Susanne Schmedt

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L`Arche de St. Antoine Place de L`Abbaye F-38160 St. Antoine St. Antoine 17. Nov. 2013 3. Rundberief

Liebe Unterstützer_innen, Familie, Freunde und Bekannte,

meinen heutigen freien Tag möchte ich gern für einen Rundbrief an Sie/Euch alle nutzen. Nachdem ich in meinem vorhergehenden Schreiben auf die Gründungsgeschichte der www.arche-de-stantoine.com eingegangen bin, möchte ich Ihnen/ Euch heute gern meinem Tagesablauf näher beschreiben. Zunächst gibt es einen allgemeinen, für die Gemeinschaft gültigen Zeitplan, der einen stark strukturierten Rhythmus vorgibt. Besuchern ist es freigestellt sich dieser Weisung zu fügen, viele tun es aber gern, um das Gemeinschaftsleben besser kennenlernen zu können:

07:30 - 8:15 Uhr

Frühstück

08:15 - 9:15 Uhr

Gemüse vorbereiten für das Mittag- und Abendessen (Mo-Fr)

09:15 - 9:40 Uhr

Meditation mit 5 Minuten Körperübungen, anschließend in Ruhe Sitzen (Teilnahme freiwillig)

09:40 - 10:00 Uhr

Zeit zur persönlichen spirituellen Vertiefung in der Kapelle (Mo-Sa), die Gemeinschaft trifft eine Auswahl christlicher Texte, die vorgelesen werden, Personen anderer Konfessionen sind eingeladen, sich die Zeit zur Vertiefung ihrer eigenen Tradition zu nehmen (Teilnahme freiwillig).

10:00 - 12:00 Uhr

Arbeit/Aktivität nach Wochenplan, Fortsetzung des Gemüseschnippelns, falls erforderlich (dies betrifft die Personen, die länger hier leben und die freiwillig Mitarbeitenden).

12:30 Uhr

Mittagessen (im Speisesaal oder Garten), jeder nimmt sich sein Gedeck und setzt sich, wohin er will. Am Ende des Essens wäscht jeder sein Gedeck, trocknet es ab und säubert seinen Platz.

14:15 – 18:00 Uhr

Fortsetzung der Arbeit

18:30

Abendgebet der Gemeinschaft im Sinne einer religiösen Tradition (im Garten um ein Feuer oder in einem der Säle), Faltblätter mit Texten liegen bereit, in dieser Runde werden Neuankömmlinge vorgestellt, Gäste verabschiedet und ggf. Informationen bekannt gegeben (Teilnahme freiwillig).

19:00 Uhr

Abendessen, die Familien essen bei sich. Die Alleinsteheden und Gäste des Hauses essen gemeinsam im Speisesaal.

Eine Besonderheit des Tages stellt der sogenannte „Rappel“ dar. Zur vollen Stunde, jeweils zweimal am Vormittag und dreimal am Nachmittag läutet die Glocke der Gemeinschaft zum inneren Sammeln. Für ein bis zwei Minuten werden Gespräche und Tätigkeiten unterbrochen, um eine innere Ruhe zu finden und sich anschließend wieder dem Essentiellen zuzuwenden. Für mich ist diese kurze Zeit der Stille eine erholsame Erfrischung. Abends gibt es unterschiedliche, teils selbstorganisierte Angebote wie Tanzunterricht und Tanzabende, Diskussionen, Filmvorführungen, Spieleabende, Meditationsabende etc. Anfangs habe ich an allem teilgenommen, aber zugunsten meiner eigenen Erholung habe ich diese Aktivitäten reduziert. Mein persönlicher Tagesablauf ist geprägt von meinem Zuständigkeitsbereich. Hinsichtlich der Aufgabenverteilung gab es zu Beginn meines Aufenthaltes Gespräche mit den Verantwortlichen. Mir wurden verschiedene Arbeiten (Küche, Hotellerie, Holz, Garten, Feld, Malerarbeiten u. a.) vorgeschlagen, woraufhin ich mich dann für Holz, Feld und Malerarbeiten entschieden habe. So bin ich, wenn ich Wochenenddienst habe, für den Betrieb der Holzöfen in den Gruppensälen zuständig und bei Holzanlieferungen helfe ich beim Aufschichten im Unterstand. Weiterhin arbeite ich auf meinen Wunsch hin im Garten oder auf dem Feld. Die einzelnen Parzellen werden in Handarbeit bewirtschaftet. Sie werden von Unkraut und großen Steinen gesäubert, anschließend wird eine Art Gras eingesät, das den Winter über dort verbleibt. Die Arbeit draußen in der Natur ist eine ausgleichende, befriedigende und meditative Tätigkeit. Da hier jeder in seinem eigenen Rhythmus arbeiten darf, habe ich keinen Stress, möchte aber zu meiner eigenen Zufriedenheit ein gewisses Pensum an Arbeit schaffen. Meine Malerarbeiten konzentrieren sich derzeit auf die Renovierung meines eigenen Zimmers, das zum Zeitpunkt meines Einzugs an einigen Stellen ziemlich verwohnt war. Jetzt bin ich fast fertig und fühle mich wesentlich heimischer. Zudem wurde mir, wie allen anderen auch, eine Putztätigkeit aufgetragen und die Verantwortung für das Frühstück an einem Tag der Woche. Im Detail ergibt sich folgender Wochenarbeitsplan: Montag: Arbeitsbeginn 6:00 Uhr, da ich allein für das Frühstück der hier Lebenden und der Gäste verantwortlich bin. Das sind an manchen Tagen bis zu hundertfünfzig Personen. Ich koche dann Kaffee in riesengroßen Mengen (bis zu 15 Liter), 4-5 Liter Tee, erwärme 3-4 Liter Milch auf einem Großküchengasherd, es müssen mehrere Brote aufgeschnitten sowie Müsli und Obst bereitgestellt werden. Während des Frühstücks bin ich dafür zuständig, dass dieses alles nachgefüllt wird. Gegen 9:00 Uhr räume ich das Buffet wieder ab, mache alles sauber(Tische, Fußböden, Mülleimer usw.) Damit bin ich dann gut bis 10:00 Uhr beschäftigt. Danach gehe ich von 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr zur Hausversammlung. Sie wird von der bzw. dem Verantwortlichen des Hauses, der für drei Jahre gewählt wurde, geleitet. Diejenigen, die für mindestens sieben Monate in der Gemeinschaft leben,

