mit denen der Grundriss des Rundturmes vor dem Baubeginn abgesteckt worden ist.

Mauerbau Der Bau einer Mauer hinterlässt im Umgelände nur wenige Spuren. Neben den bekannten zeitgenössischen Abbildungen gibt es aber doch etliche Hinweise auf den ehemaligen Bauvorgang, die bei einer archäologischen Grabung oder anlässlich einer Bauuntersuchung nicht unbeachtet bleiben sollten: Beim Aufziehen einer gemörtelten Mauer bildet sich am Mauerfuss eine keilförmig auslaufende und je nach Mauertyp aus einer unterschiedlichen Menge Steinsplitt und 61

Mörtel bestehende Schicht. Dieser sogenannte Bauhorizont entsteht durch den beim Versetzen der Steine aus den Fugen quellenden und zu Boden fallenden Mörtel (Abb. 12). Bei einer freistehenden, zweihäuptig aufgezogenen Mauer gibt es auf beiden Seiten einen Bauhorizont. Auch das Verputzen einer Mauer hinterlässt eine derartige Mörtelschicht. Es muss deshalb sehr genau abgeklärt werden, ob ein Bauhorizont beim Mauerbau oder erst beim Verputzen15 entstanden ist. Für den Archäologen und Bau-

12: Schenkon LU, Ruine Schenkon. Reparatur der letzten Reste der ehemaligen Umfassungsmauer.

13: Marmorera GR, Ruine Marmels. Gut sichtbare Anschlusssteine in der Südmauer der ehemaligen Burgkapelle.

14: Brig VS, Salzhof. Maueranker. Konstruiert als geschlossener Rahmen aus vier in den Ecken überblatteten Balken.

forscher ist der Bauhorizont ein wichtiger Anhaltspunkt für die stratigraphische Einbindung einer Mauer. Zudem gibt uns seine Mächtigkeit einen guten Einblick in das handwerkliche Geschick der Maurer; geübten Maurern fällt nämlich nur wenig vom teuren Mörtel zu Boden. Anschlusssteine sind vorkragende Verbindungssteine (Abb. 13), die in einem im voraus festgelegten senkrechten Mauerstreifen vorsorglich eingebaut werden. Sie garantieren einen gut verzahnten Anschluss einer, nach dem Bauplan erst später zu errichtenden, stumpf anstossenden Mauer oder ermöglichen es, einen geschlossenen Baukörper in Etappen zu bauen, ohne dass dabei eine statische Beeinträchtigung des Bauwerks durch lange Stossfugen auftritt. Dieses Vorgehen wurde nicht nur bei der bewussten Gliederung eines Baus in einzelne Bauetappen angewandt, sondern auch in Fällen, bei denen das gleichzeitige Aufziehen einer abzweigenden Mauer den Bauablauf schwerwiegend gestört hätte, aus statischen Gründen eine kraftschlüssige Verbindung aber zwingend erforderlich war. Aus den oben genannten Gründen sind Anschlusssteine auch ein klarer Hinweis auf den hohen Wissensstand der Bauleute in den Bereichen Statik, Bauplanung und Bauführung. Eine weitere Besonderheit sind die sogenannten Maueranker. Diese, vor allem im Mauerkern hoher Türme eingesetzten Holzverstärkungen (Abb. 14), dienten dazu, den Arbeitsfortschritt zu beschleunigen. Bei grossen Bauhöhen und dementsprechenden Mauerstärken, vor allem aber bei raschem Baufortschritt, drohte nämlich die Gefahr, dass das Mauerwerk noch vor dem Austrocknen und Abbinden des Mörtels in sich zusammfällt. Die teilweise mehrfach horizontal in das Mauerwerk eingelegten, in den Ecken überblatteten oder vernagelten Holzrahmen übernahmen sofort einen Teil der Zugkräfte im Mauerwerk – zu vergleichen mit der Eisenbewehrung in einer heu62

tigen Betonkonstruktion. Maueranker verhindern zudem auch unerwünschte Rissbildungen im Mauerwerk. Baugerüst Das Errichten des Baugerüstes, einer für Maurer unabdingbaren Hilfskonstruktion und Arbeitsplattform, hinterliess fast immer Spuren. Auf zeitgenössischen Abbildungen erkennen wir heute die verschiedenartigsten Gerüstkonstruktionen. Vielfach sind die Gerüste nur durch einige auskragende Gerüsthebel und darübergelegte Bretter dargestellt16 (Abb. 15).17 Senkrechte Stützstangen oder gar schräge Versteifungen sind erst auf Zeichnungen des 14. Jahrhunderts zu erkennen. Aus konstruktiven und besonders statischen Überlegungen ist anzunehmen, dass die frei auskragend dargestellten Gerüsthebel in den meisten Fällen nicht der Wirklichkeit entsprechen, sondern sogenannte Signaturen sind. Ein auf frei auskragenden Gerüsthebeln mit einem Durchmesser von 8 bis 10 cm abgelegter Gerüstlauf – ein sogenanntes fliegendes Gerüst – kann anhand seiner rechnerischen Tragfähigkeit18 nur als Laufgerüst oder zum Verputzen einer Mauer verwendet werden.

