Vorkurs Mathematik Teil III. Lineare Algebra

Vorkurs Mathematik– Teil III. Lineare Algebra Inhalt 0. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 2 of 99 Inhalt Lineare Gleichungssysteme und Gauß-Verfahren Vektorrechnu...
Author: Michaela Berger
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Vorkurs Mathematik– Teil III. Lineare Algebra

Inhalt 0. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

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Inhalt Lineare Gleichungssysteme und Gauß-Verfahren Vektorrechnung Lagebestimmungen von Punkt, Geraden und Ebenen Skalarprodukt, L¨angen und Winkel Abst¨ande Kreise und Kugeln

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1.1 Lineare Gleichungssysteme – Beispiele Drei Metalllegierungen A, B und C bestehen aus jeweils unterschiedlichen Gewichtsanteilen an X, Y und Z, die der folgenden Tabelle entnommen werden k¨onnen: X Y Z A 5 % 55 % 40 % B 10 % 70 % 20 % C 20 % 20 % 60 % Nun soll durch Mischen von A, B und C eine Legierung hergestellt werden, in der der Anteil von X 12 %, der Anteil von Y 52 % und der Anteil von Z 36 % betr¨agt. In welchem Verh¨altnis mu¨ssen die Legierungen A, B und C gemischt werden? Zu l¨osen ist das System von Gleichungen: 5 % · a + 10 % · b + 20 % · c = 12 % (Anteil X) 55 % · a + 70 % · b + 20 % · c = 52 % (Anteil Y) 40 % · a + 20 % · b + 60 % · c = 36 % (Anteil Z) mit a, b bzw. c Anteil von A, B bzw. C in der Mischung. 3 of 99

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1.1 Lineare Gleichungssysteme – Beispiele Auf einem Bauernhof sind Enten, Hu¨hner und Kaninchen mit zusammen 120 Fu¨ßen und 36 Ko¨pfen. Es gibt doppelt so viele Hu¨hner wie Enten. Wie viele Enten (Variable x1), Hu¨hner (x2) und Kaninchen (x3) gibt es? Anzahl Fu¨ße Anzahl K¨opfe Ente 2 1 2 1 Huhn Kaninchen 4 1 Dies ergibt das folgende Gleichungssystem: 2 · x1 + 2 · x2 + 4 · x3 = 120 x1 + x2 + x3 = 36 2 · x1 − x2 = 0

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1.1 Lineare Gleichungssysteme – Definition K sei ein Ko¨rper (z.B. = R)

Definition 1 Seien aij ∈ K f¨ur alle 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n (m und n nat¨urliche Zahlen) und b1, . . . , bm ∈ K, sowie x1, · · · , xn Variablen. Dann heißt das System von Gleichungen (1)

a11x1 + a12x2 + · · · + a1n xn = b1 a21x1 + a22x2 + · · · + a2n xn = b2 .. .. .. .. am1x1 + am2x2 + · · · + amn xn = bm

ein lineares Gleichungssystem (¨uber K), kurz LGS, mit m Gleichungen und n Unbekannten. Gilt im obigen Gleichungssystem b1 = · · · = bm = 0, so spricht man von einem homogenen Gleichungssystem, anderenfalls von einem inhomogenen Gleichungssystem. 5 of 99

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1.1 Lineare Gleichungssysteme – Definition Definition 2 Eine L¨osung eines Gleichungssystems mit m Gleichungen und n Variablen ist ein n-Tupel (x1; . . . ; xn ) ∈ Kn , welches alle Gleichungen des LGS erf¨ullt. Normalerweise schreiben wir diese L¨osungen als sogenannte Spaltenvektoren  x1  .. xn

(Grund daf¨ur kommt sp¨ater). Unter der  L¨osungsmenge L eines LGS wie in (1) x1  verstehen wir die Menge aller L¨osungen .. ∈ Kn , das bedeutet xn  x1  n  x1  o . . n . ∈K . L= erfu¨llt (1) xn

xn

(vgl. Vorkurs, Teil I. Grundlagen). Ziel: Berechnung (d.h. gute Beschreibung) solcher L¨osungsmengen 6 of 99

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1.2 Berechnung von L¨ osungsmengen – Additionsverfahren 2 · x1 + 2 · x2 + 4 · x3 = 120 (I) x1 + x2 + x3 = 36 (II) Bauernhof-Beispiel: 2 · x1 − x2 = 0 (III) Beim Additionsverfahren werden Vielfache der Gleichungen aufaddiert, um Variablen zu eliminieren: 2 · x1 + 2 · x2 + 4 · x3 = 120 −2 · x1 − 2 · x2 − 2 · x3 = −72 2 · x3 = 48

(I) − 2 · (II) (I) − 2 · (II)

⇒ x3 = 24. x1 + x2 = 12 2 · x1 − x2 = 0 3 · x1 = 12 ⇒ x1 = 4 ⇒ x2 = 12 − 4 = 8. 7 of 99

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(II) (III) (II) + (III)

1.2 Berechnung von L¨ osungsmengen – Additionsverfahren Also

x  1 x2 x3

=



4 8 24



einzige mo¨gliche Lo¨sung.

Probe: Lo¨sung in Gleichungen einsetzen 2 · 4 + 2 · 8 + 4 · 24 = 120 4 + 8 + 24 = 36 2·4 − 8 = 0 ⇒L=

n

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X X X

o

Problem: Was tun, wenn Gleichungssystem komplizierter und Variablen nicht so einfach zu eliminieren?

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1.2 Berechnung von L¨ osungsmengen – Einsetzungsverfahren 2 · x1 + 2 · x2 + 4 · x3 = 120 x1 + x2 + x3 = 36 Bauernhof-Beispiel: 2 · x1 − x2 = 0 Beim Einsetzungsverfahren wird eine Gleichung nach einer dessen Ausdruck in die anderen Gleichungen eingesetzt. (III) nach x2 aufgelo¨st: x2 = 2 · x1 und eingesetzt: 6 · x1 + 4 · x3 = 120 3 · x1 + x3 = 36 (II’) nach x3 aufgelo¨st: x3 = 36 − 3x1

(I) (II) (III) Variablen aufgel¨ost, und

(I’) (II’)

und eingesetzt:

6x1 + 4(36 − 3x1) = 120 ⇒ −6x1 + 144 = 120 ⇒ x1 = 4. Damit: x3 = 36 − 3 · 4 = 24 und x2 = 2 · 4 = 8. 9 of 99

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1.2 Berechnung von L¨ osungsmengen – Einsetzungsverfahren Wieder einzige mo¨gliche Lo¨sung:

x  1 x2 x3

=



4 8 24



Probe: Lo¨sung in Gleichungen einsetzen 2 · 4 + 2 · 8 + 4 · 24 = 120 4 + 8 + 24 = 36 2·4 − 8 = 0 ⇒L=

n

4 8 24

o

Problem: Viel zu rechnen und i. Allg. unu¨bersichtlich.

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X X X

1.2 Berechnung von L¨ osungsmengen – Einsetzungsverfahren Beispiel 

Zu berechnen ist die L¨osungsmenge des LGS

 2 · x − 4 · y = 10 . −3 · x + 6 · y = −15

Lo¨st man die erste Gleichung nach x auf, erh¨alt man: x = 5 + 2y . Einsetzen in zweite Gleichung ergibt: −3 · (5 + 2y ) + 6 · y = −15 ⇔ −15 − 6y + 6y = −15 ⇔ −15 = −15 Diese Gleichung ist immer erfu¨llt. Es bleibt also nur die Bedingung aus der ersten Gleichung x = 5 + 2y .  5+2y  ⇒L= y ∈ R = {( 5+2r y r )|r ∈ R} Probe: Allgemeine L¨osung in Gleichungen einsetzen 2 · (5 + 2r ) − 4 · r = 10 X −3 · (5 + 2r ) + 6 · r = −15 X 11 of 99

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¨ 1.3 Gauß-Verfahren – Aquivalenz-Umformungen Definition 3 ¨ Aquivalenzumformungen eines LGS sind Umformungen, die die L¨osungsmenge des Gleichungssystems nicht ver¨andern. Folgende Umformungen sind ¨ Aquivalenzumformungen: 1. Die Addition des r -fachen der j-ten Zeile zur i-ten Zeile f¨ur r ∈ K. 2. Die Multiplikation der i-ten Zeile mit r 6= 0 (r ∈ K \ {0}). 3. Die Vertauschung der Zeilen i und j.

Bemerkung: A priori wird die L¨osungsmenge durch diese drei Umformungen h¨ochstens gr¨oßer, da jedes Tupel, das die urspru¨nglichen Gleichungen erfu¨llt, auch die neuen Gleichungen erfu¨llt. Da man alle Umformungen durch ¨ahnliche Umformungen wieder ru¨ckg¨angig machen kann, wird die L¨osungsmenge aber de facto nicht echt gr¨oßer, sondern bleibt gleich.

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1.3 Gauß-Verfahren – Teil 1: Stufenform Beim Gauß-Verfahren werden im ersten Schritt durch Anwendung der drei Arten ¨ von Aquivalenzumformungen das Gleichungssystem auf eine sog. Stufenform gebracht. Genauer: 1. Vertausche die Zeilen des Gleichungssystems so, dass die erste Variable (normalerweise x1) in der ersten Zeile vorkommt (falls x1 u¨berhaupt nicht vorkommt, ist das x2 bzw. x3 etc.). 2. Teile die erste Gleichung durch den Koeffizienten der ersten Variablen. 3. Addiere jeweils geeignete Vielfache der ersten Zeile zur zweiten Zeile, zur dritten Zeile etc., so dass die erste Variable in den anderen Zeilen verschwindet. 4. Verfahre mit den Zeilen 2 bis m weiter wie in 1. bis 3. beschrieben, dann mit den Zeilen 3 bis m etc., bis irgendwann keine Zeile mehr u¨brig ist, oder die linken Seiten der restlichen Gleichungen alle gleich 0 sind.

a11x1 + a12x2 + · · · + a1n xn = b1 a21x1 + a22x2 + · · · + a2n xn = b2 .. .. .. .. am1x1 + am2x2 + · · · + amn xn = bm 13 of 99

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1.3 Gauß-Verfahren – Teil 1: Stufenform 2 · x1 + 2 · x2 + 4 · x3 = 120 (I) x1 + x2 + x3 = 36 (II) Bauernhof-Beispiel: 2 · x1 − x2 = 0 (III) x1 taucht in erster Zeile auf, d.h. keine Vertauschung n¨otig. Aber teile erste Zeile durch 2: x1 + x2 + 2 · x3 = 60 (I’) x1 + x2 + x3 = 36 (II) 2 · x1 − x2 = 0 (III) Addiere (−1)-fache der ersten Zeile zur zweiten Zeile und das (−2)-fache der ersten Zeile zur dritten Zeile: x1 + x2 + 2 · x3 = 60 (I’) −x3 = −24 (II’) − 3 · x2 − 4 · x3 = −120 (III’)

