Zehn Jahre Spracharbeit

AUSGABE 40 Sommer 2010 11. Jahrgang – 2 ISSN1439-8834 (Ausgabe für Deutschland) Zehn Jahre Spracharbeit Kostenloser Aufkleber Bestellen Sie auf Sei...
Author: Kasimir Bader
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AUSGABE 40 Sommer 2010 11. Jahrgang – 2

ISSN1439-8834 (Ausgabe für Deutschland)

Zehn Jahre Spracharbeit

Kostenloser Aufkleber Bestellen Sie auf Seite 5!

Kräfte bündeln

Thomas Paulwitz schreibt zur Lage der freien Sprachvereine und macht sich Gedanken darüber, wie sie noch erfolgreicher sein könnten. Seite 3

Westen

Der amerikanische Germanist Winder McConnell spricht mit Lienhard Hinz über die Deutschförderung in den Vereinigten Staaten. Seite 6

Osten

Der polnische Germanist und Deutschlehrer Artur Stopyra berichtet, wie Warschauer Deutschschüler weltweit für Deutsch werben. Seite 7

Zerstörte Kultur

Der Sozialwissenschaftler Richard Albrecht betrachtet die Sprachentwicklung im Lichte der Gedanken Ernst Blochs. Seite 9

Zusammenhalt

Unsere Sprachgemeinschaft hält zusammen. Daher schicken wir die DEUTSCHE SPRACHWELT auf Wunsch auch Sprachfreunden, die aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind zu spenden. Daß wir Schüler, Studenten, Arbeitslose und verarmte Rentner trotz leerem Geldbeutel zu unseren Beziehern zählen dürfen, verdanken wir den Lesern, die ihre Spende großzügig aufrunden. Sie unterstützen damit nicht nur Aktionen und Werbemaßnahmen, sondern ermöglichen auch den sozial Schwachen, an unserer Gemeinschaft teilzuhaben. Vielen Dank! Ihr Verein für Sprachpflege

Rede zur Sprache

Am 11. September 2010 hält in Köthen Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Joachim Meyer die diesjährige Rede zur deutschen Sprache. Die Festveranstaltung zum Tag der deutschen Sprache beginnt um 15 Uhr im Spiegelsaal des Köthener Schlosses. Meyer ist Anglist, Sächsischer Staatsminister a. D. und ehemaliger Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Die DEUTSCHE SPRACHWELT hat Geburtstag – ein Grund zum Feiern? Von Thomas Paulwitz

E

s lebe die Sprache!“ titelten wir vor zehn Jahren auf der ersten Seite der ersten Nummer der DEUTSCHEN SPRACHWELT. Seither sind vierzig Ausgaben erschienen. Mit den besten Absichten bedruckten und verbreiteten wir eine Menge Papier, und so steht mit diesem Jubiläum die Frage im Raum: Haben wir mit der Waffe des Wortes etwas erreicht? Von Anfang an sollte die DEUTSCHE SPRACHWELT nicht irgendeine Zeitschrift sein, die auf ruhiger Warte in der Ecke steht und den Lauf der Dinge beobachtet. Sie sollte eingreifen in die Sprachdebatte, das Sprachbewußtsein stärken und die öffentliche Meinung zugunsten der deutschen Sprache beeinflussen. Unser großes Vorbild, der Dichter Reiner Kunze, meint: „Je gestörter das Verhältnis zur eigenen Sprache ist, desto schutzloser ist sie.“ Daher sehen wir es als unsere Aufgabe an mitzuhelfen, daß sich dieses gestörte Verhältnis wieder in einen gesunden Zustand verwandelt. Voraussetzung für den Erfolg der DEUTSCHEN SPRACHWELT sollte die größtmögliche Unabhängigkeit und völlige Überparteilichkeit sein. Die Zeitschrift sollte keiner anderen Herrin als der deutschen Sprachgemeinschaft dienen. Um diese Unabhängigkeit zu wahren, setzten wir von Anfang an auf Kleinspenden, nicht auf öffentliche Fördermittel oder den großzügigen Geldgeber im Hintergrund. Wir verdienen nicht an der Rechtschreibung, wir vertreten keinen Wörterbuchverlag. Wir machen keinen Gewinn und müssen uns nicht dem Zeitgeist unterwerfen. Mehr als alle anderen Zeitschriften sind wir hingegen vom Urteil der Leser abhängig. Eigennutz, Selbstbezogenheit und Dünkel können wir uns nicht erlauben, denn dann würden wir unsere Leser verlieren. Diese Sprachfreunde sind nicht gebunden, sie entscheiden mit jeder Ausgabe aufs neue, ob sie unsere Arbeit unterstützen wollen oder nicht.

Zehn Jahre Spracharbeit und Widerstand sind kein Grund zur Feierlaune. Es wird daher keinen Sektempfang und kein Festessen geben, kein un-

nötig ausgegebenes Geld. Wer sieht, wie sehr die deutsche Sprache nach wie vor unter einem großen Verdrängungsdruck steht, der hat keine Lust zu feiern. Zu viel Arbeit liegt noch vor uns. Wir können jedoch kurz innehalten und das Bisherige anschauen, um dann den Blick wieder in die Zukunft zu richten und weiterzumachen. Schon im Jahr 2000 haben wir den DSW-Dreiklang aus Druckausgabe, Netzausgabe und Aktionen angestimmt, der bis heute weiterschwingt. Um einen größeren Empfängerkreis zu erreichen, hat dieser Dreiklang nach und nach sowohl andere Druck- und Netzmedien als auch Bundesgenossen immer wieder zum Mitschwingen gebracht. Wir versorgen nicht nur Sprachfreunde mit Argumenten und Wissenswertem, sondern entwickeln auch Aktionen. Mit der Verkündung der „Zehn sprachpolitischen Forderungen“ am Tag der deutschen Sprache 2003 begann unsere bis heute sehr erfolgreiche Pressearbeit. Mehrmals im Jahr verbreiten seitdem Nachrichtenagenturen unsere Stellungnahmen und Aktionen, über die zahllose Medien berichtet haben. Es gibt bewährte, wiederkehrende Aktionen. Die älteste ist die alljährliche Wahl der „Sprachwahrer des Jahres“, zu der wir seit dem Jahr 2000 aufrufen. Sie bringt zweimal im Jahr große Aufmerksamkeit für Vorbilder, die sich um die deutsche Sprache verdient gemacht haben: bei der Aufstellung der Bewerberliste am Ende eines Jahres und bei der Bekanntgabe der Ergebnisse im Frühjahr. Mittlerweile sind manche Kandidaten so erfreut über ihre Benennung, daß sie selbst darauf hinweisen. Und die Presse fragt bereits ungeduldig nach, wann wir endlich das Ergebnis verkünden. Als Gegenstück zum Sprachwahrer stellen wir seit dem Jahr 2005 in jeder Ausgabe einen Sprachverhunzer in die „Sprachsünder-Ecke“ und rufen unsere Leser zu Protestschreiben auf. Die Reaktionen der Gebrandmarkten reichen von Gleichgültigkeit bis Reue. Deutsche Bahn und Deutsche Telekom gelob-

vierte Reform, die 2010/11 auf die Reformen von 1996, 2004 und 2006 folgen wird, werden wir kritisch begleiten. Für uns gilt das Wort Reiner Kunzes: „Einige müssen an der bis 1996 gültigen Schreibung festhalten, sonst gibt es eines Tages nichts mehr, woran man sich orientieren kann.“ Daneben unterstützen wir die Arbeit der „Schweizer Orthographischen Konferenz“ (www.sok.ch), die einen Weg für diejenigen aufzeigt, die Reformschreibung anwenden müssen. ten Besserung. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers wies seine Regierung an, weniger englische Fremdwörter zu benutzen. Fritz Pleitgen, der Vorsitzende Geschäftsführer der „Ruhr.2010 GmbH“, versprach, den Veranstaltungen in der Kulturhauptstadt Europas weniger englische Titel zu geben. Als bisher einziger Sünder wurde 2009 Ulrich Krötsch aus der Ecke feierlich entlassen. Der Präsident der Bundesapothekerkammer hatte in einem Brief an die DEUTSCHE SPRACHWELT gelobt, „daß ich zukünftig darauf achten werde, englische Abkürzungen tunlichst zu vermeiden. Ohne Vorbehalte unterstütze ich Ihr Anliegen, die deutsche Sprache hochzuhalten.“ Ein weiterer fester Bestandteil unserer Spracharbeit ist seit dem Jahr 2003 unser Messeauftritt in Leipzig. Auf der Leipziger Buchmesse haben wir mittlerweile einen günstig gelegenen Stammplatz, wo bis zu zehn Freiwillige in zahllosen Einzelgesprächen Kritiker überzeugen, Sprachfreunde ermutigen und für gutes Deutsch werben. Vor zehn Jahren ist die DEUTSCHE SPRACHWELT auch als Sprachrohr der Rechtschreibreformgegner gegründet worden. Auf dem letzten Höhepunkt der Auseinandersetzung um die Reform, also in den Jahren 2004, 2005 und 2006, gelang es uns ungezählte Male, den Standpunkt der Reformkritiker in die Öffentlichkeit zu tragen. Damit blieben die Vorzüge der bewährten Schreibweise bewußt, während die Reformschreibung nachgebessert wurde. Auch die

Erfolge aus der Arbeit der DEUTSCHEN SPRACHWELT Sprachberatung:

Fremdwörter:

Streit:

Ministerium unterstützt

BILD-Zeitung entenglischt

Feuilletonisten zur Weißglut gebracht

Die bayerische Familienministerin Christine Haderthauer hatte im April zum Wettbewerb „Ein deutsches Wort für Literacy“ aufgerufen. Der Schriftleiter der DEUTSCHEN SPRACHWELT, Thomas Paulwitz, wurde in die siebenköpfige Wortfindungsgruppe berufen. Zwar konnte er sich mit seinem Vorschlag „Belesenheit“ nicht durchsetzen (man entschied sich für „Schriftsprachkompetenz“), aber der Rat von Sprachschützern wird sicherlich auch weiterhin gefragt sein.

Kurz vor dem Achtelfinalspiel zwischen Deutschland und England bei der Fußball-Weltmeisterschaft rief die DEUTSCHE SPRACHWELT dazu auf, keine Anglizismen zu verwenden, um so die deutsche Mannschaft zu unterstützen. BILD, Deutschlands größte Tageszeitung, folgte dem Aufruf und veröffentlichte tatsächlich am 26. Juni eine vollständige Ausgabe ohne Fremd- und Lehnwörter aus dem Englischen. Deutschland siegte mit 4:1. Siehe Seite 12.

Unser Leser Thomas Steinfeld, Leiter des Feuilletons der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ), rastete aus, nachdem er die DEUTSCHE SPRACHWELT gelesen hatte. Er verfaßte einen wütenden Gegenartikel, der am 29. März in der SZ unter dem Titel „Das Deutsch, das Affen sprechen“ erschien. Steinfelds ungerechte und fehlerhafte Darstellung sorgte für Proteste. Richtigstellungen in den Medien führten der DSW viele neue Unterstützer zu. Siehe Seite 10.

Um die Masse zu erreichen, sind wir viele neue Wege gegangen. Über die Jahre bewährte sich die DEUTSCHE SPRACHWELT zum Beispiel als Fußballexpertin. Eine der erfolgreichen und von vielen Medien beachteten Einzelaktionen war zum Beispiel der Aufruf zur Auswechslung der Fußballkommentatoren zur Europameisterschaft (EM) 2004. Im Jahre 2006 folgte dann zur Weltmeisterschaft (WM) unser Nachwuchswettbewerb „Sport ist Wort“. Unsere Sprachkritik zur EM 2008 fand dann ebenso Widerhall wie unser Appell zur Anglizismenvermeidung bei der WM 2010 (siehe Seite 12). Zu den öffentlichkeitswirksamen Höhepunkten zählen auch unsere Aufrufe zum „Sprachfasten“ (2005) und zur „Deutschpflicht für Politiker“ (2006), die Anti-SALE-Aktion „Schluß mit dem Ausverkauf der deutschen Sprache“ (seit 2009) und die Aktion „1.000 Gründe für die deutsche Sprache“ (2010). Hier reicht nicht der Platz, all unsere Aktionen aufzuzählen. Sie haben jedoch allesamt nur ein Ziel: das Sprachbewußtsein zu stärken. Vielleicht haben wir durch unsere Tätigkeiten einen gewissen Anteil daran, daß heute 35 Prozent der Deutschen großes Interesse an der Pflege der deutschen Sprache bekunden, während es 1997/98 nur 13 Prozent waren, wie aus einer Untersuchung des Instituts für deutsche Sprache hervorgeht. Demnach fällt heute 84 Prozent der Deutschen auf, daß sich die deutsche Sprache stark verändert. Vor zehn Jahren lag diese Zahl erst bei 47 Prozent. Das Jahr 2007 ist für uns ein Einschnitt. Seitdem gibt es mit der „Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft“ in Köthen/Anhalt einen Stützpunkt der Sprachpflege, einen Dachverband, den wir nach Kräften unterstützen (siehe Seite 3). Bereits im September 2008 wurde dort das „Fürst-Ludwig-Haus der deutschen Sprache“ eröffnet. Die „Straße der deutschen Sprache“ ist ein weiteres ehrgeiziges Vorhaben, das wir mit vorantreiben (siehe Seite 4). Diese Tätigkeiten entsprechen unseren Zielen für die nächsten Jahre: 1.) Einrichtungen, die die deutsche Sprache fördern, weiter vernetzen und neue Bündnispartner gewinnen. 2.) Die Infrastruktur für Sprachpflege weiter ausbauen. 3.) Vorhaben wie die „Straße der deutschen Sprache“ vorantreiben. Unterstützen Sie uns bitte weiterhin, damit es in 10, 100, 1.000 Jahren noch heißt: „Die deutsche Sprache lebt!“

Leserbriefe

Seite 2

E-Mail, nicht E-Post

Liebe Leser!

Zur DSW allgemein

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ch habe heute auf der Leipziger Buchmesse eine Ausgabe „Deutsche Sprachwelt“ Nummer 39 in meine Tüte gepackt und, nachdem ich nun wieder gut zu Hause gelandet bin, schon einmal angelesen. Zu Ihrem Anliegen gratuliere ich recht herzlich. Sicher ist es nötig, die deutsche Sprache zu pflegen. Als Lehrer für Deutsch und Englisch weiß ich, wovon ich rede/ schreibe. Und es ist auch richtig, daß es Bedrohungen von verschiedenen Seiten gibt und diese von offizieller Seite nicht ernst genommen werden. Eine Kommission zur Sprachbewahrung wie in Frankreich wäre auch für den deutschsprachigen Raum sinnvoll. Allerdings schlagen in meiner Brust, wie aus meiner Fächerkombination zu erkennen, zwei Herzen. Aus diesem Grund bin ich der Meinung, daß man doch fein säuberlich trennen muß, was BeWAHRung bedeutet und was nicht. So finde ich zum Beispiel

Ihre Umschreibung für E-Mail (also E-Post) doch reichlich unangemessen. Schließlich wurde diese schnelle und effektive Form des schriftlichen Gedanken- und Informationsaustausches im englischen Sprachraum entwickelt und ist international in der ersteren Bezeichnung üblich. Kein Volksstamm in Afrika, sei er noch so auf Traditionen bedacht, also unter anderem auch auf die Bewahrung seiner Kultur und Sprache, würde auf die Idee kommen, das Wort E-Mail in die Stammessprache zu übersetzen und dann auch noch als Kontakt anzugeben. E-Mail ist elektronische Post, darüber gibt es keinen Streit, aber es muß im Internetgebrauch auch so ursprünglich benutzt werden. Oder wie würden Sie das Internet mit einem deutschen Begriff bezeichnen? Für Vorschläge wären meine Schüler und ich selbst dankbar. Frank Wache, Forst

Wer ist der Dieb? Zu Sprachschnitzern in Zeitungen

E

inen besonders krassen Fall von Subjekt-Objekt-Vertauschung fand ich in einer Zeitung: „Drei Tatverdächtige im Alter von 21, 27 und 31 Jahren nahmen am Montag Polizeistreifen auf frischer Tat fest,

als sie Kupferkabel stehlen wollten“ (Drei mutmaßliche Kupferdiebe auf frischer Tat ertappt; Hohenloher Tagblatt im April dieses Jahres). Christian Bartsch, Blaufelden

Die DSW in der Presse Die Nachrichtenagentur dpa meldete am 16. März 2010:

Was hat Ihnen gefallen? Was hätten wir besser machen können? Worauf sollten wir stärker eingehen? Schreiben Sie uns, wir freuen uns auf Ihre Meinung! Auch wenn wir nicht jeden Brief beantworten und veröffentlichen können, so werten wir doch alle Zuschriften sorgfältig aus. Bei einer Veröffentlichung behält sich die Redaktion das Recht vor, sinnwahrend zu kürzen. Auf diese Weise wollen wir möglichst viele Leser zu Wort kommen lassen. Schreiben Sie bitte an: DEUTSCHE SPRACHWELT Leserbriefe Postfach 1449, D-91004 Erlangen [email protected]

U

Unhelfbares Deutsch

nkaputtbar!“ – so preist ein ambulanter Händler seine Ware an.

Ich als Leser denke mir: Systemgerecht abgeleitet soll das wohl heißen, daß man das Ding nicht kaputten kann. Der Haken: Das Verb „kaputten“ gibt es nicht. Wie wär’s mit „unzerstörbar“? „Unplattbar!“ – so wirbt ein anderer für seine Fahrzeugreifen. Aha – fährt es mir durch den Kopf – einen solchen Reifen kann man anscheinend nicht platten. Allerdings habe ich das Verb „platten“ noch nie gehört. Vorschlag: „nicht durchstechbar“. „Unsinkbar!“ – heißt es in der Werbung für Schiffe, die (angeblich) niemals untergehen können.

Oberirdisch, überirdisch Zu Sprachschnitzern in Zeitungen

Z

eitungsredakteure neigen bekanntlich dazu, geographische Gegebenheiten räumlich zu verlegen, wobei sie auch vor himmlischen Verortungen nicht zurückschrecken. So berichtet die Mainzer Rhein-Zeitung vom 29. Mai 2010 im Lokalteil indirekt davon, daß die römischen Götter – die keltischen bestimmt nicht – den in Moguntia stationierten Legionären eine acht Kilometer lange überirdische Wasserleitung gebaut haben; dieses himmlische Aquädukt scheint allerdings außerdem einen oberirdischen Teil gehabt zu haben, denn dessen Reste, die sogenannten

Deutscher Verteidigungsminister „Sprachwahrer des Jahres“ rlangen/Leipzig (dpa) – Für seinen ehrlichen Umgang mit der deutschen Sprache hat die Zeitschrift „Sprachwelt“ den deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg als „Sprachwahrer des Jahres“ ausgezeichnet. Der Politiker habe beispielsweise als erster Minister von „Krieg“ in Afghanistan gesprochen, begründete der Herausgeber der Zeitschrift, Thomas Paulwitz, am Dienstag die Wahl von zu Guttenberg. Bei einer Abstimmung unter den Lesern des in Erlangen erscheinenden Blatts hätten 35 Prozent für Guttenberg votiert. Auf Platz zwei kam mit 16,7 Prozent Ex-Moderator Ulrich Wickert von den ARD-Tagesthemen, dicht gefolgt von FC-Bayern-Trainer Louis van Gaal. Guttenberg setze sich aber nicht nur für eine ehrliche Sprache ein, sondern sei auch ein sehr begabter und gewandter Redner, betonte Paulwitz. „Er kann bei einem Empfang im Ausland wie im Bierzelt bestehen“, erläuterte der Herausgeber der Zeitschrift, die sich die Pflege der deutschen Sprache auf die Fahnen geschrieben hat. „Und daß Herr zu Guttenberg auch sicher in Fremdsprachen ist, hat viel damit zu tun, daß er seine Muttersprache gut beherrscht.“ In den Vorjahren waren neben Bundestagspräsident Norbert Lammert das Autounternehmen Porsche, Papst Benedikt XVI. und Rainer Kunze als „Sprachwahrer des Jahres“ ausgezeichnet worden.

Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

Römersteine, sind in einem Mainzer Vorort heute noch zu besichtigen. Aus dieser und anderen Zeitungen hat man auch schon erfahren, daß zum Beispiel die Lüneburger Heide in Hamburg zu suchen ist, wenn auch im Süden der Stadt, nämlich „im Süden von Hamburg“ (statt „südlich von“). Ähnlich erging es einer irischen Halbinsel, die laut Zeitung im Stadtgebiet von Dublin gelegen ist, „im Norden von Dublin“ (statt „nördlich von“). Man darf gespannt sein, wann Japan in den Westen von Nordamerika verlegt wird. Frank Hoffmann, Ober-Olm

Vorbildliches Hebräisch Zum Beitrag „Wird Deutsch zur Affensprache?“ von Thomas Paulwitz in DSW 39, Seite 1

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ch freue mich sehr über die Zusendung der „Deutschen Sprachwelt“ und möchte Ihnen hiermit dafür ganz herzlich danken. Dem Leitartikel „Wird Deutsch zur Affensprache?“ kann ich nur zustimmen. Sie ist auf dem besten Wege dahin. Ich selbst studiere rein zur Freude Hebräisch (das moderne Hebräisch des Staates Israel). Nicht nur, daß die Sprache an sich schon ein großes Abenteuer und Vergnügen ist, ihre Entwicklung wird von der Akademie der hebräischen Sprache penibel gesteuert und überwacht und Anglizismen werden durch hebräische Wörter ersetzt. Falls sich dennoch englische Begriffe

durchsetzen, werden sie „hebräisiert“. Manche Wörter, wie zum Beispiel „mir’scheschet“ für „Internet“, haben sich nicht eingebürgert, andere, wie zum Beispiel „ituj“ für „timing“, werden allgemein verwendet. Und das Wort „Computer“ habe ich noch nirgends gelesen, „mach’schev“ klingt ja auch viel schöner. Vorbildlich ist in Israel auch die Integration der Zuwanderer. Allem voran stehen Sprachkurse und Sprachförderung. Hilfreich ist natürlich auch die Armee, in der sowohl Männer als auch Frauen Dienst tun müssen und dabei zwangsläufig die Landessprache lernen. Peter Leibner, München

Dazu meine ich: Wenn ein schwimmfähiges Objekt partout nicht zum Absaufen gebracht werden kann, dann ist es für mich „unversenkbar“. Liebe (mit mir) sprachpflegende Kollegen: Diese drei Beispiele für „Unhelfbares Deutsch“ stören mich mehr als eingestreute Anglizismen oder ähnliches – hier geht es an das „Eingemachte“ unserer Sprache. Günter Stössel, Nürnberg

Berichtigung

Im Beitrag „Achten wir die deutsche Sprache“ von Dr. Peter Ramsauer in DSW 39 auf Seite 3 hat sich ein Fehler eingeschlichen. Der Bundesverkehrsminister hatte geschrieben: „Ich halte es da mit dem augenzwinkernden Wilhelm Busch: ‚Eines schickt sich nicht für alle, jeder sehe, wie er’s treibe und – daß er nicht falle.‘” In Wirklichkeit handelt es sich bei diesem Zitat jedoch um einen Auszug aus Johann Wolfgang Goethes Gedicht „Beherzigung“. Die vollständige Strophe lautet: „Eines schickt sich nicht für alle! / Sehe jeder, wie er’s treibe, / Sehe jeder, wo er bleibe, / Und wer steht, daß er nicht falle!“ Unser Dank gilt den zahlreichen aufmerksamen Lesern, die auf diesen Fehler hingewiesen haben. Wir bitten um Entschuldigung, daß wir den Fehler nicht bemerkt haben. Ihre Schriftleitung

Gegründet im Jahr 2000 Erscheint viermal im Jahr Auflage: 25.000 Die jährliche Bezugsgebühr beträgt 10 Euro. Für Nicht- und Geringverdiener ist der Bezug kostenfrei. Zusätzliche Spenden sind sehr willkommen. Bundesrepublik Deutschland Verein für Sprachpflege e. V. Stadt- und Kreissparkasse Erlangen Bankleitzahl 763 500 00 Kontonummer 400 1957 BIC: BYLADEM1ERH IBAN: DE63763500000004001957 Republik Österreich Verein für Sprachpflege e. V. Volksbank Salzburg Bankleitzahl 45010 Kontonummer 000 150 623 Bitte bei der Überweisung vollständige Anschrift mit Postleitzahl angeben! ISSN 1439-8834 (Ausgabe für Deutschland) ISSN 1606-0008 (Ausgabe für Österreich) Herausgeber Verein für Sprachpflege e. V.

Anstößige Überschrift Zum Beitrag „Deutsch ist die Kultursprache der Welt“ von Rolf Zick in DSW 39, Seite 11 it Vergnügen und auch mit von Rolf Zick gewählte und auf einen gewisser Genugtuung dar- von dem Braunschweiger Redakteur über, daß sich die vielen Gemein- Paul-Josef Raue formulierten Satz schafts- und Einzelkämpfe an der zurückgehende Überschrift „Deutsch „Sprachfront“ doch zu lohnen be- ist die Kultursprache der Welt“ klingt ginnen (Ramsauer-Initiative und die großsprecherisch, maßlos übertrieneuen Tendenzen bei der Deutschen ben und – verzeihen Sie den AusBahn!), haben wir das letzte Exem- druck! – geradezu „teutoman“. Mit plar der „Deutschen Sprachwelt“ solchen Aussagen, die inhaltlich gelesen. Auch das Echo, das die von einfach nicht stimmen – Deutsch ist Ihnen begonnenen Aktionen („1.000 natürlich nicht die entscheidende, Gründe“ und „Straße der deutschen sondern eine wichtige Kultursprache Sprache“) ausgelöst haben, ist über- der Welt, Seite an Seite mit Franzöaus erfreulich. – Und dennoch will sisch, Englisch, Russisch, Spanisch, ich Ihnen nicht verschweigen, daß Italienisch, Arabisch, Mandarinwir eine Überschrift sehr bedenklich Chinesisch und anderen – leiten wir fanden. Wir müssen ja immer damit Wasser auf die Mühlen derjenigen, rechnen, daß nicht nur Sprachschüt- die uns immer wieder in die rechte zer und ihre Sympathisanten, die Ecke stellen wollen! Wir sollten uns unsere Aktivitäten und Motivationen prinzipiell angewöhnen, gegenüber kennen, diese Zeitschrift lesen, son- Behauptungen im Sinne von „Wir dern auch Leute, die unsere sprach- Deutschen sind (auf irgendeinem Geund kulturpolitischen Ansichten biet) die Größten“ allergisch zu sein nicht teilen, sondern statt dessen und auch allergisch zu reagieren. „Steine des Anstoßes“ suchen. Die Albrecht und Barbara Balzer, Zittau

M

Auf der Leipziger Buchmesse beglückwünscht Wolfgang Hildebrandt Ulrich Wickert zur Auszeichnung „Sprachwahrer des Jahres“. Bild: pau

Am 17. März 2010 berichtet die Tageszeitung „De Telegraaf“ wie viele andere niederländische Medien über die Auszeichnung Louis van Gaals mit dem Titel „Sprachwahrer des Jahres“:

Duitse taalprijs voor Van Gaal ünchen – Louis van Gaal heeft zijn eerste prijs van het seizoen binnen. De trainer van Bayern München werd verkozen tot „Die Sprachwahrer des Jahres 2009“. De Nederlandse coach kreeg de prijs voor zijn voorbeeldige inzet voor de Duitse taal. Van Gaal deed zelf een intensieve cursus Duits voor hij naar München kwam en verwacht ook van alles spelers dat ze de taal spreken. In het halve jaar dat Van Gaal nu in Duitsland zit, zorgden zijn media-optreden al voor veel vermaakt. Vooral zijn „löfeltje, löfeltje“ doet het goed bij onze Oosterburen. De prijs wordt jaarlijks toegekend door Die Deutsche Sprachwelt (DSW), een tijdschrift over de Duitse taal.

Sammelanschrift Deutsche Sprachwelt Postfach 1449, D-91004 Erlangen Fernruf 0049-(0)91 31-48 06 61 Ferndruck (Fax) 0049-(0)91 31-48 06 62 [email protected] [email protected] Schriftleitung Thomas Paulwitz [email protected] Gestaltung und Satz moritz.marten.komm. Claudia Moritz-Marten [email protected] Anzeigen moritz.marten.komm. Hans-Paul Marten Fernruf 0049-(0)22 71-6 66 64 Ferndruck (Fax) 0049-(0)22 71-6 66 63 [email protected] Sprachwelt-Mitarbeiter Ursula Bomba, Lienhard Hinz (Berlin), Rominte van Thiel, Dagmar Schmauks, Wolfgang Hildebrandt, Diethold Tietz, Jürgen Langhans, Ulrich Werner, Klemens Weilandt Druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH Wiener Straße 80, A-3580 Horn Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Das gilt besonders für Leserbriefe. Die 41. Ausgabe erscheint im Herbst 2010. Redaktions- und Anzeigenschluß sind am 31. August 2010.

Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

Hintergrund

Seite 3

Kräfte bündeln für die Muttersprache Die freien Sprachvereine müssen sich noch stärker vernetzen, um erfolgreich zu sein Von Thomas Paulwitz

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er eine war aufgeschlossen, der andere verschlossen: Es war ein Schlüsselerlebnis auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse. Wir hatten auf einer Veranstaltung die Gelegenheit, sowohl dem Kulturstaatsminister Bernd Neumann als auch dem Präsidenten des GoetheInstituts, Klaus-Dieter Lehmann, das Anliegen der Sprachpflege näherzubringen. Unterschiedlicher hätte die Bereitschaft, uns Gehör zu schenken, nicht sein können. Während der Minister aufmerksam und neugierig zuhörte und dankend die DEUTSCHE SPRACHWELT und weitere Unterlagen annahm, verhielt sich der Goethe-Präsident abweisend. Der siebzigjährige „Sonnenkönig“, wie ihn ein enger Mitarbeiter nennt, klammerte sich mit beiden Händen an seinem Sektglas fest und beschied uns genervt, daß er nichts entgegennehmen könne. Deutlicher hätte er den Graben zwischen den steuerfinanzierten und den freien Sprachpflegeeinrichtungen nicht sichtbar machen können. Wie kommt es zu diesem Graben? Die Landschaft der Einrichtungen, die sich um die deutsche Sprache kümmern, ist heutzutage sehr unübersichtlich geworden. Wir haben Sprachvereine, deren Tradition bis zu den Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts zurückreicht. Wir haben Vereine, die sich in der Nachfolge des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins von 1885 sehen. Und wir haben heute einen Dualismus, einen Gegensatz zwischen den Bürgerinitiativen auf der einen Seite und den Einrichtungen, die fast ausschließlich von Steuergeldern am Leben gehalten werden, auf der anderen Seite. Vor über zehn Jahren nahm die Sprachpflege im deutschen Sprachraum einen neuen Aufschwung. Sprachempfindliche Menschen begannen, sich wieder für ihre Muttersprache einzusetzen. Sie organisierten sich nur zu einem geringen Teil in alten, vor allem aber in neuen Vereinen und Bürgerinitiativen. Auslöser für die neue Hinwendung zur Muttersprache waren zum einen der Streit um die Rechtschreibreform und zum anderen die immer deutlichere Amerikanisierung der Sprache und Kultur. In diese Gründerzeit fällt auch die Geburtsstunde der DEUTSCHEN SPRACHWELT, herausgegeben vom „Verein für Sprachpflege“. Dieser Verein wurde vor zehn Jahren neugegründet. Seine Geschichte reicht aber weiter zurück. Schon in den frühen 1960er Jahren hatte sich die Wiesbadener „Gesellschaft für deutsche Sprache“, die 1947 als Nachfolgerin des „Allgemeinen Deutschen Sprachvereins“ von 1885 gegründet worden war, vom Erbe des alten Sprachvereins entfernt. Dies hatte zur Folge, daß sich 1963 der Hamburger Zweigverein der Gesellschaft unter der Führung von Heinrich Heeger als „Verein für Sprachpflege“ abspaltete. Heeger beklagte die Abkehr vom Ziel der Reinheit der deutschen Sprache und von der Frakturschrift. Ziel des neuen Vereins war es, als „geistige Nachfolgevereinigung“ das Werk des Deutschen Sprachvereins weiterzuführen. Jedoch erreichte er trotz der eigenen Zeitschrift „Der Sprachpfleger“ keine Breitenwirkung. Nach dem Tod des Gründers 1985 schlief die Vereinstätigkeit ein. Der Verein wurde 2002 aufgelöst. Der im Jahr 2000 neugegründete Verein für Sprachpflege mit Sitz in Erlangen führt die Tradition des Hamburger Vereins für Sprachpflege zum Teil fort, jedoch mit einem wesentlich breiteren,

sprachpolitischen Ansatz und ohne die allzu puristische Ausrichtung des Vorgängervereins. Die Gründung des „Vereins für Sprachpflege“ von 1963 verdeutlicht jedoch das Auseinanderdriften von staatlich finanzierten Einrichtungen und freien Sprachvereinen: Die „Gesellschaft für deutsche Sprache“, das „Goethe-Institut“, gegründet 1951 als Nachfolger der Deutschen Akademie, die „Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung“ von 1949 und das „Institut für deutsche Sprache“ von 1964

isten jeglicher Verantwortung für die tatsächliche Sprachverwendung innerhalb der Sprachgemeinschaft“, urteilt Albrecht Greule. Zudem brachten Sprachwissenschaftler die „Sprachpflege“ aufgrund mancher Übertreibungen im 19. und 20. Jahrhundert mit Nationalismus und Purismus in Verbindung. 1992 wollte der Vorstand der GfdS sogar das Wort „Pflege“ aus der Satzung streichen lassen. Seit dem Aufschwung der freien Sprachvereine ist ein Kampf um die Meinungsführerschaft entbrannt.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (links) mußte kein Sektglas festhalten, dankte für die DEUTSCHE SPRACHWELT und zeigte sich im Gespräch mit Wolfgang Hildebrandt neugierig und wißbegierig.

wurden mit reichlich Steuermitteln ausgestattet und staatstragend. Sie deckten das ganze Feld der Sprachpflege ab, beackerten es jedoch nur zum Teil. Daneben führten der Bund für deutsche Schrift und Sprache von 1918 und der Verein für Sprachpflege von 1963, die sich nur aus den Mitgliedsbeiträgen finanzieren konnten, ein Schattendasein. Die Bedingungen für die unabhängigen Vereine änderten sich erst nach der Wiedervereinigung von 1990 und dem damit verbundenen Stimmungswandel.

eine Verfassungsänderung zugunsten der deutschen Sprache ablehnen. Zu viel Kritik könnte außerdem die Finanzierung gefährden. So sorgte 1993 ein Anruf aus dem Bundeskanzleramt dafür, daß sich die GfdS von der sprachkritischen Aktion „Unwort des Jahres“ trennte. Die freien Sprachvereine wiederum sitzen in der Wahrnehmungs- oder Unterfinanzierungsfalle: Da sie ihre Arbeit vor allem ehrenamtlich leisten, können sie zwar kritisch sein, haben jedoch meist nicht die Möglichkeiten

Goethe-Präsident Klaus-Dieter Lehmann (rechts) mußte sich mit beiden Händen am Sektglas festhalten, so daß er die DEUTSCHE SPRACHWELT nicht entgegennehmen konnte.

Im Hinblick auf die zunehmende Kritik am sogenannten Denglisch oder Engleutsch unterteilt der Germanist Jürgen Spitzmüller die Zeit zwischen 1990 und 2001 in die folgenden Phasen: erst verhaltene Anglizismenkritik und Kritik des Purismus (1990 bis 1993), dann zunehmende Anglizismenkritik (1994 bis 1996), dann die Institutionalisierung der Anglizismenkritik (1997 bis 1999) und letztlich die Politisierung des Diskurses (2000 bis 2001). Nicht nur die Politisierung, auch die Institutionalisierung setzte sich nach 2001 fort. Die Gründungswelle der Sprachvereine ging weiter und verebbte erst 2007.

Manchmal kann man dabei den Eindruck gewinnen, es sei ein Feldzug im Gange, mit dessen Hilfe verharmlost werden soll, daß die deutsche Sprache aus zahlreichen Gebieten („Domänen“) verdrängt wird. So erschienen im vergangenen Jahr die „Mitteilungen des deutschen Germanistenverbandes“ unter dem Titel: „Name: Deutsch, Alter: 1200, Befund: gesund“. Mehrere Zeitungen brachten daraufhin Artikel, die solche Überschriften trugen: „Unserer Sprache geht es ganz hervorragend“, „Unsere Sprache wächst, blüht und gedeiht“, „Die deutsche Sprache – 1200 Jahre alt und kerngesund“. In einem kürzlich erschienenen Buch mit dem Titel „Deutsch – Biographie einer Sprache“, das leider unzählige sachliche Fehler enthält, tut der Germanist Karl-Heinz Göttert Fremdwortkritik als „Unsinn“ ab. Dahinter stecke doch nur „Fremdenangst“. Seine Begründung für die derzeitige Verdrängung deutscher Wörter ist haarsträubend und verharmlosend: „Die deutsche Sprache war lange Zeit künstlich von der internationalen Entwicklung ferngehalten worden und holt nun nach, was andernorts bereits Realität ist.“

Warum strömten die Bürger nicht in die bestehenden Organisationen? Die mit Steuermitteln ausgestatteten Einrichtungen waren nicht mehr das Sprachrohr der Bürger. Eigentlich hätte die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ (GfdS) den Protest sammeln müssen. Doch die stand unter dem Einfluß der deutschen Sprachwissenschaft, die sich unter dem Einfluß des Strukturalismus seit den 1960er Jahren von der „Sprachpflege“ distanziert hatte. Nach dieser Lehre kann eine Sprache weder verfallen, noch verflachen, noch verwildern, sondern sich lediglich „wandeln“. Daher könne sie auch nicht gepflegt werden. „Dieses Selbstverständnis enthob die Lingu-

Ob der Graben zwischen den steuerfinanzierten und den freien Sprachpflegeeinrichtungen für die Spracharbeit hilfreich ist, dürfen wir bezweifeln. Ebenso dürfen wir bezweifeln, daß er ohne Einwirkung der Politik schnell überwunden werden kann. Die steuerfinanzierten Institutionen sitzen in einer Abhängigkeitsfalle: Für sie ist es am besten, wenn sich am gegenwärtigen Zustand möglichst wenig ändert. Zwar werden sie von Kräften getragen, die zumeist eine sprachwissenschaftliche Ausbildung haben; doch diese ist, wie wir gesehen haben, von einer Gleichgültigkeits-Haltung geprägt. So ist es kein Wunder, daß diese Einrichtungen beispielsweise

und Mittel, sich gebührend Gehör zu verschaffen. In seiner Glanzzeit um 1930 hatte der Allgemeine Deutsche Sprachverein rund 50.000 Mitglieder in Deutschland. Alle Sprachvereine zusammen bringen nicht annähernd eine so große Zahl zustande. So sind trotz breiter Berichterstattung über Aktionen die Vereine der Sprachschützer in großen Teilen der Bevölkerung weiterhin unbekannt. Und trotz des Erfolgs, das Bewußtsein in der Bevölkerung und auch bei einzelnen Verantwortlichen – zum Beispiel bei der Deutschen Bahn – gestärkt zu haben, sind auch Rückschläge hinzunehmen: zum Beispiel hält die Verdrängung der deutschen Sprache aus Schulen und Hochschulen weiter an. Die Ausdrucksmöglichkeiten, welche die deutsche Sprache bietet, werden von immer mehr Menschen in Deutschland nicht genutzt. In dieser Lage ist zu fragen, ob nicht eine stärkere Bündelung der Kräfte unter den zahlreichen Sprachvereinen geboten ist, um noch mehr für die deutsche Sprache tun zu können und auch, um bessere Bedingungen im Kampf um die Meinungsführerschaft zu bekommen. Im Jahr 2003 kamen die ersten Bemühungen um einen Dachverband im Rahmen des „Netzwerks Deutsche Sprache“ zum Stillstand. Während sich die freien Sprachvereine eher mit sich selbst beschäftigten, bildete sich im selben Jahr der „Deutsche Sprachrat“, eine Gründung von GfdS, Goethe-Institut und Institut für deutsche Sprache. Sie verkündeten damals: „Damit ist es nach jahrelangen und oft auch kontrovers geführten Diskussionen um die Förderung der deutschen Sprache endlich gelungen, daß drei der wichtigsten Institutionen in Deutschland, die sich in öffentlich finanziertem Auftrag der Förderung und

Vermittlung der deutschen Sprache widmen, ihre Kompetenzen bündeln, eine Plattform bieten für eine gemeinsame, sachkundige Beobachtung und Erörterung der Situation und Entwicklung der deutschen Sprache und durch ihre Befunde und Einschätzungen zur sprachpolitischen Meinungs- und Willensbildung über Sprachgebrauch und Sprachveränderung beitragen.“ Die freien Sprachvereine hatten dem nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen, im Gegenteil. Es kam sogar zu Abspaltungen. Dieser Zersplitterung galt es entgegenzuwirken. Im März 2006 folgten Angehörige einiger bestehender und neugegründeter Sprachvereine einer Einladung der DEUTSCHEN SPRACHWELT nach Leipzig, um am Rande der Buchmesse über die Gründung eines Dachverbands zu sprechen. Die Niederschrift hielt fest: „Die Teilnehmer sind sich einig, daß solch ein Dachverband sinnvoll ist, um die mittlerweile zunehmende Anzahl kleinerer Sprach-Initiativen … zu sammeln und ihre Kräfte zu bündeln. … Zum Tag der deutschen Sprache 2006 am 10. September soll der Dachverband organisiert und gegründet sein, und zum erstenmal mit reichhaltigen Pressemitteilungen in der Öffentlichkeit erscheinen.“ Daraus wurde allerdings nichts. Unverhofft bot sich dann noch im selben Jahr die Gelegenheit, die Gründung eines Vereins vorzubereiten, der tatsächlich bereits zum Dachverband für einige Sprachvereine geworden ist. An dieser Gründung beteiligten sich mehrere Personen, die bereits im März 2006 in Leipzig dabei waren. Zusammen mit Sprachfreunden aus ganz Deutschland gründeten wir dann mit Unterstützung der Stadt Köthen im Januar 2007 den ersten deutschen Sprachverein neu, die Fruchtbringende Gesellschaft von 1617. Zweck dieser Gründung ist es erstens, einen festen Ort der Sprachpflege zu schaffen und zweitens, den zahlreichen Initiativen ein Dach zu bieten, ohne dabei in die Arbeit der anderen Vereine hineinzureden. Dabei soll die Tradition helfen. Die Stadt Köthen in Anhalt soll langfristig zu einer „Stadt der deutschen Sprache“ werden. Sprachfreunde und Sprachvereine können sich jährlich auf dem Köthener Sprachtag treffen. Unter der Schirmherrschaft des Kultusministers von Sachsen-Anhalt steht der alljährliche Schülerwettbewerb „Schöne deutsche Sprache“. Daneben gibt es Veranstaltungsreihen wie das Köthener Sprachforum und die Köthener Gespräche. Jedes Jahr am Tag der deutschen Sprache hält eine bekannte Persönlichkeit eine „Rede zur deutschen Sprache“. Außerdem richten wir ein Haus für die deutsche Sprache ein. Es beherbergt bereits eine Geschäftsstelle, eine Sprachpflege-Bibliothek und ein Archiv. Hier bietet sich also die Möglichkeit, die Kräfte der freien Sprachvereine zu bündeln. Der Göttinger Germanist Burckhard Garbe machte sich im vergangenen Jahr in einem Beitrag für den Rheinischen Merkur über die Sprachschützer lustig: „Manche von diesen [Gruppen] sind einander nicht einmal grün. Da retten andere anders, als man selber rettet, also falsch. Richtig retten will schon gelernt sein!“ Geben wir unseren Gegnern keinen Grund, über Uneinigkeit bei den Sprachfreunden zu spotten! Denn eines eint uns doch alle: die Liebe zur deutschen Sprache. Grundlage für diesen Beitrag ist zum Teil ein Vortrag des Verfassers vor dem Verein Deutsche Sprache BerlinPotsdam, gehalten am 5. Mai 2010.

