Synthetische Kraftstoffe

Bio- und Sekundärrohstoffverwertung Kraftstoffe aus Biomasse und Reststoffen – Technik, Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit am Beispiel BTL/Synt...
Author: Maya Beutel
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Bio- und Sekundärrohstoffverwertung

Kraftstoffe aus Biomasse und Reststoffen – Technik, Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit am Beispiel BTL/Synthetische Kraftstoffe

L. Leible, S. Kälber, G. Kappler, S. Lange, E. Nieke und B. Fürniß

Zusammenfassung Ausgehend von dem in Deutschland verfügbaren Potenzial an biogenen Rest- und Abfallstoffen beleuchtet der Beitrag anhand der Produktion von Fischer-TropschKraftstoff aus Stroh und Waldrestholz die Perspektiven für diese Art der energetischen Nutzung von Biomasse unter deutschen Rahmenbedingungen. Hierzu werden einige Ergebnisse aus aktuellen Untersuchungen vorgestellt, insbesondere zur Technik, Logistik, Wirtschaftlichkeit und CO2-Minderung. Mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit wird ein Vergleich der Produktion von FT-Kraftstoff mit der Wärme- und Stromgewinnung aus Stroh- und Waldrestholz durchgeführt. Dieser Vergleich zeigt, dass gemessen an den Gestehungs- und CO2-Minderungskosten die Kraftstoffgewinnung unter derzeitigen Rahmenbedingungen den höchsten Subventionsbedarf hat. Durch Nutzung technischer Fortschritte lässt sich dieser Nachteil sicherlich reduzieren, deshalb sollte – insbesondere unter Vorsorge-Gesichtspunkten – die Forschung und Demonstration in diesem Bereich intensiviert werden.

1

Einleitung

Aktuelle politische Ziele und Vorgaben auf EU- und nationaler Ebene, wie z.B. die EU-Biokraftstoffrichtlinie, der EU-Aktionsplan für Biomasse oder die im Januar 2007 vorgestellten Vorschläge für eine europäische Energiepolitik und in Deutschland das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), zielen darauf ab, den Anteil erneuerbarer Energieträger an der Energieversorgung deutlich zu erhöhen [1, 2]. Dies betrifft sowohl die Wärme-, Strom- als auch die Kraftstoffbereitstellung; hierbei werden hohe Erwartungen v.a. an die energetische Nutzung von Biomasse und insbesondere an biogene Reststoffe geknüpft. Um eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energieversorgung zu gewährleisten, hat sich die europäische Energiepolitik bis 2010 bzw. bis 2020 insbesondere folgende Ziele gesetzt:

• Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien auf 12 % des Primärenergieverbrauchs bis 2010 bzw. bis 2020 auf 20 %

In: K. Wiemer u. M. Kern (Hrsg.) 2007: Bio- und Sekundärrohstoffverwertung II - stofflich, energetisch. Witzenhausen-Institut, Neues aus Forschung und Praxis, 392-407

L. Leible et al.

• Erhöhung des Anteils der Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen auf 21 % der Stromproduktion bis 2010,

• Erhöhung des Anteils der Biokraftstoffe im Kraftstoffmarkt auf 5,75 % bis 2010 bzw. bis 2020 auf 10 %

• Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 8 % bis 2010 bzw. um mindestens 20 % bis 2020 (Bezugsjahr: 1990) Nimmt man mit Blick auf die Biokraftstoffe die Zielsetzung der EU-Kommission ernst, bis 2010 ihren Beitrag an der Kraftstoffversorgung auf 5,75 % bzw. längerfristig bis zum Jahr 2020 auf 20 % zu erhöhen – 2005 lag der Anteil in Deutschland bei 3,75 % und in der EU-25 bei rund 1 % –, dann müssen hierzu auch Lignozelluloseträger, wie z.B. Stroh oder Waldrestholz, herangezogen werden. Die Ausführungen in diesem Beitrag stellen die Ergebnisse einer systemanalytischen Untersuchung zur Gewinnung von Fischer-Tropsch-Kraftstoffen (FT-Kraftstoff) aus Holz und Stroh in den Mittelpunkt, basierend auf dem „Biomass-to-Liquid“ (BTL, bioliq®)-Konzept des Forschungszentrums Karlsruhe. Zunächst wird jedoch – in Relation zum insgesamt verfügbaren Aufkommen an biogenen Rest- und Abfallstoffen – dargestellt, welche energetisch nutzbaren Potenziale an Stroh und Waldrestholz in Deutschland und Baden-Württemberg zur Verfügung stehen. Der gezielte Anbau von Biomasse als Energieträger wird hier nicht betrachtet. Anschließend wird am Beispiel von Baden-Württemberg in starker regionaler Differenzierung (Einsatz eines Geographischen Informations-Systems) illustriert, welche Bedeutung der Logistik der Biomassebereitstellung zuzumessen ist, insbesondere mit Blick auf die Biomasseversorgung von Großanlagen. Hierbei wird auf die besondere Bedeutung des Biomassetransports eingegangen. Im zweiten Teil des Beitrags wird ein Einblick in die Ergebnisse zur Bereitstellung von FT-Kraftstoff aus Stroh und Waldrestholz gegeben, anhand von Massen- und Energiebilanzen, Gestehungskosten und CO2-Minderungskosten. Abschließend wird auf der Basis der Gestehungskosten und CO2-Minderungskosten ein Vergleich mit der Wärme- und Stromgewinnung durchgeführt.