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1.3 Gauß-Verfahren – Teil 1: Stufenform x2 + 2 · x 3 = 60 (I’) −x3 = −24 (II’) Zweiter Durchgang“: ” − 3 · x2 − 4 · x3 = −120 (III’) Vertausche zweite und dritte Zeile und teile diese durch (−3): x1 + x2 + 2 · x3 = 60 (I) x2 + 34 · x3 = 40 (III”) −x3 = −24 (II’) x1 +

In dritter Zeile taucht x2 gar nicht auf, d.h. keine Addition der zweiten Zeile n¨otig. Dritter Durchgang“: ” x3 taucht in dritter Zeile auf. Teile diese durch (−1): x1 + x2 + 2 · x3 = 60 (I) x2 + 34 · x3 = 40 (III”) x3 = 24 (II”) Keine weiteren Zeilen zum Addieren vorhanden. Erster Teil fertig! 15 of 99

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1.3 Gauß-Verfahren – Teil 1: Stufenform Im Allgemeinen sieht das LGS dann so aus mit gewissen Zahlen k (1 ≤ k ≤ m) und 1 ≤ i1 < i2 < . . . < ik ≤ n, sowie ˜aij , b˜i ∈ K:

(2)

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xi1 + · · · + ˜a1i2 xi2 + · · · ··· ··· xi2 + · · · + ˜a2i3 xi3 + · · · xi3 + · · · .. x ik +

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· · · = b˜1 · · · = b˜2 · · · = b˜3 .. · · · = b˜k 0 = b˜k+1 .. .. 0 = b˜m

1.3 Gauß-Verfahren – Teil 2: L¨ osbarkeit Satz 1 Das LGS (2) ist genau dann l¨osbar, wenn k = m oder b˜k+1 = . . . = b˜m = 0 gilt. In diesem Fall lassen sich die xi mit i ∈ / {i1, . . . , ik } als freie Parameter w¨ahlen (sog. freie Variablen) und die xi1 , . . . , xik (die sog. abh¨angigen Variablen) in Abh¨angigkeit dieser xi durch die ersten k Gleichungen berechnen.

(2)

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xi1 + · · · + ˜a1i2 xi2 + · · · ··· ··· xi2 + · · · + ˜a2i3 xi3 + · · · xi 3 + · · · .. x ik +

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· · · = b˜1 · · · = b˜2 · · · = b˜3 .. · · · = b˜k 0 = b˜k+1 .. .. 0 = b˜m

1.3 Gauß-Verfahren – Teil 2: L¨ osbarkeit Im Bauernhof-Beispiel x1 +

x2 + 2 · x3 = 60 x2 + 43 · x3 = 40 x3 = 24

haben wir gar keine 0 = b˜j“ -Zeilen (d.h. k = m = 3), also ist das LGS lo¨sbar. ” Alle xi geho¨ren zu einer Stufe (i1 = 1, i2 = 2, i3 = 3), d.h. kein xi ist frei w¨ahlbar und alle xi ko¨nnen berechnet werden. Insbesondere gibt es genau eine L¨osung.

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1.3 Gauß-Verfahren – Teil 3: reduzierte Stufenform

(2)

xi1 + · · · + ˜a1i2 xi2 + · · · ··· ··· xi2 + · · · + ˜a2i3 xi3 + · · · xi3 + · · · .. xik +

· · · = b˜1 · · · = b˜2 · · · = b˜3 .. · · · = b˜k

Zur Berechnung der L¨osungen (wenn es welche gibt) macht man am besten weitere Umformungen des LGS: 1. Addiere jeweils geeignete Vielfache der k-ten Zeile zu den Zeilen 1 bis k − 1, so dass die Variable xik in diesen Zeilen verschwindet. 2. Addiere jeweils geeignete Vielfache der (k − 1)-ten Zeile zu den Zeilen 1 bis k − 2, so dass die Variable xik−1 in diesen Zeilen verschwindet. 3. Verfahre entsprechend mit den Zeilen k − 2 bis 2.

Die erhaltene Form des LGS nennt man dann reduzierte Stufenform. Bringt man in dieser reduzierten Stufenform die freien Variablen auf die rechte Seite, hat man direkt einen Ausdruck fu¨r die abh¨angigen Variablen in Abh¨angigkeit der freien Variablen. 19 of 99

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1.3 Gauß-Verfahren – Teil 3: reduzierte Stufenform x2 + 2 · x3 = 60 Bauernhof-Beispiel: x2 + 43 · x3 = 40 x3 = 24  Addiere − 43 -fache der dritten Zeile zur zweiten Zeile und das (−2)-fache der dritten Zeile zur ersten Zeile: x1 + x2 = 12 x2 = 8 x3 = 24 Addiere schließlich das (−1)-fache der zweiten Zeile zur ersten Zeile: x1 +

x1

Die L¨osungsmenge des LGS ist L =

x2 n

4 8 24

= 4 = 8 ox3 = 24 .

¨ Keine Probe n¨ otig, da ausschließlich Aquivalenzumformungen gemacht! 20 of 99

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1.4 Matrizen Definition 4 Sind m, n ∈ N und f¨ur alle i, j ∈ N mit 1 ≤ i ≤ m und 1 ≤ j ≤ n Zahlen aij ∈ K gegeben, so nennt  man das Zahlenschema a11 a12 a13 · · · a1n  a21 a22 a23 · · · a2n   . .. .. . . . ..   .  = (aij )1≤i≤m,1≤j≤n = A am1 am2 am3 · · · amn eine (m × n)-Matrix ¨uber K. m: Anzahl der Zeilen n: Anzahl der Spalten m = n: quadratische Matrix aij : Koeffizient der Matrix der i-ten Zeile und j-ten Spalte (1 × n)-Matrix (d.h. mit nur einer Zeile): Zeilenvektor der L¨ange n (m × 1)-Matrix (d.h. mit nur einer Spalte): Spaltenvektor der L¨ange m 21 of 99

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1.4 Matrizen Definition 5 Sei (1)

a11x1 + a12x2 + · · · + a1n xn = b1 a21x1 + a22x2 + · · · + a2n xn = b2 .. .. .. .. am1x1 + am2x2 + · · · + amn xn = bm

ein lineares Gleichungssystem. Dann werden die zum linearen Gleichungssystem geh¨origen Matrizen   a11 a12 ··· a1n | b1  a11 a12 ··· a1n  a a ··· a | b a21 a22 ··· a2n .. .. . . . .. A= und (A | b) =  ..21 ..22 . . . ..2n | ..2  | am1 am2{z··· amn } am1 am2 ··· amn | bm {z } | ∈Mat(m,n;K) ∈Mat(m,n+1;K)

Koeffizientenmatrix und erweiterte Koeffizientenmatrix genannt. 22 of 99

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1.4 Matrizen Bemerkung: Zur Lo¨sung des linearen Gleichungssystems (1) mit dem Gauß-Verfahren kann man auch einfacher die entsprechenden Umformungen auf die Zeilen der erweiterten Koeffizientenmatrix (A | b) anwenden und aus der resultierenden Matrix wieder das umgeformte Gleichungssystem in reduzierter Stufenform bilden.

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1.4 Matrizen Definition 6

 x1  x2 Eine (m × n)-Matrix A = (aij ) kann mit einem Spaltenvektor x = .. der L¨ange xn

n multipliziert werden. Das Ergebnis ist dann ein Spaltenvektor der L¨ange m: 

a11 a12  a21 a22 A·x = ..  .. am1 am2

··· ··· ... ···

    x 1 a1n a11x1 + a12x2 + · · · + a1n xn x   2   a21x1 + a22x2 + · · · + a2n xn  a2n      ..  ..   ·  ..  =    am1x1 + am2x2 + · · · + amn xn amn x 

n

Das LGS (1) kann dann kompakt geschrieben werden als ! b 1

A · x = b mit b =

b2

..

bm 24 of 99

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.

1.5 Komplettes Beispiel 



x1 + 2x2 + x3 − x4 = 7 − x4 = 8  Wir betrachten das LGS  x1 + 3x2 −x1 − 3x3 + 5x4 = −9 Um dieses zu lo¨sen, wenden wir das Gauß-Verfahren auf die zugeho¨rige erweiterte Koeffizientenmatrix an:        1 2 1 −1 | 7  1 3 0 −1 | 8  −1 0 −3 5 | −9

1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 1  0 2 −2 4 | −2

1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 1  0 0 0 4 | −4

1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 1  0 0 0 1 | −1

Wir sehen schon, dass das LGS l¨osbar ist und dass man x3 als freie Variable w¨ahlen kann.Weiter zur reduzierten Stufenform:      1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 1  0 0 0 1 | −1

1 2 1 0 | 6 0 1 −1 0 | 1  0 0 0 1 | −1

1 0 3 0 | 4 0 1 −1 0 | 1  0 0 0 1 | −1

Also x3 = r (freie Variable) und x1 = 4 − 3r , x2 = 1 + r und x4 = −1. Die L¨osungsmenge ist also     4   −3   4−3r 1 1+r r ∈ R = L= + r 11 r ∈ R . r 0 −1

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−1

0

1.6 L¨ osungsmengen linearer Gleichungssysteme – Allgemeine Aussagen Ein lineares Gleichungssystem u¨ber R hat entweder (0) keine L¨osung (wenn es in der Stufenform eine Zeile 0 = bj“ gibt, wobei bj nicht 0 ist, oder ” (1) genau eine L¨osung (wenn Fall (0) nicht zutrifft und jede Variable zu einer Treppenstufe in der Stufenform geho¨rt) oder (∞) unendlich viele L¨osungen (wenn Fall (0) nicht zutrifft und es mindestens eine Variable gibt, die zu keiner Treppenstufe in der Stufenform geh¨ort).

Des Weiteren gilt: ˆ Jedes homogene LGS hat mindestens eine L¨ osung, da Fall (0) nicht eintreten kann

(x1 = 0, . . . , xn = 0 ist stets eine L¨osung des homogenen LGS). ˆ Jedes homogene LGS mit mehr Variablen als Gleichungen hat unendlich viele L¨ osungen (da Fall (0) nicht eintritt und es weniger Stufen als Variablen gibt). ˆ Die L¨ osungsmenge eines inhomogenen LGS erh¨alt man auch, indem man alle L¨osungen des zugeh¨origen homogenen LGS auf eine spezielle L¨osung des inhomogenen LGS addiert; sofern das inhomogene LGS u¨berhaupt eine L¨osung besitzt.

