Unterrichten an Waldorfschulen

Unterrichten an Waldorfschulen Heiner Barz (Hrsg.) Unterrichten an Waldorfschulen Berufsbild Waldorflehrer: Neue Perspektiven zu Praxis, Forschung, ...
Author: Simon Lenz
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Unterrichten an Waldorfschulen

Heiner Barz (Hrsg.)

Unterrichten an Waldorfschulen Berufsbild Waldorflehrer: Neue Perspektiven zu Praxis, Forschung, Ausbildung

Herausgeber Prof. Dr. Heiner Barz Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Deutschland

ISBN 978-3-658-00550-4 DOI 10.1007/978-3-658-00551-1

ISBN 978-3-658-00551-1 (eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Lektorat: Stefanie Laux, Monika Kabas Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.springer-vs.de

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

Christof Wiechert Vorwort ....................................................................................................................................... 9 Heiner Barz Einführung des Herausgebers ........................................................................................... 13

A: Waldorflehrer/innen zwischen gestern und morgen

M. Michael Zech Die Gründungsidee der Waldorfschulen und das Problem der Schulbzw. Lehrerautonomie im internationalen Kontext .................................................. 19 Christof Wiechert Lehrerinnen und Lehrer an Waldorfschulen – Eine kleine Polemik zum Berufsbild des Lehrers und was damit zusammenhängt ......................................... 53 Regine Breusing, Solveig Steinmann-Lindner Konzept und Praxis der Hannoverschen Kassen zur sozialen Sicherung der Waldorflehrer .................................................................................................................. 73

B: Ausprägungen des Berufsbildes

Ulrike Luise Keller, Peter Loebell Der Klassenlehrer an Waldorfschulen – Auftrag, Sternstunden, Herausforderungen .............................................................................................................. 89 Gisela Riegler Zum Fremdsprachenunterricht an Waldorfschulen ................................................109

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Inhaltsverzeichnis

Regine Basfeld Eurythmie unterrichten .....................................................................................................127 Jochen Krautz, Klaus Schröder Werken: Unzeitgemäßes Tun?! .......................................................................................145 Holger Kern „Erdachtes mag zu denken geben, doch nur Erlebtes wird beleben“ − Musik-Künstler als Erziehungskünstler........................................................................159 Silke Engesser, Thomas Erle Die pädagogische Teamarbeit an integrativen und inklusiven Waldorfschulen – eine Chance für die Waldorfpädagogik ....................................179 Zan Redzic, Albert Schmelzer Pädagogische Herausforderungen im interkulturellen Kontext ........................195

C: Waldorflehrerausbildung 2.0

Peter Loebell Zur wissenschaftlichen Ausbildung von Waldorflehrern......................................211 Wilfried Sommer Studium und Ausbildung zum Waldorf-Oberstufenlehrer – unter besonderer Berücksichtigung der Quer- und Seiteneinsteigerprogramme............................................................................................231

D: Internationale Perspektiven

Christof Wiechert, Heiner Barz Waldorfpädagogik weltweit − Ein Gespräch mit Christof Wiechert zur Situation der Waldorflehrerbildung auf den Kontinenten ...................................257 Vladimir Sagvosdkin Erfahrungen der Waldorfschulen und Waldorflehrer in Russland ......................279

Inhaltsverzeichnis

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E: Waldorflehrer/innen im Spiegel der Forschung

Heiner Barz Vom Puritanismus zum Pragmatismus? Metamorphosen im Selbstverständnis der Waldorfpädagogen ................................................................303 Sylva Liebenwein Waldorflehrer aus Schüler- und Elternsicht ................................................................321 Richard Landl Entwicklung eines Qualitätsverfahrens für Unterricht − Pädagogische Unterrichtsentwicklung.....................................................................................................339 Über die Autoren .................................................................................................................355

