Sonderausgabe November 1999

MAGAZIN

Wirtschaftsstandort Neue Länder Zehn Jahre danach – eine Bilanz

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Wirtschaftsstandort Neue Länder Zehn Jahre danach – eine Bilanz

Leitartikel

JÜRGEN SCHREIER

Ein neues Spiel, ein neues Glück? Zehn Jahre Mauerfall werden dieser Tage gefeiert: Doch der rechte Frohsinn will nicht aufkommen. Rasch, zu rasch, ist sie gewichen, die Euphorie der Wendezeit. Der selbsttragende Wirtschaftsaufschwung läßt bis heute auf sich warten, und auch „gefühlsmäßig“ haben die Deutschen-Ost und -West kaum zueinandergefunden. Im Gegenteil: Eher haben sie sich, wie Umfragen von Sozialforschern zeigen, auseinander- als zusammengelebt. Was sie eint, ist die Unzufriedenheit. Im Osten ist sie noch größer als im Westen. Vom „Wessi“ zum ewigen „Kostgänger“ abgestempelt, rekultiviert der „Ossi“ alte Denkmuster, wie etwa das der Notgemeinschaft. Die Wahlerfolge der PDS – von der sozialistischen Arbeiter – zur ostdeutschen Milieupartei mutiert sprechen Bände. Statt Aufbruchstimmung: Ernüchterung, ja Enttäuschung allerorten. Auch bei Leipzigs Messemachern ist nach furiosem Start auf dem neuen Messegelände rasch Ernüchterung eingekehrt. Die gute alte „Leipziger Messe“, einst die Nummer 1 im RGW, war mit dem Ende des RGW ebenfalls am Ende. Die Neuauflage trug nicht: Die „Mutter aller Messen“ verschwand schließlich im Schlagschatten ihrer jüngeren Tochter in Hanno-

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ver. Messeflop folgte dann auf Messeflop. Das schönste Messegelände der Welt, wie es gelegentlich apostrophiert wird, war nur selten ausgelastet. Kaum eine Veranstaltung in Leipzig kam über das Niveau der Regionalmesse hinaus. Und genau das soll sich nun ändern. Leipzig solle wieder ein wichtiger internationaler Messestandort werden, verkündet Leipzigs neuer Messechef Werner Mathias Dornscheidt – ein alter „Messehase“ aus Düsseldorf. Nicht mehr Ossiland, sondern Euroland ist denn auch der Zielmarkt der neuen Zuliefermesse, die vom 21. bis 23. Juni kommenden Jahres unter dem kryptischen Namen „Z 2000“ an den Start gehen wird. Mit 300 Ausstellern rechnen die Projektverantwortlichen. Geboten wird das komplette Programm – von der Metallverarbeitung über die Elektrotechnik bis zu neuen Werkstoffen. Systemlieferanten und Finalproduzenten wünscht man sich als Messebesucher. Wichtigster Bestandteil der „Z 2000“ ist das Zulieferforum „Ibex Eurocontract Leipzig“, das von der EU gesponsort wird. Rund 350 kleine und mittelständische Zulieferer will es mit potentiellen Abnehmern aus ganz Europa zusammenführen und ihnen auf diese Weise den Zugang zum europäischen Markt erleichtern. Ein neues Spiel, ein neues Glück? Hoffen wir’s, daß es diesmal klappt!

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Wirtschaftsstandort Neue Länder Zehn Jahre Mauerfall

INHALT Leitartikel Dr. Reinhard Stransfeld, VDI/VDE:

Neues Spiel, neues Glück?

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Gesellschaft in Wandel

„In den neuen Ländern wird immer noch ein Drittel mehr ausgegeben als eingenommen.“

Netzwerk plus Die Stadtwerke Halle/Saale setzen auf Kreislaufwirtschaft: Deshalb sollen der Hafen Halle-Trotha und die angeschlossene Deponie Halle-Lochau zu einem Zentrum für die Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe und Altstoff-Recycling umgewandelt werden.

Seite 20

Seite 50

Bildchronik: Zehn Jahre Mauerfall 6 Blockade im Kopf: Die soziokulturelle Einheit kommt nur langsam voran 8 Im Osten wenig Neues: Strukturwandel bremst Wirtschaftswachstum 14 Ostförderung: Ein Auslaufmodell? 20

Regionen im Wandel Region Zukunft: Brandenburg 24 Jena: Kompetenzzentrum für Optoelektronik 30 InnovationsWerkStadt: Chemnitz – Standort für moderne Fertigungstechnik

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Netzwerk plus: Hafen Halle/Saale geht neue Wege bei der Industrieansiedlung

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Unternehmen im Wandel En Miniature Den Verbundwerkstoffen hat man sich beim Forschungsinstitut für Nichteisen-Metalle im sächsischen Freiberg verschrieben. Dabei werden diese Werkstoffe nicht nur entwickelt, sondern auch in begrenztem Umfang hergestellt.

Seite 65

Rand Worldwide, Böhlitz-Ehrenberg Zehdenick Electronic, Zehdenick BuS Elektronik, Riesa Forschungsinstitut für NE-Metalle, Freiberg/Sachsen ADVA Optical Networking, Meiningen LLT Applikation, Ilmenau Werner Dreh- und Schweißtechnik, Niedertrebra Menz Stahlwaren, Benshausen

56 60 62

Stichwortverzeichnis Inserentenverzeichnis Impressum

86

65 68 70 72 74

89 90

Wirtschaftsentwickler Dr. Bernd Lange: „Unter Beschäftigungsaspekten brauchen wir in Chemnitz eine Ergänzung. Eine solche sehe ich in innovativen Dienstleistungen.“

Seite 42

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Zehn Jahre Mauerfall – Nur wenige Wochen nach den Feiern zu ihrem 40jährigen Bestehen der DDR fällt die Mauer. Begonnen hat alles mit der Flucht hundertausender DDR-Bürgern über die Nachbarländer in den Westen. Unter dem Druck der Straße öffnet die DDR am 9. November 1989 ihre Grenzen. Ein Jahr später, am 3. Oktober 1990 sind beide deutsche Staaten wieder vereint.

23. 10. 1989:

29. 9. 1989:

7. 11. 1989:

Ausreisewillige DDR-Bürger steigen mit ihren Kindern über den Zaun der bundesdeutschen Botschaft in Prag.

Die gesamte DDR-Regierung tritt zurück. Auch das Politbüro beschließt seinen Rücktritt.

Leipzig erlebt die größte Protestdemo der DDR-Geschichte. Erstmals berichtet das DDR-Fernsehen live vom Ort des Geschehens. Auf Transparenten wird Reisefreiheit gefordert.

4. 11. 1989: Die ersten DDR-Flüchtlinge in der Prager Botschaft der Bundesrepublik reisen mit Sonderzügen aus.

5. 11. 1989: Am Grenzübergang im Schirnding (Bayern) stauen sich die TrabiKolonnen.

8. 11. 1989: 5. 10. 1999: Dichtes Gedränge herrscht auf dm Bahnsteig in Hof/Bayern, als rund 8000 DDR-Übersiedler mit Sonderzügen aus Prag eintreffen.

7. 10. 1989: 40. Jahrestag der DDR. In Berlin wimmelt es vor Polizei und Stasi. Um 10 Uhr beginnt die Militärparade vor der Tribüne des Politbüros. Am Nachmittag gibt es erste Proteste. Am frühen Abend bewegt sich ein Demonstrationszug zum Palast der Republik. Am Abend kommt es zu massiven Gewaltakten durch die Sicherheitskräfte.

Kurz vor Ende einer Pressekonferenz in Berlin, die um 17 Uhr begann, teilt Günter Schabowski den erstaunten Journalisten mit, daß ab sofort Westreisen für jedermann möglich seien. Viele DDRBürger sehen dies im Fernsehen. Gegen 21.30 Uhr stürmen die ersten DDR-Bürger in den Westen. Die Mauer ist gefallen.

10. 11. 1989: Mauerspechte klopfen Stücke aus der Berliner Mauer. Andernorts werden die Grenzkontrollstellen einfach überrannt.

In einer Erklärung des Politbüros, verbreitet über das Fernsehen, wird erstmals die Ausreisewelle erwähnt.

Am Abend wählt die Volkskammer mit einer Gegenstimme Hans Modrow zum Ministerpräsidenten der DDR.

18. 10. 1989:

31. 12. 1989:

Um 14.27 tritt SED-Generalsekretär Erich Honecker – angeblich aus gesundheitlichen Gründen – zurück. Neuer Generalsekretär wird Egon Krenz.

Feier am Berliner Reichtagsgebäude. Es herrscht ausgelassene Stimmung.

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Bilder: DPA

13. 11. 1989: 11. 10. 1989:

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Eine Chronik in Bildern

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Gesellschaft im Wandel

Bild: Kneffel/dpa

Ein Trabi läßt sich bequem „entsorgen“, die eigene Vergangenheit dagegen nicht.

Blockade im Kopf J Ü RG EN SC HR EIER

Die soziale und kulturelle Integration der neuen Länder vollzieht sich schleppend Der Zusammenbruch der Ost-Wirtschaft nach der Währungsunion, hat auch die Sozialstruktur ins Wanken gebracht. Die ostdeutsche Gesellschaft, über Jahre hinweg eher eine Notgemeinschaft, sah sich plötzlich einem Modernisierungsschock ausgesetzt, von dem sie sich bis heute noch nicht erholt hat.

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I

m Nachhinein mag man fast bedauern, daß aus der „Grenze 2000“ nichts wurde, denn dann hätte man die Berliner Mauer im November 1989 einfach abschalten können. Seit Mitte der neunziger Jahre forschten Mielkes Mannen, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ kürzlich berichtete, an einer Art HighTech-Grenze, um das schwer lädierte Ansehen der DDR im Ausland aufzupolieren. Mit Infrarotsensoren und Mikrowellenschranken sollten potentielle Republikflüchtlinge am Verlassen des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutscher Erde zu hindern. Ein Druck auf den Ausschaltknopf hätte genügt, und der „Eiserne Vorhang“ wäre wie von Geisterhand verschwunden. Als eine Periode des Verschwindens und Neuentstehens charakterisiert der

an der TU Dresden lehrende Historiker Stefan Wolle die Zeit nach dem Mauerfall: „Es verschwanden die Symbole und Uniformen der DDR, die zahlreichen Polizeikontrollen und die blauen Hundert-Mark-Scheine mit dem bärtigen Antlitz von Karl Marx. Es verschwanden die Goldpapiertüten mit Mokka-Fix, die Jugend-Mode-Läden, die grünen SV-Ausweise und die Klappkarten der Stasi. Es verflüchtigte sich auch der spezifische DDR-Geruch, dessen genaue Zusammensetzung wohl für immer unerforscht bleiben wird. Es verschwand der barsche und belehrende Tonfall der Verkäuferinnen, Kellner und Volkspolizisten. Schließlich entstand Neues; die gleichen Kosmetikgeschäfte, Pizza-Buden, Fast-Food-Ketten und Supermärkte wie in Düsseldorf oder Hamburg.“ Sprich: Der Westen wurde in den Osten transportiert, aber so lautlos (und schmerzlos) wie erhofft, sollte sich die Transformation des östlichen Lebensstils in den westlichen dann doch nicht vollziehen. Mit dem rasanten Niedergang der DDR-Wirtschaft seit der Wirtschafts- und Währungsunion, geriet auch das ostdeutsche Sozialgefüge aus dem Takt. Im Zuge der Einheit verschwanden nicht nur die Symbole des Staates DDR, die Mokka-Fix-Tüten, der HamburgerErsatz „Grilletta“ oder die beliebte Schlager-Süßtafel. „Es verschwanden auch“ so Wolle, „die sicheren Arbeitsplätze, die Nestwärme des Kollektivs, die enge, aber überschaubare Welt des Realsozialismus.“

Mit dem Mauerfall begannen die Probleme De facto war die staatliche Einheit Deutschlands am 2. Oktober 1990 Schlag Mitternacht wieder hergestellt. „Doch die Probleme auf dem Weg zur inneren Einheit begannen jetzt erst richtig“, resümiert der Berliner Geschichtswissenschaftler und Publizist Ulrich Schlie. „In vier Jahrzehnten war die Entwicklung in beiden Teilen MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Gesellschaft im Wandel

Aufbau-Erfolge – Frage an Ostdeutsche: „Kann man hier in der Gegend schon feststellen, daß es wieder aufwärtsgeht im Land?“ Antworten

1991 Sept.

1992 Mai

1992 Juni

1993 Nov.

1994 April

1994 Sept.

Ja, kann man sehen

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55

52

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Nein, kann man nicht sehen

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34

36

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Weiß nicht Summe

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7

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11

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100

100

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Quelle: Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie, Bd. 10

Deutschlands auseinandergelaufen. Im Osten war eine Nischengesellschaft entstanden, die im Rückzug ins Private die einzige Möglichkeit gesehen hatte, sich dem Totalitätsanspruch der sozialistischen Einheitspartei zu entziehen. Die Erwartungen der Ostdeutschen an die Segnungen der freien Marktwirtschaft waren hoch, die Enttäuschung über die Erfahrung, daß der westliche Teil Deutschlands doch nicht das ersehnte Schlaraffenland darstellte, eine um so bitterere Konfrontation mit der Wirklichkeit.“ Ähnlich sieht es Bundestagspräsident Wolfgang Thierse: „Die Mehrheit der Ostdeutschen wollte nicht nur die politischen Verhältnisse, nicht nur die Freiheit des Westens, sie wollte auch die Art von materiellen, kulturellen Verhältnissen, jene Art von Konsum – sie wollte möglichst schnell so sein wie die da im Westen“, meint der Politiker. Doch mit dem Wachstum der Arbeitslosigkeit wuchs auch die Enttäuschung über das westliche System.

„DDR heißt Sicherheit ohne Freiheit, Bundesrepublik Freiheit ohne Sicherheit.“ Auf diese griffige Formel bringt der Heidelberger Soziologieprofessor Wolfgang Schluchter den fundamentalen Unterschied beider politischer Systeme. „Die Solidarität der Notgemeinschaft löste sich auf. Viele der alten privaten Netzwerke zerfielen, teilweise auch deshalb, weil der Markt nun einen Teil ihrer alten Funktionen übernommen hatte.“ Man könne sich die Veränderungen des ostdeutschen Alltags nach der Wirtschafts- und Währungsunion nicht radikal genug vorstellen, gibt der Heidelberger Sozialforscher zu bedenken: „Fast nichts mehr blieb, wie es war.“

Soziale Ungleichheit wird zur persönlichen Die DDR-Gesellschaft wurde kurzerhand vom Kopf auf die Füße gestellt, um eine Metapher des seligen Karl Marx zu verwenden. Von „nachholender Modernisierung im Zeitraffer-

Ostdeutschland Obere Mittel- und Oberschicht

2% 37%

Mittelschicht Unter- und Arbeiterschicht

61%

Westdeutschland Obere Mittel- und Oberschicht

13%

Unter- und Arbeiterschicht

25%

Bild: Schluchter

62%

Mittelschicht

Subjektive Schichteinstufung in Ost- und Westdeutschland. MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Gesellschaft im Wandel

Westdeutschland

Ostdeutschland

Zustimmung in % Nur wenn die Unterschiede im Einkommen und im sozialen Ansehen groß genug sind, gibt es auch einen Anreiz für persönliche Leistungen.

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Das Einkommen sollte sich nicht allein nach der Leistung des Einzelnen richten. Vielmehr sollte jeder das haben, was er mit seiner Familie für ein anständiges Leben braucht.

Bild: Datenreport 1992/Schluchter

Der Staat muß dafür sorgen, daß man auch bei Krankheit, Not, Arbeitslosigkeit und im Alter ein gutes Auskommen hat.

49

47

91

99

Die Rangunterschiede zwischen den Menschen sind akzeptabel, weil sie im wesentlichen ausdrücken, was man aus den Chancen, die man hatte, gemacht hat.

53

Was man im Leben bekommt, hängt gar nicht so sehr von den eigenen Anstrengungen ab, sondern von der Wirtschaftslage, der Lage auf dem Arbeitsmarkt, den Tarifabschlüssen und Sozialleistungen des Staates.

56

Ich finde die sozialen Unterschiede in unserem Land im großen und ganzen gerecht.

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Fachliche Qualifikationen wurden entwertet 74

48

15

Einstellungen gegenüber sozialer Ungleichheit.

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einer klassischen Arbeitergesellschaft. „Insgesamt“, so die Erkenntnis von Soziologe Schluchter, „schätzt sich die ostdeutsche Bevölkerung im vereinten

Zufriedenheit in Ost und West Werteskala von eins bis zehn: 0 = ganz und gar unzufrieden 10 = ganz und gar zufrieden 7,5 West Ost 7,0

6,5

Bild: Focus

tempo“ spricht der an der Universität Siegen lehrende Soziologe Rainer Geißler, die verbunden gewesen sei mit Umschichtungen und einer systematischen Umverteilung von Privilegien. „Die realsozialistische Ungleichheit transformiert sich in die sozialstaatliche Struktur personeller Ungleichheiten.“ Oder weniger abstrakt formuliert: Die sozialen Ungleichheiten zwischen zwei konkurrierenden Gesellschaftsmodellen haben sich bildlich gesprochen über Nacht in Ungleichheiten zwischen Menschen verwandelt, die jetzt derselben Gesellschaft angehören. Nach der deutschen Wiedervereinigung abgefragte subjektive Schichteinstufungen ergaben für Westdeutschland die typische „Zwiebelform“ einer modernen Mittelschichtgesellschaft, für den deutschen Osten hingegen die pyramidenförmige Schichtstruktur

Deutschland als unterprivilegiert ein“. Dabei vergleichen die Ostdeutschen ihre aktuelle sozioökonomische Situation aber nicht mit den Verhältnissen in der DDR und auch nicht mit der ihrer osteuropäischen Nachbarn. Als Vergleichsbasis wird vielmehr Westdeutschland herangezogen. „In diesem Referenzsystem“, weiß Schluchter, „fühlen sie sich relativ depriviert.“ Sein Kollege Rainer Geiler erkennt in dieser Ost-West-Differenz ein Problem von höchster Brisanz, selbst wenn sich die Wohlstandsschere inzwischen zu schließen beginnt. „Die Ostdeutschen sehen sich einem regelrechten Modernisierungsschock ausgesetzt, der in hohem Maße ihr Befinden beeinträchtigt“, argumentiert der Siegener Wissenschaftler.

6,0 1994

1999

2004

Der „Ossi“ ist heute zwar zufriedener als 1994, doch deutlich unzufriedener als der „Wessi“.

Zu den gravierendsten Erscheinungen gehören in diesem Zusammenhang die Turbulenzen auf dem Arbeitsmarkt. Bis Sommer 1992 war ein Drittel der Arbeitsplätze in Ostdeutschland verschwunden. Und auch vom Rest konnte nur jeder Dritte Arbeitsplatz durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen erhalten werden. Nicht nur objektiv ist das Risiko des Arbeitsplatzverlustes in den neuen Ländern wesentlich größer als im Westen. Auch psychologisch trifft dieses Risiko die Ostdeutschen stärker als die „Wessis“. Denn Arbeit war für den DDR-Bürger stärker Lebensmittelpunkt als für den tendenziell freizeitorientierten Westdeutschen. Hinzu kommt, daß mit dem Verlust des Arbeitsplatzes im Osten Elemente der sozialen Integration verloren gingen wie die Einbindung in das Arbeitskollektiv, die in dieser Form im Westen unbekannt waren. Als weitere Unsicherheiten führt Geißler an: j Die Entwertung fachlicher, sozialer, moralischer und politischer Qualifikationen, die eng an das SED-System gekoppelt waren. j Identitätsprobleme und -krisen durch die weitgehende materielle und moralische Entwertung der bisherigen Lebensleistung. j Ein hohes – inzwischen allerdings rückläufiges Maß an allgemeiner MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Gesellschaft im Wandel

Von der Ungleichartigkeit zur Ungleichwertigkeit Auch die bekannten Stereotypen vom „Besser-Wessi“ und „JammerOssi“ sind bis heute erhalten geblieben, wie kontinuierliche Untersuchungen des Allensbacher Instituts und anderer Sozialforschungseinrichtungen zeigen – trotz des wirtschaftlichen Aufholprozesses. Der SPD-Politiker Wolfgang Thierse, ein gelernter Kulturwissenschafter, ist sogar überzeugt, „daß die gegenseitigen Vorbehalte eher zu- als abnehmen.“ Rund zwei Drittel der Ostdeutschen fühlen sich nach dem „Sozialreport 1998“ inzwischen nicht als Bundesbürger – und wenn, dann lediglich als Bürger zweiter Klasse. Im Westen dagegen, so Ulrich Schlie, „trat an die Stelle der Freudentränen und des Begrüßungsgeldes in den Tagen der Euphorie des Umbruchs bald die Ernüchterung über die Kosten der Einheit.“ Der ökonomisch-politische Gegensatz zwischen Ost und West werde, so der Siegener Soziologe MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Rainer Geißler, „geprägt durch die Dialektik von westdeutscher Dominanz und ostdeutscher Deklassierung.“ Die Begriffe „Wessi“ und „Ossi“ stehen somit nicht nur für Ungleichartigkeit, sondern auch für Ungleichwertigkeit. Geißler: „Die westdeutsche Dominanz in nahezu allen Lebensbereichen hatte zur Folge, daß eine große Mehrheit der Ostdeutschen die deutsche Einheit als allgemeine Entwertung und Ausgrenzung empfand, als ökonomische, soziale, kulturelle und politische Deklassierung“. Und so fühlt sich die ostdeutsche Bevölkerung nach der Vereinigung „erneut im Zustand der Notgemeinschaft“, wie der Heidelberger Sozialforscher Schluchter diagnostiziert. Es handele sich dabei um eine Art Betroffenheitsmentalität, die sich aus dem Ost-West-Gegensatz nähre, aber alte Muster perpetuiere. Soziale Ungleichheit werde in Ost und

Welche Werte haben künftig Bedeutung? Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen

West Ost

Kinder

85 90

Bildung

81 84

Familie

81 85 74 76

Freundschaft persönliche Freiheit

69 67

soziale Gerechtigkeit

80 87

Gleichheit vor dem Gesetz

74 86

Chancengleichheit

70

Pflichtbewußtsein

70 75

Recht und Ordnung

67

84

82 65 72

Fleiß religiöse Lebensführung

36 19

Ost und Westdeutsche haben ähnliche Wertvorstellungen. Doch werden Chancengleichheit sowie Recht und Ordnung im Osten höher bewertet als im Westen. Geringer ist im Osten die Bedeutung einer religiösen Lebensführung.

Bild: Emnid/Focus

Orientierungslosigkeit, das sich unter anderem in politischem Radikalismus äußern kann. Durch den rapiden Anstieg der Löhne und Gehälter hat sich die materielle Situation in den neuen Ländern spürbar verbessert, wobei man aber nicht vergessen sollte, daß viele Familien immer noch unter den finanziellen Folgen der Arbeitslosigkeit zu leiden haben. Einen enormen Qualitätssprung hat es auch beim Konsumund Dienstleistungsangebot gegeben. Ähnliches gilt für die Ausstattung der Haushalte mit privaten Kraftfahrzeugen, Unterhaltungselektronik, „weißer Ware“ und moderner Telekommunikationstechnik. Spürbar verbessert hat sich ferner die Wohnsituation der meisten Ostdeutschen. Dennoch klafft zwischen Deutschland-Ost und -West eine beträchtliche „Zufriedenheitslücke“. Während der DurchschnittsWessi nach Untersuchungen des Leipziger Psychologen Elmar Brähler mit seiner gegenwärtigen Situation durchaus zufrieden ist und recht optimistisch in die Zukunft blickt, gibt sich der Ostdeutsche bestenfalls gedämpft optimistisch.

West her dem Prinzip „Jeder nach seinen Fähigkeiten“ zugeschrieben, im Osten dem Grundsatz „Jeder nach seinen Bedürfnissen“. Während die Westdeutschen das individualistischer dächten, dominiere in „ostdeutschen Köpfen“ eher das kollektivistische, versorgungsbezogene Denkmuster. Für den Theologen Dr. Erhardt Neubert, derzeit Direktor beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, spiegelt sich darin „die auffällige Vorliebe der Ostdeutschen für die Werte von Geborgenheit, Sicherheit und Kontinuität“ wider – eine These, die eine vom Nachrichtenmagazin „Focus“ in Auftrag gegebene Untersuchung des Emnid-Instituts tendenziell bestätigt. Recht und Ordnung wird jenseits der Elbe wesentlich höher bewertet als im Westen der Republik. Soziologe Geißler erkennt darin „Nachwehen“ der realsozialistischen Gesellschaft mit ihrer stark ausgeprägten Gleichheitsidee und der größeren zwischenmenschlichen Solidarität. Letztere resultierte allerdings auch, gibt der Siegener Soziologe zu bedenken, „aus der Mangelsituation im DDR-Alltag, wo mehr Menschen auf gegenseitige Unterstützung und Hilfe angewiesen waren als in der vergleichsweise individualistischen westdeutschen Wohlstandsgesellschaft“, die laut Thierse bei vielen Ostdeutschen Anpassungsängste wecke: „Wird man sich im Einigungsprozeß behaupten können? Wie steht es um die sozialen Erfahrungen, die Erfahrungen einer Mangelgesellschaft waren? Was taugen sie noch in einer offenen Gesellschaft, die unweigerlich auch eine Konkurrenzgesellschaft ist, in der Individualismus, Selbstdarstellungsvermögen, Durchsetzungsvermögen gefragt sind?“ Auf der Suche nach Auswegen werde oft das „heilige Jenseits“ gesucht und die Wirklichkeit verteufelt, meint der Theologe Dr. Erhardt Neubert und fügt sarkastisch hinzu: „Wurde einst Hitlers Autobahnen an DDR-Stammtischen gepriesen, so sind es heute Honeckers Kindergärten.“ Ostalgie ist also mehr als bloße Nostalgie, sondern ein Ausdruck von Zukunftsangst. Sicherlich wird DDR und damit die „Mauer im Kopf“

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Gesellschaft im Wandel

BU C HTI P S j Conze, E. und G. Metzner (Hrsg.): 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland. Deutsche Verlagsanstalt: Stuttgart 1999. Umfassendes Handbuch zur deutschen Nachkriegsgeschichte mit vielen Dokumenten und Statistiken. j Hardtwig, W. und H. A. Winkler (Hrsg.): Deutsche Entfremdung – Zum Befinden in Ost und West. Verlag C. H. Beck: München 1994. Dokumentation einer Vortragsreihe mit prominenten Referenten an der Humboldt-Universität Berlin. j Hettlage, R., K. Lenz und andere: Deutschland nach der Wende. Verlag C. H. Beck: München 1995. Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen ziehen eine erste Zwischenbilanz des institutionellen, wirtschaftlichen und sozialen Wandels in den neuen Bundesländern. j Schluchter, W.: Neubeginn durch Anpassung? - Studien zum ostdeutschen Übergang. Suhrkamp-Verlag: Frankfurt/Main 1996. Sammlung wissenschaftlich anspruchsvoller Essays des Heidelberger Soziologen.

weichen, aber eben nur allmählich. „Der Graben zwischen West und Ost ist tief“, meint Soziologieprofessor Schluchter. Er ist natürlich nicht unüberbrückbar. Daß sich der kulturelle Wandel nur selten parallel zum Wandel der materiellen Lebensverhältnisse vollzieht, ist keine neue Erkenntnis. Schon der Politiker und Wissenschaftler Alexis de Toqueville sagte über die französischen Revolutionäre des Jahres 1789, sie hätten, „ohne es zu wissen, großenteils die Gesinnungen, Gewohnheiten, ja sogar die Ideen des alten Staates beibehalten, mit deren Hilfe sie die Revolution, die ihn vernichtete, bewerkstelligten.“ Vor allem die Gewohnheiten des Herzens, so der Heidelberger Soziologe Wolfgang Schluchter, „sitzen tief und sind jedenfalls kurzfristig „unverfügbar“ (Toqueville). Man ändert sie nicht über Nacht“. Bei Revolutionen komme es stets zu einer Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Bereits Max Weber hat im Rahmen seiner Untersuchungen zur Genese des modernen Kapitalismus darauf hingewiesen, daß es dazu „eigentlich“ zweier Revolutionen bedurfte: einer Revolution der Form (im konkreten Fall der Beseitigung des Feudalsystems) und

Erinnerungen an die DDR – Frage an Ostdeutsche: „Hier auf diesen Karten steht einiges, was uns Leute über die frühere DDR erzählt haben. Bei was davon würden Sie sagen, das stimmt, genau so war es?“ November 1996

Deutschland insgesamt

Viele, die anfangs für den Sozialismus waren, wollten etwas Gutes, wollten sich für Ideale einsetzen.

75

Wie sehr die DDR wirklich heruntergewirtschaftet war, haben viele nicht gewußt.

75

Man hatte anfangs auf den Sozialismus so große Hoffnungen gesetzt, daß dadurch alles wieder aufwärts gehen würde.

70

Niemand hat für möglich gehalten, zu welchen Taten Stasi und SED fähig waren.

61

Viele haben der SED vertraut, daß sie das Beste für das Land wollte.

55

In dieser Zeit hat man oft das Gefühl gehabt, einer großen Gemeinschaft anzugehören, das war sehr schön.

50

Man hat in dieser Zeit überhaupt nicht die Wahl gehabt, für oder gegen die SED zu sein.

50

Die SED hat uns alle betrogen.

48

Die Bevölkerung fühlte eine richtige Befreiung, als das SED-Regime gestürzt war.

47

Viele wurden von den Idealen des Sozialismus angezogen.

46

Mit dem Ende der DDR ist alles kaputtgegangen, woran man geglaubt hatte.

43

Nach dem Zusammenbruch der DDR war man völlig verunsichert, alle Ideale waren einem genommen.

42

Quelle: Allensbacher Jahrbuch für Demoskopie, Bd. 10

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einer Revolution des Geistes, der Mentalität. Die Veränderung des „Überbaus“ ist im Weberschen Sinne kein Anpassungsprozeß im Schlepptau der sozialen Modernisierung: Form und Geist stünden zwar in einem Verhältnis der Adäquanz, aber nicht in einer gesetzmäßigen Abhängigkeit, erläutert der Sozialphilosoph.

Beim Grundwertekanon kommt man sich näher Wie lange der sozio-kulturelle Anpassungsprozeß dauern wird, läßt sich in Zahlen kaum festmachen. „Man kann in diesem Zusammenhang feststellen“, schreibt der amerikanische Soziologe Joseph H. Fichter in seinem Standardwerk „Sociology“, „daß eine bestimmte Gesellschaft als Ganzes sich in einer Übergangsperiode zwischen dem landwirtschaftlichen und dem industriellen Stadium befindet, daß eine demokratische Kultur im Begriffe ist, sich in eine totalitäre zu verwandeln.“ – und umgekehrt. „Die Vorstellung, daß es eine bestimmte Richtung gibt, in die der soziale Wandel gehen muß, oder daß allgemeine Gesetze seiner Beschleunigung oder Verlangsamung bestehen, haben die meisten Soziologen aufgegeben“, betont Fichter. Immerhin: Es geht voran. Wie die Emnid-Studie zeigt, sind die Differenzen zwischen dem Osten und dem Westen so groß nicht, wenn es um gesellschaftliche Ideale und Grundwerte geht. Soziale Gerechtigkeit – auch wenn sie unterschiedlich interpretiert werden mag – ist heute fast allen Deutschen gleich wichtig. Auch die Bedeutung von Familie, Kindern, Bildung und persönlicher Freiheit wird im Osten ähnlich hoch eingeschätzt wie im Westen. Sogar mit „Ostalgie“Parties, bei denen die Gäste in Blauhemden und NVA-Uniformen erscheinen, kann sich offenbar immer weniger Geld verdienen. Die letzte auf ostdeutschem Terrain fand Anfang Oktober in Berlin statt – bei mäßigem Zuspruch. Künftig werde es solche Parties, tat der Veranstalter kund, nur noch auf Mallorca und Ibiza geben, wo Wessis und Ossis friedlich vereint in der Sonne grillen. j MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Gesellschaft im Wandel

Im Osten wenig Neues Auch 1998 wuchs das Bruttoinlandsprodukt in Ostdeutschland deutlich langsamer als im Westen der Republik. Vor allem drückte der Strukturwandel, insbesondere die rückläufige Bauproduktion, die Wachstumsraten. Zumindest im Verarbeitenden Gewerbe signalisiert das Konjunkturbarometer inzwischen wieder „steigende Tendenz“. Mit einer Wachstumsbeschleunigung ist aber erst im Jahr 2000 zu rechnen.

J

örg Ramlau und Team haben gut lachen. Bereits zwei Monate nach der Gründung des „OssiVersands“ boomt das Geschäft. Seiner (und seiner Lebensgefährtin) Idee, Waren aus den neuen Bundesländern per Internet zu vermarkten schlug voll ein – nicht nur im Osten der Republik, sondern auch im Westen Deutschlands und im Ausland. Über 500 Pakete konnten die findigen Gründer seit dem 1. Juli verschicken und täglich gehen zehn bis 15 Online-Bestellungen ein. Besonders gefragt sind: PittiplatschFiguren und der Sandmann aus den „Ostfernsehen“. Leider können nicht alle Ost-Unternehmer mit dem Verkauf der Geschäfte so sein, wie die E-Commerce-Spezialisten aus Halle /Saale. Die Konjunktur, die auch in den neuen Ländern von der

Asienkrise tangiert worden war, kommt nur zögerlich in Fahrt. Nach einem schwachen Start ins Jahr 1999 signalisiert das Ifo-Konjunkturbarometer eine regelrechte Berg- und Talfahrt. Hatten die Münchener Wirtschaftsforscher für den August 1999 noch hoffnungsfroh verkündet, die Aussichten für die deutsche Industrie – auch die ostdeutsche – seien „gut“, so mußte man nur einen Monat später resigniert eingestehen, die ostdeutsche Konjunktur habe noch keinen Tritt gefaßt. Zusätzlich sorgt der anhaltende Strukturwandel, der einhergeht mit einem dramatischen Schrumpfungsprozeß der ostdeutschen Bauwirtschaft, für ein leicht unterkühltes Wachstumsklima in den neuen Ländern. Gesamtwirtschaftlich gesehen stellen auch die Transfers von den alten Bundesländern und vom

Bild: Schreier

JÜRGEN SCHREIER

Das Wirtschaftswachstum in den neuen Bundesländern kommt nach Zwischentief nur langsam wieder im Schwung

Nach einer kleineren konjunkturellen Delle geht es in der ostdeutschen Industrie wieder aufwärts.

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Gesellschaft im Wandel

Bund auf die neuen Länder „eine Belastung für die wirtschaftliche Dynamik dar“, wie Horst Albach vom Wissenschaftszentrum Berlin bemerkt. Schon das Jahr 1998 hatte für die ostdeutsche Wirtschaft kaum Impulse gebracht. Die Schere zwischen den alten und den neuen Ländern hat sich weiter geöffnet. Wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den alten Bundesländer um 2,8 Prozent, fiel der Zuwachs in Ostdeutschland trotz einer leichten Beschleunigung gegenüber dem Vorjahr von 1,7 auf zwei Prozent deutlich geringer aus. „Die gesamtwirtschaftliche Produktion in den neuen Ländern wuchs damit zum zweiten Mal hintereinander langsamer als im früheren Bundesgebiet“, konstatiert Joachim Gürtler vom Ifo-Institut. „Ein sich selbst tragender Wachstumsprozeß konnte trotz der außergewöhnlich hohen Investitionsquoten nicht angestoßen werden“, stellt der Münchener Wissenschaftler resigniert fest.