2

Biomasseaufkommen

Das jährliche verfügbare Aufkommen der in diesem Beitrag näher betrachteten Biomasseträger Stroh und Waldrestholz lässt sich hinsichtlich des Potenzials am besten einordnen, wenn man es in Vergleich setzt zu weiteren biogenen Rest- und Abfallstoffen, die ebenfalls für eine energetische Nutzung in Frage kommen (vgl. Abb. 1). In Deutschland beträgt das jährlich verfügbare Aufkommen an biogenen Reststoffen und Abfällen (Basis: 2002), das energetisch genutzt werden könnte, rd. 70 Mio. Mg organische Trockensubstanz (oTS); in Baden-Württemberg sind dies rd. 8 Mio. Mg oTS. Betrachtet man die Aufschlüsselung des Aufkommens, so wird deutlich, dass

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dieses mengenmäßig besonders durch die Land- und Forstwirtschaft bestimmt wird. Auf Bundesebene tragen Stroh, Waldrestholz und Gülle 58 % zu diesem für eine energetische Nutzung verfügbaren Aufkommen bei; in Baden-Württemberg sind dies 55 %.

Deutschland 2002: rd. 70 Mio. Mg oTS

Waldrestholz 22%

Baden-Württemberg 2002: rd. 8 Mio. Mg oTS Industrierestholz 12%

Industrierestholz 10% Altholz 9%

Altholz 10%

Waldrestholz 31%

Bio-/Grünabfall 6%

Bio-/Grünabfall 8%

Hausmüll (Rest-) 13%

Stroh (Überschuss-) 21%

Eine vereinfachte Abschätzung ergibt:

Abb. 1:

Gülle 15%

Klärschlamm (kommunal, roh) 4%

Hausmüll (Rest-) 11%

Stroh (Überschuss-) 12%

Gülle 12%

Klärschlamm (kommunal, roh) 4%

Dieses Aufkommen entspricht rd. 9 % des Primärenergiebedarfs in Deutschland und Ba-Wü Ba-Wü.. Zur Einordnung: 2005 deckte Biomasse (inkl. biogene Rest- und Abfallstoffe) in D rund 2,9 % ab.

Aufkommen biogener Reststoffe und Abfälle in Deutschland und BadenWürttemberg 2002 – verfügbar für eine energetische Nutzung

In Deutschland stehen rd. 30 Mio. Mg Trockenmasse (TM) Stroh und Waldrestholz für eine energetische Nutzung zur Verfügung – gemessen am gesamten Aufkommen biogener Rest- und Abfallstoffe sind dies 43 %. Das für eine energetische Nutzung verfügbare jährliche Aufkommen an Stroh (genauer: Reststroh) und Waldrestholz liegt in Baden-Württemberg (vgl. Abb. 1 und Abb. 2) bei rd. 3,5 Mio. Mg TM; prozentual entspricht dies dem Anteil auf Bundesebene. Bei den relativen Beiträgen von Stroh und Waldrestholz gibt es jedoch deutliche Unterschiede: Im waldreichen Baden-Württemberg trägt Waldrestholz 31 %, Stroh aber nur 12 % zum Aufkommen bei; auf Bundesebene sind dies 22 % bzw. 21 %. Das angeführte Aufkommen von 70 Mio. Mg oTS pro Jahr entspricht einem jährlichen Pro-Kopf-Aufkommen von 0,85 Mg oTS bzw. gemessen am Heizwert rd. 420 Liter Heizöl und entspricht damit rd. 9 % des deutschen Primärenergiebedarfs. Zur Einordnung: Im Jahr 2005 deckten Biomasse und biogene Rest- und Abfallstoffe in Deutschland rund 2,9 % des Primärenergiebedarfs ab.

In: K. Wiemer u. M. Kern (Hrsg.) 2007: Bio- und Sekundärrohstoffverwertung II - stofflich, energetisch. Witzenhausen-Institut, Neues aus Forschung und Praxis, 392-407

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3

Logistische Herausforderungen bei der Biomassebereitstellung

Nach dem allgemeinen Überblick zum verfügbaren Biomassepotenzial, wird nachfolgend anhand der Biomasseversorgung von zwei konkreten Anlagenstandorten in Baden-Württemberg und anhand von Ergebnissen zu den Transportkosten für Stroh und Waldrestholz verdeutlicht, welche logistischen Herausforderungen mit der Biomassebereitstellung verbunden sind.

3.1

Regionale Biomasseversorgung von Anlagenstandorten

Unter den konkreten Rahmenbedingungen von Baden-Württemberg bezüglich des verfügbaren Aufkommens an Stroh und Waldrestholz und der bestehenden Verkehrsinfrastruktur, sollte die Machbarkeit einer regionalen Biomasseversorgung von großen Anlagen überprüft werden [3]. Hierbei stand die Frage im Mittelpunkt, zu welchen Kosten die Biomasseversorgung mit 1 Mio. Mg TM pro Anlage und Jahr von zwei konkreten Anlagenstandorten gewährleistet werden kann. Abb. 2 gibt hierzu die Ergebnisse für eine Versorgung mit Stroh und Waldrestholz wieder. Reststroh und Waldrestholz Standort Aufkommen

Nord

Radius

(Mg TM)

(€/Mg TM)

(AK/a)

15 km

61.000

66

25

40 km

427.000

73

200

50 km

669.000

75

325

60 km

969.000

76

480

Standort Aufkommen

Süd

Radius

Abb. 2:

Bereitstellungs- Beschäftigungskosten, gewichtet effekte

(Mg TM)

Bereitstellungs- Beschäftigungskosten, gewichtet effekte (€/Mg TM)

(AK/a)

15 km

71.000

61

30

40 km

380.000

69

180

50 km

558.000

72

270

60 km

772.000

74

385

Aufkommen und Bereitstellungskosten bei Stroh und Waldrestholz zur Versorgung zweier Anlagenstandorte in Baden-Württemberg

Wie die Analysen – unter Einsatz eines geografischen Informationssystems – für die beiden Anlagenstandorte Nord (Heilbronn) und Süd (Sigmaringen) zeigen, dürfte ein

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Erfassungsradius von 60 bis 70 km ausreichend sein, um eine Versorgung mit jährlich 1 Mio. Mg TM an Stroh und Waldrestholz gewährleisten zu können, bei durchschnittlichen Bereitstellungskosten frei Anlage von 70-80 €/Mg TM. Die direkten Beschäftigungseffekte, die mit der Erfassung und dem Transport bis zum Anlagenstandort verbunden sind, liegen in der Größenordnung von rd. 500 VollArbeitskräften pro einer Mio. Mg TM Biomasse (vgl. Abb. 2). Im nachfolgenden Kapitel wird anhand der relativ dominanten Bedeutung der Personalkosten für die Transportkosten deutlich, dass insbesondere der Transport der Biomasse zu den angeführten Beschäftigungseffekten führt.

