SOZIALGERICHT OLDENBURG S 46 AS 76 4/ 05

IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am: 6. April 2006 _____ Justizangestellte Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

URTEIL In dem Rechtsstreit _________ ________, _________ __, _____ ____, Kläger, Prozessb ev ollm ächtigte: Rechtsanwälte Kroll und Partner, Haarenfeld 52 c, 26129 Oldenburg„ - K 613/05 gegen ARGE Wesermarsch, Weserstraße 2, 26919 Brake- 262-26110BG0001270- K 363/05 Beklagte,

hat das Sozialgerich t Ol denburg - 46. Kamm er - auf die mü ndlic he Verh andlung vom 6. April 2006 durch den Richter am Sozialgericht Jost - Vorsitzender sowie den ehre namt lichen Rich ter Herr n _______ und die ehre namt lic he Ric hter in Frau ____ für Recht erkannt: 1. De r Be sc he id vo m 27 .0 6. 20 05 wi rd ab ge än de rt un d de r W id er sp ru ch sb es ch ei d vom 19.08.2005 wird aufgehoben. 2. Di e Be kla gt e wi rd ve ru rt ei lt , de m Kl äg er un d se in er mit ih m in Be da rf sg em ei n sc ha ft le be nd en Eh ef ra u Le is tu ng en zu r Si ch er un g de s Le be ns un te rh al te s vo m 01 .0 7. 20 05 bi s 30 .1 2. 20 05 un te r Be rü ck si ch ti gu ng de r ta ts äc hl ic he n Ko st en de r Unterkunft zu gewähren. 3. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

-2Tatbestand:

Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld II.

Der im Jahre 1946 geborene Kläger bewohnt mit seiner Ehefrau ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von rd. 130 qm.

Für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 bewilligte die Beklagte dem Ehepaar Leistungen zur Sicherun g des Lebensu nterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichti gung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 491,14 €(Bescheid vom 25.01.2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 04.03.2005).

In ihrem Bescheid vom 27.06.2005 über den vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 reichenden Bewill igungsabschnitt berücksich tigte die Beklagt e nur noch Kosten der Unterku nft in Höhe von 334,89 €. Den hiergegen fristgemäß erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit der Begründung zurück, dass gern. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht als Vermögen zu berücksichtigten sei, bedeute nicht, dass laufende Zinsen und Betriebskosten in unbegrenzter Höhe zu übernehmen seien. Bei unangem essenen Mietobjek ten erfolge ebenso eine Kostenkorrektu r. Es sei nicht erkennbar, warum dem Kläger und seiner Ehefrau bei einer Wohnfläche von 130 qm und Unterkunftskosten von über 156,00 €über dem Regelsatz Bemühungen zur Kostenr eduzier ung erlassen werden sollten. Keine ausreichende Begründung sei in die sem Zusammenhang der Wunsch, keine fremden Personen in seinem Haus unterbringen zu müssen. In den vergangenen 6 Monaten seien von dem Kläger und seiner Ehefrau offensichtlich keine Aktivitäten betreffend Kostenreduzierung unternommen worden (Widerspruchsbescheid vom 19.08.2005).

Zur Begr ündung der am 13.09.2005 erho benen Klag e wird vorgetr agen, die Beklagt e habe den Kläger zur Beginn des Jahres 2005 darüber informiert, dass die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 468,78 €nur noch bis 30.06.2005 anerkannt würden und ab 01.07.2005 der für einen Zwei-Personenhaushalt-Haushalt maximale Betrag von 334,89 € bei einer Wohngröße von 60 qm zugrunde gelegt werde. Das Sozialgericht Oldenburg habe mit Beschluss vom 28.11.2005 (S 45 AS 787/05 ER) entschieden, dass in solchen Fällen zur Vermeidung eines Wertungswiderspruches die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zugrunde zu legen seien. Das Einfamilienhaus verfüge über ein Badezimmer und eine Küche. Es könne nur in zwei Wohnungen aufgeteilt werden, wenn es mit hohen Kosten umgebaut werden würde. -3-

-3 Der Kläger beantragt,

1. den Bes cheid vom 27. 06. 200 5 abzuä nde rn und den Widersp ruc hsb esc hei d vom 19.08.2005 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm und seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab 01.07.2005 bis 30.12.2005 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die Höhe der zu berück sichtigenden Kosten der Unterk unft richte sich allei ne nach § 22 SGB II. Eine Vermischung der Zugangsregelung „ Vermögenseinsatz " mit der Bemessung der Höhe der Leistungen „ Kosten der Unterkunft "sei unzulässig.