nehmen daran teil. Es wird besprochen, was in der laufenden Woche anliegt, wie die vergangene Woche gelaufen ist, wie weit die Arbeit fortgeschritten ist, welche Probleme anliegen usw. Jeder darf hier reden und sein Anliegen vorbringen. Nach dem Mittagessen habe ich bis 14:15 Uhr Pause. In dieser Pause nehme ich am Spanischunterricht teil, den eine Freiwillige aus Spanien erteilt. Bis 17:00 Uhr arbeite ich, danach wasche ich meine Wäsche, da Montag mein Waschtag und für diese Zeit eine Waschmaschine für mich reserviert ist. Um 17:30 Uhr treffe ich mich mit Nicole. Sie wohnt hier im Ort, ist Mitglied der Archegemeinschaft und erteilt mir auf meine Bitte hin : ) Französischunterricht. Meine Französischkenntnisse sind nicht so gut, wie ich anfangs glaubte. Unterhaltungen zu zweit oder dritt sind möglich, aber in Gruppengesprächen habe ich kaum eine Chance. Nach dem Abendessen um 20:30 Uhr gehe ich zum Tanzunterricht für Anfänger. Wir studieren internationale Volkstänze zu Jazz-, Rock- und Popmusik ein. Das macht uns allen viel Spaß, besonders, wenn wir aus dem Takt kommen oder uns sonst wie verheddern. Dienstag: nach dem Gemüseschnippeln, von 8:15 Uhr bis mindestens 9:15 Uhr, erledige ich meine einzige Putzarbeit in der Woche. Ich bin für das Sauberhalten einer der vielen Treppenaufgänge (4 Etagen) zuständig. Um 13:15 Uhr nach dem Mittagessen findet das sogenannte Café de Chapitre statt. Hier informiert ein Hauptverantwortlicher über das Ergebnis des Chapitre (Versammlung aller hier festlebenden Hauptverantwortlichen, ca. 20 Personen), das am Vormittag stattgefunden hat. Um 14:15 Uhr ist Arbeitsbeginn. Jeden Dienstagnachmittag biete ich für die Gemeinschaft Physiotherapie an. Für diese Arbeit ist mir ein Raum mit einer Behandlungsbank zur Verfügung gestellt worden. Diese Idee hat die Gemeinschaft an mich herangetragen. Auf diese Art kann ich hier meine beruflichen Fähigkeiten einbringen und allen Bewohnern zu Gute kommen lassen. Um 19:00 Uhr während des Abendessens biete ich den „table d`allmand“ an. Das heißt, an unserem Tisch wird nur deutsch gesprochen. Es gibt hier einige Franzosen die Deutsch lernen bzw. ihre Deutschkenntnisse auffrischen möchten. Um 20:30 Uhr nach dem Abendessen gehe ich zum Tanzunterricht für Fortgeschrittene. Das ist sehr anspruchsvoll, die Erklärungen sind nicht so ausführlich wie am Montag und die Schrittfolgen schwieriger. Mittwoch: Nach der Arbeit am Vormittag treffe ich mich gegen 11:00 Uhr mit der Kommission für Arbeit, Wohnen und Instandhaltung, der außer mir noch fünf weitere Mitglieder angehören. Wenn nichts Dringendes anliegt, fällt das Treffen auch mal aus. Nachmittags setze ich die Arbeit bis zum Beginn des Französischunterrichts um 17:00 Uhr fort. Dort sind wir ca. zehn Teilnehmer und was die Sprachkenntnisse betrifft eine inhomogene Gruppe. Insofern profitiere ich nicht wirklich davon, denn die anderen sind schon seit ein bis zwei Jahren hier. Nur ein Australier ist auch auf meinem Niveau. Am Mittwochabend finden Veranstaltungen für die Gemeinschaft statt, die von einzelnen Mitgliedern organisiert werden und für jeden, der daran teilnehmen möchte, offen sind. Z.B. habe ich an einem Abend den polnisch/französischen Film „Drei Farben Blau“ vorgeführt. Donnerstag: Nach der Küchenarbeit u. ggf. Meditation etc. findet von 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr das Treffen für diejenigen, die sich hier länger als neun Monate aufhalten, statt. Wir sind eine altersmäßig gemischte internationale Runde. Da einige der Hauptverantwortlichen der Archegemeinschaft spanischen Ursprungs sind, gibt es gute Kontakte ins spanischsprachige Ausland.

