Standards der Daseinsvorsorge unter den Bedingungen des demographischen Wandels

SMI Referat 44 Hr. Glantz 22.01.2008 Standards der Daseinsvorsorge unter den Bedingungen des demographischen Wandels Vorstudie zur Bestandsaufnahme ...
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SMI Referat 44

Hr. Glantz 22.01.2008

Standards der Daseinsvorsorge unter den Bedingungen des demographischen Wandels Vorstudie zur Bestandsaufnahme und Bewertung von Standards der Daseinsvorsorge Auftraggeber: Sächsisches Staatsministerium des Innern (SMI) Auftragnehmer: IfS Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH, Berlin

1. Ausgangslage • •

Demographischer Wandel: Rückgang und Alterung der Bevölkerung Rückgang der finanziellen Ressourcen

Wie kann - auch vor dem Hintergrund der Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft - das Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen auch unter diesen Bedingungen umgesetzt und dementsprechend eine angemessene Daseinsvorsorge in allen Teilräumen des Freistaates Sachsen aufrecht erhalten werden? • •

Neuinterpretation erforderlich: Gleichwertigkeit nicht mehr im Sinne von Einheitlichkeit und Gleichartigkeit, sondern eher im Hinblick auf Chancengerechtigkeit interpretieren. Die Standards der Daseinvorsorge bedürfen einer Überprüfung – dies betrifft sowohl Fragen der: • Tragfähigkeit als auch der Erreichbarkeit Zum Einen stellt sich die Frage, ob die Ausstattungsmerkmale, d.h. die bisher definierten Qualitäten und Quantitäten noch angemessen sind, zum anderen ist zu prüfen, inwieweit die räumliche, oft am System der Zentralen Orte orientierte Verteilung einer Neuorientierung bedarf.

Landes- und Regionalplanung Die Aufgaben der Landes- und Regionalplanung in Bezug auf die mögliche Festlegung oder ggf. auch nur Koordination oder Moderation von Mindeststandards werden recht deutlich in einem Beschluss der MKRO vom 13.10.2003 1, die angesichts der Herausforderungen des demographischen Wandels gefordert hatte: •



Die Zahl der Zentren und ihre Klassifizierung muss in eine angemessene Relation zum Bevölkerungsrückgang gebracht werden, d.h., dass ggf. das System der zentralen Orte angepasst und, dass den zentralen Orten verschiedener Stufe klar abgegrenzte Funktionen zugeordnet werden müssen. Die Ausstattungsmerkmale Zentraler Orte müssen an die regionalen Einwohnerpotenziale angepasst werden. Dabei sind auch Spielräume für künftige Entwicklungen zu erhalten bzw. zu entwickeln. Gegebenenfalls sind räumlich differenzierte Mindeststandards zu entwickeln.

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31. Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) am 13. Oktober 2003 in Berlin: Sicherung und Weiterentwicklung der öffentlichen Daseinsvorsorge vor dem Hintergrund des demographischen Wandels

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Bei der Definition der zentralörtlichen Einzugsbereiche müssen die Veränderungen der Erreichbarkeitsverhältnisse (z.B. Zunahme des Anteils des motorisierten Individualverkehrs, flexiblere Angebote des ÖPNV) stärker Berücksichtigung finden. Der Ausbau von interkommunalen Kooperationen Zentraler Orte sollte zur Kostenreduktion und Effizienzsteigerung genutzt werden. Aufgrund der zunehmenden Verflechtungen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge ist die regionale Ebene bei der Bewältigung der Anpassungsleistungen im besonderen Maße gefordert. Es sind vor allem integrative Lösungen gefordert. Die Fachpolitiken von Bund und Ländern müssen ihre Vorgaben hinsichtlich Standardwerten, Kapazitäten und Einzugsbereichen für die einzelnen Infrastrukturbereiche so überprüfen, dass o Fachplanungsträger bei ihren Planungen den demographischen Wandel in ihren Konzeptionen frühzeitig berücksichtigen, o sie sich bei ihren Standortfestlegungen am Konzept der Zentralen Orte orientieren und der Integration bzw. Koordinierung mit anderen Planungsbereichen hohes Gewicht beimessen, o bei Finanzzuweisungen die Belastungen durch verstärkten Bevölkerungsrückgang berücksichtigt werden.

