Vulkane, Guanakos und das Ende der Welt

Vulkane, Guanakos und das „Ende der Welt“ Chile, dieses langgestreckte Land, gilt als eines der schönsten Länder Südamerikas. Über 4300 km erstreckt s...
Author: Alma Voss
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Vulkane, Guanakos und das „Ende der Welt“ Chile, dieses langgestreckte Land, gilt als eines der schönsten Länder Südamerikas. Über 4300 km erstreckt sich das Land von Norden, wo es an Peru grenzt, bis nach Feuerland im Süden. Die schmalste Stelle misst 80 km, die breiteste 180 km. Bis auf die Tropen sind alle Vegetationszonen vorhanden. Etwa ein Drittel des Landes wollen wir erkunden. Dazu noch einen Teil der argentinischen Anden. Die Vorfreude ist groß. Unser Trip beginnt in Puerto Montt, ca. 1000 km südlich von Santiago de Chile. Hier erwartet unsere 10köpfige Gruppe ein geräumiges Geländefahrzeug, genannt „El Gaucho“, mit einem netten schwäbischen Fahrer. Im hinteren Teil befindet sich eine kleine Küche, in der mittags das Picknick zubereitet wird. Außerdem gibt es acht Mountainbikes. Bei strahlend blauem Himmel genießen wir von dem Ort Fruttilar, an einem hübschen See gelegen, die Sicht auf den 2652 Meter hohen Vulkan Osorno, dann geht die Fahrt weiter nach Pucon. Hier, in der „Chilenischen Schweiz“, bestimmen grüne Felder, Seen, bewaldete Bergketten und Vulkane das Bild. Die leuchtend roten Blüten des Feuerbusches bilden einen schönen Kontrast zu den eisbedeckten Feuerbergen. Kalle muss morgen früh aus den Federn, er wird mit einer Gruppe den noch aktiven Vulkan Villarica besteigen. Dieser ist zwar nur 2840 Meter hoch, aber die Ausgangsbasis liegt bei 1400 Metern, also ist ein netter Aufstieg zu bewältigen. Sie werden mit Steigeisen und Eispickeln ausgerüstet und stehen nach 4 Stunden am Kraterrand. Die Sicht auf die umliegenden Vulkane ist überwältigend. Die „Abfahrt“ erfolgt dann in halsbrecherischer Fahrt auf Plastikschalen. Der Villarica gehört zu den zehn aktivsten Vulkanen der Erde. In der Abenddämmerung können wir seine von unten rot angestrahlte Rauchsäule sehen. Im Krater brodelt es noch ganz gewaltig. Ich unternehme zur gleichen Zeit eine schweißtreibende Wanderung durch die Araukarien Wälder im Villarica Nationalpark. Die Araukarie, auch Andentanne genannt, kann eine Höhe von 50 Metern und einen Stammdurchmesser von 2 Metern erreichen und bis 2000 Jahre alt werden. Sie wächst ausschließlich in Chile und Argentinien. Die Samen der Zapfen werden von den Mapuche Indianern zu Mehl gemahlen und zum Brotbacken verwendet. Bei einem Besuch bei einer Mapuche Familie können wir dieses köstliche Brot probieren. Entlang an unzähligen Vulkanen und herrlichen Bergseen geht die Fahrt weiter über die Grenze nach Argentinien. Der Vulkan Lanin ist mit 3776 Metern die höchste Erhebung. Bei San Carlos de Bariloche wandern wir durch den Alerce Nationalpark. In diesem Kaltregenwald wachsen viele- Nadelbäume, baumhoher Bambus und Südbuchen. Letztere wachsen nur auf der Südhalbkugel, einige der ca. 30 Arten sind nur in Chile und Argentinien heimisch. Die geschützten Alercebäume oder Patagonischen Zypressen werden bis zu 70 Meter hoch. Der Regenwald begleitet uns die nächsten Stunden und nach erneutem Grenzübertritt nach Chile erreichen wir die berühmte Carretera Austral, die Südstraße, und am Nachmittag den Fischerort Puyuhuapi am gleichnamigen Fjord. Der Ort liegt im Queulat Nationalpark dessen Attraktion der