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1.6 L¨ osungsmengen linearer Gleichungssysteme – Allgemeine Aussagen 

Beim

x1 + 2x2 + x3 − x4 − x4 LGS von vorhin  x1 + 3x2 −x1 − 3x3 + 5x4    1 2 1 −1 | 7 1 2 1 −1 |  1 3 0 −1 | 8  0 1 −1 0 | −1 0 −3 5 | −9 0 2 −2 4 |    1 2 1 0 | 1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 0 1 −1 0 | 1  0 0 0 1 | 0 0 0 1 | −1

 = 7 = 8  hatten wir gerechnet: = −9    7 1 2 1 −1 | 7 0 1 −1 0 | 1  1 −2 0 0 0 4 | −4    1 0 3 0 | 4 6 0 1 −1 0 | 1  1 0 0 0 1 | −1 −1

   4   −3   1 r ∈ R = Und daher L = + r 11 r ∈ R . 0 −1 0 Beim zugeh¨origen homogenen LGS steht in jeder Gleichung auf der rechten Seite 0, was sich auch beim Gauß-Verfahren nicht ¨andert. Als L¨osungsmenge L0 des homogenen LGS erh¨alt man also   −3   L0 = r 11 r ∈ R . 

4−3r 1+r r −1

0

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2 Vektorrechnung

2. Vektorrechnung Wir betrachten im Folgenden stets den Raum Rn = {(a1; . . . ; an ) | ai ∈ R} = Menge der Punkte im n-dimensionalen Raum. fu¨r n = 2 die Ebene

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fu¨r n = 3 der 3-dimensionale Raum

2.1 Vektoren Arbeitsdefinition Ein Vektor v im n-dimensionalen Raum ist eine Gr¨oße, die durch eine L¨ange (d.h. eine reelle Zahl ≥ 0) und eine Richtung im Rn gekennzeichnet ist. Dargestellt werden Vektoren durch Pfeile im Rn . Beispiel: Beide roten Pfeile stellen denselben Vektor dar, da sie die gleiche L¨ange und die gleiche Richtung haben. Ebenso stellen die beiden blauen Pfeile denselben Vektor dar. Der violette Pfeil stellt einen anderen Vektor dar, als die blauen Pfeile, da er in die entgegengesetzte Richtung geht.

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2.2 Ortsvektoren und Verbindungsvektoren Definition 7 Ist P ein Punkt im Rn , so nennt man den Vektor, der durch den Pfeil mit Anfang im Nullpunkt O = (0; . . . ; 0) und Ende beim Punkt P dargestellt wird, den Ortsvektor von P und bezeichnet ihn mit ~p . Sind Q und R Punkte im Rn , dann ist der Verbindungsvektor von Q nach R der Vektor, der durch den Pfeil mit Anfang bei Q und Ende bei R dargestellt wird. −→ Dieser wird mit QR bezeichnet.

−→ −→ Ortsvektor ~p = OP von P und Verbindungsvektor QR 30 of 99

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2.3 Komponentendarstellung von Vektoren Jeder Vektor ~v im Rn ist gleich dem Ortsvektor von genau einem Punkt P = (p1; . . . ; pn ). Wir schreiben daher diesen Vektor auch als ! p1 ~v = ~p =

p2

..

.

pn

Wir haben dadurch die Vektoren im Rn mit den Spaltenvektoren der L¨ange n identifiziert. Satz 2 Sind Q = (q1; . . . ; qn ) und R = (r1; . . . ; rn ) Punkte im Rn , so gilt f¨ur den Verbindungsvektor r1 −q1 ! −→ r2 −q2 .. QR = . rn −qn

( Endpunkt minus Anfangspunkt“) ” 31 of 99

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2.3 Komponentendarstellung von Vektoren Beispiel

−→ −→ Ortsvektor ~p = OP von P und Verbindungsvektor QR

Hier ist P = (3; 2), Q = ( 21 ; 1) und R = ( 23 ; 3). Also: 3 1   −→ − → 2−2 ~p = OP = ( 32 ) und QR = 3−1 = 12

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2.4 Rechnen mit Vektoren Zwei Vektoren ko¨nnen addiert werden und ein Vektor kann mit einer reellen Zahl multipliziert werden. Das Ergebnis ist jeweils ein neuer Vektor. v1 v2

..

Vektor-Addition ! ! ! v1 +w1 w 1

w2

..

+

vn

=

wn

v2 +w2

..

vn +wn

Skalarmultiplikation ! ! v rv 1

r

v2

..

vn

1

=

rv2

..

rvn

Bemerkung Der Nullvektor ~o =

0! 0

.. .

(= Ortsvektor von O = (0; . . . ; 0)) wird oft auch einfach mit 0 bezeichnet.

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2.4 Rechnen mit Vektoren Satz 3 1.) F¨ur drei Punkte P, Q und R im Rn gilt: −→ −→ −→ PQ + QR = PR

2.) Sind A, B und C Punkte im Rn und C auf (AB) so, dass die Strecke AB im Verh¨altnis r : (1 − r ) −→ −→ geteilt wird, dann gilt AC = r · AB. Beispiel: Berechne den Mittelpunkt M der Strecke QR mit Q = (6; 1) und R = (4; 5).  −−→ → 1− 1 4−6 6 m ~ = ~q + QM = ~q + 2 QR = ( 1 ) + 2 5−1 = ( 53 ) Also M = (5; 3). 34 of 99

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2.5 Parameterdarstellung von Geraden Die Gerade g im Rn , welche durch zwei gegebene Punkte P und Q verl¨auft, ist die Menge aller Punkte X , deren Ortsvektoren ~x geschrieben werden k¨onnen als −→ ~x = ~p + r PQ fu¨r eine geeignete reelle Zahl n r . −→ o Wir schreiben auch g = ~p + r PQ r ∈ R . Allgemein ist eine Gerade g gegeben als g = {~u + r~v | r ∈ R} fu¨r einen Vektor ~u und einen Vektor ~v 6= ~o . Diese Form der Darstellung nennt man Parameterform von g , der Vektor ~u heißt Stu¨tzvektor und ~v heißt Richtungsvektor.

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2.5 Parameterdarstellung von Geraden Beispiel Es soll eine Parameterform der Geraden g , welche durch die Punkte Q = (1; 2) und R = (2,5; 2,5) geht, berechnet werden.  1 Als Stu¨tzvektor kann man hierfu¨r den Ortsvektor von Q w¨ahlen, also ~q = 2 und als Richtungsvektor den Verbindungsvektor von Q nach R, also −→  2,5−1   1,5  QR = 2,5−2 = 0,5 . Damit erh¨alt man o n    1,5 1 g= 2 + r 0,5 r ∈ R . Die Parameterform ist aber bei weitem nicht eindeutig. Als Stu¨tzvektor kann man n¨amlich den Ortsvektor eines jeden beliebigen Punktes auf g w¨ahlen, also zum   2,5 Beispiel auch ~r = 2,5 . Als Richtungsvektor kann man auch jedes Vielfache 6= ~o  −→ 3 von QR w¨ahlen, also zum Beispiel auch 1 . Man erh¨alt damit n  o  2,5 3 g= 2,5 + s 1 s ∈ R . 36 of 99

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2.6 Parameterdarstellung von Ebenen Die Ebene E im Rn , welche durch drei gegebene Punkte P, Q und R verl¨auft, ist die Menge aller Punkte X , deren Ortsvektoren ~x geschrieben werden ko¨nnen als −→ −→ ~x = ~p + r PQ + s PR fu¨r geeignete reelle Zahlen r und s. (P, Q und R nicht kollinear.) Wir schreiben auch o n −→ −→ E = ~p + r PQ + s PR r , s ∈ R . Allgemein ist eine Ebene E gegeben als E = {~u + r~v + s w ~ | r , s ∈ R} fu¨r einen Vektor ~u und Vektoren ~v , w ~ , welche linear unabh¨angig sind. Diese Form der Darstellung nennt man Parameterform von E , der Vektor ~u heißt Stu¨tzvektor und ~v und w ~ heißen Richtungsvektoren. 37 of 99

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2.6 Parameterdarstellung von Ebenen Beispiel Im R3 sind die drei Punkte P = (1; 1; 0), Q = (2; 1; 2) und R = (3; 3; 4) gegeben und eine Parametergleichung fu¨r die Ebene E , die die drei Punkte enth¨alt, ist gesucht. Um zun¨achst zu sehen, dass die Punkte nicht auf einer Geraden liegen, betrachtet man die Verbindungsvektoren −→  2−1   1  −→  3−1   2  PQ = 1−1 = 0 und PR = 3−1 = 2 . 2 4 2−0 4−0 −→ R liegt n¨amlich genau dann auf der Geraden PQ, wenn PR ein Vielfaches des −→ Vektors PQ ist (vgl. Parameterdarstellung von Geraden). −→ −→ PR kann kein Vielfaches von PQ sein, da z.B. die zweite Komponente nicht 0 ist. Eine Parametergleichung fu¨r die Ebene durch P, Q und R ist nun n o n      o −→ −→ 1 1 2 1 + r 0 + s 2 r, s ∈ R . E = ~p + r PQ + s PR r , s ∈ R = 0

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2

4

2.7 Lineare Abh¨ angigkeit Definition 8 Ein Vektor ~v heißt linear abh¨angig von Vektoren w ~ 1, . . . , w ~ k , wenn es reelle Zahlen r1, . . . , rk gibt, so dass ~v = r1w ~ 1 + . . . + rk w ~k gilt. Andernfalls heißt ~v linear unabh¨angig von w ~ 1, . . . , w ~k. Mehrere Vektoren ~v1, . . . , ~vl heißen linear abh¨angig, wenn mindestens einer der Vektoren von den anderen linear abh¨angig ist, und sie heißen linear unabh¨angig, wenn keiner der Vektoren von den anderen linear abh¨angig ist. Satz 4 Vektoren ~v1, . . . , ~vl im Rn sind genau dann linear unabh¨angig, wenn die Gleichung r1~v1 + . . . + rl ~vl = ~o nur f¨ur r1 = . . . = rl = 0 erf¨ullt ist. 39 of 99

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2.7 Lineare Abh¨ angigkeit Beispiel       1 2 3 Seien ~v1 =  2  , ~v2 =  3  , ~v3 =  4  gegeben. 3 5 7 Um zu entscheiden, ob ~v1, ~v2, ~v3 linear abh¨angig sind, mu¨ssen wir also herausfinden, ob die Gleichung r1~v1 + r2~v2 + r3~v3 = ~o nur durch r1 = r2 = r3 = 0 gel¨ost wird. Wir l¨osen also das folgende homogene LGS mit Variablen ri :

1 · r1 + 2 · r2 + 3 · r3 = 0 2 · r1 + 3 · r2 + 4 · r3 = 0 3 · r1 + 5 · r2 + 7 · r3 = 0  s  Die L¨osungsmenge ist L = { −2s | s ∈ R }. Also sind ~v1, ~v2, ~v3 linear abh¨angig. s Indem man die so gefundene lineare Abh¨angigkeit fu¨r s = 1 nach je einem der Vektoren ~v1, ~v2, ~v3 aufl¨ost, erh¨alt man also zum Beispiel ~v1 = 2 · ~v2 − 1 · ~v3, 40 of 99

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~v2 =

1 2

· ~v1 + 12 · ~v3,

~v3 = −1 · ~v1 + 2 · ~v2.