Vorwort Vorwort

Christof Wiechert Christof Wiechert

Hilfe, schon wieder ein Buch über ‚Waldorf‘! Es scheint mittlerweile eine lohnende Tätigkeit zu sein über Waldorf, Waldorfschulen oder Steiner zu schreiben. Ob von Zuschauern oder Akteuren geschrieben wird – darauf scheint es nicht anzukommen. Fest steht: geschrieben wird. Dabei muss ich immer an den Provokateur Steiner denken, der einmal sagte, zukünftige Generationen werden sich schämen darüber, was ihre Vorfahren alles nötig hatten über Erziehung zu schreiben. Ein echter Steiner-Satz! Müssen wir uns schämen über den Band, den Heiner Barz vorgelegt hat? Keineswegs! Aber man muss wissen: der Band ist aus der Perspektive der aktiven Pädagogen, sozusagen aus der „Täterperspektive“ geschrieben, auch wenn sich darin bemerkenswerte Ergebnisse aus empirischen Studien finden, die Sylva Liebenwein und Heiner Barz aus Interviews mit Lehrern und Schülern an Waldorfschulen gewonnen haben. Und es gehört nun einmal zu dieser Perspektive, dass ein gewisser Enthusiasmus für die Sache vorhanden ist. Es ist ein kritischer Enthusiasmus, denn die Autoren wissen ganz genau, dass Schulidentität nur so gut sein kann wie die Summe der Bestrebungen der darin wirkenden Menschen. Vergleichen wir diesen Band mit einem schönen, reich zusammengestellten Blumenstrauß. Der Strauß an sich wird uns schon erfreuen, da er unterschiedlichste, sorgfältig ausdifferenzierte Positionen zu Wort kommen lässt. Und wenn man dabei bedenkt, dass die weitaus meisten Autoren tatsächlich auch Lehrer sind oder jedenfalls vor dem Hintergrund einer lehrenden Tätigkeit schreiben, kann dieser Band auch etwas aussagen über die Kraft der Kolleginnen und Kollegen, sich auch noch reflektierend mit dem Beruf auseinanderzusetzen. Betrachten wir einige Blumen etwas näher, als eine Art Ouvertüre zur Lektüre. ƒ

Am Anfang steht der große Wurf von Michael Zech, der den Versuch wagt, den Werdegang der nahezu hundertjährigen Geschichte dieses Schulmo-

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Christof Wiechert dells zu skizzieren. Er zeigt, wie aus nicht viel mehr als gutem Willen und erstaunlicher Durchsetzungskraft in krisenhafter Zeit aus der ‚Stuttgarter Uhlandshöhe‘ eine weltweite Schulbewegung erwuchs. Da ist die bewegende Geschichte der Staatsschullehrerin Ulrike Luise Keller, die aus reiner Begeisterung für die Waldorf-Idee den Sprung zur Klassenlehrerin an einer Waldorfschule wagt und die unmittelbare Erfahrung macht: Kinder brauchen eine Bezugsperson in der Schule (was ja das Klassenlehrerprinzip gewährleistet). Sie selbst entwickelt sich durch die sich erweiternden Fachkompetenzen, die sie sich selbst erarbeitet. Und es ist genau diese Entwicklung des Lehrers, die das Lernen der Schüler zündet. Auch spürt man, wie wohltuend es ist, sich gemeinsam mit den Schülern zu entwickeln. Es findet sich auch ein eher kritischer Aufsatz über die Überregulierung des pädagogischen Geschehens, der zeigt wie eine Art Protokoll-Pädagogik sich breit macht, mit Methoden, die den Lehrer auf einen Vollzugsbeamten reduzieren und wie diese Überregulierung auch vor den Waldorfschulen nicht Halt macht. Erfrischende Beiträge zur Eurythmie, dieses herrliche aber so sensible Fach, das ganz lebt von der Qualität des diese Kunst Vertretenden, denn es ist ein Tun das integriert. Sozusagen Dienstleistung am werdenden Menschen. Regine Basfeld hat diesen Versuch unternommen, so wie Gisela Riegler über die Fremdsprachen schreibt. Steiner hatte, bei der Konzeption der Schule große Hoffnungen gesetzt auf die Wirkung des frühen Fremdsprachenerwerbs. Viele dieser Hoffnungen haben lange auf Erfüllung warten müssen. Jetzt scheint eine Art Besinnung stattzufinden unter anderem durch die Arbeit von Christoph Jaffke, Peter Lutzker und Alain Denjean. Bis heute ist dieser Bereich angewiesen auf gründliche Überarbeitung, Gisela Riegler skizziert dafür hilfreiche Perspektiven. Teamteaching, neue Formen des integrativen und inklusiven Wirkens in der Schule werden dargestellt von Silke Engesser und Thomas Erle, während Jochen Krautz und Klaus Schröder das ‚Unzeitgemäße‘ des Werkunterrichtes darstellen. Und tatsächlich, wer einmal an einem Nachmittag mit Schülern in einen Werkraum verbracht hat, zwischen Sägemehl und dem undefinierbaren Duft von Holz-in-der-Bearbeitung, der weiß: Das ist nicht ‚zeitgemäß‘ im Sinne eines rationalisierten Schulbetriebes und gerade deshalb: Unverzichtbar! Zan Redzic und Albert Schmelzer stellen das zukunftsträchtige Modell der Interkulturellen Waldorfschule in Mannheim vor und charakterisieren es nuanciert und präzise. Peter Loebell erörtert die Wissenschaftlichkeit der Lehrerausbildung im Sinne dieses Schulmodells, das ja bekanntlich auf ei-