Fremdenverkehr

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Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

Wo Konrad Duden sein Werk begann Von Thomas Paulwitz

D

ie Aussichten sind gut. Der Blick schweift über das Schleizer Oberland hin zu den Bergen des Thüringer Waldes. Wir befinden uns im Land der Reußen, jener kaiserlichen Vögte, die später zu Reichsfürsten wurden und nach denen das Thüringische Vogtland benannt wurde. Heute erinnert die Reußische Fürstenstraße als Ferienstraße an dieses Herrschergeschlecht. Doch in die ehemalige Residenzstadt Schleiz führt mich am 8. Juni dieses Jahres eine ganz andere Straße – die „Straße der deutschen Sprache“: denn Konrad Duden hat diese Stadt geprägt.

Zuerst halte ich im Ortsteil Heinrichsruh. Hier legte Graf Reuß Heinrich XI. Reuß-Schleiz (1669 bis 1726) im Jahre 1704 einen heute noch bestehenden Park an. Im Garten des Hotels „Luginsland“ treffe ich mich mit zwei weitblickenden und freiheitsliebenden Männern. Der eine, Otto Pätzold, führt bereits in der dritten Generation das Hotel. Sein Großvater erwarb das Haus 1917. Obwohl das Hotel 1945 unter amerikanischer und russischer Besetzung schwer litt, obwohl die Machthaber in der DDR immer wieder versuchten, das Haus zu enteignen, und obwohl die Kosten 1990 nach der Währungsunion um 300 Prozent in die Höhe schnellten, gelang es der Familie, das Haus bis heute in Besitz zu halten. Pätzold lud mich als Mitglied des städtischen Kulturausschusses nach Schleiz ein, weil er aus der Zeitung von dem Bestreben erfahren hatte, eine „Straße der deutschen Sprache“ unter Einbeziehung der Stadt Schleiz auszuweisen.

Wir reisen auf der Straße der deutschen Sprache: Schleiz

Straße der deutschen Sprache stein mußte daraufhin die Universität Jena verlassen. Auch als er später für seine Patienten ein wichtiges medizinisches Gerät aus dem Westen herbeischaffen konnte, ließ er sich durch die Sozialistische Einheitspartei nicht einschüchtern, die ihm mit einem Berufsverbot und sogar mit Gefahr für Leib und Leben drohte. Nach der Wende gehörte Eckstein für vier Jahre dem Thüringer Landtag an, trat aber wieder enttäuscht aus der CDU aus.

Jahre 1868 auf 200 im Jahre 1875. Das Einzugsgebiet, aus dem die Schüler kamen, berührte verschiedene Dialekträume: Auf dem Pausenhof waren durcheinander Thüringisch, Sächsisch und Fränkisch zu hören. Entsprechend uneinheitlich war die Rechtschreibung. Auf welcher Grundlage sollte Duden das Schreiben lehren? In dem Lehrer reifte die Erkenntnis, daß eine einheitliche Schreibweise not tat.

Nach der Nachdem wir Reichsgrünuns ein wedung von nig besser 1871 erschien kennengelernt dies um so haben, brew i c h t i g e r. chen wir auf Wenn Duden zum Ruthenedas Klasum. So heißt senzimmer das Gebäude, betreten und in dem in früsich hinter heren Zeiten den Katheder das Gymnasigesetzt hatte, um der Stadt dann legte er untergebracht immer auch war. Hier ein Büchlein lehrte Konrad auf den Tisch. Duden und Darin trug er e n t w i c k e l - Im Rutheneum soll ein Haus für die deutsche während des Sprache entstehen. Bild: pau te das erste Unterrichts Rechtschreibwörterbuch. Der Name von Zeit zu Zeit Bemerkungen ein. „Rutheneum“ ist eine Latinisierung, Als Duden das Buch einmal liegen Der zweite Mann, mit dem ich am die von dem Namen des Reußenge- gelassen hatte und die neugierigen Gartentisch sitze, ist Dr. med. habil. schlechts abgeleitet ist. Heute finden Schüler in das Büchlein spitzten, Manfred Eckstein. Der ehemalige wir in dem Haus ein kleines Museum stellten sie erstaunt fest, daß dort Chefarzt des örtlichen Krankenhauses mit einer Ausstellung über das Wir- nicht ihr Betragen vermerkt war, leitet eine Arbeitsgruppe des Schlei- ken Konrad Dudens. Eine weitere sondern Aufzeichnungen über ihre zer Heimat- und Geschichtsvereins. Dauerausstellung läßt das 1945 zer- Aussprache und Schreibung standen. Duden sammelte weiter. Im Jahresbericht des Gymnasiums von 1871 Neuigkeiten zur Straße der deutschen Sprache veröffentlichte er einen Artikel „Zur deutschen Rechtschreibung“, der in 25. Mai 2010: Arbeitssitzung beim Sprachrettungsklub (SRK) in Bautzen. Fachkreisen große Aufmerksamkeit Der SRK arbeitet zahlreiche wertvolle Vorschläge aus, vor allem für die erregte. Die Geburtsstunde des „DuStreckenführung durch Sachsen. dens“ hatte geschlagen, des bis 1996 wichtigsten Nachschlagewerks zur Anfang Juni 2010: Ausführliche Vorstellung in der Rossmann-Kundenzeitdeutschen Rechtschreibung. 1872 schrift „Centaur“. Deutschlandweit erreicht das Magazin eine verbreitete erschien „Die deutsche RechtschreiAuflage von 570.000 Stück. bung“, eine Zusammenfassung der Rechtschreibregeln samt Wörterver8. Juni 2010: Vorstellung in Schleiz. Der Kulturausschuß des Stadtrats und zeichnis – der sogenannte „Schleizer der Heimat- und Geschichtsverein wollen ermitteln, was die Stadt Schleiz Duden“. Noch in seine Schleizer Zeit beitragen kann. fällt die Teilnahme an der Ersten Orthographischen Konferenz, die im Ja12. Juni 2010: Ein Zeitungsbericht in der „Ostthüringer Zeitung“ macht das nuar 1876 in Berlin stattfand. Vorhaben in Ostthüringen bekannt. 28. Juni 2010: Die Vermarktungsgesellschaft der Stadt Köthen sagt ihre Unterstützung für das Vorhaben zu. Vorschau: 24. und 25. Juni 2011: Sprachtag in Köthen zum Thema „Straße der deutschen Sprache“. Bitte vormerken! Sie bemüht sich um die Einrichtung eines Hauses für die deutsche Sprache. Eckstein, der „unbequeme Querdenker“ (Ostthüringer Zeitung), ist ein enger Freund des einzigartigen Dichters Reiner Kunze. Daher finden wir sofort eine gemeinsame Ebene. Kunze lebte in den 1960er und 70er Jahren in der nahegelegenen Stadt Greiz als freier Schriftsteller. Eckstein und Kunze gerieten in Gegensatz zur politischen Führung der DDR, spätestens, als sie sich 1968 offen gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings wandten. Eck-

störte Schleizer Schloß wiederauferstehen. Im dritten Teil des Museums ist eine wechselnde Sonderausstellung zur regionalen Geschichte zu besichtigen. Konrad Duden lebte vom 19. April 1869 bis zum 22. September 1876 in Schleiz. Die Reußen hatten ihn zum Rektor des seit 1656 bestehenden Gymnasiums berufen. Duden sollte die Lehranstalt auf den modernsten Stand der Erziehungswissenschaften bringen. Dies gelang ihm vortrefflich, und die Schülerzahl stieg von 90 im

1923 zog das Gymnasium aus dem Rutheneum in das Gebäude des aufgelösten Lehrerseminars in der Hofer Straße. Dort veranstaltet heutzutage der Heimat- und Geschichtsverein in Zusammenarbeit mit dem KonradDuden-Gymnasium jährlich mehrere Vorträge zur deutschen Sprache. In der repräsentativen Aula kommen etwa 80 bis 100 Zuhörer zu diesen Vorträgen. Für eine Kleinstadt mit rund 9.000 Einwohnern ist das eine beachtliche Zahl, die zeigt, welche Bedeutung die deutsche Sprache heute für die Bevölkerung immer noch hat. Das Rutheneum ist somit kein Unterrichtsgebäude mehr. Das jetzige Museum füllt allerdings nicht das ganze Haus. Im Obergeschoß gibt es mehrere leere Räume, die für ein Museum zur deutschen Sprache genutzt

werden sollen. Von Pätzold stammte der Einfall, in Schleiz ein „Orthographikum“ zu errichten. Angeregt zu dieser Idee wurde er 2008 durch den Besuch des Mathematikums in Gießen. Mittlerweile erwägt der Heimatund Geschichtsverein jedoch, sich nicht starr auf die Rechtschreibung auszurichten und lieber allgemein in die Richtung eines Hauses für die deutsche Sprache zu arbeiten. Seit einem Jahr lagern im Obergeschoß bereits die Tafeln der Ausstellung „Die Sprache Deutsch“, die Anfang 2009 im Deutschen Historischen Museum in Berlin zu sehen war. Über die Filmstationen will der Verein mit dem Berliner Museum noch einen Dauerleihvertrag aushandeln. Die Bausubstanz des Rutheneums ist sehr gut, wie die Prüfung durch einen Architekten ergab. Allerdings fehlen ein Fahrstuhl, Besuchertoiletten und eine Heizungsanlage. Ein großer Umbau würde knapp zwei Millionen Euro kosten. Dieses Geld ist jedoch weder vorhanden noch in Aussicht. Die kleine Lösung ohne amtliche Zertifizierung als Museum sieht vor, die Räume für ein paar tausend Euro herzurichten. Eine Klassenzimmereinrichtung aus der Zeit Konrad Dudens könnte dem Besucher das Gefühl er-

möglichen, Duden höchstpersönlich komme gleich zur Tür herein. Nach meinem Besuch im Rutheneum erhielt ich auch noch die Möglichkeit, im Rathaus vor dem Kulturausschuß der Stadt zu sprechen. An dieser Sitzung nahm auch die Oberbürgermeisterin Heidemarie Walther teil. Obwohl mir für die „Straße der deutschen Sprache“ ursprünglich nur zehn bis fünfzehn Minuten Zeit eingeräumt worden waren, wurde es letztlich eine halbe Stunde, bestehend aus 15 Minuten Vortrag und 15 Minuten Aussprache. Der Gedanke, Schleiz in die Streckenführung einzubeziehen, fiel bei den Stadträten auf fruchtbaren Boden. Die Stadt will nun damit beginnen zusammenzustellen, was sie zu einer „Straße der deutschen Sprache“ alles beitragen kann. Schließlich bekam sogar die Schleizer Lokalredaktion der Ostthüringer Zeitung Wind von meinem Besuch, und in der folgenden Samstagsausgabe erschien ein erster Bericht. Das Ergebnis dieses Besuches läßt sich so zusammenfassen: In Schleiz sind die deutsche Sprache und ihre Freunde willkommen. Dies war sicher nicht mein letzter Besuch in dieser wunderschönen Stadt.

Die DSW in der Presse Die „Ostthüringer Zeitung“ schrieb am 12. Juni 2010:

Duden macht den Anfang In Schleiz könnte die „Straße der deutschen Sprache“ beginnen Von Uli Drescher

„Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, in Ihrem Urlaub auf der „Straße der deutschen Sprache“ zu reisen?“, fragt Thomas Paulwitz, Chefredakteur der Zeitschrift „Deutsche Sprachwelt“. Paulwitz war in dieser Woche in Schleiz, um dafür zu werben. Denn die Duden-Stadt Schleiz könnte der Beginn der Straße sein. Eine „Straße der deutschen Sprache“ ist zwar noch nicht ausgewiesen. Allerdings gibt es ernsthafte Bestrebungen von Sprachvereinen, den Kern einer solchen Straße zu bilden. In den drei Bundesländern Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen könnte der Anfang gemacht werden. Mit Hilfe dieser Straße wollen die Initiatoren in ganz Deutschland das Bewußtsein für die deutsche Sprache fördern. Stationen auf der „Straße der deutschen Sprache“, für die sich nach Thomas Paulwitz wegen Dudens Wirken die Stadt Schleiz als Startpunkt anbietet, könnten Weimar, Meiningen und Eisenach sein. Weimar ist unter anderem Mittelpunkt der „Weimarer Klassik“, in der die deutsche Sprache eine Blütezeit erlebte. Auch die Theaterstadt Meiningen hat eine große Tradition. Auf der Wartburg bei Eisenach ist die „Lutherstube“ bekannt, in der Martin Luther die Bibel übersetzte. In Sachsen-Anhalt laden die Städte Eisleben, Wittenberg, Köthen, Gräfenhainichen, Bad Lauchstädt und Merseburg zum Besuch ein. Köthen könnte der Mittelpunkt der „Straße der deutschen Sprache“ sein. Der älteste deutsche Sprachverein, die „Fruchtbringende Gesellschaft“ von 1617, hatte in Köthen den ersten Sitz. Die im Jahr 2007 wiedergegründete Neue Fruchtbringende Gesellschaft arbeitet heute daran, eine „Stadt der deutschen Sprache“ aufzubauen. In Sachsen könnte die Reise in die Städte Leipzig, Meißen, Kamenz und Bautzen führen. Stichworte sind die Leipziger Buchmesse oder die „Deutsche Gesellschaft“, die eine Autorität in Fragen des richtigen Sprachgebrauchs wurde. Meißen ist der Ursprungsort der „Meißner Kanzleisprache“. In Schleiz fand Paulwitz am Dienstag mit seinem Ansinnen Gehör im Kulturausschuß des Schleizer Stadtrates, besuchte mit Dr. Manfred Eckstein das Rutheneum und die Gabelentz-Ausstellung. „Ich bin immer noch ganz erfüllt von dem Besuch in Ihrer schönen Stadt“, schrieb er gestern an die OTZRedaktion. Für seine Idee braucht er natürlich auch Geld – etwa eine Million Euro für Marketing und Beschilderung. „Wenn zum Beispiel zehn Städte je 50 000 Euro aus ihren Mitteln für den Fremdenverkehr zusammenlegen und ein Förderer, zum Beispiel ein Autobauer, noch einmal 500 000 Euro dazugibt, dann ist diese Million zusammen“, sagt der Initiator. Und fügt hinzu: „Sollte das die deutsche Sprache nicht wert sein?“ Anmerkung der Schriftleitung: Die Summe von einer Million Euro wurde uns von einem Ministerium als Richtwert genannt. Wir sind sicher, daß dieses Vorhaben wesentlich weniger kosten kann.

Leserdienst

Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

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Zehn Jahre „Deutsche Sprachwelt“ Grußworte und Geburtstagswünsche der Sprachvereine

Liebe zur Muttersprache erwecken Unsere Sprache gleicht einem herrlich blühenden, duftenden, gepflegten Rosenstock. Sie lenkt und beflügelt unser Denken und Handeln. Mit ihr können wir Vergangenes und Gegenwärtiges begreifen, – der Zukunft unserer Kinder und Enkel einen wertvollen Dienst erweisen. Pflegen wir diese aussagekräftige deutsche Sprache! Zu ihrem 10. Geburtstag wünschen wir der „Deutschen Sprachwelt“, daß es ihr gelingen möge, die Liebe zu unserer Sprache in möglichst vielen Menschen unseres Landes zu erwecken. Gleichzeitig gratulieren wir der Schriftleitung und ihren Mitarbeitern ganz herzlich zu der bisher erbrachten Leistung! Hanno Blohm Vorsitzer des Bundes für deutsche Schrift und Sprache Postfach 1145, D-38711 Seesen www.bfds.de

„Steter Tropfen höhlt den Stein“ Der „Deutschen Sprachwelt“ zum zehnjährigen Bestand die herzlichsten Glückwünsche und hohe Anerkennung aus Österreich. 40 Folgen in der bereits auch hierzulande wohlbekannten Form sind ein Beweis der Notwendigkeit einer solchen Zeitung. „Steter Tropfen höhlt den Stein“. So wünschen wir der „Deutschen Sprachwelt“ weiterhin nachhaltige und unverdrossene Arbeit für unsere Muttersprache. O. Univ. Prof. Dr. Werner Pfannhauser Vorsitzender der Interessengemeinschaft Muttersprache Postfach 43, A-8047 Graz-Ragnitz www.pfannhauser.at/muttersprache

Unabhängig von Institutionen Der Pegnesische Blumenorden, gegründet 1644, einzige ununterbro-

chen bestehende Gesellschaft zur Pflege von deutscher Sprache und Dichtung aus der Barockzeit, beglückwünscht die Herausgeber und Mitarbeiter der Zeitschrift „Deutsche Sprachwelt“ zu deren zehnjährigem Bestehen. Insbesondere wünschen wir Herrn Thomas Paulwitz, unserem Mitgliede und Vorsitzendem unseres Sprachpflegeausschusses, daß er mit wachsendem Anklang seine Arbeit für diese Zeitschrift fortsetzen könne. Die oftmals in unserem Kreis besprochenen Ziele der „Deutschen Sprachwelt“ stellen einen unverzichtbaren Beitrag zur Sprachpflege dar, in dem Sinne, daß sie von Institutionen unabhängig sind und ernsthaft auf die Belange der Sprachgemeinschaft eingehen. Prof. Dr. Werner Kügel Präses des Pegnesischen Blumenordens Lenbachstraße 5, D-90489 Nürnberg www.blumenorden.de

Provokant und unbequem Die Neue Fruchtbringende Gesellschaft gratuliert der „Deutschen Sprachwelt“ herzlich zu ihrem zehnjährigen Bestehen. Seit ihrer Gründung hat die „Deutsche Sprachwelt“ das Ohr am Puls der sprachlichen und sprachpolitischen Entwicklungen, sie erhebt die Stimme, schaut „dem Volk aufs Maul“ und ist das Sprachrohr der Sprachpflege in unserer Gesellschaft. Ihre Beiträge stellen Beispiele für gelungenen Sprachgebrauch dar, sind für manche provokant und unbequem. Hierfür sprechen wir dem Herausgeber und allen Mitarbeitern unseren Dank und unsere Anerkennung aus. Möge die Liebe zu unserer Muttersprache weiterhin Antrieb für eine fruchtbringende Arbeit für die deutsche Sprache sein. Prof. Dr. Uta Seewald-Heeg Erste Vorsitzende der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft – Vereinigung zur Pflege der deutschen Sprache Schloßplatz 5, D-06366 Köthen/Anhalt www.fruchtbringende-gesellschaft.de

