Von Simon Dietlmeier

SIMON DIETLMEIER

Erfahrungsbericht Auslandssemster an der Universität von Hongkong (HKU) Januar-Mai 2016

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1. Bewerbungsverfahren Wie bei allen Partneruniversitäten der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, erfolgt die Bewerbung an der Universität von Hongkong in einem zweistufigen Verfahren. Erforderlich ist zunächst die Bewerbung an der TUM School of Management. Als Nachweis der Sprachkentnis ist hierbei ein DAAD-Test ausreichend; ein TOEFL-Test ist jedoch auch möglich, sogar mit einer relativ geringen Punktzahl. Nach der erfolgreichen Nominierung durch die Fakultät erfolgt die offizielle, jedoch eher nur formelle Bewerbung und Bestätigung an der HKU. Der Prozess ist gut organisiert und es werden ausreichend Informationen zur Verfügung gestellt. Sollte man einmal das Gefühl haben, eine Mail nicht bekommen zu haben o.ä., erhält man bei Nachfrage schnell Auskunft. Nach einigen Wochen erhielt ich die Zulassungsbestätigung per Mail und Post. 2. Vorbereitung Da ich mein Auslandssemster erst in Term 2 von Januar bis Mai absolviert habe, blieb ausreichend Zeit für die Vorbereitung. Diese umfasste die Bewerbung für das Visum, Planung von Unterkunft und Anreise, Finanzierung und Kurswahl. Zu den meisten offenen Fragen gab es auch ausreichend Informationen durch die HKU. 2.1 Visum Hongkong gehört zwar offiziell zur Volksrepublik China, ist jedoch gemäß der Politik „Ein Land, zwei Systeme“ eine Sonderwirtschaftszone, sodass es viele Sonderregelungen und Unterschiede gibt: eigene Währung, unabhängiges Wirtschaftssystem und weitestgehend innenpolitische Unabhängigkeit. Ebenso gibt es ein eigenes Visum für Hongkong, welches Touristen bei der Einreise erhalten (muss nicht vorher ausgestellt werden, wie das Chinesische). Als Student benötigt man ein spezielles Visum, welches jedoch beantragt werden muss. Erforderlich hierfür ist ein „Sponsor“, welcher die Organisation „CEDARS“ der HKU sein kann. Diese übernimmt dann alle organisatorischen Aufgaben. Man könnte sich auch selbst um den Prozess kümmern, was jedoch wesentlich aufwendiger ist und auf eigene Verantwortung geschieht, sodass ich davon abrate. Das Visum erhielt ich dann ca. 2 Monate nach Beantragung und mit ausreichendem Abstand vor Beginn des Auslandssemesters. So konnte ich frühzeitig meinen Flug buchen. Es kann jedoch passieren, dass das Visum erst sehr kurzfristig oder sehr selten nicht rechtzeitig vor dem Abflug eintrifft. In diesem Fall ist das kein Problem, man reist mit Touristenvisum ein und erhält das Studentenvisum von der Universität vor Ort. Dann ist jedoch eine kurze Ausreise nach Macau und Wiedereinreise nötig, um das Visum zu aktivieren. Ein kurzer Hinweis: bei der Einreise erhält man eine kleine weiße Quittung, diese muss unbedingt aufgehoben und bei Ausreise mitgeführt werden, sonst muss diese erneut bei der Einwanderungsbehörde ausgestellt werden, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Bei Aus- und Einreisen gilt man als HK Resident und muss nicht an den Touristen-Schaltern warten. 2

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2.2 Finanzierung- und Versicherungen Eine Aufstellung der zu erwartenden Kosten erhält man von CEDARS im Vorhinein. Die vergleichsweise hohen Studiengebühren entfallen dank der Fakultätspartnerschaft, sodass noch Kosten für Unterkunft, Lebenshaltung und Mobilität anfallen. Das Preisniveau von Hongkong ist in einigen Bereichen teurer als in Deutschland, in anderen günstiger und hängt von der persönlichen Einstellung, sowie vom Wechselkurs ab. Eine, besser zur Sicherheit zwei Kreditkarten sind in Hongkong vollkommen ausreichend. Es gibt zwar die Möglichkeit, für das eine Semester einen Account bei der HSBC zu eröffnen, dies ist jedoch relativ aufwendig und bei einer Reisekreditkarte ohne Auslandsgebühren, z.B. der DKB, nicht unbedingt erforderlich. Auf dem Campus gibt es zwei Banken zum Geldabheben, dort kann auch die Unterkunft bezahlt werden. Sonstige Rechnungen können meist auch in Bar bei einem der vielen 7/11 Kiosk-Geschäfte beglichen werden. Als Versicherung habe ich eine Auslandskrankenversicherung mit Reiseunfall- und Haftpflicht abgeschlossen. Hier bietet sich z.B. Student-Plus von Dr. Walter an, die ich generell zur Sicherheit empfehlen würde.