Strukturwandel dämpft das Wachstum Wie schon angedeutet, werden die Wachstumsprozesse in den neuen Ländern vom Strukturwandel überlagert. Während sich die ostdeutsche Bauindustrie – mit einem Anteil an der Wertschöpfung von rund 13 Prozent im West-Ost-Vergleich noch immer überdimensioniert – 1998 weiter Federn lassen mußte, konnte die ostdeutsche Industrie wie schon in den Jahren zuvor 1997 Terrain gut machen. Im Jahresverlauf erhöhte sich das Produktionsvolumen der Branche um zehn Prozent nach acht Prozent im Jahr zuvor und 2,4 Prozent in 1996. „Im Durchschnitt ist die Lage in Ostdeutschland auch im letzten Jahr schlechter gewesen als in Westdeutschland“, betonte BDI-Präsident kürzlich in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung. „Aber wenn man die Zahlen genauer analysiert, sieht man, daß der Strukturwandel in Ostdeutschland ganz gut weitergeht. Das Schrumpfen der Bauindustrie erschlägt noch alles. Wenn man diesen Effekt wegnimmt, wird man feststellen, daß im letzten Jahr die Auftragseingänge in der ostdeutschen Industrie MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

NUR DIE BE STE N SIND G U T G E NU G

Beratungsagentur der Ausgleichsbank vermittelt qualifizierte Experten Wie findet man einen guten Berater? Ganz einfach – mit Hilfe der Beratungsagentur der Deutschen Ausgleichsbank (DtA). In einer Untersuchung über die ostdeutsche Wirtschaft kam die Bundesbank kürzlich zu dem alarmierenden Ergebnis, daß sich die Kluft zwischen finanzstarken und finanzschwachen Unternehmen vergrößert. Während größere Betriebe mit einer Eigenkapitalquote von 30 Prozent gut gepolstert sind, beträgt die Quote bei kleineren Firmen nur noch 8,5 Prozent. Wie sehr schwindende Finanzkraft den Unternehmen zu schaffen macht, zeigen die Analysen der Deutschen Ausgleichsbank (DtA). Danach werden zwei Drittel der jungen Unternehmen nach erfolgreicher Firmengründung mit Problemen konfrontiert, die sie in dieser Schärfe und in diesem Umfang nicht erwartet hätten. Verantwortlich für die Liquiditätsprobleme ist häufig eine von Anfang an falsche Finanzierung. Ein guter Teil der Liquiditätsprobleme ist aber hausgemacht: Die Unternehmensleitung ist noch zu unerfahren, um „das Schiff in stürmischer See auf Kurs zu halten“, wie DtASprecher Michael Seyler betont. In einer Studie der Unternehmensberatung Maisberger & Partner, die in Zusammenarbeit mit, der DtA entstanden ist, wünscht sich zum Beispiel jeder zweite Jungunternehmer eine bessere Betreuung, vor allem bei Personalfragen oder bei Verkauf und Marketing. Trotz der zum Teil sehr umfangreichen und kostenlosen Beratungsangebote von Kammern und Verbänden dürfen die Unternehmer also nicht auf die Beratungsleistung professioneller Unternehmensberater verzichten. Daß trotzdem noch immer viele Unternehmer glauben, darauf verzichten zu können liegt vielleicht auch daran, daß es gar nicht so einfach ist, den „richtigen“ Berater für die Firma zu finden.

Für mehr Transparenz im Beratermarkt sorgt seit einiger Zeit die DtABeratungsagentur in 12159 BerlinFriedenau, Tel: (0 30) 8 50 85-1 11), die sich auf die kostenlose Vermittlung von qualifizierten Beratern spezialisiert hat. Die Agentur bietet ihre Dienstleistungsanbot sowohl im Osten und (neuerdings) auch im Westen Deutschlands an. „Die Berater in unserer Datei“, sagt Agenturleiter Philipp Kreutz, „verfügen über erstklassige Referenzen sowie ausgewiesene Fachund Branchenkenntnisse.“ Zudem muß jeder Kandidat, der vermittelt werden möchte, schlüssig nachweisen, daß er bereits mit kleineren Firmen erfolgreich zusammengearbeitet hat. Immerhin 1200 Experten ist dies laut Kreutz bislang gelungen, und so umfaßt die Vermittlungsdatei der DtA-Spezialisten für nahezu alle Unternehmensthemen wie Controlling, Kalkulation, Marketing, Qualitätssicherung, Datenverarbeitung, Patentrecht und so weiter bis hin zum Manager auf Zeit. Die DtA-Beratungsagentur ermittelt zunächst den Beratungsbedarf des betreffenden Unternehmens, um danach die fachlichen Anforderungen an den Berater zu formulieren. Im Regelfall werden dem Betrieb, der den Beratervertrag schließt, immer mehrere Kandidaten zur Auswahl vorgeschlagen. „Schließlich“, betont Kreutz, „muß die Chemie zwischen Unternehmensleitung und Berater stimmen.“ Zum Service der Agentur gehört auch eine Hilfestellung bei der Formulierung des Beratervertrages und eine Beratung in der Phase der Erfolgskontrolle. All diese Dienstleistungen sind für das Unternehmen selbstverständlich kostenlos, nur das Beraterhonorar belastet das Budget. Und auch hier kann die DtA helfen. Denn als „weiche“ Investitionskosten können Beraterhonorare aus dem DtA-Betriebsmittelprogramm günstig finanziert werden.

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Gesellschaft im Wandel

Der Berliner Osten setzt auf Service – Anteil an der nominalen Bruttowertschöpfung 1998 in Prozent. Verarbeitendes Gewerbe Ost-Berlin

Baugewerbe

Handel und Verkehr

Staat und private Haushalte

Dienstleistungsunternehmen

6,9

10,9

9,0

16,9

55,2

Hessen

18,9

3,3

16,0

10,3

49,4

Hamburg

15,5

2,7

21,6

9,9

48,9

Bayern

27,7

4,3

12,6

12,0

40,6

Schleswig-Holstein

18,0

4,6

17,2

16,5

38,8

Saarland

25,9

4,1

15,4

14,5

37,0

Nordrhein-Westfalen

26,4

4,1

15,9

13,5

36,6

West-Berlin

25,9

4,4

12,1

19,5

35,2

Niedersachsen

25,1

5,0

13,8

15,3

35,0

Baden-Württemberg

34,5

4,4

12,1

11,3

34,8

Sachsen

19,0

12,9

11,6

18,2

32,8

Rheinland-Pfalz

29,0

4,4

14,5

15,9

32,5

Mecklenburg-Vorpommern

11,3

12,7

15,6

23,2

30,6

Bremen

24,9

3,1

28,0

11,7

29,2

Thüringen

19,7

12,8

13,7

19,4

29,1

Brandenburg

23,3

11,8

12,2

18,4

27,4

Sachsen-Anhalt

18,2

13,3

14,5

21,1

26,6

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln

um 15 Prozent gestiegen sind und die Produktion um 12,5 Prozent zulegte. Das ist ein gutes Zeichen.“ Zu einem ähnlichen Urteil kommt das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln: „Nach der Wende mußten viele frühere DDR-Kombinate ihre Pforten schließen, und die Industrie trug nur noch gut 13 Prozent zur ostdeutschen Wirtschaftsleistung bei. Inzwischen haben

Neue Länder insgesamt: 2,0% früheres Bundesgebiet: 2,8% Deutschland: 2,8%

neue und erfolgreich sanierte Unternehmen die industrielle Basis gefestigt“, heißt es im Informationsdienst des Instituts.

Tempoverlust im zweiten Halbjahr 1998 Allerdings war das Jahr 1998 für die Ost-Industrie „zweigeteilt“ Nachdem die Branchenproduktion im ersten

Wirtschaftswachstum im Ländervergleich (1998).

3,2%

Bild: AK Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder

2,8% 2,4%

1,2%

1,1% 0,8%

BerlinOst

16

Branden- Mecklen- Sachsen Sachsenburg burg-VorAnhalt pommern

Thüringen

Jahresviertel noch um stattliche 15 Prozent gesteigert werden konnte, schrumpfte das Wachstum im letzten Quartal auf magere acht Prozent zusammen. „Die konjunkturelle Delle hat auch die ostdeutsche Industrie erfaßt“ konstatiert das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). „Nach kräftigen Zuwächsen bis in den Herbst hinein war die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe im Verlauf des Winterhalbjahres 1998/99 rückläufig, wenngleich aufgrund der geringeren Exportabhängigkeit weniger stark als in Westdeutschland“. Auch innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes verlief die Entwicklung „zweigleisig“: Deutlich abgerutscht ist die Konsumgüterproduktion, etwa weniger die Produktion von Investitionsgütern, während sich die Produktion von Vorleistungs- und Gebrauchsgütern sogar leicht erholte.

Wettbewerbsfähigkeit ist stark gestiegen Seit Beginn des Jahres 1999 gestaltet sich die Entwicklung eher „wechselhaft“ mit erheblichen Differenzen von Branche zu Branche. Die Exportschwäche, die Mitte vergangenen Jahres einsetzte und die Jahresbilanz der deutschen Wirtschaft verhagelte, sei inzwischen weitgehend überwunden, stellt man beim DIW fest, auch wenn die Dynamik noch immer zu wünschen übrig lasse. Nach Analysen des Instituts in Halle/Saale zeigt die Entwicklung der Auftrageingänge im Verarbeitenden Gewerbe seit März 1999 wieder nach oben; ähnliches gilt in noch stärkerem Maße für die Auslandsbestellungen. „Verstärkt nachgefragt“, so die Hallenser Forscher „werden Vorleistungsgüter, ein Indiz für den nachfolgenden Produktionsauftrieb auch bei den Investitions- und Konsumgütern“. Mit der Belebung de Konjunktur in Deutschland und auf den wichigsten Auslandsmärkten der osdeutschen Industrie in Westeuropa dürfte auch die Industrieproduktion in den neuen Ländern wieder merklich Fahrt gewinnen. Darauf weisen unter anderem die regelmäßigen Umfragen des IWH bis September dieses Jahres hin. „Stützend“ wirkt nach Ansicht der Wirtschaftsforscher „die erneut steiMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Gesellschaft im Wandel

gende Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Industrieunternehmen, die, gemessen an den Lohnstückkosten, den westdeutschen Durchschnittswert von 1999 erreichen dürften“. So peilt nach Erhebungen der IG Metall die Ostdeutsche Metallindustrie für das laufende Jahr erneut deutliche Zuwächse an, nachdem die Branche bereits 1998 ein kräftiges Umsatzwachstum um knapp 19 Prozent auf fast zehn Milliarden Markt realisieren konnten. Spitzenreiter beim Wachstum war 1998 die Automobilindustrie mit den Standortschwerpunkten Sachsen und Thüringen, die ihre Umsätze verdreifachte. Auch für den ostdeutschen Maschinenbau ist das Jahr 1998 im Schnitt erfolgreich verlaufen – mit plus sieben Prozent Umsatzwachstum sogar besser als im Westen der Bundesrepublik.

MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Sektorale Bruttowertschöpfung in Ostdeutschland – Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent, Preise 1991. Produzierendes Gewerbe darunter: Verarbeitendes Gewerbe Baugewerbe Handel und Verkehr Dienstleistungsunternehmen Staat, private Organisationen ohne Erwerbszweck Bruttoinlandsprodukt

1998

1999

2000

2,9

1,4

3,1

11,9

4,2

6,4

–8,8

–3,1

–2,5

1,4

2,5

2,5

4,8

4,9

4,9

–1,3

0,0

–0,1

2,0

2,0

2,5

Quelle: IWH

Unverändert stark gebeutelt wurde dagegen die Bauwirtschaft. Sie hatte 1998 erneut unter einem kräftigen Rückgang der Wohnungsbaunachfrage (speziell im Mietwohnungsbau) zu leiden. Allerdings dürfte dieser Abwärtstrend nach Prognosen des IWH

1999 abgebremst werden, so daß die retardierenden Effekte auf das ostdeutsche BIP-Wachstum wahrscheinlich schwächer ausfallen. Von einer Trendwende am Bau wollen die Hallenser Analysten aber trotzdem nicht sprechen. Der Produktions-

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Gesellschaft im Wandel

Die Ertragslage im Verarbeitenden Gewerbe Ostdeutschlands hat sich wieder verschlechtert – Saldena) aus den Firmenmeldungen in Prozent. Beurteilung der Ertragslage im . . . 4. 2. 4. 2. 4. 2. 4. Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal 1995 1996 1996 1997 1997 1998 1998 Hauptgruppen Grundstoffe

– 41

– 50

– 52

– 32

– 18

+6

– 32

Investitionsgüter

– 38

– 39

– 30

– 20

– 17

– 15

– 11

Verbrauchsgüter

– 22

– 19

– 19

– 16

– 6

– 20

– 15

Nahrungs- und Genußmittel

– 2

– 11

+ 9

+ 4

+ 10

+ 16

+ 11

bis 49 Beschäftigte

– 33

– 34

– 32

– 36

– 28

– 30

– 17

50 bis 199 Beschäftigte

– 29

– 31

– 36

– 22

– 9

– 3

– 9

200 bis 499 Beschäftigte

– 29

– 43

– 13

– 13

– 2

+ 9

– 9

500 und mehr Beschäftigte

– 37

– 31

– 25

– 10

– 15

– 12

– 18

Verarbeitendes Gewerbe

– 32

– 34

– 28

– 19

– 12

– 8

– 13

Größenklassen

a)

Saldo: Differenz der Firmenangaben „gut beziehungsweise verbessert“ und „schlecht beziehungsweise verschlechtert“. Gewichtung: Beschäftigtenkonzept. Quelle: ifo

anstieg in der Bauwirtschaft im ersten Quartal des laufenden Jahres sei in erster Linie auf witterungsbedingte Vorzieheffekte und auf einige her Großprojekte zurückzuführen.

Arbeitsmarktsituation bleibt weiter angespannt Alles in allem ist für 1999 ähnlich wie 1998 mit einem Wachstum des BIP-Ost von rund zwei Prozent zu rechnen, wobei das Verarbeitende Gewerbe um 4,2 Prozent zulegen wird, die Bauindustrie aber nochmals ein Minus von 3,1 Prozent hinnehmen muß. Handel und Verkehr werden nach der IWH-Prognose ihre Bruttowertschöpfung um 2,5 steigern können, der Dienstleistungsbereich um knapp fünf Prozent, womit sich auch die „Dienstleistungslücke“ zu den alten Länder weiter schließen wird. Im Jahr 2000 soll es dann zu einer leichten Beschleunigung des Wachstums in den neuen Länder kommen. Das IWH rechnet mit einem Zuwachs um 2,5 Prozent. Als Wachstumsmotor fungiert dabei wie bisher das Verarbeitende Gewerbe (plus 6,4 Prozent). Ungeachtet dessen dürfte die Arbeitsmarktlage weiter angespannt bleiben, wenn auch mit regionalen Unterschieden. Nach einer leichten Zunahme der Beschäftigung im Jahr

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1998 (plus 1,1 Prozent) rechnet das Münchener Ifo-Institut für 1999 mit keiner nennenswerten Entlastung des ostdeutschen Arbeitsmarktes. Frühestens im Jahr 2000 wird es nach der Prognose des IWH zu einer gewissen „Stabilisierung des ersten Arbeitmarktes“ kommen. Bezogen auf das Jahr 1999 gehen die Forscher von einer Arbeitslosenquote in Ostdeutschland von 17,1 Prozent aus; 2000 dürfte sie leicht sinken, und zwar auf 16,8 Prozent. Allerdings könne man, gibt Horst Albach vom Wissenschaftszentrum Berlin zu bedenken, „noch nicht von blühenden Landschaften sprechen, solange in den neuen Bundesländern Arbeitslosigkeit so erschreckend hohen Ausmaßes herrscht“. Daran wird sich auch so rasch nichts ändern. Die Lage am ostdeutschen Arbeitsmarkt bleibt nach einem Gemeinschaftsgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute in Berlin, Halle und Kiel besorgniserregend, denn „offene oder verdeckte Arbeitslosigkeit als Zwischenetappe auf dem Weg in ein neues Arbeitsverhältnis oder in den vorzeitigen Ruhestand gehört für sehr viele Menschen weiterhin zur Alltagserfahrung“. Die Ursache dafür, daß am ostdeutschen Arbeitsmarkt noch immer keinen Wende zum Besseren eingetreten ist,

sehen die Verfasser des Gemeinschaftsgutachtens weniger in einer zu geringen Nachfrage nach Arbeitskräften als in einem zu großen Arbeitsangebot, wobei die hohe Erwerbsquote der DDR immer noch nachwirkt. „Es wird schwierig sein, das große Potential im Markt unterzubringen“, mutmaßen die Autoren des Gemeinschaftsgutachtens. Eine stärkere Lohnspreizung und der Abbau beschäftigungshemmender Regulierungen könnte die Integration des Überschußangebotes in den ersten Arbeitsmarkt jedoch erleichtern. Wie eingangs schon angedeutet, läßt der sich selbst tragende Aufschwung noch immer auf sich warten – auch in den Bundesländern mit guten Wachstumsfortschritten wie Brandenburg, Sachsen oder Thüringen. Ein Kardinalproblem der Ostwirtschaft besteht nach wie vor in ihrer unzureichenden Leistungskraft. Das BIP pro Einwohner ist auch zehn Jahre nach dem Mauerfall nur halb so groß wie im Westen. Seit Mitte der neunziger Jahre konnte die ostdeutsche Wirtschaft kaum mehr Boden gutmachen, 1998 fiel sie sogar zurück. In krassem Gegensatz dazu steht die hohe Absorption (Güterverwendung). 1995 hatte die inländische Verwendung von Gütern im Osten rund 90 Prozent des westdeutschen Niveaus ausgemacht. Von 1991 bis 1994 wurde die Absorption nur zu knapp zwei Dritteln durch die einheimische Produktion abgedeckt, der Hauptteil dagegen durch Transfers und Kapitalimporte finanziert. Diese Lücke hat sich in den letzten Jahren nicht nennenswert geschlossen.

Ostdeutscher Kapitalstock weitgehend runderneuert Gut vorangekommen ist man im Osten beim Aufbau eines modernen Kapitalstocks. Nach Ifo-Erhebungen wurden seit 1991 rund 1,3 Billionen Mark in neue Anlagen investiert; das Durchschnittsalter der Produktionsausrüstung in den neuen Ländern hat sich dadurch erheblich verjüngt. Hatte es 1991 bei mehr als 32 Jahren gelegen, so betrug das Durchschnittsalter der Anlagegüter 1994 (letztverfügbarer Wert) rund 25 Jahre. Zum Vergleich: In MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Gesellschaft im Wandel

Deutschland-West liegt dieser Wert bei 21,3 Jahren. Daß die Arbeitsproduktivität nach wie vor niedriger ist als im Westen, läßt sich also kaum mit einem obsoleten Kapitalstock oder der geringeren Qualifikation der Arbeitskräfte erklären. Fachleute machen vielmehr Defizite beim Technologiemanagement, Mängel in der Betriebsorganisation, Schwierigkeiten im Absatzbereich verantwortlich – mit der Folge, daß die bestehenden Produktionsanlagen vielfach nicht optimal ausgelastet sind. Ein weiter Aspekt ist nach einer Studie des Ifo-Instituts über den sächsischen Maschinenbau die suboptimale Betriebsgröße vieler Unternehmen. Wegen zu kleiner Bestellmengen kann oft nicht kostengünstig eingekauft werden oder Rationalisierungsmittel (zum Beispiel PPS-Systeme) können nicht richtig genutzt werden. Die

MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Schaffung von Einkaufs- oder Vertriebsnetzwerken würde hier für Abhilfe sorgen. Auch eine Forcierung des Exportgeschäfts über diese Kanäle könnte den ostdeutschen Unternehmen neue Wachstumsmöglichkeiten eröffnen.

Im Exportgeschäft soll Gas gegeben werden Immerhin: Das Problem ist erkannt. Auch wenn die Exportquote der neuen Länder 1998 auf 17,3 Prozent (1997: 14,7 Prozent) gestiegen ist, so liegt sie immer noch weit unter der westdeutschen (34 Prozent). „Diese Daten zeigen“ meint Staatsminister Rolf Schwanitz, Ostbeauftragter der Bundesregierung, „daß noch ein längerer Weg vor uns liegt.“ Um die Absatz- und Exportaktivitäten der ostdeutschen Wirtschaft weiter zu

unterstützen, hat die Bundesregierung für das Haushaltsjahr 2000 ein mit rund 20 Millionen Mark ausgestattetes Programm eingestellt, das die Förderung von Markterschließungsmaßnahmen sowie öffentliche Aufträge umfaßt. Allerdings, mahnt Schwanitz, solle man im Osten nicht zu sehr auf staatliche Maßnahmen setzen: „Absatzausweitung ist zuallererst Aufgabe der Unternehmen“. Und dazu bedarf es natürlich der richtigen Ideen, wie der Hallenser „Ossi“-Versand dies vorexerziert. Mit einer Verbreiterung des Sortiments will man weitere Kunden locken: Zum sehr erfolgreichen Geschenkpaket „Konsum“ (unter anderem mit Rotkäppchensekt aus Freyburg und Knusperflocken aus Zeitz) gesellt sich nun – für gehobene Ansprüche – das Geschenkpaket „Delikat“. j

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Gesellschaft im Wandel

Auslaufmodell Ostförderung? In letzter Zeit wurden immer wieder Stimmen laut, die ein Auslaufen der Ostförderung fordern. Wir sprachen mit Dr. Reinhard Stransfeld, Geschäftsfeldleiter „Gesellschafts- und technologiepolitische Projekte“ in der VDI/VDE-Technologiezentrum Informationstechnik GmbH, Teltow, über die Zukunft des Finanztransfers von West nach Ost.

MM: Die Wirtschaftsförderung der neuen Länder geriet in jüngster Zeit in die Schlagzeilen und das, obwohl bis zum Jahr 2004 am Förderkonzept der Bundesregierung nicht zu rütteln ist. Warum wird gerade jetzt so heftig gestritten? Stransfeld: In annähernd zehn Jahren massiver Förderung wurde viel Positives geleistet. Es fällt schwer sich vorzustellen, wie die Dinge in den neuen Ländern ohne Förderung noch heute aussähen. Und doch haben sich keine wirtschaftlich selbsttragenden Verhältnisse hergestellt. Die Einsicht wächst, daß bisherige Förderansätze möglicherweise in manchem unzureichend waren – im Hinblick auf die Problemwahrnehmung, die Zielsetzung und die Durchführung. Angesichts der fehlenden Perspektive eines erfolgreichen Endes und der wachsenden Engpässe im Staatshaushalt breitet sich Unlust aus, die Belastungen auf nicht absehbare Zeit weiter zu tragen. Insbesondere wird die Verfestigung einer Subventionsmentalität befürchtet.

Dr. Reinhard Stransfeld, Geschäftsfeldleiter Gesellschafts- und technologiepolitische Projekte in der VDI/VDE-Technologiezentrum Informationstechnik GmbH, Teltow: „In annähernd zehn Jahren massiver Förderung wurde viel Positives geleistet. Es fällt schwer sich vorzustellen, wie die Dinge in den neuen Ländern ohne Förderung noch heute aussähen.“

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MM: Welche Förderungsansätze gibt es ab dem Jahr 2005? Stransfeld: Über konkrete Förderansätze wird man jetzt noch nichts sagen können. Als Eckpunkte gelten gegenwärtig Förderung leistungsfähiger Unternehmen anstelle von „Sterbehilfen“, Kreditvergabe hat Vorrang vor finanziellen Beihilfen, Verpflichtung zur stärkeren Abstimmung der länderbezogenen Förderprogramme, lösungsbezogene Weiterbildung in den Unternehmen statt externe Weiterbildung mit ungewissem Umsetzungserfolg für die Wirtschaft. MM: Ostdeutschland muß sich darauf einstellen, daß vom Jahr 2005 an weniger Geld aus Subventionstöpfen bereitgestellt wird. Zum Schaden der Industrie? Stransfeld: Man kann die ostdeutsche Industrie nicht pauschal betrachten. Nimmt man beispielsweise die ostdeutschen Werke der Automobilindustrie, dann sind die, ausgestattet mit modernsten Fertigungsanlagen und hoher Produktivität sowie angesichts des niedrigen Lohnniveaus in Ostdeutschland, äußerst wettbewerbsfähig. In die prosperierenden Ableger großer Konzerne weiteres Fördergeld zu pumpen, wäre angesichts der wachsenden Engpässe fragwürdig. Ganz anders steht es mit den vielen kleinen Unternehmen in ostdeutschen Händen. Dort ist der Strukturaufbau und eine gesunde Ressourcenbildung auch bei den durchaus erfolgreichen Firmen noch längst nicht abgeschlossen. MM: Für die Europäische Kommission ist Ostdeutschland nach wie vor ein Förderungsgebiet mit höchster Priorität. Welche Auswirkungen sind zu befürchten, wenn die Ostförderung eingestellt werden würde? Stransfeld: Bis auf wenige Inseln könnte Ostdeutschland mit den starken Regionen Europas nicht konkurrieren. Weite Gebiete würden verelenden, es könnte Mezzogiorno des Nordens entstehen – anfällig für wirtschaftliche, MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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politische und kulturelle Muster, wie sie im Europa jenseits der Beitrittsländer inzwischen dominant sind.

leisten. Dann allerdings drängt sich auf, über eine bessere Wirksamkeit nachzudenken.

MM: Die neuen Bundesländer hängen noch immer am staatlichen Unterstützungstropf. Ist die Förderung der neuen Länder auch weiterhin notwendig?

MM: Wie lange wird Ihrer Meinung nach der Anpassungsprozeß an das Niveau der westlichen Länder noch dauern?

Stransfeld: In den neuen Ländern wird immer noch ein Drittel mehr ausgegeben als aus eigener Leistungskraft eingenommen wird. Damit ergeben sich zwei Optionen. Die eine lautet: Die sollen den Gürtel eben enger schnallen und sich bescheiden. Angesichts der oft noch eingeschränkten Lebensverhältnisse wäre dies für viele ein Sturz unter die Existenzgrenze – jedenfalls wie wir sie in unseren Breiten verstehen. Das wäre aus ethischen und rechtsstaatlichen Gründen nicht vertretbar. Übrigens auch aus praktischen Gründen nicht. Die westlichen Bundesländer sähen sich einer Einwanderungswelle gegenüber, die sie nicht abwehren könnten und die sie am Ende möglicherweise teurer zu stehen kommt als beispielsweise der Länderfinanzausgleich. Die andere Option lautet, in den sauren Apfel zu beißen und weitere Unterstützung zu

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Stransfeld: In jedem Fall noch lange! Aber mir scheint die Frage falsch gestellt zu sein. Sie unterstellt, daß die Verhältnisse der westlichen Länder ein erstrebenswertes Ziel sind. Wenn man einmal Ulrich Becks düstere Vorahnung von der bevorstehenden „Brasilianisierung“ Europas auf sich wirken läßt, gelangt man zur Einsicht, daß eine solche Betrachtung viel zu statisch angelegt ist. Die westlichen Länder sind selbst einem enormen Anpassungsdruck ausgesetzt. Die Formel der „Modernisierung“ greift, fürchte ich, in manchem zu kurz und offenbart eine fehlende Vorstellungskraft über die notwendige Reichweite von Veränderungen. MM: Bundeswirtschaftsminister Werner Müller forderte einen drastischen Subventionsabbau zugunsten der kleinen und mittleren Betriebe. Sehen Sie dort auch verstärkt Bedarf?

Stransfeld: In der Tat. Kleine Unternehmen sind für eine gesunde Mischstruktur der Wirtschaft, speziell der Industrie, unverzichtbar. Seit langem schrumpft nun die Eigenkapitalquote der kleinen Unternehmen. Sie können ihre Entwicklungsleistungen angesichts des hohen Innovationstempos, kurzer Marktverweilzeiten ihrer Produkte bei geringen Stückzahlen und hohem Preisdruck oft nicht zurückholen. Damit wird ihre Fähigkeit zu Zukunftsinvestitionen dramatisch eingeschränkt. MM: Was verstehen Sie unter einem ausgewogenen Fördermittelmanagement? Stransfeld: Ausgewogen ist Förderung für mich, wenn sie nicht von Proporzüberlegungen oder Bequemlichkeitshaltungen wie dem Streusandprinzip sondern von Erfordernissen geleitet wird. Das berührt im ersten Schritt die Förderdimensionen klein–groß, investiv–personenbezogen, fallbezogen–struktur-/regionbezogen. MM: Die einzelnen Bundesländer konkurrieren um die Fördermittelmenge. Hängt die Prosperität der Länder von der Höhe der Fördermittel ab?

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Gesellschaft im Wandel

Stransfeld: Nein, eher von deren sinnvollen, daß heißt zukunftsbezogenen und zugleich realistischen Verwendung. Es gab und gibt immer noch die Tendenz in den neuen Ländern, Fördermittel in Techniken hineinzustecken, die in der globalen Debatte hoch gehandelt werden. Dabei wird oft die eigene Eignung gerade in diesem Feld nicht ausreichend nüchtern abgewogen. Häufig wird zu sehr entwicklungsbezogen und zu wenig verwertungsbezogen gedacht. Geld haben ist eine Sache, damit vernünftig umgehen eine andere.

Stransfeld: Der Grundgedanke ist gut. Ich möchte mich aber zunächst positiv überraschen lassen, daß auf diesem Wege wirklich innovative Ideen gezeugt werden. Für derartige Ansätze wird nicht selten „alter Wein in neue Schläuche“ umgefüllt. Der NetzwerkBegriff droht inzwischen zu einem Etikett zu verkommen, daß allem möglichen angeheftet wird. So sinnvoll es auf der einen Seite ist, die Basis zur Ideenzeugung zu mobilisieren, kann dies mangelnde Ideenführerschaft in Politik und Administration nicht ersetzen.

MM: Wenn Fördermittel fließen, in welche Branchen sollen sie fließen?

MM: Sie haben die Schaffung eines Experimentalstatus in den neuen Bundesländern gefordert. Ist das die Lösung aller Probleme?

Stransfeld: Eine pauschale Aussage ist nicht möglich – obwohl gewiß allerorten die Bereitschaft hoch ist, die Informationstechniken, Biotechnologien, Verkehrstechniken und Medizintechniken oben an zu stellen. Tatsächlich sollten die Mittel in die Branchen fließen, in der sich das einzelne Land bzw. die einzelne Region auf Standortvorteile stützen kann. Es wird zu sehr in High-Tech-Dimensionen gedacht. Ein Land wie Brandenburg ist in seiner Industriestruktur, von Inseln abgesehen, in fast allen Hochtechnologiebereichen teilweise dramatisch unterbesetzt. Dagegen hat es industriellen Stärken in den rohstoffnahen Industrien der Landwirtschaft, der Papier und Holzverarbeitung, der Tonerzeugung usw. Diese eigentlichen Stärken wurden bisher aber in der Technologiepolitik vernachlässigt. Das ist nun allerdings kein Plädoyer für eine neue Einseitigkeit. Auf den vernünftigen Mix kommt es an. MM: Edelbert Richter, Weimarer Bundestagsabgeordneter, ist MitInitiator des Innoregio-Programmes. Das Programm soll die weitgehend getrennte Förderung von Innovationen und regionaler Wirtschaftsentwicklung im Osten verbinden. Flächendeckende Netzwerke in strukturschwachen OstRegionen aufzubauen, ist unter anderem ein Ziel von Innoregio. Kann damit die Innovationstätigkeit verbessert werden?

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Stransfeld: Wenn wir alle Probleme gelöst hätten, wäre ja die Geschichte zu Ende. Wie langweilig! Ernsthaft geantwortet, gibt es die Lösung aller Probleme natürlich nicht. Die Frage muß vielmehr lauten, wie man sich verhält, wenn man sich augenscheinlich in einer Sackgasse befindet. Angenommen, es wäre so – dann gliche die gegenwärtig propagierte Modernisierungsstrategie einem Weiterlaufen, bis man sich an der Stirnwand der Sackgasse die Nase einrennt. Not tut, einen (gedanklichen) Schritt zurückzutreten und neue Wege zu finden. Wir brauchen ein Nachdenken über Systeme. Systeme benötigen Grenzen, Maschinenbauern ein vertrautes Feld. Wenn über Schnittstellen nachgedacht wird, ist dies nichts anderes als die Definition der Art und des Grades der Durchlässigkeit von Systemgrenzen. Mit der ungehemmten Globalisierung werden Verträglichkeitsgrenzen der Durchlässigkeit überschritten. Wir sollten daher über neue Regionalisierungskonzepte nachdenken, die die Regionen nicht als Ansiedlungs- und Produktionskonkurrenten aufeinander hetzen, sondern in ein sinnvolles Verhältnis von Autonomie und Austausch stellen. Die neuen Länder wären ein geeignetes Experimentierfeld, um einen solchen Weg einzuschlagen, der sich als Perspektive auch für andere Länder und Staaten erweisen könnte. j MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Gesellschaft im Wandel

Bild: Harald Hirsch

BMW Rolls Royce baut in Dahlewitz Flugzeugtriebwerke, die unter anderem in der neuen Boing 719 zum Einsatz kommen.

Region Zukunft KATJA ROSENBOHM

Das Land Brandenburg wird für Investoren immer attraktiver Brandenburg – so groß wie Belgien und so bevölkerungsreich wie die Schweiz – ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Denn dort gibt es noch etwas, was anderswo Mangelware geworden ist: viel Platz für Industrieansiedlungen. Auch an Unternehmergeist fehlt es den Brandenburgern durchaus nicht.

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D

as Flächenland Brandenburg bietet viel Platz für Expansion, für Infrastrukturprojekte aber auch für Freizeit und Erholung. Mit Berlin in seiner Mitte ist die Region so groß wie Belgien und so bevölkerungsreich wie die Schweiz. Der Umzug von Bundesregierung, Bundestag, Botschaften und Verbänden nach Berlin beschert dem Land Brandenburg als Wirtschaftsstandort zusätzliche Dynamik. Das Wirtschaftswachstum pro Kopf der Bevölkerung lag 1998 mit 2,8 Pro-

zent erneut über dem Durchschnitt Ostdeutschlands (zwei Prozent). Seit 1994 erhöhte sich die Industrieproduktion um mehr als die Hälfte. Die Produktivität der gewerblichen Wirtschaft liegt in Brandenburg heute bei 81 Prozent des westdeutschen Niveaus und ist damit auf das Fünffache des Niveaus von 1991 gestiegen. Unter den zehn Branchen mit dem größten Wachstum finden sich in der Mehrzahl solche, die innovative Güter herstellen und bereits beachtliche Exporterfolge aufweisen können. Der Bergbau, ursprünglich mit Abstand größte Branche der brandenburgischen Industrie, liegt jetzt auf Rang sechs. Diversifizierung und neue Industrieansiedlungen schreiten voran. Große Anstrengungen waren nötig, um aus dem überwiegend grundstofflastigen DDR-Erbe eine moderne Wirtschaftsstruktur aufzubauen. Immerhin verfügte das Land der Wälder und Seen über industrielle Kerne, wie die Stahlindustrie in Eisenhüttenstadt, Mineralölerzeugung in Schwedt oder die Kraftwerksstandorte in Schwarzheide und Schwarze Pumpe. So konzentrierte sich die Wirtschaftspolitik von Anfang an darauf, diese Standorte zu erhalten und zu modernisieren. Dr. Peter Kohnert, Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium und zuständig für Regionale Wirtschaftspolitik und Industrieansiedlungen, beschreibt die Ziele der Wirtschaftspolitik: „Wir wollen die Produktionstiefe vergrößern und rund um die industriellen Kerne Zulieferer und neue Dienstleister ansiedeln und haben dabei schon viel erreicht.“ Darüber hinaus geht es darum, innovative Branchen nach Brandenburg zu holen und neue Standorte zu entwickeln. So entwickelt sich am Mineralölstandort Schwedt die papierverarbeitende Industrie, in Eisenhüttenstadt entstanden durch zahlreiche Ausgliederungen aus dem Stahlwerk mehr als MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

2000 Arbeitsplätze. Am Standort Schwarzheide, wo BASF ein Synthesewerk errichtet hat, gibt es eine gemeinsame Initiative mit dem Investor zur Ansiedlung von Mittelständlern, die Nebenprodukte verarbeiten. DaimlerChrysler investiert in Ludwigsfelde rund 800 Millionen Mark und errichtet ein neues Werk für die Produktion des Compact-Van. Zu den traditionellen Standorten kommen neue Highlights hinzu. So baut die Lufthansa Cargo in Brandt Europas größte Halle für den Cargo Lifter. Ein Prototyp dieses Zeppelin, der als Schwertransporter zum Einsatz kommen soll, steht kurz vor dem Erstflug. In Dahlewitz baut BMW Rolls Royce Flugzeugtriebwerke, eine Neuentwicklung kommt in der kürzlich in Betrieb gegangenen Boing 719 zum Einsatz. Und nicht zu vergessen zieht der sogenannte Speckgürtel um Berlin mit preisgünstigen, attraktiven Flächen und gut erschlossener Infrastruktur zahlreiche Investoren an. Biotechnologie und Medizintechnik entwickeln sich dank der Kompetenz der Brandenburger Universitäten in Cottbus, Frankfurt/ Oder und Potsdam und der insgesamt fünf Fachhochschulen und 18 Technologiezentren. Der Filmstandort Babelsberg bei Potsdam ist einer der wenigen Standorte in den Neuen Bundesländern, der heute mehr Menschen beschäftigt als vor der Wende. 120 Dienstleistungsunternehmen rund um Film, Fernsehen und Neue Medien beschäftigen mehr als 3000 Menschen. Bis Ende vergangenen Jahres wurden dort 750 Millionen Mark investiert; die Medienstadt Holding erwartet bei einem Umsatz von über 100 Millionen Mark für dieses Jahr erstmals schwarze Zahlen. Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur haben für die Landesregierung Priorität. Mit dem Konzept „Regionalbahn 2000“ werden in Kürze alle Regionalen Entwicklungszentren des Landes im Halbstundentakt mit Berlin verbunden sein. In den Ausbau der Autobahnen wurden nicht zuletzt dank intensiver Förderung durch Bund und Land von 1994 bis 1998 rund 2,5 Milliarden Mark investiert. Über 1100 Kilometer der rund 1500 KilomeMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Bild: BASF

Gesellschaft im Wandel

Am Chemiestandort Schwarzheide hat BASF ein modernes Synthesewerk errichtet, zu der auch eine zentrale Abwasserreinigungsanlage gehört.

ter Richtungsfahrbahnen sind instandgesetzt. Im gleichen Zeitraum wurden für den Ausbau der Bundesstraßen an rund 2700 Streckenkilometer 1,12 Milliarden Mark zur Verfügung gestellt.