3.2

Transportkosten für Stroh und Waldrestholz

Wie die Ausführungen in Kapitel 4 am Beispiel Stroh zeigen werden, können bei Großanlagen (mehrere GWth) allein die Transportkosten mehr als 30 % zu den Gestehungskosten des FT-Kraftstoffs beitragen. Vor diesem Hintergrund wurden zum Transport von Stroh (Quaderballen) und Waldrestholz (Hackschnitzel) sehr umfangreiche und detaillierte Untersuchungen durchgeführt. In Abb. 3 sind hierzu einige Ergebnisse für typische Transportmittel und Transportentfernungen dargestellt, wobei neben der absoluten Höhe der Transportkosten (€/Mg TM) nach den wichtigsten Kostenkomponenten Energie, Personal, Kapital und Sonstiges unterschieden wurde. 100

Transportkosten für Stroh und WRH (€/(Mg TM)

90

Vorlaufstrecke mit Lkw für Bahn: 30 km Schiff: 50 km

Energie

Personal

Kapitalkosten

Sonstiges

80

Stroh - Quaderballen

Waldrestholz - Hackschnitzel

10,9

70 60 31,6

50

7,0

8,0

40

7,0

6,6 5,2

30

9,1 5,7

6,6

5,3 5,0 21,1

2,1 3,4

31,8

23,9 2,1

17,4 3,5

10 9,0

0

8,1

5,7

5,2

20

18,2

2,8

ldw. Schlepper 30 km

6,5

Lkw Sattelaufl. 100 km

8,4

Lkw mit Hänger 100 km

10,3 5,0

Bahn 250 km

18,6

17,0

9,1 6,3

7,6

Lkw mit Hänger 100 km

Lkw 1 Container 100 km

1,8

Schiff 250 km

22,4 22,8

ldw. Schlepper 30 km

3,8

Bahn 250 km

7,2

Schiff 250 km

Transportmittel mit typischer Transportentfernung

Abb. 3:

Transportkosten und Kostenkomponenten für Stroh und Waldrestholz

In: K. Wiemer u. M. Kern (Hrsg.) 2007: Bio- und Sekundärrohstoffverwertung II - stofflich, energetisch. Witzenhausen-Institut, Neues aus Forschung und Praxis, 392-407

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Die sonstigen Kosten beinhalten insbesondere die fixen und variablen Betriebskosten, wie z. B. Steuern und Versicherungen, Instandhaltung und ggf. Mautgebühren. Beim Binnenschiff zählen darüber hinaus Lagerkosten, Liegegelder und Schleusengebühren dazu. Wie aus Abb. 3 beispielsweise hervorgeht, beträgt der Anteil der Personalkosten an den gesamte Transportkosten beim Strohtransport mit der Bahn – bei einer Transportentfernung von 250 km – rd. 32 €/Mg TM und somit rund 40 %. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Personalkostenanteilen für das Beladen am Feld, dem Vorlauf auf der Straße und das Umladen an der Güterverkehrsstelle in Höhe von 15 €/Mg TM; die verbleibenden 17 €/Mg TM sind den Personalkosten der Bahn zuzurechnen. Die kapitalbezogenen Kosten der Bahn sind im Vergleich zu den anderen Transportmitteln ebenfalls recht hoch. Von den ausgewiesenen 32 € /Mg TM beim Strohtransport sind rd. 80 % dem Schienentransport mit seinen eingesetzten Fahrzeugen, den Gleisen und den Gebäuden zuzuschreiben. Beim Bahntransport von Hackschnitzeln fällt ebenfalls der hohe Anteil der Kapitalkosten an den Transportkosten auf. Generell zeigt die Abb. 3 über alle Transportalternativen hinweg die hohe Bedeutung der Personalkosten, mit einem Anteil von 40-60 % an den gesamten Transportkosten. Im Vergleich dazu tragen die Energiekosten für Diesel, Bahnstrom oder Gasöl für Schiffsmotoren in allen Varianten weniger als 10 % zu den Transportkosten bei.

4

Herstellung von FT-Kraftstoff aus Stroh und Waldrestholz

4.1

Zweistufiges BTL(bioliq®)-Konzept

Vor dem Hintergrund des politisch geforderten Ausbaus der energetischen Nutzung von Biomasse verfolgt das Forschungszentrum Karlsruhe mit seinem zweistufigen BTL-Konzept (vgl. Abb. 4) das Ziel, aschereiche Biomasse (z.B. Getreidestroh) über die Vergasung für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe („Synfuels“) und für eine chemische Nutzung zu erschließen (vgl. [4]). Innerhalb dieses Konzepts ist eine teilweise Verstromung oder Wärmegewinnung nicht ausgeschlossen. Die Synthese konzentriert sich hierbei zunächst auf FT-Kraftstoffe, ist aber für eine Vielzahl von weiteren Produkten offen. Je nach Produkt resultiert die Anforderung, die Synthese bei Drücken von rd. 20-40 bar für FT-Kraftstoffe und bis 80 bar (z.B. für Methanol) durchzuführen. Deshalb wird das Ziel verfolgt, bereits mit der Vergasung das für die Synthese nötige Druckniveau zu erreichen und auch die Gasreinigung und -konditionierung auf dieser Druckstufe zu realisieren. Hierdurch wird der aufwändige Schritt der Gaskompression vor der Synthese vermieden. Darüber hinaus soll über das gewählte Vergasungsverfahren ein teerfreies und methanarmes Synthesegas gewonnen werden. Mit einem Flugstromdruckvergaser ist dies bei Vergasungstemperaturen von mehr als 1000 °C möglich, wie die vom Forschungszentrum auf einer externen Anlage in Freiberg/Sachsen durchgeführten Versuchskampagnen