2.3 Gesundheit Zur Vorbereitung der Reise sollten auf jeden Fall mit einem Arzt die notwendigen Impfungen besprochen werden, vor allem wenn man weitere Reisen plant. Dann können abseits des Standards Impfungen gegen z.B. Grippe, Tollwut und Japanische Enzephalitis sinnvoll sein. Dies würde ich jedoch mit einem Tropenmediziner abklären, zumal sich die Empfehlungen ändern können. Generell muss man sich in Hongkong keine Sorgen machen; das Gesundheitssystem ist sehr effektiv und verhindert meist, dass in den umliegenden Regionen vorkommende Tropenkrankheiten nach Hongkong gelangen. Mückenschutz ist in der Sommerzeit jedoch zu empfehlen. Die Universität bietet einen kostenlosen Gesundheitsdienst für alle Studenten an. Ein Termin bei den guten Allgemeinmedizinern kann über das Internet ausgemacht werden. Medizin erhält man ebenfalls kostenlos verschrieben. Generell gibt es in Hongkong sehr gute Ärzte, z.B. auch einen Zahnärzte. Eine gute und umfassende Aufzählung auch westlicher Mediziner bietet das deutsche Generalkonsulat an: http://www.hongkong.diplo.de/contentblob/1857898/Daten/ 5208595/DownloadDatei_Liste_Doctors_HK.pdf

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2.4 Anreise Der Flughafen von Hongkong ist einer der größten weltweit und wichtiges Drehkreuz in Asien. Er wird von München direkt durch Lufthansa mehrmals wöchentlich angeflogen, ebenso gibt es zahlreiche Umsteigeverbindungen mit den Golf-Airlines. Auch kurzfristig sind oft noch relativ günstige Flüge verfügbar. Vom Flughafen gelangt man mit dem Zug, Bus oder Taxi in die Stadtmitte. Ich würde auf jeden Fall empfehen, einige Tage (am besten eine Woche) vor Beginn des Semsters anzukommen, um organisatorische Dinge zu erledigen, andere Austauschstudenten und Locals kennenzulernen und an Einführungsveranstaltungen der Universität teilzunehmen. 2.5 Unterkunft Platz ist in Hongkong Mangelware, Wohnen entsprechend teuer, teilweise doppelt so teuer als in München. Man sollte daher auf jeden Fall versuchen, einen Platz in einem der zahlreichen Studentenwohnheim zu bekommen. Hierbei muss jedoch zwischen „Halls“ und „Residential Colleges“ unterschieden werden. Halls sind sehr starkt geprägt von der Gemeinschaft, mit unzähligen Veranstaltungen und Aktivitäten, an denen man teilnehmen sollte. Deswegen wohnen dort hauptsächlich lokale und chinesische Studenten. Ich selbst habe in einem der Residential Colleges gewohnt. Diese sind relativ neu und modern, etwas oberhalb der U-Bahn Haltestelle Kennedy Town gelegen, wo es zahlreiche Essensmöglichkeiten gibt. Man teilt sich sein ca. 15m² großes Zimmer mit einem Mit-Studenten, den man vorher leider nicht kennen lernt. Ich wohnte mit einem Studenten aus Mainland-China zusammen. Auf jedem Stockwerk leben ca. 20 Studenten, die sich eine Küche, sowie Toiletten und Duschen teilen. Jedes der Colleges hat ca. 25 Stockwerke, einen Waschraum, sowie Gemeinschaftsräume. Es gibt zudem einen geteilten Veranstaltungssaal, in welchem einige verpflichtende „High-Table Dinner“ stattfinden; eine Kantine o.ä. gibt es jedoch nicht auf dem Gelände. Dafür ist jedoch eine Shuttle-Bus Verbindung zum Hauptcampus eingerichtet, mit einer Fahrzeit von ca. 8 min. Die Wohnheimplätze werden auf „First come, first serve“-Basis verteilt, sodass sich frühes Aufstehen bei Zeitverschiebung lohnt. Sollte man keinen Platz in einem der Wohnheime bekommen, unterstützt die Universität bei der Suche nach Alternativen. Es gibt u.a. angemietete Wohnungen, welche man sich mit Mitstudenten teilen kann. Diese sind jedoch relativ teuer und nicht modern. Zudem gibt es Nachrückverfahren für die Wohnheime, und ich habe es gerade bei den Residential Colleges erlebt, dass noch einige Restbetten später verteilt werden.