Unterstellt, der geltend gemachte Wertungswiderspruch bestehe, stelle sich die Frage, ob die Größe der Wohnfläche von bis zu 130 qm für das geschützte Eigenheim überhaupt unabhängig von der Haushaltsgröße – also auch bei 1 bis 2-Personen-Haushalten - im Rahmen von § 12 SGB II Anwendung finden könne.

Die Gerichtsakten und die Restakten der Beklagten – die Originalakten sind z.Zt. nicht auffindbar – sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Auf ihren Inhalt wird Bezug genommen. Entscheidunqsqründe:

Die Klage ist zulässig und auch begründet. Auch die hier erkennende Kammer 46 des Sozialgerichts Oldenburg hat bereits mit Beschluss vom 19.12.2005 ( S 46 AS 1058/05 ER) entschieden, dass in solchen Fällen die tatsächlichen Unte rkunf tskosten in Ansatz zu bringen sind , wie bereits die Kamm er 45 des Sozialgerichts Oldenburg entschieden hatte. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Gesetze s ist davo n auszuge hen, dass ein gesetzliches Regelungswerk we rtungsmäßig eine Einheit darst ellen soll. Hieraus folgt, dass die Bekla gte bei der Anwendung des Begriffs der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 SGB II nicht fiktiv Umstände zugrunde -4-

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legen darf, deren Herbeiführung dem Kläger nach Maßgabe von § 12 Abs. 3 Nr. 4 und 6 SGB II nicht zumutbar ist, sondern von den tatsächlichen Wohnverhältnissen ausgehen muss, die nach der genannten Vorschrift geschützt sind.

Hiergegen kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg einwenden, eine solche Auffassu ng stelle in Frage, ob eine Wohnfläche von bis zu 130 qm bei einem 2-Personen-Haushalt überhaupt noch als angemessen anerkannt werden könne. Jedenfalls solange es allgemein er Verwaltungsübung en tspricht, Haus grundstücke mit einer solc hen Wohnfläche (noch) als Schonvermögen anzuerkennen, ist es der Beklagten bereits wegen des Gleichbehandlu ngsgebot es gemäß § 3 des Grundg esetzes verwehrt, im Falle des Klä gers und seiner Ehefra u hiervo n abz uwe ich en. Im Übr igen fra gt sic h, wo diese Arg umentation der Beklagten hinführen soll, die auf eine Gleichstellung mit Mietern abzielt, bei denen die Beklagte für einen 2-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 60 qm anerkennt. Hausgrundstücke mit 60 qm Wohnfläche gibt es nämlich nicht.

Im Übrigen kann die Beklagte den Kläger und seine Ehefrau auch nicht etwa darauf verweisen, einen Teil der Wohnfläc he zu vermieten. Das Einfamilienhaus verfügt lediglich über 1 Bad und 1 Küche, also keinen abtr ennb aren eigenständ igen Wohnbereich. Zu mind est einem älter en Eh epaar wie im vorliegend en Fall ist es unzum utbar, Fremde in seine Wohnung und damit in seine Privatsphäre aufzunehmen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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-5Rechtsmittelbelehrung Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialgeric ht Niedersachs en-Bremen, Georg-Wilh elm-Str. 1, 29223 Celle oder bei der Zweig stelle des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, Am Wall 201, 28195 Bremen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem Sozialgericht Oldenburg, Schloßwall 16, 26122 Oldenburg, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Berufungsschrift muß innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthal ten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen un d Beweismittel angeben. Auf Antr ag kan n vom Sozialgericht durc h Beschluß die Revision zum Bundess ozia lge richt zugelassen werd en, wenn der Geg ner schriftlich zustimm t. Der Antr ag auf Zula s sung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Old enb urg, Schlo ßwall 16, 26122 Old enb urg sch rif tlich zu ste llen. Die Zus tim mung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. Ist das Urteil im Ausland zuzustellen, so gilt anstelle der oben genannten Monatsf risten eine Frist von drei Monaten. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluß ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist vom neuen, sofern der Antrag auf Z ulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Jost

SGV 550 a - Rechtsm itte lbel ehr ung Urte il bei zulä ssiger oder zuge lassener Berufun g ohne zugelassene Revision (§§ 136 Abs. 1 Nr. 7, 143, 151, 153, 161 SGG) (11.94)