Für die 5800 Kilometer Landesstraßen sind die Mittel aber knapp, hier denkt man jetzt über private Vorfinanzierungsmodelle nach. Rund 75 Prozent der Landesstraßen und der dazugehörenden Brücken sind noch instand zu setzen. Dafür liegt das Land bei der Telekommunikationsinfrastruktur nach OECD-Angaben schon seit 1997 über dem Niveau der USA. Dr. Peter Kohnert lädt Investoren ein, die Vorteile Brandenburgs als Wirtschaftsstandort zu nutzen. „Größere Ansiedlungsvorhaben sind auch für die neue Landesregierung Chefsache.“ Die Wirtschaftsförderung hilft, Verwaltungswege zu verkürzen. Die Investitionsbank des Landes unterhält als zentrale Förderbank des Landes auch Außenstellen. Die Förderprogramme gelten als äußerst attraktiv. Durch Investitionszuschüsse und Investitionszulagen ist es möglich, bis zu 50 Prozent der Investitionssumme einzusparen.

EKO Stahl Eisenhüttenstadt: Erfolgsstory nach langem Ringen Hans-Peter Neumann ist Arbeitsdirektor und Mitglied der Geschäftsführung der EKO Stahl GmbH in Eisenhüttenstadt. Im August hat der Mann das Bundesverdienstkreuz erhalten, u.a. für seine erfolgreiche Ausgliederungspolitik und den Erhalt von hunderten Arbeitsplätzen. Nicht zuletzt ihm und seinen Mitstreitern hat die Region den Erhalt und die erfolgreiche Entwicklung des östlichsten deutschen Stahlstandortes an der Grenze zu Polen zu verdanken. Im Oktober letzten Jahres hat die französische Usinor-Gruppe die Cockerill-Sambre-Gruppe übernommen. Und bei der Entscheidung dürfte die zu Cockerill Sambre gehörende EKO Stahl GmbH eine gewichtige Rolle gespielt haben. Denn das Unternehmen schreibt trotz Stahlkrise das zweite Jahr in Folge schwarze Zahlen. Für Usinor, die gemeinsam mit Cockerill Sambre etwa 23 Millionen Tonnen Rohstahl pro Jahr erzeugen und zu den weltgrößten Stahlherstellern gehören,

eröffnet sich mit EKO Stahl ein optimaler Zugang zum deutschen Stahlmarkt. Die Rohstahlkapazitäten in Eisenhüttenstadt sollen von derzeit 2,2 auf drei Millionen Jahrestonnen ausgebaut werden. Um auf dem umkämpften deutschen Stahlmarkt zu bestehen, sind darüber hinaus besonders hochveredelte Stähle gefragt. Ein millionenschweres neues Investitionsprogramm der EKO Stahl für die nächsten Jahre zielt genau darauf ab. Schon im Oktober ging eine neue Feuerverzinkungsanlage in Betrieb, mit der das Unternehmen seinen Anteil an oberflächenveredelten Feinblechen auf über 50 Prozent steigern will. Die rund 200 Millionen Mark teure Anlage hat eine Kapazität von 300 000 Jahrestonnen. Ende des Jahres nimmt zudem eine Anlage für lasergeschweißte Platinen (Tailored Blanks) den Betrieb auf, die speziell auf die Autoindustrie abgestimmt ist. Der Privatisierungsprozeß hatte sich nicht zuletzt wegen zahlreicher Wider-

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Bild: Harald Hirsch

stände gegen den subventionierten Erhalt des Werkes bis 1994 verzögert. Der Durchbruch gelang dem ehemaligen DDR-Vorzeigeunternehmen 1994, als der belgische Konzern Cockerill Sambre 60 Prozent der EKO Stahl Anteile von der Treuhand übernahm. 1,1 Milliarden Mark wurden bis Ende 1997 von Bund und Land in den Standort investiert. Das Werk, derentwegen die Stadt Eisenhüttenstadt 1950 erst entstand, mußte kräftig modernisiert werden. 1997 ging eines der modernsten Warmwalzwerke in Europa nach einem Jahr Bauzeit in Betrieb. Seit 1998 steht EKO Stahl auf eigenen Beinen. Der Umsatz des letzten Jahres betrug knapp 1,6 Milliarden Mark, dabei wurde erstmals ein Vorsteuerge-

EKO Stahl hat ein umfangreiches Modernisierungsprogramm durchlaufen. So wurde auch das seit 1968 bestehende Kaltwalzwerk rekonstruiert, die Quarto-Tandem-Kaltwalzstraße erzeugt kaltgewalztes Feinblech aus Warmbreitband.

winn von mehr als 55 Millionen Mark erzielt. Auch für das laufende Jahr erwartet das Unternehmen mit heute rund 2800 Beschäftigten ein ausgeglichenes Ergebnis. Für Eisenhüttenstadt ist aber besonders die aktive und erfolgreiche Ausgliederungspolitik der EKO Stahl GmbH wichtig. Und hier liegt auch das besondere Verdienst von Hans Peter Neumann. Mehr als 50 Unternehmen mit insgesamt über 2000 Beschäftigten entstanden seit Beginn der Umstrukturierung in der Stadt. Zu den Unternehmen, die vorrangig Zuliefereraufgaben übernehmen, gehören beispielsweise die Ferrostahl Maintenance Eisenhüttenstadt GmbH, die ESU Eisenh. Schlackeaufbereitung und

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Umwelttechnik GmbH, die Simpex Hydraulik GmbH oder die Bleichert Automation GmbH. Der ehemals benachteiligte Standort Eisenhüttenstadt an der polnischen Grenze erweist sich zudem womöglich bald als äußerst vorteilhaft für EKO Stahl. Besonders die Automobil-

branche erweitert derzeit ihre Produktionskapazitäten in Mittel- und Osteuropa. Und EKO Stahl exportiert schon heute wieder zehn Prozent seiner Flachstahlproduktion in den Osten. Seit Herbst letzten Jahres gibt es eine Geschäftsstelle in Prag neben St. Petersburg, Poznan und Moskau.

Lausitzer Leuchttürme: eine Expo-Präsentation Die ehemalige Braunkohleregion wandelt sich. Die Landesregierung will aus dem Gebiet im Süden Brandenburgs eine der neuen Boom-Regionen Ostdeutschlands entwickeln. Eine schwierige Aufgabe angesichts des riesigen Strukturwandels, den die Lausitz seit 1989 erlebt. Doch mit den zahlreichen Initiativen im Rahmen der Brandenburger Expo-Präsentation ist ein Schub in der Regionalentwicklung vorprogrammiert. Braunkohlebergbau war 200 Jahre lang der wichtigste wirtschaftliche Motor der Region im Süden Brandenburgs. Um ihn herum entwickelten sich die kohlebegleitende und kohlenachfolgende Industrie, für die der Rohstoff Kohle die Energie lieferte. In unmittelbarer Nähe zu den Fabriken entstanden Werkssiedlungen. Bis 1989 war die Lausitz Kraftwerk und Kohlegrube der DDR zugleich. Wurden bis dahin jährlich bis zu 200 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert, sind es heute ganze 50 Millionen Jahrestonnen. Hohe Arbeitslosigkeit und starker Bevölkerungsrückgang sind nur einige Folgen der strukturellen Veränderung. Hinzu kamen die riesigen Kohlegruben, die häufig nicht renaturiert waren. Den Strukturwandel aktiv zu begleiten, Arbeitslosigkeit und Bevölkerungsrückgang aufzuhalten, ist erklärtes Ziel der Landesregierung. Gemeinsam mit Verantwortlichen aus dem Bergbau, der Chemie- und metallverarbeitenden Industrie, der Wohnungswirtschaft und der Landesund Kommunalpolitik entwickelte sie 1995 ein Strukturkonzept. Dafür hat die Landesregierung seit 1990 rund 3,25 Milliarden Mark für über 5000 Förderprojekte bereitgestellt. Investitionen im Werte von mehr als elf Milli-

arden Mark wurden ausgelöst und rund 80 000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert – davon 30 000 neu. Ohne die Maßnahmen des Konzeptes wären in der brandenburgischen Lausitz nicht ein Fünftel, sondern ein Drittel der Bevölkerung arbeitslos, bilanziert die Landesregierung die bisherigen Erfolge. „Jetzt stellt sich die Herausforderung, neue, nachhaltige Wirtschaftszweige zu eröffnen und die Flächen der Tagebaulandschaft zu rekultivieren. In der Verbindung von Arbeit, Umwelt und Wohnen werden für die Menschen der Niederlausitz neue Beschäftigungsmöglichkeiten und Lebensperspektiven geschaffen.“ So beschreibt Projektleiter Dr. Dietmar Holoda aus Schwarzheide das Anliegen des dezentralen EXPO-Projektes mit dem Namen „Lausitzer Leuchttürme“. Erklärtes Ziel ist die Ansiedlung neuer energietechnologischer Betriebe, der Textil- und Bekleidungsindustrie sowie der Nahrungsmittelindustrie. Wissenschaftliche Säulen für Innovationen sind zahlreich vorhanden: Die BTU Cottbus, Fachhochschule Lausitz, das Energieressourceninstitut (ERI) und die Technologiezentren in Cottbus und Schwarzheide forschen gemeinsam mit der Industrie. Und schon heute haben zahlreiche Investoren die Potentiale der Region erkannt. Zu denen, die schon da sind, zählen ABB in Cottbus, die Fränkischen Rohrwerke in Schwarzheide, Cargo Lifter in Brand, MAN Takraf in Lauchhammer, General Atomics in der Braunkohlealtlastensanierung, Samsung Corning in Tschernitz, Rigips und Lafarge in Vetschau. Eine gemeinsame Ansiedlungsinitiative des Landes mit der BASF Schwarzheide führte bis heute zu MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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ernsthaften Gesprächen mit 17 weiteren Unternehmen. Die vier Untervorhaben des Leuchttürme-Projekts kreisen um die Themen Bergbau, kohlebegleitende und nachfolgende Industrie sowie Wohnen:

MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

j Kompetenzzentrum Kunststoff in Schwarzheide: Der Chemiestandort Schwarzheide ist traditioneller Produktionsort der Kunststoffindustrie Hier entstand in diesem Jahr das Kompetenzzentrum Kunststoff als neuer Fachbereich des bestehenden Zentrums für Entwicklung, Innovation und Technologie (Z.E.I.T GmbH). Der BASF-Konzern sanierte die vorhandene Polyurethanproduktion und bietet heute 2000 Arbeitsplätze. Mittelständische Kunststoffproduzenten und verarbeiter siedeln sich an. j Innovationszentrum Metallbau in Lauchhammer: Metallverarbeitung und Eisengießerei haben in Lauchhammer Tradition. Das Innovationszentrum Metallbau der Z.E.I.T. GmbH wird sich als zentrale Kommunikationsstelle im örtlichen Metallbaucluster etablieren. Neben dem Maschinenbauunternehmen MAN Takraf und mittelständischen Ausgründungen haben sich in Lauchhammer bereits Existenzgründer der Branche angesiedelt. j Sanierungstechniken für Bergbaurestlöcher um Senftenberg: Weltweit neue Technologien zur Flächensanierung der Tagebaulandschaft kommen in der Lausitz zum Einsatz. Zu den aktuellen Innovationen bei Tagebaumaschinen zählt der von MAN Takraf entwickelte Surface Miner, der den kontinuierlichen Abbau von mittelfesten Gesteinen ermöglicht. j Rekonstruktion der ersten deutschen Gartenstadt „Marga“ in Brieske: Die Rekonstruktion der komplett erhaltenen historischen Siedlung durch die TLG geschieht unter Berücksichtigung moderner Wohnbedürfnisse. Technikinteressierte sollten sich einen Besuch des Projektes „Lausitzer Leuchttürme“ nicht entgehen lassen, denn hier kann eine der größten beweglichen technischen Anlagen der Welt besichtigt werden, eine Förderbrücke der Typenreihe F 60. Diese 1972 erstmals gebauten, 13 000 Tonnen schweren, 520 Meter langen und 80 Meter hohen Anlagen können bis zu 60 Meter Abraum in einem Arbeitsgang abtragen und verkippen. Zur Expo 2000 wird ein Exemplar dieses Kolosses im Tagebau Klettwitz-Nord die Besucher erwarten. j

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Bild: Jenoptik

In Jena und seinen Vororten ist durch Sanierung und Abriß alter Fabrikanlagen aus der DDR-Zeit Gelände für innovative Unternehmensgründer frei geworden.

Unter der Keksrolle Jena wird zum Kompetenzzentrum GÜNTHER ADAM

für Optoelektronik in der Bundesrepublik Deutschland Wurzelnd in der Zeiss-Tradition ist Jena heute ein Modell für neue Möglichkeiten in der Hochtechnologie mit exzellenten Rahmenbedingungen für technologieorientierte Unternehmensgründungen. Jena, seit jeher Synonym für Optik, stellt damit einen deutschen Sonderfall dar: Hier im Saaletal ist der Osten dem Westen um eine Wende voraus.

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in 120 Meter hoher runder Turm prägt das Stadtbild von Jena. Er sollte ursprünglich der Mittelpunkt eines kolossalen Neubauprogramms im Rahmen der Stadtsanierung nach den Zerstörungen im zweiten Weltkrieg sein. Hätte für alles das Geld gereicht, stünde daneben ein zweiter Turm als Teil eines Doppelzylinders, mit Brücke dazwischen, einem Fernglas ähnlich – Sinnbild für die Spitzenleistungen der optischen Industrie in der DDR. Nur etwa zwei Hektar Altstadt wurden hergerichtet, und nun steht der Turm einsam inmitten einer Industriebrache, die einmal Werksgelände war. Fünf Fabriken lagen im Stadtkern,

sie wurden plattgewalzt, komplette Werksteile fielen der Abrißbirne zum Opfer. Seit es den Turm gibt, will ihn niemand haben. In die „dicke Keksrolle“, wie ihn der Volksmund verspottet, mit ihren 360 Fenstern, sollte 1972 der größte Arbeitgeber der Stadt, Zeiss, einziehen, konnte den Bau aber nicht halten. Als Nachfolger fand man die Friedrich-SchillerUniversität. Sie nutzte 1990 die erste Gelegenheit in Freiheit, den Neubau nach der Wende fluchtartig zu verlassen. Jetzt drohte dem Zylinder der Abriß, doch er konnte verhindert werden. Elf Etagen will die Stadtverwaltung im Jahr 200l beziehen, nach umfassender Sanierung.

Mit großherzoglicher „Konzession zur Fertigung und zum Verkauf mechanischer und optischer Instrumente sowie zur Errichtung eines Ateliers für Mechanik in Jena“ richtete sich der in Weimar geborene Carl Zeiss (1816 bis 1888) im Jahr 1846 eine Werkstatt ein. Daß ab 1888 der Physiker Ernst Abbe (1840 bis 1905) bei Zeiss neue Optiktheorien einbrachte und in einem Statut die Förderung von Wissenschaft und Technik niederschrieb, prägte fortan die Firmenphilosophie des Präzisionsgeräteherstellers. Es kam dann noch zu einem Triumvirat, als später der begabte Chemiker Otto Schott (1851 bis 1935) mit Spezialgläsern in neuen Glassorten der Zeiss-Fertigung neuen Auftrieb gab. Der optische Gerätebau bei Carl Zeiss machte Jena zur ersten Adresse, wenn es um Optik, Feinmechanik und Elektronik ging. Jena galt zu allen Zeiten für die optische Industrie als einer der hoffnungsvollsten Standorte, mit guten Verkehrsverbindungen und einer in Europa einmaligen Konzentration von Spezialisten. Renommierte Lehr- und Forschungseinrichtungen wie die Friedrich-Schiller-Universität, das Institut für Physikalische Hochtechnologie und das Fraunhofer-Institut für Optik und Feinmechanik, ergaben den Grundstock. „High-Tech made in Jena“ war in erster Linie „HighTech made by Zeiss“. MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

sein. Da erreichte ihn ein Telefonanruf aus der thüringischen Staatskanzlei: Der Sanierer eines angeschlagenen Kombinats wurde gesucht – ein Himmelfahrtskommando. Späth nahm es an.

Ein Kombinat wird zerlegt Ein fertiges Konzept hatte Späth nicht im Gepäck, wohl aber eine Vision: eine HighTech-Region Jena, als eine Art Silicon-Valley im Saaletal, mit einem Konzern im Mittelpunkt und mit einer top-qualifizierten Forschermannschaft. Späth sah Marktnischen in der Automatisierungstechnik, in der Mikrofertigung und im Segment Laser. Zunächst zerlegte er mit einer Starthilfe der Treuhandanstalt in Höhe von 3,6 Milliarden Mark das Kombinat in zwei neue Unternehmen: die Carl Zeiss Jena GmbH und die Jenoptik AG. Die Fertigungsmethode für Mikroskope und die Entwicklung neuer optischer Gläser verhalfen Carl Zeiss im vergangenen Jahrhundert zu einem großen Technologievorsprung und zum weltweiten Aufschwung des Handwerksbetriebes, mit dem sein Unternehmen begann. Die Basis für technologische Spitzenleistungen sind heute 7oo Naturwissenschaftler und Ingenieure in sechs Unternehmensbereichen von Carl Zeiss. Neben Jena ist Oberkochen Kernstandort von Zeiss, in den USA sind verschiedene Entwicklungsstandorte dazugekommen. Enge internationale Zusammenarbeit erreicht ein beachtliches Know-how in Optik, Feinmechanik, Elektronik und zugehöriger Software. Jenoptik übernahm zuerst die Geschäfts-

bereiche, welche die Sowjetunion früher mit ausgeklügelter Militär- und Weltraumtechnik beliefert hatten. Damit gewann sie zwar tüchtige Ingenieure und Techniker sowie Facharbeiter, die auch in der Mikroelektronik auf dem Stand der Forschung waren. Über verkaufbare Produkte aber verfügte die Firma zunächst nicht, der einst schier unersättliche Ostmarkt war Mitte 1991 längst zusammengebrochen. Was Späth damals vorfand („Aus Jena machen wir die Intelligenzkiste Thüringens“), war eine Immobilien- und Menschenansammlung. Es war seine Idee, daß er seinen Betrieb für ein paar Jahre zunächst umfunktionierte in eine Immobilienfirma mit angeschlossener Forschungsabteilung. Im Stadtteil Göschwitz sicherte er sich das optoelektronische Zeiss-Forschungszentrum, das auch andere gerne gehabt hätten. So erstellte Jenoptik fürs erste als Bauunternehmen in und um Jena und auf der grünen Wiese rund 1600 Wohnungen, sanierte Grundstücke und richtete Gewerbeparks bezugsfertig ein. Der Umweg über die Immobilienfirma brachte den Gewinn, mit dem Späth die Konzernkasse füllen konnte.

Nach diesem „Gastspiel“ in einer ungewohnten Sparte besann sich der Konzern wieder auf seine Hauptaufgabe: Mit rund 500 Beschäftigten widmete sich Jenoptik der Produktion von Leiterplatten, Weltraumtechnik und Optoelektronik, bündelte Forschungsaktivitäten, suchte Beteiligungen an zukunftsorientierten, verwandten Industrieunternehmen und sanierte und vermarktete schließlich den reichen Immobilienbesitz.

Durch Spezialisierung zur Weltgeltung Die enge Verbindung von wissenschaftlicher Forschung und industrieller Fertigung ist heute für die Carl Zeiss Jena GmbH charakteristisch. Die wissenschaftlichen Leistungen des internationalen Technologieunternehmens reichen nun von Projekten aus den Zeiss-Labors, aus Kooperationen mit Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, über neue Technologien bis zu wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, die anderweitig mit Zeiss-Instrumenten erreicht wurden. Viele Anwender forschen im Verbund und konkurrieren um staatliche Forschungsgelder bei Ideenwettbewer-

Bild: Carl Zeiss Jena

Thüringen, und insbesondere die Region um Jena, wurden mit der Teilung Deutschlands der Standort eines riesigen Hochtechnologie-Konzerns der DDR, der den gesamten Ostblock mit Präzisionsinstrumenten versorgte: das Kombinat VEB Carl Zeiss Jena. Es entstand, als 1948 die sowjetische Militärverwaltung alle Betriebe zum Volkseigentum erklärte. Für das Kombinat waren Mikroskope das klassische Optikgeschäft. Allein die Hälfte der Produktion ging in die Sowjetunion, zu Preisen, die zum Fünf- bis Achtfachen über DDR-Niveau lagen, Die Westexporte (20 Prozent des Umsatzes) waren hochsubventioniert. Mit der Wende 1989 hatte Jena keine Märkte mehr, die es zu konkurrenzfähigen Preisen hätte beliefern können. Die „Zeissianer“, Erben einer stolzen Industrietradition und jahrelang die TechnikElite im Ostblock, mußten mit ansehen, wie ihr Unternehmen, einmal die Vorzeigebranche der DDR, verfiel. Das Kombinat war nicht überlebensfähig: Zeiss-Techniker mußten zum Teil ihre Schrauben selbst drehen – eine abenteuerliche Fertigungstiefe. Das Kombinat hatte allzu lange auf ein traditionelles Sortiment gesetzt und die Entwicklung neuer Produkte nicht mit Hochdruck vorangetrieben. Die Konjunkturkrise verschärfte die Probleme noch. Gerade als High-Tech gefragt gewesen wäre, fiel das Unternehmen in Agonie. Um Jena und um das, wofür es stand, wurde es still. Und dann geschah dies: Im März 1991 mochte in Stuttgart ein Lothar Späth nicht länger baden-württembergischer Ministerpräsident

Wissensvermittlung als Showveranstaltung: Carl Zeiss Jena ist ein führender Hersteller von Planetariumsprojektoren.

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Bild: Jenoptik

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Für die Reinraumtechnik hat die Jenoptik im Frühjahr 1994 ein eigenes Gebäude in Betrieb genommen.

ben. So konnte Anfang 1997 ein Wettbewerb „Innovative Produkte auf der Grundlage neuer Technologien sowie zugehöriger Produktionsverfahren“ 270 Bewerbungen initiieren. Im Frühjahr 1998 gingen daraus sechs Leitprojekte als Sieger hervor – Carl Zeiss ist mit zweien davon für die Zukunft beteiligt. Es geht um Lösungsperspektiven für einige Grundprobleme heutiger High-TechOptik. Ebenfalls unter staatlicher Förderung haben sich führende industrielle und wissenschaftliche Einrichtungen zu einem Kompetenzzentrum „Ultrapräzise Bearbeitung von Oberflächen“ zusammengeschlossen – die Federführung hat Carl Zeiss Jena. In einem anderen Zeiss-Leitobjekt soll eine signifikante Genauigkeitssteigerung im Maschinenbau durch Parallelkinematiken mit geregelten Werkzeugen und hochgenauen Sensoren zur 3-DPositionierung erreicht werden. Eine bahnbrechende Entwicklung auf dem Gebiet der Laborautomation hat der Carl Zeiss Jena GmbH und Hoffmann-LaRoche, in Basel, jüngst den „Beckman

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Award 1999“ eingebracht. Die Unternehmen entwickelten gemeinsam ein System für die automatisierte Werkstoffsuche in der Pharmaforschung. Schon der Prototyp erhielt die Auszeichnung, die Serienproduktion soll noch 1999 anlaufen.

Firmenkauf per Handschlag Kaum in Jena, mobilisierte Späth Freunde und Bekannte aus Stuttgarter Tagen und holte eine Investitionszusage nach der anderen herein. So manche Privatisierung kam, bei der hemdsärmeligen Art Späths, auch schon einmal nur per Handschlag zustande. Späth akquirierte vor allem in Westdeutschland umsatz- und gewinnstarke Unternehmen, die Produkte mitbringen, und kam in Spitzenzeiten auf bis zu 300 Beteiligungen. Je nachdem, wer ihm gegenüber saß: Späth beschied ihn von Fall zu Fall mit „Wir haben unseren Sitz in Ostdeutschland, sind aber kein ostdeutsches Unternehmen“ oder mit „Wir sind ein weltweit agierendes deutsches Unternehmen mit Sitz in Jena“. Inzwischen annähernd 50 Unternehmen im In- und MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Ausland, in den neuen und den alten Bundesländern, zählen mittlerweile zum Konsolidierungskreis von Jenoptik. 1993 änderte Späth seine Strategie und ging auf Einkauf-Tour, nach dem Motto „Ost kauft West“. Da er Forschung und Entwicklung auf hohem Niveau halten und neue Vertriebs- und Absatzwege erschließen wollte, kaufte er sich weltweit in etablierte High-TechUnternehmen ein. Aus dem „Gemischtwarenladen“ wurden die zukunftsträchtigen Technologiebereiche herausgeschält und in marktorientierten Einheiten zusammengefaßt. Man weiß, wo Firmen mit Kernkompetenzen und internationalem Ansehen zu suchen sind.

Paradepferd im Totalumbau Bei allem hat Späth nie den Traum vom eigenen Technologieunternehmen aufgegeben. In Jenoptik sah er sein Lieblingskind und Zugpferd. Im Rekordtempo und mit hohem Kostenaufwand wurden nun zum Teil neue High-Tech-Produkte bis zur Marktreife entwickelt. Vor allem auf das Geschäft mit Halbleiterausrüstungen, also Maschinen für die ChipHerstellung, hatte Späth es abgesehen. Die Technologiegruppe der Jenoptik ging aus den Aktivitäten des Kombinats für die Mikroelektronik, für militärische Anwendungen und für die Weltraumoptik hervor – Fundus genug für High-Tech-Produkte. Seit der Konversion operiert sie heute in vier Geschäftsfeldern: Mikrofertigungstechnik für die Halbleiterindustrie, Automatisierungstechnik für Fertigungs- und Qualitätssicherungsanlagen, opMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

tische Systemtechnik für Meß- und Oberflächeninspektionen, Sondertechniken wie Lasersimulation für Polizei und Bundeswehr. Seit der Neugliederung bei Zeiss ist nichts mehr wie es war: Überall Gewerbeparks für Mittelständler, schicke Bürohäuser, Hotels, Kaufhäuser und vieles mehr. Ein Investoren-Zentrum soll Unternehmen und Investoren über die Region, mögliche Standorte und Kooperationspartner informieren. An den hergerichteten Zeiss-Standorten in Jena ließen sich weit über l00 neue Firmen nieder. In der Stadt hat das geschleifte ehemalige Zeiss-Nordwerk II einem Gewerbegebiet „Saalepark“ Platz gemacht – Industriegelände für vor allem innovative Unternehmensgründer. So ist das Umfeld für ein modernes Großunternehmen bereitet worden, eine Keimzelle neuer deutscher Hochtechnologie, die konkurrenzfähige Produkte entstehen läßt. Jetzt heißt der Turm schon „Empire Späth Building“. Die Bilanz nach acht Jahren: das Silicon Valley ist Realität. Für seinen „fokussierten Technologiekonzern“ wollte Späth nie einen Ossi-Bonus, denn nur zehn Prozent des Umsatzes entstehen in Thüringen, und von den 7000 Mitarbeitern sind nur 1800 im Osten beschäftigt; die umsatzstärksten Geschäftsfelder sitzen im Westen. So zum Beispiel die Reinraumtechnik. Fabriken der neuen Generation sind „sauber“, ohne Lärm, Schmutz und Staub. Nur in reinster Umgebung können immer mehr Produkte entstehen: Chips und Flachbildschirme, Impfstoffe, ja selbst Lebens-

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mittel. Die Elektronik-, Pharma- und Nahrungsmittelindustrie brauchen Reinräume. Das Stuttgarter Unternehmen Meissner & Wurst (M+W) beherrscht die Planung und den Bau von Elektronikfabriken in Perfektion und war in Europa bereits die Nummer 1, als Jenoptik 1994 das Unternehmen übernahm. Die Auftragsbücher sind voll: Bau einer Waferfabrik in Singapur, ein neues Halbleiterwerk in den USA, die neue Chipfertigung von Siemens in Großbritannien, eine japanische Halbleiterfabrik und so weiter und so fort. Jenoptik kann mit M+W ein neues automatisiertes Produktionssystem einbringen, was in den Augen der Fachwelt eine kleine Revolution ist. Im Herbst 1997 kommt als dritter Partner das Nürnberger Familienunternehmen Zander Klimatechnik GmbH hinzu, auf seinem Gebiet Europas Branchenführer. Der Einstieg in den Zukunftsmarkt „Facility Management“ ist damit geschafft. Dieser Markt ist nicht gleich Reinigungsdienst oder Wachschutz, sondern die Betreuung der Gebäudetechnik in Fabriken und Gebäuden.

Späth stößt in neue Märkte vor Für Kommunikationsnetze ist führender Systemanbieter die Krone AG in Berlin. Im April 1996 kaufte Späth 40 Prozent und schluckte den Rest im Oktober 1997. Mit seinem in Jena entwickelten WLL (Wireless Local Loop) feierte Jenoptik einen technischen Triumph. Es ist als stationäre Funktechnolgie die ideale Ergänzung zum Festnetz. Innerhalb der Jenoptik-Gruppe drang Krone

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mit seinen 28 Tochtergesellschaften kontinuierlich in Neuland vor. Die meiste Phantasie entwickelt Späth im umsatzschwächsten Bereich – in der Photonik, in dem er sich mit Produkten etabliert, die in Jena entwickelt wurden. Die kleinste Einheit für Lichtenergie, das Photon, hat einem bedeutsamen Technologiezweig seinen Namen geliehen: Photonik, die Verbindung von Optik mit Mikroelektronik, Computertechnik, Sensorik und Präzisionsmechanik. Praktisch alle Schlüsselindustrien ziehen Nutzen aus der Produktpalette. Sie reicht vom Präzisionslaser zur Entfernungsmessung bis zu elektroni-

schen Systemen der Stromversorgung. Jenoptik kaufte im Herbst 1997 als Führungsunternehmen die Extel Systems in Wedel (ESW). Sie ist auch Spezialist für Duellsimulationen mit Laser: Per Lasertechnik finden Manöver statt, ohne daß dabei ein Schuß fällt. So werden objektive Übungsbedingungen auf beinahe „zivile“ Weise erreicht.

Auf dem Campus rollt der Rubel Jena verfügt über exzellente Wissenschaftler und Techniker. Von ihnen kommt ein Strom bedeutender Erfindungen. Unzählige Patente, teils geniale Neuerungen, teils wichtige Verbesserun-

TECHNO LOGIESTANDO RT JE NA

TIP mit breitem Themenspektrum Als Zentrum für innovative Neugründungen und Firmenansiedlungen in der Technologieregion sieht sich der Technologie- und Innovationspark Jena. Die Ansiedlung von derzeit über 40 Unternehmen in den verschiedensten HighTech - Branchen zeigt die wichtige Funktion des TIP Jena als Kristallisationspunkt für das Entstehen einer neuen, auf zukunftsorientierter Technologie beruhenden Wirtschaftsstruktur in Thüringen. Jahrelange Erfahrung bei der Ansiedlung neuer Unternehmen und gute Kontakte zu Wirtschaft und Politik in der Region machen das TIP-Management zu einem kompetenten Partner der im Technologie- und Innovationspark ansässigen Unternehmen des Hauses und der Unternehmen in der Re-

gion. Die räumliche Nähe des TIP Jena zu den Instituten auf dem Campus Beutenberg sowie zu Universität, Fachhochschule, Jenoptik AG, Carl Zeiss Jena GmbH, Jenaer Glaswerk und Jenapharm ist ein wichtiger Vorteil für alle innovativen Unternehmen bei der Suche nach geeigneten Kooperationspartnern. Die im TIP Jena ansässigen Unternehmen sind in folgenden Bereichen tätig: Mikrosystemtechnik, I+KTechnik, Medizin-, Analysenund Umwelttechnik, Automatisierungs-, Sensor- und Meßtechnik. Hinzu kommen mehrere Ingenieurbüros und Dienstleister.

Kontakt: TIP Jena GmbH, 07745 Jena, Tel. (0 36 14) 6 75-1 00, Fax (0 36 14) 6 75-1 11, Internet www.tip-jena.de.

gen im Detail, sind die Früchte. So kann eine Kamera von Carl Zeiss mit vier Sensoren Müll im Weltraum aufspüren und dabei sogar Trümmerstücke aus WeltallMissionen erfassen. Golfbälle im Gelände lassen sich mit einem speziellen Suchgerät anpeilen, das die Gesellschaft für Physikalisch-Technische Studien in Jena entwickelt hat. Weltweit sind es die ersten Golfbälle mit einem elektronischen Innenleben. In der Jenaer CeramGruppe ist die ostthüringische Porzellanfabrik Hermsdorf Europas größter Hersteller von Keramik-Isolatoren, sie gehört zur Jenoptik Holding GmbH. Jenoptik setzt seine Hoffnungen darauf, wieder wie einst das deutsche BiotechZentrum zu werden. Vom Max-Planck-Institut bis zur Fraunhofer-Gesellschaft sind auf dem Campus mehrere Institute die Nutznießer vom Ausbau der Kapazitäten als Wissenschaftszentrum. Mit über 30 Millionen Mark beziffert Prof. Dr. Stephan Diekmann vom Institut für Mikrobiologie die Investitionen am Rand von Jena. Nicht allein die technischen Höhenflüge bei Zeiss und den Nachfolgern schreiben Industriegeschichte für das 21. Jahrhundert, auch andere Unternehmen in Jena arbeiten daran, Erfindungen marktfähig zu machen. Eine wettbewerbsfähige Biotechnologie in und um Jena zu entwickeln, ist das Konzept des Vereins Bio-Regio e.V. in Jena. In einem Wettbewerb sind mit Fördermitteln bereits 16 Unternehmen der Biotechnologie in der Stadt gegründet worden. Vorhandenes wissenschaftliches Potential ging in Jena nach der Wende nicht verloMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Regionen im Wandel

Bild: Carl Zeiss Jena

ren, die Forschung fand immer den Weg zur praktischen Verwertbarkeit. Sächsische Findigkeit verhalf so auch der Clondiag Technologies GmbH in Jena schnell zu ihrer Gründung unter günstigen Bedingungen. Sie entwickelt Chips für die Biotechnologie und hatte in nur 14 Tagen die Baugenehmigung für ein Gentechnik-Labor der Sicherheitsstufe 1 auf dem Tisch.