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3. Ankommen vor Ort Es empfiehlt sich ein Flugzeug nach Hongkong zu buchen, das spätestens am frühen Abend dort landet. Dies erleichtert zum Einen das Einchecken in der Unterkunft, zum anderen können noch einige organisatorische Dinge erledigt werden. Es kann vorkommen, dass an der Rezeption des Wohnheims kaum Englisch gesprochen wird und es zu Beginn deshalb Verständigungsprobleme gibt. Das Zimmer ist zwar sofort bezugsfertig, jedoch ohne weitere Ausstattung. So fehlt es vor allem an Bettzeug, welche man entweder im Koffer mitnehmen oder vor Ort kaufen muss, z.B. bei Ikea. Alternativ kann man sie sich mit der normalen Post schicken lassen und in der Hauptpost abholen. Für die Fortbewegung mittels öffentlicher Verkehrsmittel benötigt man eine OctopusKarte. Dabei handelt es sich um eine Prepaid-Karte, die auch in fast allen Geschäften und Restaurants als Zahlungsmittel genutzt werden kann. Als Student beantragt man eine vergünstigte Version, die die Fahrpreise der U-bahn (auch MTR genannt), halbiert. Zum Telefonieren besorgt man sich eine prepaid SIM-Karte, am besten direkt im Geschäft von China Mobile, wo sie dann gleich freigeschaltet wird. Telefonieren und Surfen ist sehr günstig, für unbegrenzt LTE-Internet zahlt man im Monat ca. 10 €. Das Netz ist hervorragend, selbst in entlegenen Gebieten. An der Universität finden in der ersten Woche zahlreiche Orientierungsveranstaltungen, Begrüßungen, Campus-Führungen etc. statt, wodurch man viele wichtige Informationen erhält; es gibt ebenso Semesterpartys und KennenlernTreffen. Die Universität hat zudem ein sog. Buddy-Programm, in welchem man bereits vor Anreise einen lokalen, studentischen Mentor zugewiesen bekommt, ähnlich dem Programm an der TUM.

4. Studium und Leben an der Uni 4.1 Anrechnung und Kurswahl Nach der Zulassung kann man im Online-Portal eine Vorauswahl der Kurse treffen und sich für interessante Veranstaltungen anmelden. Dabei muss beachtet werden, dass nicht mehr als 5 Kurse möglich sind und es keine Überschneidungen geben darf. Zudem gibt es bei allen Kursen Anwesenheitspflicht, die kontrolliert wird und als Sanktionsmaßnahme bei Nicht-Einhalten Notenabzüge bis das Nicht-Bestehen des Kurses vorsieht. Von den ausgesuchten und vorangemeldeten Kursen wird man dann sicher nur in ein Fach eingeschrieben, den Rest muss man dann in den ersten beiden Wochen (Add/Drop-Periode) nach- bzw. neu-wählen. Dadurch hat man aber den Vorteil, sich Professoren und Kursinhalte vorher genauer ansehen zu können, bei späten Änderungen kann es jedoch etwas schwierig sein, seinen Wunschplatz zu 6

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bekommen. Die Anrechnungsregeln sind für alle Partneruniversitäten die gleichen, genaueres findet man unter http://www.wi.tum.de/en/academic-programs/faqs-andforms/. Eine Regel besagt, dass mindestens die Hälfte der Credits (6 Credits pro Kurs, max. 30 Credits insgesamt) an der Faculty of Business and Economics eingebracht werden müssen. Zusätzlich kann ein 6-Credit Chinesisch-Sprachkurs besucht werden, wobei eine Wahl zwischen Mandarin und Kantonesisch möglich ist.