Hängegletscher Ventisquero Colgante ist. Eine Tageswanderung führt uns durch dichten Urwald hinauf zum Gletscher, der bedrohlich an einer steilen Felswand hängt. Über die unbefestigte Carretera Austral fahren wir durch Regenwälder weiter nach Süden. Bei Chile Chico erreichen wir wieder Argentinien. Durch das Sandsteingebirge der Sierra Robaldo geht die Fahrt durch die Pampa zu einer einsam gelegenen Hosteria. Eine Wanderung führt uns steil hinab in die Schlucht des Rio Pinturas und ebenso steil hinauf zu den „Cuevas de las Manos“, den Höhlen der Hände. Hunderte Handabdrücke bedecken die Wände und Decken der Höhlen und geben der Wissenschaft bis heute Rätsel auf. Über die Nationalstraße 40 fahren wir weiter durch Patagonien, bis wir nachmittags El Calafate am Lago Argentino erreichen, ein hübscher vom Tourismus geprägter Ort. Er wurde benannt nach dem gelbblühenden Calafate Strauch, einer Berberitzen Art. Magellan, der erste Weltumsegler, sah 1520 am Ufer große Fußspuren = pata gones, die die Tehuelche Indianer hinterlassen hatten und dürfte somit der Namensgeber von Patagonien sein. Eine Fahrt zum bekannten Perito Moreno Gletscher ist einer der Höhepunkte dieser Reise. Immerhin ist die Gletscherwand 5 km breit und ca.60 Meter hoch. Da der Gletscher stets in Bewegung ist, stürzen ständig mit mächtigem Getöse Eisbrocken und riesige Seracs in den See. Wieder geht es über die Grenze nach Chile, allerdings mit 6stündiger Zwangspause, da die Grenzbeamten streiken. Hier wartet die nächste Attraktion auf uns: der Nationalpark Torres del Paine. Die Torres und Cuernos – Türme und Hörner - aus Vulkangestein, Granit und Kalk mit ihren schneebedeckten Gipfeln leuchten uns schon von weitem vor einem blauen Himmel entgegen. Viele Guanakos und Nandus begleiten uns, Andencondore ziehen am Himmel ihre Kreise. In der Sprache der hier lebenden Tehuelche Indianer heißt Paine himmelblau, wir fahren also zu den „Türmen des blauen Himmels“, die bis zu 3200 Meter aufragen. Von unserer Hosteria genießen wir den atemberaubenden Blick auf die Berge. Mit einer Wanderung zum Lago Grey, der vom Grey Gletscher gespeist wird und auf dem viele Eisbrocken treiben, verabschieden wir uns von den Torres und fahren weiter Richtung Süden nach Punta Arenas an der Magellanstraße. Die Stadt ist ein wichtiger Handelshafen für die Frachtschiffahrt, außerdem ist sie Ausgangspunkt für Antarktisreisen. Am Ufer der Magellanstraße besuchen wir eine Kolonie der gleichnamigen Pinguine. Etwa 60.000 Paare brüten im Süden Chiles. Bevor wir am nächsten Morgen auf die Fähre gehen, müssen wir uns von unserem „Gaucho“ verabschieden und einen Linienbus nach Ushuaia nehmen. Der Grund ist nicht ganz klar. Ein Orkan wühlt das Wasser gehörig auf und so müssen wir 7 Stunden warten, bis der Orkan zum Sturm abflacht und die Fähre endlich ablegen kann. Bei San Sebastian wechseln wir nochmals die Seiten und sind wieder in Argentinien. Bevor wir in unserem Ziel in Feuerland ankommen müssen wir noch die südlichen Ausläufer der Anden überqueren. Die erreichen zwar nur noch ca. 1500 Meter Höhe und die Passhöhe etwa 700 Meter, aber die Berge sind verschneit, auf der Straße liegt Schneematsch, trotz Hochsommer auf der Südhalbkugel. Ushuaia – Fin del Mundo - die südlichste Stadt der Welt, am Beagle Kanal gelegen, empfängt uns wieder mit Sonnenschein. Fast 4000 Kilometer Fahrt liegen hinter uns. Die ehemalige Sträflingskolonie ist heute eine quirlige Stadt mit hübschen Cafés und Geschäften am Ende der Welt. Auch hier legen regelmäßig Kreuzfahrtschiffe an, die mit Touristen in die Antarktis fahren. Bei einem Rundflug über den Beagle Kanal und die südlichsten Berge der Anden können wir die herrliche Landschaft noch einmal von oben bestaunen.

Hier endet eine interessante aber auch anstrengende Reise, die man besser auf eigene Faust mit einem Wohnmobil machen sollte. Ein letzter Höhepunkt ist ein Aufenthalt in Buenos Aires, wo wir die argentinische Sommerhitze, kühlen Wein und saftige Steaks unter schattenspendenden Platanen inmitten einer spontanen Tangoschau genießen. Helga Siegel