Konjunktur zwingt zur Konsolidierung Doch auch High-Tech ist „Reinraum“, ist nicht abgeschottet von der Außenwelt. Die Märkte entwickeln sich dynamisch. Neue Produkte, auch jene, für die die Region Jena typisch ist, brauchen für gewöhnlich bis zu drei Jahren Entwicklungszeit, und Anfangsverluste bei der Vermarktung sind nicht selten. Das kann auch eine Vorbildregion wie Jena treffen, und dann werden Unternehmensstrukturen korrigiert. Wie jetzt, als Jenoptik eine Änderung bekanntgab, die Aufsehen erregte. Es war einmal Jenoptik-Strategie, zusammen mit dem Bau von Chipfabriken aus einer Hand auch Automaten zu liefern – doch die Rechnung ist nicht aufgegangen. „Wir sind von krisenhaften Entwicklungen in Teilmärkten nicht verschont geblieben“, erklärte Späth auf der Hauptversammlung der Jenoptik im Mai dieses Jahres. Dies gilt insbesondere für die Sparte „Telecommunications“, wo vor allem das Geschäftsfeld „Wireless Local Loop“ Schwächen zeigte. Das Betriebsergebnis ging hier im Jahr 1998 auf 4,2 Millionen Mark zurück (1997: 56,5 Millionen. Mark). In der Gewinn- und Verlustrechnung MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Carl Zeiss hat zusammen mit dem Schweizer Pharmakonzern Hoffmann-La Roche ein System für die automatisierte Suche nach neuen Medikamenten-Wirkstoffen entwickelt. Dr. Roderich Dürselen testet die Software des UHTS-Systems.

weist der Bereich einen Jahresfehlbetrag von 20,8 Millionen Mark auf, nachdem man im Jahr zuvor noch ein Überschuß von 35,8 Millionen Mark erwirtschaftet hatte. Auch die im Geschäftsfeld Clean Rooms Automation angesiedelte Jenoptik Infab GmbH konnte sich den Marktproblemen nicht entziehen. Der Umsatz des Herstellers von Halbleiterfertigungssystemen schrumpfte im vergangenen Jahr um mehr als 20 Prozent auf 60,6 Millionen Mark. Aus dem von Späth seinerzeit speziell für die Telecommunications-Sparte angekündigten Restrukturierungsprogramm wurde schließlich ein harter Schnitt: Jenoptik trennte sich inzwischen von dieser Sparte Telekommunikation und wird sich künftig auf zwei industrielle Bereiche und das Beteiligungsgeschäft (Asset Management) konzentrieren. Und das geht so: Die Berliner Konzerntochter Krone AG (Communications) ist inzwischen an die amerikanische GwenTek Inc. veräußert worden. Die Jenoptik Infab GmbH „kroch“ unter

das Dach der US-Gesellschaft Brook Automation Inc. Im Hause Jenoptik verbleiben die Reinraumtechniksparte des Bereichs Clean Systems, die Optik-LaserTechnologie der Photonics sowie die Deutsche Effectenund Wechselbeteiligungsgesellschaft AG (DEWB). Die DEWB soll vor allem in den neuen Bundesländern junge innovative Unternehmen auf ihrem Weg an die Börse begleiten.

Aufschließen zur Weltspitze Dem stehen in Jena wieder Firmenkäufe in den Kernfeldern Reinraumtechnik/Anlagenbau und Optoelektronik gegenüber, wo noch auf Ertragskurs gefahren wird. „Unser Ziel ist es“, kommentiert Späth die Neuausrichtung der Jenoptik-Gruppe, „in unseren Kerngeschäftsfeldern zur Spitzengruppe im internationalen Wettbewerb zu gehören. Wir werden dort Geld investieren, wo wir langfristige Wachstumschancen sehen, wie im Unternehmensbereich Photonics und in den stark

wachsenden New-Technologie-Unternehmen Bioinstruments und Mikrotechnik. Im Unternehmensbereich Clean Systems werden wir unsere weltweit führende Marktposition im Halbleitermarkt auf andere Märkte übertragen, wie den Biotechnologie- und Pharmamarkt, wo erste Erfolge bereits sichtbar sind.“ Für 1999 rechnet Späth jedenfalls mit deutlichen Ergebnisverbesserungen. Ungeachtet wirtschaftlicher Rückschläge ist der Forschergeist in Jena ungebrochen – etwa beim Institut für Physikalische Hochtechnologie, das die optischen Eigenschaften von Materialproben, die mit dem Laser beschossen werden, untersucht. Erst kürzlich ging ein neuer Laborkomplex in Betrieb. Das Land Thüringen hat den Neubau mit 42 Millionen Mark gefördert – ein klares Bekenntnis zum Standort Jena. Für den Leiter des Servicebereichs bei Carl Zeiss, Dr. Augustin Siegel, gibt es sie, die „Faszination optischer Hochtechnologie“ – Zeiss, Späth und Jena lassen sie spüren. j

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Regionen im Wandel

InnovationsWerkStadt Chemnitz profiliert sich im Sachsendreier als Standort JÜRGEN SCHREIER

für moderne Fertigungstechnik Die drei sächsischen Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz haben nach der Wende unterschiedliche Wege bei der Wirtschaftsentwicklung eingeschlagen. Während Leipzig frühzeitig auf den Dienstleistungssektor setzte und Dresden auf die Mikroelektronik, gehen in Chemnitz Maschinenbau und die Fahrzeugtechnik eine ungewöhnlich enge Symbiose mit Wissenschaft und Forschung ein.

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b Glashütter Uhrenbetrieb, Bruno Banani, Florena oder die „Prinzen“ – alle wollen dabei sein, wenn es darum geht, den Ruf Sachsens in aller Welt zu mehren, „Sachsen für Sachsen“ heißt eine Initiative von mehr als zwanzig Unternehmen, Künstlern, Politikern und Sportlern. Ziel ist es, die Stärken des Freistaats im In- und Ausland bekannt zu machen, wie Mitinitiator Ulf Rittinghaus, Vorstandssprecher der Zwickauer Sachsenring AG und „Wahlsachse“, vor der Presse in Dresden erklärte. „Wußten Sie schon, daß sie als Sachse glücklicher sind? Dann können Sie uns helfen“ lautet der geplante Anzeigentext

und ist als Aufforderung an alle Sachsen zu verstehen, mitzumachen.

Sind die Sachsen wirklich glücklicher? Daß man als Sachse glücklicher ist, mag sogar stimmen. Denn wirtschaftlich gesehen sind die (meisten) Sachsen besser dran als ihre Brüder und Schwestern in den anderen neuen Ländern. Aus dem Tal der Ahnungslosen, wie man weite Teile früher nannte, weil dort kein West-Fernsehen zu empfangen war, ist so etwas wie eine Insel der Glückseligen geworden. Kurz: Der Freistaat ist zwischenzeitlich das „Musterländle“ des Ostens, und in mancher Hinsicht wiederholt sich dort

Bilder: Case/Schreier

Die riesige Baugrube am Roten Turm, dem Wahrzeichen von Chemnitz, schließt sich langsam. Hier einsteht ein City-Center mit Multiplexkino und Shopping-Mail.

das berühmte Wirtschaftswunder. Ganz von ungefähr kommt das natürlich nicht. „Schon vor dem Krieg gehörte Sachsen zu den Regionen, in denen der industriellen Produktion traditionell eine große Bedeutung zukam“, schreibt Jörg-Peter Weiss vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Dennoch geriet die sächsische Industrie nach der Wende, genauer nach der Wirtschafts- und Währungsunion und dem Wegbrechen der angestammten osteuropäischen Märkte, in heftige Turbulenzen. Waren 1990 noch knapp 40 Prozent der Erwerbstätigen im verarbeitenden Gewerbe beschäftigt gewesen, so ist MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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dies heute gerade noch ein Fünftel. Anzumerken wäre jedoch, daß sich der Aderlaß seit 1993 spürbar verlangsamt hat und in einigen Branchen sogar ein gewisser Beschäftigungsaufbau zu registrieren sei, wie DIWForscher Weiss betont.

Sachsen: ein Standort der Premiumklasse Außerdem ist Sachsen, verglichen mit anderen Bundesländern im Osten, bei der Modernisierung seiner Industriestruktur zügig vorangekommen. Mit der Mikroelektronik, der Automobilproduktion, der Ernährungsindustrie sowie der Papierindustrie verfügt das Land, so Wirtschaftsforscher Weiss, „über Industrien, die durchaus Wachstumschancen haben“. Besonders gut etabliert hat sich Sachsen als Automobilstandort. Weiss: „Wenn heute Sachsen als Standort für die Produktion eines Fahrzeugs der Premiumklasse gehandelt wird, dann zeigt dies, daß die Eigenschaften des Standorts von Unternehmen, die sich dort bereits engagiert haben, durchaus gut eingeschätzt werden und auch der Standort an Image gewonnen hat.“ Nicht ganz so positiv fallen die Prognosen für den sächsischen Maschinenbau aus. Verschiedene Studien, unter anderem vom Ifo-Institut (Außenstelle Dresden) und vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle, kommen zu einer eher „verhaltenen“ Einschätzung der Entwicklungschancen dieses Industriezweiges. So leidet die Branche unter diversen strukturellen Defiziten. Dazu gehört die schwache Stellung vieler Betriebe auf den Absatzmärkten, weiter gehören dazu Engpässe auf der MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Finanzierungsseite wegen zu knapper Eigenkapitalausstattung; zudem ist in vielen Fällen die Betriebsgröße nicht optimal, so daß bestimmte Skalenerträge nicht genutzt werden können. Zwar ist der deutsche Maschinenbau ein genuin mittelständischer Industriezweig, doch liegt die durchschnittliche Betriebsgröße im sächsischen Maschinenbau, verglichen mit den AltBundesländern, extrem niedrig: Zwischen 1991 und 1997 ist das durchschnittliche Ostunternehmen von 323 Mitarbeitern auf 87 geschrumpft. Im Westen der

ANSPRECHPARTNER j CWE Chemnitzer Wirtschaftsförderungsund Entwicklungsgesellschaft mbH 09111 Chemnitz, Tel. (03 71) 3 66 02 00, E-Mail [email protected], iInternet www.cwechemnitz.de j Technische Universität Chemnitz 09111 Chemnitz, Tel. (03 71) 53 10, Fax (03 71) 5 31 13 42, E-Mail [email protected], Internet www.tu-chemnitz. de j Technologie Centrum Chemnitz (TCC) 09125 Chemnitz, Tel. (03 71) 5 34 71 04, Fax (03 71) 5 34 71 05, E-Mail [email protected], Internet www.tcc-cehmnitz. de j Industrie- und Handelskammer Südwestsachsen 09111 Chemnitz, Tel. (03 71) 69 00-0, Fax (03 71) 69 00-18, Internet www.chemnitz.ihk. de

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Republik belief sich die durchschnittliche Betriebsgröße 1997 auf 162 Beschäftigte. Rund 26 Prozent der sächsischen Maschinenbauunternehmen befinden sich im Verbund mit einem westdeutschen oder ausländischen Partner; auf diese Unternehmen entfielen 1997 etwa zwei Drittel des gesamten Branchenumsatzes.

Exportbilanz kann sich sehen lassen Auch die Exportbilanz des sächsischen Maschinenbaus kann sich sehen lassen. Nach einer Statistik der IHK Dresden gehören Maschinen neben Kraftfahrzeugen und Erzeugnisse der Elektrotechnik zu den wichtigsten Exportgütern des Freistaats. Sehen lassen kann sich zudem die technische Ausstattung der meisten sächsischen Maschinenbaubetriebe. Vielfach herrscht hier Gleichstand zum Westen. Nicht wenige Ost-Betriebe sind, was Kapitalstock und Betriebsorganisation anbelangt, inzwischen moderner als ihre Wettbewerber im Westen Deutschlands. Und noch etwas anderes spricht für die ganz besonderen Standortqualitäten Sachsens: Nach einer Analyse der Tageszeitung „Die Welt“ befinden sich unter den ostdeutschen Top-100Unternehmen 36 Unternehmen aus Sachsen. Außerdem kann Sachsen sieben Umsatzmilliardäre stellen. Umsatzstärkstes Unternehmen war im vergangenen Jahr mit über 6,3 Milliarden Mark Umsatz die Volkswagen-Sachsen-Gruppe in Zwickau, das sächsische Unternehmen mit der höchsten Wachstumsdynamik hingegen die am Neuen Markt notierte Lintec Com-

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Was spricht für den Standort Chemnitz? Standortvorteil 1 – Industriekompetenz aus Tradition Wiege des deutschen Maschinen- und Fahrzeugbaus mit einer 150jährigen Erfolgsstory Werner von Siemens und der ehemalige Oberbürgermeister von Chemnitz – Dr. Andrä (Jurist) – gelten als die Väter des deutschen Patentrechts Traditioneller Automobilstandort (Audi bis 1945 in Chemnitz) Während der DDR-Zeit erwirtschafteten Chemnitzer Unternehmen etwa 20 Prozent des Sozialprodukts der DDR Robotron-Betriebe (DDR-Elektronik) in der Region bis Mitte der neunziger Jahre Standortvorteil 2 – Führender Industriestandort in Ostdeutschland (596 Industriebetriebe, rund 23 000 Industriebeschäftigte) Chemnitz ist heute die im Freistaat Sachsen am stärksten industrialisierte Region. Die wirtschaftliche Struktur wird hauptsächlich von den Industriezweigen Maschinenbau, Fahrzeugbau, Elektroniktechnik und Softwareindustrie geprägt. In der Industrie und in den industrienahen Dienstleistungsbereichen ist in den letzten Jahren ein sehr innovativer Mittelstand entstanden. Hervorragend entwickelt sich auch der Dienstleistungssektor, insbesondere in den zukunftsträchtigen Segmenten (Internet-Dienstleistungen, Virtualreality-Simulationen, Software, IT-Services, Multimedia-Dienstleistungen). Insgesamt entfallen heute 56% der Industrieumsätze auf die Investitionsgüterindustrie, auf die Vorleistungsgüterindustrie 18% und auf die Gebrauchs- und Verbrauchsgüterindustrie 26 Prozent. Beachtliche Wachstumsraten im Verarbeitenden Gewerbe (1998 zu 1997): Umsatz 6,7 Prozent, Auslandsumsatz 6,6 Prozent, Produktivität 9,1 Prozent Standortvorteil 3 – Rahmenbedingungen für die Wirtschaft Attraktive Gewerbeflächen zu konkurrenzfähigen Grundstückspreisen und Mieten Investitionszuschüsse für Investoren: Der Förderungshöchstbetrag der GA-Zuschüsse kann für Investitionen im Anlagevermögen bei volkswirtschaftlich bedeutenden Neuansiedlungen bis zu 43 Prozent betragen und gilt für KMU. Für andere Unternehmen beträgt der maximale Fördersatz 35 Prozent. Finanzierungen können ergänzt werden mit zinsgünstigen Darlehen durch die Förderbanken des Bundes und des Landes Sachsen. Förderung von Forschung und Entwicklung für neue Produkte und Verfahren. KMU können für Grundlagenforschung maximal 65 Prozent und für angewandte Forschung 40 Prozent der Projektkosten als Zuschuß erlangen. Unternehmen können bei der Einstellung von Problemgruppen für ein Jahr Lohnkostenzuschüsse in Höhe von 2180 Mark/Monat erhalten.

puter AG in Taucha. Der 1997 von der Zeitung „Die Welt“ noch nicht gelistete PC-Hersteller schaffte von Fleck weg einen achtbaren Platz unter den Top-100. Die drei Großstädte Sachsens – gerne auch der Sachsendreier genannt – haben bereits kurz nach der Wende zur Marktwirtschaft sehr unterschiedliche Akzente in puncto Wirtschaftsentwicklung gesetzt. Während

Dresden und Chemnitz der „Revitalisierung“ und Modernisierung des Verarbeitenden Gewerbes den Vorzug gaben – Dresden als ehemaliger Robotron-Standort mit klarer Schwerpunktsetzung in der Mikroelektronik und Chemnitz im Maschinenbau und in der Fahrzeugtechnik –, beschritt Leipzig sehr konsequent den Weg zum modernen Dienstleistungsstandort. Und das

mit Erfolg, wie es schien: Dem Niedergang der traditionellen Industrie (polygraphische Betriebe, Großanlagen- und Maschinenbau) stand bald ein boomender Dienstleistungssektor (Banken, Quelle-Versand) gegenüber. Leipzig galt lange Zeit als „Boomtown Ost“ und wegen der regen Bauaktivitäten als „Hauptstadt der Kräne“ (bevor Berlin in diese Rolle schlüpfte). Doch nicht alle Blütenträume reiften: Der Weg zum internationalen Messestandort unter kapitalistischen Vorzeichen erwies sich als steiniger als erwartet. Und so säumen mehr Flops als Tops die noch kurze Geschichte der neuen Messe im Norden der Stadt. Als Medienstandort gewinnt Leipzigs hingegen zunehmend an Profil. Rund 34 000 Messestädter verdienen ihre Brötchen (und noch ein bißchen mehr) in Medienberufen. Rund vier Milliarden Mark setzt die Leipziger Medienbranche jährlich um, schätzt das in Chemnitz erscheinende „Wirtschaftsjournal“.

In Chemnitz trügt die „Platte“ Der „Shooting-Star“ innerhalb des Sachsendreiers ist aber zweifellos die Landeshauptstadt, die sich – wenn auch dank üppiger Förderung – anschickt, zu Europas „Silicon Valley“ zu werden. So gesehen hat sich der Einsatz wenigstens gelohnt. Allein bei Siemens, heute Infineon Technologies, der Keimzelle der Dresdner Mikroelektronikszene, sind 2800 hochqualifizierte Jobs entstanden, und nach wie vor zieht Elbflorenz innovative und technologieorientierte Unternehmen in ihren Bann. MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

In diesem Umfeld kommt Chemnitz, der alten „Malocherstadt“ mit ihrem (inzwischen nicht mehr ganz so tristen) Plattenbau-Charme auf den ersten Blick eher die Rolle des „Aschenputtels“ zu. Während Dresden, glanzvolle Metropole zwischen High-Tech und Barock, insgesamt sieben Großinvestitionen mit einem Volumen von jeweils 100 Millionen Mark und mehr auf sich vereinigen kann und in der Messestadt Leipzig immerhin noch ein Investment in dieser Größenordung hängenblieb, haben die Investoren in Chemnitz denn doch eher gekleckert als geklotzt. Ist Chemnitz also der „Looser“ innerhalb des Sachsendreiers? Von wegen! Haben auch ganz „große Namen“ (bisher) einen Bogen um Chemnitz gemacht – Siemens, IBM und VW unterhalten in Chemnitz immerhin Produktionsstätten –, so gelang es der Stadt, die als „Wiege des deutschen Maschinenbaus“

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gilt, ihre angestammten Industrien, allen voran den Maschinenbau, auf eine technologisch neue Basis zu stellen und so eine ausgewogene mittelständisch geprägte Wirtschaftsstruktur mit einem rapide wachsenden Dienstleistungsanteil zu schaffen. „Industriell“, konstatiert das „Wirtschaftsjournal“, „ist Chemnitz die Nummer eins“ im Osten. Mehr als 13 000 Unternehmen mit über 113 000 Beschäftigten zählt derzeit die Stadt, und mit fast 28 Prozent Exportquote nimmt Chemnitz einen Spitzenplatz in den neuen Bundesländern ein. Alte und neue Namen wie Union, Niles-Simmons, HurthModul, Mayer Malimo, Lernstatt oder Sachsenhydraulik mehren den Ruf des Chemnitzer Maschinenbaus in aller Welt. Nicht wenige Unternehmen konnten in den letzten Jahren Umsatzzuwächse von mehr als 20 Prozent realisieren; auch die Produktivität hat sich seit 1990 mehr als verfünffacht

Bild: Hohenhinnebusch

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Der riesige Karl-Marx-Kopf im Stadtzentrum steht noch für das „alte“ sozialistische Chemnitz.

und liegt weit über dem sächsischen Durchschnitt.

Die Stimmung ist durchweg positiv So erreichte der Maschinenbau im gesamten IHKBezirk Südwestsachsen (Chemnitz–Plauen–Zwickau) per 30. November 1998 gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum ein Umsatzwachstum von acht Prozent, wobei das Auslandsgeschäft sogar um elf Prozent zulegte. Die Exportquote stellt mit 26 Prozent das zweithöchste Branchenergebnis innerhalb des Ver-

arbeitenden Gewerbes im Kammerbezirk dar. Auf die Ertragssituation im südwestsächsischen Maschinenbau hatte der positive Geschäftsverlauf laut IHK-Konjunkturumfrage (zweites Halbjahr 1998) allerdings nur geringen Einfluß. Lediglich zehn Prozent der befragten Unternehmen bewerteten diese als gut, gleich groß ist aber auch der Anteil der kritischen Stimmen. Schwarze Zahlen schreiben derzeit 42 Prozent, Verluste beklagen elf Prozent der Unternehmen. Der Personalbestand wurde im zweiten Halbjahr 1998 in jeder zweiten Firma der Branche aufgestockt und übertraf die noch zur Jahresmitte abgegebene Prognose. Offensichtlich konnte damit dem eklatanten Fachkräftemangel aber noch nicht im notwendigen Umfang entgegengewirkt werden, heißt es im Kammerbericht. Vor allem der dringend benötigte Ingenieurnachwuchs bringt die Unternehmen zuneh-

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DIE G LO RRE IC H E N SIE BE N

Verbund „Lasertechnik Chemnitz“ bündelt Firmenkompetenzen Ob Kompetenzzentrum Maschinenbau Chemnitz, Amec oder Aumoc: An Kooperationen war die Region Chemnitz schon bisher nicht arm. Jetzt gibt es eine weitere Initiative. Sieben Unternehmen aus Südwestsachsen haben sich in einem Netzwerk unter dem Namen „Lasertechnik Chemnitz GbR mbH“ zusammengeschlossen. In diesem neuen Firmenverbund sind aus Chemnitz die Unternehmen Dr. Teschauer & Petsch AG, Elcosoft GmbH, Systemtechnik Chemnitz GbR mbH, Laserline Teschauer GmbH, aus Mittweida das ILA Ingenieurbüro für Laseranwendung und aus Flöha die Rank & Vetters Elektronik GbR sowie die IT Ingenieurtechnik GmbH vertreten. Geschäftsführer der Lasertechnik Chemnitz ist Dr.-Ing. Gert Teschauer. Wissenschaftlich begleitet wird das Netzwerk von der Professur Erwachsenenbildung und betriebliche Weiterbildung der TU Chemnitz. Zugleich ist es

mend in Schwierigkeiten, wenn es um die Bearbeitung der immer komplexer werdenden Kundenanforderungen geht. Derzeit sehen sich 53 Prozent (1997: 37 Prozent) der Unternehmen vom Fachkräftemangel betroffen und in ihren Wachstumschancen eingeschränkt. Auch für das Jahr 1999 waren die Erwartungen zum Befragungszeitpunkt durchweg freundlich. Sowohl die erwartete Inlandsnachfrage

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eingebunden in das sächsische Unternehmensprogramm zur „Förderung betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung in den neuen Bundesländern“. Erstes Vorhaben des Lasertechnik-Verbundes ist die Entwicklung von Komponenten neuartiger Lasertechnik. Vorhandene Forschungskapazitäten sollen gebündelt und die Entwicklungszeit dadurch verkürzt werden. „Für die Region sind solche Verbünde deshalb von großer Bedeutung, da sie global die Konkurrenzfähigkeit sichern und so Arbeitsplätze in der Region binden und neue schaffen sowie durch Synergieeffekte neue Technologien in Sachsen anzusiedeln helfen“, meint der wissenschaftliche Leiter Prof. Dr. Roland Schöne. Weitere Informationen erteilt der Netzwerkinitiator Dipl.-Ing. Wolfgang Richter, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Chemnitz, Tel. (03 71) 5 31-45 32, www.tu-chemnitz.de.

als auch Lieferungen in das Ausland wird sich nach Einschätzung der Unternehmen positiv entwickeln. 91 Prozent der Befragten gingen damals von einer günstigeren oder gleichbleibender Geschäftslage aus.

Banker studieren in Chemnitz Von Vorteil für die wirtschaftliche Entwicklung erweist sich immer mehr das dichtgewebte Netz von MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Forschungseinrichtungen in Südwestsachsen – angefangen von der traditionsreichen Bergakademie Freiberg über die Fachhochschule Zwickau-Mittweida bis hin zur 160 Jahre alten Technischen Universität Chemnitz, die erst kürzlich von einem bekannten Nachrichtenmagazin zur beliebtesten TU Deutschlands gekürt wurde und auch in anderen Hochschulrankings vorderste Plätze belegt. Besonderes wissenschaftliches Ansehen genießen dabei die Fakultät für Maschinenbau und die Verfahrenstechnik sowie die Informatik. Aber auch die Wirtschaftswissenschaftler punkten mit innovativen

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Studienangeboten: So kann seit dem Sommersemester 1999 der Studiengang „Investmentbanking“ belegt werden, wobei die TU eng mit der Commerzbank zusammenarbeitet. Und das nicht von ungefähr: Denn die Chemnitzer Uni unterhält traditionell ein gutes Verhältnis zu dem Geldhaus, das unter anderen aus dem Chemnitzer Bankverein von 1871 hervorgegangen, einen Teil seiner historischen Wurzeln in Chemnitz hat. Hochrangige Commerzbank-Manager bis hin zum Chefdevisenhändler bestreiten einen Teil der Vorlesungen und Seminare, und machen diese damit beson-

ders praxisnah. Auch beim Innoregio-Wettbewerb des Bundesforschungsministers mischt die TU Chemnitz mit mehreren Projekten kräftig mit. Verschiedene Weiterbildungsveranstaltungen für gewerblich Tätige – etwa zu den Themen Internet/Intranet Im Maschinenbau, Kostenrechnung in KMU, Zeichnen mit Autocad, Arbeitnehmererfinderrecht oder Qualitätsmanagement – zeigen die enge Verzahnung zwischen TU und Wirtschaft. Mehrere Sonderforschungsbereiche (unter anderen zum Themenkomplex Mikromechanische Sensorund Aktorarrays), diverse

An-Institute wie das Institut für Mechatronik, Innovationskollegs, zwei FraunhoferInstitute (für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik sowie für Zuverlässigkeit und Mikrointegration) sowie das größte und erfolgreichste Technologiezentrum (TCC) ganz Sachsens machen deutlich, daß die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft in Chemnitz ein „beispielhaftes Niveau“ erreicht hat. Und daß Chemnitz die Automobilisten am Stadtrand mit einem Schild begrüßt, wonach man jetzt in die „InnovationsWerkStadt“ Sachsens einfahre, ist nicht nur Anspruch, sondern Realität. j

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Glorreiches Comeback Chemnitz setzt auf eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur Bis heute steht Chemnitz im Schatten seiner Schwestern Dresden und Leipzig. Milliardenschwere Großinvestitionen sind bisher ausgeblieben, doch feiern die angestammten Industriezweige – allen voran Maschinenbau und Fahrzeugtechnik – eine erstaunliche Renaissance. Im Gespräch mit Dr. Bernd Lange, Geschäftsführer der CWE Chemnitzer Wirtschaftsförderungsund Entwicklungsgesellschaft mbh, versuchen wir eine Standortbestimmung.

MM: Herr Dr. Lange, man spricht gerne vom SachsenDreieck oder auch vom Sachsen-Dreier. Gemeint sind die Städte Chemnitz, Dresden und Leipzig. Wo positioniert sich der Wirtschaftsstandort Chemnitz innerhalb dieses „Trios“? Lange: Chemnitz ist der Mittelpunkt einer Region mit zwei Millionen Einwohnern im Einzugsgebiet. Die Stadt selbst hat rund 260 000 Einwohner. Die wirtschaftlichen Schwerpunkte liegen einmal im Automobilbau und im Zulieferwesen sowie im Maschinenbau, oder, wenn man den Begriff etwas weiter faßt, im Bereich der innovativen Fertigungstechniken. Das fängt an beim Werkzeugmaschinenbau und reicht über den Sondermaschinenbau bis hin

CWE-Geschäftsführer Dr. Bernd Lange: „Unter Beschäftigungsaspekten brauchen wir in Chemnitz eine Ergänzung. Eine solche Ergänzung sehe ich in innovativen Dienstleistungen.“

Produktivitätswachstum vor, so daß die sie nur wenig zum Beschäftigungsaufbau beitragen. Unter Beschäftigungsgesichtspunkten brauchen wir hier in Chemnitz eine Ergänzung...

zur Automatisierungstechnik.

MM: ...und wie sähe diese aus?

MM: Dresden will zu Silicon Valley Europas werden. Leipzig setzt auf Dienstleistungen. Chemnitz dagegen „renoviert“ seine „Alt-Industrien“, insbesondere den Maschinen- und Fahrzeugbau. Diesen Branchen messen Wirtschaftsforscher nur noch wenig Wachstumspotential zu. Begibt sich Chemnitz damit nicht in den Schlagschatten der anderen beiden Standorte?

Lange: Eine solche Ergänzung sehe ich in innovativen Dienstleistungen. Dort gibt es, was das Beschäftigungspotential angeht, die höchsten Zuwachsraten, sei es im Software-Bereich, in der Telekommunikation oder im Service. Hier gibt es auch Anknüpfungspunkte zu den klassischen Industriezweigen der Region, schließlich gewinnen vor dem Hintergrund der Tatsache, daß die Produkte selbst, also die Hardware, einander immer ähnlicher werden, produktbegleitende Dienstleistungen an Bedeutung. Auch für die traditionellen Zweige wie den Maschinenbau besteht der Zwang, sich diesen Dienstleistungskomponenten zu öffnen.

Lange: Das glaube ich nicht, Wenn Sie sich die Branchen ansehen, die den größten Beitrag zum Bruttosozialprodukt liefern und auch den größten Exportanteil stellen, dann sind dies der Maschinenbau und die Automobilindustrie. Beide Industriezweige legen außerdem ein beachtliches Innovationstempo, allerdings auch

MM: Der sächsische Maschinenbau hat nach einer IfoStudie aus dem Jahr 1997 erhebliche strukturelle Defizite. Von suboptimalen Betriebsgrößen ist da die Rede und ungenügenden Marketingaktivitäten. Ist man in dieser Hinsicht mittlerweile vorangekommen, speziell in der Region Chemnitz? Lange: Die suboptimale Betriebsgröße, wie Sie das nennen, ist kein spezielles Problem der Chemnitzer

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Industrie, sondern ein Problem in den neuen Ländern insgesamt. Die industriellen Strukturen sind sehr kleinteilig und man muß sich in der Tat fragen, ob die Betriebsgrößen ausreichen, im globalen Wettbewerb zu bestehen. Die Entwicklungsstrategie in Chemnitz ist darauf gerichtet, durch firmenübergreifende Kooperationen zu versuchen, diese Defizite auszugleichen. Wie Sie wahrscheinlich wissen, haben wir vor einiger Zeit das Kompetenzzentrum Maschinenbau initiiert mit dem Ziel, Ressourcen zu bündeln. MM: Das Ifo-Institut hat außerdem gravierende Lücken in der regionalen Zulieferkette diagnostiziert. Inwieweit konnten Lücken bereits geschlossen werden? Lange: Das eben erwähnte Kompetenzzentrum Maschinenbau bemüht sich darum, die Wertschöpfungskette zu komplettieren, und

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zwar in der Weise, daß man durch Bündelung von Aufträgen Zulieferer weiterentwickelt und für Unternehmen interessant macht, die in der Region siedeln wollen oder schon vor Ort präsent sind. Das Problem ist also erkannt. Von Seiten der Wirtschaftsförderung arbeiten wir mit Hochdruck daran, noch bestehende Lücken in der Zulieferkette zu beseitigen, auch dadurch, daß wir versuchen, weitere Zulieferbetriebe anzusiedeln. MM: Gibt es eigentlich grenzüberschreitende Zulieferkontakte zum Nachbarn Tschechien? Lange: Sicher. Wenn Sie sich die Fertigungstiefe unserer Maschinenbauer anschauen, dann müßte man genaugenommen fragen: Was machen die überhaupt noch selbst? Natürlich machen sie das Design der Maschine, die Montage und den Vertrieb. Ein Großteil der Bund C-Komponenten wird

aber bereits aus Billiglohnländern bezogen. Gewisse Ausnahmen gibt es bei den A-Komponenten, da diese im wesentlichen die Qualität einer Maschine bestimmen. MM: Kommen wir nochmals zurück zum „SachsenDreier“. Anders als in Dresden oder Leipzig hat es in Chemnitz kaum spektakuläre Großinvestitionen gegeben. Warum? Lange: Ich denke, daß das mit der gewachsenen Industriestruktur in der Region zusammenhängt. Seien wir doch ehrlich: Wer nimmt heute noch Milliarden in die Hand und investiert sie in den Maschinenbau? Im Automobilbereich ist es uns durchaus gelungen, Großinvestoren anzulocken, wenn Sie an das Motorenwerk Chemnitz denken. Jedes Großprojekt hat aber zwei Seiten. Es schafft zwar auf einen Schlag eine Menge neuer Jobs, doch entstehen auch gewisse

Abhängigkeiten. Scheitert ein Milliardenprojekt, ist das allemal problematischer als wenn ein Kleiner das Handtuch wirft. Deshalb setzten wir lieber auf eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur. Sicher ist es vorteilhaft, einige Lead-Investoren, einige Motoren, zu haben, aber die müssen ja nicht gleich milliardenschwer sein. MM: Kann das Ausbleiben großer Investments nicht auch etwas mit den „weichen“ Standortfaktoren zusammenhängen? Speziell die Amerikaner scheint es ja eher nach Dresden zu ziehen. Verglichen mit Dresden ist Chemnitz doch das Aschenputtel Sachsens. Lange: Natürlich haben wir in Chemnitz keine Semperoper und auch kein attraktives Messegelände wie in Leipzig. Dennoch kann man nicht sagen, daß ausländische oder speziell amerikanische Unternehmen einen Bogen um Chemnitz machen würden.

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Niles-Simmons ist eine amerikanische Firma, Commercial Intertec/Sachsenhydraulik, ein Hersteller von Hydraulikkomponenten, hat seinen Stammsitz in Ohio. Auch IBM ist da. Selbstverständlich besitzen die großen Chipfabriken in Dresden eine regelrechte Magnetwirkung auf Zulieferer. Ähnliches gilt übrigens auch für das VW-Werk in Zwickau. In Chemnitz fehlt zugegebenermaßen ein solcher Magnet. Allerdings wäre es meiner Meinung nach unsinnig, diese Entwicklung im Investitionsgüterbereich nachholen zu wollen. Wenn, dann sollte man das im Dienstleistungssektor versuchen, etwa durch die Ansiedlung großer Software-Häuser. MM: In den letzten Jahren sind in Chemnitz verschiedene Initiativen gestartet worden wie das bereits erwähnte Kompetenzzentrum Maschinenbau. Ähnliche Initiativen gab es auch in

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MM: Bestehen Schnittstellen zwischen dem Kompetenzzentrum Maschinenbau auf der einen und der Amtec beziehungsweise Aumoc auf der anderen Seite?

„Scheitert ein Milliardenprojekt, ist das allemal problematischer, als wenn ein Kleiner das Handtuch wirft. Deshalb setzen wir lieber auf eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur.“

der Mikrosystemtechnik und der Mikroelektronik (Amtec und Aumoc). Im Frühjahr wurde zwischen dem Kompetenzzentrum und der Interessenvereinigung Chemnitzer Maschinenbau ein Kooperationsvertrag unterzeichnet. Was soll damit mit der Kooperation angestoßen werden? Lange: Wenn Sie sich die Mitgliederstruktur des Kompetenzzentrums Maschinenbau anschauen, dann werden Sie erkennen, daß dort die Finalproduzenten zusammengeschlossen sind, während die Interessenvereinigung primär die Zulieferer umfaßt. Der Sinn der

Bilder: Schreier

Kooperation beider Einrichtungen besteht darin, die Zulieferkette komplett zum machen. Ein weiteres Ziel der Kooperation ist, Wege zu finden, um Komponentenzu Systemzulieferer weiter zu entwickeln. Inwieweit die Zusammenarbeit bereits mit Leben erfüllt wird, kann ich derzeit noch nicht sagen. Wir haben das Kompetenzzentrum zwar initiiert, was übrigens auch für die Amtec gilt, doch jetzt ist die Industrie selbst am Zuge.