2.7 Lineare Abh¨ angigkeit Bemerkung Zwei Vektoren ~v und w ~ sind genau dann linear unabh¨angig, wenn keiner ein Vielfaches des anderen ist. Insbesondere mu¨ssen beide Vektoren 6= ~o sein. Die Menge {~u + r~v + s w ~ | r , s ∈ R} beschreibt genau dann eine Ebene, wenn die Vektoren ~v und w ~ linear unabh¨angig sind, d.h. beide sind 6= ~o und sie sind keine Vielfachen voneinander. ( Vergleiche Beispiel zur Parameterdarstellung einer Ebene.)

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3 Lagebestimmungen von Punkt, Geraden und Ebenen Lagebeziehungen im R2: Punkt – Punkt: sind (a) gleich oder (b) nicht gleich Punkt – Gerade: (a) Punkt liegt auf Gerade oder (b) nicht Gerade – Gerade: sind (a) gleich, (b) parallel oder (c) haben Schnittpunkt. Lagebeziehungen im R3: (zus¨atzlich zu den M¨oglichkeiten im R2) Gerade Punkt Gerade Ebene

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– – – –

Gerade: Ebene: Ebene: Ebene:

(d) ko¨nnen auch windschief sein. (a) Punkt liegt auf Ebene oder (b) nicht. (a) Gerade in Ebene, (b) parallel oder (c) schneidet in Punkt. sind (a) gleich, (b) parallel oder (c) haben Schnittgerade.

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3.1 Lage: Punkt – Gerade und Punkt – Ebene Wann liegt ein Punkt auf einer Geraden? Sei P ∈ R2 bzw. R3 und g eine entsprechende Gerade in Parameterform, also o n u  v  1 1 u2 + r v2 r ∈ R . g = {( uu12 ) + r ( vv12 ) | r ∈ R} bzw. g = u3 v3 Dann liegt P auf g , falls die Gleichung (das Gleichungssystem)  v   p1   u  1 1 r ( vv12 ) = ( pp12 ) − ( uu12 ) bzw. r vv23 = pp23 − uu23 eine L¨osung besitzt. Andernfalls liegt P nicht auf g . Beispiel: Der Punkt P = (1; 3) liegt nicht auf g = {( 02 ) + r ( 12 ) | r ∈ R}, denn das Gleichungssystem     r = 1 r = 1 r ( 12 ) = ( 13 ) − ( 02 ) ⇔ ⇔ 2r = 1 0 = −1 besitzt keine Lo¨sung. 43 of 99

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3.1 Lage: Punkt – Gerade und Punkt – Ebene Wann liegt ein Punkt in der Ebene? Sei P ∈ R3 und E eine Ebene in Parameterform, also o n u  v   w  1 1 1 u2 + r v2 + s w2 r , s ∈ R . E= u3 v3 w3 Dann liegt P in E , falls die Gleichung (das Gleichungssystem) v   w   p1   u  1 1 1 r vv23 + s ww23 = pp23 − uu23 eine L¨osung besitzt. Andernfalls liegt P nicht in E . Beispiel: auf n Der  Punkt  P = (2; 3; 2) liegt o 1 1 2 1 + r 0 + s 2 r , s ∈ R , denn das Gleichungssystem E= 0 2 4 " # "         r + 2s = 1 r + 2s 1 2 2 1 2s = 2 s r 0 +s 2 = 3 − 1 ⇔ ⇔ 2

4

2

besitzt die Lo¨sung ( sr ) = ( −1 1 ). 44 of 99

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0

2r + 4s = 2

= 1 = 1 0 = 0

#

3.2 Lage: Gerade – Gerade im R2 g und h

Anzahl der Richtungsvektoren Schnittpunkte von g und h sind

sind identisch



linear abh¨angig

sind (echt) parallel

0

linear abh¨angig

schneiden sich

1

linear unabh¨angig

Seien g = {( pp12 ) + r · ( vv12 ) | r ∈ R} und h = {( qq12 ) + s · ( ww12 ) | s ∈ R} . Dann ist die Anzahl der Schnittpunkte gleich der Anzahl L¨osungen des linearen   v1·r − wder q1 −p1 Gleichungssystems ~p + r~v = ~q + s w ~ ⇔ v2·r − w12·s·s = = q2 −p2 . . Im Falle genau eines Schnittpunktes Sg ,h (d.h. genau einer L¨osung ( sr00 ) ) ist −→ OSg ,h = ( pp12 ) + r0 · ( vv12 ) = ( qq12 ) + s0 · ( ww12 ) . 45 of 99

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3.3 Lage: Gerade – Gerade im R3 g und h

Richtungsvektoren von g und h sind ∞

linear abh¨angig

sind (echt) parallel 0

linear abh¨angig

sind identisch

schneiden sich

1

linear unabh¨angig

sind windschief

0

linear unabh¨angig

Fu¨r g = {~p + r~v | r ∈ R}, h = {~q + s w ~ | s ∈ R} l¨ose wieder ~p + r~v = ~q + s w ~. Im R3 ist das aber ein LGS mit 3 Gleichungen (und 2 Variablen), deshalb gibt es zwei F¨alle, in denen es keine L¨osung hat, n¨amlich bei Stufenform " # " # r + a12 s = b1 s = b2 0 = b3

(windschief) 46 of 99

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oder

a11 r + a12 s = b1 0 = b2 0 = b3

(parallel)

.

3.3 Lage: Gerade – Gerade im R3 Beispiel n  1 1 0

  o 1 + r · 0 r ∈ R und

Wir betrachten die beiden Geraden g = 2 o n    2 1 3 + s · 1 s ∈ R . Wie liegen diese zwei Geraden zueinander? h= 4

2

1.) Richtungsvektoren keine Vielfachen voneinander, d.h. linear unabh¨angig Geraden schneiden sich oder sind windschief 2.) L¨ose folgende LGS # " # "         r − s = 1 r − s = 1 1 1 2 1 − s = 2 s = −2 . 1 +r · 0 = 3 +s · 1 ⇔ ⇔ 0

2

4

2

2r − 2s = 4

Das LGS besitzt keine Lo¨sung, also sind die Geraden windschief.

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0 =

2

3.4 Lage: Gerade – Ebene Gerade g , Ebene E

Anzahl der Richtungsvektoren Schnittpunkte von g und E sind

g liegt in E



linear abh¨angig

g (echt) parallel zu E

0

linear abh¨angig

g und E schneiden sich

1

linear unabh¨angig

Fu¨r g = {~p + r~u | r ∈ R}, E = {~q + s~v + t w ~ | s, t ∈ R} l¨ose ~p + r~u = ~q + s~v + t w ~, ein LGS mit 3 Gleichungen und 3 Variablen r , s und t.  r0  Im Falle genau eines Schnittpunktes Sg ,E (d.h. genau einer L¨osung st0 ) ist 0 −→ OSg ,E = ~p + r0 · ~u = ~q + s0 · ~v + t0 · w ~. 48 of 99

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3.5 Lage: Ebene – Ebene E1 und E2

Anzahl der Schnittpunkte

sind identisch

∞ (2 freie Variablen)

sind (echt) parallel

0

∞ (1 freie Variable) n o Fu¨r E1 = {~p + r~v + s w ~ | r , s ∈ R}, E2 = ~q + t v~0 + u w~ 0 | t, u ∈ R l¨ose schneiden sich

~p + r~v + s w ~ = ~q + t v~0 + u w~ 0, ein LGS mit 3 Gleichungen und 4 Variablen r , s, t und u. Hat die Lo¨sungsmenge eine freie Variable, d.h. L =

r0 +xr1 s0 +xs1 t0 +xt1 u0 +xu1

  x ∈ R , so ist die

Schnittgerade gE1,E2 = {(~p + r0~v + s0w ~ ) + x · (r1~v + s1w ~ ) | x ∈ R} = {(~q + t0v~0 + u0w~ 0) + x · (t1v~0 + u1w~ 0) | x ∈ R}. 49 of 99

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3.5 Lage: Ebene – Ebene Beispiel n −5 



1 1 −1



  o 2 + s 3 r , s ∈ R und

−3 + r Die Schnittmenge der Ebenen E1 = 0 5 o n 2   −1   1  5 E2 = + t 0 + u 1 t, u ∈ R soll berechnet werden. −4

−5

3

Es muss also  das LGS   −5 −3 + r 5

1 1 −1



+s

  2 3 0

=



2 5 −4



+t

 −1  0 3

+u



1 1 −5



in r , s, t und u gel¨ost werden. 

 r + 2s + t − u = 7  r + 3s − u = 8 −r − 3t + 5u = −9

mit L¨osungsmenge (vgl. Bsp. in 1.5)       4−3x r s x ∈ R = L= = 1+x t x u

−1

Daher haben wir eine Schnittgerade. 50 of 99

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4 1 0 −1



 −3   + x 11 x ∈ R . 0

3.5 Lage: Ebene – Ebene n −5 



 



o

1 2 1 −3 + r E1 = + s 3 r, s ∈ R , −1 o n 52   −1   0 1  5 E2 = + t 0 + u 1 t, u ∈ R −4 −5 3      4−3x r s x ∈ R L= = 1+x t x u −1

Die Schnittgerade ist dann gegeben durch n −5   1    o 2 1 −3 + (4 − 3x) gE1,E2 = + (1 + x) 3 x ∈ R −1 0 5 n   −1  o 1 4 +x = bzw. 0 x ∈ R 1 3 n 2   −1   1  o 5 gE1,E2 = + x 0 + (−1) 1 x ∈ R −4 −5 3 n   −1  o 1 4 +x = 0 x ∈ R 1

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3

4 Skalarprodukt, L¨ angen und Winkel

4 Skalarprodukt, L¨ angen und Winkel Um richtig“ Geometrie machen zu ko¨nnen, mu¨ssen wir in der Lage sein, auch ” Abst¨ande von Punkten und Winkel zwischen Geraden etc. berechnen zu ko¨nnen. Wichtigstes Hilfsmittel dazu ist das sogenannte Skalarprodukt zweier Vektoren. Bemerkung Wir gehen im Folgenden von der Anschauung im R2 und R3 aus und erhalten mittels des Skalarprodukts Formeln fu¨r L¨angen und Winkel. In der Mathematik werden jedoch normalerweise diese Formeln als Definition verwendet, weil man diese auch fu¨r abstrakte Vektorr¨aume verwenden kann.