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Konditio -nierung

bestätigten. Für die Einspeisung der Biomasse in den Flugstromdruckvergaser muss diese entsprechend konditioniert werden. Bei den angeführten Drücken ist dies nur über eine pumpbare Suspension (Slurry) aus Pyrolysekondensat und -koks sinnvoll umzusetzen. Folglich ist das vom Forschungszentrum Karlsruhe verfolgte Schnellpyrolyseverfahren zur Herstellung einer solchen Suspension von zentraler Bedeutung (vgl. [5], [6]).

Biomasseaufkommen Stroh, Waldrestholz stammt aus dem regionalen Umfeld der Pyrolyseanlagen

(1) Dezentrale (n=10-50) Pyrolyseanlagen 50-100 MW Herstellung von Pyrolyse-Slurry*

Roh-Synthesegas

Abb. 4:

FT-Produkte, H2, Methanol

Synthese

(2) Zentrale Vergasungsanlage 500-5000 MW

Reinigung Konditionierung

* Pyrolyse-Slurry: Pyrolyseöl /-koks-Suspension

zur stofflichen Nutzung zur energetischen Nutzung

SUBSTITUTION fossiler Energieträger und Rohstoffe

Zweistufiges Konzept zur Synthesegas- bzw. Kraftstofferzeugung aus Stroh und Waldrestholz

Daneben ist mit der räumlichen Entkopplung (s. Abb. 4) von Schnellpyrolyse und Vergasung (inkl. Gasreinigung/-konditionierung und Synthese) die Option gegeben, eine von der Größe der Vergasungsanlage unabhängige dezentrale Produktion von Slurries zu realisieren. Mit dem anschließenden Transport der Slurries zu einer großen zentralen Vergasungs- und Syntheseanlage lassen sich logistische Vorteile erschließen – verglichen mit Strohballen haben Slurries eine um den Faktor 10 höhere Energiedichte. Aufgrund dieser erhofften Transportvorteile ist insbesondere der Vergleich der Kraftstoffproduktion aus Stroh und Waldrestholz bei vorgeschalteter dezentraler Schnellpyrolyse (= dezentrales Konzept) mit der Variante der in einer zentralen Anlage integrierten Schnellpyrolyse (= zentrales Konzept) von besonderem Interesse. Zur Veranschaulichung des Gesamtprozesses werden am Beispiel Stroh zunächst die Massen- und Energiebilanz für die FT-Kraftstoffgewinnung dargestellt.

In: K. Wiemer u. M. Kern (Hrsg.) 2007: Bio- und Sekundärrohstoffverwertung II - stofflich, energetisch. Witzenhausen-Institut, Neues aus Forschung und Praxis, 392-407

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4.2

Massen- und Energiebilanzen

In Abb. 5 und Abb. 6 sind exemplarisch die Massen- und Energiebilanz zur Kraftstoffbereitstellung aus Stroh nach dem dezentralen Konzept – dezentrale Schnellpyrolyse mit anschließender zentraler Slurry-Vergasung und FT-Synthese – dargestellt (vgl. Kap. 4.1). Bei diesen Darstellungen handelt es sich um einfach gehaltene Abschätzungen für Verfahrensabläufe, die in der Praxis wesentlich komplexer verschachtelt sind. Das Hauptaugenmerk wurde hierbei auf die Schnellpyrolyse und Vergasung gelegt; die Bereiche Gaskonditionierung, FT-Synthese und FTKraftstoffaufarbeitung konnten lediglich mit einigen Basisdaten behandelt werden. Massenbilanz Stroh 86/93

Massenbilanz Stroh (86 % / 93 % TS) Pyrolyse Pyrolyse

Biomasse (108.1)

Zerkleinerung

Dampf

Biomasse (108.1)

Trocknung

Luft (5.0)

Biomasse (100.0) Frisch-Sand (1.0)

Pyrolyse Sand u. Asche (4.2) (1.0 / 3.2)

Wasser (8.1)

Pyrol.-Gas (22.3) zum Sandaufheizer

Slurry (69.0) Slurry (9.7)

Slurry (0.8) zum Kraftwerk

Transport Sauerstoff (41.7) Slurry (69.0)

Vergasung Vergasung /FT-Synthese

Vergasung

Asche (2.8)

Verg.-Gas (95.6)

Gaskondit. FT-Synthese FT-Aufarb.