Lange: Solche Querverbindungen gibt es, da ja die Mikrosystemtechnik (Amtec) stark in den Maschinenbau hineinspielt. Angesichts der gegenwärtigen Netzwerkeuphorie bleibt es nicht aus, daß sich Netzwerke wieder mit anderen Netzwerken vernetzen. MM: Sollen noch weitere Initiativen hinzukommen? Lange: Es gibt noch eine Initiative des Anlagen- und Apparatebaus. Die CWE jedoch wird künftig Akzente bei den innovativen Dienstleistungen setzen, etwa in Richtung Software für den Maschinenbau oder Teleservice. MM: „Wirtschaftsregion Chemnitz-Zwickau“ heißt

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ein 1995 gegründeter freiwilliger Zusammenschluß für Standortentwicklung, dessen Vorhaben 1998 im Rahmen des Wettbewerbs „Regionen der Zukunft“ prämiert wurde. Gibt es hier neue Aspekte?

ne, keinen Vergleich zu scheuen. MM: Wie stellen Sie sich den Standort Chemnitz in zehn Jahren vor ? Lange: In den traditionellen Feldern, also im Maschinen-

bau und der Automobiltechnik, wollen wir bis dahin eine internationale Spitzenposition erreichen und in einzelnen Nischen über eine so große Kompetenz verfügen, daß man, wenn es um das Lösen ganz bestimmter Probleme geht, am Standort

Chemnitz und dem dort vorhandenen Know-how nicht mehr vorbeikommt. Und noch etwas wollen wir bis dahin schaffen, nämlich mindestens 20 000 neue Arbeitsplätze im Bereich der innovativen Dienstleistungen. j

Lange: Ja, es gibt so etwas wie ein regionales Handlungsund Entwicklungskonzept. Nach meinem Verständnis geht es in erster Linie darum, der südwestlichen Spitze des Sachsen-Dreiecks einfach mehr Gewicht zu verleihen. Wir wollen Marketing für die Region Chemnitz-Zwickau machen, national und international, und wir wollen mit einheitlicher Stimme sprechen, wenn es um Infrastrukturentscheidungen des Landes oder des Bundes geht. MM: Wo sehen Sie, wo sieht sich Chemnitz im bundesweiten Standortwettbewerb? Lange: Es gibt Indikatoren, mit denen man den wirtschaftlichen Erfolg messen kann. Im ostdeutschen Vergleich hat Chemnitz in vielen Bereichen die Nase vorn. Im Vergleich zum Westen muß man natürlich noch Abstriche machen. Bei den Patentanmeldungen führt Chemnitz ganz klar in Ostdeutschland, vor Dresden, vor Leipzig, übrigens auch vor Bochum oder Braunschweig. Das gleiche gilt für die Exportquote und das Exportwachstum. Beide Werte liegen weit über dem ostdeutschen Durchschnitt, erreichen allerdings nicht den Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes in Westdeutschland. Auch in puncto Kaufkraft braucht Chemnitz – bezogen auf die neuen Länder –, wie ich meiMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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reits Aufträge im Volumen von weit über 50 Millionen Mark im Haus und darüber hinaus Optionen in ähnlicher Größenordnung.“ Der Umsatz von 1999 wird im kommenden Jahr auf jeden Fall erreicht.

Ausbildung hat Priorität

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Niles-Simmons rasant gewachsen Ein enormes Wachstumstempo hat die zur Simmons-Gruppe gehörende NilesSimmons Industrieanlagen GmbH, Chemnitz, in den letzten Jahren vorgelegt. Das Erfolgsgeheimnis besteht in einem klar strukturierten Produktprogramm.

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weistellige Wachstumsraten sind typisch für die Software- oder im Medienbranche; eher untypisch sind sie für den Werkzeugmaschinenbau. Und ein solcher untypischer Werkzeugmaschinenbauer ist die Chemnitzer NilesSimmons Industrieanlagen GmbH. Schon 1998 hatte man mit prall gefüllten Auftragsbüchern das 100jährige Bestehen feiern können und einer 30-Millionen-Mark-Order des amerikanischen Autogiganten General Motor als Sahnehäubchen obendrauf. Geliefert werden insgesamt 36 CNC-Drehmaschinen zur Kurbelwellenbearbeitung für das GM-Weltmotorprojekt. Die ersten Maschinen haben sich inzwischen auf die Reise über den großen Teich gemacht. Doch auch 1999 kann das sächsische Traditions-

In den Hallen von Niles-Simmons wird es langsam eng. Kein Wunder: Die Auftragsbücher sind gut gefüllt.

unternehmen nicht über Auftragsmangel klagen. Die Bestände sind hervorragend und „die Absicherung der Aufträge zu hundert Prozent gegeben“ freut sich NilesSimmons-Gesamtvertriebsleiter Franz Tunkel. Seit der Übernahme des ehemaligen VEB Großdrehmaschinenbau „8. Mai“ durch die amerikanische Simmons Machine Tool Group, Albany, im Jahr 1992 geht es rasant bergauf. Von 32 Millionen Mark über 48 Millionen Mark kletterte der Umsatz bis 1998 auf 77,2 Millionen Mark; im laufenden Jahr dürfte die Schallmauer von 100 Millionen Mark durchbrochen werden – „und das bei schwarzen Zahlen“, wie Tunkel stolz verkündet. Auch was das Jahr 2000 angeht gibt er sich optimistisch: „Wir haben be-

Nach Jahren, die geprägt waren von hohen Wachstumsraten, will man nun eine Atempause einlegen. „Wachstum“, erläutert Tunkel, „geht schließlich einher mit Personalaufbau“. Allein seit vergangenem Jahr wurde die Belegschaft abermals um gut 50 Mitarbeiter (inklusive Azubis) inzwischen etwa 300 aufgestockt. Doch ist der Arbeitsmarkt für Fachkräfte in der Region weitgehend leergefegt, was sich immer mehr als Wachstumsbremse bemerkbar macht. Besonders knapp ist das Angebot an Ingenieuren. Konsolidierung heißt folglich die Devise für die nahe Zukunft – und Decken des Facharbeiterbedarf aus eigenen Reihen. „Wir stellen das Thema Nachwuchs sehr stark in den Vordergrund und haben hier in den vergangenen Jahren viel getan“, betont Tunkel. In der Tat: 20 Azubis stehen bei Niles-Simmons derzeit unter Vertrag, 1998 waren es 13 gewesen – Zahlen, die für sich sprechen.

Produktprogramm klar strukturiert Einen wesentlichen Bestimmungsfaktor für das Wachstum der letzten Jahre sieht Prokurist Tunkel im klar strukturierten Produktprogramm. „Wir haben uns auf sechs Standbeine gestellt: CNC-Drehmaschinen, Dreh-Fräs-Bearbeitungszentren sowie VertikalMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Bilder: Schreier

und Horizontal-Drehbearbeitungssysteme. Daneben bauen wir Vertikal-Bearbeitungszentren die von Mikron vertrieben werden. Hinzu kommen noch Radsatzmaschinen in Unterflurausführung für den Schienenfahrzeugbau sowie als sechstes Standbein Sondermaschinen.“ Bei allen Maschinen handelt es sich um Neuentwicklungen, alle sind nach dem Niles-SimmonsBaukastensystem aufgebaut mit Zulieferteilen höchster Qualitätsstufe „Als wir uns 1992 die Frage stellen mußten, ob wir in Richtung Stückzahl oder Technologie gehen sollten, haben wir uns für die Technologie entschieden“, erinnert sich Tunkel: „Heute können wir sagen, daß diese Entscheidung richtig war, wie auch die Anerkennung am Markt zeigt.“ Natürlich nutzt man auch die innerhalb der Simmons Machine Tools Group bestehenden Synergien. So ergänzen sich viele Produkte von Niles-Simmons und der US-Mutter. Das gilt zum Beispiel für die Radsatzmaschinen: Während in den USA Überflurmaschinen gebaut

Gesamtverkaufsleiter Franz Tunkel: „Als wir uns die Frage stellen mußten, ob wir in Richtung Stückzahl oder Technologie gehen sollen, haben wir uns für die Technologie entschieden.“ MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

werden, baut Niles-Simmons in Chemnitz Unterflurmaschinen. Auch im Vertrieb arbeiten Niles-Simmons und das US-Stammhaus eng zusammen. Zudem übernimmt das Stammhaus in den USA Serviceaufgaben für die Chemnitzer Tochter. Ähnliches gilt für China: „Dort haben wir zusammen mit unserer Muttergesellschaft ein gemeinsames Vertriebs- und Servicebüro eingerichtet, um alle Produkte aus einer Hand anbieten zu können. Die Folge: Die ersten Drehmaschinen wurden inzwischen nach China ausgeliefert.“

Hohe Fertigungstiefe macht flexibel Und in noch einer anderen Hinsicht ist Niles-Simmons ein ungewöhnliches Unternehmen: Für einen modernen Maschinenbauer hat man eine sehr hohe Fertigungstiefe. Viel Eigenfertigung mache flexibel, lautet die These, die dahintersteht. Dazu bemerkt Gesamtvertriebsleiter Tunkel: „Wer Standardprodukte fertigt, kann seine Fertigungs tiefe „verteilen“. Wenn die Technologie im Vordergrund steht, muß man dieses Know-how im Hause halten.“ Vom Know-how und der Qualitätsphilosophie des Hauses kann man sich unter anderem auf der Metallbearbeitungsmesse Metav in Düsseldorf überzeugen, wo Niles-Simmons ein neues Produkt vorstellen will. Höhepunkt im Niles-Simmons-Messejahr 2000 wird sicherlich die Teilnahme an der IMTS in Chicago sein – dem größten Schaufenster für moderne Fertigungstechnik auf dem amerikanischen Kontinent. j

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selbst im Betrieb arbeiten. Das motiviert, und diese Motivation ist der Garant dafür, daß das Modell funktioniert. Daß es funktioniert, können Sie an unserer Umsatzentwicklung ablesen. Statt der geplanten 33 Millionen Mark werden es in diesem Jahr wohl 35 Millionen werden.

Becker: „Betriebsrat, Beirat und Geschäftsführung sind in den gesamten Entscheidungsprozeß einbezogen.“

Hermans: Ich „fürchte“ noch mehr. MM: Wie sieht gegenwärtig die Gesellschafterstruktur aus? Becker: Wir haben augenblicklich 150 Mitarbeiter einschließlich der Auszubildenden. Davon sind 100 Gesellschafter des Unternehmens.

Bei Union schaffen nur Chefs

Hermans: In der Tat, das Beteiligungsmodell ist ein Erfolgsrezept. Es ist so erfolgreich, daß sogar McKinsey sich dafür interessiert. Sie wollten wissen, was wir hier gemacht haben, und wie wir das gemacht haben. In diesem Fall hat McKinsey nicht uns beraten, sondern wir McKinsey. Becker: Nun, das besondere an unserer Gesellschaftsform ist, daß die Gesellschafter

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Becker: Noch, ich betone noch, sind sie keine Gesellschafter. Der Gesellschafter-

MM: Herr Becker, Herr Hermans, mit 13 Mitarbeitern haben Sie 1997 nach der Gesamtvollstreckung den Neustart gewagt. Heute stehen rund 150 Beschäftigte auf der Lohnliste. Ist das Beteiligungsmodell das Geheimnis Ihres Erfolgs?

MM: Nochmals kurz zurück ins Gründungsjahr. Wie hat alles angefangen? Und warum dieses Modell. Becker: Wir haben im Juni vor drei Jahren damit begonnen, ehemalige Beschäftigte von Union, insgesamt 100, anzusprechen und haben ihnen gesagt: Wir stellen uns vor, daß jeder 10 000 Mark einbringt. Mit dem Kapital von einer Million Mark starten wir und werden versuchen, sollte die Sache klappen, alle Gesellschafter im Unternehmen zu beschäftigen. MM: Und wie wird das Beteiligungsmodell in der Praxis „gelebt“? Becker: Mit Gründung der Union Werkzeugmaschinen

Bilder: Schreier

Vor manchen Restaurants verkündet eine Tafel, hier koche der Chef selbst. Bei der Union Werkzeugmaschinen GmbH stehen die Unternehmer an der Werkbank, denn seit 1997 ist die Chemnitzer Traditionsfirma eine Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft. Über ihre Erfahrungen mit diesem Modell sprachen wir mit den geschäftsführenden Gesellschaftern Wolfgang Becker und Kurt Hermans.

MM: Und was ist mit der restlichen Stammbelegschaft. Können diese Mitarbeiter auch Gesellschafter werden?

vertrag läßt das momentan nicht zu. Aber wir denken darüber nach, wie wir das spätestens mit der nächsten Vollversammlung im April kommenden Jahres regeln können.

Hermans: „Ich denke nicht, daß das Modell Union so ohne weiteres übertragbar ist.“ MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Regionen im Wandel

MM: Welche Aufgabe hat konkret der Beirat? Becker: Er bestimmt zusammen mit der Geschäftsführung die Geschicke des Unternehmens. Früher gab es alle sechs Wochen eine Beiratssitzung, heute gibt es nur noch drei Sitzungen im Jahr bei denen über die Geschäftsergebnisse berichtet wird und strategische Fragen beraten werden. De facto sind also fünf Gesellschafter, die zwei Geschäftsführer eingeschlossen, unternehmerisch tätig, die restlichen 95 halten quasi eine stille Beteiligung. MM: Haben – oder anders gefragt – brauchen Sie eigentlich einen Betriebsrat? Becker: Natürlich haben wir einen Betriebsrat, auch wenn das zunächst etwas seltsam anmutet. MM: Aber gibt es da nicht Konflikte, wenn Gesellschafter in die Rolle des abhängig Beschäftigten schlüpfen sollen? Becker: Nein. Der Betriebsratsvorsitzende ist gleichzeitig auch gewähltes Mitglied des Beirats und faßt in dieser Position die unternehmerischen Beschlüsse mit, die er als Betriebsrat dann selbstverständlich nicht unterlaufen kann. Ich sehe darin MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

sogar einen Vorteil. daß Betriebsrat, Beirat und Geschäftsführung in den gesamten Entscheidungsprozeß einbezogen sind. Hermans: Sie müssen auch berücksichtigen, daß die Belegschaftsmitglieder, die keine Gesellschafter sind, immerhin ein Drittel, ebenfalls eine Vertretung brauchen. Das ist eben der Betriebsrat, und der muß eben den Spagat schaffen, gleichzeitig die Gesellschafterinteressen von zwei Dritteln der Belegschaft und die Arbeitnehmerinteressen des restlichen Drittels unter einen Hut zu bringen. Lassen Sie mich noch etwas sagen: Gelegentlich war in der Presse zu lesen, die Union-Beschäftigten hätten ihren Arbeitsplatz „gekauft“. Das ist glatter Unsinn. Nur 13 Mitarbeiter-Gesellschafter sind am 3. September 1996 fest eingestellt worden, damit das Geschäft wieder anlaufen konnte. Die restlichen 87 Gesellschafter waren bis auf weiteres arbeitslos; der letzte Gesellschafter hat erst im Juni 1997 einen Arbeitsplatz bekommen. MM: Kann Union ein Modell auch für andere Unternehmen sein? Hermans: Ich denke nicht, daß das Modell Union so ohne weiteres übertragbar ist. 10 000 Mark wegzugeben, dafür vielleicht sogar einen Kredit aufzunehmen, und das allein auf die Zusicherung hin, irgendwann einen Job zu bekommen, wenn die Geschäfte wieder besser laufen, das setzt schon eine ganz besondere Mentalität voraus. Und diese besondere Mentalität ist das Geheimnis unseres Erfolgs. j

U NIO N AU F E INE N BLIC K

Abschied vom Gestern Etwas Denkwürdiges gab es kürzlich bei der Union Werkzeugmaschinen GmbH, Chemnitz, zu feiern, nämlich die Auslieferung der letzten Maschine aus dem „alten“ Programm. Mit einer völlig runderneuertem Produktpalette tritt das sächsische Traditionsunternehmen jetzt an, das nach mehreren mißglückten Privatisierungen im Herbst 1996 als Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft den Neustart wagte. Innovation zahle sich aus, heißt es, und Union ist, wie Geschäftsführer Wolfgang Becker, ein Unioner alten Schlages und bereits seit 1960 an Bord, nachdrücklich betont, „ein innovatives Unternehmen“. Bester Beweis dafür ist die Umsatzentwicklung: Nach 25 Millionen Mark im vergangenen Jahr steuert der Hersteller von Bohrwerken und CNC-Bearbeitungszentren 1999 zügig auf einen Umsatz von mehr als 35 Millionen Mark zu, womit das einstige „Plansoll“ von 33 Millionen Mark deutlich übererfüllt wird. Noch erfreulicher ist: Man schreibt inzwischen schwarze Zahlen – bereits drei Jahre nach der Gründung, und nicht nach vier, wie ursprünglich angestrebt. Entsprechend hoch liegt denn auch die Meßlatte für das Jahr 2000: 40 Millionen Mark Umsatz sollen es schon werden. Zugleich denke man aber, so Geschäftsführer Kurt Hermans darüber nach, sich zu konsolidieren, das heißt die einzelnen Kostenpositionen im Unternehmen genauer unter

Bild: Schreier

GmbH wurde ein Beirat gebildet, der eine Aufsichtsratsfunktion ausübt. Es regieren also nicht 100 Gesellschafter, sondern der Beirat ist das kontrollierende Organ. Er hat drei gewählte Mitglieder aus den Reihen der Belegschaft, dazu kommen noch weitere externe Mitglieder.

Modular aufgebaut und nach oben hin aufrüstbar sind die Bohrwerke von Union.

die Lupe zu nehmen“. Becker pflichtet ihm bei: „Auf der Kostenseite haben wir sicher noch zu arbeiten. Schließlich müssen wir gegen Wettbewerber aus Tschechien konkurrieren, die uns zumindest von der Preisseite unterbieten.“ Wieder zulegen will Union künftig auch im Exportgeschäft, wo man im laufenden Jahr bei den Ordereingängen und beim Umsatz gewisse Abstriche machen mußte. 25 Prozent Exportquote hält Hermans im Branchenvergleich für zu wenig. 35 bis 40 Prozent wären angemessen. Trotz Konsolidierungskurs: In Sachen Innovation sollen keine Abstriche gemacht werden. „In unseren Produkten steckt die modernste Technik. Da sind wir dem Wettbewerb Jahre voraus. Wo wir ihm nicht Jahre voraus sind, sind die Preise“, schmunzelt Hermans. Am deutschen Bohrwerksmarkt (ohne Großbohrwerke) sieht Union sich inzwischen als Nummer 2 mit deutlichem Abstand vor der Nummer 3.

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Bild: Hafen Halle

Der Hafen Halle-Trotha eine Verkehrsdrehscheibe mit Entwicklungspotential.

Netzwerk plus Der Hafen Halle/Saale geht neue Wege JÜRGEN SCHREIER

bei der Industrieansiedlung Großes vor haben Halles „Stadtwerker“ mit dem Hafen Halle-Trotha und der Mülldeponie Halle-Lochau. Im Rahmen des Projekts „Netzwerk plus“ sollen umweltorientierte Unternehmen, hafenaffine Betriebe sowie Unternehmen angesiedelt werden, die nachwachsende Rohstoffe verarbeiten. Ziel ist die Bündelung von Unternehmenskompetenzen, um neue, zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen.

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olfgang Bönsch ist Realist: „Wir rechnen damit, daß unsere cash cow, die Energieversorgung Halle, in zwei bis drei Jahren keine cash cow mehr sein wird, da die Strompreise immer weiter sinken werden. Also sind wir gezwungen, uns nach neuen Geschäftsfeldern umzusehen“, meint der agile Schwabe und „Neu-Anhaltiner“, bei der Halle GmbH, einem Unternehmen des Stadtwerke-Konzerns Halle/Saale, für die Industriensiedlung zuständig. Damit steht Halle natürlich nicht alleine: Die munter purzelnden Preise am liberalisierten Strommarkt nötigt die kommunalen Energieerzeuger zu einer Neuorientierung.

In Halle hat man wenigstens einige Pfunde, mit denen man wuchern kann – den Hafen Halle-Trotha beispielsweise. Dazu gehört unter anderem der seit 1928 bestehende Hafen, der mit einem Gesamtaufwand von rund 45 Millionen Mark bis zur Jahrtausendwende zu einer attraktiven Verkehrsdrehscheibe innerhalb Europas ausgebaut werden soll.

Top-Bedingungen für Ansiedler So entsteht am Südkai des Hafenbeckens eine Ladestraße mit Zwischenlagerflächen und leistungsfähigen Einrichtungen für den kombinierten Bahn-, Schiffs- und Lkw-Umschlag. An gleicher Stelle werden die zugehöri-

gen Gleisanlagen rekonstruiert. Durch den Bau einer neuen Rangieranlage wird in Zukunft das Be- und Entladen von Ganzzügen bis zu einer Länge von 750 Meter möglich sein. Ferner erhöhen Investitionen in das Hafen-Straßennetz mit direkter Anbindung an die B6 die Attraktivität des Areals für Ansiedler. „Mit der Realisierung der ersten Ausbaustufe bis zum Ende des Jahres bietet der Standort im Norden Halles schon kurzfristig hervorragende Ansiedlungsbedingungen für Investoren“, freut sich Gerhard Schneider, Geschäftsführer der Hafen Halle GmbH. Rund 220 Hektar Fläche im Hafen und dessen direktem Umfeld mit zeitgemäßer Infrastruktur stehen den Ansiedlern zur Verfügung. Dabei geht es aber nicht um die Errichtung eines Industrieund Gewerbeparks im herkömmlichen Sinn. Schließlich soll der Fehler, den nach einer Untersuchung von Prof. Dr. Ulrich Hilpert, Universität Jena, viele Kommunen in den neuen Ländern gemacht haben, nämlich Unternehmen anzusiedeln, ohne darauf zu achten, daß diese sich in ihren Prozeßketten ergänzen, in Halle nicht wiederholt werden. „Was wir aufbauen wollen“, erläutert Industrieansiedler Bönsch, „ist ein ganzes Netzwerk von Unternehmen – ein Netzwerk deshalb, damit das eine Unternehmen mit dem anderen Geschäfte treiben kann, um so eine Grundauslastung sicherzustellen“. „Netzwerk plus“ heißt das Vorhaben, das hafenaffine MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Betriebe aus der Baustoff-, Stahl- und Holzbranche, umweltorientierte Unternehmen und solche, die nachwachsende Rohstoffe verarbeiten, zusammenzubinden will, Unternehmen, die wieder untereinander Verbindungen knüpfen. Vergleichbar dem bekannten Schneeballeffekt, erwartet Hafen-Halle-Geschäftsführer Schneider, daß sich nach und nach weitere Partner in das Projekt integrieren. Daß man sich in Halle auf nachwachsende Rohstoffe kapriziert, hat einen einfachen Grund: Die als Chemieund Industriestandort bekannte Saalestadt besitzt ein stark agrarisch geprägtes Hinterland. Außerdem benötigen diese Unternehmen die Ressource „große Lagerfläche“ sowie hafentypische logistische Einrichtungen. Dazu Bönsch: „Es wird ja nur einmal im Jahr geerntet, weshalb entsprechende Zwischenlager vorhanden sein müssen, um eine kontinuierliche Verar-

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Bild: Hafen Halle

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Moderne Umschlagtechnik und große Lagerflächen sind wichtige Voraussetzungen für die Ansiedlung hafenaffiner und umweltorientierter Unternehmen.

beitung der Rohstoffe zu gewährleisten.“

Ein Konzept im großen Stil Nach dem Motto „wenn schon, denn schon“ wagt man in Halle gleich den „großen Rundumschlag“, so Bönsch: „Ein Ansiedler, der Hanf und Flachs zu Dämmstoffen und Teilen für die Automobilindustrie verarbeitet, ist uns genauso willkommen, wie ein Unterneh-

men, das aus Lupinensamen Eiweißstoffe oder Grundstoffe für die Farbenindustrie produziert. Auch ein Produzent von Strohplatten für die Bauindustrie, ein Solarzellenhersteller oder ein Unternehmen das NiedrigenergieFertighäuser baut, würde sich optimal in unser Netzwerk einfügen. So könnte der Fertighausfabrikant dann idealerweise seine Dämmplatten vom Strohverarbeiter beziehen oder Solarkollekto-

ren von der Solartechnikfirma.“ Wichtig ist für Bönsch, daß sich die Prozeßketten der einzelnen Unternehmen ergänzen und nach Möglichkeit ineinandergreifen. Besonders augenfällig wird die Netzwerkidee bei der sogenannten „Baufabrik“, die in Zusammenarbeit mit einem großen Baustoffhändler im Hafen Halle entstehen soll. Quasi unter einem Dach findet der (potentielle) Bauherr dort alles vor, damit aus seinem „Traum vom Haus“ sein „Traumhaus“ wird: die Bank oder Bausparkasse, Planungsbüros, den Architekten, Hoch- und Tiefbauunternehmen, alle sonstigen Gewerke, dazu eine große Baustoffausstellung und ein Logistikzentrum, das alle für den Bau erforderlichen Dinge zur Verfügung stellt. „Sämtliche Partner“, erläutert Bönsch, „sind EDVmäßig vernetzt. Per Computer läßt sich feststellen, wie lange ein Bauvorhaben dau-

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Regionen im Wandel Markt

Bau-Cluster alle Gewerke Bau, Logistik, Baumaschinen, vernetzt in einer „Baufabrik” alle Technologien zum energie- und kostenoptimierten Bauen Aufträge

Marketing- und ManagementOverhead „Netzwerk-Plus”

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg TU Magdeburg FH Merseburg wissenschaftliche Institute Technikum Ingenieurbüros Großdeponie Halle-Lochau Aufträge

Aufträge Know-how

Brennstoffzellen Photovoltaik Wärmepumpen solare Wärme Brauch- und Regenwassernutzung Kleinstkühlkompressoren Haus-BHKW Know-how

Know-how

Maschinen- und Anlagenbaubetriebe, Meß-, Steuerund Regeltechnik

Cluster „Regenerative Energien”

Aufträge

Hafen Halle- Trotha als trimodale Schnittstelle für Schiff, Bahn und Lkw

Aufträge

Markt

Cluster „Nachwachsende Rohstoffe”

alle Technologien zur ökonomischen Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe

Know-how

Know-how

Know-how

Hanf- und Strohverarbeitung Holz und Biospanplatten Trittschallschutz Dämmstoffe Proteingewinnung aus Lupine Methanol- und Biodieselgewinnung Biofilterherstellung Rückbrotverwertung Farbstoffe und Holzschutzmittel auf Waidbasis

Aufträge

Markt

Aufträge

alle Technologien zur wirtschaftlichen Erzeugung regenerativer Energien Aufträge

Know-how

Know-how

Cluster „Recycling / Kreislaufwirtschaft”

alle Technologien zur ökonomisch sinnvollen Verwertung von Abfällen

„Netzwerk plus“ bündelt unternehmerische Kompetenzen in der Umwelttechnologie und bei nachwachsenden Rohstoffen. Bild: Hafen Halle

Kunststoffrecycling – Verbundstofftrennung – Glasrecycling – Gummirecycling – Restmüllverwertung – Altmöbelrecycling – Altfensterrecycling – Altautoverwertung – Sickerwasseraufbereitung – Altpapierverwertung – Schwermetallrecycling – Immobilisierungsverfahren – Gewinnung von Aromastoffen aus Rauchgasen – Wasserstoff aus Restabfällen

Markt

ern wird, welche Materialien in welcher Menge und welche Handwerker zu welchem Zeitpunkt benötigt werden. Zugleich übernimmt das Programm bei der Bauausführung die Koordination der Arbeiten.“ Um bis zu 30 Prozent niedrigere Baukosten dürften wohl jeden

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„Häuslebauer“ ebenso überzeugen, wie die Tatsache, daß die Partner der „Baufabrik“ konsequent auf das betriebskostensparende Niedrigenergiehaus setzen. Eine intensive Betreuung durch die Hafen Halle GmbH, etwa die gemeinsame Auftrags- und Technolo-

gieakquisition oder zentrale Verwaltungsdienstleistungen durch ein allerdings noch in Planung befindliches Busineßbüro sollen dafür sorgen, daß sich die Unternehmen, die im Hafen Halle investieren, rasch und reibungslos ins Netzwerk integrieren. Bönsch: „Derzeit bilden wir

einen Marketing-Overhead, wo wir die gesamten Marketingaktivitäten für das Netzwerk bündeln.“ Das reicht von Werbung und PR-Maßnahmen bis hin zu gemeinsamen Messeauftritten, etwa auf der diesjährigen Terratec in Leipzig, wo „Netzwerk plus“ erstmals dem FachpuMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Bild: Schreier

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Ihre Ansprechpartner bei der Hafen Halle GmbH in Sachen Industrieansiedlung: Links Wolfgang Bönsch, Bevollmächtigter für Industrieansiedlung, rechts Marion Domhardt, Marketingleiterin.

blikum vorgestellt wurde. Von der Dimension des Projekts her nicht minder anspruchsvoll ist das zweite Vorhaben im Rahmen von „Netzwerk plus“: das „Kompetenzzentrum für Kreislaufwirtschaft“, das rund um die ebenfalls in Stadtwerkebesitz befindliche Mülldeponie Halle-Lochau entstehen soll - das „größte Loch Deutschlands“, wie Bönsch schmunzelnd bemerkt. Derzeit werden dort jährlich 500 000 bis 600 000 Tonen Siedlungsabfall „endgelagert“, und noch 80 oder 100 Jahre könnte das so weitergehen, wenn nicht über Halle-Lochau wie über den anderen Deponien in der Bundesrepublik „das Damoklesschwert der „Tasi“ (Bönsch) schwebte. Nach der „Tasi“, der Technischen Anleitung Siedlungsabfall, dürfen ab 2003 – dank zweijähriger Übergangsfrist de facto ab 2005 – nur noch solche Stoffe deponiert werden, die einen Glühverlust von weniger als fünf Prozent haben, und das wären laut Bönsch „allenfalls Asche oder mineralische Stoffe“. MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Folglich könne man Müll in Zukunft nur noch verbrennen oder „etwas anderes daraus machen“. Die Verbrennung einer Tonne Abfall kostet im Schnitt 200 Mark, ancherorts sogar bis zu 650 Mark. Für Bönsch ist „das einfach zu teuer“.

Wegwerfgesellschaft: ein Auslaufmodell Gangbare Alternativen zeigt das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KWG) auf, das zwischen Abfällen zur Beseitigung und Abfällen zur Verwertung unterscheidet. Die ersteren sind zu deponieren, die anderen, wie der Name sagt, zu verwerten. Grundsätzlich aber müssen ab 2005 alle Abfälle sortiert und verwertet werden – die Wertstoffe recycelt, der Rest zum Beispiel energetisch verwertet. Damit aber wird plötzlich jeglicher Abfall zu verwertbarem, und für den besteht nach dem KWG keine Andienungspflicht. Anders gesagt: Die Verwertung muß nicht mehr über die zuständigen Gebietskörperschaften erfolgen, weshalb die Abfall-

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ströme dorthin fließen dürften, wo ihre Verwertung am kostengünstigsten erfolgt.

Halle wird Mekka des Mülltourismus Und das soll, wenn es nach den Vorstellungen der „Stadtwerker“ geht, natürlich Halle an der Saale sein. Mit der Umwandlung des bestehenden Deponiebetriebs in ein Kreislaufwirtschaftszentrum will man als künftiges „Mekka des Mülltourismus“ in preislicher wie technologischer Hinsicht Akzente setzen. „So wie Frei-

burg die Solarhauptstadt Deutschlands geworden ist, so wollen wir zur deutschen Hauptstadt für Kreislaufwirtschaft werden“, umreißt Bönsch das ehrgeizige Projekt. Und auch hier soll „Netzwerk plus“ den Rahmen für die Ansiedlung der Recyclingbetriebe stecken: Jedes Verwertungsunternehmen „rund um die Deponie“ soll wie ein Baustein zum anderen passen. Sechs Verwerter mit einer Gesamtinvestitionssumme von rund 170 Millionen Mark hat Manager Bönsch bisher für die-

SC HIF F AH O I!

Die M.S. Rabeninsel sticht für Halle in „See“ Tatort-Kommissar Ehrlicher, alias Peter Sodann war begeistert: „Halle brauchte eigentlich eine ganze Flotte solcher Schiffe, denn die Stadt hat gerade an der Saale Einmaliges zu bieten.“ Das Lob des Hallenser Tatort-Stars und Intendant des Neuen Theaters Halle gilt der „Rabeninsel“. Das schmucke Schiff ist als Botschafterin seiner Heimatstadt auf Deutschlands Wasserstraßen unterwegs und wirbt bei Messen und Ausstellungen für Halle/ Saale. Doch damit nicht genug: „Ob Geschäftsverhandlungen, Buchlesungen oder Familienfeiern – das Schiff ist so konzipiert, daß es sich den verschiedensten Anforderungen anpassen kann“, erläutert der Geschäftsführer der Hafen Halle GmbH, Gerhard Schneider. „Wir wollten den Wünschen der Kunden möglichst viel Raum lassen.“ Interessenten haben sich

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schon in großer Zahl gefunden: Von Unternehmen, die Pressekonferenzen oder Firmenpräsentationen „einmal anders“ veranstalten wollen bis hin zu Privatleuten, die ihre Familienfeier zu einem unvergeßlichen Ereignis in einem besonderen Rahmen gestalten wollen. Platz dafür bietet der Minidampfer allemal: Bis zu 20 Passagiere können sich in die Obhut von Kapitän Hans Werner Grauenhorst und seiner Crew begeben. Das zuvor offene Schiff, das von 1980 bis Mitte der neunziger Jahre Ausflügler vom Böllberger Ufer zur Rabeninsel brachte, erhielt einen gemütlichen Fahrgastraum mit großen Fenstern, Lautsprecheranlage und Präsentationsleinwand. Dank seiner flexiblen Möblierung kann der Innenraum den verschiedensten Bedürfnissen angepaßt werden, eine Bordküche steht ebenfalls zur Verfügung.

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Regionen im Wandel

GEME I N S AME R MARKETING-OV ERHEAD

Das können Ansiedler von der künftigen MarketingGesellschaft erwarten: ©

Professionelles Marketing, Werbung und PR © Gemeinsame Messeauftritte im In- und Ausland © Organisation von Tagungen, Symposien und Kongresse im Umwelttechnologiezentrum zu Themen, die alle angehen © Regelmäßige Strategieund Geschäftsberatungen

se Idee begeistern können, weitere Investoren sind hochwillkommen, wobei er jedoch ausschließlich innovative Mittelständler nach Halle locken will, keine Müllmultis oder Entsorgungskonzerne. Dabei greifen die Hallenser Investoren, die alle Fördermöglichkeiten ausgereizt haben, auch finanziell unter die Arme „Beteiligungen von bis zu 25 Prozent sind möglich“, versichert Bönsch. Und wenn es sein muß, will sich der agile Industrieansiedler auch um Venture-Capital für seine „Schäfchen“ kümmern. Hinzu kommt, daß Halle mit der traditionsreichen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, dem Technologie- und Gründerzentrum, dem Wissenschafts- und Innovationspark Heide-Süd sowie zahlreichen Instituten und technologieorientierten Unternehmen umfangreiche Potentiale für die Entwicklung eines solchen Unternehmensnetzwerks verfügt – für Ansiedler aus der Zukunftsbranche „Kreislaufwirtschaft“ sicherlich ein wichtiges Argument. MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Gemeinsames Engineering © Gemeinsamer Einkauf von Rohstoffen und Kreislaufwirtschaftsgütern © Gemeinsamer Vertrieb von sich ergänzenden Endprodukten und Dienstleistungen © Professionelle Bearbeitung der Auslandsmärkte © Finanz- und Fördermittelmanagement © Zentrale EDV- und Telekommunikationsdienste

Doch schon läßt Bönsch seine Blicke weit über die Grenzen Halles hinaus schweifen, sieht er doch im „Kompetenzzentrum für Kreislaufwirtschaft“ einen Ansatz, der als „Blaupause“ vermarktet werden kann – europaweit, ja weltweit, stets zugeschnitten auf die Bedürfnisse des jeweiligen Betreibers. Auch über sogenannte Betreibermodelle wird zwischenzeitlich nachgedacht und über die Möglichkeit auch Hardware-Lieferanten, also Maschinenund Anlagenbauer, in das Konzept zu integrieren und in die Saalestadt zu locken. Denn für Bönsch steht fest: „Wir werden das, was hier entsteht, ganz schnell verbreiten können“. Stimmt! Die ersten Interessenten haben in der Saalestadt bereits vorgesprochen, darunter ein Entsorgungsunternehmen aus Puerto Rico sowie Vertreter der US-amerikanischen High-Tech-Schmiede MIT, die im Hallenser Kreislaufwirtschaftszentrum offenbar eine praktikable Möglichkeit sehen, der sich weltweit immer höher türmenden Müllberge Herr zu werden. j

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Unternehmen im Wandel

Bild: Komatsu

Das saubere Auf- und Abwickeln von Kabeln gelingt mit speziellen Kabeltrommeln. Nur so lassen sich Zugspannungen vermeiden, die das Kabel zerstören würden.

