Soziale Netzwerke im Quartier

Soziale Netzwerke im Quartier Organisation der Netzwerke und Voraussetzungen für eine dauerhafte Struktur Josef Martin, Vorsitzender der Seniorengenos...
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Soziale Netzwerke im Quartier Organisation der Netzwerke und Voraussetzungen für eine dauerhafte Struktur Josef Martin, Vorsitzender der Seniorengenossenschaft Riedlingen

Soziales Netzwerk im Verwaltungsraum Riedlingen Netzwerke helfen Menschen und Organisationen Riedlingen ist Sitz einer Verwaltungsgemeinschaft, in deren Einzugsbereich 25.000 Menschen leben. Es gibt zahlreiche soziale Einrichtungen, in der Vergangenheit gab es zwischen diesen nur einzelne lose Kontakte. Dabei bestand ein hoher Bedarf an Abstimmung, um durch gemeinsames Vorgehen mehr entwickeln und bewegen zu können. Aus einer zunächst lockeren Gesprächsrunde ist vor ungefähr 6 Jahren das Soziale Netzwerk im Verwaltungsraum Riedlingen entstanden Wie können Dienstleister kooperieren? Vernetzung ist heute in aller Munde, wobei darunter viel Unterschiedliches verstanden wird. Es muss aber mehr sein, als sich nur zu treffen und Informationen auszutauschen, Wirkliche Vernetzung ist der Wille zu echtem Teamwork, zu gemeinsamen Planungen und Aktivitäten. Von besonderer Bedeutung ist dies für Felder, in denen Dienste am Menschen geleistet werden, also insbesondere im sozialen Bereich, Zwar gilt auch hier; dass Konkurrenz das Geschäft belebt, aber nur Gewinnmaximierung darf nicht der Maßstab für das Handeln sein, eine hohe Qualität und ein möglichst umfassendes Angebot müssen angestrebt werden. Wer dies will, ist gezwungen, sich mit anderen Einrichtungen, die im sozialen Bereich tätig sind, abzustimmen und zusammenzuarbeiten. Von den einzelnen Dienstleistern kann und muss erwartet werden, dass Entscheidungen nicht nur aus Sicht der eigenen Einrichtung, sondern auch unter Beachtung der Gesamtsituation getroffen werden, natürlich unter Beachtung betriebswirtschaftlicher Belange. Es war nicht besonders schwierig, eine engere Vernetzung zu realisieren. Man darf nur die Erwartungen und Ansprüche am Anfang nicht zu hoch ansetzen. Irgend jemand muss die Initiative übernehmen. In Riedlingen war es die bürgerschaftliche Organisation “Seniorengenossenschaft“. Sie hatte hierfür gute Voraussetzungen, weil es sich bei ihr um eine Selbsthilfeeinrichtung von Bürgern handelt, die nicht gewinn orientiert arbeitet deshalb und nicht nur den eigenen Geschäftsbetrieb im Blick haben muss. Durch das schaffen von Netzwerken sollen Marktmechanismen nicht außer Kraft gesetzt werden. Es geht aber darum, negative und nachteilige Auswirkungen möglichst zu vermeiden. Dies wird in Zukunft sicher im sozialen Bereich noch deutlich größere Bedeutung erlangen, weil insbesondere die finanziellen Ressourcen begrenzt sind. Bürgerschaftliches Engagement als wichtiges Element. Bei der Schaffung von Versorgungsstrukturen kommt es nicht nur auf ein möglichst umfassendes Angebot an. Wichtig sind auch Angebote, die für die Menschen bezahlbar sind. Es ist davon auszugehen, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit vieler älterer Menschen in der Zukunft geringer sein wird. Das beste Angebot nützt dann nichts, wenn die Menschen nicht in der Lage sind, diese in Anspruch zu nehmen, weil sie diese nicht bezahlen können. Es darf auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Kosten einfach über die Sozialhaushalte der Kommunen aufgefangen werden, die Leistungsfähigkeit der Kommunen ist ebenfalls begrenzt. Eine stärkere bürgerschaftliche Beteiligung in den sozialen Netzwerken ist unabdingbar, wenn eine kostengünstige Versorgungsstruktur erreicht werden soll. Es darf dabei nicht davon ausgegangen werden, dass bürgerschaftliche Mitwirkung Ehrenamtlich, also kostenlos zu erreichen ist. Alle Erfahrungen zeigen, dass nur über ehrenamtliche Lösungen eine ausreichende und nachhaltige Versorgung nicht gesichert werden kann. Ein erfolgreicher Lösungsweg ist die bürgerschaftliche Beteiligung in Form einer Seniorengenossenschaft, die von den Bürgern eigenständig organisiert und geführt sind. Seniorengenossenschaften kommt in Netzwerken die wichtige Aufgabe zu, vorhandene Lücken zu schließen, um eine Vollversorgung zu gewährleisten.