Verg.-Gas (12.3) zum Kraftwerk

Wasser, Produktgase, Inertgase (81.7)

FT-Produkte (1.4) FT-Produkte (12.5)

Abb. 5:

zum Kraftwerk Massen-Stroh-06.08.82_nTR.sky PP 03.06.2005

Massenbilanz zur FT-Kraftstoffbereitstellung aus Stroh über dezentrale Schnellyrolyse mit anschließender zentraler Vergasung und FT-Synthese

Für die dezentrale Pyrolyse, die mit einem Sanderhitzer und dezentralen Kraftwerk (mit Dampferzeuger) ausgestattet ist, wird von einer Brennstoff-Eingangsleistung von 100 MWin ausgegangen. Die daran anschließende Vergasung der Slurries und die FT-Synthese finden dagegen in einer zentralen Anlage mit 5000 MWin statt. Eine wesentliche Annahme bei den dargestellten Abschätzungen ist, dass es sich hierbei

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jeweils um energieautarke Anlagen handelt, bei denen folglich kein Zukauf von Strom und Dampf aus fossilen Energieträgern erfolgt. Auch der Energieaufwand für die Sauerstoffbereitstellung (s. Vergasung) muss von der Anlage gedeckt werden. Der Energiebedarf des Sanderhitzers wird durch die energetische Nutzung des erzeugten nichtkondensierbaren Pyrolysegases und durch geringe Mengen an Slurry gedeckt. Das dezentrale Kraftwerk bei der Pyrolyseanlage setzt als Brennstoff Slurry ein und stellt sowohl den elektrischen Strom für den Anlagenbetrieb als auch den benötigten Dampf für die Trocknung des Strohs zur Verfügung. Das Abgas aus der Pyrolyse wird über Wärmetauscher geführt und dient zur Aufheizung der im Sanderhitzer benötigten Luft und der für die Verbrennung bestimmten nichtkondensierbaren Pyrolysegase. Das Kraftwerk bei der zentralen Vergasungsanlage bezieht seinen Brennstoff aus dem Vergasungsgas und (zu 10 Gew.-%) aus den FT-Produkten. In der dargestellten Massen- bzw. Energiebilanz (vgl. Abb. 5 und Abb. 6) ist der Energieaufwand für die Biomassebereitstellung (Erfassung und Transport) und für den Transport der Slurries noch nicht berücksichtigt; auf dessen Bedeutung wurde bereits eingegangen. Zur besseren Übersichtlichkeit der Bilanzen sind die Angaben für Masse und Energie jeweils auf 100 normiert, bezogen auf die Biomasse nach der Trocknung (auf 93 % TS). Wie die Massenbilanz zeigt, werden pro Mg FT-Produkt rd. 9 Mg Stroh (86 % TS, vor der Trocknung) benötigt. Vor der Schnellpyrolyse wird bei der Trocknung von Stroh eine Wassermenge von 0,08 Mg pro Mg getrockneter Biomasse (93 % TS) abgeschieden. Der Energieaufwand für die Trocknung mit Dampf liegt bei rd. 2 MWh, jeweils bezogen auf 100 MWh getrocknete Biomasse. Als Energieträger für die Trocknung kommt Slurry aus der Pyrolyse zum Einsatz; dafür werden rund 12 % des erzeugten Slurrys benötigt. Der Strombedarf für die dezentrale Pyrolyseanlage liegt etwas über 3 MWh, bezogen auf 100 MWh Biomasse (93 % TS). Für die Sanderhitzung werden pro Mg getrockneter Biomasse rd. 0,22 Mg des bei der Pyrolyse entstehenden nicht kondensierbaren Pyrolysegases und geringe Mengen an Slurry benötigt. Bezogen auf die Masse, können nach der Schnellpyrolyse von den anfänglichen 100 % des getrockneten Strohs 69 % als Slurry der anschließenden Vergasung zugeführt werden. Der Sauerstoffbedarf für die Vergasung des Slurry beträgt 42 Gew.-%; 96 % des hierbei produzierten Vergasungsgases verlassen den Vergaser in Richtung Gaskonditionierung mit anschließender FT-Synthese. Der jeweilige Rest an Vergasungsgas und 10 % der FT-Produkte werden zum Kraftwerk geführt, um den Strombedarf der energieautark betriebenen Anlage zu decken. Für die Bereitstellung des Sauerstoffs besteht ein Strombedarf von rd. 6 MWh, bezogen auf 100 MWh getrocknete Biomasse.

In: K. Wiemer u. M. Kern (Hrsg.) 2007: Bio- und Sekundärrohstoffverwertung II - stofflich, energetisch. Witzenhausen-Institut, Neues aus Forschung und Praxis, 392-407

L. Leible et al.

Energiebilanz Stroh Energiebilanz Stroh (8686/93 % / 93 % TS) (100 MW in)

Zerkleinerung Biomasse (98.8) Verluste (0.7)

Pyrolyse

Biomasse (98.8)

Trocknung

Dampf (1.9) Wärmeeintrag (6.1)

Biomasse (100.0) Wärmeeintrag (2.1)

Pyrolyse Pyrolyse-Gas (6.9) Verluste (1.7)

(8.2) Verluste (6.1)

Slurry (80.8)

(0.9) Sandaufheizer (11.4) Dezentrales Kraftwerk plus Dampferzeuger

Transport

Strombedarf 1 (2.6) Verluste (6.9)

(5000 MW in)

Vergasung /FT-Synthese

Slurry (80.8)

Zentrales Kraftwerk

Vergasung

Verluste (5.2)

Verg.-Gas (7.1)

Verg.-Gas (55.5) Verluste (17.5)

Gaskond. FT-Synthese FT-Aufarb.