Kompetenz überzeugt RALF STECK

EGB entwickelt mit Pro/Engineer von Rand Worldwide Wie kommt der Strom zu einer mobilen Anlage? Kabel sind die beste Lösung. Sie müssen aber definiert aufund abgewickelt werden, ohne daß eine zu hohe Zugspannung das Kabel zerstört. Die Leipziger Elektrotechnische Geräte Böhlitz-Ehrenberg GmbH hat sich auf Lösungen rund um dieses Problem spezialisiert. Zur Konstruktion werden PTC-Produkte eingesetzt. Die Betreuung der CAD-Installation erfolgt durch Rand Worldwide.

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us eigener Kraft den Umschwung zu schaffen und sich einen Platz in der heutigen Marktumgebung zu schaffen nach vierzig Jahren DDR, Wende und TreuhandWirren: Der Wille dazu ist im Gespräch mit EGBGeschäftsführer Peter Papla jederzeit zu spüren. Das Unternehmen war 1925 gegründet worden und bis 1953 erfolgreich privat geführt worden. Bis zur GmbH-Gründung im Jahr 1990 war EGB volkseigener Betrieb, mit der für damalige Verhältnisse typischen Struktur: Alle im Unternehmen notwendigen Tätigkeiten – von der Vorfertigung und Montage der eigenen Produkte bis hin zur Wartung der Produktionsanlagen – wurden von firmeneigenen Abteilungen durchgeführt. Dies war natürlich in hohem Maße unproduktiv

und führte zu aufgeblähten Unternehmen – was wiederum eine Erklärung für die nahezu unglaublichen Schrumpfungsraten ostdeutscher Firmen auf dem Weg zur Privatisierung liefert. So hatte EGB vor der Wende 118 Mitarbeiter, während heute 16 Personen beschäftigt sind. Viele Herstellungsschritte sind auf kleine, spezialisierte Betriebe in der Umgebung von Leipzig ausgelagert.

Mit kleiner CAD-Lösung hat alles begonnen Für Geschäftsführer Peter Papla war die Privatisierungsphase bei der Treuhand-Behörde eine der schwierigsten Phasen der Firmengeschichte: „Zum einen ging in dieser Phase von 1990 bis 1992 viel Zeit verloren, in der unsere Konkurrenten aus dem Westen Märkte besetzen konnten,

zum anderen mußten wir bei vielen Kaufverhandlungen gegenüber den Konkurrenten unsere gesamten Geschäftsvorgänge und Geschäftsdaten offen legen. Schließlich konnten wir das Unternehmen in einem Management-Buyout auf eigene Füße stellen und behaupten uns seither recht gut im Verdrängungswettbewerb.“ Die ISO 9001-Zertifizierung und Nominierungen für Wirtschaftspreise wie den „Oskar für den Mittelstand“ sind Zeichen für die positive Entwicklung. Papla erläutert seine Strategie: „Wir mußten und müssen im Wettbewerb unsere Kompetenzen immer neu beweisen. Dazu zählt zum einen Innovationskraft und Kundenfokus, zum anderen der Einsatz anerkannter, moderner Werkzeuge, und dazu zählt neben der Nutzung moderner EDV und des Internet vor allem CAD. Schon vor fünf Jahren begannen wir, über die Einführung von CAD nachzudenken. Da wir jedoch sofort mit 3D-Modellierung einsteigen wollten und die damals verfügbaren Systeme horrend teuer waren, entschlossen wir uns nicht sofort für ein System.“ Uwe Simon, Konstrukteur und für die CAD-Entwicklung verantwortlich, informierte sich unter anderem bei einem Lehrgang an der Uni Nürnberg, der die allgemeinen Entwicklungen im CAD-Sektor beleuchtete, und in Gesprächen mit Kunden, Lieferanten und andeMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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ren Firmen. Dabei stieß er auf das Leipziger Büro des Systemhauses Rand Worldwide und auf die zu dieser Zeit von Rand vertriebene „kleine Lösung“ von Pro/Engineer, den PT/Modeller. Als sich herausstellte, daß das System gut zu den Anforderungen von EGB paßte und Rand Leipzig sein Büro im wahrsten Sinne des Wortes direkt um die Ecke des EGB-Firmensitzes hat, war die Entscheidung gefallen. Peter Papla: „Zwischen Dr. Herden von Rand Leipzig und uns war sehr schnell ein Konsens entstanden, wie die Einführung zu laufen hatte. Zudem ist Pro/Engineer ein offenes und gut erweiterbares System, und die Betreuung vor Ort ist nicht nur schnell, sondern wegen der wegfallenden Anfahrkosten auch noch preisgünstig.“ So wurden 1998 zwei PT/Modeller installiert, die inzwischen im Rahmen eines Upgrade-Angebotes auf Pro/Engineer umgestellt wurden.

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An die Schwierigkeiten in der Einführungsphase erinnert sich Uwe Simon: „Wenn man so abrupt wie wir vom Zeichenbrett auf die 3DModellierung umsteigt, ist das schon eine gewaltige Umstellung. Man muß total umdenken und die Entwicklungsaufgaben schon von Beginn an ganz anders anpacken. Wenn man aber einmal das zweidimensionale Denken abgelegt hat, wirkt sich das sehr schnell auf die gesamte Denkweise aus. So arbeitete man früher in Projektbesprechungen beim Kunden mit Länge, Höhe, Breite, während wir heute schon in einer frühen Phase einen dreidimensionalen Einbauraum vor Augen haben.“ Die Einarbeitung zog sich trotzdem nur relativ kurze Zeit hin, wie Papla einwirft: „Unsere Mitarbeiter haben auch privat ein großes Interesse am Computer, was sich natürlich auf die Fähigkeit und den Willen zur Einarbeitung positiv auswirkt. Ein gutes persönliches Ver-

CAD-Entwurf einer Leitungstrommel mit elektrischem Antrieb zur überwachten Aufwicklung von bis zu 250 Meter langen Leitungen.

hältnis zwischen uns und den kompetent auftretenden Rand-Mitarbeitern tut sein übriges zu einer schnell hohen Produktivität erreichenden CAD-Einführung.“

Verhältnis zum Kunden hat sich geändert Mit der Nutzung von CAD ändert sich auch das Verhältnis zum Kunden, bemerkt Papla: „Wir werden inzwischen eher als Partner unserer Kunden denn als kleiner Zulieferer angesehen. So lassen uns viele Kunden

nahezu freie Hand und geben uns nur einen Einbauraum und die Parameter vor, die unsere Leitungstrommel erfüllen muß.“ Der dreidimensionale Einbauraum wird oft als CAD-Modell vorgegeben, während bei der Übergabe der Aufträge an die EGB-Zulieferer noch die Zeichnung dominiert. Schnittkonturen für Brennoder Plasmaschneidearbeiten werden dagegen überwiegend im CAD-System erzeugt und digital weitergegeben.

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Unternehmen im Wandel

Uwe Simon zählt die Vorteile des Pro/Engineer-Einsatzes auf: „Da sind zunächst einmal die Verknüpfungen, die es sehr viel einfacher machen, die Zusammenhänge zwischen unseren Einzelteilen – oft gehören über 2500 Teile zu einem Gerät – im Auge zu behalten und zu überprüfen. Dann ist es natürlich in Pro/E relativ einfach, nachzuprüfen, ob Kollisionen oder Durchdringungen zwischen den einzelnen Teilen vorliegen. Und nicht zuletzt ist die Erzeugung von Illustrationen und Dokumentationen für Ersatzteilkatalog und Wartungsvorschriften sehr einfach. So lassen sich beispielsweise Explosionsbilder

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Der Aufwickelmechanismus im Detail.

auf Knopfdruck erzeugen.“ Peter Papla ergänzt: „Schon in der Angebotsphase bringt uns Pro/Engineer Vorteile: Während auch große Konkurrenten reine Textangebote abliefern, können wir unseren Kunden sofort eine realistische, dreidimen-

sionale Ansicht seiner Baugruppe liefern.“ Simon weiter: „Gerade in der Angebotsphase, wenn sehr schnell gearbeitet werden muß, kommen uns die parametrischen Fähigkeiten von Pro/Engineer zugute: Es ist eine Sache von Minuten,

Breite und Durchmesser der Kabeltrommel zu ändern; die restlichen Bauteile passen sich – wenn die Referenzierung richtig gemacht wurde – automatisch an, so daß extrem schnell eine optisch aussagekräftige und ansprechende Dokumentation des Angebots erstellt werden kann.“ Ein gutes Beispiel für die enge, produktive Zusammenarbeit zwischen Rand und EGB ist ein Problem mit Rollenketten, das immer wieder bei der Konstruktion von Kabeltrommeln auftauchte. Uwe Simon erläutert: „Die Kabeltrommeln werden meist mit Rollenketten angetrieben. Die Kette besteht aus einer Unzahl von

MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Unternehmen im Wandel

Bil

:E der

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nd

Leitungstrommel zur Aufwicklung von einer 550 Meter langen Leitung an einem Eimerkettenbagger.

kleinen Teilen, und es wäre einerseits eine gewaltige Arbeit, diese alle zu modellieren, zudem ergäbe sich eine Vervielfachung der Dateigröße durch die vielen kleinen Teile. Andererseits reicht eine einfache Schemadarstellung oft nicht aus, wenn beispielsweise die Kettenräder modelliert oder Überprüfungen gemacht werden sollen. Steffen Neßler von Rand Leipzig hat uns ein Zusatzprogramm geschrieben, mit dessen Hilfe wir die Kette und die zugehörigen Räder durch Eingabe weniger Parameter erzeugen. Damit ist es möglich, ohne übermäßigen Aufwand realistische und allen Anforderungen entsprechende Modelle zu erzeugen, die alle fertigungsund wartungsrelevanten Informationen enthalten.“

Spezielles Modul beschleunigt Handling „Wir sind zwar eine kleine Firma, aber wir generieren sehr große Modelle“, sagt Simon weiter. „Mit unseren Zusammenbauten kommen wir an die Grenze der Hardware. Deshalb haben wir uns MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

auch entschlossen, das Pro/Engineer-Modul für die Verarbeitung großer Baugruppen hinzuzukaufen, das das Handling der großen Baugruppen beschleunigt, indem es die Darstellung von Details je nach Ansicht vereinfacht.“ Geschäftsführer Peter Papla findet ein positives Resümee zum Einsatz von Pro/Engineer und zur Zusammenarbeit mit Rand Worldwide: „Pro/E ermöglicht es uns, den schöpferischen Anteil der Arbeit zu erhöhen, indem es die tagtäglichen Arbeiten erleichtert oder vermeidet. Wir sind eine kleine Firma, und wir können am Markt nur bestehen, indem wir schneller und flexibler sind als die Großen. Wir passen uns immer wieder an die Gegebenheiten an, um ein Optimum zu erreichen, schneiden Hierarchieebenen heraus und schleifen die Grenzen zwischen den Abteilungen. Dafür benötigen wir Software-Werkzeuge, die ebenso flexibel sind und ein Systemhaus, das uns beim Einsatz kompetent unterstützt.“ j

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Unternehmen im Wandel

Rund 17 Millionen Mark der Gesamtinvestitionen bei ZE entfielen auf den Neubau oder die Modernisierung von Gebäuden.

Stromaufwärts FRANK

PFEIFFER

Zehdenick Electronic ist im Markt fest etabliert als leistungsfähiger Partner der Industrie Nach Wendecrash und schwerem Neustart hat sich ZE in Zehdenick mit Qualitätsprodukten für die Elektronik, den Automobilbau und die Telekommunikation an die Spitze der Branche gekämpft. Unter der Leitung von Stefan A. Zender wuchs die Belegschaft auf das Vierfache, stieg der Umsatz von 4 auf 55 Millionen Mark jährlich.

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allfahrern und Heilsbetern galt Zehdenick bei Berlin lange Zeit als Kultstätte, nachdem man im Jahre 1250 auf einer illegal vergrabenen und später „exhumierten“ Hostie roten Farbstoff entdeckt hatte und die Kirche dieses Phänomen kurzerhand zum Blutwunder erklärte. Heute sind es vorrangig irdische Dinge, mit denen das Städtchen im Oberhavelkreis von sich reden macht. Zum einen ist es die Schönheit der Natur, deren spröder Charme schon Fontane beeindruckte, zum anderen gehört dazu der Ruf als Gewerbestandort. Letzteren hat die Region vor allem einer Person zu verdanken: Stefan A. Zender. Der wagemutige Hamburger machte innerhalb von fünf Jahren aus einem chancenlosen Großbetrieb sozialistischer Prägung eine effizient am Markt agierende Firma,

deren Werdegang nicht nur in bezug auf ihre Produkte Hochachtung verdient, sondern auch als Beispiel für erfolgreiches unternehmerisches Engagement in den neuen Bundesländern dienen kann.

Elektronik-Know-how seit vielen Jahrzehnten Das Stammwerk der heutigen Zehdenick-ElectronicGruppe wurde bereits 1921 als „Gesellschaft zur Fertigung elektrischer Isolierungen“ gegründet. In der DDR entwickelte sich der Betrieb vom Isolierwerk zu einem wichtigen Zulieferer für die Halbleiterfertigung. Als Teil des Kombinates Mikroelektronik war der Standort Zehdenick von zentraler Bedeutung für die Chipproduktion des östlichen Wirtschaftsraumes. Bis 1989 fertigten rund 1600 Mitarbeiter im Werk „Bruno Baum“ Stanzteile für die

Elektronikindustrie. Veredelung und Ätztechnik waren weitere Schwerpunkte. Die Nummer Eins im RGW produzierte rund 70 Prozent seiner Erzeugnisse für die damalige Sowjetunion, 20 Prozent für das Inland und 5 Prozent für andere RGWLänder. Der spärliche Rest gelangte in Staaten westlich des „eisernen Vorhangs“. Als diese Konstellation nach dem Ende der DDR zwangsläufig zum Zusammenbruch des Vorzeigebetriebes führte, schlug die Stunde für Stefan Zender. In seiner Funktion als Geschäftsführer eines Unternehmens des Possehl-Konzerns genoß er Ansehen und hätte durchaus dem Wandel im Osten gelassen zuschauen können. Doch er begriff die Situation sofort als Chance, sich als Selbständiger neue Ziele zu stecken. Sein Wissen als langjähriger Chef eines Wettbewerbers bot dafür gute Voraussetzungen. „Ich stürzte mich nicht in ein Abenteuer, sondern wußte genau, was ich tat“, reminisziert Zender. Nach dem Zögern seines und anderer Unternehmen, eine Übernahme betreffend, sah er den Weg frei für eigene Verhandlungen mit der Treuhandanstalt. Was er in Zehdenick gesehen hatte, motivierte ihn zusätzlich. „Ich war positiv überrascht über die gute Ausstattung und die hohe Qualifikation der Mitarbeiter“, so Zender. Auf „Westniveau“ habe er die Technik vorgefunden. Dennoch türmten sich die MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Startprobleme gelöst mit neuer Strategie Von Anfang an war Stefan Zender klar, daß mit der ausschließlichen Zulieferung für die Halbleitertechnik zukünftig kein Lorbeer mehr zu erringen war. Zender erarbeitete deshalb eine neue, strikt am Markt orientierte Produktstrategie, die er seitdem konsequent verfolgt. Ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft war 1995 die Übernahme der Westberliner Firma Fritz Kuke, von der ZE nicht nur Technik und Know-how in puncto Kunststoff-Spritzgießen übernahm, sondern auch das Fertigungssortiment ISDN-Telefonanschlußdose. Im selben Jahr gründete man die ZE Kommunikationstechnik GmbH, um dem prosperierenden Markt der Kommunikationstechnik Rechnung tragen zu können. MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Fertigungsschwerpunkte in diesem Bereich sind zum Beispiel Universal-Anschlußeinheiten und ModularAnschlußdosen für die Telekom AG und den Privatmarkt, des weiteren Steckverbinder, automatische Wechsel- und Mehrfachschalter sowie StarkstromAnschalterrelais. Erweiterung von Kunststoffspritzerei und Formenbau, Konzentration der Geschäftsanteile und Kapitalerhöhung, Beginn der Fertigung in Polen, Gründung der SMW Sondermaschinen- und Werkzeugbau in Frankfurt/Oder sowie Einrichtung einer Industrievertretung für den Wirtschaftsraum Bayern sind nur einige der Aktivitäten, mit denen ZE seit 1996 seine Marktposition festigen konnte. Inzwischen beträgt die Produktionsfläche 23 000 Quadratmeter, arbeiten wieder 400 Leute bei ZE. Auf gut 60 Prozent beziffert Zender den Anteil von Mitarbeitern mit hohem Ausbildungsstand. 15 bis 17 Prozent seien diplomierte Ingenieure oder Kaufleute. Ihnen schreibt Stefan Zender einen Großteil des bisherigen Erfolges zu: “Zu den Gründen, warum wir die vielen neuen Technologien hier

so effizient umsetzen konnten, gehört die Tatsache, daß uns ein großes Potential gut ausgebildeter Fachkräfte zur Verfügung stand.“.

Zukunftsmarkt Komplettprodukte Aus diesem Fundus kann ZE als größter Arbeitgeber der Region auch weiterhin schöpfen. „Wir haben nach wie vor den Vorteil, auf Fachkräfte zurückgreifen zu können“, betont Zender. Stolz ist der Chef auf die 46 Auszubildenden. „Diese Anzahl entspricht einem Anteil von über elf Prozent – ein Wert, der im produzierenden Gewerbe einen Spitzenplatz bedeutet.“ Mehr als 100 Millionen Mark wurden von 1992 bis heute in das Werk in Zehdenick investiert, davon entfallen rund 17 Millionen auf Gebäude, der Rest überwiegend auf Maschinen und Anlagen. Von 1992 bis 1999 steigerte die Zehdenick-Electronic-Gruppe ihren Umsatz von 4 auf 55 Millionen Mark. Für das kommende Jahr rechnet man mit einem weiteren deutlichen Anstieg. Um dieses hochgesteckte Ziel zu erreichen, intensiviert Zender die Produktion von Komplettprodukten und Systemkomponenten. Seit

Bilder: Pfeiffer

Probleme vor dem „Jungunternehmer“ von der Elbe. Der Markt war zusammengebrochen. Es fehlte an Fachkräften, die ausreichende Erfahrung über die Mechanismen eines freien Marktes verfügten. Effiziente Leitungsstrukturen mußten erst aufgebaut werden. Zudem waren die Bausubstanz zugunsten der Technik vernachlässigt worden und erneuerungsbedürftig. „Im November 1991 schlug die Geburtsstunde der Zehdenick Electronic“, erinnert sich Geschäftsführer Zender. „Zunächst bestand ZE aus mir als einzelner Person. Im Laufe der Vertragsrealisierung mit der Treuhand wurden dann 100 Mitarbeiter übernommen, ebenso die Ausrüstung. Das einzige nutzbare Gebäude mußte trotz des Baujahres 1986 von Grund auf erneuert werden.“

Dipl.-Kfm. Stefan A. Zender, geschäftsführender Gesellschafter von ZE: „Wir haben uns zu einem anerkannten Dienstleister für die Fertigung von Komplettprodukten entwickelt.“

der Gründung von Zehdenick Electronic hat sich der Trend zum Anliefern von Baugruppen mit hohem Fertigstellgrad deutlich verstärkt. „Aufgrund unserer Produktstrategie und der Zukäufe haben wir uns zu einem anerkannten Dienstleister für die Fertigung von Komplettprodukten entwickelt“, so Stefan Zender. Die als Gruppe vereinten Zehdenick Electronic, ZE Ätztechnik, ZE Entwicklung und ZE Kommunikationstechnik bieten gute Voraussetzungen, um mit dem Kunden eine Lösung erarbeiten und danach fertigungstechnisch realisieren zu können. Lang ist die Liste der Abnehmer aus den Branchen Halbleiter, Automobil, Nachrichtentechnik, Consumer und Elektrotechnik, die diesen Service nutzen. Dem Motto „Stillstand ist Rückstand“ fühlt sich Stefan A. Zender mit Zehdenick Electronic auch zukünftig verpflichtet. Den Schwerpunkt der Entwicklung sieht er kurzfristig nicht in der technischen Ausstattung, sei man doch „zur Zeit restlos glücklich, denn wir haben alles.“ Innovativen Produktlösungen für Verbundteile in Automobilbau und Elektrotechnik sowie für die Anschlußtechnik in der Telekommunikation gilt seine Aufmerksamkeit. Außerdem sollen verstärkt neue Märkte im Ausland erschlossen werden. Der Exportanteil von 15 Prozent biete hier noch Reserven. Eine umfassende Kundenbetreuung im Ausland erfordert einen großen Aufwand, den ZE nicht scheut. Wenn er Früchte trägt, wird man auch in ferneren Regionen Zulieferteile aus dem Havelland schätzen lernen. j

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Unternehmen im Wandel

Auf dem ehemaligen Robotrongelände in Riesa belegt die BuS-Elektronik GmbH eine Fläche von 7600 Quadratmeter.

Elektronik statt Stahl BuS Riesa: Ehemaliger Robotronbetrieb REINHOLD SCHÄFER

wurde zum Mittelpunkt moderner Leiterplattenbestückung Das als Stahlstadt bekannte Riesa erhielt mit der Errichtung des Robotronwerkes Ende der 60er Jahre schon zu DDR-Zeiten ein zweites, wenn auch nicht so bedeutendes Standbein. Die „Nachfolge“ für den nach der Wende zusammengebrochen Betrieb hat die Bus-Elektronik GmbH übernommen, die sich von einem Viermannbetrieb zu einem Unternehmen mit 250 Mitarbeitern entwickelt hat. 1998 wurden dort 1 400 000 Elektronikbaugruppen gefertigt.

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S

paziergänger genießen den Anblick der im weiten Bett fließenden Elbe. Dunkelgrau qualmende, baumüberragende Schornsteine stören jedoch im Hintergrund des Bildes, das an der Wand der BuS- Elektronik GmbH in Riesa hängt, den idyllischen Charakter. Die ehemalige Stahlstadt Riesa präsentierte sich so lange Zeit seinen Besuchern. Mittlerweile rauchen die Fabriken der Stadt schon lange nicht mehr. Auch das zu DDR-Zeiten errichtete Elektronikwerk Robotron, das als Zulieferbetrieb für Robotron arbeitete, überstand den Untergang der ostdeutschen Republik nicht. Vor etwa 30 Jahren, als Robotron in Riesa ein Zweigwerk für die Produktion von Leiterplatten gründete, löste sich die Stadt langsam vom Image der Stahlstadt. Parallel zum Stahl, der bis zur Wende das Profil der Stadt Riesa eindeutig bestimmte, entwicklete sich Robotron zu

einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor mit etwa 1500 Arbeitnehmern. Das Stahlwerk war Stammbetrieb des VEB Rohrkombinates. Zur Wende waren einschließlich Zelthain noch 12 000 Arbeitnehmer in diesem Werk beschäftigt. Nach der Wende kam es zu einem regelrechten Zusammenbruch der Wirtschaft. Auch Robotron mußte aufgeben. Auf dem ehemaligen Gelände von Robotron begann die Stadt Riesa kleine Unternehmen an-

zusiedeln. „Die Umgestaltung zu einem Technologiezentrum war unser Plan, erzählt Dietrich Fischer, Geschäftsführer der Förderund Verwaltungsgesellschaft Riesa mbH, die für Wirtschaft, Kultur und Sport zuständig ist, „doch weil in sieben Kilometer Luftlinie von hier, in Glaubitz, ein Technologiezentrum errichtet wurde, mußten wir unsere Pläne ändern“. So begann man damit, die einzelnen Teile des Verwaltungsgebäudes der Robotron an Unternehmensgründer aber auch an anderweitige Unternehmer wie beispielsweise Steuerberater zu vermieten „Mittlerweile ist fast die ganze Fläche vermietet“, sagt Fischer ganz stolz. Die Immobilienverwaltung wird dabei von der Förder- und Verwaltungsgesellschaft wahrgenommen. Weil man für die drei Bereiche Wirtschaft, Kultur und Sport zuständig sei, könne, so Fischer, die Gesellschaft wirtschaftlich arbeiten, da Personal jederzeit dort eingesetzt werden könne, wo es

Werner J. Maiwald, Geschäftsführer der Bus Elektronik GmbH: „90 Prozent unseres Geschäftes wickeln wir mit Unternehmen in den alten Bundesländern ab, mit Unternehmen wie Bosch oder Schaltbau.“ MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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gebraucht wird. Die Gesellschaft hat ein festgeschriebenes Budget und bleibe damit für die Stadt Riesa, die alleiniger Gesellschafter der Gesellschaft ist, finanziell berechenbar. Ein großer Teilbereich des ehemaligen Robotrongeländes wird von der BuS Elektronik GmbH belegt. „Angefangen haben wir 1991 mit vier Leuten,“ erzählt der für die Technik zuständige Geschäftsführer des Unternehmens, Dipl.-Phys. Werner J. Maiwald. Damals war man noch eingemietet in den ehemaligen Räumen des Robotron-Konzerns. Ursprünglich plante Maiwald nicht, sich in Riesa niederzulassen. Er war bei Siemens in München in der Anwendungstechnik als Laborleiter beschäftigt. Nach der Wende sah er eine Chance im Osten, um sich selbständig zu machen. Doch ein Teil des Unternehmens sollte auch in Bayern (in München) bleiben, und nur ein Teil sollte im Osten niedergelassen sein. Daß er sich für den zweiten Standort in Riesa (Sachsen) entschied, lag an der günstigen Lage zu Dresdens Halbleiterindustrie und, daß sich in Riesa genügend gut ausgebildete Fachkräfte befanden. Außerdem konnte man die ehemaligen Gebäude von Robotron anmieten.

Informations-Display für den ICE 2 der Deutschen Bahn AG.

Die Auftragslage war in den letzten Jahren stets gut. „Ende 93 haben wir das

Kerngeschäft von der Elektronik Riesa übernommen. Das war ein Dienstleister –

also Bestücker – für den Konzern Robotron. 100 Mitarbeiter vom ehemaligen Unternehmen Robotron konnten wird übernehmen. Weil wir keinen großen Overhead haben, können wir fast alle Aufträge annehmen, die für Großbestücker

Bayerisches Werk wurde geschlossen Die Namen der beiden Bundesländer wurden zum Namen des Unternehmens: Bayern und Sachsen, kurz BuS. Doch auf Dauer war es nicht wirtschaftlich an zwei Standorten zu produzieren und so wurde das bayerische und nicht das sächsische Werk geschlossen. MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Bilder: Schäfer

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Auch diese runde LeuchtdiodenAnzeige wurde in Riesa entwickelt.

uninteressant sind; also kleine Serien oder Sonderanfertigungen“, erklärt Maiwald den Erfolg seines Unternehmens, das er zusammen mit Dieter Folkmer, der für die kaufmännischen Belange zuständig ist, leitet. Maiwald zählt einige Erfolge auf: „1996 sind wir mit dem Oskar des Mittelstandes, dem Goldenen Sachsen ausgezeichnet worden. 1997 waren wir bei den mutigen Unternehmern, also bei den 50 Erfolgsfirmen dabei.“ Der Erfolg des Unternehmens hängt jedoch hauptsächlich mit dem hohen Bedarf an bestückten Leiterplatten in den alten Bundesländern zusammen. „90 Prozent unseres Geschäftes wickeln wir mit Unternehmen in den alten Bundesländern ab, mit Unternehmen wie Bosch oder Siemens“, erläutert Maiwald. „Daß wir solche Aufträge auch ganz kurzfristig annehmen können, verdanken wir natürlich auch unseren sehr flexiblen Mitarbeitern.“ Auch kurzfristige Wochenendarbeit oder Sonntagsarbeit wird akzeptiert. „Unser Betriebsrat ist hier sehr kooperativ. Außerdem ist die Einstellung der Mitarbeiter gegenüber den Unternehmensinteressen sehr positiv, weil sie froh sind, nach der Periode der großen Arbeitslosigkeit wieder arbeiten zu können.“ Den Schlüssel zum Erfolg sehen die Riesaer vor allem in

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drei wesentlichen Merkmalen. Ganz oben steht dabei die Qualität der Leistung, die sich sowohl auf das Produkt als auch den Service bei dessen Entwicklung und Herstellung bezieht. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeit, Technologie und Logistik. Dazu kommt noch die Verläßlichkeit, die sich in der Erfüllung von Zusagen und Lieferterminen ausdrückt. Maiwald versteht sein Unternehmen als Dienstleistungsunternehmen: „Wenn jemand zu uns kommt und uns fragt: ‘könnt ihr das überhaupt mengenmäßig produzieren?’ können wir ihm dies zusichern, weil wir in der Lage sind, in unserer Produktion 30 Prozent zuzulegen, wenn es die Auftragslage hergibt, können es sogar 50 Prozent sein.“ Auch mit der derzeitigen Auftragslage das Unternehmen zufrieden: „Wir müssen nicht um jeden Auftrag kämpfen“, sagt Maiwald gelassen. Gefertigt wird fast alles, was mit Elektronik zu tun hat: Industrieelektronik, Steuerungen, IT- und Kfz-Produkte.

4,7 Millionen Mark wurden 1998 investiert „Der Maschinenpark wurde teilweise vom Robotronbetrieb übernommen und so stellte sich1997 die Frage neue Maschinen anschaffen oder weiterwursteln?“, so gehe es laut Maiwald jedem Fertiger. Die Hauptmaschinen wurden deshalb erneuert: Die Investitionen lagen im letzten Jahr bei 4,77 Millionen Mark. In diesem Jahr sollen für insgesamt 4,5 Millionen Mark Maschinen angeschafft werden und auch für das Jahr 2000 plant man Anschaffungen in dieser Größenordnung. j MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Bild: FNE

In der Lessingstraße in Freiberg sind Werkstoff-Forschung und -Analytik in einem Gebäude untergebracht.

En miniature Forschungsinstitut für NE-Metalle JOSEF KRAUS

im sächsischen Freiberg setzt auf Werkstoffverbunde Seit der Gründung ist das Institut für Nichteisen-Metalle im sächsischen Freiberg eine Industrieforschungseinrichtung. Stand zu Beginn die Gewinnung von Werkstoffen im Mittelpunkt, ist es heute deren Verarbeitung und Anwendung. Dabei tritt das Institut nicht nur als Entwickler auf, sondern begrenzt auch als Produzent. Weil monolithische Werkstoffe bei vielen Anwendungen keine ideale Lösung sind, setzt man in Freiberg auf Werkstoffverbunde.

MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

A

n der kleinen robusten Frau kommt niemand vorbei. Im quaderförmigen Gebäude mit der Hausnummer 41 in der Lessingstraße paßt die Wachfrau genau auf, wer Einlaß begehrt. Erst wenn sie auf einen Knopf rechts am Schreibtisch drückt, öffnet sich die Tür, hinter der sich die Büros, Laboratorien und Werkstätten des Forschungsinstituts für NichteisenMetalle im sächsischen Freiberg befinden. Der Zutritt zu den Räumlichkeiten des Instituts ist für Besucher nicht ganz einfach. Das liegt unter anderem daran, daß dort so manche Entdeckung gemacht wird, mit der sich in der Industrie viel Geld verdienen oder einsparen läßt. Zwar ist mit Sicherheit das Forschungsgebäude keine Topadresse für professionelle Agenten, dennoch stellt Diplom-Physiker Heino

Pachschwöll, Geschäftsführer der privaten Forschungseinrichtung immer wieder fest, daß Wissen unkontrolliert nach außen gelangt. Auch deshalb hat er das diesjährige Kolloquium am Institut abgesagt. Dort wollte man Mitte Oktober der Industrie die große Forschungspalette des Instituts präsentieren, die Projekte über Sonderlegierungen, Werkstoffkombinationen und Oberflächenveredelung enthält. Pachschwöll befürchtete jedoch, daß die Veranstaltung so enden würde wie die Vorstellung des Projekts „Intelligentes Glas“, zu der man Automobilhersteller und Glaserzeuger eingeladen hatte. Bei diesem Projekt ging es um Windschutzscheiben, in die für den Autofahrer unsichtbar Sensoren, Aktoren und Mikroprozessoren eingebaut werden. Am Institut hat man Ansätze entwickelt, wie sich dieser Einbau realisieren läßt. Das klang überzeugend. Es hörte sich sogar so gut an, daß die Glaserzeuger das Wissen mitnahmen und nun alleine forschen. Um das zu vermeiden, sucht Pachschwöll nach einer anderen Form der Präsentation. Bis dahin bleibt das Kolloquium abgesetzt. Diese Entscheidung hat auch wirtschaftliche Gründe. So muß eine private Forschungseinrichtung wie das Freiberger Institut einigermaßen rentabel arbeiten. Das gelingt gerade. „In der Forschung“ so Pachschwöll, „schreiben wir eine schwarze Null“. So ist es von Vorteil, daß man am Institut mehrere Standbeine hat. Außer der Forschung gehören dazu die Produktion vor allem von Targets und der Bereich

Umwelttechnik, der Abfallaufbereitungsanlagen plant und baut. Vor kurzem ist ein Auftrag aus Ägypten eingegangen. Auch an der Ansiedlung der über 20 Recyclingund Entsorgungsbetriebe im Raum Freiberg hat man zum Teil mitgewirkt. Dort werden jetzt 100 000 Tonnen Metalle, 300 000 Tonnen Baustoffe, 25 000 t Glas und Papier im Jahr aufbereitet. Auch am Sächsischen Informationsund Demonstrationszentrum für Abfallbehandlungstechnologien, das seit kurzem in Freiberg angesiedelt ist, arbeitet man mit. Stärker verknüpft mit der Forschung am Institut ist jedoch die Herstellung von Targets. Das sind Träger, auf denen sich wenige Zentimeter dick Reinmetalle, Legierungen oder Metalloxide befinden. Aus diesen Targets werden zum Erzeugen von Oberflächenschichten atomare Metallteilchen herausgeschossen, die sich auf dem zu veredelnden Bauteil abscheiden. Die Herstellung der Targets – das heißt, das Aufbringen der Schichtmetalle auf die Träger – geschah in der Vergangenheit ausschließlich im Preßsinterverfahren.

Außer Forschung wird auch produziert Vor sieben Jahren begann das Institut, die Schichtwerkstoffe aufzuspritzen. Dieser thermische Beschichtungsprozeß wurde so optimiert, daß sich heute Targets mit 20 bis 25% höherer Ausbeute herstellen lassen. Ferner hat man die Homogenität der Werkstoffe erhöht. Vor allem gelang es, durch thermisches Spritzen Metalle zusammenzubringen, die nicht legierungsfähig sind: wie Wismut und Mangan.

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Unternehmen im Wandel

Von diesen Erkenntnissen wollte man natürlich profitieren. Daher stieg das Institut 1996 laut Pachschwöll „tief in die Produktion ein, um aus den Forschungsergebnissen möglichst viel Wertschöpfung zu erzielen“. Das ist gelungen. So läuft die Targetproduktion mit Gewinn, wie Pachschwöll berichtet. Sogar einem großen Hersteller habe man Marktanteile abgenommen. Inzwischen wurde wieder ein erfolgversprechendes Projekt gestartet. Darüber will sich Pachschwöll jedoch noch nicht äußern. Lieber spricht er von der Art und Weise, wie am Institut an solche Projekte herangegangen wird. „Wir denken deduktiv, kommen also vom Allgemeinen ins Spezielle“. Erst werde ein Produkt als Gesamtsystem betrachtet, bevor man sich anhand einer Bauteil-WerkstoffMatrix mit den Einzelheiten befaßt. Pachschwöll erläutert das an einem Beispiel.