Vorwort

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ner spezifischen Auffassung des Menschen basiert. Diese Auffassung, die ja ihren Ausgangspunkt nimmt in der Geisteswissenschaft Steiners, liegt dem Lehrerbild, das erarbeitet wird, zu Grunde und bildet daher eines der Studienziele. Das andere ist dann die pädagogische Tätigkeit, das Können, auf Grund eines Bildes des werdenden, sich verändernden Menschen. So entstehen Berufsprofile − und Kunst und Wissenschaft sind geeignet sie umzusetzen. Holger Kern ist dann derjenige, der die Kunst als Mittel zu diesem Zweck im Unterricht analysiert anhand der musischen Künste, ausgehend von dem schönen Paul Heyne-Wort „Erdachtes mag zu denken geben, doch nur Erlebtes wird beleben.“ Der Strauß rundet sich mit zwei bemerkenswerten Beiträgen. Einmal ist da der Aufsatz von Sylva Liebenwein über empirische Forschungsergebnisse zur Lehrerwahrnehmung durch Schüler an Waldorfschulen. Auf den ersten Blick kann man mit einer gewissen Befriedigung das eine oder andere zur Kenntnis nehmen, wenn da nicht diese eine beunruhigende Frage wäre: Ob denn die Lehrer die Schulstunden interessant und spannend gestalten würden? Und tatsächlich wird das nur durch 44% bis 57% der Schüler bejaht. Eine alarmierende Zahl. Denn die von Loebell hervorgehobene „Persönlichkeitsbildung durch künstlerisches Üben und pädagogische Praxis“ müsste sich notwendigerweise in einen erheblich höheren Prozentsatz an ‚interessantem Unterricht‘ äußern. Sehr erfreulich ist schließlich, dass es eine Darstellung gibt zur Entwicklung eines Qualitätsverfahrens für den Unterricht, das aus dem Unterricht selber entwickelt worden ist. Mit ganz einfachen, ja selbstverständlichen Mitteln wie Hospitationen, Intervisions-Gesprächen und kollegialem „EinanderZuschauen“ wird eine transparente Kultur der Fortentwicklung des individuellen Lehrers erreicht, die professionellen Deformationen zuvor kommen kann. Richard Landl schildert als Initiator dieses Verfahrens diese Arbeitsweise.

Betrachten wir diesen Strauß aus einem gewissen Abstand, dann dürfen wir sagen, er repräsentiert auf jeden Fall die aktuelle Situation, unabhängig von irgendeiner Jahreszeit. Und er fasst zusammen, wo das Streben der Waldorfschulen zum Nutzen kommender Generationen heute steht. Nicht zuletzt zeigt er allen denjenigen, die sich für den spannenden, abwechslungsreichen und erfüllenden Beruf des Waldorflehrers interessieren, anschaulich die vielfältigen Einsatzfelder, die die Waldorfpädagogik in ihren weltweit über 1.000 Schulen bietet. Christof Wiechert, Dornach und Den Haag, Januar 2013