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4.1 Skalarprodukt Definition 9 Es seien ~v , w ~ Vektoren im Rn . Das Skalarprodukt ~v • w ~ von ~v und w ~ ist definiert als die reelle Zahl     w1 v1  v2   w2     ~v • w ~ =  ..  •  ..  wn vn n X vi · wi = v1 · w1 + v2 · w2 + · · · + vn · wn := i=1

  1 2 1



3 −2 1



Sind zum Beispiel ~v = und w ~ = , so ist das Skalarprodukt von ~v und w ~ gegeben durch    3  1 ~v • w ~ = 2 • −2 = 1 · 3 + 2 · (−2) + 1 · 1 = 3 − 4 + 1 = 0. 1

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1

4.1 Skalarprodukt Rechenregeln Fu¨r das Skalarprodukt gelten folgende Rechenregeln: 1. Seien ~v , w ~ ∈ Rn . Dann gilt ~v • w ~ =w ~ • ~v . Man darf also die Vektoren ~v und w ~ vertauschen. 2. Seien r , s ∈ R und ~u , ~v , w ~ ∈ Rn . Dann gilt ~v • (r · w ~ + s · ~u ) = r · (~v • w ~ ) + s · (~v • ~u ). Es gilt also eine Art Distributivgesetz.

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4.2 L¨ ange von Vektoren, Abst¨ ande von Punkten Satz des Pythagoras Ein Dreieck ABC mit Seitenl¨angen a, b und c hat genau dann einen rechten Winkel bei C (vgl. Abb.), wenn fu¨r die Seitenl¨angen gilt: √ 2 2 2 a + b = c bzw. c = a2 + b 2.

Fu¨r den Abstand eines Punktes P = (p1; p2; p3) vom Ursprung O gilt damit: qp p 2 2 2 2 d (P, O) = p1 + p2 + p3 = p12 + p22 + p32

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4.2 L¨ ange von Vektoren, Abst¨ ande von Punkten Satz 5 Es sei ~v ∈ Rn . Die Norm oder L¨ange von ~v ist die nicht-negative reelle Zahl v u n q uX √ 2 2 2 2 t k~v k := vi = v1 + v2 + · · · + vn = v • v . i=1

Fu¨r ~v =

  1 3 2

ist zum Beispiel

  √ √ √

1 2 2 2 k~v k = 3 = 1 + 3 + 2 = 1 + 9 + 4 = 14. 2

Satz 6 Der Abstand d(Q, R) von zwei Punkten Q und R im Rn ist gleich der L¨ange des −→ Verbindungsvektors QR. 56 of 99

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4.2 L¨ ange von Vektoren, Abst¨ ande von Punkten Beispiel Im R2 ist das Viereck ABCD mit den Eckpunkten A = (0; 0), B = (6; 1), C = (10; 6) und D = (4; 5) gegeben. Ist dieses Viereck ein Parallelogramm oder sogar eine Raute? Erinnerung: Ein ebenes Viereck ist ein Parallelogramm, wenn eine der folgenden ¨aquivalenten Bedingungen erfu¨llt ist: 1. Gegenu¨berliegende Seiten sind parallel. 2. Die Diagonalen des Vierecks halbieren sich gegenseitig (d.h. ihr Schnittpunkt ist Mittelpunkt beider Diagonalen). 3. Zwei Seiten sind parallel und gleich lang. 4. Gegenu¨berliegende Seiten sind gleich lang. 5. Die Winkel an gegenu¨berliegenden Ecken sind gleich groß. 6. Die Winkel an benachbarten Ecken erg¨anzen sich zu 180◦. (Abgesehen von 4. und 5. implizieren die Bedingungen sogar, dass das Viereck eben ist.)

Eine Raute (oder Rhombus) ist ein Parallelogramm, dessen Seiten alle gleich lang sind. 57 of 99

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4.2 L¨ ange von Vektoren, Abst¨ ande von Punkten Beispiel Im R2 ist das Viereck ABCD mit den Eckpunkten A = (0; 0), B = (6; 1), C = (10; 6) und D = (4; 5) gegeben. Ist dieses Viereck ein Parallelogramm oder sogar eine Raute? Fu¨r Parallelogramm ist am einfachsten die dritte Bedingung: Zwei Seiten sind −→ ” parallel und gleich lang.“ zu testen. Diese bedeutet n¨amlich, dass die Vektoren AB −→ −→ −→ und DC gleich sein mu¨ssten (bzw. die Vektoren AD und BC ). Wir haben   −→ −→ 6−0 10−4 6 AB = 1−0 = ( 1 ) und DC = 6−5 = ( 61 ) . Also ist das Viereck ABCD ein Parallelogramm. Um zu sehen, ob es eine Raute ist, mu¨ssen wir also noch testen, ob −→ −→ d (A, B) = d (A, D) ist, d.h. ob kABk = kADk gilt. √ √ √ √ −→ −→ 4 2 2 2 2 kABk = 6 + 1 = 37 und kADk = k ( 5 ) k = 4 + 5 = 41. Die Seiten sind verschieden lang, also handelt es sich um keine Raute. 58 of 99

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4.3 Orthogonalit¨ at Satz 7 Zwei Vektoren ~v , w ~ ∈ Rn sind genau dann senkrecht (auch orthogonal genannt) zueinander, wenn ~v • w ~ = 0 gilt. Beweis Der Satz des Pythagoras sagt fu¨r nebenstehende Skizze aus, dass ~v und w ~ genau dann orthogonal sind, wenn k~v k2 + k~ w k2 = k~v + w ~ k2 gilt. Die linke Seite der Gleichung ist: k~v k2 + k~ w k2 = ~v • ~v + w ~ •w ~ Die rechte Seite ist mit Hilfe der Distributivit¨at und Kommutativit¨at: k~v + w ~ k2 = (~v + w ~ ) • (~v + w ~ ) = ~v • ~v + w ~ • ~v + ~v • w ~ +w ~ •w ~ = ~v • ~v + w ~ •w ~ + 2 · ~v • w ~ Also ist die Gleichheit genau dann gegeben, wenn ~v • w ~ = 0. 59 of 99

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4.3 Orthogonalit¨ at Beispiel Im R2 ist das Viereck ABCD mit den Eckpunkten A = (2; 3), B = (4; 6), C = (1; 8) und D = (−1; 5) gegeben. Ist dieses Viereck ein Rechteck oder sogar ein Quadrat? Erinnerung: Ein ebenes Viereck ist ein Rechteck, wenn eine der folgenden ¨aquivalenten Bedingungen erfu¨llt ist: 1. 2. 3. 4.

Alle Innenwinkel sind rechte Winkel. Die Diagonalen sind gleich lang und halbieren sich gegenseitig. Das Viereck ist ein Parallelogramm und besitzt einen rechten Winkel. Das Viereck ist ein Parallelogramm und die Diagonalen sind gleich lang.

(Alle Bedingungen implizieren sogar, dass das Viereck eben ist.)

Ein Quadrat ist ein Rechteck, dessen Seiten alle gleich lang sind.

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4.3 Orthogonalit¨ at Beispiel Im R2 ist das Viereck ABCD mit den Eckpunkten A = (2; 3), B = (4; 6), C = (1; 8) und D = (−1; 5) gegeben. Ist dieses Viereck ein Rechteck oder sogar ein Quadrat? Fu¨r Rechteck ist am einfachsten die dritte Bedingung Das Viereck ist ein −→ −→ ” Parallelogramm und besitzt einen rechten Winkel“ zu testen, da wir nur AB = DC −→ −→ und AB • AD = 0 testen mu¨ssen:    −→ − → −→ 1−(−1) 4−2 −1−2 −3 ) 2 2 ) und AB = 6−3 = ( 3 ) , DC = = ( AD = = ( 3 5−3 2 8−5 −→ −→ −→ −→ Also gilt AB = DC und AB • AD = ( 23 ) • ( −3 2 ) = 0, d.h. das Viereck ist ein Rechteck. −→ −→ Zuletzt mu¨ssen wir noch testen, ob kABk = kADk gilt: q √ √ √ −→ − → 2 2 2 2 kABk = 2 + 3 = 13 und kADk = (−3) + 2 = 13 Also ist das Viereck sogar ein Quadrat. 61 of 99

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4.4 Normalenform einer Gerade im R2 Definition 10 Es sei g eine Gerade im R2. Ein Normalenvektor der Geraden g ist ein vom Nullvektor verschiedener Vektor ~n, der senkrecht auf g steht, also orthogonal zum Richtungsvektor von g ist. Ist die L¨ange des Vektors ~n gleich 1, so spricht man auch von einem Einheitsnormalenvektor und schreibt h¨aufig ~n0. n 



3/2 1/2

o  r ∈ R

1 +r Beispiel: Fu¨r g = 2   −1/2 ist ~n = ein Normalenvektor, aber 3/2 auch jedes Vielfache von diesem Vektor, also zum Beispiel   ~n1 = −1 3

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4.4 Normalenform einer Gerade im R2 Sei g = {~p + r~v | r ∈ R} eine Gerade im R2 und ~n ein Normalenvektor zu g (z.B. 2 ~n = ( −v ¨r ~v = ( vv12 )). Dann l¨asst sich die Gerade g auch beschreiben durch v1 ) fu g = {~x ∈ R2 | (~x − ~p ) • ~n = 0}. Diese Darstellung der Geraden nennt man Punkt-Normalenform von g . Durch Umformen erh¨alt man g = {~x ∈ R2 | ~x • ~n = d } mit d = ~p • ~n, welche Normalenform genannt wird, bzw. Hessesche Normalenform, wenn der Normalenvektor ~n die L¨ange 1 hat. Durch Ausschreiben des Skalarprodukts erh¨alt man die Koordinatenform der Geraden  x 2 1 g = ( x2 ) ∈ R n1x1 + n2x2 = d . 63 of 99

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4.4 Normalenform einer Gerade im R2 Beispiel n 

Fu¨r g = und daher

1 2

+r



3/2 1/2

o  r ∈ R hatten wir einen Normalenvektor ~n = ( −1 3 )

    g = { ∈ R2 | − 12 • −1 = 0}, bzw. 3        x1  x −1 1 g = { x2 ∈ R2 | x12 • −1 = • = 5}, bzw. 2 3 3 x1  g = { x2 ∈ R2 | −x1 + 3x2 = 5}. x1  x2

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x1  x2

4.4 Normalenform einer Gerade im R2 Umrechnung Koordinatenform zu Parameterform  x 2 1 Um aus der Koordinatenform g = ( x2 ) ∈ R n1x1 + n2x2 = d einer Geraden g wieder eine Parameterform zu bekommen, muss man einfach die L¨osungsmenge des Gleichungssystems n1x1 + n2x2 = d (1 Gleichung, 2 Variablen) bestimmen. Alternativ kann man auch einen Punkt auf g berechnen (indem man z.B. x1 = 0 w¨ahlt und x2 = nd2 bzw. x2 = 0 w¨ahlt und x1 = nd1 – je nachdem, ob n1 oder n2 n2 ). nicht 0 ist), und einen Richtungsvektor von g berechnet, z.B. ~v = ( −n 1 Fu¨r g = {

x1  x2

∈ R2 | −x1 + 3x2 = 5} h¨atten wir also zum Beispiel:   P = (−5; 0) und ~v = 31 ,

also g= 65 of 99

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n

−5 0



  o 3 + s 1 s ∈ R .