15: Turmbau zu Babel. Wenzelsbibel (Codices Vindobonensis 2759–2764), fol. 10v.

Anders sieht es beim Aufziehen einer Mauer aus. In diesem Fall müssen sich gleichzeitig mehrere Arbeiter auf einem Gerüst aufhalten und bewegen können. Rechnet man dazu noch das Gewicht für einen kleinen Materialvorrat, reicht die Tragkraft eines Gerüsthebels mit einem Durchmesser von 10 cm nie aus. Ein Maurergerüst muss deshalb fast zwingend mit senkrechten Stangen abgestützt werden, um nicht unter der Last von Mensch und Material zusammenzubrechen. Abgesehen von allen Tragkraftberechnungen muss noch ein vollständig anderer Sicherheitsaspekt in die Überlegungen einbezogen werden. Ein Gerüstlauf von 1 m Breite benötigt m.E. zwingend ein Geländer, denn die Gefahr eines Fehltrittes ist bei der Maurerarbeit relativ hoch. Der Bau eines mit einem Geländer gesicherten fliegenden Gerüstes ist ein kompliziertes Unterfangen und deshalb für das Mittelalter nur in besonderen Fällen anzunehmen. Hingegen bietet es überhaupt kein Problem, ein mit senkrechten Stangen abgestütztes Gerüst mit einem umlaufenden Geländer zu sichern. Die senkrechten Stangen des Gerüstes hinterlassen ihre Abdrücke in einigem Abstand zur Mauer im Boden. Meistens wurden sie in ausgehobene Löcher gestellt und darin mit Keilsteinen19 verankert. Auf felsigem Untergrund wurde das Abrutschen der Stangen manchmal durch ausgehauene Vertiefungen verhindert (Abb. 16). Die in den Mauern sichtbaren Gerüsthebellöcher markieren nicht nur die Lage der horizontalen Gerüstebenen, sie lassen auch Rückschlüsse auf die Erschliessung der übereinanderliegenden Gerüstläufe zu. An den savoyischen Rundtürmen der Westschweiz sind oft zusätzliche, in Spiralen angeordnete Gerüsthebellöcher zu erkennen (Abb.17). Diese markieren die mauerseitige Verankerungen gewendelter Treppen oder Transportrampen. Beim Abbrechen des Gerüstes wurden die im Mauerwerk eingelassenen Gerüsthebel mauerbündig abgesägt.

16: Flond GR, Kirche. In den anstehenden Fels gehauene Löcher zur sicheren Verankerung der senkrechten Stangen des Aussengerüstes.

18: Vittoriosa (Birgu), Malta. Mit Stahlrohren eingerüsteter Kirchturm. Wie im Mittelalter üblich, sind nur die zur Ausführung der laufenden Arbeiten benötigten Gerüstläufe mit Brettern belegt.

19: Basel, Pfalzmauer. Bossenquader mit eingehauenen Zangenlöchern.

17: Martigny VS, La Bâtiaz. Spiralförmig angeordnete Gerüsthebellöcher am Rundturm der Burgruine.

Beim Verputzen der Mauern wurde diese Arbeit wohl gestaffelt, dem Verputzvorgang folgend ausgeführt, denn aus Mangel an teuren Brettern waren nur diejenigen Gerüstebenen mit Brettern belegt, auf denen gerade gearbeitet wurde (Abb. 18). 63

Aufzüge Je nach Bedarf und finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn standen für das Aufziehen von Lasten neben einfachen Aufzügen mit Umlenkrolle und Flaschenzügen auch aufwendige, zum Anheben grosser Lasten geeignete Krankonstruktionen mit Tretradantrieb zur Verfügung. Besonders die grossen Krane und Dreibeine lassen sich indirekt durch die in die Steine eingehauenen Zangen- und Wolfslöcher (Abb. 19) nachweisen. Verputz Das Auftragen und Glätten einer mehr oder weniger deckenden Mörtelschicht auf eine Mauerfläche kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen. Es gilt zu unterscheiden

20: Malans GR, Ruine Klingenhorn. Glattgestrichener Verputz im Bereich des Eckverbandes des Turmes. Unterhalb der Bildmitte ist der Abdruck einer Spitzkelle zu erkennen.

zwischen dem Verputzen – dem Auftragen einer Mörtelschicht mit Hilfe von Kelle und Reibbrett und dem Glattstreichen des hervorquellenden Fugenmörtels (Abb. 20). Eine Mauer wird erst nach ihrer Fertigstellung verputzt. Der Verputz wird in der Regel von oben nach unten und je nach Bedarf in einer oder mehreren Schichten angeworfen. Vielfach hat der Verputzmörtel eine feinere Struktur als der Fugenmörtel. Im Gegensatz zum Verputzen erfolgt das Glattstreichen des Fugenmörtels parallel zum Arbeitsfortschritt. Aus diesem Grund gibt es zwischen dem Fugenmörtel und dem Glattstrich weder einen Quali-

21: Sarnen OW, Archivturm (Hexenturm). Gebohrte Einschnitzzeichen in den Kragbalken der Basis des ehemaligen hölzernen Obergadens.