Freiheit, eigene Wege zu gehen

wirtschaftlich schwierigen Jahren Behauptung und kräftiges Wirken nach verschiedenen Richtungen hin gelingen!

der DSW und ihrem Chefredakteur Thomas Paulwitz. Ad multos annos! Dr. Hermann Neemann

Erster Vorsitzender Aus einer zufälligen Begegnung mit der Aktion Deutsche Sprache Thomas Paulwitz in den Anfängen Dr. Franz Rader Lothringer Straße 33 B, der „Deutschen Sprachwelt“ sind Obmann des Vereins Muttersprache D-30559 Hannover Fuhrmannsgasse 18a, A-1080 Wien zehn Jahre Kontakte geworden. Sie www.aktion-deutsche-sprache.de www.muttersprache.at lassen jedem Verein die Freiheit, eigene Wege zu gehen. Aber zu wissen, daß die DSW mit einfallsreichen Aktionen und Texten gegen Anglizismen und Rechtschreibreform auftritt, freut den kleinen Sprachkreis Für die Glückwünsche zum zehnjährigen Bestehen Am 20. Mai 2010 erblickte Deutsch SKD Bern immer danken wir den Sprachvereinen von ganzem Her- die „Deutsche Sprachwelt“ wieder. Als dessen Präsident zen. Das gedeihliche Zusammenwirken der Vereine das Licht der Welt. Das Jugratuliere ich Thomas Paul- ist eine wichtige Voraussetzung für den langfristigen biläum geht einher mit Auswitz und der DSW. Auf wei- Erfolg unserer Sache. Daher werden wir alles daran gabe 40, die heute vor uns terhin gedeihliche Entwick- setzen, diese Zusammenarbeit fortzusetzen und zu liegt. In diesen zehn Jahren lung, mit gelegentlichem vertiefen. Die freundlichen Grußworte sind uns Ehre leistete die DSW einen beträchtlichen Beitrag dazu, Blick über die Grenze! und Verpflichtung. Sie ermuntern und ermutigen uns, daß die Flucht aus unserer weiterzumachen. Ohne die Unterstützung der Leser Muttersprache auf den zuPeter Zbinden der DEUTSCHEN SPRACHWELT wäre jedoch vie- nehmenden Widerstand eiPräsident des Sprachkreises Deutsch – SKD les nicht möglich geworden. Darum geben wir das ner Mehrheit der Menschen CH-3000 Bern Lob, das die Grußworte enthalten, an Sie, liebe Leser stößt und ein gleichermaßen www.sprachkreis-deutsch.ch der DEUTSCHEN SPRACHWELT, weiter. Ohne unübersehbares wie unüberIhre Unterstützung, ohne Ihre Vorschläge, ohne Ihre hörbares Echo in den MeTreue, ohne Ihr Lob, aber auch ohne Ihren Tadel hät- dien findet. In sachlicher, wie auch provozierender ten wir unsere Arbeit nicht tun können. Danke! Weise versteht es die DSW, den Brechern in unserem Ihr Schriftleiter immer seichter werdenden Sprachsee – der ohne diese Die Schaffung der „Deut- Thomas Paulwitz Gegenwehr zum modernschen Sprachwelt“ vor zehn für alle Mitarbeiter der DEUTSCHEN SPRACHWELT den Tümpel zu verkommen Jahren war die Krönung des Postfach 1449, D-91004 Erlangen droht – die Stirn zu bieten, Lebenswerkes eines früheren www.deutsche-sprachwelt.de wechselseitig backbords wie Obmanns des Vereins „Mutsteuerbords dafür gescholtersprache“ in Österreich, Ing. Stefan ten. Unser besonderer Dank gilt Micko, sowie die erste öffentliche Thomas Paulwitz, dem unerschrocTat eines begabten Erlanger Stukenen Steuermann auf diesem Kahn denten, Thomas Paulwitz, der sich der sprachverarmenden Nation. Er und die DSW seither zu einem anist stets nicht nur Rufer in der Not, erkannten und unübersehbaren Teil In den zehn Jahren ihres Bestehens sondern auch Ideengeber und Vorander deutschen Sprachbewegung auf- hat die „Deutsche Sprachwelt“ alle treiber zahlreicher bemerkenswerter gebaut hat. Mit ihrer Verbreitung in Fragen und Probleme der deutschen Aktivitäten. Der Sprachrettungsklub mehr als zwanzigtausend Haushalten Sprache aufgegriffen und kommen- Bautzen/Oberlausitz e.V. freut sich leistet die DSW volksbildnerische tiert. Rechtschreibreform, Verwen- auf weitere enge und fruchtbringenArbeit im besten Sinne, sie vertei- dung von Anglizismen und „Deng- de Zusammenarbeit mit der DSW. digt unsere Muttersprache und eine lisch“ sind beispielhafte Themen. der auch heute noch bedeutendsten Besonders lobenswert ist die aufmerk- Diethold Tietz Kultursprachen der Erde gegen Ver- same Beobachtung der Sprachpolitik Vorsitzender des Sprachrettungsklubs drängung, Geringschätzung und Gü- und des Vereinsgeschehens. Für diese Bautzen/Oberlausitz teverlust. Mögen Magister Paulwitz vielfältige, verdienstvolle Tätigkeit Jan-Skala-Straße 34, D-02625 Bautzen und der DSW auch in den nächsten dankt die Aktion Deutsche Sprache www.sprachrettungsklub.de

Danke!

Den Brechern die Stirn bieten

Verteidigung der Muttersprache

Aufmerksame Beobachtung der Sprachpolitik

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einen Betrag von Euro von meinem Konto abzubuchen. Diese Einzugsermächtigung kann ich jederzeit widerrufen. Bitte deutlich schreiben!

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Aus dem Westen

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Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

Wir müssen den schlafenden Riesen nur wecken Gespräch mit Germanistik-Professor McConnell von der Universität Kalifornien zu Davis DEUTSCHE SPRACHWELT: Sie sind ein international ausgewiesener Fachmann für das Nibelungenlied. Auf welchen Gebieten forschen Sie zur Zeit? Professor Winder McConnell: Sie sind viel zu großzügig! Wenn ich zum Beispiel an Kollegen wie Otfrid Ehrismann (Gießen), Joachim Heinzle (Marburg), Werner Hoffmann (emer. Mannheim) oder JanDirk Müller (München) denke, dann denke ich an wahrhaftige international ausgewiesene Experten für das Nibelungenlied. Ja, das Nibelungenlied begleitet mich seit mehr als vierzig Jahren, besonders seit den nie zu vergessenden Vorlesungen und Seminaren meines ehemaligen Doktorvaters Ernst S. Dick an der Universität Kansas. Aber zur Zeit beschäftige ich mich mit zwei anderen Projekten: mit einer englischen, kommentierten Übersetzung des (recht schwierigen) Textes der anonymen Minneburg (14. Jahrhundert) und mit einem Buch über die „andere Welt“ in der mittelhochdeutschen Literatur, vor allem mit deren Einfluß auf den mittelalterlichen Helden. Was sagen Sie zu dem Werbespruch des Bundesaußenministers Westerwelle „Deutsch – Sprache der Ideen“? Das Ziel des Bundesaußenministers Westerwelle mit der Eröffnung eines „Jahres der deutschen Sprache“, daß im Ausland wieder mehr Deutsch gelernt wird, befürworte ich als Germanist irischer Herkunft, der seit Jahrzehnten in den Vereinigten Staaten wohnt, von ganzem Herzen. Man hört auch, daß Deutsch durchaus gefragt ist, besonders in den Ländern östlich von Deutschland, vor allem in Polen. Die Worte des Bundesaußenministers werden sich wohl dort in Taten umsetzen lassen können. Leider wird

das, wenn überhaupt, in Richtung Westen weniger der Fall sein. Warum? Es fällt auf, daß in dem von Ihnen verfaßten Artikel (siehe Lienhard Hinz, „Deutsch – Sprache der Ideen“, in: DSW 39, Seite 11) über die Rede des Bundesaußenministers auf Polen und Asien hingewiesen wird. Großbritannien, die USA und Kanada werden mit keinem Wort erwähnt. Und nicht ohne gute Gründe. Seit Jahrzehnten geht das Erlernen von Deutsch in diesen Ländern (manchmal gewaltig) zurück. Germanistische Institute an britischen und amerikanischen Universitäten werden geschlossen. Emeritierende Professoren der Germanistik werden nicht ersetzt. Die Zahl der freien Stellen für Doktoranden in der Germanistik läßt sich kaum mit der von früheren Zeiten vergleichen. Auch die Schulen haben Verluste an Deutschlernenden zu verzeichnen. Die Zahl der Goethe-Institute im Westen ist kleiner geworden. Woran liegt das alles? Die miserable wirtschaftliche Lage der letzten paar Jahre wird immer wieder als Hauptgrund angegeben. Ich bin persönlich der Meinung, daß auch andere Faktoren eine große Rolle spielen, vor allem die wachsende Einsprachigkeit hierzulande, eine Einstellung, daß es genügt, Englisch zu können, um überall in der Welt gut anzukommen – so naiv das klingen mag. Man könnte stundenlang reden und zahllose Seiten schreiben über die Gründe, aber die harte Wirklichkeit hinsichtlich der deutschen Sprache und ihres Rückgangs im Abendland ist, daß sie nicht mehr von so vielen geschätzt wird, wie das in früheren Jahrhunderten, sogar Jahrzehnten, der Fall war. Die „Sprache der Dichter und Denker“ beeindruckt nicht mehr in einer

← Bestellschein umseitig! Unsere Arbeit ist abhängig von Ihrer Spende! Verein für Sprachpflege e.V. Bundesrepublik Deutschland Republik Österreich Stadt- und Kreissparkasse Erlangen Volksbank Salzburg Bankleitzahl 763 500 00 Bankleitzahl 45010 Kontonummer 400 1957 Kontonummer 000 150 623 BIC: BYLADEM1ERH IBAN: DE63763500000004001957

Faltblatt

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leben Sie den Sprachverderbern eine! Unser Anti-SALEAufkleber „Schluß mit dem Ausverkauf der deutschen Sprache“ ist nach wie vor heißbegehrt. Die Auflage ist mittlerweile auf 26.000 Stück gestiegen. Mit Hilfe dieses Aufklebers tragen wir nicht nur unser Anliegen in die Öffentlichkeit, sondern gewinnen laufend neue Leser und Mitstreiter. Bekennen Sie Farbe und bestellen Sie diesen kostenlosen Aufkleber!

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lären Sie Ihre Mitmenschen auf! Unser Faltblatt „Rettet die deutsche Sprache!“ findet weiterhin reißenden Absatz. Gemeinsam mit Ihnen, liebe Leser, haben wir Tausende Faltblätter bereits gezielt verteilt. Bestellen und verbreiten auch Sie das Faltblatt und klären Sie über die Sprachpflege und die DEUTSCHE SPRACHWELT auf!

Gesellschaft, wo der krasse Materialismus und der Drang nach materiellem Erfolg die Oberhand gewonnen haben und Computer-Spiele für viele das Lesen ersetzt haben. Der Trost ist aber dies: Die deutsche Sprache mit ihren unvergänglichen Leistungen eines Wolfram von Eschenbach, der einmaligen Freunde Goethe und Schiller, des tragischen Hölderlin oder Martin Heideggers, des „Denkers in dürftiger Zeit“, wird wohl die Stumpfheit und Faulheit dieser Epoche überdauern. Sie ist wie ein schlafender Riese, der nur geweckt werden muß.

Sprachkursen habe ich nicht teilgenommen, sondern beschränkte mich auf die Vorlesungen auf deutsch an der Universität.) In den Achtzigern war das Goethe-Institut in San Franzisko eine ausgezeichnete Stütze des Germanistischen Seminars der Universität Kalifornien zu Davis. Das kam durch die gute Zusammenarbeit zwischen meiner damaligen Kollegin, Ingeborg Henderson, und dem Personal im Goethe-Institut zustande. Leider scheinen die Beziehungen zwischen unseren beiden Instituten in den vergangenen Jahren ziemlich locker geworden zu sein. Wie hat sich die Nachfrage nach Deutsch als Studienfach in Ihrem Germanistischen Seminar in den letzten Jahrzehnten entwickelt?

Professor Winder McConnell

Das Goethe-Institut steht im Mittelpunkt der Initiative des Auswärtigen Amtes. Wie haben Sie als Germanist und Mittelalterforscher das GoetheInstitut kennen- und schätzen gelernt? Ich hatte das große Glück, als junger Student an der McGill-Universität (Montréal) das damalige GoetheHaus unweit der Uni nicht nur oft besuchen, sondern sogar ein Semester lang darin wohnen zu dürfen. Ich hatte dort die Möglichkeit, eine schöne Bibliothek zu benutzen, Konzerten und Vorträgen beizuwohnen und auch recht interessante Gespräche mit dem damaligen Leiter des Hauses, Fritz Genzel, zu führen. (An den

Lieferbare Ausgaben 40 Sommer 2010 39 Frühling 2010 Unter anderem: Thomas Paulwitz: Wird Deutsch zur Affensprache? / Esperanto hat Nachteile / Peter Ramsauer: Meine „Deutsch-Initiative“ / Thomas Paulwitz: Das Ende des Service-Points / Thomas Paulwitz: Geht auf die Straße der deutschen Sprache / Gefunden: mehr als 1.000 Gründe für die deutsche Sprache / Luc Degla: Sprache schafft Gemeinsamkeit / Ralph Mocikat: Wie das Vordringen der Unterrichtssprache Englisch der Landessprache schadet / Diethold Tietz: Besuch beim Sprachkünstler Peter Schönhoff / Werbesprüche für die deutsche Sprache / Sprachwahrer 2009: Guttenberg, Wickert, van Gaal gewinnen / Sprachsünder-Ecke: Justizminister Hamburgs und NordrheinWestfalens / Lienhard Hinz: „Deutsch – Sprache der Ideen“ / Rolf Zick: PaulJosef Raue ist Ehrenmitglied der ADS / Wettbewerb: Deutsche Marken- und Produktnamen / Wieland Kurzka: Deutsch – ein „No go“? / Günter Körner: Der kleinste gemeinsame Nenner – Sprachkritik aus naturwissenschaftlicher Sicht (2) / Wolfgang Hildebrandt: Wein predigen, Wasser trinken (Anglizismenmuffel)

38 Winter 2009/10 Unter anderem: Thomas Paulwitz: Werben für die deutsche Sprache / Können wir die Sprachentwicklung steuern? / Alfredo Grünberg: Esperanto: Weltsprache ohne Machtanspruch / Thomas Paulwitz: Was ist eine Weltsprache? / Klemens Weilandt: Ein bewegtes Leben / Günter Körner: Ka Em Ha – Sprachkri-

Meine Antwort hängt leider mit der ersten Antwort oben zusammen. Die Nachfrage ist kaum mit der zum Beispiel in den Achtzigern zu vergleichen. Ich kann mich deutlich entsinnen, daß wir einst zwischen 70 und 80 Studenten registrierten, die „German“ als Hauptfach gewählt hatten. Es sind heute etwa 25, und wir sind heilfroh, wenn sich diese Zahl stabilisiert. Das sind die jüngeren, die sogenannten „Undergraduate“-Studenten, die auf das Bakkalaureat studieren. Die Zahl der „Graduate“-Studenten (also: Magisterkandidaten und Doktoranden) ist auch zurückgegangen. Vor nunmehr zwanzig oder fünfundzwanzig Jahren waren es fast 20; heute ist es etwa die Hälfte davon. Leider spiegelt unsere Lage an der Universität Kalifornien zu Davis die von vielen anderen Instituten wider. Was wünschen Sie sich vom deutschen Goethe-Institut heute? Ich werde nicht mehr lange an der Universität tätig sein, aber ich hoffe,

tik aus naturwissenschaftlicher Sicht (1) / Die deutsche Sprache im Koalitionsvertrag / Karin Pfeiffer-Stolz: Eine Irrlehre – Was „Vereinfachte Ausgangsschrift“ und Rechtschreibreform gemein haben / Gespräch mit Josef Kraus: Bürgerliche Revolte gegen den Bildungsabbau / Peter Fischer: Deutsche Zwillingsformeln / Horst Stein: „Sergejs Schatten“ / Ausgewählte Beiträge aus dem Schreibwettbewerb „Schöne deutsche Sprache“ 2009 / Thomas Paulwitz: Die Kulturhauptstadt deutscht zurück / Sprachsünder-Ecke: Technische Universität München / Lienhard Hinz: Die Deutsche Welle diskutiert über Sprachpolitik / Thomas Paulwitz: Köthener Gespräch über Deutsch als Wissenschaftssprache / Bautzener Sprachretter appellieren an die Parteien / Wettbewerb zur Jagdlyrik / Heinz Böhme: Gedanken über einen Modegruß / Ein Baum für die deutsche Sprache / Wolfgang Hildebrandt: Den Regierenden ein besseres Deutsch (Anglizismenmuffel)

37 Herbst 2009

Unter anderem: Thomas Paulwitz: Was haben wir von der neuen Bundesregierung sprachpolitisch zu erwarten? / Stephan Elbern: Zweisprachige Erziehung: ein Erfahrungsbericht / Günther Zimmermann: Sprechen Sie „Versicherisch“? / Wolfgang Hildebrandt: Die Masche mit den „selbsternannten“ Sprachpflegern / Kurt Reinschke: Unsere Sprache ist Ausdruck unserer kulturellen Identität (Rede zur deutschen Sprache) / Thomas Paulwitz: 2011 kommt die nächste Rechtschreibreform / Oliver Höher: Peter von Matt gibt Heinrich Hoffmanns „Struwwelpeter“ heraus / Thomas Paulwitz: Deutschlehrer, denen Englisch lieber ist / SprachsünderEcke: Kulturhauptstadt Europas – 2010

daß die Beziehungen zwischen unseren beiden Instituten wieder lebendig werden. Das ist natürlich eine Initiative, die von unserem Institut genau so leicht ergriffen werden könnte wie vom Goethe-Institut. Als die Beziehungen zum Goethe-Institut in San Franzisko vor einigen Jahrzehnten blühten, hatten wir regelmäßig Besuch vom Personal des Instituts oder von deutschen Künstlern, deren Vortragsreisen nach Nord-Amerika vom Goethe-Institut finanziert wurden. Außerdem wurden immer wieder schöne Bücher über Deutschland an uns geschickt, die wir dann als Preise an die besten Studenten weiterreichen durften. Wie würden Sie für unsere Aktion „1.000 Gründe für die deutsche Sprache“ den folgenden Satz vervollständigen: „Ich mag die deutsche Sprache, weil …“? Das könnte ein langer Satz – oder Absatz – werden! Ich mag die deutsche Sprache, weil sie meine treue Begleiterin schon seit nahezu fünf Jahrzehnten ist, die mir in guten und bösen Zeiten immer mit einem treffenden Ausdruck, einer griffigen Wendung zur Seite gestanden hat, und vor allem, weil ich durch Heideggers Beherrschung derselben den Unterschied zwischen kalkulativem [berechnendem, Anmerkung der Schriftleitung] und meditativem [sinnendem, Anmerkung der Schriftleitung] Denken erkannt habe. Sie hat mein Leben auf eine Art und Weise bereichert, mit der sich die materiellen Güter dieser Welt niemals messen könnten. Professor Winder McConnell ist Leiter des Germanistischen Seminars der Universität Kalifornien zu Davis. Das Gespräch führte Lienhard Hinz.

wird die Ruhr amerikanisch / Rolf Zick: Die Verantwortung der Presse / Diethold Tietz: Sprachfest mit den Sorben / Fotowettbewerb brachte geistreiche deutsche Werbesprüche ans Licht / Tag der deutschen Sprache in Straubing / Ein Herz für die deutsche Sprache / Wolfgang Hildebrandt: Denglisch als Folge mangelnder Zivilcourage? (Anglizismenmuffel)

36 Sommer 2009

Unter anderem: Thomas Paulwitz: Stammeldeutsch als Errungenschaft? / Arthur Brühlmeier: Sprachfeminismus in der Sackgasse / Alexander Kissler: Merkeldeutsch / Köthen spricht über die deutsche Sprache in der EU / Thomas Paulwitz: Deutsch für Bundespräsidenten / Irmela van Thiel: Mehrsprachigkeit: einfach zweisprachig oder doppelt halbsprachig? / Grundschulenglisch gescheitert / Christoph Waitz: Zur europäischen Sprachenfrage / Sprachprüfsteine zur Europawahl / Norbert Pietsch: Sprachbegeisterte Mönche schufen neue Psalmenübersetzung / SOK fordert Rechtschreibmoratorium / Oliver Höher: T. S. Eliots „The Waste Land“ in neuer Übersetzung / Thomas Paulwitz: Der Sprachschützer als Massenmörder? / Sprachsünder-Ecke: Bundesregierung läßt den „Webman“ los / Rolf Zick: Bundestag wird Verständlichkeit fordern / Sieghard Kosel: Nachruf auf Annedore Zschiedrich / Rudolf Erler: Tschechische Sprachpflege / Thomas Paulwitz: Binsenweisheiten von Sprachbürokraten / Edda Moser geehrt / Ein Turm der deutschen Sprache / Wolfgang Hildebrandt: Abseiling zum Abwracking (Anglizismenmuffel) Lieferbar sind auch noch alle früheren Ausgaben. Die Inhaltsverzeichnisse sämtlicher Ausgaben finden Sie unter www.deutsche sprachwelt.de/archiv/papier/index.shtml.

Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

Aus dem Osten

Seite 7

Die deutsche Sprache verbindet Deutschschüler aus Warschau reisen und werben für die deutsche Sprache Von Artur Stopyra

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it dem Innsbrucker „Goldenen Dachl“ hat diese Warschauer Anlaufstelle für die deutsche Sprache nichts gemein. Unter dem Leitspruch „Auf den Spuren der deutschen Sprache weltweit“ organisiert die Sprachschule „Zentrum für Deutsche Sprache – DACHL“ Reisen in ferne Länder, um sie „deutschsprachlich“ zu ergründen und für die deutsche Sprache zu werben. Warum „DACHL“? Das in der Germanistik und im Deutschunterricht weltweit verbreitete Kurzwort DACHL (nicht DACH!) steht für alle vier deutschsprachigen Länder: Deutschland (D), Österreich (A = Austria), die Schweiz (CH = Confoederatio Helvetica) und Liechtenstein (L). Als deutschsprachiges Land bezeichnet man ein Land, in dem Deutsch nicht nur als Amtssprache fungiert, sondern für die meisten seiner Bewohner sowohl Nationalals auch Muttersprache ist. Wenn man dieser Sichtweise folgt, ist Luxemburg, das manche immer wieder mit Liechtenstein verwechseln, dem kleinen Ländle „zwischen Grüezi und Servus“, kein deutschsprachiges Land. Dort gilt nämlich nicht Hochdeutsch als Nationalsprache, sondern Luxemburgisch, auch wenn Deutsch und Französisch weitere Amtssprachen sind. Liechtenstein – in vielen Lehrwerken für Deutsch als Fremdsprache (DaF) gar nicht erwähnt und von Literaturforschern aus den übrigen deutschsprachigen Ländern einfach „vergessen“ – ist kurioserweise in Wirklichkeit der einzige Staat, der Deutsch als alleinige anerkannte Amts- und Landessprache hat. Denn in den übrigen, größeren Staaten des deutschen Sprachraums sind auch andere Sprachen als Amts- oder Minderheitensprachen anerkannt. In Liechtenstein dagegen gibt es im Sinne des „Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarates“ keine nationalen Minderheiten. Alle vier deutschsprachigen Länder werden oft synonymisch auch „DACHL-Länder“ genannt. Da wir in unserem landeskundebezogenen DaF-Unterricht nicht deutschlandorientiert, sondern „DACHL“-orientiert arbeiten, haben wir beschlossen, unserem Sprachzentrum den Namen „DACHL“ zu geben. Schade, daß dieses Kürzel immer noch nicht offiziell anerkannt ist und nicht im Duden oder in anderen Wörterbüchern steht. Keine gewöhnliche Sprachschule

In den Ferien die Welt „auf deutsch“ bereisen Die DACHL-Schüler reisen in den Winter- und Sommerferien durch die Welt und suchen auf allen Kontinenten nach den „Spuren der deutschen Sprache“, indem sie dort lebende deutsche Muttersprachler und einheimische Deutschlernende kennenlernen. Bis jetzt waren die deutschbegeisterten Polen dreimal in Indien. Sie besuchten Nepal, Australien, Neuseeland, Dubai. Sie waren sogar in Vanuatu – einem Inselstaat im Pazifischen Ozean, etwa 1.500 Kilometer vom australischen Ufer entfernt! Vor ein paar Monaten kamen sie von den Philippinen zurück, wo sie unter anderem Deutschlehrer und Schüler des Sprachinstituts Cebu besucht hatten. Jetzt träumen sie von einer DACHL-Reise nach Afrika. Deutschsprachige Länder besuchen sie natürlich ebenfalls gern. Sie waren sogar auf einem Empfang bei dem Fürsten von Liechtenstein, Seiner Durchlaucht Hans Adam II.! Als einzige Sprachschule nahmen sie am Ersten Ökumenischen Kirchentag in Berlin (2003), am XX. Weltjugendtag in Köln (2005) und am 31. Deutschen Evangelischen Kirchentag – wieder in Köln – (2007) teil, nicht nur um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, sondern auch um den (deutschen) Protestantismus besser kennenzulernen, den sie – als Katholiken – bisher nur aus Lehrbüchern kannten. Für dieses Jahr wurden sie nach München zum Zweiten Ökumenischen Kirchentag eingeladen. Deutsch verbindet Kulturen Die Idee, interkulturelle Sprachreisen auf deutsch zu organisieren, entstand im Jahr 2003. Die DACHL-Schüler organisierten damals eine Ausstellung mit dem Titel „Deutschsprachige Zeitungen aus aller Welt“. Über 140 Titel aus vierzig Ländern trugen sie zusammen und stellten sie im Rahmen einer Sprachenmesse aus. Zu den außergewöhnlichsten gehörten: die Aktuelle Rundschau (Paraguay), der Condor (Chile), die Allgemeine Zeitung (Namibia), der Afrika-Kurier (Südafrika), das Pattaya-Blatt (Thailand) und die wohl „kälteste“ Zeitung der Welt: die Spitzbergener Zeitung, herausgegeben in der Arktis! Seitdem haben die DACHL-Schüler auf allen Kontinenten deutschsprachige Freunde, darunter deutsche Muttersprachler (Künstler, Schriftsteller, Politiker, Wissenschaftler, Deutschlehrer). Sie werden von ihnen eingeladen, dann besuchen sie sie. Auf diese Weise können sie etwas erleben, was sicherlich kein Reisebüro anbieten kann. Indem sie das Leben der Einheimischen teilen, lernen sie fremde Kulturen nicht aus der Hotel-Perspektive kennen, sondern richtig hautnah, und zwar auf deutsch. Das begeistert!

Außerdem ist es eine gute Werbung für die deutsche Sprache unter den polnischen Jugendlichen. Wenn die Lehrer zu sehr deutschlandorientiert sind, erscheint der Deutschunterricht eintönig, denn Deutsch wird in Polen in der Regel fast ausschließlich mit Deutschland verbunden, und das wieder bringt Gedankenverknüpfungen mit dem Zweiten Weltkrieg, Vertreibung und Neonazis. Wenn die Schüler jedoch einmal entdecken, daß Deutsch auch in anderen Ländern gesprochen wird, ja, sogar auf anderen Kontinenten, lernen sie die Sprache viel lieber. Wenn sie erfahren, daß sie Deutsch auch mit bildhübschen Inderinnen an der Uni in Pune oder Neu-Delhi sprechen können, oder sogar mit Pygmäen, die Deutsch an manchen kamerunischen Gymnasien lernen, wird die Sprache und das Fach für die reiselustigen Polen wesentlich anziehender. Das Ferienprojekt „Auf den Spuren der deutschen Sprache weltweit“ ist nicht kommerziell, jeder zahlt für sich selbst. Da wir in vielen Ländern Freunde haben, sind unsere Reisen manchmal spottbillig: Für einen einwöchigen Aufenthalt in Liechtenstein bezahlten wir umgerechnet 100 Euro je Person, einschließlich Unterkunft, Verpflegung und Reisekosten. Die Reisen auf andere Kontinente sind verhältnismäßig billig, denn wir achten nicht auf Luxus. Der Flug aus Warschau über Hongkong nach Manila, drei Wochen Urlaub in den schönsten Orten der Philippinen (mit vier Inlandsflügen von Insel zu Insel), kostete uns alles zusammen kaum 800 Euro je Nase! Reiselustige Unterstützer gesucht! Wir suchen nach gastfreundlichen und reiselustigen Menschen auf allen Kontinenten, die Deutsch als Muttersprache sprechen oder als Fremdsprache lernen. Kommen Sie einmal zu uns nach Polen und genießen Sie unsere Gastfreundschaft! Es ist vielleicht auch besser für Sie, nicht in einem (teuren!) Warschauer Hotel übernachten zu müssen, sondern in einer polnischen Gastfamilie, wo Sie nicht nur den echten, hausgemachten Bigos kosten – ein polnisches Nationalgericht –, sondern auch in Deutsch plaudern können. So lernen Sie das Land und seine Einwohner richtig kennen. Die jungen Polen werden von Ihrem Besuch auch profitieren, denn sie bekommen einen „Sprachassistenten“ nach Hause und können durch die Gespräche mit Ihnen ihr Deutsch verbessern. Wir möchten gerne auch Sie einmal besuchen dürfen. Es handelt sich nur um Kurzbesuche – höchstens zwei bis drei Nächte in einer Gastfamilie, denn wenn wir eine Reise ins Ausland organisie-

deutschsprachige Freunde aus aller Welt kennenlernen. Weltweit geben etwa 130 Millionen Menschen Deutsch als ihre Muttersprache an. Etwa 20 Millionen lernen Deutsch als Fremdsprache. Das sind zusammen 150 Millionen Gründe, warum wir Deutsch lernen! Der Germanist und Deutschlehrer Dr. phil. Artur Stopyra leitet das Zentrum für Deutsche Sprache „DACHL“ in Warschau. Stopyra ist außerdem Auslandskorrespondent der deutschsprachigen Zeitung „Deutsche Rundschau“ aus Kanada. www.dachl.pl

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Deutschschüler im „Zentrum für Deutsche Sprache – DACHL“

ren, wollen wir während der ganzen Fahrt viele Familien kennenlernen und mehrere Städte besuchen. Unsere Reisen erfolgen immer im Geiste der Interkulturalität, die laut Professor Ernest W. B. Hess-Lüttich lehrt, „kulturelle Unterschiede zu respektieren und ihre Erkenntnis zum besseren Verstehen der eigenen und der fremden Kultur zu nutzen.“ Fühlen Sie sich angesprochen? Wollen Sie uns kennenlernen? Dann sprechen Sie über uns mit Ihren Freunden und besuchen Sie unseren Netzauftritt, wo Sie schöne Bilder von unseren bisherigen Reisen finden. Und da die Leser der DEUTSCHEN SPRACHWELT Deutsch sprechen, hoffen wir, daß wir auf diese Weise viele

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Besprechungen

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Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

„Laßt et euch nich jefallen!“ Die Hauptstadt wird zum Schauplatz aufsehenerregender Sprachschutz-Aktionen Von Thomas Paulwitz

I

n Berlin ereignen sich seltsame Dinge. Über Nacht wurden die Straßenschilder ausgewechselt. Damaschkestraße und Sybelstraße sind verschwunden. Statt dessen gibt es die „Melville Street“, die „Samuel Barber Street“ oder die „Leonard Bernstein Street“. Der Lehniner Platz heißt plötzlich „Henry Ford Square“. Was ist geschehen? Die meisten Berliner nehmen die amerikanisierte Beschilderung mit Achselzucken hin. Doch die Merkwürdigkeiten gehen weiter. An den Bahnhöfen hängen auffällige Plakate, scheinbar von der Deutschen Bahn („Mobility – Networks – Logistics“), auf denen zu lesen ist: „Die Bahn pfeift auf die Sprache ihrer Kunden – sie will nichts als ihr Geld!“ Nur wenige Reisende bemerken diese Aussage, trotz ihrer Unverschämtheit. Und in der KaiserWilhelm-Gedächtniskirche taucht statt des beliebten Landesbischofs plötzlich ein fremder Prediger auf. In einem amerikanisch klingenden Kauderwelsch spricht er von der Kanzel zu den Gläubigen. Ergriffen lauschen die Zuhörer den Worten, obwohl sie nichts verstehen, wofür sie sich eher schämen. Als die Polizei naht, macht sich der Prediger schleunigst davon,

der Gemeinde zurufend: „Ihr macht allet mit, wie de Schafe, wenn et nur uff Englisch daherkommt! Sojar inne Kirche! Laßt et euch nich jefallen, wehrt euch!“ Verantwortlich für diese Eulenspiegeleien ist Tilman Spiegel, der sich entschlossen hat, den Kampf für die deutsche Sprache mit neuen Mitteln zu führen, um die Leute endlich wachzurütteln. Nach einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt war er nach Deutschland zurückgekehrt und hatte seinen Augen und Ohren nicht getraut, wie weit die Amerikanisierung der Sprache im öffentlichen Raum bereits fortgeschritten war. Spiegel ist sich sicher: „Die Verantwortlichen brauchen keine Argumente, sie brauchen Druck, Druck aus verschiedenen Ecken von Gesellschaft und Politik.“ Als Vorbild dient ihm „Greenpeace“: „Spektakulär sollte eine Aktion gegen die masochistische Selbstkolonisierung heute auf jeden Fall sein. Sonst guckt keiner hin, und man kommt nicht in die Medien.“ Doch Spiegels bisherige Aktionen hatten genau diesen Mangel, auch wenn sie noch so gewitzt waren: Sie rüttelten das Volk nicht auf. Daher bereitet Spiegel nun eine Tat

vor, die alles Bisherige in den Schatten stellen soll … Kurt Gawlittas Geschichte „Tilmans Blätter“ ist eine von drei Erzählungen aus seinem neuen Band „Ost-WestPassagen“. Als Berliner Regionalleiter des „Vereins Deutsche Sprache“ gießt er sprachpflegerische Erfahrungen sowie Gedanken über die geeignete Strategie und Taktik im Einsatz für die deutsche Sprache in eine literarische Form. Dieser Ansatz ist vielversprechend und anregend und eröffnet einen neuen Weg, über wirksame Sprachpolitik nachzudenken. Der Kenner schmunzelt über zahlreiche Anspielungen auf tatsächliche Ereignisse und Persönlichkeiten. Ob jedoch Rudolf Hoberg, der Vorsitzende der „Gesellschaft für deutsche Sprache“, von der Figur des Professors Tiefenthal entzückt sein wird, darf getrost bezweifelt werden: „Tiefenthal und seine feine Sprachgesellschaft empfanden es als immer mühsamer, in der öffentlichen Debatte über die deutsche Sprache der Regierung den Rücken freizuhalten. Man mußte die öffentlichen Zuschüsse weiterhin rechtfertigen. Der Präsident hielt seine Taktik für besonders

Streiten über Deutsch Die Deutsche Welle veröffentlicht Stellungnahmen zur deutschen Sprache

Von Lienhard Hinz

U

nter dem Titel „Sprache von Welt? Streiten über Deutsch“ hat die Deutsche Welle Beiträge zur deutschen Gegenwartssprache aus dem In- und Ausland herausgegeben. Fehlende Sprachpflege in Deutschland kritisiert der irakische Germanist Muthanna Al-Bazzaz. Als er nach dreißig Jahren Deutschland wieder besucht, bemerkt er eine Zunahme von Anglizismen und „Denglisch“: „Wer sich für intelligent hält, spuckt ein paar Brocken Englisch aus. Nichts ‚hat mehr Sinn‘, statt dessen ‚macht‘ jetzt alles Sinn.“ Mehrdeutige deutsche Wörter haben für die in Berlin lebende argentinische Schriftstellerin Maria Cecilia Barbetta eine „Persönlichkeit“: „Sie sind Schriftbilder und lebendige Gebilde zugleich, sie haben einen Körper und eine Seele“. Eine „sehr gute Zukunft“ habe die deutsche Sprache in Pakistan, berichtet die Deutschlehrerin Saira Niazi. Viele Eltern seien stolz darauf, daß ihre Kinder Deutsch lernen: „Deutsche Werte wie Fleiß, Pünktlichkeit und Qualitätsbewußtsein sind bekannt und werden geschätzt.“ Seelenlos wirkt die Sprache radebrechender Berliner Einwandererkinder. Die Sprachwissenschaftlerin Heike Wiese vergleicht beispielsweise den Ausspruch „Laßma Viktoriapark gehen!“ mit Vereinfachungen in der Umgangssprache. Doch schließlich kommt sie nicht umhin, das von ihr stilisierte „Kiezdeutsch“ auf ein Versäumnis zurückzuführen, Kindern „nichtdeutscher Herkunftssprache die Chance zu geben, das Standarddeutsche“ zu erlernen. Holger Klatte vom Verein Deutsche Sprache bemängelt das Eindringen der englischen Sprache in Kindergärten, Schulen, Presse und Rundfunk.

Der deutsche Wortschatz verkümmere in Kindergärten und Schulen, die Englisch vor die Muttersprache setzen. Die Angst vor einer Überfremdung des Deutschen durch das Englische ist jedoch für den Präsidenten des Goethe-Instituts, KlausDieter Lehmann, sprachgeschichtlich unbegründet. Der Wortschatz erweitere sich. Nachdenklich stimmt ihn jedoch die Zahl der funktionalen Analphabeten, die in Deutschland auf vier Millionen geschätzt wird. Dagegen hält die Kammersängerin Edda Moser, daß mit der Zunahme englischer Redewendungen in der Umgangssprache der deutsche Wortschatz verarmt. Den Vorschlag, Deutsch als Nationalsprache im Grundgesetz zu verankern, hält sie für eine gute Idee. Gegensätzlich über Deutsch als Wissenschaftssprache äußern sich die Archäologen Alexandra W. Busch, Philipp von Rummel, Arnulf Hausleiter und Burkhard Vogt. Busch und von Rummel kritisieren den Rückgang in deutscher Sprache verfaßter Publikationen, weil „bestimmte Denkweisen, Problemstellungen und Forschungstraditionen kaum übersetzbar sind und verlorengingen, wenn nur noch auf englisch gedacht und geforscht würde“. Hausleiter hingegen lobt das englische als „international verständliche Wissenschaftssprache für vernetzte Forschungen“. Vogt ergänzt, daß die deutsche Sprache „im Bereich archäologischer Forschung keine oder eine sehr untergeordnete Rolle“ spielt. Der Germanist David Simo aus Kamerun fordert, hochwertige geistige, künstlerische und wissenschaftliche Produkte in deutscher Sprache anzubieten: „Wenn die Deutschen aber meinen, daß sie diese Angebote ebenso gut in englischer Sprache machen können, dann

wird es immer weniger Gründe geben, Deutsch zu lernen.“ Deutschsprachige Musik werde in der internationalen Szene immer wichtiger, bemerken der deutsche Rockmusiker Stefan Stoppok und die amerikanische Unterhaltungskünstlerin Gayle Tufts. Stoppok selbst könne mit der deutschen Sprache einem einfachen Blues „ganz neues Leben einhauchen“. Außerdem hat er das Gefühl, daß „es bei Jugendlichen heute mehr deutsche Wortschöpfungen gibt als noch in den Siebzigern“. Tufts hat ein Auftritt der Musikgruppe Tokio Hotel in den USA beeindruckt, wo die deutschen Sänger vom Publikum aufgefordert wurden, in ihrer Muttersprache zu singen. Der russische Übersetzer Boris Chlebnikow widerspricht dem deutschen Romanisten Jürgen Trabant, der eine Verdrängung des Hochdeutschen beobachtet. Er spürt vielmehr eine „wachsende Konkurrenz zwischen dem globalen Englisch, den Nationalsprachen und den Dia- und Soziolekten“. Abschließend kommt der Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, Klaus Reichert, zu Wort. Er fordert die Verantwortlichen in den Medien dazu auf, die „unverwechselbaren Möglichkeiten und die Vielfalt der deutschen Sprache“ zu entdecken und erinnert an das Odo-MarquardWort „Zukunft braucht Herkunft“. Deutsche Welle: Sprache von Welt? Streiten über Deutsch, Bonn 2009, 102 Seiten.

Die Beiträge können im Netz unter www.dw-world.de/streiten-ueberdeutsch nachgelesen werden. Die Publikation kann außerdem bei der Deutschen Welle, 53110 Bonn, angefordert werden.

geschickt, die Regierung von dem öffentlichen Vorwurf freizusprechen, sie drücke sich vor der Verantwortung für die deutsche Sprache.“ Von dem Mut eines Tilman Spiegel ist Tiefenthal weit entfernt. Der Rebell Spiegel fordert einen „Paukenschlag“ und meint: „Wir brauchen eine effektvolle Aktion, um die Medien zu bedienen. Sonst hört das Land nicht hin. Die Aktion muß ziemlich gewagt sein, am Rande der Legalität, vielleicht auch schon darüber hinaus.