Verluste (0.7) Strombedarf 2 (6.4)

FT-Produkte (3.8) Verluste (17.8) FT-Produkte (33.9)

Strombedarf 1: für Pyrolyse und Zerkleinerung Strombedarf 2: für Vergasung (O2-Bereitstellung) und Gaskonditionierung Energie-Stroh93_06.08.82_nTR.sky 03.06.2005 PP

Abb. 6:

Energiebilanz zur FT-Kraftstoffbereitstellung aus Stroh über dezentrale Schnellpyrolyse mit anschließender zentraler Vergasung und FT-Synthese

Rund 13 Gew.-% können der Syntheseanlage als FT-Produktmenge entnommen werden; weitere Produkte aus der FT-Synthese sind insbesondere Wasser, Produktgas und Inertgas. Die Energiebilanz des Anlagenkonzeptes weist für Stroh (86 % TS) einen Netto-Wirkungsgrad von rd. 34 % aus, jeweils bemessen am Biomasseeinsatz nach der Trocknung auf 93 % TS und dem erzielten Ertrag an FT-Produkten, die der Anlage entnommen werden können. Wie Abb. 6 verdeutlicht, treten die größten Verluste im Verlauf des Prozesses bei der Vergasung und FT-Synthese auf. Hier gilt es zu überprüfen, wie in der Praxis durch eine verbesserte Nutzung der Abwärme der Netto-Wirkungsgrad weiter optimiert werden kann.

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4.3

Gestehungskosten von FT-Kraftstoff

Die durchgeführten Analysen zu den Gestehungskosten zeigen, dass die Herstellungskosten für FT-Kraftstoff (Synfuel) aus Stroh – je nach Anlagengröße und dezentralem oder integriertem Konzept – zwischen 105 und 130 €/MWh liegen, dies entspricht 1,0 bzw. 1,25 € pro Liter (vgl. Abb. 7). Es fällt auf, dass die Gesamtkosten bei Anlagen mit dezentraler Pyrolyse erst ab Anlagengrößen im Bereich von 4000 MW günstiger werden, verglichen mit der integrierten Pyrolyse. Dies ist so, obwohl bei der integrierten Pyrolyse die Transportkosten für Stroh bei allen Anlagengrößen über der Summe der Transportkosten von Stroh und Slurry bei der dezentralen Pyrolyse liegen. Gewichtiger als dieser Nachteil ist der Vorteil der räumlich integrierten Pyrolyse hinsichtlich der stärkeren Größendegression der Pyrolysekosten und des höheren Gesamtwirkungsgrads.

FT−Kraftstoff Produktionskosten (€/MWh)

140

dezentrale Pyrolyse – integrierte Pyrolyse von Stroh

1 MWh ≙ 104 l FT-Kraftstoff

120 O2- und Strombedarf

100

FT-Synthese

80

Konditionierung Vergasung

60 Pyrolyse

40

StrohVorbereitung

20

Transport Slurry Transport Stroh

0

Dezentral - Integriert

(MWth) (Mio. t/a)

Dezentral - Integriert

Dezentral - Integriert

500

1500

5000

(0,12)

(0,37)

(1,26)

Erfassung Stroh

Anlagengröße Vergaser/Syntheseanlage (MWth bzw. Mio. t/a FT-Kraftstoff)

Abb. 7:

Gestehungskosten und Kostenanteile von FT-Kraftstoff aus Stroh – bei dezentraler und integrierter Pyrolyse

Abb. 7 verdeutlicht ferner, dass zwei wichtige Kostenbestandteile unabhängig von der Vergaserleistung sind, und zwar die spezifischen Kosten für die Erfassung und für den Lkw-Transport von Stroh bis zur dezentralen Pyrolyseanlage. Bei der integrierten Pyrolyse wurde für Stroh, ab einer Entfernung von 100 km, ein Transport mit der Bahn unterstellt. Bei höheren verfügbaren Aufkommensdichten an Biomasse treten die Vorteile der integrierten Pyrolyse – wegen der dadurch möglichen Verringerung der Transportstrecken – stärker hervor. Den gleichen Effekt erzielt eine Ausweitung der erfassten In: K. Wiemer u. M. Kern (Hrsg.) 2007: Bio- und Sekundärrohstoffverwertung II - stofflich, energetisch. Witzenhausen-Institut, Neues aus Forschung und Praxis, 392-407

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Biobrennstoffe auf Waldrestholz. In Abb. 8 sind die Bereitstellungskosten von FTKraftstoff aus Stroh und Waldrestholz den Gestehungskosten von Diesel – bei Erdölpreisen von 30, 65 und 100 $ pro barrel – in einer Mineralöl-Raffinerie gegenübergestellt, jeweils ohne Mehrwertsteuer bzw. beim FT-Kraftstoff auch ohne Mineralölsteuer. Im Gegensatz zu Abb. 7 wurde hierbei von der gemeinsamen energetischen Nutzung von Stroh und Waldrestholz ausgegangen; die dabei nutzbare durchschnittliche Aufkommensdichte (für Deutschland) liegt bei rd. 90 Mg TM pro km2. Als Anlagenkonzept liegt die zentrale Vergasungs-/Syntheseanlage mit integrierter Pyrolyse zugrunde; dabei wurde nach zwei Anlagengrößen mit einer Produktion von 0,2 bzw. 1,0 Mio. Jahrestonnen (jato) unterschieden. Zum Vergleich: Bei herkömmlichen Erdöl-Raffinerien muss eher von 10 Mio. jato an Kraftstoffproduktion ausgegangen werden. 1,20

Gestehungskosten (€/l)

1,00

0,80

0,60 Pyrolyse, Vergasung, FT-Synthese

0,40

Biomasse: Transport Biomasse: Ernte u. Konditionierung Mineralölsteuer

0,20

Raffinerie Erdöl frei Raffinerie

0,00

Synfuel (Anlagengröße, Mio. jato) 1) 0,2 1,0 1)

Abb. 8:

Diesel (fossil) bei 30 / 65 / 100 $/bbl

Abschätzungen für Synfuel aus Stroh und Waldrestholz, zentrale Anlage; Kostenangaben frei Anlage, vor Steuern

Gestehungskosten von FT-Kraftstoff aus Stroh und Waldrestholz – ein Vergleich mit fossilem Diesel

Wie die Ergebnisse zeigen, könnte der FT-Kraftstoff, je nach Anlagengröße, zu rd. 1,00 € bzw. 0,90 € pro Liter frei Anlage bereitgestellt werden, wenn auf die Mineralölsteuer verzichtet wird. Bei einem Rohölpreis von 65 $/bbl liegen bei Diesel die Bereitstellungskosten frei Raffinerie – aber einschließlich der Mineralölsteuer – ebenfalls bei rd. 0,90 €/l.