22: Meien UR. Genageltes Schindeldach einer Alphütte am Sustenpass.

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tätsunterschied noch eine Trennfläche. Deckenkonstruktionen, Dach und Dacheindeckung Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die verschiedenen Deckenund Dachkonstruktionen ausführlich vorzustellen. Es gilt aber festzuhalten, dass anhand von dunkel gähnenden Balkenlöchern oder schön behauenen Konsolsteinen vielfach klare und eindeutige Rückschlüsse auf die konstruktive Ausbildung ehemaliger Balkendecken gezogen werden können. Als Beispiel für das Können der Zimmerleute sei hier kurz auf den Balkenrost des Obergadens vom Hexenturm in Sarnen OW hingewiesen.20 Dort gaben uns die in die einzelnen Balken gebohrten und eingehauenen Einschnitzzeichen21 einen guten Einblick in die Arbeitsweise der Zimmerleute (Abb. 21). Auf Burgruinen sind in der Regel keine oder nur noch geringe Reste des originalen Daches erhalten.22 Die Form der Dächer sowie der gesamte Dachaufbau vom Dachgerüst bis hin zur Dachhaut können, wenn überhaupt, fast nur noch indirekt nachgewiesen werden.23 Im Mittelalter wurden zum Decken von Häusern, je nach Gegend und Rohstoffvorkommen, vier verschiedene Materialien verwendet: Pflanzenhalme (Stroh/Reet/Schilf) – Schindeln oder Brettschindeln – Steinplatten – Ziegel. In den Ackerbaugebieten des Mittellandes überwogen die Strohdächer, während im Voralpen- und im Alpenraum die Dächer meistens mit Brettschindeln oder Steinplatten gedeckt waren. Dacheindeckungen aus organischem Material hinterlassen kaum archäologisch fassbare Spuren. Rückstände davon bleiben nur in seltenen Fällen, d.h. unter Wasser oder in ausgeprägten Brandschichten, erhalten. Die ebenfalls vergänglichen Schindeldächer waren entweder mit Steinen beschwert oder genagelt (Abb. 22). Beides, Stroh- und Schindeldach, können indirekt durch das Fehlen

23: Brienzwiler BE, Freilichtmuseum Ballenberg. Mit Draht angebundene Schauben eines Strohdaches. Untersicht.

von Steinplatten und Dachziegelresten nachgewiesen werden. Direkt ist dies kaum möglich. Die Schauben der Strohdächer (Abb. 23) waren nur mit vergänglichen Ruten und Schnüren und nicht wie heute mit Eisendraht am Dachgerüst befestigt, und die zum Beschweren eines Brettschindeldaches verwendeten Steine unterscheiden sich nicht vom übrigen Schutt einer Ruine. Einzig eine Häufung kurzer Nägel24 in einer entsprechenden Fundlage kann ein Indiz für ein genageltes Schindeldach sein. Ganz anders verhält es sich mit Dacheindeckungen aus Gneis, Schiefer und gebrannten Ziegeln. Diese hinterlassen – selbst nach einem geordneten Abbruch eines Gebäudes – eindeutige Spuren, entweder in Form unzähliger Ziegelbruchstücke oder grosser flacher Steinplatten (Abb. 24). Schlussbemerkungen

Die in diesem Aufsatz aufgeführten Beispiele sind nur ein Ausschnitt aus der grossen Vielfalt an Bauspuren, die heute noch am Mauerwerk von Burgruinen zu beobachten sind. Es gilt also weiterhin im «geöffneten Buch» zu lesen und unser Wissen über das handwerkliche Können und die Bauabläufe im Mittelalter zu vertiefen. Es ist mir deshalb ein grosses Anliegen an dieser Stelle einmal mehr ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass gerade viele kleine, manchmal nur noch in Ansätzen erkennbare Hinweise auf den Bauvorgang – ich denke dabei beispielsweise an ein «Maurerknie»25 – bei Konservie-

24: Vals GR, Blachtenalp. Eingestürztes Steinplattendach eines ehemaligen Alpwirtschaftsgebäudes.

rungsarbeiten oft unabsichtlich aber unwiederbringlich zerstört werden. Es ist daher unerlässlich, auch wenn eine solche Arbeit fast immer mit ansehnlichen Kosten verbunden ist, vor jedem Eingriff in die Bausubstanz einer Ruine eine umfassende Dokumentation26 des vorhandenen Baubestandes zu erstellen. Résumé

Les vestiges de châteaux et d’autres constructions médiévales, comme les portes ou les murs de ville, constituent souvent les derniers témoins de l’état ancien des édifices les plus divers. Les charpentes et les solivages ont fréquemment été détruits depuis longtemps, ou ont succombé à l’incendie. Avec les documents historiques ou iconographiques contemporains, ces vestiges de maçonnerie constituent ainsi la dernière source permettant de restituer l’aspect ancien et l’histoire constructive des bâtiments. De plus, ils apportent de précieuses informations sur le processus de construction ainsi que sur les matériaux et les moyens techniques mis en oeuvre. Chaque logement de poutre, chaque trou de boulin, chaque marque de tâcheron, chaque reste d’enduit constitue un témoin très évocateur des anciennes techniques de construction. Il faut donc impérativement y être attentif, de manière 65