Sonst langweilt sich das Publikum. … Die Medien … sind Teil der allgemeinen Amerikanisierung. … Wir müssen sie durch die Art unserer Aktion zur Berichterstattung zwingen.“ Auf die Wirkung dieser spannenden Erzählung dürfen wir gespannt sein. Kurt Gawlitta: Ost-West-Passagen – Erzählungen, IFB-Verlag Deutsche Sprache, Paderborn 2010, 359 Seiten, Taschenbuch, 12,50 Euro. www.ifb-verlag.de

Die Früchte des Palmbaums Zur Wirkung der Sprachgesellschaften der Barockzeit Von Lienhard Hinz

D

ie Wirksamkeit der Spracharbeit wird von Außenstehenden häufig bestritten. Stimmt das? Die Ziele der barocken Sprachgesellschaften, welche die deutsche Sprache in Wissenschaft und Kultur fördern wollten, sind „von bestechender Aktualität. Die vielen Anglizismen heutzutage zeigen dies.“ Dieser Meinung ist Dóra Görözdi von der Universität Fünfkirchen in Ungarn. Die junge Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin, geboren 1984, studierte an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität. Jetzt hat sie ein Buch zur Wirkung von Sprachgesellschaften vorgelegt und schlägt dabei den Bogen zur Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft in der Gegenwart. Schon mit den heute photographierten Kokospalmen auf dem Titelbild weist dieses interessante Geschichtsbuch auf die Gegenwart hin. Die vielseitig verwendbare Kokospalme ist mit der Überschrift „Alles zu Nutzen“ das Emblem der auch „Palmorden“ genannten Fruchtbringenden Gesellschaft. Sie ist mit 890 Mitgliedern die größte und wichtigste Sprachgesellschaft der Barockzeit. Unter dem ersten Oberhaupt Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen erlebt die Fruchtbringende Gesellschaft von 1617 bis 1650 ihre Blütezeit und übersteht den Dreißigjährigen Krieg, der mit der Vormachtstellung Frankreichs endet. Wie sich das auf die deutsche Sprache auswirkt, zeigt die Verfasserin Dóra Görözdi mit einem Gedicht Sigmund von Birkens. Der Fruchtbringer veranschaulicht mit vielen französischen Flickwörtern scherzhaft die Zurückdrängung der deutschen Sprache durch das Französische.

Görözdi belebt ihre Studien mit gut ausgewählten Proben der Barockdichtung. In seinem Sonett in Alexandrinern erläutert Fürst Ludwig den Zusammenhang zwischen den Aufgaben der Sprachgesellschaft und der Bedeutung des Palmbaumes. Die Verfasserin arbeitet die Verdienste des Fürsten in der Sprachgesellschaft heraus, dessen Übersetzungen, Gedichte, gereimte Reisebeschreibungen und Briefe zum größten Teil noch nicht veröffentlicht sind. Die

ungarische Germanistin macht daher auf das Forschungs- und Editionsprojekt der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zur Fruchtbringenden Gesellschaft aufmerksam, das in Zusammenarbeit mit der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel verwirklicht wird und unter der wissenschaftlichen Leitung von Klaus Conermann steht. Warum die Gesellschaft „Fruchtbringende“ heißt, zeigt Georg Neumark in seinem Werk „Der Neu-Sprossende Teutsche Palmbaum“. Neumark wird von Sigmund von Birken in den Pegnesischen Blumenorden aufgenommen. Dóra Görözdi weist darauf hin, daß Mehrfachmitgliedschaften in verschiedenen Sprachgesellschaften der Barockzeit durchaus üblich waren. Die Rolle von Martin Opitz erklärt Görözdi an seinem „Buch von der Deutschen Poeterey“, dem ersten deutschen Poetikregelwerk, das die Dichter lehrt, beim Verseschmieden auf den akzentuierten Sprechtakt zu achten. Dieses Buch sollte ein Beitrag zur eigenständigen deutschen Nationalliteratur sein. Daß man sich im Deutschen ebenso kräftig und gefällig ausdrücken kann wie in den Sprachen der benachbarten Nationen, ist auch Ansicht der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft zu Köthen/Anhalt, die für den Erhalt der deutschen Sprache als Amts-, Kultur-, Landes- und Wissenschaftssprache eintritt. Das Gründungsdokument und die Berichterstattung der Mitteldeutschen Zeitung vom 11. Januar 2007 sind in der Anlage des Buches beigefügt. Diese lesenswerte wissenschaftliche Arbeit verdient eine bessere Drucklegung. Der Preis des Buches verlangt mehr Qualität der verlegerischen Arbeit. Vermeintliche Sperrungen irritieren den Leser und könnten durch eine richtige Formatierung entfernt werden. Die zahlreichen Druckfehler stehen leider im Widerspruch zum anspruchsvollen Inhalt. Dóra Görözdi: Die Wirkung von Sprachgesellschaften. Im Spiegel der Fruchtbringenden Gesellschaft. VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2009, 81 Seiten, Taschenbuch, 49,00 Euro.

Literatur

Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

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Zerstörte Sprache – zerstörte Kultur Von Richard Albrecht

I. Halbsprachigkeit An die „Unersetzlichkeit der Muttersprache“ erinnerte vor einigen Jahren öffentlich der Tübinger Rhetorikprofessor Gert Ueding und polemisierte „gegen zu frühe Fremdsprachen“, etwa Englischlernen im Vorschulkurs oder in den ersten beiden Jahren der Grundschule. Dabei bezog er sich nicht nur positiv auf Ernst Blochs Exilvortrag „Zerstörte Sprache – Zerstörte Kultur“ (1) und den Zusammenhang von Sprache und Denken, sondern warnte auch vor einer „Verluderung des Denkens“, die durch verluderte Sprache ausgelöst wird. Besonders wandte sich Ueding gegen die weitverbreitete „Ansicht, die Sprache, die einer spricht, sei bloß eine Verpackung, die man wechseln kann wie das Weihnachtspapier. Der deutsche Normalsatz hat die Ordnung Subjekt – Prädikat – Objekt, wir alle haben sie im Bewußtsein fest verankert, noch bevor wir selber die Sprache beherrschten. … Unsere Kulturpolitiker und ihre Helfershelfer in den Schulämtern oder Reformkommissionen sind von derartigen Einsichten weit entfernt. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz [2001] Annette Schavan bekennt zwar, die Pisa-Studie habe ihr schlaflose Nächte bereitet. Zum Nachdenken hat sie sie offenbar nicht genutzt, sonst könnte sie nicht auf die Idee kommen, den Fremdsprachenerwerb noch früher, möglichst im Kindergarten, beginnen zu lassen. Allein auf der gesicherten Kenntnis der Muttersprache kann die fremde Sprache ihren Nutzen entfalten. Wird zu früh aufgepfropft, ergeben sich daraus nur mehrere zu schöpferischem Leben unfähige Verständigungsmittel, damit aber auch eine Verluderung des Denkens.“ Uedings Erkenntnisse sind zwar weder originell noch richtungsweisend, gleichwohl grundrichtig. Sie schließen an Ernst Blochs öffentliche Erinnerung ans Exil im Exil vom Juni 1939 an. Der Sprachforscher Armand Hofmann schrieb 1979 in seinem Buch über „Sprachen in Luxemburg. Sprachwissenschaftliche und literarhistorische Beschreibung einer Triglossie-Situation“ über ein Kind, das im linksmoselfränkischlëtzebuergeschen Dialekt aufwächst und sprachlos in die Schule kommt. Der in Rohrbach/Lothringen geborene, später führende KPD/SED-Funktionär und Emigrant Franz Dahlem erinnert sich 1982 in seinen Memoiren („Jugendjahre. Vom katholischen Arbeiterjungen zum proletarischen

Sprachbetrachtungen im Lichte der Gedanken Ernst Blochs Revolutionär“) an „Rohrbacher Platt“ und „französische Mundart“ als Erstsprachen, dazu zur Verständigung an „ein Kauderwelsch aus beiden Mundarten“. Das in der Schule gelehrte und gelernte „Hochdeutsch“ sollten jedoch die 12- bis 14jährigen Buben nach ihrer Schulentlassung rasch wieder verlernen: gesprochen wurde „zu Hause nur Plattfranzösisch“, und es gab „gar keine Gelegenheit …, Deutsch zu sprechen“. Dahlem verallgemeinerte diese sprachliche Gemengelage in seiner Heimatregion vor dem Ersten Weltkrieg so: „Das Hochdeutsche lernten wir als Fremdsprache, die wir nur in der Schule verwendeten oder bei deutschsprachiger Lektüre. Zur Verständigung im Alltag war es nicht nur nicht erforderlich, sondern es erwies sich in der Regel sogar als Hemmnis.“ Das bedeutet – noch allgemeiner: Ohne gründliche mutter- oder erstsprachliche Kompetenz wird das angemessene Erlernen jeder (weiteren oder) Fremd-Sprache, wenn nicht unmöglich, so doch erschwert. Es droht die Gefahr des Semilingualismus – der verdoppelten Halbsprachigkeit – und damit, zu Ende gedacht, Sprachlosigkeit oder Nonlingualismus. Zweitsprachenentwicklung ohne Erstsprachenerwerb entspricht dem Wunschdenken gutmenschiger Vielsprachigkeit: Auch im faktischen Einwanderungsland Deutschland wurde innerhalb dreier Jahrzehnte aus dem Traum der Zweisprachigkeit der 1970er Jahre der Alptraum der doppelten Halbsprachigkeit. II. Sprachkolonialisierung Über diesen Gesichtspunkt hinausgehend liegt ein weiterer wichtiger Blickpunkt der gegenwärtigen Sprachproblematik des Deutschen in Deutschland in einem anderen Feld: Denglisch. Der Verfasser kritisierte bereits im Herbst 1986 die damals vom damaligen Staatsunternehmen Deutsche Bahn (DB) beförderte destruktive „Neusprache“ als „Sprachkolonialisierung, in der beispielsweise eine Vergnügungsreise nun ‚Joy Travel‘, eine Spielhalle ‚Play Corner‘, ein Kleiderkramladen ‚Second Hand Shop‘, eine Stehkneipe ‚Pub Corner‘ und die Verbindung der Verkehrsmittelnutzung von Flugzeug und Zug nun ‚Fly & Ride‘ heißt“. Dabei konnte die DB streckenweise durchaus auch griffige deutschsprachige Losungen wie „Halber Preis fürs ganze Volk“ auf die Schiene setzen.

Und auch heute sei daran erinnert, daß nach dem „Handy“-Muster diese von – angeblichen oder wirklichen – Werbe(fach)leuten hervorgebrachten künstlichen Scheinparadiese und Spachhülsen nicht nur Elemente der deutsch(sprachig)en Kultur, sondern darüber hinaus auch sprachgebundenes folgerichtiges Denken nachhaltig zerstören helfen können, sofern sie in den Lebensalltag der vielen eindringen und von vielen blank übernommen werden. Dazu beziehe ich mich auf Ernst Bloch und verweise auf aktuelle Sprachkonstrukte wie „payzone“ für Kasse (Schlecker GmbH), „dust devil handy“ (plus AG) für Kleinstaubsauger und „service point“ (DB) für Beratungsschalter. Rein gedankenexperimentell ist das „We speak German fluently“-Label im „Second-Hand-Shop“-Window. Dem ursprünglichen Warenfetisch nachgelagert wirkt der ihm entsprechende Sprachfetisch als Bestandteil einer über bloße „BeAnzeige

4.Köthener Sprachtag

Ausstellung Interjektionen Peter Schönhoff

(Bertolt Brecht): Der nachhaltige Selbstenteignungsprozeß (innerhalb) der Intelligenzschichten. Es ist inzwischen nach dem Muster der Benennung einer Bremer (Privat-)Universität als „Jacobs University“ gang und gäbe, in Deutschland stattfindende akademische Lehrveranstaltungen und wissenschaftliche Kongresse englisch – genauer: in einer künstlich geschaffenen (Konferenz-)Sprache, die von nichtenglischen Muttersprachlern für englisch gehalten oder ausgegeben wird und vor der es jeder und jedem „native speaker“ graust – anzukündigen, durchzuführen und zu veröffentlichen. Auch hier haben die ganzdeutschneueuropäisch „gebildeten Stände“ nachhaltig versäumt, von Ernst Bloch zu lernen: „Nur wenige Menschen … waren je imstande, sich in einer fremden Sprache so sicher, gar so produzierend zu bewegen wie in der eigenen. … Im allgemeinen besteht die Regel, daß einer aus der eigenen Sprache desto schwerer in die andere fallen kann, je vertrauter er in der eigenen sich auskennt, je mehr er in ihr durch sie erfahren hat.“ (3) Dem schloß sich auch der Anglist und ehemalige sächsische Wissenschaftsminister Hans-Joachim Meyer an. Er betonte, daß „nur wenige mit ihrer ganzen Persönlichkeit in mehr als einer Sprache voll und gleichberechtigt zu Hause sein können“. (4)

Darüber hinaus verwies Meyer auf das historische und aktuelle Lingua-franca-Problem: Graphik Was früher Latein gewesen Objekte Zeichnungen ist, soll heute Englisch sein als „europäische GemeinschaftsDürerbundhaus sprache“ und „europäische Köthen, Theaterstraße 20.08. bis 19.09.2010 Lingua franca“. Demzufolge Öffnungszeiten: täglich von 14.00 bis 17.00 Uhr soll „weltoffen“ sein, wer als montags geschlossen Wissenschaftler mit Deutsch wußtseins-Industrie“ (Hans Magnus als Muttersprache wo immer mögEnzensberger) weit hinausgehenden lich Englisch sprechen will. Dabei „Verdummungsindustrie mit ihren mag zweierlei offenbleiben: erstens, Verblendungs-, Verkehrungs- und welches Englisch denn gemeint sein Umwertungsmechanismen zur stra- könnte – Oxbridge oder BBC? Scottegischen Verstärkung der durch den tish Highland, London Cockney oder Warenfetisch jeder kapitalistischen Irish Pub? Maltese oder Gibraltarian? Gesellschaft immer schon gegebe- NZ-Northern oder NZ-Southern? Canen spontanen Mystifikation als ‚ge- nadian Closed oder Australian Open? sellschaftliche Gefolgschaft“. (2) US-East- oder West-Coast? Midwest Special oder Southern Mexifornian? III. Selbstenteignung – Zweitens, welchen Status denn für der Wissenschaft deutsche Muttersprachler das britische und keineswegs mit Simple English zu Dem massenhaften sprachlich-ge- verwechselnde Englisch hat; ob britidanklichen Enteignungsprozeß und sches Englisch also mehr ist als ein mit Weltverlust entspricht ein mit diesem lateinischen und französischen Brocvergleichbarer „unerhörter Vorgang“ ken aufgemotzter deutscher Dialekt.

Nicht verwunderlich, daß es Anglistikprofessoren sind, die wie Johannes H. Vogt und Theo Stemmler betonen: Jedes noch so „gute Englisch“ könne niemals die Muttersprache ersetzen. Und auch was anspruchsvolle – wissenschaftliche – Kommunikation betrifft, sei das Deutsche im Vergleich zum nur scheinbar simplen Englisch besser als „sein Ruf“, so daß es fatal wäre, überließe dieses jenem „das Feld“. Auch die emeritierte Juraprofessorin, Ex-Bundesverfassungsgerichts- und Goethe-InstitutsPräsidentin Jutta Limbach warnte unter der eingängigen Formel: „Englisch ist ein Muß, Deutsch ist ein Plus“ vor Selbstaufgabe und „Selbsthaß der Deutschsprecher“ und sprach sich für „aktive deutsche Sprachpolitik – im Inland wie im Ausland“ aus. Es soll offenbleiben, ob auf Denglisch ausgerichtete Wissenschaftler als Intellektuelle mit ihrer „eigenen Sprache“ zu wenig vertraut sind oder woher auch immer dieser „Selbsthaß der Deutschsprecher“, historisch auch ein bis zum „Selbsthaß“ gediehener „Deutschlandhaß“ (Ernst Bloch), kommt: Sicherlich ist Englisch sprechen und schreiben inzwischen – so Harald Weinrich – Grundvoraussetzung zur Teilhabe am „geistigen Weltmarkt“ – und doch zugleich ebensowenig wie dieser ein „sinnvolles literarisches Projekt“. Dr. rer. pol. habil. Richard Albrecht ist Sozialwissenschaftler und Kenner des Philosophen Ernst Bloch (1885 bis 1977). Anmerkungen (1) Ernst Bloch: Zerstörte Sprache – Zerstörte Kultur [Juni 1939], in: ders., Vom Hazard zur Katastrophe. Politische Aufsätze 1934 – 1939 (ed. Oskar Negt), Frankfurt/Main 1972, Seite 403-427. Dazu Richard Albrecht: „Zerstörte Sprache – Zerstörte Kultur“ – Ernst Blochs Exil-Vortrag vor siebzig Jahren: Geschichtliches und Aktuelles, in: Bloch-Jahrbuch 13 (2009), 223-240 [= sammlung kritisches wissen 59], mit weiteren Nachweisen. (2) Richard Albrecht: SUCH LINGE. Vom Kommunistenprozeß zu Köln zu google.de, Sozialwissenschaftliche Recherchen zum langen, kurzen und neuen Jahrhundert, Aachen 2008, Seite 5-18, zitiert Seite 12. (3) Ernst Bloch: Zerstörte Sprache – Zerstörte Kultur, hier Seite 405-406. (4) Hans-Joachim Meyer: „dEUtsch?“, F.A.Z., 5. Januar 2005. Die folgenden Professorenzitate nach: F.A.Z., 14. Januar, 8. Februar, 30. Mai, 26. August 2005.