Bio- und Sekundärrohstoffverwertung

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Vergleich der Kraftstoffproduktion mit der Strom- und Wärmegewinnung

Als konkurrierende Verfahren für die Nutzung von Stroh und Waldrestholz wurden einerseits die Wärme- und Stromgewinnung durch direkte Verbrennung in BiomasseHeizwerken bzw. Biomasse(heiz)kraftwerken und die Co-Verbrennung in Steinkohlekraftwerken untersucht. Dies schloss die thermochemische Vergasung zur Stromerzeugung mit ein. Andererseits wurden die auf fossilen Energieträgern (Rohöl, Import-Steinkohle) basierenden Alternativen der Wärme-, Strom- und Kraftstofferzeugung dargestellt. In Abb. 9 werden die Wärme-, Strom- und Kraftstoffgestehungskosten für die betrachteten Verfahren einander gegenübergestellt. Als fossile Referenzen dienen die Wärmegestehungskosten in einer mit Heizöl betriebenen Kleinfeuerung – diese liegen derzeit bei rund 96 €/MWhw –, die Stromgestehungskosten in einem Steinkohlekraftwerk (500 MWel) – diese liegen bei rd. 52 €/MWhel – und die Bereitstellungskosten von Dieselkraftstoff, die in einem Bereich von 30 bis 45 €/MWh liegen, je nach unterstelltem Erdölpreis. Beim Vergleich der FT-Kraftstoffgewinnung mit der Wärmeerzeugung aus Stroh und Waldrestholz wird deutlich, dass diese Alternativen näher an der Wettbewerbsfähigkeit sind bzw. diese bereits erreicht haben. So zeigen die Ergebnisse, dass bereits heute die Wärmebereitstellung in der Regel nahezu ohne Subventionen auskommt. Strom

Verbrennung

300

FT-Kraftstoff Vergasung

Pyrolyse und Vergasung

250

dezentral

integriert

KWK

200 150 100

Referenz: Steinkohlekraftwerk (500 MWel)

a)

Abb. 9:

Industrierestholz (Pellets, 92 % TS)

b)

Waldrestholz (HS, 50 % TS)

c)

5000 MWth

1500 MWth

(1,26 Mio. t FT)

Referenz: Dieselkraftstoff (40 - 65 $/bbl) (0,37 Mio. t FT)

Wirbelschicht bc) (2,8-63 MWel)

Festbett b) (460 kWel)

Co-Verbrennung bc) (10 % von 500 MWel)

Kraftwerk bc) (20-45 MWel)

Heizkraftwerk bc) (1,5-13,4 MWel)

Heizkraftwerk bc) (10-67 MWth)

Heizwerk b) (500 kWw)

Kleinfeuerung a) (30 kWw)

0

500 MWth

Referenz: Ölheizung (30 kWw)

(0,12 Mio. t FT)

50

Co-Vergasung b) (rd. 4 % von 500 MWel)

Gestehungskosten (€/MWh)

Wärme

Zweistufiges BTL-Konzept bc)

Stroh (Quaderballen, 86 % TS)

Gestehungskosten von Wärme, Strom und Kraftstoff aus Stroh und Waldrestholz

In: K. Wiemer u. M. Kern (Hrsg.) 2007: Bio- und Sekundärrohstoffverwertung II - stofflich, energetisch. Witzenhausen-Institut, Neues aus Forschung und Praxis, 392-407

L. Leible et al.

Die ökonomische Analyse im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung und der alleinigen Stromerzeugung ergibt das folgende Bild: Im Vergleich zu den Stromgestehungskosten im Steinkohlekraftwerk stellen sich die Stromgestehungskosten in Heizkraftwerken und Kraftwerken auf der Brennstoffbasis von Waldrestholz und Stroh als nicht wirtschaftlich dar. Die Co-Verbrennung von Waldrestholz und Stroh in Steinkohlekraftwerken stellt eine vergleichsweise kostengünstige Möglichkeit dar, den fossilen Brennstoff Steinkohle teilweise zu substituieren. In den Vergleich in Abb. 9 sind ebenfalls die bereits im vorherigen Kapitel diskutierten Gestehungskosten von FTKraftstoff aus Stroh und Waldrestholz und als zugehörige Referenz die Kosten von Dieselkraftstoff in einer Raffinerie einbezogen. Wie bereits dargelegt, wäre eine wirtschaftlich konkurrenzfähige Produktion von FT-Kraftstoffen ohne Mineralölsteuerverzicht erst bei Rohölpreisen von deutlich über 100 $/bbl möglich.

Wärme

350 300

Strom

Verbrennung

FT-Kraftstoff

Vergasung

250 KWK

200

dezentral

150

integriert

Pyrolyse und Vergasung

100 50

a)

Abb. 10:

Industrierestholz (Pellets, 92 % TS)

b)

Waldrestholz (HS, 50 % TS)

c)

5000 MWth

(1,26 Mio. t FT)

1500 MWth

(0,37 Mio. t FT)

500 MWth

(0,12 Mio. t FT)

Wirbelschicht bc) (2,8-63 MWel)

Festbett b) (460 kWel)

Co-Verbrennung bc) (10 % von 500 MWel)

Kraftwerk bc) (20-45 MWel)

Heizkraftwerk bc) (1,5-13,4 MWel)

Heizkraftwerk bc) (10-67 MWth)

Heizwerk b) (500 kWw)

-50

Co-Vergasung b) (rd. 4 % von 500 MWel)

Referenzbereich von 50-100 €/Mg CO2-Äq. (Reduktionsszenarien nach BMWi (2001))

0 Kleinfeuerung a) (30 kWw)

CO2-Minderungskosten (€/Mg CO2-Äq.)