à ce qu’aucun de ces détails de construction, même insignifiant en apparence, ne disparaisse sans observation ni documentation dans le cadre de travaux de rénovation complète ou partielle. (François Christe) Riassunto

I resti murari superstiti, dei castelli in rovina, o di altre strutture medioevali, quali ad esempio torri cittadine, recinti murati, ed altro ancora costituiscono oggigiorno le ultime testimonianze di quelle parti che caratterizzavano i più svariati elementi costruttivi. Non permangono tracce invece delle coperture, o le travi lignee dei soffitti già da molto tempo crollate o distrutte dagli incendi. Congiuntamente alle rappresentazioni grafiche contemporanee, e gli scritti, i resti murari costituiscono l’ultima fonte di studio indispensabile per poter ricavare i dati essenziali, i riscontri indispensabili per poter formulare una ricostruzione restitutiva di un edificio, risalire alle fasi storiche, il materiale edilizio usato e i relativi processi tecnici ausiliari. Ogni trave e buca pontaia, ogni segno lapicida (incisioni sulle pietre eseguite dagli intagliatori) ed ogni resto d’intonaco costituiscono delle solidissime basi per poter risalire all’epoca edilizia e stabilirne una datazione. Per questo motivo, è aus-

picabile che ognuno, durante le fasi di ristrutturazione di un edificio o parti di esso tenga in considerazione il fatto che anche un elemento architettonico poco appariscente può ricoprire un ruolo veramente fondamentale, in tale ipotetica eventualità suggeriamo sempre di provvedere ad una perizia preliminare da parte di esperti ed eventualmente alla relativa documentazione. (Gianluca Petrini) Resumaziun

Las ruinas dals mirs da chastels e dad auters edifizis medievals, sco p.ex. da las portas e dals mirs da la citad, èn oz savens las sulettas perditgas da l’anteriura moda da construir da fitg differents edifizis. Ils tetgs ed ils palantschieus sura da travs dals edifizis èn per gronda part gia daditg crudads ensemen u daventads in’unfrenda dal fieu. Sper illustraziuns e descripziuns contemporanas èn quellas ruinas da mirs savens la davosa funtauna ch’ins po consultar per reconstruir la furma e l’istorgia da construcziun d’in edifizi. Ellas dattan ultra da quai infurmaziuns impurtantas davart la procedura da construcziun, il material ed ils d’agids tecnics. Mintga rusna per las travs, mintga segn da tagliacrappa e mintga restanza da liadira è ina perditga impurtanta da la procedura da construcziun da pli baud. Durant ina sanaziun parziala u totala èsi perquai da far gronda attenziun da betg allontanar in detagl da la construcziun avant ch’ins l’haja examinà resp. documentà. (Lia rumantscha) Anmerkungen 1

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Werner Meyer, Burgengründungen. Die Suche nach dem Standort. Château Gaillard XVIII, Colloque de Gilleleje 1996. Publications du Centre de recherches archéologiques médiévales, Université de Caen (Caen 1998). Daniel Reicke, «von starken und grossen flüejen». Eine Untersuchung zu Megalithund Buckelquader-Mauerwerk an Burgtürmen im Gebiet zwischen Alpen und Rhein. Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 22 (Basel 1995) 11.

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Werner Meyer, Die Ausgrabungen der Burgruine Schiedberg. In: Burgenforschung in Graubünden. Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 4 (Olten 1977) 51. E 114. Günther Binding, Baubetrieb im Mittelalter (Darmstadt 1993) 155. Armand Baeriswil/Daniel Gutscher, Burgdorf Kornhaus. Eine mittelalterliche Häuserzeile in der Burgdorfer Unterstadt. Die Ergebnisse der Grabungen 1988/91. Schriftenreihe ADB (Bern 1995) 33. Thomas Bitterli-Waldvogel, Vom Kalkbrennen im Urnerland. Der Geschichtsfreund 143 (Stans 1993) 151. Das Löschen von Kalk ist recht gefährlich, weil das Löschwasser durch die exotherme chemische Reaktion stark erhitzt wird. Auch andere Überlegungen sprechen gegen das vorgängige Einsumpfen des gelöschten Kalkes. Das Lagern von Kalk in einer mit Wasser gefüllten Grube ergibt nur dann einen Sinn, wenn diese Prozedur über einen längeren Zeitraum erfolgt. Das Einsumpfen des Kalkes dient nämlich nicht nur zum Aufbewahren des Kalkes für den späteren Gebrauch (Branntkalk ist kein hydraulisches Bindemittel. D.h. Branntkalk bindet unter Wasser, wie beispielsweise Zement, nicht ab, sondern reagiert beim Abbindevorgang ausschliesslich mit dem CO2 der Atmosphäre). Das zweite, wohl weit wichtigere Ziel des Einsumpfens ist es, einen feinen, kalktreiberfreien Putz- oder Weisselkalk zu erhalten. Die Lagerung unter Wasser bewirkt nämlich nicht nur, dass mit der Zeit die kleinen, noch ungelöschten Komponenten, die sogenannten Kalktreiber, ebenfalls gelöscht werden, sondern sich auch alle ungebrannten und somit schwereren Partikel am Boden der Kalkgrube absetzen. Jürg Schneider / Daniel Gutscher / Hansueli Etter / Jürg Hanser, Der Münsterhof in Zürich. Bericht über die Stadtkernforschungen 1977/78. Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 9 (Olten 1982) Abb. 64, Typ B. Die Schmiedeessen wurden mit Holzkohle betrieben. Wie beim Branntkalk wurde auch in diesem Fall das leichtere Material, die im Kohlenmeiler aufbereitete Holzkohle, und nicht das viel schwerere Brennholz in die Nähe der Baustelle geschafft. Im Gegensatz zu den meisten anderen Materialien und Rohstoffen kann Holz durch Flössen oder durch Trift problemlos über weite Strecken transportiert werden. Vgl. dazu Stefan Brönnimann, Die schiff- und flössbaren Gewässer in den Alpen von 1500 bis 1800. Der Geschichtsfreund 150 (Stans 1997) 119–178. Meyer (Anm. 3) E 92. Beim Schmieden von glühendem Eisen oder Stahl entstehender oxydischer Überzug, der in Form kleiner Schuppen von der Oberfläche des Werkstücks abspringt. Thomas Bitterli-Waldvogel, Sondierungen auf dem Vierherrenplatz in Sursee. Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins 1980/4, 85–91. Es ist durchaus möglich, dass am Mauerfuss mehrere Bauhorizonte, entstanden bei verschiedenen, zeitlich auseinanderliegenden Putzvorgängen (Reparaturen), zu beobachten sind.