Die Seniorengenossenschaft Riedlingen Die Seniorengenossenschaft ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Bürgern, sie wurde 1991 als e.V. gegründet. Ihr Leitspruch ist: Wir organisieren Hilfe für Ältere und nutzen dabei gleichzeitig das Potenzial älterer Menschen. Die Idee Viele Menschen sind nach Eintritt in den Ruhestand noch sehr vital und haben ein Interesse an einer sinnvollen Betätigung. Eine Selbsthilfeeinrichtung bietet diesen Menschen ein interessantes Betätigungsfeld und gleichzeitig die Möglichkeit, einer zusätzlichen Vorsorge für das Alter. Diese Menschen arbeiten in der nachberuflichen Zeit, in der von ihnen selbst organisierten Selbsthilfeeinrichtung mit, bei der Betreuung und Versorgung von älteren, aber auch jüngeren Menschen, die auf fremde Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Sie erhalten hierfür ein Entgelt Wenn sie selbst Hilfe benötigen, nutzen sie das Angebot der Einrichtung. Damit wären mehrere der in der Zukunft notwendigen Dinge erfüllt:

• Verlängerung der Lebensarbeitszeit • Kostengünstige und gesicherte Versorgungsangebote für ältere Menschen • Die Möglichkeit einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge durch Ansparung des Entgeltes. Die Ziele • Die Seniorengenossenschaft bietet alle erforderlichen Hilfen an, um Mitgliedern zu ermöglichen, bis zum Lebensende in ihrem Wohnumfeld verbleiben können. Eine Übersiedlung in ein Heim soll möglichst auf Schwerpflegefälle reduziert werden. • Den Freiwilligen Mitarbeitern die Möglichkeit zu eröffnen, zusätzliche Vorsorge für das eigene Alter zu leisten. Zusätzliche Altersvorsorge für die Mitarbeiter Wer mitarbeitet kann frei entscheiden, ob er sich das Entgelt auszahlen lässt, oder ob er dieses bei der Seniorengenossenschaft anspart. Wer anspart, kann später Leistungen hierfür gesichert wieder abrufen. Es gilt dabei der Grundsatz, wer heute 100 Stunden arbeitet und anspart, kann später auch 100 Stunden wieder abrufen. Durch Zinsgewinne werden die Differenz zwischen dem eigentlich zu zahlenden Preis der Stunde und der angesparten Stundenvergütung, sowie eventuelle Erhöhungen der Stundensätze aufgefangen. Die Höhe des bezahlten Stundenlohns wird ist somit unerheblich, weil bei diesem System in Wirklichkeit Stunde gegen Stunde verrechnet wird. Diese Möglichkeit wird von einem großen Teil der Mitarbeiter genutzt. Sie schaffen sich damit eine Reserve für die Zeit, wo sie selbst Unterstützung benötigen. Selbstverständlich verbleibt das angesparte Geld im Eigentum und der vollen Verfügungsgewalt der jeweiligen Person. Das Geld kann jederzeit auch wieder in bar abgerufen werden, dann verfallen natürlich auch die Stundenguthaben im entsprechenden Umfang Auf diese Weise ist es möglich mit einem sehr günstigen Stundensatz zu arbeiten, der dann trotzdem für die Mitarbeiter attraktiv ist. Durch diesen günstigen Stundensatz wird aber auch Personen mit niedrigen Einkommen die Möglichkeit geboten, Leistungen einzukaufen. Eine Reihe früherer Mitarbeiter hat erworbene Stundengutschriften in der Vergangenheit bereits wieder in Anspruch genommen, oder löst diese gerade ein. Die Seniorengenossenschaft Riedlingen wurde mit dem Zukunftspreis 2004 ausgezeichnet. Infos im Internet unter www.martin-riedlingen.de. Mail: [email protected] Die Gründung des Netzwerkes Natürlich gab es eine gewisse Skepsis, als der Zusammenschluss zu einem Netzwerk angeregt wurde. Eine wichtige Erfahrung war, dass es notwendig ist mit ersten Schritten zu beginnen, auch wenn nur ein Teil der Einrichtungen an einer Vernetzung interessiert ist. Nicht auf den Letzten warten, sondern, auch mit einer kleineren Gruppe, einfach anfangen. Dies geschah, man gab sich den Namen “Soziales Netzwerk im Verwaltungsraum Riedlingen.