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Seite 10

Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

Affenstarke Werbung für die DEUTSCHE SPRACHWELT Steinfelds Standpauke in der SZ bringt den Sprachschützern Zulauf

ird Deutsch zur Affensprache?“ hatte die DEUTSCHE SPRACHWELT in ihrer vorigen Ausgabe (DSW 39, Seite 1) gefragt. Dies forderte Thomas Steinfeld, der das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung (SZ) leitet und auch die DSW bezieht, zu einer wüsten Beschimpfung heraus. Am 29. März dieses Jahres veröffentlichte Steinfeld an hervorgehobener Stelle den Artikel „Das Deutsch, das Affen sprechen“. In seiner Wut unterliefen Steinfeld mehrere Fehler. In dem folgenden Abschnitt seiner Ausführungen zum Beispiel ist jeder Satz falsch: „Für die deutschen Sprachschützer, die sich im ‚Verein Deutsche Sprache‘ zusammengeschlossen haben, gehört das Wort ‚Service Point‘ zu einem Idiom, das sie ‚Affensprache‘ nennen. ‚Forscher sagen eine starke Verflachung unserer Sprache voraus‘, behauptet ihre Zeitschrift, die Deutsche Sprachwelt, in ihrer jüngsten Ausgabe (Frühling 2010): Anglizismen, ‚Kreolisierung‘, das Schwinden von Genitiv, Akkusativ und unregelmäßigen Verben, das Zusammenziehen von Wortgruppen zu neuen Einzelwörtern – all diese Erscheinungen seien Zeichen einer Entwicklung hin zu ‚Gestik und Grunzen‘, die eben unter diesem Titel ‚Affensprache‘ gefaßt werden müsse.“ VDS und DSW verwechselt Erstens: Die DEUTSCHE SPRACHWELT ist nicht die Zeitschrift des „Vereins Deutsche Sprache“ (VDS). Vielmehr wird sie vom „Verein für Sprachpflege“ herausgegeben. Dieses Mißverständnis entstand möglicherweise dadurch, daß zur Eröffnung des DSW-Artikels der VDS-Vorsitzende Walter Krämer zitiert worden war. Der hat in der Tat des öfteren behauptet, Deutsch verkomme zur „Schimpansensprache“. Zweitens: Die DEUTSCHE SPRACHWELT selbst hatte nicht „Deutsch wird zur Affensprache!“ verkündet, sondern lediglich gefragt: „Wird Deutsch zur Affensprache?“ Am Ende des DSW-Artikels wird die Frage folgendermaßen beantwortet: „Es muß sich weiter herumsprechen, daß Deutsch nicht [!] affig ist.“ An keiner Stelle stand die Forderung, daß etwas unter den Titel „Affensprache“ gefaßt werden muß. Das hat Steinfeld frei erfunden. Außerdem hatten wir geschrieben, daß es „noch lange [!] nicht [!] so weit [ist], daß sich die Deutschen allein durch Gestik und Grunzen verständigen können“ – wie es eben Affen tun. Wir machen allerdings auf Fehlentwicklungen aufmerksam. Diese sind unserer Ansicht nach aufzuhalten. Wenn Steinfeld dann auch noch das Wort „Affensprache“ mit „Negerkultur“ in Beziehung setzt und uns in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken versucht, dann bestätigt er nicht nur das sogenannte Godwinsche Gesetz, das besagt, daß bei einer Diskussion ein Nazivergleich als Totschlagargument mit der Zeit immer wahrscheinlicher wird. Es läßt auch tief blicken, wenn sein Gedanke vom Affen zum Neger springt. Unser Autor, der Schriftsteller Luc Degla, ein Afrikaner aus Benin, der in derselben DSW-Ausgabe die deutsche Politik dazu auffordert, die deutsche

Sprache zu verteidigen, wird über diesen Diskreditierungsversuch sicher herzlich gelacht haben. Steinfeld: „Die Deutsche Sprachwelt lügt!“ Doch damit nicht genug. Steinfeld bezichtigt die DEUTSCHE SPRACHWELT gar der Lüge! Er schreibt: „Es ist eine Lüge, wenn die Deutsche Sprachwelt behauptet, die deutsche Sprache verflache zusehends.“ Tatsächlich stellen wir eine Sprachverdrängung und Sprachverflachung fest. Ist die Allgegenwart von „SALE“ eine

„Sprachwahrer des Jahres“ wählten. Er liefert damit selbst den besten Beweis dafür, daß er im Unrecht ist, wenn er meint, wir würden die gegenwärtigen Leistungen deutscher Sprachkünstler nicht zur Kenntnis nehmen. Steinfeld möge aber einmal seine Bücher aus der Hand legen und sich dorthin begeben, wo das Volk lebt. Dann müßte er zum Beispiel sein Fehlurteil von der für ihn nur „scheinbare[n] Anglifizierung der Eisenbahn“ berichtigen. Vielleicht könnte er auch über seinen Schatten springen, die Nazikeule in den Schrank stellen und die Sprachkritik ernstnehmen. Empörung über Steinfelds Schelte

Lüge? Ist das Stammeldeutsch vieler Großstadtjugendlicher eine Lüge? Ist die Verdrängung der deutschen Sprache aus den Universitäten eine Lüge? Ist die doppelte Halbsprachigkeit vieler Einwanderer eine Lüge? Log Horst Dieter Schlosser? Denn der Sprecher der „Sprachkritischen Aktion Unwort des Jahres“ erklärte am 28. November 2003 gegenüber dpa: „Ich habe es an der Universität mit angehenden Deutschlehrern zu tun, die reihenweise Rechtschreibfehler machen und beispielsweise noch nie etwas von der Vorvergangenheit (Plusquamperfekt) gehört haben.“ Schlosser plante damals ein Buch „Deutsch für Deutschlehrer“. Log Ulrich Wickert? Er schrieb nämlich am 19. November 2009 in der Frankfurter Allgemeinen: „Wenn es um die Sprache geht, bedauere ich, daß nur noch wenige Autoren von Stücken für ‚Tagesschau‘ und ‚Tagesthemen‘ oder für ‚heute‘ und ‚heute-journal‘ den Satzbau beherrschen.“ Es ist die Frage, worauf wir den Blick richten. Es gibt Orte, an denen die deutsche Sprache blüht, und Orte, an denen sie verkümmert. Steinfeld selbst hat am 26. Mai 2008 in der Süddeutschen eine „zunehmende Unfähigkeit, sich auf deutsch auszudrücken“ beobachtet und festgestellt, daß „in der Öffentlichkeit immer weniger und immer schlechteres Deutsch gesprochen wird“. Am 3. Dezember desselben Jahres schrieb Steinfeld ebendort: „Die Wahrheit über die deutsche Sprache aber ist, daß viele Deutsche schon lange nicht mehr auf deutsch sagen, geschweige denn schreiben können, was sie sagen oder schreiben wollen. Und das ist bei weitem nicht nur ein Phänomen von Unterschichten, sondern auch und gerade der Eliten“. Meint er etwa heute, er habe damals gelogen? Steinfeld unterstellt uns jedoch, wir würden behaupten, es werde überhaupt kein gutes Deutsch mehr geschrieben, und ruft: „Wer so etwas sagt, offenbart nur, daß er nichts liest“. Als Gegenbeweis führt er dann an, daß es auch heute noch Autoren gibt, die Bücher in gutem Deutsch schreiben. Wer hätte das bestritten! Steinfeld nennt als Gewährsmann ausgerechnet Martin Mosebach, den die Leser der DEUTSCHEN SPRACHWELT wegen seiner Sprachkunst vor einigen Jahren zum

Zahlreiche Sprachfreunde empörten sich über Steinfelds Artikel und schrieben Leserbriefe an die SZ. Aufgrund des Widerspruchs war die Süddeutsche dazu gezwungen, noch zweimal über den Gegenstand zu berichten: Zum einen gab es eine Teilrichtigstellung am 3. April, zum anderen gab es am 16. April unter der Überschrift „Deutsch ins Grundgesetz!“ Stellungnahmen auf der Leserbriefseite. Bleibt zu hoffen, daß die Redakteure der Süddeutschen bei der nächsten Gelegenheit sorgfältiger sind. Aber die Geschichte geht noch weiter und kommt zu einem weit besseren Ende. Zu verbuchen sind jedoch zunächst zwei weitere Falschmeldungen. Wie bei der „Stillen Post“ nahm der Wahrheitsgehalt bei der Weitergabe weiter ab. Das Deutschlandradio brachte zum einen die Meldung: „SZ kritisiert Verein Deutscher [!] Sprache“. Zum anderen berichtete Maximilian Steinbeis im selben Sender genauso ungeprüft in der „Kulturpresseschau“: „Wie man sich als Feuilletonist von falschen Freunden befreit, führt auf mustergültige Weise die ‚Süddeutsche Zeitung‘ vor. Dort sitzt Thomas Steinfeld über die linguistischen Tugendwächter vom ‚Verein Deutsche Sprache‘ zu Gericht. Dessen

Ecke Sprachsünder

W

Organ ‚Deutsche Sprachwelt‘ hat in seiner jüngsten Ausgabe dem Deutsch der Zukunft eine ‚Verflachung, Kreolisierung‘ und ‚Entwicklung hin zu Gestik und Grunzen‘ prophezeit und diese düstere Vision in dem Begriff ‚Affensprache‘ zusammengefaßt – eine Entgleisung, die sich Steinfeld mit Hingabe vorknöpft.“ Richtigstellung im Deutschlandradio Also wurde wieder eine Richtigstellung fällig. Während der VDS die eine Falschmeldung beanstandete, forderte die DEUTSCHE SPRACHWELT die Korrektur der anderen in der Presseschau. Das Deutschlandradio kam den Sprachfreunden weit entgegen und stellte zweimal richtig: Am 1. April erhielt DSW-Schriftleiter Thomas Paulwitz als „Wiedergutmachung“ im „Feuilletonpressegespräch“ zur besten Sendezeit die Gelegenheit, zehn Minuten lang über den wirklichen Inhalt des DSW-Artikels zu sprechen. Dieses Gespräch hatte durchschlagenden Erfolg, denn es bescherte der DEUTSCHEN SPRACHWELT sofort rund einhundert neue Bezieher! Ein paar Tage später, am 9. April, brachte das Deutschlandradio die Meldung „Verein Deutsche Sprache rügt SZ wegen falscher Zitate“. Diese Erfahrungen sollten uns bestärken, abwertende Artikel nicht einfach hinzunehmen. Ein Abteilungsleiter des Deutschlandradios schrieb uns: „Wie es scheint, hat die SZ zumindest diesmal in mehrerlei Hinsicht keine gute Arbeit gemacht und es geschafft, gleich zwei sprachpflegende Verbände zu verärgern. Ich sehe, daß Sie sich des Fragezeichens bedient haben und auch nicht behauptet haben, Deutsch verkomme zur Affensprache. ... Ich lerne daraus, daß wir uns noch mehr um das Thema Sprache, aber auch um die aktiven Verbände kümmern sollten, einfach um immer wach zu sein.“ Mögen möglichst viele Medien diesem Beispiel folgen! (dsw)

Deutsche Wortwelt Das entbehrliche Fremdwort Public Viewing Auch diese Weltmeisterschaft verschonte uns nicht damit. Eigentlich ist „Public Viewing“ kein Fremdwort, sondern ein deutscher Pseudoanglizismus. Der Gipfel war dann das „öffentliche Public Viewing“ zur WM. Warum nicht öffentliches Fernsehen, Fußballkino, Rudelgucken und so weiter? Das richtig geschriebene Wort seid/seit Seit die Seite ging zum Streite, sagen wir Euch: Seid wie Seide! Seither seid Ihr gescheit und nicht im Streite gescheitert. Seit dieser Zeit seid Ihr bereit und stehet Seit’ an Seit’. Das treffende Wort einzig Es gibt Dinge, die sind so einzigartig, die kann man nicht mehr steigern. Von Superlativitis befallene Zeitgenossen tun es leider trotzdem und machen das Einzige zum „Einzigsten“. Womöglich zählen sie dann auch noch einzig, zweizig, dreizig, vierzig … „Einzigst“ ist des Guten zuviel! Das richtig gebeugte Wort gewiegt/gewogen/gewägt/gewagt Der Metzger hat erst gewägt, ob er’s tun soll, dann es mutig gewagt, falsch gewogen und sich doch in Sicherheit gewiegt – bis es dem Kunden doch auffiel. Merke: Erst wägen, dann wiegen! Das wiederentdeckte Wort betören Ein Tor ist ein Dummkopf, einer, der möglicherweise durch Betörung zum Toren wurde. Doch betört zu werden macht heutzutage nicht jedesmal gleich töricht, sondern lediglich verliebt, wobei die beiden Eigenschaften voneinander nicht immer streng getrennt werden können. Welche weiteren Wörter sollten in dieser Wortwelt stehen? Schreiben Sie uns!

An dieser Stelle stellen wir Sprachsünder vor, die besonders unangenehm aufgefallen sind, und rufen unsere Leser zum Protest auf

Vater? Mutter? Elter!

Die Schweizerische Bundeskanzlei als Sprachpolizei

D

ie Schweizerische Bundeskanzlei hat in Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften einen „Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren im Deutschen“ erstellt, der kürzlich in zweiter Auflage erschienen ist. Bereits am 7. Juni 1993 hatte der Bundesrat die „sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter“ in der Gesetzes- und Verwaltungssprache beschlossen. Das Sprachengesetz vom 5. Oktober 2007 hält in Artikel 7 Absatz 1 ausdrücklich fest: „Die Bundesbehörden bemühen sich um eine sachgerechte, klare und bürgerfreundliche Sprache und achten auf geschlechtergerechte Formulierungen.“ Und so soll diese geschlechtergerechte Sprache aussehen: Statt „Anfängerkurs“ soll es „Kurs für Anfängerinnen und Anfänger“ heißen, aus dem „Besucherparkplatz“ wird der „Gästeparkplatz“, aus dem „Lehrerzimmer“ das „Teamzimmer“, aus dem „Mitarbeitergespräch“ das „Personalentwicklungsgespräch“. Den besonderen Unmut der Bundeskanzlei zog der „Fußgängerstreifen“ auf sich, der zum „Zebrastreifen“ werden soll, obwohl er in der Schweiz nicht schwarz-weiß, sondern schwarz-gelb gestreift ist. Nadine Wenger, Projektmitarbeiterin bei der Fachstelle für die Gleichstellung von Frau und Mann

in Bern, fiel es wie Schuppen von den Augen: „Mit dem Wort Fußgängerstreifen sind nur die Männer gemeint!“ Frauen fühlten sich benachteiligt: „Wenn man es genau nimmt, ist es eine Diskriminierung.“ Den Schweizer Beamten wird außerdem ein feministisches Rollenbild eingeschärft. Statt „die Frau betreut die Kinder, und der Mann geht einer Erwerbsarbeit nach“ werden sie angewiesen zu schreiben: „die Eltern kümmern sich gemeinsam um die Kinder und sind beide erwerbstätig“. Sollte nur von einem Elternteil die Rede sein, also von Vater oder Mutter, empfiehlt die Bundeskanzlei, das Geschlecht unkenntlich zu machen. Als Möglichkeit einer „geschlechtsabstrakten Bezeichnung“ schlägt der Leitfaden das Wort „Elter“ vor. (dsw) Fragen Sie die Schweizerische Bundeskanzlei, warum sie dem Volk diese wirklichkeitsfremde Sprache aufzwingen will, und lassen Sie uns bitte ein Doppel zukommen: Sprachsünderin Bundeskanzlerin Corina Casanova, Schweizerische Bundeskanzlei, Informationsdienst Bundeshaus West, CH-3003 Bern, Telefon +41-(0)31-3222111, Telefax +41-(0)31-32237-06, [email protected]

Anstöße

Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

Sprachschützer trifft Kulturredakteur Von Rolf Zick

Streitgespräch bei der Aktion Deutsche Sprache

E

in kontroverses Streitgespräch über den „Zustand der deutschen Sprache zu Beginn des 21. Jahrhunderts“ gab es beim Sprachtreff der Aktion Deutsche Sprache (ADS) am 11. März in Hannover. Der Leiter der Kulturredaktion der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, Roland Meyer-Arlt, und das ADS-Vorstandsmitglied Wolfgang Hildebrandt saßen sich gegenüber. Meyer-Arlt erklärte zunächst, er wisse nicht, woran er „den Zustand der deutschen Sprache dingfest machen“ könne, und vertrat die Meinung, man brauche keine Angst vor Anglizismen zu haben, sie hätten noch keiner Seite geschadet. Daher plädierte er für einen spielerischen Umgang mit der Sprache. Auf der anderen Seite setzte sich der ADS-Vertreter Hildebrandt als ehemaliger Englisch-Lehrer dafür ein, mit allen Mitteln gegen die Verhunzung und Vermischung der deutschen Sprache mit Anglizismen und gegen den Sprachmischmasch „Denglisch“ zu kämpfen. Wer nicht wisse, woran man den Zustand der deutschen Sprache dingfest machen könne, solle doch einfach einmal in die Zeitung schauen, sagte Hildebrandt. Anhand eines kurzen Lichtbildvortrages versuchte er anschließend, den Stand

der Dinge genauer zu beleuchten: den Verfall in der Grammatik (zum Beispiel Verlust des Konjunktivs und des Präteritums, also der einfachen Vergangenheit, die englische Satzstellung bei „weil“-Sätzen und so weiter), die katastrophalen Rechtschreibkenntnisse bei den Schülern (und den Zeitungsmachern), zu sehen aber auch in der Öffentlichkeit, das unkontrollierte Einfließen völlig überflüssiger Angloamerikanismen und die Darbietung der englischen Sprachwelt durch unsere Medien (zum Beispiel die Aussprache von Beirut und Hawaii, die englische Schreibweise Tokyo, El Kaida). Während Meyer-Arlt darauf hinwies, daß sich die Zeitung an das veränderte Sprachverhalten der Leser anpassen müsse, warnte Hildebrandt davor, das Niveau noch weiter zu senken, denn es habe zum Teil jetzt schon den Stand derjenigen Menschen erreicht, die ohnehin keine Zeitung mehr lesen (können). Diese Erfahrungen habe er als Lehrer machen können, da er sich mehrmals an dem Projekt „ZiSch“ (Zeitung in der Schule) beteiligt hatte. Hildebrandt konnte sich der Unterstützung der Zuhörer gewiß sein, die sich immer wieder in die außerordentlich lebhafte Diskussion einschalteten.

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Kein „Spirit“ in „Hoywoj“ Spurensuche anläßlich des 100. Geburtstags Konrad Zuses Von Diethold Tietz

M

it zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen soll dem Computerpionier gedacht werden“, titelte „News>Business“ am 20. April dieses Jahres zur offiziellen Eröffnung des Konrad-Zuse-Jahres in Berlin. Nun ja, spätestens seit Bastian Sick erleben wir bewußt die Vergänglichkeit des Genitivs. Daß der lateinische „computator“ nichts anderes als „Rechner“ bedeutet, ist in DSW 37, Seite 10, nachzulesen. Der vor einhundert Jahren geborene Zuse führte am 12. Mai 1941 mit seinem Z3 den ersten funktionsfähigen Rechner vor, der – wie auch heute noch jeder moderne Rechner – nach dem Prinzip der binären Gleitpunktrechnung arbeitete. Damals pröbelten einige US-Amerikaner noch erfolglos herum, Bill Gates (Microsoft) und Steve Jobs (Apple) erblickten das Licht der Welt gar erst vierzehn Jahre nach dem deutschstämmigen Z3. Warum also flüchten wir aus unserer Sprache, indem wir „computern“? So hieß die Eingabetaste auf Zuses Rechnern zum Beispiel nicht „enter“, sondern „weiter“. In vielen seiner ehemaligen Wirkungsstätten wird Zuse anläßlich seines hundertsten Geburtsjubiläums mit Festveranstaltungen, wissenschaftlichen Konferenzen und Sonderausstellungen geehrt. Zuse lebte in seiner Jugend von 1923 bis 1928 in Hoyerswerda. (Auf obersorbisch: Wojerecy. Die Städtebezeichnungen beider Sprachen sind übrigens mundartlich zu „Hoywoj“ verschmolzen.) Als Zuse 1992 unverhofft beim Hoyerswerdaer Bürgermeister auftauchte, um sich „seine“, also die nach ihm benannte Straße anzusehen, hatte der Bürgermeister sofort Zeit. Diesem Besuch sollten noch einige

Einsendeschluß für den Wettbewerb verschoben

weitere folgen. So trug er sich 1993 in das Goldene Buch der Stadt ein, enthüllte 1995 eine Gedenktafel an der ehemaligen elterlichen Wohnung und erhielt im gleichen Jahr die Ehrenbürgerwürde. Im September 1995 weihte er das Konrad-Zuse-Computermuseum ein. Als er einmal gefragt wurde, ob sein Name in Hoyerswerda verwendet werden dürfe, antwortete er in seiner humorvollen Art: „Ja, nutzen Sie meinen Namen schamlos aus.“ Konrad Zuses Tod am 18. Dezember 1995 ließ weitere Vorhaben unvollendet. Sein Erbe lebt natürlich weiter. So beschloß der Stadtrat im Juni 2001 einstimmig die Stiftung einer „Konrad-Zuse-Medaille“. Einer der ersten Geehrten war 2003 der frühere Bundespräsident Roman Herzog. Warum die aus diesem Anlaß herausgegebene Broschüre den Titel „Konrad-Zuse-Event in der Konrad-Zuse-Stadt Hoyerswerda“ trägt, weiß wohl nur der Herausgeber, die Kurt-Pauli-Stiftung in Remagen-Rolandseck. Der Sprachrettungsklub Bautzen/ Oberlausitz (SRK) ergriff im Auftrag der DEUTSCHEN SPRACHWELT die Gelegenheit, ein Gespräch mit Horst-Dieter Brähmig zu führen, dem Oberbürgermeiser der Stadt Hoyerswerda von 1994 bis 2006. Dieser Mann ist aus mehreren Gründen ein willkommener Gesprächspartner: Er ist unser guter Bekannter. Während seiner Amtszeit setzte er sich stets und ständig für unsere Muttersprache ein. Dafür verlieh ihm der SRK anläßlich seines altersbedingten Abschieds vom Amt das Zertifikat: „Ich spreche die Sprache unserer Bürger“. Unvergessen bleibt ein Gespräch mit Brähmig auf dem

Vereinstreffen „Markt der Möglichkeiten“ um 2002. Wir drückten unser Befremden aus, daß es in „Hoywoj“ einen Verein namens „Spirit of Zuse“ gibt. Er gelobte Abhilfe. Inzwischen ist Brähmig Vorsitzender des Vereins, der nunmehr den Namen „KonradZuse-Forum Hoyerswerda“ trägt. Schmunzelnd weist Brähmig darauf hin, daß im Verein auch früher weder geisterhafte Spiritisten saßen, noch Spirituosen eine besondere Rolle spielten. Bei der Wahl des neuen Namens stand übrigens der Informatiker Horst Zuse Pate, der Sohn Zuses. Er argumentierte, daß sich „Hoywoj“ vortrefflich als Marktplatz (Forum) eignet, auf dem jeder etwas beitragen kann. Brähmig, der viel vom Geist Zuses in der Stadt verankerte, wurde auch zu einem engen Vertrauten des vielfach Geehrten, vielleicht gar zu einem Freund. Von mancher Anekdote und überlieferten Lebensweisheit Zuses weiß er zu berichten. Zum 85. Geburtstag besuchte Brähmig den Jubilar. Seiner Verwunderung, warum er keinen Rechner sehe, begegnete Zuse mit den Worten: „In mein Haus kommt so ein Ding nicht, hier herrscht Ruhe und Ordnung“. Allerdings fand sich dann doch noch im Dachstübchen ein Übungsmodell. Immer wieder betonte Zuse, er selbst sei zu faul zu rechnen, man müsse die Menschen von solchen Routinetätigkeiten befreien. Zuse blieb zeit seines Leben „normal“, wurde nie skurril. Wir verdanken ihm zahlreiche Lebensweisheiten. Er war der Meinung, der Rechner sollte nicht mißbraucht werden, sondern die Kommunikation verbessern. Schließlich: „Nichts ist endlich, es muß weitergearbeitet werden.“