Einzelner Werkstoff ist oft nicht hilfreich So sind die Anforderungen an einen Automobilmotor aus der Verbrennungsenthalpie des Kraftstoffs, der Tribologie und Dynamik abzuleiten. Daraus ergeben sich bestimmte Auslegungskriterien für den Motorkolben, der immer noch monolithisch hergestellt wird. „Der Konstrukteur denkt induktiv“, sagt Pachschwöll. Er gehe vom Speziellen, dem bekannten Kolbenwerkstoff aus und versucht dessen Eigenschaften auszureizen. „Wir gehen jedoch umgekehrt vor“, betont er – und fragt: „Aus welchen Werkstoffen muß der Kolben bestehen, damit er den Kriterien standhält?“

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FNE-Geschäftsführer Heino Pachschwöll: „Wir sind eine große, aber keine Großforschungseinrichtung.“

Ein einzelner Werkstoff genügt laut Pachschwöll nicht. Die Lösung liegt für ihn in einem Werkstoffverbund, dessen Herstellung meist kein Geheimnis ist: Etwa 80 Prozent der Entwicklungen bei Werkstoffverbunden seien vorhanden. Laut Pachschwöll ist daher meist bei Konstrukteuren die Überraschung groß, weil das Institut dieses Know-how hat, das die Basis für die restliche Entwicklung ist. Diese Vorgehensweise führt oft zum Erfolg. Aus rund 90 Prozent der Projekte bekommt man ein brauchbaren Ergebnis am Institut, das mit etwa 150 Mitarbeitern die größte industrielle Forschungseinrichtung in Sachsen ist. Im Bereich der Nichteisen-Metalle gehört man zu den vier Größten in Europa. Dennoch sieht Pachschwöll das Institut nicht als Großforschungszentrum: „Wir sind eine große, jedoch keine Großforschungseinrichtung.“ Von der Ausrichtung her vergleicht der Wissenschaftler das Institut mit der Fraunhofer Gesellschaft. Dort ist jedoch der Bereich Forschungsbereich Werkstoffe auf mehrere Institute verteilt. Dagegen finden in Freiberg Werkstoffentwicklung und Werkstoffanalytik MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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an einem Ort statt. „Wir sind Fraunhofer en miniature“, scherzt Pachschwöll. Das ermögliche eine Projektabwicklung auf kurzem Wege.

Nichteisen-Metalle immer im Mittelpunkt Vor der Wiedervereinigung Deutschlands war das Institut schon mit einem Großforschungszentrum zu vergleichen. Rund 600 Mitarbeiter waren damals beschäftigt Die Forschung konzentrierte sich wie heute auf Nichteisenmetalle. Daran hat sich seit der Gründung als zentrale Industrieforschungseinrichtung 1949 nichts geändert. In den Anfangsjahren lag der Forschungsschwer-

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punkt jedoch mehr auf der Rohstoffgewinnung. Heute ist es die Verarbeitung. 1993 wurde das Institut privatisiert. Aus der Forschungseinrichtung des ehemaligen Kupferkombinats Mansfeld entstand eine Institutsgesellschaft, die außer Pachschwöll noch zwei weitere Geschäftsführer hat. Die Kontakte zu den in Freiberg ansässigen Hochschulinstituten sind nach wie vor gut. Auch mit den drei High-Tech-Unternehmen, Compound Materials, Bayer Solar und Wacker Silitronic am Rande der Stadt, ist der Gesprächsfaden nie abgerissen. Sie haben jedoch im Bereich Halbleiter-

herstellung eine so starke Marktposition, daß man laut Pachschwöll „denen nichts mehr vormachen“ kann. Intensiver ist da schon der Kontakt zu anderen Branchen wie der Automobilindustrie. „Sie alle wollen den idealen Werkstoff“, so Pachschwöll. „Er sollte leicht wie Lithium, temperaturbeständig wie Wolfram und hart wie Diamant sein.“ Einen solchen monolithischen Werkstoff gibt es jedoch nicht. Die Lösung liegt für den Wissenschaftler deshalb in einem Werkstoffverbund. So wurden unter anderem für die Automobilindustrie Stromkontaktdüsen für Schweißroboter entwickelt.

Ausgangswerkstoff ist Aluminiumoxidkeramik in einem dispersoiden Metallverbund, der mit Kupfer zu einem Rohr verpreßt wird. Das geschieht in einer Stranggießanlage – der größten im deutsprachigen Raum. Nach solchen Düsen hat der Automobilbau verlangt, werden doch damit die Stillstandszeiten der Schweißroboter reduziert, weil die Teile eine bis zum Fünffachen längere Lebensdauer haben als übliche Düsen haben. Bisher wurden sie über einen Vertriebspartner verkauft. Nun will man am Institut den Verkauf selbst übernehmen, um stärker vom Produkts zu profitieren. j

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Die Fertigung der Produkte von ADVA findet hauptsächlich in Meiningen statt.

Erfolgreich und innovativ WINFRIED SCHRÖDER

ADVA Optical Networking ist mit WDM-Netzlösungen expansiv im Markt Als sich 1996 die ADVA AG im ehemaligen Robotron-Werk in Meiningen ansiedelte, beschäftigte man gerademal 14 Mitarbeiter. Dank des enormen Booms der Kommunikationstechniken sind es heute mehr als 100, Tendenz weiter stark steigen. Mit der modernen WDM-Technik erzielt das Unternehmen Zuwachsraten von durchschnittlich 250 Prozent im Jahr.

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o viel Licht ist, da muß, frei nach Götz von Berlichingen, nicht zwangsläufig auch starker Schatten sein. Zumindest, wenn man die ADVA AG betrachtet. Denn mit ihren Produkten für die optische Kommunikation über Lichtwellenleiter schwimmt das Unternehmen auf der Welle des Erfolges. ADVA spezialisiert sich auf die Entwicklung, Produktion und die Vermarktung von kompletten Systemen sowie WDM-Netzelementen (WDM – Wavelength Division Multiplexing – Wellenlängenmultiplex) für Netzwerke. „Seit der Gründung 1994“, so Claus-Georg Müller Vorstand Technik der ADVA, „haben wir weltweit bereits über 400 Installationen bei Netzbetreiber

und privaten Unternehmen aus unterschiedlichsten Industriezweigen erfolgreich durchgeführt.“ Zu den Kunden von ADVA zählen unter anderem deutsche und internationale Großbanken wie Paribas, große Telekommunikationsanbieter wie France Telekom und MCI Worldcom Switzerland, aber auch eine Reihe namhafter deutscher Automobilhersteller.

Optische Konverter und Multiplexer Die Produktpalette von ADVA umfaßt optische Konverter, passive optische Multiplexer und den OCM (Optical Channel Multiplexer), ein modulares Produkt, das auf maximal 16 Kanälen mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 1,25 Gigabyte pro Sekunde eine

Reichweite von 60 Kilometer erzielen kann. Ab Februar 1999 bietet ADVA mit der dritten Produktgeneration eine hochleistungsfähige und flexible Netzlösung für Netzbetreiber, neudeutsch als auch Carrier bezeichnet, an: FSP-1 (Fiber Service Platform) basiert auf einer modularen Systemarchitektur, die präzise auf die jeweiligen Bedürfnisse des Kundennetzwerks angepaßt werden kann. Die kostengünstigen modularen Systeme ermöglichen zudem die Anpassung von Erweiterungen während des laufenden Betriebs – ein entscheidender Vorteil zum Beispiel für die sensiblen Anwendungen von Versicherungen und Banken. Die mit Standorten in Martinsried und Meiningen vertretene ADVA ist seit der Gründung 1994 überproportional expandiert: mit einem Umsatzwachstum von 0,5 Millionen Mark 1995 auf 22,5 Millionen Mark 1998 erzielte das Unternehmen eine durchschnittliche Wachstumsrate von über 250 Prozent pro Jahr. Allein 1998 wuchs der Umsatz gegenüber 1997 um rund 400 Prozent. Darüber hinaus wurde die Anzahl der Mitarbeiter im letzten Jahr von 22 auf derzeit 74 mehr als verdreifacht. Nach nur vier Jahren in einem von hohen Forschungs- und Entwicklungskosten geprägten Markt ist ADVA zudem schon heute ein profitables Unternehmen. Am Standort in Meiningen/Thüringen kann ADVA kosteneffizient produzieren und somit MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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schaften über Versicherungen und Banken bis hin zu den lokalen Unternehmensnetzen. Die Übertragungskapazitäten der modernen Glasfasernetze sind jedoch begrenzt. Durch die Nutzung ihres Know-hows der sogenannten Wavelength-Division-Multiplexing-Technik ermöglicht ADVA die optimale Ausnutzung des einzelnen Glasfaserkabels, kosteneffizient und flexibel. In diesem rasant wachsenden Sektor ist ADVA schon heute in einer sehr starken Position.

WDM – Die Revolution in der Kommunikation Seit der ersten Installation eines glasfaserbasierten Kommunikationssystems durch AT & T vor nur etwas mehr als zwanzig Jahren hat sich die Glasfaser zum dominierenden Übertragungsmedium innerhalb der Telekommunikation entwickelt. Müller: „Durch die Umwandlung von elektrischen Signalen in Lichtimpulse bietet sie

Bilder: Schröder

WDM-Lösungen zu günstigen Preisen anbieten. Neben ihrem Heimatmarkt Europa sind erste Anwendungen in den USA, den GUS-Staaten, Australien und Südafrika installiert. Weitere Vertriebsbüros befinden sich in Bristol (Großbritannien) und Ramsey, New Jersey (USA). Basis des Erfolgs von ADVA sind auch zukünftig ein hochqualifiziertes Management- und Mitarbeiterteam. „Als technisch führend in ihren Marktsegmenten“, so Müller, „setzt ADVA Standards durch die kontinuierliche, marktnahe Entwicklung qualitativ erstklassiger Produkte. Deshalb führt ADVA zur Zeit das Total Quality Management mit Zertifizierung nach ISO 9000 ein. Für die weitere starke Expansion und Steigerung der Ertragskraft hat ADVA die Weichen heute schon gestellt.“ An der ADVA AG sind derzeit die AMS Opto-Tech GmbH in München mit 45 Prozent sowie die E-Tek Dynamics in San Jose, Kalifornien (USA) mit 33 Prozent beteiligt. 22 Prozent des Unternehmen sind Streubesitz. Zur Unterstützung ihres weiteren Wachstums ging ADVA (Börsennotierung: Neuer Markt FFM: ADV) im ersten Quartal 1999 an den Neuen Markt in Frankfurt. Die AMS Opto-Tech und ETek bleiben auch in Zukunft wichtige strategische Partner für ADVA. Der zufließende Emissionserlös soll für weitere Investitionen in Produktentwicklung und Einführung, Marketing und Akquisitionen verwendet werden. Der Boom von Multimediaanwendungen stellt immer höhere Anforderungen an die Schnelligkeit der Datenübertragung – von Telekommunikationsgesell-

„Seit der Gründung 1994“, so Claus-Georg Müller, Vorstand Technik der ADVA AG Optical Network, Meiningen, „haben wir weltweit bereits über 400 Installationen bei Netzbetreiber und privaten Unternehmen aus unterschiedlichsten Industriezweigen erfolgreich durchgeführt.“

Wichtige Kennzahlen im Jahresvergleich (in 1000 DM). Kennzahlen

1997

1998

Umsatz

DM 1 778

1996

4 742

22 376

Ergebnis der gew. Geschäftstätigkeit

DM

32

– 868

896

Jahresüberschuß

DM

27

– 869

882

14

24

75

264

1 287

3 728

Mitarbeiter Anlagevermögen

hinsichtlich der Übertragungskapazität und -distanz, Schnelligkeit und Datensicherheit erhebliche Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Kupferdraht.“ Doch auch die modernen Glasfasernetze können mit dem ständig steigenden Bedarf an der schnellen Übertragung immer umfangreicherer Datenmengen nicht unbegrenzt Schritt halten. Der Einsatz des Internet und von Kommunikationsanwendungen, wie Videokonferenzen, Grafikübertragungen oder Datenarchivierung, zeigt weltweit ein exponentielles Wachstum von mehreren 100 Prozent jährlich, und ein Ende dieser Entwicklung ist noch nicht abzusehen. Die WDM-Technik, in der Mitte der 90er Jahre erstmals eingesetzt, basiert darauf, daß verschiedene Wellenlängen des Lichts völlig unabhängig voneinander und deshalb gleichzeitig genutzt werden können. Durch die Umwandlung einzelner Datenströme in Lichtimpulse verschiedener Wellenlänge können auf diese Weise mehrere Datenströme simultan durch eine einzige Glasfaser übertragen werden (Multiplexing). WDM bildet also aus einer Glasfaser multiple Übertragungswege und erweitert so ihre Kapazität um ein Vielfaches. Diese Technik gilt unter Telekommunikations-Exper-

DM

ten als die größte Innovationsleistung seit Jahrzehnten. Mit Hilfe von WDM, der Kernkompetenz der ADVA, können Telekommunikationsanbieter und Unternehmen die Übertragungskapazität ihrer bestehenden Netze drastisch erweitern und damit hohe Kosten für die ständige Netzerweiterung einsparen. Die WDM-Technik wurde zunächst für die Datenübertragung über große Distanzen und vor allem in den USA eingesetzt. ADVA profitiert von ihrem technischen Know-how-Vorsprung in einem noch jungen Marktund konzentriert ihr Angebot auf die Marktsegmente Unternehmensnetze und Telekommunikationsunternehmen Müller: „Der Markt stellt immer höhere Anforderungen an die schnelle Übertragung zunehmender Datenmengen, WDM ist die überlegene Technik. ADVA ist ein weltweit führender Anbieter von kosteneffizienten und flexiblen WDM-Lösungen und technologisch führend in den Bereichen Unternehmensnetze und Netzbetreiberzugangsnetze. Unser Wissensvorsprung wird mit effizienter Produktentwicklung und kurzen Markteinführungszeiten gesichert. ADVA ist ein stark wachsendes und profitables Unternehmen in einem boomenden Markt.“ j

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Unternehmen im Wandel

Bild: LLT

Das Laserschneiden komplexer Konturen in dünnen Blechen ist ein Betätigungsschwerpunkt der LLT Applikation.

In Nischen zu Hause LLT Applikation beweist Kompetenz RÜDIGER KROH

beim Präzisionslaserschneiden und der Lasermikrostrukturierung Zum Spezialisten fürs Feine hat sich die LLT Applikation GmbH seit ihrer Gründung vor zwei Jahren entwickelt. Mit dem Laser als idealem Werkzeug haben die Ilmenauer ihr Betätigungsfeld beim Präzisionsschneiden und der Mikrostrukturierung gefunden.

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asertechnik in Thüringen ist eng mit dem Standort Ilmenau verbunden. Der Grundstein wurde dabei direkt nach der Wende gelegt, als im Juni 1990 mit der ILZ Ilmenauer Laserzentrum GmbH das erste private Ingenieurbüro auf dem Gebiet der Lasertechnik in den neuen Bundesländern entstand. Im Februar 1997 wurde dann mit der LLT Applikation GmbH (LLT steht für Laser-

und Lichtstrahl-Technologie) ein zweites Unternehmen gegründet. „Nachdem beim ILZ die Lohnfertigung immer mehr in den Mittelpunkt rückte, haben wir die Entwicklungstätigkeiten und die Beratung herausgelöst“, schildert Dr.-Ing. Siegfried Pause, Geschäftsführer in beiden Unternehmen, die Ursache für die Ausgründung. Die Zielsetzung von LLT ist die Vorbereitung, Durchführung und Verwertung von industrienahen Forschungsund Entwicklungsprojekten auf dem Gebiet der Laserund Lichtstrahltechnologie

„Bei kundenspezifischen Lösungen sind wir mit unserer kleinen Mannschaft flexibler als große Unternehmen“, sagt Dr.-Ing. Siegfried Pause, Geschäftsführer der LLT Applikation GmbH, Ilmenau.

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sowie alle damit verbundenen wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Dienstleistungen. „Dabei haben wir uns von Anfang an auf die Präzisionslaserbearbeitung konzentriert. Hier konnten wir eigenes Knowhow vorweisen und es gab nur wenige Anbieter“, begründet der Firmenchef. Der Start wurde dann mit drei Mitarbeitern und einem Investitionsvolumen von gut einer halben Million Mark in den neuen Räumlichkeiten des Technologieund Gründerzentrums in Ilmenau gewagt. Inzwischen sind fünf Diplom-Ingenieure für die LLT GmbH tätig, und der Maschinenpark umfaßt zwei gepulste Nd:YAGFeinschneidlaser, einen CO2Beschriftungslaser, einen Handschweißlaser und einen diodengepumpten Festkörperlaser. „Im Laufe der Zeit ist dann aus der reinen Forschungsgesellschaft auch ein produzierendes Unternehmen geworden“, beschreibt Dr. Pause die vollzogene Wandlung. „Zwar hat die Beratung kleiner Unternehmen bezüglich der Lasertechnik nach wie vor einen hohen Stellenwert, doch wir richten unseren Blick auch auf neue Produkte.“ So wurde für das Präzisionslaserschneiden für Schnittspalte bis 20 Mikrometer ein neues Maschinenkonzept entwickelt, das sich durch seine hohe Dynamik auszeichnet. Herzstück ist ein sogenannter feldgeführter Hochgeschwindigkeits-Positioniertisch für die Werkstückbewegung. Ein luftgekühlter, MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Unternehmen im Wandel

MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Dr. Pause zeigt die neue Präzisionslaserschneidanlage für Schnittspalte bis 20 Mikrometer, die sich durch einen feldgeführten HochgeschwindigkeitsPositioniertisch auszeichnet. Bilder: Kroh

integrierter planarer Läufer wird in drei Bewegungskoordinaten allein durch elektrodynamische Feldkräfte positioniert, wodurch störende mechanische Führungselemente entfallen können. Besondere Merkmale sind ein im Verhältnis zur Genauigkeit großer Verfahrbereich von 200 mal 200 Millimeter bei einer Positioniergeschwindigkeit von 100 Millimeter pro Sekunde und eine Läuferkonstruktion, die vollkommen auf elektrische Zuleitungen verzichtet. Das Prinzip des integrierten Mehrkoordinatenantriebes ermöglicht Positionier- und gesteuerte Bahnbewegungen in den Koordinaten X, Y und ϕ. Ein gegenüber Verdrehung tolerantes, optischinkrementales Meßsystem erfaßt die Position in allen drei Koordinaten mit Nanometerauflösung. Die Positioniergenauigkeit in X-Y-Richtung beträgt ein Mikrometer. Die modular aufgebaute Präzisionslaserschneidanlage schafft fünf Bohrungen

pro Sekunde bei einem Bohrungsdurchmesser von 200 Mikrometer. Sie ist mit einem Feinschneidlaser ausgestattet, der sich mit bis zu 5000 Hertz pulsen läßt. Der Schneidbereich der Maschine reicht von einem Mikrometer dicken Metallfolien bis zu Blechen mit zwei Millimeter Dicke. Damit liegen die wichtigsten Anwendungsgebiete in der Medizintechnik, der Elektronikfertigung und der Feinwerktechnik. Dr. Pause rechnet damit, noch in diesem Jahr zwei Anlagen verkaufen

zu können. „Je nachdem wie sich die Nachfrage weiterentwickelt, ist es dann durchaus denkbar, daß für die Fertigung der Präzisionslaserschneidanlage ein eigenes Unternehmen gegründet wird.“ Den Markt sieht der LLT-Geschäftsführer dabei vor allem bei kundenspezifischen Lösungen, „wo wir mit unserer kleinen Mannschaft flexibler sind und die Leistungen günstiger anbieten können als große Unternehmen“. Mittlerweile hat sich die LLT GmbH weitere Stand-

beine geschaffen. Im Applikations- und Demonstrationszentrum werden Aufgaben zur Laserbeschriftung und -gravur bearbeitet und auch das Reparaturschweißen von Werkzeugen im Lohnauftrag weist eine steigende Tendenz auf. Noch in den Anfängen begriffen ist die Lasermikrostrukturierung, beispielsweise von mikromechanischen Bauelementen, Schichten auf Glassubstraten oder metallisierten Kunststoffteilen. Auch Spiegel werden auf diese Weise dekoriert. Dennoch könnte sich Dr. Pause hier den Ausgangspunkt für ein neues Produkt vorstellen. „Wenn es mehr Interessenten für dieses Verfahren am Markt gibt, ist es denkbar, daß wir ein passendes Maschinenkonzept entwickeln. Wir wollen aber auch noch die Entwicklungen bei den Strahlquellen abwarten, denn für die Mikrostrukturierung sind kurzwellige Laser notwendig.“ j

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Unternehmen im Wandel

Detlef Werner und Meister Michael Krumbholz an einer Maschine in der Fertigungshalle in Niedertrebra.

Der Geheimtip Werner Dreh- und Schweißtechnik in Niedertrebra ROLF TILLERT

ist aufstrebender Partner Thüringer Betriebe Vor über 70 Jahren gründete Georg Werner seine Schmiede und Wagenbaufirma, die auch während der DDR-Zeit in Privatbesitz blieb. Heute hat sich daraus ein florierendes Unternehmen entwickelt, das in Niedertrebra mit CNCMaschinen vor allem Dreh- und Frästeile herstellt. Geführt wird es vom Gründerenkel Detlef Werner.

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elches Hobby Detlef Werner hat, ist nicht schwer zu erraten. Fotos von Motorradtouren und Fahrzeugmodelle in seinem Büro deuten darauf hin, daß er begeisterter Motorradfahrer ist. Leider bleibt ihm heute nicht mehr viel Zeit, sich seinem Hobby zu widmen, denn er muß sich um sein florierendes Unternehmen Werner Dreh- und Schweißtechnik in Niedertrebra kümmern. 1998 hat das Unternehmen bereits sein siebzigjähriges Bestehen feiern können. Werners Großvater, Georg Werner, hat es 1928 als Schmiede und Wagenbaufirma gegründet. Nach 15 Jahren hat dann sein Sohn Felix die Firma übernommen. Er hat sie in der

DDR-Zeit in Selbständigkeit weitergeführt und viel für die Landwirtschaft gearbeitet. Vom Hufbeschlag bis zur Landmaschinenreparatur machte er alles, was anfiel. Im Jahre 1978 ist das Unternehmen dann nach Bad Sulza umgezogen. Auch dort blieb man weiter vollkommen selbständig. 1980 trat schließlich Detlef Werner in den väterlichen Betrieb ein. Er begann Mitte der 80er Jahre, sich mit der Herstellung von Drehteilen zu befassen. Das lief damals unter dem Deckmantel „Konsumgüterproduktion“. „Zur Wende“, so Detlef Werner, „kam dann die große Chance.“ Sofort wurde 1990 in Bad Sulza eine Halle neugebaut, im Oktober ’90 war bereits die erste CNCMaschine angeschafft, und

Werner hat mit drei Mitarbeitern neu begonnen. Heute beschäftigt das Unternehmen in Niedertrebra 30 Mitarbeiter, die ausschließlich mit CNC-Fertigung befaßt sind. Hergestellt werden in reiner Lohnfertigung Präzisionsdreh- und -frästeile für die Industrie. Damit erreicht man einen Nettoumsatz von etwa drei Millionen Mark. „Unser Kundenkreis ist stetig gewachsen. Ich habe nach den Bedürfnissen unserer Kunden dann auch gezielt die Investitionen getätigt“, sagt Werner. Zu den Kunden zählen namhafte Unternehmen wie die Docter Optics GmbH in Neustadt an der Orla und die Jenoptik AG in Jena. Werner liefert auch für Siemens, Erfurt, Energietechnik, Spezialteile. Ein starker Partner ist außerdem die ZF Gotha GmbH. Fast 90 Prozent des Umsatzes macht Werner in Thüringen. Die Hauptauftraggeber sind Thüringer Tochterunternehmen oder Thüringer Unternehmen. Doch auch von westdeutschen Unternehmen kommen Anfragen. Indirekt liefert man über ostdeutsche Tochterunternehmen ohnehin an westdeutsche Firmen.

Zweites Standbein wird aufgebaut Für die Zukunft hat Werner noch einiges vor: „Wir sind dabei, ein zweites Standbein aufzubauen: Wir bieten Baugruppenfertigung inklusive Montage an.“ Die Kunden werden in Zukunft also vormontierte Baugruppen erhalten können. Das Unternehmen aus Niedertrebra entwickelt sich damit von der reinen Lohnfertigung weg zum Systemlieferanten für die Industrie. MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Erweiterung ist möglich in Niedertrebra Verschiedene Gründe haben zu dem Umzug von Bad Sulza in die nahegelegene 1000-Seelen-Gemeinde Niedertrebra geführt. 1996 waren in Bad Sulza 15 Mitarbeiter beschäftigt. Die Halle stand in einem Mischgebiet mit Wohnhäusern. Gearbeitet wurde damals seit 92/93, wie heute noch, im Dreischichtbetrieb. In dieser Situation waren Probleme vorprogrammiert. Der zweite kritische Punkt war die Zufahrt über die engen Straßen von Bad Sulza. In Niedertrebra befand sich ein ehemaliges Raiffeisengelände mit einem Landmarkt, der aufgegeben wurde. Das Gebäude stand zum Verkauf, und Werner hat nicht lange gezögert und sich dort niedergelassen. 1998 wurde dort MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

zusätzlich eine neue Lagerhalle errichtet, weil das erste Gebäude auch schon wieder zu klein war. Weitere Erweiterungsmöglichkeiten sind vorhanden. Ganz zufrieden ist Werner mit seinem Standort allerdings nicht. „Wir wünschen uns im Prinzip mehr Zugpferde. Wenn ich in den alten Bundesländern geschäftlich reise, sehe ich, daß die dortigen Gewerbegebiete intakt sind. In unseren Gewerbegebieten finden Sie einen Haufen Dienstleister, aber es fehlen eigentlich große Fertigungsunternehmen.“ Dadurch entstehen für das Unternehmen häufig sehr weite Wege. Die ganze Peripherie der Teilefertigung ist sehr schwierig zu handhaben. „Was in den Gewerbegebieten in den alten Bundesländern zum Teil komplett vertreten ist, dafür fahr ich hier bis nach Weimar oder Chemnitz“, klagt Werner. „Das ist noch ein langwieri-

ger Entwicklungsprozeß.“ Stolz betont er: „Wir haben einen sehr modernen Maschinenpark und arbeiten ausschließlich mit CNCTechnik.“ Das Gebäude ist klimatisiert, was auch eine Forderung der Kunden ist und im Zusammenhang mit der Zertifizierung verlangt wurde. Momentan stehen neue Projekte an, die es zu realisieren gilt. Im Jahr 2000 sind die nächsten Investitionen vorgesehen. Die Mitarbeiterzahl soll dann auf 35 steigen.

Gute Frequentierung von Anfang an

Bilder: Tillert

Auch heute noch ist Werner nach wie vor ein Einzelunternehmen, das voll im Familienbesitz ist. Seit 1990 hat man immerhin um die fünf Millionen Mark in neueste technische Anlagen investiert. 1998 hat man die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9002 geschafft. „Das war ein wichtiger Schritt in unserer Entwicklung“, stellt Detlef Werner fest. Durch die weitere Expandierung wird es allerdings ein immer größeres Problem, geschultes Fachpersonal zu bekommen. Man arbeitet deshalb mit einigen Schulen und Umschulungsinstitutionen zusammen, für deren Schüler Praktika angeboten werden. Von diesen Schulen hat man bereits einige Mitarbeiter geholt. Auf dem freien Markt einen guten Mann zu bekommen, ist nach Meinung Werners jedoch sehr schwierig.

Detlef Werner, Geschäftsführer und Inhaber der Werner Dreh- und Schweißtechnik: „Die Hälfte unserer Kundschaft haben wir auf Empfehlung bekommen.“

Die Hälfte unserer Kundschaft haben wir auf Empfehlung bekommen“, stellt Werner fest. Obwohl nur wenig Werbung gemacht wurde, hatte man von Anfang an eine sehr gute Frequentierung. „Preisleistung und Qualität – das muß stimmen“, erklärt Werner dazu, „das war bei mir oberstes Gebot.“ So steckt man auch viele Mittel in eine gute Schulung der Mitarbeiter. Michael Krumbholz ist als Meister über die IHK qualifiziert. Seit drei Jahren werden Lehrlinge ausgebildet, um den Nachwuchs selbst heranzuziehen. Es laufen verschiedene Mitarbeiterschulungen im Fräsbereich und im Drehbereich sowie Qualitätsschulungen. Das Unternehmen ist auch auf Messen vertreten. Dort nutzt man Gemeinschaftsstände der IHK. Interessant sind für Werner die speziellen Maschinenbaumessen und Fachmessen, auf denen die Kunden vertreten sind. Ebenfalls hält er die Teilnahme an Messen wie der EMO oder der Industriemesse in Hannover für sinnvoll, an Messen also, auf denen sich

„die ganze Welt die Klinke in die Hand gibt“. Daß man keinen eigenen Stand hat, sei eine reine Kostenfrage. 1990 hatte man das Problem, daß nach der Währungsunion alte Kunden innerhalb eines halben Jahres nicht mehr existent waren und fertige Teile zum Teil verschrottet wurden, weil sie nicht mehr abgeholt wurden. Es mußten neue Kunden akquiriert werden, was sich über zwei Jahre erstreckt hat. Werner: „Das war eine sehr schwierige Zeit, die wir aber ganz gut überstanden haben.“ Trotz dieser Schwierigkeiten konnte in den Anfangsjahren der Umsatz jährlich verdoppelt werden. Auch heute erreicht man ein stetiges Wachstum. Einen Grund dafür nennt Werner: „Wir versuchen, unseren Kunden sehr viel Kompetenz zu bieten.“ So unterstützt das Unternehmen seine Kunden bei der Konstruktion. Man fertigt nicht einfach drauflos, sondern arbeitet mit einer CAD-Anlage. Oft bekommt man von Kunden Zeichnungen, die nicht so sind, wie sie sein müßten. Werner: „Wir weisen unsere Kunden – bevor ein Teil gefertigt wird – auf eventuelle Probleme hin. Und das hat natürlich auch bei unseren Kunden großes Vertrauen geschaffen, weil es sie vor Riesenschäden bewahrt hat.“ Werner arbeitet nicht nur mit modernen Maschinen, sondern nutzt auch zeitgemäße Wege der Kommunikation. So ist die Firma unter www.cnc-werner.de auch im Internet zu finden. Kunden werden darauf hingewiesen. Immerhin sind auf der Homepage schon über 3000 Besucher gezählt worden. j

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Unternehmen im Wandel

Mit dem Stanzbiegeautomaten werden beispielsweise Messingbauteile für Steckdosen und Schalter hergestellt.

Fertigung nach Maß ROLF TILLERT

Menz Stahlwaren in Benshausen konnte traditionelle Verbindungen bewahren Die im thüringischen Benshausen ansässige Menz Stahlwaren GmbH, Hersteller von Haushaltwaren und Tierzuchtartikeln sowie Anbieter von Lohnarbeiten zum Beispiel in der Gleitschleiferei, kann auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurückblicken. Die heute von Helmut Menz geführte GmbH stellt ihre Produkte mit Hilfe moderner Automaten her.

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lte Fachwerkhäuser und andere historische Gebäude zählen zu den Sehenswürdigkeiten der thüringischen Gemeinde Benshausen in der Nähe von Zella-Mehlis. Alte Gebäude – aus den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts – findet man in dem Ort auch auf dem Gelände der Menz Stahlwaren GmbH. Doch sie beherbergen ein modernes Unternehmen. Dennoch kann das Unternehmen stolz auf eine lange Tradition zurückblicken. Ein Vorfahr des jetzigen Geschäftsführers Helmut Menz hat es 1880 in Benshausen an anderer Stelle gegründet. Damals wurden die sogenannten Schmalkalder Artikel gefertigt. Darunter versteht man Haushaltwaren wie zum Beispiel

Kuchenrädchen, Wiegemesser, Dosenöffner und Korkenzieher sowie beispielsweise Bullennasenringe für den Tierzuchtbedarf. Derartige Produkte wurden unter einfachen handwerklichen Bedingungen produziert, wie sie in der damaligen Zeit üblich waren.

Elektrische Maschinen wurden angeschafft Im Laufe der Zeit wurden dann Maschinen mit Elektroantrieb angeschafft. 1921 bis 1927 wurden auch die neuen Gebäude errichtet, in denen noch heute auf dem jetzigen Firmengelände gefertigt wird. Das Unternehmen florierte: In Spitzenzeiten – vor dem Zweiten Weltkrieg – waren dort 80 bis 100 Mitarbeiter beschäftigt. Die Artikel sind schließlich immer vielfältiger geworden.

Man stellte seine Produkte auf Messen in Deutschland aus, insbesondere auf der Leipziger Messe, an der man regelmäßig teilnahm. Die Artikel wurden über Großhändler in Zella-Mehlis und Schmalkalden verkauft, aber auch direkt über Messen in ganz Deutschland. Außerdem wurden sie in europäische Nachbarländer und sogar nach Übersee exportiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb demontiert, so daß die Produktion zum Stocken kam. Herbert Menz, Vater von Helmut Menz, hat jedoch 1949 einen Neuanfang gewagt. Nachdem er aus russischer Kriegsgefangenschaft gekommen war, begann er damit, den Betrieb wieder aufzubauen. 1961 wurde eine staatliche Beteiligung aufgenommen und das Unternehmen in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. 1972 wurde der Betrieb schließlich enteignet. Zu dieser Zeit wurden die meisten Betriebe in der DDR volkseigen. Vier kleinere Firmen wurden dem Unternehmen in Benshausen angegliedert, das seinerseits 1984 an den Stammbetrieb des Kombinates Haushaltwaren, Steinbach-Hallenberg, angegliedert wurde. Herbert Menz war dort dann als Werkleiter tätig. 1990 wurde schließlich die ehemalige Adolf Menz Wwe KG aus dem Kombinat herausgelöst und von der Treuhandanstalt Suhl übernommen. Als Geschäftsführer des Unternehmens wurde Herbert Menz berufen. MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Neubeginn mit sieben Mitarbeitern „1992 haben wir uns entschlossen, ein Unternehmenskonzept vorzulegen und die Firma von der Treuhandanstalt Suhl zurückzukaufen“, schildert Helmut Menz die weitere Entwicklung. Begonnen wurde in der neuen Menz Stahlwaren GmbH mit sieben Vollzeitarbeitnehmern. Das Produktionssortiment setzte sich zum großen Teil wieder aus den auch bisher hergestellten Produkten zusammen. Die Basis für den Neustart war gut. Menz: „Wir haben glücklicherweise die enge Zusammenarbeit mit Fackelmann und Kerbl weiterführen können.“ Mit diesen Unternehmen wurden dann gemeinsame Produkte entwickelt. Schritt für Schritt investierte man in Maschinen und Ausrüstungen, um die bestehende Produkt-

palette überarbeiten und qualitativ verbessern zu können. So wurde im Juli 1992 ein Mabu-Stanzautomat angeschafft. Parallel dazu wurde eine moderne Gleitschleifabteilung aufgebaut, um die Bearbeitung der Oberflächen zu ermöglichen. „Diese Abteilung“, erläutert Menz, „haben wir aber auch unter dem Gesichtspunkt aufgebaut, daß wir für andere Kunden Lohnarbeit durchführen können. Das ist uns mittlerweile recht erfolgreich gelungen.“ Die Abteilung hat heute einen weiten Kundenkreis. Sie sind in einem Umkreis von etwa 100 Kilometern angesiedelt. Dieses Leistungssegment soll Ende 1999 noch erweitert werden. Man wird dann eine Rösler-Muldenband-Chargen-Strahlanlage aufstellen. Dabei handelt es sich um eine Anlage zum Sandstrahlen. Ein anderer wichtiger Schritt war im vergangenen Jahr die Anschaffung eines Stanzbiegeautomaten GRM 50 der Otto Bihler Maschinenfabrik GmbH & Co. KG in Halblech im Allgäu. Damit hat man nun die Möglichkeit, komplizierte Teile automatisch zu produzieren. „Wir haben praktisch festgestellt, daß wir durch die normale Stanztechnik auf Auto-

Bilder: Tillert

Sein Sohn war damals nicht im Betrieb tätig. Er hatte Maschinenbau und Kraftfahrzeugtechnik studiert und war danach in der Kraftfahrzeugbranche in Zella-Mehlis tätig gewesen. Nach der Wende hörte er dort auf und gründete eine Handelsvertretung. Er vertrat die wichtigsten Kunden des alten Unternehmens aus den alten Bundesländern in den neuen Bundesländern. Im Haushaltwarenbereich war das die Fackelmann GmbH + Co in Hersbruck bei Nürnberg. Dieses Unternehmen fertigt Haushaltwaren und Badmöbel. Auf dem Gebiet der Tierzuchtartikel, zu denen zum Beispiel Bullenringe gehören, war es die Albert Kerbl GmbH in Buchbach bei Erding.

maten doch relativ schnell an die Grenze des Machbaren kommen. Wir haben uns nun für den neuen Automaten entschieden, weil wir auf dieser Maschine neben Stanzen und Biegen zum Beispiel auch automatisch Gewinde schneiden und montieren sowie schweißen können“, erklärt Menz. Ein neues Produkt sind Messingbauteile für Steckdosen und Schalter. Auch sie werden auf dem neuen Stanzbiegeautomaten hergestellt. Für die Maschine sind deutschland- und europaweit Werkzeuge auf dem Markt. Menz möchte jetzt für Kunden mit deren Werkzeugen auf seiner Maschine in Lohnarbeit Teile produzieren. Mittlerweile ist die Belegschaft des Unternehmens bis Oktober 1999 auf 26 Mitarbeiter angestiegen. Auch der Umsatz konnte regelmäßig gesteigert werden. Von Beginn im ersten Jahr bis jetzt hat er sich etwa um das Sechsfache erhöht. Menz blickt auch optimistisch in die Zukunft: „Arbeitsmäßig sind wir gut ausgelastet“. Der Umsatz steigt weiter. Menz dazu: „Wir möchten aber mit unserem Betätigungsfeld auf eine noch breitere Ebene kommen, um von bestimmten Schwankungen in bestimmten Branchen unabhängiger zu werden.“ So soll die Oberflächenbearbeitung weiter ausgebaut werden. Auch in die Bihler-Stanzbiegetechnik will man weiter investieren. Ein gewisses Problem war die marode Gebäudesubstanz. Sie Helmut Menz, Geschäftsführer der Menz Stahlwaren GmbH, Benshausen, stellt zufrieden fest: „Arbeitsmäßig sind wir gut ausgelastet.“

wurde und wird entsprechend den Erfordernissen und finanziellen Möglichkeiten umgestaltet und saniert. Die bestehenden Produktionsräume werden heute weitestgehend ausgenutzt. Es besteht jedoch bei Bedarf die Möglichkeit zu erweitern, weil man im Anschluß an das Betriebsgebäude noch Grund und Boden besitzt. Kunden des Unternehmens sind hauptsächlich andere Hersteller von Haushaltwaren, die ihr Sortiment mit Menz-Produkten auffüllen. Sie sind vor allem in den alten Bundesländern beheimatet. Beliefert werden außerdem in den alten und den neuen Bundesländern Großhändler, Händler und in begrenztem Umfang auch Einzelhandelsgeschäfte. In Ausnahmefällen wird auch an Endverbraucher verkauft.