In einem zzt. in der Abstimmung befindlichen aktuellen Beschlussvorschlag der MKRO zum Demographischen Wandel betont die MKRO darüber hinaus v. a. folgende Handlungsschwerpunkte: • Neben den Teilzielen Wirtschaftlichkeit und Erreichbarkeit ist auch Gewährleistung von Qualitätsstandards in der Daseinsvorsorge erforderlich - insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Mobilität. • Intensivierung des Dialogs mit den Fachpolitiken. • Schwerpunktsetzung: nicht Neuerrichtung, sondern Erhaltung und Bündelung von Einrichtungen sowie neuartige Angebotsformen. • Flexible Modelle staatlicher Gewährleistungsverantwortung und privater Leistungserbringung. • „Demographiecheck“ zur Vermeidung von Überdimensionierungen. • Verbesserte Abstimmung von Förderinstrumenten und Planungen - auch im Zuge von Regionalen Entwicklungskonzepten. Die Diskussion um die Ausgestaltung der Daseinsvorsorge findet auch in den Leitbildern und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland ihren Niederschlag (Beschluss der MKRO vom 30.06.2006): • Leitbild 2: Daseinsvorsorge sichern Im Mittelpunkt: flexible Handhabung und Anpassung des Zentrale-OrteSystems. Die Anzahl der Mittelzentren (MZ) wurde für Sachsen bereits im Landesentwicklungsplan (LEP) 2003 reduziert, eine Anpassung der Anzahl der Grundzentren (GZ) erfolgt im Rahmen der in der Fortschreibung befindlichen Regionalpläne, die voraussichtlich Mitte 2008 abgeschlossen sein wird. Eine weitere Anpassung der Anzahl und ggf. auch Lage der MZ und GZ in den nächsten Jahren – Stichwort Fortschreibung des LEP (Evaluierung LEP 2003 ca. ab August 2008) - wird auch vor dem Hintergrund der Diskussion um Mindeststandards bzw. die Ausstattung der zentralen Orte zu diskutieren sein. 2

Interministerielle AG Regionalentwicklung (Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Sächsischen Ministerien für Inneres, Wirtschaft und Arbeit, Umwelt und Landwirtschaft sowie der Staatskanzlei - SMI, SMWA, SMUL, SK): • Insgesamt großer Forschungsbedarf im Hinblick auf die v.g. Fragestellungen – alle Ressorts sind mehr oder weniger von der Problematik betroffen. • Abstimmung eines Grundsatzpapiers und Leistungsbilds für eine Vorstudie.

2. Leistungsumfang der Vorstudie 2.1 Bestandsaufnahme und Bewertung Im Rahmen der Vorstudie soll in allen Bereichen der Daseinsvorsorge eine detaillierte Bestandsaufnahme der quantifizierten und qualifizierten Standards im Hinblick auf Erreichbarkeit und Ausstattung erfolgen: • Soziales, Gesundheit und Familie • Bildung, Kultur und Freizeit • Verkehr / Mobilität • Technische Infrastruktur, Ver- und Entsorgung • Ausstattung mit sonstigen Behörden / öffentlichen Dienstleistungen Grundlagen der Vorstudie u.a.: • Zwei Übersichten, die in der Vergangenheit mit unterschiedlichem Umfang und Zielstellung für die Staatsregierung erstellt wurden. • Modellvorhaben (MV) SMI zum demographischen Wandel im Westerzgebirge und Oberlausitz-Niederschlesien sowie entsprechende MV des Bundes. Die Bestandsaufnahme ist im Hinblick auf folgende Fragestellungen zu bewerten: • Welche Bereiche sind im Hinblick auf staatliches Handeln und die Erfordernisse der Raumordnung und Landesentwicklung künftig von besonderer Bedeutung? • In welchen Bereichen sind die Standards bzw. die Ausstattungsmerkmale der Zentralen Orte an den demographischen Wandel und ggf. weitere relevante Entwicklungsbedingungen anzupassen? Welche Grundanforderungen können für die Daseinsvorsorge außerhalb der Zentralen Orte formuliert werden? • Welche konkreten Vorschläge können für diese Anpassung gemacht werden, für welche Bereiche können entsprechende Tendenzen bzw. Rahmensetzungen beschrieben werden und für welche Bereiche sind weitergehende Studien erforderlich und/oder sind Prüfaufträge für die Fachressorts der Staatsregierung bzw. einzelne Fachgebiete zu formulieren?