Vom Quantensprung zum Tantensprung

N

ach originellen und leicht verständlichen deutschen Marken- oder Produktnamen aus Handel, Handwerk, Industrie und Dienstleistungsgewerbe wird weiterhin gesucht. Die Rossmann-Kundenzeitschrift „Centaur“ und die „Aktion Deutsche Sprache“ haben den Einsendeschluß für den Wettbewerb bis zum 30. November 2010 verschoben. Eingereicht werden können selbst aufgenommene Produktfotos oder Produktabbildungen aus Zeitungsanzeigen und Werbeprospekten. Ein unabhängiges Preisgericht aus verschiedenen Vereinen, die sich der Pflege und Erhaltung der deutschen Sprache verschrieben haben, wird die besten Vorschläge bewerten. Es winken schöne Preise aus dem Rossmann-Sortiment sowie ADSBuchprämien (siehe DSW 39, Seite 11). (ros/ads)

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Sprachkritik aus naturwissenschaftlicher Sicht (3) Von Günter Körner

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Einsendeanschrift Aktion Deutsche Sprache e. V., Stichwort „Werbesprüche“, Lothringer Straße 33 B, D-30559 Hannover. Elektronische Einsendungen an: [email protected].

er Quantensprung ist in der Femtophysik die Modellvorstellung eines unstetigen Vorgangs ohne Zwischenzustände. Der „Sprung“ überbrückt Minimalabstände in der Raumzeit. Quanten seien kleinste Portionen der uns umgebenden Wirklichkeit. Daher fußt die semantische Bedeutung des Begriffs Quantensprung für großen Fortschritt auf einer Fehlinterpretation. Umgänglich sprechend ließe sich das Wort Quantensprung treffender wohl dort einsetzen, wo ein scheinbar unerhebliches Schlüsselereignis eine

enorme Veränderung bewirkt hat. Also ziele man mit „Quantensprung“ besser auf die Ursache, statt auf das Ergebnis, wie etwa auf die Kreation des Minirocks von Mary Quant. Käme die Herleitung vom alltäglich verwendeten Quantum als erhebliche Menge, könnten die Wortabnutzer sorglos schwadronieren. Allerdings gibt es nun die (etymologisch falsche) Rechtschreibung Quäntchen, bezogen auf Quantum, statt (richtig) Quentchen, bezogen auf Quent als kleines Gewicht. Möglicherweise

stammt der fragliche Begriff von einem kobolzenden Portamento, dessen Quartensprung nur falsch gelesen worden ist, oder der sogar einen Quintenschritt gemeint hat? Große Sprünge mit einer Quantessenz zu wagen, ergäbe letztlich Käsequanten. Denn, „Wie groß ist dein Fuß?“ erfragen Lateiner mit „quantus?“ Sie erhalten die Antwort „tantus!“ – So groß!“ Somit unternehme man im Wissen um die Reichweite des zu feiernden Hüpfers genau einen Tantensprung!

Grazer Tagung „Sprachpolitik und Sprachkultur in Europa“ V

om 23. bis 24. April dieses Jahres richtete die Interessengemeinschaft Muttersprache in Graz eine gut vorbereitete und hochkarätig besetzte internationale Tagung aus (vergleiche DSW 39, Seite 2). Besonders lehrreich waren die Beiträge aus dem fremdsprachigen Ausland. Livia Adamcova von der Wirtschaftsuniversität Preßburg berichtete über den Zustand der deutschen Sprache in der Slowakei. Dabei bemängelte sie, daß sich die deutsche Sprache

in Deutschland zu schnell wandelt und die Eliten auf Englisch ausweichen. Die Deutschlehrer im Ausland sehen sich somit oftmals als Bewahrer einer Kultur, die im deutschen Sprachraum zu wenig gepflegt werde. Sie fragen sich allerdings, warum sie Englisch lernen müssen, um Deutsch unterrichten zu können. Die ungarische Gerichtsdolmetscherin Tünde Primus-Kövendi beklagte eine zunehmende Verarmung der ungarischen Sprache in Grammatik

und Aussprache. Marjeta Humar aus Laibach vom Fran-Ramovš-Institut für slowenische Sprache berichtete, daß in Slowenien mittlerweile kaum noch eigensprachliche Fachausdrücke entwickelt werden und die Wissenschaftssprache nach und nach englisch wird. Sie forderte eine schnellere Slowenisierung englischer Bezeichnungen. Odile Canale aus dem französischen Bildungsministerium erläuterte schließlich die französische Sprachpolitik.

Die Tagung bot außerdem für die Redner und Teilnehmer aus dem deutschen Sprachraum die Gelegenheit, die bestehenden Verbindungen weiter zu vertiefen. Zwischen dem Wiener Verein Muttersprache, der Grazer IG Muttersprache, dem Verein Deutsche Sprache und der DEUTSCHEN SPRACHWELT fanden auf diese Weise auch am Rande der Tagung fruchtbare Gespräche statt. Bereichernd wirkte auch die Beteiligung des österreichischen Bundeskanzleramts und des Mannheimer

Instituts für deutsche Sprache. Dessen ehemaliger Leiter Gerhard Stickel glaubt, daß die Anglisierung ihren Höhepunkt überschritten habe. Er beklagt jedoch den sich abzeichnenden Domänenverlust, der für ihn problematischer sei als einzelne Anglizismen. Für den Gedanken, Terminologiekommissionen für deutsche Fachausdrücke zu gründen, zeigte er sich jedoch aufgeschlossen. Die Tagungsbeiträge werden voraussichtlich in einem Sammelband veröffentlicht. (dsw)

Bunte Seite

Seite 12

Deutsche Sprachwelt_Ausgabe 40_Sommer 2010

Die DSW in der Presse Eine BILD-Ausgabe ohne Englisch Die größte deutsche Tageszeitung folgt dem Aufruf der DEUTSCHEN SPRACHWELT

Die Nachrichtenagentur AP meldete am 25. Juni 2010:

Sprachzeitschrift: Am Wochenende auf Anglizismen verzichten rlangen (apn) – Anläßlich der WM-Achtelfinalpartie der deutschen Nationalelf am Sonntag gegen England hat die Zeitschrift „Deutsche Sprachwelt“ die Bundesbürger dazu aufgerufen, am Wochenende auf Anglizismen und englischsprachige Lieder zu verzichten. „Setzen wir ein Zeichen, daß Deutschland hinter der deutschen Mannschaft und hinter der deutschen Sprache steht“, forderte der Chefredakteur der Sprachzeitschrift, Thomas Paulwitz, am Freitag. Am Wochenende soll es demnach kein Public Viewing geben, sondern „öffentliches Fernsehen“ oder „Rudelgucken“. Hörfunksender sollten deutsche Lieder spielen, Zeitungen englische Fremdwörter unterlassen. Die Forderung nach stärkerem Sprachbewußtsein begründete die Sprachzeitung damit, daß die „Aufstellung Deutschlands“ sprachlich mangelhaft sei. Das „schwarz-rot-goldene Bekenntnis zur Nation“ sei unvollständig, wenn „gleichzeitig in die deutsche Sprache gegrätscht“ werde, die doch das Hauptidentitätsmerkmal der Deutschen sei. Die Berliner Morgenpost berichtete am 26. Juni 2010:

„Keine Kriegsrhetorik“ Vor dem WM-Achtelfinale zwischen Deutschland und England hat die Zeitung „Deutsche Sprachwelt“ die englische Presse zum Verzicht auf Kriegsrhetorik aufgerufen. „Die Weltmeisterschaft ist nicht der Zweite Weltkrieg, und die deutsche Mannschaft ist keine Kriegsmaschine“, betonte Chefredakteur Thomas Paulwitz in Erlangen. Die Deutschen seien in dem Spiel zwar Gegner, aber keine Feinde der Engländer.

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ereits im Achtelfinale hatte die diesjährige Fußball-Weltmeisterschaft ein Spitzenspiel. Am Sonntag, 27. Juni, trafen die Mannschaften von England und Deutschland aufeinander. Kurz vor diesem gefühlsgeladenen Spiel rief die DEUTSCHE SPRACHWELT ganz Deutschland dazu auf, das ganze Wochenende auf Anglizismen zu verzichten. Denn das fröhliche schwarz-rot-goldene Bekenntnis zur Nation bleibe unvollständig, wenn gleichzeitig in die deutsche Sprache gegrätscht werde; ist sie doch die wichtigste Identitätsstifterin der Deutschen. Miesepetrige Beiträge von Journalisten, die keinen Spaß verstehen, wie zum Beispiel wieder einmal Frauke Adrians, blieben die Ausnahme. Sie giftete in der Thüringer Allgemeinen böse: „Selbsternannte Sprachschützer zeichnen sich nicht selten durch ein gestörtes Verhältnis zur deutschen Sprache aus. Bei Thomas Paulwitz, dem Chefredakteur des Deutschschützerorgans ‚Deutsche Sprachwelt‘, liegen offenbar weitere Fehlfunktionen vor.“ So etwas muß sich anhören, wer sich für die deutsche Sprache einsetzt.

Alles klar auf der Andrea Doria? Udo Lindenberg erhält den Kulturpreis Deutsche Sprache

Von Wolfgang Hildebrandt

P

anik-Rocker Udo Lindenberg, der Denglisch jedoch ist genau der Stoff, erfolgreichste deutsche Rockmu- dessen Bekämpfung (nicht nur) der siker, bekommt am 23. OkVDS „auf seine Fahne geschrieben hat“. tober den mit 30.000 Euro Da scheint wohl einigen Juroren das ausgestatteten Jacob-Grimmunter seinem Schlapphut hervorgePreis. Diese Auszeichnung quetschte denglische Nuscheln wurde vom Verein Deutsche nicht so richtig aufgefallen Sprache (VDS) und der zu sein – wem wäre das nicht Eberhard-Schöck-Stiftung zu verzeihen! Oder sie trufür Personen geschaffen, gen die dunkle Brille, die die sich um die deutsche eigentlich Udo vorbehalten Sprache verdient gemacht ist. Dennoch – einem Jonny haben. Und so erklärten Controlletti unter den Preisdie Preisrichter: „Udo Linrichtern wäre es auf jeden Fall denberg hat gezeigt, daß anaufgefallen, und er hätte wahrspruchsvolle, schöne Rock-Texte scheinlich verhindert, daß er für in deutscher Sprache möglich sind seine ganzen „actions“ so mördeund außerordentlich erfolgreich risch viel „money“ bekommt. sein können.“ Damit ist Lindenberg der erste Musiker, der mit dem Auch andere Sprachsünden wären höchstdotierten deutschen Sprachihm wohl aufgestoßen, die weniger preis geehrt wird und in einer Reihe mit Denglisch zu tun haben, aber bisheriger Preisträger wie Cornelia genauso „auf den Keks gehen könFunke, Günter de Bruyn, Loriot Bild: Sven Sindt nen“, wie sich Lindenberg wohl und Frank Schirrmacher steht. ausdrücken würde. Dazu gehört unter anderem sein zur Masche gewordenes VoHallöchen, Udo Lindenberg, da schla- kabular, wie zum Beispiel Panikorchester gen nun die Wellen der Kritik ziem- (seine Gruppe), Panikzentrale (sein Holich hoch. Denn betrachtet man seine tel), Panikpräsident (er selbst) oder Obermit Englisch durchmischte Sprache, indianer Honecker – schimmert da nicht muß die Frage doch erlaubt sein, was ein gehöriger Schlag Kindlichkeit durch? überhaupt noch als Deutsch bezeichnet werden darf oder soll. In dem Lied Wie auch immer – es sei ihm gegönnt, „Baby, wenn ich down bin“, in dem es dem Nuschelpapst Udo, denn trotz unter anderem heißt, „Yes, we’ve seen seiner „easy language“ gibt es keinen the good times and the bad times too, Grund zur Panik auf der Titanic. Denn there where cold and windy roads to die Tatsache, mit seinen Liedern die go“ oder „I stood by you through thick deutschsprachige Rockmusik geprägt and thin and I’m standing by you still, und damit bewiesen zu haben, daß witcause I love you, yes, I love you – I zige, freche und kritische Rock-Texte always will“, erscheint eine Sprache, in deutscher Sprache möglich sind und die ich bisher als Englisch bezeichnet außerordentlich erfolgreich sein könhatte, mindestens aber als Denglisch! nen, ist unumstößlich. Auch wenn dieMuß ich jetzt umlernen? se, so das Nachrichtenmagazin „Der

DSW-Silbenrätsel

Spiegel“, „nicht umstürzlerisch und, wenn’s drauf ankommt, schön brav“ sind. Immerhin ist es ihm gelungen, „als erster die deutsche Sprache mit einer der wichtigsten kulturellen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts zu versöhnen, mit dem angloamerikanischen Rock ’n’ Roll“, so die Badische Zeitung am 20. Mai dieses Jahres. Somit ist für ihn wieder einmal „Alles klar auf der Andrea Doria“. – Kommt da nicht Freude auf?! Nicht jedoch auf dem sinkenden Sprachschiff Deutschland, denn anscheinend gibt es auf dem keine anderen Persönlichkeiten mehr, die eines solchen Sprachpreises würdig sind. Auf dem scheinen, anders als in der christlichen Seefahrt, nicht die Ratten das Schiff verlassen zu haben, sondern diejenigen, die noch in der Lage wären, das Steuer herumzureißen. Den Preis an den jetzigen Träger zu verleihen, zeigt, wie das auf allen Weltmeeren bekannte Sprachschiff Deutschland zu einer Barkasse abgetakelt zu werden droht, die im Meer des Englischen nur noch dahindümpelt und stark gefährdet ist, bald ganz abgewrackt zu werden. Dabei lobt der VDS auch einen Institutionenpreis aus, für den die Udo-Lindenberg-Stiftung ein würdiger Preisträger gewesen wäre. Deren Ziel ist die Förderung „junger Texter und Musiker durch Wettbewerbe, um neue Wege gegen das Mitmarschieren in der Masse zu suchen, provokant zu schreiben und sich nicht anzupassen an den SuperstarSchrott“. Eine Auszeichnung dieser Art hätte manch einem die durch die gewagte Verbindung der Leistung Udo Lindenbergs mit der Jacob Grimms entstandenen Bauchschmerzen erspart.

Bei Deutschlands größter Tageszeitung fiel der DSW-Aufruf jedoch auf fruchtbaren Boden. Die Nachrichtenagentur dts gab BILD-Chefredakteur Kai Diekmann mit den Worten wieder: „Am Sonntag werden die deutschen Fußballer England BILD vom 28. Juni rauswerfen. Deshalb haben wir chen. Ob es überhaupt heute schon mal die englischen einem Leser auffiel, daß Wörter rausgeworfen. Wir stehen nicht mehr von „Hannicht nur hinter der deutschen dys“ sondern von „MoMannschaft sondern auch hinter biltelefonen“ die Rede der deutschen Sprache.“ Damit war? Aus „WM online“ schloß sich Diekmann den Worwurde „WM im Netz“. ten von Sprachwelt-Schriftleiter „Internet“ wurde auch Thomas Paulwitz an, der in einer Presseaussendung gefordert BILD vom 26. Juni sonst allgemein durch „Netz“ ersetzt, die „Ehatte: „Setzen wir ein Zeichen, daß Deutschland hinter der deutschen Mail“ durch „Elektronische Post“. Mannschaft und hinter der deutschen Der „Frauenbetörer“ löste den „WomaSprache steht!“ nizer“ ab. „Das klingt manchmal etwas Bereits vor vier Jahren hatte Paulwitz antiquiert (‚Unterhaltungsgeschäft‘), die BILD-Zeitung, die ihn am 9. Mai aber viel öfter wie Musik in den Oh2006 zur Blattkritik eingeladen hatte, ren“, schwärmte BILD-Redakteurin wegen der großen Zahl entbehrlicher Kathrin Ludwig, deren Rubrik „In & Anglizismen gerügt. Diekmann hatte Out“ für diesen Tag in „Angesagt & damals versprochen, die Zahl der An- Abgesagt“ umbenannt wurde. Walter glizismen gering zu halten, jedoch um Krämer vom Verein Deutsche SpraVerständnis gebeten, daß bestimmte che war jedenfalls so begeistert, daß englische Ausdrücke wegen ihrer Kür- er noch am Sonntag Diekmann für den ze für Schlagzeilen handlicher seien nächsten Kulturpreis Deutsche Sprache vorschlug. Doch eine Schwalbe macht (siehe DSW 24, Seite 10). noch keinen Sommer, sagt ein SprichDoch am 26. Juni bewies Diekmann wort, denn die Frage bleibt, warum es selbst, daß es möglich ist, ohne An- denn nicht immer auf deutsch geht. glizismen auszukommen. Auf der Titelseite verkündete BILD stolz: „In Die sprachliche Unterstützung für dieser Ausgabe steht kein einziges die deutsche Nationalmannschaft hat englisches Wort!“ BILD zeigte ein- allerdings zumindest nicht geschadet. drucksvoll, daß die angeblich ach so Das Spiel endete 4:1 für Deutschland. unersetzlichen englischen Fremdwör- Auch von den Schultern der BILDter doch entbehrlich sind. Auch ge- Redakteure muß eine Last gefallen stalterisch gab es keine Einbußen, als sein, denn tags darauf titelte BILD: zum Beispiel die „WM-News“ den et- „Jungs, we love you!“ und „Thank was längeren „WM-Nachrichten“ wi- you, Fußballgott!“ (dsw)

Zum Geburtstag kein Congratulation … … sondern einen herzlichen Glückwunsch! Zehn Jahre DEUTSCHE SPRACHWELT – wenn das kein Grund zum Feiern ist! Daher gratuliere ich von dieser Stelle aus herzlich. Möge diese Zeitschrift auch weiterhin die heftigen Stürme, die immer wieder durch den deutschen Blätterwald wehen und schon viele Bäume entwurzelt haben, überstehen. Einer dieser Stürme, die über Deutschland, Österreich und die Schweiz hinwegfegten, der starke Spuren hinterließ, indem er manch ein Blatt bis zur Unleserlichkeit veränderte, war die Rechtschreibreform. Ein weiterer, verheerende Flurschäden in der deutschen Sprache hinterlassender Sturm, unterstützt durch ein allgemeines sprachliches Tief, ist das Denglisch, das durch das Durcheinanderwirbeln von Deutsch und Englisch entsteht. Ein Grund mehr, der DSW zu danken, da mit ihr vor nunmehr zehn Jahren ein bis heute bestehendes Forum geschaffen wurde, das sich diesem Sturm entgegenstemmt. Es gibt den Lesern Mut,

die nicht verstehen können, wieso ein Volk systematisch die Zerstörung der Muttersprache durch eine überflüssige Rechtschreibreform und ein Übermaß an gezielt eingeführten und gedankenlos übernommenen Angloamerikanismen betreibt. Die DEUTSCHE SPRACHWELT stellt sich damit unausgesprochen hinter Kurt Tucholsky, der einst sagte: Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein! Auch dafür herzlichen Glückwunsch! Ihr Anglizismenmuffel Wolfgang Hildebrandt NEU! Band 2 erscheint am 1. August 2010 mit dem Untertitel „Denglischst du noch oder sprechen Sie schon?“ – Wolfgang Hildebrandt, Mal ganz ehrlich – Gedanken eines Anglizismenmuffels über Überflüssiges im Überfluß, 6,00 Euro. Bestellungen: Wolfgang Hildebrandt, Am Steingrab 20a, D-27628 Lehnstedt, Telefon +49(0)4746-1069, Telefax +49-(0)4746931432, [email protected]

Von Dagmar Schmauks

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Lösungen: 1. Spinatwachtel – 2. verstauchen – 3. Speckmantel – 4. Ersatz – 5. Rauchsäule – 6. Kittchen – 7. Kümmernisse – 8. Brot – 9. Kostendämpfung – 10. Wattwurm – 11. Weinkeller – 12. Pelzboa – 13. Wechselbad – 14. beispiellos – 15. Geldschein – 16. Spickgans – 17. Finanzspritze – 18. Regenschauer – 19. Pflugschar – 20. bellen – 21. Kindermessen – 22. Barbier – 23. Kastenwesen – 24. Kartoffelpuffer – 25. Dauerwelle – 26. Eishacker – 27. Lesebrille – 28. Mauszeiger – 29. Blaupause – 30. Zweigfirma

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Prof. Dr. Dagmar Schmauks ist in der Arbeitsstelle für Semiotik an der Technischen Universität Berlin tätig. Semiotik ist die Wissenschaft von den Zeichen.