4.2 Durchführung der Kurse Die HKU ist eine englischsprachige Universität; alle Professoren und Kursleiter sprechen Englisch, die meisten sehr gut. Anders als an der TUM gibt es fast keine „großen“ Vorlesungen, sondern meist kleinere Gruppen von 20-50 Studenten pro Veranstaltung. Entsprechend ist der Unterricht eher interaktiv aufgebaut, mit Benotung von Mitarbeit, Referaten und Gruppenarbeiten, die etwa die Hälfte der Endnote ausmachen. Die Arbeitsmenge ist daher unter dem Semester höher als an der TUM, zumal es in vielen Fächern Midterm-Prüfungen gibt. Ende des Semesters findet dann kursabhängig eine Klausur statt, oder man muss stattdessen ein „Final paper“ schreiben.

4.3 Leben an der Uni Die Universität hat einen sehr schönen Campus, der am Fuße des Berges Victoria Peak liegt und leicht am Hang hängt. Dadurch hat das Gelände einen interessanten Aufbau, mit Rolltreppen und Liften, teils hochhausartigen Gebäuden, jedoch mit einem der schönsten, in Hongkong noch bestehenden Kolonialbauten als Hauptgebäude. Es gibt einen etwas älteren Hauptcampus, sowie einen neuen und top-modernen Campus (Centennial-Campus), welche über die sog. University Street, eine breite Fußgängerstraße, ebenerdig miteinander verbunden sind. Direkt unterhalb der Universität gib es eine MTR-Haltestelle, deren Zugang über eine Plattform mit ca. 80m langen Aufzügen erfolgt. Die Haltestelle liegt auf der IslandLine, über die man ca. 7 min ins Zentrum braucht. Die Universität ist also sehr zentral auf Hongkong Island gelegen und auch nur eine Station von den Residential Colleges entfernt. Es gibt sehr schöne, moderne und bequeme Vorlesungsräume, die jedoch oft – wie so ziemlich jedes Gebäude in Hongkong – ganzjährig für unsere Verhältnisse sehr kühl klimatisiert sind. Der Campus selbst bietet mehrere Mensen, Cafés und Kioske zum Essen, in denen das Essen im Vergleich zum Rest von Hongkong am günstigsten ist; auch ein Supermarkt befindet sich auf dem Gelände. Es gibt eine sehr große Hauptbibliothek mit Lernräumen, aber auch sehr moderne, große Lerneinrichtungen im CentennialCampus, u.a. mit Mac-Bar und Ohrensesseln. 7

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Leben in Hongkong

Hongkong ist eine unglaublich faszinierende, lebendige und abwechlungsreiche Stadt. Neben den bekannten Teilen, der Halbinsel Kowloon im Norden und der Insel Hongkong Island südlich davon, besteht das Territorium aus über 200 Insel. Viele davon sind mit einer schnellen Fährverbindung an Hongkong Central angebunden und bieten sich für Halbtages- und Tagesausflüge an. Zudem fahren Fähren in einer Stunde nach Macau, welches immer einen Wochenendtrip wert ist und einen Stadtkern mit portugiesischer Architektur, sowie zahlreiche Casinos nach amerikanischem Vorbild besitzt. Alle anderen Orte in Asien sind gut per Flugzeug zu erreichen. Hongkong selbst besticht durch eine faszinierende Mischung aus fernöstlich und westlich (alle internationalen Firmen sind mit vielen internationalen Mitarbeitern vertreten; auch wer unbekanntere Marken sucht, findet bspw. sogar Andechser Naturjoghurt). Es gibt glamuröse Viertel mit strahlenden Wolkenkratzern, nicht weit entfernt jedoch alte chinesische Viertel. Es gibt alle Arten von internationalem Essen (teuer), genauso wie traditionelle Kantonesische Küche „Dim Sum“ (günstig). Das Nachtleben findet im zentral gelegenen Viertel „Lan Kwai Fong“ statt. Wer es gerne etwas höher hat, kann seinen Cocktail in der Ozone-Bar im 118. Stock im Freien trinken. Das Meer und die vielen Parks machen die Stadt sehr lebenswert. Für mich gehört Hongkong zu den interessantesten Städten in Ostastien und ist sicher eine großartige Erfahrung im Auslandssemster.

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