4.5 Normalenform einer Ebene im R3 Definition 11 Es sei E eine Ebene im R3. Ein Normalenvektor der Ebene E ist ein vom Nullvektor verschiedener Vektor ~n, der senkrecht auf E steht, also orthogonal zu den beiden Richtungsvektoren der Ebene ist. Ist die L¨ange des Vektors ~n gleich 1, so spricht man auch von einem Einheitsnormalenvektor und schreibt h¨aufig ~n0. Das Kreuzprodukt liefert zu zwei Richtungsvektoren einen Normalenvektor: Definition 12 v  w  1 1 Seien ~v = vv23 und w ~ = ww23 ∈ R3 zwei linear unabh¨angige Vektoren (insb. 6= ~o ), dann ist das Kreuzprodukt von ~v und w ~ (oder Vektorprodukt) der     Vektor v2w3 − v3w2 0 ~n = ~v × w ~ := v3w1 − v1w3 6= 0 . 0 v1w2 − v2w1 Dieser ist orthogonal zu ~v und w ~. 66 of 99

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4.5 Normalenform einer Ebene im R3 v1

w1

v1

w1

v1

w1

v2

w2

v2

w2

v2

w2

v3

w3

v3

w3

v3

w3 

v2w3 − v3w2

v3w1 − v1w3

v1w2 − v2w1

v2w3 − v3w2 v3w1 − v1w3 v1w2 − v2w1

Beispiel:         1 2 0·4−2·2 −4 0 × 2 = 2 · 2 − 1 · 4 =  0  2 4 1·2−0·2 2

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4.5 Normalenform einer Ebene im R3 Sei E = {~p + r~v + s w ~ |r , s ∈ R} eine Ebene, und ~n ein Normalenvektor zu E (z.B. ~n = ~v × w ~ ). Dann l¨asst sich die Ebene E auch beschreiben durch E = {~x ∈ R3 | (~x − ~p ) • ~n = 0}. Diese Darstellung der Ebene nennt man Punkt-Normalenform von E . Durch Umformen erh¨alt man E = {~x ∈ R3 | ~x • ~n = d } mit d = ~p • ~n, welche Normalenform genannt wird, bzw. Hessesche Normalenform, wenn der Normalenvektor ~n die L¨ange 1 hat. Durch Ausschreiben des Skalarprodukts erh¨alt man die Koordinatenform der Ebene n x  o 1 3 x2 E= ∈ R n1x1 + n2x2 + n3x3 = d . x3 68 of 99

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4.5 Normalenform einer Ebene im R3 o   2 Fu¨r E = +r + s 2 r , s ∈ R hatten wir eben einen 4  −4 Normalenvektor ~n = 0 berechnet und daher ist 2 ! ( ) x    x   −4  1 1 1 3 x2 − 1 x2 E = ∈ R • 0 = 0 , bzw. x3 x3 0 2 x        o n x  −4 −4 1 1 1 3 x2 E = ∈ R xx23 • 0 = 1 • 0 = −4 , bzw. x3 2 2 o0 n x  1 3 x2 ∈ R E = −4x1 + 2x3 = −4 . x3 n  1 1 0

  1 0 2

Umrechnung Koordinatenform zu Parameterform n x  o 1 3 x2 Um aus der Koordinatenform E = ∈ R n1x1 + n2x2 + n3x3 = d wieder x3 eine Parameterform zu bekommen, muss man einfach die L¨osungsmenge des Gleichungssystems n1x1 + n2x2 + n3x3 = d (1 Gleichung, 3 Variablen) bestimmen. 69 of 99

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4.6 Leichtere Lagebestimmung mit Normalenformen Im R2: Sind P ein Punkt, h eine Gerade in Parameterform und g eine Gerade in Normalenform. Dann l¨asst sich leicht testen, ob P auf g liegt, indem man durch Einsetzen nachpru¨ft, ob der Ortsvektor von P die Gleichung der Normalenform von g erfu¨llt. Ebenso l¨asst sich die Schnittmenge von h und g einfach dadurch berechnen, dass man die Parameterform von h in die Normalenform von g einsetzt, und die resultierende Gleichung nach dem Parameter l¨ost. Beispiel x1  0 1 P = (1; 3), h = {( 2 ) + r ( 2 ) | r ∈ R} und g = { x2 ∈ R2 | ~x • ( −1 3 ) = 5}. Dann ist ( 13 ) • ( −1 3 ) = 1 · (−1) + 3 · 3 = 8 6= 5, und daher P nicht auf g . Fu¨r g und h berechnen wir die L¨osung(en) von   ( 02 ) + r ( 12 ) • ( −1 3 ) = 5 ⇔ 6 + r (−1 + 6) = 5. Diese ist r0 = − 15 . Daher haben g und h genau einen Schnittpunkt, n¨amlich den   −→ Punkt S mit −0,2 OS = ( 02 ) + r0 ( 12 ) = 1,6 70 of 99

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4.6 Leichtere Lagebestimmung mit Normalenformen ¨ Ahnlich wird die Lagebestimmung im R3 einfacher, wenn eine Ebene im Spiel ist, die in Normalenform gegeben  ist.  der Ortsvektor des Punktes Auch hier muss lediglich die Parameterform der Gerade in die Normalenform die Parameterform einer zweiten Ebene   g¨ultigen oder ung¨ultigen Gleichung eingesetzt werden, was zu einer zu l¨osenden Gleichung f¨ur den Parameter der Geraden fu¨hrt. zu l¨osenden Gleichung f¨ur die zwei Parameter der Ebene

Beispiel n −5   −3 + r E1 = 5

1 1 −1



  o o n x    3 2 1 x2 ~ x • 2 = 12 . + s 3 r , s ∈ R und E2 = x3 1

0

Einsetzen der Parameterform von E1 in die Normalenform von E2 liefert fu¨r r und s  −5   1      2 3 die Gleichung 1 −3 + r +s 3 • 2 = 12 ⇔ r = 7 − 3s. 5

−1

0

1

Also ist die Schnittgerade gegeben durch n −5   1    o n 2 1 −3 + (7 − 3s) + s 3 s ∈ R = gE1,E2 = 5

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−1

0

2 4 −2



 −1  o + s 0 s ∈ R . 3

4.7 Winkel Satz 8 Der Winkel ϕ zwischen zwei Vektoren ~v und w ~ im Rn ist der eindeutige Winkel zwischen 0◦ und 180◦ (bzw. die Zahl zwischen 0 und π), f¨ur welche ~v • w ~ cos(ϕ) = k~v k · k~ wk gilt.   1 0 2

  1

und w ~ = 1 berechnen wir den Winkel ϕ als Beispiel: Fu¨r die Vektoren ~v = 2     1 1 0 • 1 1+0+4 5 2 2



    √ √ √ = cos(ϕ) = 1 1 = 2 2 2 2 2 2 30 1 +0 +2 · 1 +1 +2

0 · 1 2 2 Daraus ergibt sich ϕ ≈ 24◦. 72 of 99

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4.7 Winkel Projektion Es gilt (mit Bezeichnungen wie in der Skizze): −→ |~v • w ~ | = k~v k · kOPk, sowie

−→ |~v • w ~ | = k~ w k · kOQk.

Genauer sind sogar −→ ~v • w ~ und OQ = ·w ~, 2 k~ wk −→ −→ d.h. das Vorzeichen des Skalarprodukts zeigt an, ob OP bzw. OQ in die gleiche Richtung zeigt wie ~v bzw. w ~ oder in die entgegengesetzte. −→ ~v • w ~ OP = · ~v 2 k~v k

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4.7 Winkel zwischen Geraden Sind g = {~p + r~v | r ∈ R}, h = {~q + s w ~ | s ∈ R} sich schneidende Geraden im R2 oder R3, so berechnet sich ihr Schnittwinkel als der Winkel ϕ zwischen 0◦ und 90◦ (d.h. zwischen 0 und π2 ) mit |~v • w ~| . cos(ϕ) = k~v k · k~ wk Beispiel   o n    o 1 2 1 3 + s 1 s ∈ R gilt also nach Fu¨r g = + r 0 r ∈ R und h = 2 2 2 ◦ der Rechnung von eben: ϕ = ](g , h) ≈ 24 . n  1 1 0

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4.7 Winkel zwischen Gerade und Ebene bzw. zwei Ebenen Sind g = {~p + r~v | r ∈ R} eine Gerade und E = {~x | ~x • ~n = d } eine Ebene im R3, die sich schneiden, so berechnet sich ihr Schnittwinkel als der Winkel ϕ zwischen 0◦ und 90◦ (d.h. zwischen 0 und π2 ) mit |~v • ~n| sin(ϕ) = k~v k · k~nk Fu¨r zwei Ebenen E1 = {~x | ~x • ~n1 = d1} und E1 = {~x | ~x • ~n2 = d2} ist ihr Schnittwinkel der Winkel ϕ zwischen 0◦ und 90◦ (d.h. zwischen 0 und π2 ), welcher cos(ϕ) = erfu¨llt. 75 of 99

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|~n1 • ~n2| k~n1k · k~n2k

5 Abst¨ ande

5. Abst¨ ande

Ziel des kommenden Abschnitts ist es, Abst¨ande von Punkten zu Geraden oder Ebenen, sowie Abst¨ande zwischen zwei Geraden, Geraden und Ebenen bzw. zwei Ebenen zu berechnen, sofern sie sich nicht schneiden.

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5.1 Lot und Lotfußpunkt Definition 13 ˆ Sei g eine Gerade im R2 beziehungsweise R3 und P ein Punkt im R2 beziehungsweise R3 , der

nicht auf der Geraden g liegt. Dann ist das Lot von P auf g definiert als die Gerade durch P, die senkrecht auf g steht. ˆ Der Lotfußpunkt (oder auch Fußpunkt des Lotes) ist definiert als der Schnittpunkt des Lotes mit der Geraden g . ˆ Sei P ein Punkt im R3 und E eine Ebene, die P nicht enth¨alt. Dann ist das Lot von P auf E definiert als die Gerade durch P, die senkrecht auf E , also senkrecht auf den beiden Richtungsvektoren von E , steht. ˆ Der Lotfußpunkt ist definiert als der Schnittpunkt des Lotes mit der Ebene E .