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Binding (Anm. 4) 401, Abb. 158. Werner Meyer, Brig, Salzhof. Bauuntersuchungen 1968/1970. Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins 1980/6, 112, Plan 2. Wie Beobachtungen am aufgehenden Mauerwerk zeigen, haben Gerüsthebellöcher oft nur geringe Durchmesser von 6 bis 8 cm. Die Tragkraft eines auskragenden Gerüstholzes von 7 cm Durchmesser und etwa 1 m Länge beträgt bei einer gleichmässig verteilten statischen Last etwa 80 kg. Eine Tragkraft, die für ein Maurergerüst eindeutig zu klein ist. Hebt nämlich ein Maurer von 70 kg Gewicht in einem Abstand von 60 cm zur Mauer einen Stein von 50 kg auf, muss ein frei auskragender Gerüsthebel bereits einen Durchmesser von 12,5 cm haben, ein Mass, das man bei Gerüsthebellöchern nicht häufig trifft. Es gilt m.E. zu überlegen, ob einige der bei verschiedenen Kirchengrabungen als letzte Spuren einer älteren Holzkirche gedeuteten Pfostenlöcher nicht die Abdrücke von senkrechten Gerüststangen sind. Jakob Obrecht, Archäologische Untersuchungen der unteren Burg zu Sarnen. Obwaldner Geschichtsblätter 17 (Sarnen 1988) 41. Der oft verwendete Ausdruck «Zimmermannszeichen» an Stelle von «Einschnitzzeichen» wird meistens nicht korrekt angewendet. Ein Einschnitzzeichen ist im Gegensatz zu einem Steinmetzzeichen nicht eine Art Unterschrift des Zimmermanns, sondern eine Montagehilfe für die vorgängig auf dem Reissboden zugerichtete (abgebundene) Balkenkonstruktion. Eine Ausnahme bildet die von Felix Nöthiger konservierte Turmruine Cagliatscha, GR. Vgl. dazu: Felix Nöthiger, Die Burgruine Cagliatscha GR. Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins, 1990/2, 60. Vgl. dazu: Jakob Obrecht, Die Rekonstruktion des Obergadens auf dem Meierturm von Silenen. Der Geschichtsfreund 148 (Stans 1995) 175–186. Heute werden zum Nageln von Schindeln Nägel mit einer Länge von 55 mm Länge und 1,8 mm Dicke benutzt. Vgl. dazu: Armin Müller, Der Schindelmacher deckt eine Alphütte. Sterbendes Handwerk 16 (Basel 1968) 144. Maurerknie: Abdruck vom entweder nackten oder mit einer Hose geschützten Knie des Maurers im frischen Verputz. Jakob Obrecht, Methoden zur Konservierung von Burgruinen. Ergrabung – Konservierung – Restaurierung. Fundberichte aus Österreich, Materialheft A2 (Wien 1994) 113.