Standort Benshausen bietet Vorteile Exportiert wird ebenfalls – zum Beispiel Haushaltwaren und Tierzuchtartikel nach Dänemark, Schweden und Holland, wo man auch Vertretungen hat, sowie in die Schweiz. Tierzuchtartikel werden außerdem nach Frankreich verkauft. Der überwiegende Teil geht jedoch an Kerbl. Der Standort Benshausen hat für Menz durchaus Vorteile. Die Region ist industriell gut entwickelt. Es gibt jedoch auch einen Wermutstropfen: Die Verkehrsanbindung ist nicht besonders gut. Doch Abhilfe ist in Sicht. Menz hofft nun, daß die Thüringerwald-Autobahn möglichst schnell fertiggestellt wird. Davon verspricht er sich auf jeden Fall eine Verbesserung der verkehrstechnischen Rahmenbedingungen. j

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Deckel Maho Seebach: Über 130 Jahre Maschinenbautradition in Thüringen Der Blick aus Günter Bachmanns Büro ist herrlich – satt und grün leuchten die Nadelbäume des Thüringer Waldes. Der Geschäftsführer des Traditionsunternehmens in Seebach genießt ihn regelmäßig, sagt er. 1862 gründeten die Gebrüder Thiel in Ruhla eine Metallwarenfabrik. Sie starteten zuerst mit der Spiel- und dann mit der Taschenuhrproduktion, die schon bald zu Weltruhm gelangte. Ruhlaer Uhren sind noch heute ein Begriff. Mit der Herstellung von Werkzeugmaschinen kam Anfang des Jahrhunderts das zweite

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Standbein hinzu. 20 Jahre später wurde genau dort die Universal-Fräsbohrmaschine „geboren“. In den 70ern expandierte das Unternehmen; in Seebach entstand ein neuer Betriebsteil. Die zwei genannten Produktionszweige blieben bis 1990 erhalten – wenn auch mit wechselnden Gesichtern. Nach dem Krieg, 1952, wurde der Betrieb als „DDRKombinat für Uhren und Maschinenbau“ verstaatlicht. Die Produktion lief, die Produkte brachten Devisen. Funktionierende Westkontakte garantierten gute Ab-

satzzahlen. Mitte der 70er Jahre verlagerten die DDROberen den Schwerpunkt der Produktion auf die Herstellung von Bauteilen für elektronische Uhren, der Werkzeugmaschinenbau wurde zum Anhängsel. Mit den politischen Umwälzungen 1989 kamen auch tiefgreifende Veränderungen auf das Kombinat zu. Umdenken war gefragt, erzählt der heutige Geschäftsführer Günther Bachmann. „Die Zukunft des Unternehmens konnten wir nur mit einem Partner sichern.“ Schon 1990 kam der erste Kontakt mit den westdeutschen Maschinenbauern von Maho zustande.

Die Seebacher brachten auf ihrem Privatisierungsweg manche Turbulenzen hinter sich. Von den ehemals 1000 Beschäftigten in Seebach wurde in mehreren Etappen knapp die Hälfte entlassen. Nach Auflösung des Kombinates wurde 1990 die Deckel Maho Seebach GmbH gegründet. Im September 1994 übernahm die Gildemeister AG das Unternehmen. Damit erweiterten die Bielefelder ihren Unternehmensverbund durch einen Standort in Thüringen. Mit der Aufnahme in den GildemeisterKonzern ging es wieder aufwärts in Seebach. Bis heute flossen insgesamt 80 Millionen Mark Investitionsgelder

MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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zu Deckel Maho in Thüringen. Modernisiert wurden die Technik, aber auch die Büros und die Geschäftsausstattung. Parallel dazu wurde das Firmenprofil geändert. Der Löwenanteil der in Thüringen produzierten Maschinen liegt heute bei kleineren Universalfräsmaschinen. Mit diesen Maschinen werden die unterschiedlichsten Produkte für die Medizintechnik, die Luft- und Raumfahrtindustrie oder auch die Mikroelektronik hergestellt, so zum Beispiel Maschinen, mit denen sich künstliche Gelenke fräsen lassen. Für Unfallopfer oder ältere Menschen bilden diese Gelenke oft die einzige Chance, sich wieder bewegen zu können. In den Bereich der Medizin gehören auch Preßformen für Medikamente – also kleine Förmchen, in denen Tabletten ausgegossen werden. Seit Mitte der 90er Jahre ist die Talfahrt bei den Beschäftigungszahlen gestoppt, die Anzahl der Arbeitnehmer steigt wieder. Vor vier Jahren arbeiteten bei Deckel Maho Seebach 234 Menschen, heute sind es über dreihundert. Licht am Horizont schimmert seit 1996 auch für die Umsatzzahlen. Während der Umsatz sich in den Jahren von 1990 bis 1995 zwischen 40 und 50 Millionen Mark bewegte, verdoppelte er sich im darauffolgenden Jahr. 1998 verzeichnete das Unternehmen einen Umsatz von über 150 Millionen Mark. Und die Tendenz ist weiter steigend. Für Geschäftsführer Günter Bachmann liegt der Erfolg vor allem in der innovativen Produktion: „Wir sind sehr innovationsstark und haben bei einigen Maschinentypen bereits einen InMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

novationszyklus von nur noch drei Jahren erreicht. Außerdem gehen wir durchschnittlich jedes Jahr mit drei absolut neuen Maschinentypen an den Markt.“ Punkt zwei des Erfolgskonzeptes sei das weltweite Vertriebsnetz, das die Seebacher im Unternehmensverbund Gildemeister mitnutzen können. Angesprochen auf die Standortvorteile Thüringens aus seiner ganz persönlichen Sicht, meint Günter Bachmann: „Natürlich sehe ich unsere jungen und gut ausgebildeten Arbeitskräfte als riesigen Vorteil. Dazu kommt die hohe Leistungsbereitschaft der Leute und die lange Tradition im Maschinenbau. Nicht zu vergessen die zentrale Lage mitten in Deutschland.“ Allgemein profitieren Investoren in Thüringen außerdem von den steuerlichen und förderpolitischen Vergünstigungen. Der Freistaat gewährt Investitionshifen und -zuschüsse von bis zu 50 Prozent der förderfähigen Investitionen bzw. bis zu 45 Prozent der Forschungs- und Entwicklungskosten. Ergänzt werden diese Fördermaßnahmen durch den Komplettservice der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Thüringen mbH, der Standort- und Förderberatung sowie effektives Behördenmanagement umfaßt. Bachmanns Vision? „Die 200-Millionen-Mark-Umsatzgrenze sprengen, eine höhere Fertigungstiefe erreichen und die Kompetenz von Deckel Maho Seebach bei der mechanischen Bearbeitung von kubischen Gußteilen erhöhen.“ Und er setzt er alles dran, daß die Exportquote weiter steigt. Sein Ziel: 60 Prozent. Anja Hesse

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Gleitschliffzentrum Oranienburg installiert neue Rösler-Strahlanlage Im Rahmen der diesjährigen Firmenpräsentation im Gleitschliffzentrum Oranienburg konnten sich die in großer Zahl erschienenen Kunden nicht nur von der Leistungsfähigkeit des ostdeutschen Unternehmens überzeugen, sondern auch die neue Strahlanlage der Firma Rösler in Augenschein nehmen, die Firmenchef Wolf-Dieter Rätz stolz präsentierte. Mit der Erweiterung des angestammten Dienstleistungsangebots (Gleit-, Strömungs- und Roboterschleifen) ist die Firma an der Peripherie Berlins nun in der Lage, in allen

wichtigen Bereichen der Oberflächenbearbeitung ihren Kunden ein Höchstmaß an Qualität und Wirtschaftlichkeit zu garantieren. In der Strahlanlage lassen sich alle abrasiven Medien wie Korund oder Siliziumkarbid bis hin zu vegetabilen Strahlmitteln oder Kunststoffgranulaten einsetzen. Neben Reinigungs-, Mattierungs- und Entgratarbeiten können Dekorarbeiten ausgeführt werden. Gleitschliffzentrum Oranienburg 16515 Oranienburg Tel. (0 33 01) 52 32-0 Fax (0 33 01) 52 32-29

WDM europaweit erfolgreich mit punktgeschweißten Gittern Wolfshagen liegt in der Prignitz, im Kreis Perleberg. In der ländlichen und industriell schwachen Region fertigt die Wolfshagener Draht- und Metallverarbeitung GmbH punktgeschweißte Drahtgitter und liefert sie nach Deutschland, Europa und in die östlichen Nachbarstaaten. Der Standort in der Nähe der Autobahn Berlin – Hamburg sichert eine gute Anbindung an die täglich notwendigen Verkehrs- und Warenströme. Die Gitterproduktion besteht in Wolfshagen seit den 70er Jahren. Vor der Wende und noch zu Beginn der 90er Jahre wurden die punktgeschweißten Drahtgitter fast ausschließlich für die Sowjetunion produziert. Nachdem die letzten langfristigen Verträge erfüllt waren, stand der Betrieb vor dem Aus. 1994 kam Bernd Garthaus, einer der beiden Geschäftsführer, aus dem Münster-

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land hierher. Dort hatte er umfangreiche Branchenerfahrung gesammelt, bevor er gemeinsam mit dem vorherigen Betriebsleiter Hans Dedek die Betriebsübernahme von der Treuhand in Angriff nahm. Industrielle Spezialgitter werden in vielen Branchen gebraucht. Sie kommen in der Lager- und Fördertechnik, im Ladenbau, im Maschinenbau, in der Lebensmittelindustrie, für Trenn-, Schutz- und Zaunsysteme, in der Möbelindustrie, für Lüftungs- und Klimatechnik oder im Garten- und Campingbedarf zum Einsatz. Insgesamt sieben Millionen Mark wurden seit 1994 in die Modernisierung des Betriebes investiert, in neue Maschinen, Handling- und Transporteinrichtungen sowie Gebäude. Zum Neustart 1994 konnten 20 der ehemals mehr als 80 Mitarbeiter übernommen werden, heute MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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sind wieder 50 Mitarbeiter und vier Auszubildende im Betrieb tätig. Der Umsatz wird 1999 neun Millionen Mark erreichen, 1994 waren es noch 3,5 Millionen Mark gewesen. Bis zu 40 Prozent der Produktion gehen heute wieder in den Export, überwiegend nach Europa und in die osteuropäischen Nachbarländer Polen, Tschechien und Ungarn. Die industriellen Spezialgitter werden fast ausschließlich nach individuellen Kundenwünschen produziert. Etwa 50 Prozent der auf modernen Punktschweißautomaten gefertigten Gitter werden direkt bei WDM auch weiterverarbeitet. Zu dem auftragsbezogenen Leistungsspektrum zählen unter anderem das Kanten, Biegen oder Einrahmen. Ebenso gehören Oberflächenveredelungen wie Farbbeschichten, Verzinken, Verchromen und Elektropolieren zum Angebot. Zwei strategische Ansätze schärfen das Profil des Unternehmens. Der erste Ansatz beinhaltet Diversifizierung bei den Ursprungsmaterialien. Die Wolfshagener Drahtverarbeitung ist heute der einzige Betrieb seiner Art in Deutschland, der vier verschiedene Drahtarten verschweißen kann. Seit Ende 1997 zählen blanke Drähte, verzinkte Drähte, aluverzinkte Drähte und Edelstahldrähte zu den Ausgangsmaterialien des Werkes. Der zweite wichtige Ansatz heißt kurze Lieferzeiten. Durch optimierte Zusammenarbeit mit Logistikpartnern kann binnen 48 Stunden in jeden Ort Deutschlands und des angrenzenden Europas ausgeliefert werden. Die durchschnittlichen Lieferzeiten ab Auftragseingang betragen MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

zwei bis drei Wochen. Der in Coils und Ringen und in variablen Drahtstärken von zwei bis acht Millimeter gelagerte Drahtvorrat im Wolfshagener Lager reicht einmal um die Erde. Das wird vom Markt honoriert. Die Ost-West-Kombination

in der Geschäftsführung hat sich bewährt, sagt Garthaus. Während Hans Dedek Marktkontakte einbringt, modernisiert Garthaus den Betrieb mit kaufmännischem Know-how unter strengen Produktivitätsaspekten. Heute stellt sich

das Unternehmen erfolgreich seinem Markt und dem Wettbewerb und genießt Vertrauen bei den Lieferanten. Zahlreiche Anfangsschwierigkeiten konnten gemeistert werden. Seit 1996 schreibt WDM schwarze Zahlen.

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Pressen- und Maschinenservice Erfurt repariert und modernisiert Das Geschäft mit gebrauchten Werkzeugmaschinen boomt. Das Angebot ist riesig, groß ist auch die Nachfrage. Das gilt insbesondere für Pressen mit kleinerer und mittlerer Preßkraft. Doch entspricht das, was am Markt offeriert wird, in den wenigsten Fällen den Anforderungen, die moderne Fertiger stellen. Gebrauchtes wieder fit zu machen für den rauhen Produktionsalltag, darauf hat sich die PME Pressen- und Maschinenservice GmbH, Erfurt-Kerpsleben, spezialisiert. Die Modernisierungsmaßnahmen reichen vom Austausch von Verschleißteilen über Nacharbeit, Überholung, Farbgebung bis hin zur Erneuerung der Elektrik und der Steuerungstechnik. Auch der Anbau neuzeitlicher Automationssysteme wie Vorschübe, Richtgeräte, Transfereinrichtungen oder Meßgeräte gehört zum Programm des Erfurter Unternehmens. Langfristig erfahrenes Personal sorgt für eine exakte Beurteilung des Verschleißzustandes und die Abgabe eines verläßlichen Modernisierungsangebots.

Die Reparaturen und Überholungen erfolgen entweder außer Haus oder in den eigenen Räumlichkeiten. Dabei stellt ein 24-Stunden-Service eine prompte Bedienung im Falle von Maschinenschäden sicher. Darüber hinaus übernimmt PME regelmäßige Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten, besorgt Ersatzteile für Pressen der verschiedensten Hersteller und führt Sicherheitsüberprüfungen nach EN und UVV aus. Geprüft werden Pressen aller Hersteller, dazu Automatisierungseinrichtungen, Tafelscheren und Abkantpressen. Bei jeder Überprüfung wird ein Protokoll erstellt, eine Prüfplakette wird angebracht. Und die Ergebnisse der Nachlaufwegmessung werden ebenfalls dokumentiert. Neben einem breiten Angebot von Gebrauchtmaschinen ab Lager bietet der Erfurter Umformtechnikspezialist auch Neumaschinen an, darunter Einständer-Exzenterpressen bis 160 Tonnen Preßkraft und Zweiständer-Exzenterpressen bis 250 Tonnen Preßkraft.

Mechanik Taucha Fördertechnik bezieht neues Werk in Jesewitz Zwei Monate früher als geplant konnte Architekt Gerd Rochlitzer dem Geschäftsführer der Mechanik Taucha Fördertechnik GmbH, Roland Kirchner, den symbolischen Schlüssel für den neuen Firmensitz in Jesewitz überreichen. In der rund 1000 Quadratmeter großen Halle startete nur wenige Tage später die Produktion

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von Säulenschwenkkranen. Angesichts des rapide gestiegenen Geschäftsvolumens und eines jährlichen Umsatzes von 4,5 Millionen Mark hatte das Fördertechnikunternehmen nach 45 Jahren dem alten Firmensitz in Taucha Lebewohl sagen müssen. „Unsere gebauten Krane mußten wir jahrelang mit Hebetechnik aus unseMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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rem Fabrikgelände heben, da in Taucha alles verbaut war“, begründet Geschäftsführer Kirchner seinen Abschied aus Taucha. Aber auch die Nähe zur Autobahn und die erträglichen Grundstückspreise sprachen für eine Ansiedlung am Standort Jesewitz. Rund drei Millio-

nen Mark hat Mechanik Taucha in den Bau der neuen Fertigungsstätte und das 5000 Quadratmeter große Grundstück investiert. Mechanik Taucha Fördertechnik GmbH 04425 Jesewitz Tel. (03 42 41) 5 35-0 Fax (03 42 41) 5 35-22

Import-Service Chemnitz feiert sein 25jähriges Bestehen Auf ihr 25jähriges Bestehen kann die Import-Service GmbH zurückblicken. In dieser Zeit verlegte sich das Unternehmen auf die Ersatzteillieferung und Serviceleistungen für importierte Werkzeugmaschinen aus aller Welt. Die Serviceleistungen beinhalten Schadensreparaturen, Baugruppeninstandsetzungen bis hin zu Modernisierungen und Generalüberholungen von Werkzeugmaschinen. Nach der Wiedervereinigung hat sich der Vertrieb neuer und gebrauchter

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Werkzeugmaschinen stetig weiterentwickelt. In diesem Jahr wurde ein weiterer Schritt zur Zentralisierung des Unternehmens am Standort Gießerstraße 7 bis 9 in Chemnitz durchgeführt. Durch den sehr erfolgreichen Geschäftsverlauf in den vergangenen Jahren konnte das Firmengebäude rekonstruiert und noch kundenfreundlicher gestaltet werden. Import-Service GmbH 09130 Chemnitz Tel. (03 71) 4 05 91 10 Fax (03 71) 4 01 58 25

Lausitzer Tochtergesellschaft macht der Stölzle-Oberglas-Gruppe Freude Dem allgemeinen Branchentrend trotzend, präsentiert die österreichische StölzleOberglas AG für 1998 einen ansehnlichen Jahresabschluß. Mit einem Gesamtumsatz von rund 255 Millionen Mark (1,8 Milliarden Schilling) lag dieser über dem sowieso schon guten Vorjahreswert. Besonders das jüngste Mitglied in der Stölzle-Oberglas-Familie, die Stölzle-Oberglas Lausitz GmbH, Weißwasser, hat die Erwartungen an den Jahresabschluß 1998 bei weitem übertroffen: Mit 15,5 Millionen Mark Umsatz kann das traditionsreiche Unternehmen eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent vorweisen. Die Stölzle-Oberglas Lausitz GmbH fertigt hochwertige Trinkgläser in einem vollautomatisierten Fertigungsprozeß. Neben Bechern, Kelchen, Biertulpen und anderen Formen kreiert

das Werk auch individuelle Sonderformen für Kunden aus der Gastronomie oder für Fluglinien. Wurden bisher etwa 70 Prozent des Umsatzes im Exportgeschäft erwirtschaftet, ist die Geschäftsführung besonders darüber erfreut, daß die Nachfrage im Inland steigt und bereits jetzt einen Großteil des Zuwachses ausmacht. „Gemeinsam mit unseren Vertriebspartnern werden die Aktivitäten auf dem Inlandsmarkt verstärkt, um hier an die Erfolge im Export anzuknüpfen“, kommentiert Andreas C. Kmen, Geschäftsführer der Stölzle-Oberglas Lausitz GmbH. Das Motto des Glaswerks „hochwertige Trinkgläser zu bezahlbaren Preisen“ scheint sich gegen die immer noch vorhandenen Vorbehalte gegenüber Produkten aus den neuen Bundesländern durchzusetzen.

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EOC Normalien Grüna errichtet neue Halle in Chemnitz Die EOC Normalien Produktions- und Vertriebs GmbH hat im September mit dem Bau einer neuen Produktionsstätte begonnen. Auf dem Chemnitzer Gewerbegebiet an der A 72 werden rund 11, 5 Millionen Mark in eine mehr als 3000 Quadratmeter große Halle investiert. Weitere 3,5 Millionen Mark will der Hersteller von Normteilen für die Fabrikation von Spritzgießwerkzeugen und die Umformtechnik

in den Ausbau des Stammsitzes Grüna stecken. Dieser war erst 1996/97 für etwa sechs Millionen Mark erweitert worden. EOC fertigt außer Normalien auch Sonderstahlplatten und innovative Stahl-Schweißkonstruktionen nach Kundenspezifikation. EOC Normalien Produktions- und Vertriebs GmbH 09224 Grüna Tel. (03 71) 8 42 45-0 Fax (03 71) 8 42 45-50

Wiederholungsaudit nach IS0 9001 bei Heyfra electronic erfolgreich Die Heyfra electronic GmbH, Lutherstadt Eisleben, ist bereits seit 1996 nach ISO 9001 zertifiziert. Das in diesem Jahr anstehende Wiederholungsaudit wurde erfolgreich absolviert. Auch sonst hat sich bei dem Elektronikdienstleister in den

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letzten Jahren viel getan. So konnte das im November 1994 gegründete Unternehmen dank guter Geschäftsentwicklung seine Belegschaft von zwei auf 30 Personen aufstocken. Drei Vertriebsbüros in den alten Bundesländern, ein Joint-

venture in Chicago/USA sowie eine Repräsentanz in Moskau wurden inzwischen aufgebaut. Heyfra electronic entwickelt und produziert elektronische Geräte und Komponenten für Kunden aus der Luftfahrt- und Rüstungsindustrie, der Medizintechnik, Kommunikationselektronik und der Gebäudeautomation. Über besonderes

Know-how verfügt man bei intelligenten Feldbussystemen sowie im Bereich der intelligenten Haustechnik. Heyfra produziert ausschließlich Muster, kleine und mittlere Stückzahlen mit technisch hohem Anspruch. Heyfra electronic GmbH 06283 Lutherstadt Eisleben Tel. (0 34 75) 65 01 30 Fax (0 34 75) 65 01 70 E-Mail [email protected]

FLP-Stähli GmbH Zörbig: Zentrum für Feinstbearbeitung in Mitteldeutschland Mit der Gründung der Feinschleif-, Läpp- und Poliertechnik Stähli GmbH am 1. Januar 1997 wurde ein weiterer, neuer Grundstein für hochwertige Feinstbearbeitung in Deutschland gelegt. Das jüngste Unternehmen der schweizerischen Stähli-Gruppe hat sich schnell auf dem in- und ausländischen Markt etabliert, der über die internationalen Vertretungen des

Stammhauses auch mitbeliefert wird. Die Stähli-Gruppe feierte in diesem Jahr ihr 30jähriges Bestehen und ist heute mit rund 100 Mitarbeitern eines der führenden Unternehmen in der Oberflächenfeinstbearbeitung und dem dazugehörigen Präzisionsmschinenbau sowie in vielen anderen Bereichen Vorreiter neuer Technologien. Die unternehmerischen Aktivitäten von FLP-Stähli innerhalb der Gruppe liegen in folgenden Sparten: (1) Bau von Einscheibenflachhon-, Läpp- und Poliermaschinen, (2) Lohnbearbeitung und Dienstleistungen in den Bereichen Flachhonen, Läppen und Polieren, (3) Systemanbieter für Verbrauchsmaterialien, wie Läppulver und -flüssigkeiten, Ersatzund Verschleißteile, Abrichtringe und Läppscheiben, Meß- und Prüftechnik sowie Reinigungsanlagen und diverses Zubehör. Zur weiteren Leistungspalette des Zörbiger Unternehmens gehören Inbetriebnahmen sowie der Vor-Ort-Service von Maschinen und Anlagen. „Die in der Technologieentwicklung auf KundenanMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

Bild: Foto Kleie

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Wie passen Maschinenbau und Lohnbearbeitung zusammen? Eine Antwort darauf gibt FLP-StähliGeschäftsführer Thomas Rehfeldt: „Professionell ausgeführte Lohnarbeit fördert den Erfahrungsschatz unter Einbezug von Entwicklungsarbeiten mit dem Anwender.“

forderung oder im Rahmen von gezielter Prozeßentwicklung erreichten Parameter werden in den eigenen Feinstbearbeitungszentren der Stähli-Gruppe zur Anwendung gebracht und stetig weiterentwickelt“, betont Geschäftsführer Thomas Rehfeldt. „Professionell ausgeführte Lohnarbeit fördert den Erfahrungsschatz. Der ständige Einsatz neuester Technologien bietet dem Kundenkreis einen aktuellen

Einblick in modernste Fertigungsverfahren. Die Schulung von Mitarbeitern und Kunden festigt diese bei Einführung und reduziert Anlaufschwierigkeiten. In laufenden Entwicklungsprojekten werden mit den Anwendern neue Werkzeuge, weiterentwickelte Technologien und ständig steigende Forderungen an Oberflächengüte und Qualität untersucht und verwirklicht.“ Die in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse fließen beständig in den Bau der Ein- und Zweischeibenflachhon-, Läppund Poliermaschinen der Firmengruppe ein. In den letzten Jahren sind aus diesen Erkenntnissen neue Maschinenserien entstanden. Die FLP – Maschinenbaureihe stellt ein einfaches Serien-, Werkstatt- und Labormaschinenkonzept dar. Sie ergänzt damit die hochwertige, stabile und automatisierbare FLM-Maschinenbaureihe des schweizerischen Mutterhauses.

Infrapoint Messtechnik Ilmenau nimmt den europäischen Markt in Angriff Die berührungslose Temperaturmessung ist das Metier der Infrapoint Messtechnik GmbH in Ilmenau. „Dabei verfolgen wir mit kostengünstigen Handgeräten und stationären Sensoren für den Einbau in Anlagen zwei Schienen“, erläutert Dipl.W.-Ing. Sven Ludwig, der für den Vertrieb zuständig ist. Mit dem Infrarot-Handthermometer hat das im Frühjahr 1998 gegründete Unternehmen ein Kontrollinstrument für den Werker im Programm, das sich besonders für die berührungslose Temperaturmessung an nichtMM-Magazin Neue Bundesländer 1999

metallischen Oberflächen eignet. Es deckt einen Spektralbereich von acht bis 14 Mikrometer ab, der von Wasserdampf und Kohlendioxid nicht beeinträchtigt wird. Der Meßbereich liegt zwischen –20 und 500 Grad Celsius bei einem MeßfleckVerhältnis von 10:1. Die Ansprechzeit beträgt 0,3 Sekunden. „Auf der Fachmesse Interkama in Düsseldorf haben wir kürzlich ein zweites Handgerät mit verbesserten Parametern vorstellt“, berichtet Ludwig. Es hat einen erweiterten Temperaturmeßbereich, der jetzt bis 900

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Grad Celsius reicht sowie eine höhere Genauigkeit von einem Prozent vom Meßwert. Die zweite Neuheit betraf die fest installierbaren Infrarotsensoren, die jetzt bis 2500 Grad Celsius erhältlich sind. „Unsere Serie von Minisensoren wird in Zukunft noch intensiver ausgebaut“, verspricht Ludwig, „wobei wir aber immer an der Obergrenze des unteren Preissegments bleiben werden.“ Mit derzeit sechs Mitarbeitern leistet Infrapoint die Kernarbeit der Entwick-

lung sowie die Endmontage und Kalibrierung seiner Meßgeräte. Die Komponenten werden alle angeliefert. Für beide Baureihen strebt das Unternehmen in diesem Jahr ein Produktionsvolumen von 1500 Geräten an. Der Vertrieb erfolgt dabei über Wiederverkäufer und Händler. „Derzeit sind wir auf der Suche nach Vertriebspartnern in den direkten Nachbarländern und für das Jahr 2000 haben wir uns eine europaweite Abdeckung vorgenommen“, so Ludwig.

Smartec entwickelt Planungssoftware für die Prozeßindustrie Die Smartec Intelligente Systeme GmbH, 1997 von Dirk Schmalzried und Lars Walther in Leipzig gegründet, beschäftigt heute bereits zwölf Mitarbeiter, rund zehn freie Entwicklungsexperten und zwei Auszubildende. Das Unternehmen hat Kunden in verschiedenen Branchen der Prozeß- und Schüttgutindustrie tätig. Ursprünglich als reine Optimierungssoftware konzipiert, ist das Programm „smartPlan“ inzwischen ein leistungsfähiges System zur Entscheidungsunterstützung bei der Anlagendisposition,

Produktionsplanung und Fertigungsoptimierung, das Produktionskostenreduzierungen von bis zu zehn Prozent bringen kann. Auch in Zukunft sollen die Features und Funktionalitäten von „smartPlan“ weiterentwickelt werden. „Wir sehen die Chancen für unser Unternehmen sehr positiv“, betonen die beiden Geschäftsführer. Smartec GmbH 04275 Leipzig, Tel. (03 41) 3 01 86 24, Fax (03 41) 3 01 86 25 [email protected] Internet www.smartec.de

Jörg Wappler Werkzeugmaschinen bezieht neue Geschäftsräume Auf fünf erfolgreiche Geschäftsjahre kann die Firma Jörg Wappler Werkzeugmaschinen in Weinböhla zurückblicken. Das Unternehmen handelt mit neuen und gebrauchten Werkzeugmaschinen mit CNC, aber konventioneller Bauart. Schwerpunkt im Neumaschinengeschäft sind die Be-

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arbeitungsverfahren Fräsen und Bohren. Erfolgreich bewährt hat sich hier die Zusammenarbeit mit Bridgeport und Serrmac, für deren Maschinen Wappler Vertretungsrechte besitzt. Insbesondere werden vertikale CNC-Bearbeitungszentren des britischen Herstellers Bridgeport sowie ein um-

fangreiches Sortiment von Serrmac-Bohr-, Fräs- und Gewindeschneidmaschinen vertrieben. Wappler kauft auch gebrauchte Werkzeugmaschinen an und arbeitet sie dann auf. Die Sparte Retrofitting/Modernisierung soll künftig weiter ausgebaut werden. Das sächsische Unternehmen ist europaweit tätig, wobei Firmenchef Jörg

Wappler der Nähe zu Osteuropa und speziell Polen besondere Bedeutung zumißt. Zu Beginn kommenden Jahres wird Wappler zentral am Firmensitz Weinböhla eigene Räume beziehen können. Jörg Wappler Werkzeugmaschinen 01689 Weinböhla Tel. (03 52 43) 3 25 04 Fax (3 52 43) 3 25 05

Sigab Maschinenhandel Madgeburg hat die ganze Welt im Fokus Dem Handel mit Neu- und Gebrauchtmaschinen, Anlagen und Industrieausrüstung, dem CNC-Service sowie der Maschinenumrüstung hat sich die Sigab GmbH, Magdeburg, verschrieben. Das 1998 gegründete Unternehmen, das sieben Mitarbeiter beschäftigt, gehört zu einer international tätigen Montagegruppe, die

Kunden im Investitionsgüterbereich mit Komplettlösungen bedient. Zielmarkt für Sigab ist nach Aussagen von Geschäftsführer Rene S. Schneider „der ganze Globus“. Sigab GmbH 39112 Magdeburg, Tel. (03 91) 6 20 98 05, Fax (03 91) 6 20 98 07, E-Mail [email protected].

Metall Meister Grimma auf Expansionskurs Die 1993 gegründete Metall Meister Grimma GmbH expandiert weiter. Erst kürzlich wurde eine neue Fertigungsstätte, in der Transportgeräte sowie Lager- und Betriebseinrichtungen produziert werden, bezogen. Zum Produktionsprogramm des sächsischen Unternehmens gehören außerdem komplette Stromverteiler für Baustellen, außerdem Schaltschränke in Sondergrößen, die an namhafte Hersteller von Werkzeug-, Druckereiund Holzbearbeitungsmaschinen geliefert werden. Gefertigt wird ab Losgröße eins. In den modernisierten Fabrikationsräumen werden auf CNC-Scheren, CNCStanz-Nibbel- sowie Lasermaschinen Mittelformatble-

che zugeschnitten und auf Abkantmaschinen in Form, geschweißt und anschließend in der Pulverbeschichtung in Farbe gebracht. Die Pulverbeschichtungsanlage kann selbstverständlich auch zur Lohnbeschichtung genutzt werden. Die ebenfalls vorhandene Montageabteilung rundet das Erscheinungsbild des Lohnfertigers ebenso ab wie das hauseigene, mit CAD/CAMSystemen ausgestattete Konstruktionsbüro. Lohnen dürfte sich auch ein Blick auf die Homepage. Metall Meister Grimma 04668 Grimma Tel. (0 34 37) 98 66-0 Fax (0 34 37) 91 02 83 Internet www-metallmeister.de MM-Magazin Neue Bundesländer 1999

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Edisen will mit Sensortechnik mechanische Schalter überflüssig machen

Ambold Pressen- und Maschinenbau schließt Umbauarbeiten ab

So manche Wasserratte dürfte mit den Produkten der Edisen-electronic GmbH vielleicht schon Bekanntschaft gemacht haben. Die digitalen Sensorsysteme auf kapazitativer Basis des jungen Entwicklerteams aus Lauchhammer kommen nämlich unter anderem in Whirlpools zu Einsatz. Die Sensoren können unsichtbar installiert werden. Sie sind verschleißfrei, vandalismussicher und erfüllen höchste hygienische Anforderungen bei guter Bedienbarkeit. Eine der wichtigsten Edisen-Innovationen ist die räumlich

Die Ambold Pressen- und Maschinenbau GmbH, Schmölln/Thüringen, hat ihre Neu- und Umbauarbeiten abgeschlossen. Mit 3500 Quadratmeter Produktionsund Ausstellungsfläche bestehen nunmehr ideale Voraussetzungen. Der Umsatz wird sich 1999 nahezu verdoppeln. Erstmals seit der Wende werden wieder über 100 Maschinen der PEEV-Baureihe ausgeliefert. Ergänzt wurde das Programm durch schwere Einständerpressen mit einer Druckleistung von 800 bis 4000 Kilonewton sowie

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getrennte Anordnung von Sensorfläche und digitaler Auswerteelektronik. Diese Technik ermöglicht die Verwendung von Spiegelflächen, Wasserhähnen und nahezu allen elektrisch leitfähigen Konstruktionselementen als Sensorfläche. Das Unternehmen will wesentliche Marktanteile beim Ersatz mechanischer Schalter und Taster durch vollelektronische Lösungen erzielen. Edisen-electronic GmbH 01979 Lauchhammer, Tel. (0 35 74) 28 25, Fax (0 35 74) 28 22.

Doppelständerpressen mit Druckleistungen von 1600, 2500, 3150 Kilonewton und unterschiedlichen Tischgrößen. Ambold, Pressenhersteller seit 1920, stellt als Ostbetrieb seine Möglichkeiten laufend aufs neue unter Beweis. So befindet sich zur Zeit eine Maschine mit 3150 Kilonewton Preßkraft und einer Tischgröße von 2500 mal 1250 Millimeter – ideal für Folgeverbundwerkzeuge – in der Endmontage. Allerdings: Noch wird ein passender Kunde für diese Presse gesucht.

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