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5.1 Lot und Lotfußpunkt Seien ein Punkt P und eine Gerade g = {~u + r~v |r ∈ R} gegeben und P liege nicht auf g , dann gilt fu¨r den Lotfußpunkt L − → OL = ~u + r0~v , wobei r0 die L¨osung der Gleichung (~u + r~v − ~p ) • ~v = 0 ist. Das heißt: r0 =

(~p − ~u ) • ~v . 2 k~v k

Das Lot l von P auf g ist dann die Gerade durch P und L, d.h. n o − → l = ~p + s PL s ∈ R .

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5.1 Lot und Lotfußpunkt Beispiel: Der Punkt P = (1; 3) liegt nicht auf g = {( 02 ) + r ( 12 ) | r ∈ R} (siehe Abschnitt 3.1). − → Wir berechnen den Lotfußpunkt: Nach der Formel ist OL = ( 02 ) + r0 ( 12 ) mit   ( 13 ) − ( 02 ) • ( 12 ) (1 − 0) · 1 + (3 − 2) · 2 3 r0 = = = . 1 2 2 2 k(2)k (1 + 2 ) 5 Also   − → 3/5 3 OL = ( 02 ) + 5 ( 12 ) = 16/5

Die Lotgerade l ist dann: n   o −2/5 l = ( 13 ) + s 1/5 s ∈ R = {( 13 ) + t ( −2 1 ) | t ∈ R}

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5.1 Lot und Lotfußpunkt Seien ein Punkt P und eine Ebene E = {~x | ~x • ~n = d } gegeben und P liege nicht auf E , dann ist das Lot l von P auf E gegeben durch l = {~p + s~n | s ∈ R} . Der Lotfußpunkt L ist der Schnittpunkt von l − → mit E , d.h. OL = ~p + s0~n, wobei s0 die L¨osung der Gleichung (~p + s~n) • ~n = d ist. Das heißt: s0 =

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d − ~p • ~n . 2 k~nk

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5.2 Abst¨ ande von Punkten zu Geraden und Ebenen Den Abstand d (P, g ) eines Punkte P von einer Geraden g zu bestimmen, ist nun einfach: Man berechne den Lotfußpunkt L von P auf g , dann ist d (P, g ) nichts anderes als der Abstand von P zu L, also d (P, g ) = d (P, L). Ebenso erh¨alt man den Abstand d (P, E ) eines Punktes P von einer Ebene E dadurch, dass man den Lotfußpunkt L von P auf E bestimmt und dessen Abstand zu P. Es gilt n¨amlich auch hier wieder |d − ~p • ~n| d (P, E ) = d (P, L) = |s0| · k~nk = . k~nk Bemerkung Die angegebenen Verfahren zur Bestimmung des Lotfußpunktes funktionieren auch, wenn der Punkt P auf der Geraden bzw. auf der Ebene liegt. In diesem Fall erh¨alt man L = P und der Abstand ist 0. 81 of 99

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5.2 Abst¨ ande von Punkten zu Geraden und Ebenen Beispiel Im R3 seien die Punkte A = (1; 1; 0), B = (2; 1; 2), C = (3; 3; 4) und S = (4; 0; 0) gegeben. Bestimmen Sie das Volumen der dreiseitigen Pyramide mit Spitze S und Grundfl¨ache Dreieck ABC . Formel fu¨r das Volumen einer Pyramide ist: V =

1 3

· Grundfl¨ache · H¨ohe = 31 · Fl¨ache(∆ABC ) · d (S, EABC ),

wobei EABC die Ebene durch die drei Punkte A, B und C ist. Die Formel fu¨r die Dreiecksfl¨ache ist: F =

1 2

· Grundseite · H¨ohe = 21 · d (A, B) · d (C , gAB ),

wobei gAB die Gerade durch A und B ist. Insgesamt:  1 1 V = 3 2 · d (A, B) · d (C , gAB ) · d (S, EABC ) = 16 d (A, B) · d (C , gAB ) · d (S, EABC ). 82 of 99

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5.2 Abst¨ ande von Punkten zu Geraden und Ebenen Beispiel Im R3 seien die Punkte A = (1; 1; 0), B = (2; 1; 2), C = (3; 3; 4) und S = (4; 0; 0) gegeben. Bestimmen Sie das Volumen der dreiseitigen Pyramide mit Spitze S und Grundfl¨ache Dreieck ABC .

  √ √ −→

1 1. d (A, B) = kABk = 0 = 1 + 4 = 5. 2

2. d (C , gAB ):

o   1 + r 0 r ∈ R gAB = 2 −−→ −→ −→  1  Lotfußpunkt LC von C auf gAB ist daher OLC = OA + r0~v mit ~v = AB = 0 und 2     2 1 −→ 2 • 0 AC • ~v 2+8 2 4 r0 = = = = 2. √ 2 k~v k2 5 5

       0  1 3

1

Also ist d (C , gAB ) = d (C , LC ) = 1 + 2 0 − 3 = −2 = 2. n  1 1 0

0

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2

4

0

5.2 Abst¨ ande von Punkten zu Geraden und Ebenen Beispiel Im R3 seien die Punkte A = (1; 1; 0), B = (2; 1; 2), C = (3; 3; 4) und S = (4; 0; 0) gegeben. Bestimmen Sie das Volumen der dreiseitigen Pyramide mit Spitze S und Grundfl¨ache Dreieck ABC . 3. d (S, EABC ):

  o n x   −4  o 2 1 x2 ~ EABC = +r + s 2 r , s ∈ R = x • 0 = −4 x3 4 2   −−→ −→ −4 Lotfußpunkt LS von S auf EABC ist daher OLS = OS + t0~n mit ~n = 0 und 2    −4  4 −→ 0 • −4 − 0 −4 − (−16) 12 3 d − OS • ~n 0 2 = = = = . t0 =

  2 k~nk2 16 + 0 + 4 20 5

−4

02 √ √ −→ 6 Also ist d (S, EABC ) = d (S, LS ) = kSLS k = kt0~nk = |t0| 20 = 5 5. n  1 1 0

  1 0 2

Insgesamt also √ √ 1 1 6 V = 6 d (A, B)d (C , gAB )d (S, EABC ) = 6 · 5 · 2 · 5 5 = 2. 82 of 99

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5.3 Abst¨ ande paralleler Geraden bzw. Ebenen Wenn sich zwei Ebenen E1 und E2 im R3 nicht schneiden, sind sie parallel. In diesem Fall kann man ihren Abstand d (E1, E2) berechnen, indem man einen Punkt auf einer der beiden Ebenen w¨ahlt und dessen Abstand zur anderen Ebene berechnet. Sind beide Ebenen in Normalenform gegeben E1 = {~x | ~x • ~n = d1} und E2 = {~x | ~x • ~n = d2} mit demselben Normalenvektor ~n, so kann man den Abstand auch direkt berechnen durch |d2 − d1| . d (E1, E2) = k~nk Entsprechend erh¨alt man fu¨r eine Gerade g , die zu einer Ebene E parallel ist, deren Abstand d (g , E ), indem man einen Punkt auf der Geraden g w¨ahlt und dessen Abstand zur Ebene E berechnet. Auch fu¨r zwei zueinander parallele Geraden g und h berechnet man deren Abstand d (g , h), indem man einen Punkt auf einer der beiden Geraden w¨ahlt und dessen Abstand zur anderen Geraden berechnet. 83 of 99

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5.4 Abstand windschiefer Geraden im R3 Satz 9 Sind g = {~p + r~v | r ∈ R} und h = {~q + s w ~ | s ∈ R} zwei Geraden, die nicht parallel sind, so gibt es auf g und h jeweils einen eindeutigen Punkt Lg bzw. Lh so, dass der Abstand d (Lg , Lh ) minimal ist unter allen Abst¨anden von Punkten auf g und Punkten auf h. Per Definition ist dann d (g , h)= d (Lg , Lh ). Lg und Lh sind eindeutig dadurch charakterisiert, dass die Gerade durch Lg und Lh sowohl auf g als auch auf h senkrecht steht. − → − → Die Punkte Lg und Lh sind gegeben durch OLg = ~p + r0~v und OLh = ~q + s0w ~, wobei ( sr00 ) die eindeutige Lo¨sung des Gleichungssystems   (~p + r~v − ~q − s w ~ ) • ~v = 0 ⇔ (~p + r~v − ~q − s w ~)•w ~ = 0   k~v k2 · r − (~v • w ~ ) · s = (~q − ~p ) • ~v ~v • w ~ · r − k~ w k2 · s = (~q − ~p ) • w ~ ist. 84 of 99

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5.4 Abstand windschiefer Geraden im R3 Beispiel n  1 1 0

  o 1 + r · 0 r ∈ R und

Wir betrachten die beiden Geraden g = 2 o n    2 1 3 + s · 1 s ∈ R , welche zueinander windschief sind (vgl. Bsp. in h= 4 2 3.3). Welchen Abstand haben diese zwei Geraden zueinander? Fu¨r die Lotfußpunkte Lg und Lh ist also das folgende Gleichungssystem zu l¨osen !             1 1 2 1 1 1 +r · 0 − 3 −s · 1 • 0 =0 h i h i 2 4 2 2  0  5r − 5s = 9 5r − 5s = 9 !     ⇔ 5r − 6s = 11 ⇔         − s = 2 1 1 0

+r ·

1 0 2



2 3 4

−s ·

1 1 2



1 1 2

=0

Also s0 = −2 und r0 = 51 (9 − 10) = − 15 , d.h. Lg = ( 45 ; 1; − 25 ) und Lh = (0; 1; 0). Der Abstand betr¨agt also: q q √ 4 2 2 2 16 4 2 2 d (g , h) = d (Lg , Lh ) = (0 − 5 ) + (1 − 1) + (0 + 5 ) = 25 + 25 = 5 5. 85 of 99

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5.4 Abstand windschiefer Geraden im R3 Wenn man die Lotfußpunkte nicht beno¨tigt, sondern nur den Abstand zwischen den windschiefen Geraden sucht, gibt es auch folgende Formel: Satz 10 Sind g = {~p + r~v | r ∈ R} und h = {~q + s w ~ | s ∈ R} zwei Geraden im R3, die nicht parallel sind, und ~n ein Vektor, der zu beiden Geraden orthogonal ist, so l¨asst sich der Abstand von g und h berechnen durch |(~q − ~p ) • ~n| d (g , h) = k~nk n    o n    o 1 1 2 1 1 + r 0 r ∈ R und h = 3 + s 1 s ∈ R ist Im Beispiel mit g = 0 2 4 2 q      −2  √ 1 1 2 2 ~n = ~v × w ~ = 0 × 1 = 0 und k~nk = (−2) + 1 = 5 2