Abbildungsnachweis: 5: Baeriswiyl, Kornhaus, 21. 6: Schneider/Gutscher, Münsterhof, 73, Abb. 64. 9: Thomas Bitterli. 1, 3, 4, 12, 16–25: Jakob Obrecht. 2, 7, 10, 11, 13, 14: Werner Meyer. Adresse des Autors: Jakob Obrecht Dipl. Ing. ETH Kapellenstr. 5 4402 Frenkendorf

Publikationen 50 Jahre/ans/anni/onns/years auf dem Weg in die Zukunft

Hrsg. von Beat Sitter-Liver und Carl Pfaff, in Zusammenarbeit mit Kathrin Pieren und Christiane Fux Chambovey. Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften, Bern 1997 – 315 S. ISBN 3-907835-10-7 Auf eine fünfzigjährige, reiche Geschichte durfte die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften 1996 zurückschauen. So soll der Jubiläumsband sowohl der Erinnerung als auch der Vergewisserung und kritischer Reflexion dienen. Der Band enthält unter dem Kapitel ‹Festakt› die Festansprachen von Carl Pfaff, Präsident der SAGW, Ruth Dreifuss, Conseillère fédérale, Horst Fuhrmann, Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Alex F. Muller, Président de la Conférence des académies scientifiques suisses. Festbeiträge lieferten Gérald Berthoud, Helga Nowotny, Beat Sitter-Liver, Dino Jauch und Bernard Cathomas. Im Pressespiegel sind 11 Beiträge versammelt. Zum Schluss folgt die Liste der Organe der Akademie und eine Übersicht über die Publikationen, die die SAGW unterstützt. Tilman Mittelstrass, Eschelbronn. Entstehung, Entwicklung und Ende eines Niederadelssitzes im Kraichgau (12.–18. Jahrhundert)

hang gebracht mit übergeordneten rechtlich-politischen Verhältnissen und besitzgeschichtlichen Ereignissen: mit Aussagen zum sozialen Milieu des Niederadels sowie zur Geschichte und zum Bauwesen des Mittelalters. Dabei wird die grosse Bandbreite der Beziehungsmöglichkeiten zwischen schriftlichen und archäologischen Quellen offenkundig. Vor dem Hintergrund seiner Sehweise der archäologischen Befunde als Relikt handelnder Menschen will der Autor dezidiert vergangene Wirklichkeit in ihrer historischen Einmaligkeit lebendig werden lassen. Dachstein – Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge. Band 2

Hrsg. von Günther Cerwinka und Franz Mandl. Mitteilungen der ANISA 18, 1997, Heft 1/2. Haus i.E. 1998 – 274 S. ISBN 3-901071-09-1 Ines Ruttner, Thomas Kühetreiber Die Burg Grabensee in Niederösterreich. Befunde und Funde der Grabungen 1961/62

Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich Beiheft 2-1998. Hrsg.: Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie. Wien 1998 – 52 Seiten und 15 Tafeln. ISBN 3-9500851-0-6

val Dubrovnik. Anu Mänd: Shooting the Bird an the Maigraf-Festival in Medieval Livonian Towns. Andrea Bräuning Um Ulm herum Untersuchungen zu mittelalterlichen Befestigungsanlagen in Ulm

Mit Beiträgen von Anke Burzler, Hansjörg Küster, Rainer Schreg, Richard Vogt. Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg, Band 23. Hrsg. von Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag Stuttgart, 1998 – 176 Seiten. ISBN 3-8062-1396-8 Kurt Bors Neue Perspektiven zur Siedlungsgeschichte des nördlichen Waldviertels

Archäologisch-geographische Untersuchungen im Raum Raabs/Karlstein/Thaya. Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde, Band 25. Hrsg. von Anton Eggendorfer und Willibald Rosner. Wien 1998 – 215 Seiten. ISBN 3-85006-096-9

Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 17. Hrsg. vom Landesdenkmalamt BadenWürttemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1996 – 312 S. und 22 Beilagen in Kartonschuber. ISBN 3-8062-1179-5

Medium aevum quotidianum 38, 1998: History of Daily Life: The Variety of Approaches

Château Gaillard XVIII Etudes de castellologie médiévale. Actes du colloque international tenu à Gilleleje (Danemark), 23–30 août 1996

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Publ. Centre de recherches archéologiques médiévales Université de Caen (Caen 1998) – 274 pages.

Die Auswertung der Grabung Eschelbronn versucht, über eine Synthese von Archäologie und Geschichte zu einem historischen Gesamtbild zu gelangen, das vollständiger, vielseitiger und runder ist, als es jede der beiden Disziplinen allein für sich zu zeichnen vermag. Der Ertrag der Arbeit ist daher vor allem im Bereich der Kultur- und Landesgeschichte zu sehen. Die Grabungsergebnisse werden in den durch die Befunde vorgegebenen Rahmen gestellt und in Zusammen-

Françoise Piponnier: L’histoire de la vie quotidienne au Moyen Âge. Gerhard Jaritz: Geschichte des Alltages im Mittelalter – eine Herausforderung zur komparativen Forschung. Axel Bolvig: Medieval Images and the History of Everyday Life. Norbert Schnitzler: «Reality» of Images – «Realities» of Law. Melitta Weiss Adamson: Researching the Diet of Medieval Germany: Possibilities and Limitations of Written Sources an Material Evidence. Gordan Ravancic: Crime in Taverns of Late Medie-

Susanne Arnold: Befunde von Brückenkonstruktionen aus Holz an zwei mittelalterlichen Burgställen in Nordwürttemberg. André Bechtold/ Alfons Zettler: Gelnhausen, eine Grossbaustelle Friedrich Barbarossas. Lawrence Butler: Masons’Marks in Castles: a key to building practices. Michel Colardelle et al.: Le chantier de construction de l’habitat fortifié de Charavines (France, XIe siècle). Johnny de Meulemeester: le château à motte comme chantier. Philip Dixon: Design in Castle-