Mit der Substitution fossiler Energieträger durch erneuerbare kann die Emission treibhausrelevanter Gase und somit der Treibhauseffekt reduziert werden. Bei den durchgeführten Analysen wurden neben CO2 auch die Treibhausgase CH4 (Methan) und N2O (Lachgas) einbezogen und in der Summe als CO2-Äquivalente (CO2-Äq.) dargestellt (vgl. Abb. 10).

Zweistufiges BTL-Konzept bc) Stroh (Quaderballen, 86 % TS)

CO2-Minderungskosten bei der Gewinnung von Wärme, Strom und Kraftstoff aus Stroh und Waldrestholz

Die CO2-Minderungskosten ergeben sich aus den Mehrkosten auf der einen Seite und der erzielten CO2-Minderung gegenüber der fossilen Referenz auf der anderen Seite. Mit ihrer Hilfe kann dargestellt werden, wie teuer die jeweilige Technologie bei der Verfolgung einer CO2-Minderungsstrategie ist. Zur vergleichenden Bewertung

Bio- und Sekundärrohstoffverwertung

wurden CO2-Minderungskosten aus Studien mit CO2-Minderungsszenarien bei der Verfolgung der Minderungsziele der Bundesregierung herangezogen [7]. Aussagen aus diesen Studien ergeben, dass bei einem CO2-Minderungsziel von 25 % oder gar 40 % CO2-Minderungskosten zwischen 50 und 100 € pro Mg CO2-Äq. angesichts teurerer Alternativen durchaus zu akzeptieren sind. Bei der Produktion von FT-Kraftstoffen aus Stroh und Waldrestholz liegen die CO2Minderungskosten deutlich über 200 €/Mg CO2-Äquivalent. Bei der Verstromung – mit Ausnahme der Festbettvergasung – resultieren Kosten von unter 100 €/Mg CO2Äq. Am günstigsten lässt sich die CO2-Minderung über die Wärmebereitstellung realisieren – hier fallen nahezu keine bzw. sogar negative CO2-Minderungskosten an. Die Abschätzungen zu den CO2-Minderungskosten verdeutlichen, dass die CO2Minderungsstrategie – bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung – nur ein sehr schwaches Argument für die Forcierung der Aktivitäten zur Bereitstellung von FTKraftstoffen aus Biomasse darstellen kann. Wird jedoch ausschließlich der Verkehrssektor betrachtet, sind diese CO2-Minderungskosten als günstig einzustufen. Da das BTL-Konzept des Forschungszentrums Karlsruhe über die Pyrolyse und Vergasung jedoch Wege eröffnet, die Biomasse – als Kohlenstoffträger – einer weitergehenden chemischen Nutzung zuzuführen, sollte dieser Entwicklungsweg weiter beschritten werden. Dies schließt eine gekoppelte chemisch/energetische Nutzung im Sinne des „Biorefinery“-Konzepts mit ein. Darüber hinaus lassen sich unter Nutzung des technischen Fortschritts die bestehenden ökonomischen Nachteile bei der Kraftstofferzeugung sicherlich reduzieren, so dass insbesondere unter VorsorgeGesichtspunkten die Forschung und Demonstration in diesem Bereich intensiviert werden sollten. LITERATUR [1] EU-Kommission, 2007: Eine Energiepolitik für Europa. Mitteilung der Kommission an den Europäischen Rat und das Europäische Parlament – KOM(2007) 1, Brüssel [2] EU-Kommission, 2007: Förderung von Biokraftstoffen als verlässliche Alternative zum Öl im Verkehrssektor. MEMO/07/5, Brüssel [3] Leible, L., S. Kälber und G. Kappler, 2005: Entwicklungen von Szenarien über die Bereitstellung von land- und forstwirtschaftlicher Biomasse in zwei baden-württembergischen Regionen zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen – Abschlussbericht, Forschungszentrum Karlsruhe http://www.itas.fzk.de/deu/lit/2005/leua05a.pdf [4] Leible, L., S. Kälber, G. Kappler, S. Lange, E. Nieke, P. Proplesch, D. Wintzer und B. Fürniß, 2007: Kraftstoff, Strom und Wärme aus Stroh und Waldrestholz – Eine systemanalytische Untersuchung. FZKA 7170, in Vorbereitung für den Druck [5] Lange, S., R. Reimert und L. Leible, 2006: Systemanalyse zur Schnellpyrolyse als Prozessschritt bei der Herstellung von Synthesekraftstoffen aus Stroh und Waldrestholz. DGMK-Fachbereichstagung in Velen, DGMK-Tagungsbericht 2006-2 [6] Raffelt, K., E. Henrich, C. Kornmayer, C. Renck, R. Stahl, J. Steinhardt und E. Dinjus, 2006: Produktion von Synthesegas aus Schlämmen pyrolysierter Strohhäcksel. DGMKFachbereichstagung in Velen, DGMK-Tagungsbericht 2006-2 [1] BMWi (Hrsg.), 2001: Energiepolitische und gesamtwirtschaftliche Bewertung eines 40 %-igen Reduktionsszenarios. Endbericht von Prognos, EWI und BEI, Juli 2001. Gutachten erstellt im Auftrag des BMWi, Dokumentation Nr. 492, Berlin In: K. Wiemer u. M. Kern (Hrsg.) 2007: Bio- und Sekundärrohstoffverwertung II - stofflich, energetisch. Witzenhausen-Institut, Neues aus Forschung und Praxis, 392-407