2.2 Übersicht alternativer Angebots- und Organisationsformen Zusammenstellung von alternativen Angebots- und Organisationsformen im Bereich der Daseinsvorsorge in Deutschland und Europa, insbesondere auch von BestPractice-Beispielen aus dünn besiedelten europäischen Regionen, und Prüfung ihrer Übertragbarkeit auf Sachsen. 3

Beispiele (nicht abschließend) • Erreichbarkeit: optimierte ÖPNV-Netze mit nachfrageorientierten Taktzeiten/Übergang zu individuell nutzbaren Anrufbussystemen oder Taxieinzelbedienung; Bessere Verschränkung von Schülerbeförderung und ÖPNV • Ver- und Entsorgung: Energieversorgung durch dezentrale Kleinkraftwerke statt Anschlusszwang an zentrale Versorgung; Abwasserentsorgung durch dezentrale Biokläranlagen statt Großkläranlage • Verwaltung: Bürgerämter statt Zentralverwaltung; temporär-mobile Ansätze (Vor-OrtSprechstunden u.ä.) • Schulen: Schulzusammenlegung mit Schulbussystem; jahrgangsübergreifender Unterricht zumindest in der Primarstufe; internet-gestützter Unterricht • Gesundheitswesen: Bildung von „Gesundheitszentren“ in den Zentralen Orten einer Region für die ambulante medizinische Versorgung; temporär-mobile Angebote für ärztliche Leistungen • Wohnungswesen: Unterstützung von generationenübergreifenden und alternativen Wohnformen (Alterssitze, Seniorenwohngemeinschaften) in vorhandener Bausubstanz • Kulturelle Leistungen: Mobile Bibliotheken, Theateraufführungen, Konzerte in vorhandenen Räumlichkeiten wie Turnhallen, Mehrzweckhallen • Einzelhandel: Warenbestellung im Internet statt Einkauf; mobile Verkaufsstellen für Waren des täglichen Bedarfs 2.3 Bestimmung des weiteren Forschungsumfangs Ausgehend von der Bestandsaufnahme und der ersten Bewertung ist der weitere Forschungsumfang im Hinblick auf weitergehende Forschungsfragen zu präzisieren. Die weitergehende Studie soll v.a. folgende Inhalte haben: • •



Konkrete Vorschläge für eine Neudefinition oder Rahmensetzung von Standards und Erreichbarkeiten in verschiedenen Bereichen des Daseinsvorsorge Weitergehende Konkretisierungen zu den Möglichkeiten der Kooperation / staatlichen Rahmensetzung/ Privatisierung / Regionalisierung / räumlichen Differenzierung • Zur räumlichen Differenzierung: Bei der differenzierten Festlegung der Ausstattung von Zentralen Orten und ihrer Verflechtungsbereiche werden künftig auch verstärkt die unterschiedlichen Potentiale der Räume eine Rolle spielen. Im Rahmen des Modellvorhabens zum demographischen Wandel in der Region Oberlausitz-Niederschlesien wurden bspw. fünf unterschiedliche Raumpotentialtypen identifiziert, an deren Ausstattung entsprechend differenzierte Anforderungen zu stellen sind. Entwicklung neuer Angebots- und Organisationsformen bzw. Übertragung bereits praktizierter Beispiele auf sächsische Verhältnisse. 4

3.0 Durchführung Ausschreibung Ende 2007 Auftragsvergabe an das IfS Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH, Berlin, im Dezember 2007 Beginn der Vorstudie im Januar 2008 3.1 Ablauf der Vorstudie •

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Bestandsaufnahme der Standards Gutachten, Untersuchungen, Auswertung von Modellvorhaben, LEP und Regionalplänen sowie Befragung der Ressorts Ziel: systematische Übersicht Übersicht alternativer Angebots- und Organisationsformen Aktualisierung bereits vorliegender umfangreicher Recherchen des IfS Ziel: Steckbriefartiges Aufzeigen verschiedener Optionen Bewertung, Formulierung von Grundanforderungen und Vorschläge zur Anpassung, weiterer Forschungsbedarf 3 Workshops Begleitung der Vorstudie durch Steuerungsgruppe (ca. 15 Mitglieder) – Ressorts der Staatsregierung und weitere Akteure wie z.B. Sächsischer Städteund Gemeindetag, Sächsischer Landkreistag; ggf. Hinzuziehung weiterer Vertreter im Rahmen von Arbeitsgruppen. • 19.02.2008: Auftaktveranstaltung • Mai 2008: Zwischenpräsentation • Juli/August 2008: Vorstellung und Diskussion der wesentlichen Ergebnisse unter Beteiligung weiterer Experten August 2008: Endbericht

3.2 Umsetzung der Ergebnisse ab September 2008: • Abstimmung mit Ressorts über o Konsequenzen für die Ressortpolitik und etwaigen Änderungsbedarf im Hinblick auf ressortspezifische Standards, o weiteren Abstimmungsbedarf der einzelnen Ressorts mit der Landesentwicklung, o weitergehenden Untersuchungsbedarf insgesamt sowie ggf. im Hinblick auf Teilstudien für einzelne Bereiche bzw. Aspekte der Daseinsvorsorge, • Einbringen der ersten Ergebnisse in die Evaluierung und Fortschreibung des LEP • ggf. Vergabe einer weiterführenden Studie bzw. weiterer Detailstudien

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