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building: the controlling of access to the Lord. Tomas Durdik: Archäologische Belege von Fachwerkkonstruktionen auf böhmischen Burgen. Oystein Ekroll: Norwegian medieval Castles: building on the edge of Europe. Peter Ettel: Karlburg – Entwicklung eines königlich-bischöflichen Zentralortes am Main mit Burg und Talsiedlung vom 7. bis zum 13. Jahrhundert. Richard Fawcett, Castle and church in Scotland. Anne-Marie Flambard Hericher, La construction dans la basse vallée de la Seine: l’exemple du château de Vatteville-laRue (Seine-Maritime). Hans-Wilhelm Heine, Die ‹Posteburg› bei Schmarrie, Landkreis Schaumburg. Niels-Knud Liebgott: Brick-making an Castle-building. Conleth Manning: Dublin Castle: the building of a royal castle in Ireland. Werner Meyer: Burgengründungen: Die Suche nach dem Standort. Mats Mogren: Northern Timber Castles – shortlived but complex. Some examples from the southern Swedish taiga. Anne Norgard Jorgensen: The Kanhave Canal on Samso – new investigations. Anne Norgard Jorgensen: Off-shore defensive works in Denmark Ad 200–1300. Jakob Obrecht: Handwerkerspuren am Rohbau der Burg. Geoffrey Parnell:

Ordnance storehouses at the Tower of London, 1450–1700. Tadesusz Poklewski-Zoziell, Le vocabulaire castellologique dans les sources médiévales polonaises et la réalité archéologique. Denys Pringle, A castle in the sand: mottes in the crusader east. Ben Roosens: the transformation of the medieval castle into an Early Modern Fortress in the 16th century. Some examples from the southern border of the Low Countries, Renty and Namur. Beate Schmid: Die Ruine Landskron in Oppenheim am Rhein. Rainer Schulz: Stolpe, eine Turnburg des späten 12. Jahrhunderts an der Oder – Eine Befestigung der Dänen in Pommern gegen die Markgrafen von Brandenburg? P. D. Sweetman: The delevopment of Trim Castle in the light of recent research. Josiane Teyssot: Les forteresses urbaines: les châteaux de Riom et de Montferrand en Auvergne aux XIVe–XVe siècles. Robert M.Van Heeringen: The construction of Frankisch circular fortresses in the province of Zeeland (SW Netherlands) in the end of the ninth century. Dorthe Wille-Jörgensen: Recent Excarvations at Vordingborg Castle. John Zimmer: Zur Wahl des Burgbauplatzes an den Beispielen von Luxemburg, Vianden, Befort und Fels.

Hornstein – Beiträge zur Geschichte von Burg, Familie und Herrschaft

Hrsg. von Stefan Uhl und Edwin E. Weber, Förderverein Ruine Hornstein e.V. – 448 Seiten, gebunden. DEM 39.50. ISBN 3-00-002201-5 Burg Hornstein – eine der grössten Burg- und Schlossruinen der schwäbischen Alb – präsentiert sich zum Abschluss der zehnjährigen Sanierungsarbeiten nunmehr dem breiten Publikum in einer umfassenden Publikation, in welchem Historiker, Bauund Heimatforscher neue Erkenntnisse zu Herkunft und Schicksal des gleichnamigen Adelsgeschlechts vorstellen. Darüber hinaus wird die Baugeschichte der Burganlage über sieben Jahrhunderte bis zur Nutzung als preussisches Staatsgefängnis erzählt, und es werden die Umstände und Hintergründe des Abbruchs im Jahr 1873 umfassend dargelegt.

Vereinsmitteilungen Vorstand des Schweizerischen Burgenvereins (1. 9. 1998)

Präsident Dr. Heinrich Boxler, Im Hölzli 19, 8706 Feldmeilen, 01 923 41 34 Ehrenpräsident: Prof. Dr. Werner Meyer, Hammerstrasse 24, 4058 Basel, 061 271 74 06 Vizepräsidenten: Dr. Renata Windler, Kantonsarchäologie, 8090 Zürich, 01 259 29 61 Urs Clavadetscher, lic. phil., Archäologischer Dienst GR, Schloss Haldenstein,7023 Haldenstein, 081 257 27 81

Quästor Martin Baumgartner, lic. iur., Treuhandgesellschaft BKC, Balderngasse 9, 8001 Zürich, 01 221 39 31/47 Redaktion und Geschäftstelle Thomas Bitterli, lic. phil., Blochmonterstrasse 22, 4054 Basel, 061 361 24 44 / 393 94 05 (Fax)

Weitere Mitglieder François Christe, Bureau d’archéologie monumentale et urbaine, 3, place du Château, CP 179, 1000 Lausanne 17, 021 316 73 62

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Hansjörg Frommelt, Landesarchäologie Liechtenstein, Postfach 417, FL-9495 Triesen, 075 236 75 31 Dr. Daniel Gutscher, Archäologischer Dienst Kanton Bern, Thunstr. 18, 3005 Bern, 031 633 55 21 Daniel de Raemy, 15, ch. du Château, 1422 Grandson, 024 446 24 68 Dr. Hans Rutishauser, Denkmalpflege Graubünden, Loestr. 14, 7001 Chur, 081 257 27 92 Dr. Jürg Schneider, Witikonerstr. 502, 8053 Zürich, 01 422 32 14