In unserer Gruppe sind überwiegend Franzosen, jedoch auch Leute aus Spanien, Brasilien, Argentinien, Mexiko und von den Kanarischen Inseln, ein Australier und ich als einzige Deutsche. Überhaupt gibt es außer mir keine Deutschen hier. Wir sind insgesamt 12 Personen und es wird, wie bei allen offiziellen Treffen selbstverständlich Französisch gesprochen. In ihrer Freizeit sprechen die Lateinamerikaner und Spanier untereinander oft Spanisch. Das finde ich schade, da ich dann nichts verstehe. Am Nachmittag arbeite ich dann wieder. Am Donnerstagabend setze ich mich an den „table d`anglais“ mit Peter aus Australien. Freitag: Am Freitagvormittag, nach der Küchenarbeit und der Meditation gibt es für Interessierte einen Gottesdienst mit einem katholischen Geistlichen. Und wer mag geht danach zum Singen. Es werden hier internationale Lieder, meist mit christlichem Hintergrund, mehrstimmig einstudiert. Das Singen spielt hier eine wichtige Rolle. Es wird bei fast allen Zusammenkünften das eine oder andere Lied angestimmt und ich bin immer wieder erstaunt, wie viele gute Sänger_innen hier dabei sind. Da ich freitags in der „equipe de service“ bin, muss ich die Chorprobe schon eher beenden und für das Mittagessen die Tische im Speisesaal vorbereiten, das Buffet aufbauen helfen und nach dem Essen die vielen Töpfe etc. spülen. Um 14:00 Uhr sind wir meistens damit fertig. Dann habe ich noch Zeit für einen Kaffee, bevor es an die Arbeit geht. Samstag und Sonntag: In der Regel habe ich an einem dieser beiden Tage frei, an diesem Wochenende sogar an beiden. Dann genieße ich es auszuschlafen. Manchmal nehme ich mir ein Auto und fahre allein oder mit anderen nach St. Marcellin, in den nächstgrößeren Ort. Es gibt hier in St. Antoine leider keine Anbindung an den öffentlichen Personalverkehr. Für die hier Lebenden, z. Zt. ca. sechzig Personen, stehen neun Autos zur Verfügung, ohne dass es irgendwelche Engpässe gibt. Das finde ich beeindruckend angesichts der ansonsten übervollen Straßen und Autobahnen bei uns in Deutschland und sicher auch hier in Frankreich. In St. Marcellin kann ich dann ein paar Einkäufe und anderes erledigen, was hier in dem 900-Einwohner-Dorf nicht möglich ist. Ansonsten genieße ich die freie Zeit, gehe spazieren, erledige Post und E-Mails, schreibe Monatsberichte an Eirene, putze mein Zimmer oder mache einfach nichts. Am Nachmittag genieße ich ab und an einen Kaffee aus einer Siebträgermaschine in einem der beiden Cafés hier vor Ort. Allgemein kann ich sagen, dass ich von der Arche-Gemeinschaft hier vor Ort gut betreut werde und auf Verständnis, Interesse und Hilfsbereitschaft treffe. Gelegentlich werde ich von einzelnen Gemeinschaftsmitgliedern zum Essen eingeladen und kann das Plaudern auf Französisch üben. An den Wochenenden ist das Haus immer sehr gut gebucht. Hier ist eine kleine Themenauswahl zu den stattfindenden Veranstaltungen und Seminaren: Naturheilkunde, Fracking (gaz de schiste), Veranstaltung zur Internationalen Woche der Solidarität (Recht auf Wasser, Land, Wald), Yoga, Umweltfreundliche Beförderung, Gesang, Clownsausbildung, Taj Ji, Gewaltfreiheit, Biologisches Gärtnern, Theologische Themen, Tanz etc. Esoterische und sektenähnliche Gruppen sind hier nicht erlaubt. Sie sind/Ihr seid alle herzlich eingeladen hier eine Zeit zu verbringen. Ich freue mich jederzeit über Besuch, auch in der Weihnachtszeit, die ich hier in der Gemeinschaft verbringen werde. Herzliche Grüße aus St. Antoine Susanne Schmedt

Mit Anne-Marie beim Bohnenpflücken

Mit einer „Groulinette“ bearbeite ich den Boden

Mit Maria und Sylvain auf dem Feld