2

1

und daher       −2 1 2 d (g , h) = √15 · 3 − 1 • 0 = 4

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0

1

√1 5



1 · (−2) + 3 · 0 + 4 · 1 =

√2 5

√ = 5. 2 5

6 Kreise und Kugeln

6. Kreise und Kugeln

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6.1 Kreisrand und Kreisfl¨ ache Definition 14 Es sei M = (m1; m2) ein Punkt im R2 und r ∈ R mit r ≥ 0. Dann ist der Kreis um M mit Radius r (genauer die Kreislinie) die Menge aller Punkte, die von M den Abstand r haben, also  2 K (M; r ) =  ~x ∈  R k~x − ~k=r m  x1 . ∈ R2 (x1 − m1)2 + (x2 − m2)2 = r 2 = x2 Das doppelte des Radius wird Durchmesser d = 2r genannt. Die Fl¨ache, die vom Kreis begrenzt wird, also die Menge     x1 ~x ∈ R2 k~x − m ~k≤r = ∈ R2 (x1 − m1)2 + (x2 − m2)2 ≤ r 2 x2 wird Kreisfl¨ache mit Mittelpunkt M und Radius r (bzw. Durchmesser d = 2r ) genannt. 88 of 99

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6.1 Kreisrand und Kreisfl¨ ache Definition 15 Sei M = (m1; m2) ∈ R2 beliebig. Der Kreis mit Radius r    x1 K (M; r ) = ∈ R2 (x1 − m1)2 + (x2 − m2)2 = r 2 x2 hat den Umfang 2πr und die zugeh¨orige Kreisfl¨ache hat den Fl¨acheninhalt πr 2. Insbesondere sind Umfang und Fl¨acheninhalt eines Kreises unabh¨angig vom Mittelpunkt des Kreises. Beispiel: Der Kreis um M = (1; −1) mit Radius 1 ist gegeben durch K (M; 1) = {~x | (x1 − 1)2 + (x2 + 1)2 = 1}. Sein Umfang betr¨agt U = 2π und sein Fl¨acheninhalt A = π 2.

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6.2 Kugelfl¨ ache und Vollkugel Definition 16 Sei M = (m1; m2; m3) ∈ R3 ein Punkt und r ∈ R mit r ≥ 0. Dann ist die Kugel um M mit Radius r (genauer die Kugel(ober)fl¨ache) die Menge aller Punkte, die von M den Abstand r haben, also  3 K (M; r ) = ~x ∈ R k~x − m ~k=r =

n x  1 x2 x3

o. ∈ R3 (x1 − m1)2 + (x2 − m2)2 + (x3 − m3)2 = r 2

Der von der Kugel begrenzte Bereich, also die Menge o n x   1 2 2 2 2 3 x2 ~x ∈ R3 k~x − m ~k≤r = ∈ R (x − m ) + (x − m ) + (x − m ) ≤ r 1 1 2 2 3 3 x3 wird Vollkugel mit Mittelpunkt M und Radius r (bzw. Durchmesser d = 2r ) genannt.

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6.2 Kugelfl¨ ache und Vollkugel Definition 17 Sei M = (m1; m2; m3) ∈ R3 beliebig. Die Kugelfl¨ache mit Radius r n x  o 1 3 2 2 2 2 x2 K (M; r ) = ∈ R (x − m ) + (x − m ) + (x − m ) = r 1 1 2 2 3 3 x3 hat den Fl¨acheninhalt 4πr 2, die zugeh¨orige Vollkugel hat das Volumen 43 πr 3. Insbesondere sind Fl¨acheninhalt und Volumen einer Kugel unabh¨angig vom Mittelpunkt der Kugel.

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6.3 Kreise und Geraden Definition Sei M ∈ R2 beliebig und K (M; r ) der Kreis(rand) mit Radius r um M. Dann nennt man 1. eine Gerade im R2, die den Kreis nicht beru¨hrt, eine Passante, 2. eine Gerade im R2, die den Kreis nur in genau einem Punkt beru¨hrt, eine Tangente und 3. eine Gerade im R2, die den Kreis in genau zwei Punkten schneidet, eine Sekante.

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6.3 Kreise und Geraden Gegeben: Gerade g und K (M; r ) ein Kreis mit Radius r um den Mittelpunkt M ∈ R2 . Gefragt: Ist die Gerade eine Passante, Tangente oder Sekante? ˆ d (M, g ) > r ˆ d (M, g ) = r ˆ d (M, g ) < r

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⇒ ⇒ ⇒

g ist eine Passante. g ist eine Tangente. g ist eine Sekante.

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6.3 Kreise und Geraden Gegeben:

g = {( uu12 ) + s · ( vv12 )|s ∈ R},  x 2 2 2 2 1 K (M; r ) = ( x2 ) ∈ R (x1 − m1) + (x2 − m2) = r

Gesucht: Schnittmenge 1. Setze fu¨r ~x die Werte der Geraden ein (u1 + s · v1 − m1)2 + (u2 + s · v2 − m2)2 = r 2.

=⇒

2. Umformen liefert die quadratische Gleichung 2 · (~u − m ~ ) • ~v k~u − m ~ k2 − r 2 s − ·s + = 0, k~v k2 k~v k2 2

3. Setze die L¨osungen fu¨r s wieder in die Geradengleichung ein, um die Schnittpunkte zu bekommen. – keine L¨osung: Gerade ist eine Passante – genau eine L¨osung: Gerade ist eine Tangente – zwei verschiedene L¨osungen: Gerade ist eine Sekante.

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6.3 Kreise und Geraden Beispiel Wir wollen untersuchen, wie die Gerade g = {~x ∈ R2 | x1 − x2 = 1} zum Kreis K (M; 1) mit M = (1; −1) liegt, und gegebenenfalls die Schnittpunkte berechnen. Zun¨achst ist P = (1; 0) ein Punkt auf g und ~v = ( 11 ) ein Richtungsvektor, weshalb eine Parameterform von ist als g = {( 10 ) + s ( 11 ) | s ∈ R}.  g gegeben Weiter ist K (M; 1) = ~x ∈ R2 | (x1 − 1)2 + (x2 + 1)2 = 1 . Wir setzen dann die Parameterform der Gerade in die Gleichung ein: ((1 + s) − 1)2 + (s + 1)2 s 2 + s 2 + 2s + 1 2s 2 + 2s 2s(s + 1)

= = = =

1 1 0 0

Also gibt es die zwei L¨osungen s = 0 und s = −1. Daher ist die Gerade eine Sekante und die Schnittpunkte sind S1 = (1; 0) und S2 = (0; −1). 95 of 99

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6.4 Schnitte von Kreisen Sind im R2 zwei Kreise K1 = K (M1; r1) und K2 = K (M2; r2) gegeben, kann man sich auch die Frage stellen, welche gemeinsamen Punkte diese Kreise haben. Es gibt in diesem Fall vier M¨oglichkeiten: 1. 2. 3. 4.

Die Die Die Die

Kreise Kreise Kreise Kreise

haben keinen gemeinsamen Punkt, d.h. sie schneiden sich nicht. haben einen gemeinsamen Punkt, d.h. sie beru¨hren sich. schneiden sich in genau zwei Punkten. sind gleich (d.h. M1 = M2 und r1 = r2),

Abgesehen vom letzten Fall, bei dem beide Gleichungen identisch sind, lassen sich die M¨oglichkeiten folgendermaßen charakterisieren: 1. d (M1, M2) < |r1 − r2| (ein Kreis liegt komplett im anderen) oder d (M1, M2) > r1 + r2 (die Mittelpunkte liegen zu weit“ auseinander). ” 2. d (M1, M2) = |r1 − r2| (beru¨hrt von innen) oder d (M1, M2) = r1 + r2 (beru¨hren sich außen). 3. |r1 − r2| < d (M1, M2) < r1 + r2 (schneiden sich).

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6.4 Schnitte von Kreisen Beispiel zur Berechnung der Schnittmenge K1 = K (M1; 1) und K2 = K (M2; 3) mit M1 = (1; −1) und M2 = (3; 0). Die Kreisgleichungen sind dann K1 = {~x | (x1 − 1)2 + (x2 + 1)2 = 1} = {~x | x12 − 2x1 + x22 + 2x2 + 1 = 0}

und

K2 = {~x | (x1 − 3)2 + (x2 − 0)2 = 32} = {~x | x12 − 6x1 + x22 = 0}. Zieht man die zweite von der ersten ab, erh¨alt man die Geradengleichung 4x1 +n 2x2 +1 = 0. Eine fu¨r die zugeh¨orige Gerade g ist: Parameterform o 0 −1 ) s ∈ R . 1 g= + s ( −2 2 1 2 2 Einsetzen in zweite Kreisgleichung liefert (−s) − 6(−s) + (− + 2s) = 0, und 2 √ 11 2 schließlich die L o sungen s = − ± erhalten wir zwei Schnittpunkte ¨ 1,2 5 10 . Daher √ √ √ √ 11 11 11 2 13 S1 = ( 52 − 1011 ; − 13 + ) und S = ( + ; − − 2 10 5 5 10 10 5 ).

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6.5 Kugeln und Geraden Gegeben: Gerade g eine Gerade im R3 und ∂Kr (M) eine Kugel mit Radius r um den Mittelpunkt M ∈ R3. Gefragt: Ist die Gerade eine Passante, Tangente oder Sekante? ˆ d (M, g ) > r ˆ d (M, g ) = r ˆ d (M, g ) < r

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⇒ ⇒ ⇒

g ist eine Passante. g ist eine Tangente. g ist eine Sekante.

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6.5 Kugeln und Geraden o  v  1 Gegeben: g = + s · vv23 s ∈ R , o n x  1 2 2 2 2 3 x2 ∂Kr (M) = ∈ R (x1 − m1) + (x2 − m2) + (x3 − m3) = r x3 n u  1 u2 u3

Gesucht: Schnittmenge 1. Setze fu¨r ~x die Werte der Geraden ein =⇒

(u1 + s · v1 − m1)2 + (u2 + s · v2 − m2)2 + (u3 + s · v3 − m3)2 = r 2.

2. Umformen liefert die quadratische Gleichung 2 · (~u − m ~ ) • ~v k~u − m ~ k2 − r 2 s − ·s + = 0, k~v k2 k~v k2 2

3. Setze die Lo¨sungen fu¨r s wieder in die Geradengleichung ein. – keine L¨osung: Gerade ist eine Passante – genau eine L¨osung: Gerade ist eine Tangente – zwei verschiedene L¨osungen: Gerade ist eine Sekante.

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