Jahresversammlung 1998 in Baden

Rücktritt aus dem Vorstand

Zürcher Vortragsreihe 1998/1999

Peter Kaiser Am Samstag 29. Aug. 1998 haben sich rund 50 Personen im Casino-Saal von Baden versammelt. Nach einer Einführung in die Geschichte von Baden wurden die Mitglieder des Vereins durch Peter Frey, Mitarbeiter der Kantonsarchäologie Aargau, auf den Stein und durch die Altstadt geführt. Die ordentliche Generalversammlung fand im Tagsatzungssaal statt, und wurde von 48 Mitgliedern besucht. Auf Vorschlag des Vorstandes wurde als neues Vorstandsmitglied Dr. Daniel Gutscher (Bern) gewählt. Er ersetzt den zurückgetretenen Peter Kaiser (Aarau). Die mehrfach angekündigte Jahresgabe 1996/97 ist nun unter dem Titel «Heidenhüttli» erschienen und rechtzeitig vor der Generalversammlung allen Mitgliedern zugesandt worden. Die nächste Jahresgabe 1998 ist der Burg Wulp bei Küsnacht/ZH gewidmet und soll im Dezember erscheinen. Nach rascher Erledigung der anstehenden Traktanden wurde den Mitgliedern des Vereins von der Stadt Baden ein Apéro im Stadthaus serviert. Den Abschluss des Versammlungstages bildete ein kommentierter Rundgang durch das neu eingerichtete Historische Museum Baden im Landvogteischloss. Am Sonntag trafen sich 42 Personen in Baden, um an der Exkursion teilzunehmen. Erste Station war das neu renovierte Kloster Wettingen, wo die Mitglieder eine gute Einführung in das Klosterleben und in die Bauweise der Zisterzienser erhielten; geführt wurden sie von Dr. Peter Hoegger. Danach besuchten sie die Ruine Freundenau bei Stilli. Um die Mittagszeit traf die Reisegruppe in Frick ein, wo sie nach reichlichem Mahl zur Ruine Urgiz wanderten. Den Abschluss des Exkursionsprogrammes, alles von Peter Frey geführt und kommentiert, bildete die Ruine Schenkenberg. (TB)

Donnerstag, 10. Dezember 1998 Nach 17jähriger Mitarbeit im Vorstand hat lic. phil. Peter Kaiser auf die Jahresversammlung 1998 hin seinen Rücktritt aus dem Vorstand erklärt. Bereits während seiner Studienzeit war Peter Kaiser 1981 in den Vorstand gewählt worden, wo er sich bald als gewiefter Organisator von Exkursionen, Jahres- und Frühjahresversammlungen einen Namen machte. Seine Unternehmungen waren nicht nur stets minutiös vorbereitet und kompetent kommentiert; oftmals überraschte er die Teilnehmer auch mit Spezialeinlagen, so etwa, als am Greyerzersee plötzlich eine Reihe privater Boote bereitstand, um die Teilnehmer der Exkursion zur Burgruine Pont-enOgoz überzusetzen. Peter Kaiser engagierte sich nicht nur in der Kommission für Öffentlichkeitsarbeit. Wiederholt übernahm er auch Redaktionsarbeiten für Zeitschrift und Jahresgaben und steuerte eigene Artikel bei. In neuester Zeit war er treibende Kraft in den Bestrebungen, dem Burgenverein den Anschluss ans Internet zu verschaffen, was zu positiven Reaktionen von jüngeren Interessenten geführt hat. Ein engagierter und humorvoller Vorstandskollege verlässt uns. Wir danken Peter Kaiser für seinen Einsatz durch all die Jahre hindurch und freuen uns, dass er weiterhin bereit ist, Zeit und Know-how für einzelne Vereinsaufgaben zur Verfügung zu stellen. Heinrich Boxler

Dr. des. Christine Keller (Zürich) Leben und Wohnen im spätmittelalterlichen Zürich

Donnerstag, 14. Januar 1999 Dr. Daniel Gutscher (Bern) Dr. Kathrin Utz Tremp (Freiburg i/Ue) Wallfahrt der totgeborenen Kinder: das Marienheiligtum von Oberbühren in archäologischer und historischer Sicht.

Donnerstag, 18. Februar 1999 lic. phil. Andrea Tiziani (Winterthur) Das Städtchen Rheinau im Machtspiel zwischen Abt und Adel

Samstag, 5. Juni 1999 Nachmittags-Exkursion nach Rheinau. Nähere Angaben folgen noch in der nächsten Nummer. Die Vorträge finden statt um 18.15 Uhr in der Universität Zürich-Zentrum, Hörsaal 221. Für den Schweizerischen Burgenverein Dr. Renata Windler Dr. Heinrich Boxler

Schweizerischer Association Suisse Associazione Svizzera Associaziun Svizra

Burgenverein des Châteaux forts dei Castelli da Chastels