Die erste gemeinsame Maßnahme war ein Infoblatt, in dem das Dienstleistungsangebot und die am Netzwerk beteiligten Einrichtungen dargestellt wurden. Dieses Blatt zeigte erstmals das Angebot für die Bürger in übersichtlicher Weise und machte auch deutlich, dass es kaum Konkurrenzsituationen gab. Bei gleichen Angeboten ist die Nachfrage fast immer höher als das Angebot. Dieses Infoblatt wurde verteilt und in der Presse veröffentlicht. Fast umgehend meldeten sich daraufhin Einrichtungen, die bisher zurückhaltend waren, und zeigten sich verwunden, weil sie nicht genannt waren. Der Grund: Sie hatten ja - zunächst - kein Interesse. Inzwischen haben sich alle sozialen Dienstleister im Verwaltungsraum dem Netzwerk angeschlossen, weil der Vorteil dieses Vorhabens erkannt wurde. Gemeinsame Aktivitäten Ziel ist es, für alle im sozialen Umfeld wichtigen Bereiche ein Angebot zu haben oder zu entwickeln und die Angebote zu optimieren. Bei der praktischen Arbeit sind es im wesentlichen vier Arbeitsbereiche: ƒ Eine Verbesserung der Information untereinander, dies wird erreicht über regelmäßige Treffen mit Erfahrungsaustausch ƒ Politische Einflussnahme auf kommunaler Ebene, um die Anpassung von politischen Rahmenbedingungen zu erwirken. ƒ Die Bürger über die vorhandenen Angebote gut und möglichst neutral zu informieren. Dies erfolgt durch die Veröffentlichung von Infoblättern, wo das Angebot dargestellt ist und die einzelnen Dienstleister benannt sind. Daneben wurden vom Landkreis und den Gemeinden in den vergangenen Jahren so genannte Anlaufstellen bei den Gemeindeverwaltungen und dem Landkreis geschaffen. Diese haben eine Vermittlungs- und Beratungsfunktion. Die Gemeinden und die Leiter dieser Anlaufstellen sind ebenfalls Mitglied im Sozialen Netzwerk und nehmen auch an den regelmäßigen Treffen teil, so dass eine gute Information derselben gegeben ist. ƒ Die Planung sowie die Durchführung gemeinsamer Vorhaben, die für eine Einrichtung allein nicht oder nur schwerer leistbar wären. Dazu gehören beispielsweise: - Eine so genannte Anregungs- und Bewegungsgruppe, ein Angebot für Menschen, die zu Hause gepflegt werden. Einmal im Monat werden diese zu einem Treffen eingeladen. An einem Nachmittag wird ein auf die betroffenen Personen abgestimmtes Programm angeboten. Die Menschen werden zu Hause abgeholt und von Fachkräften betreut. Die überschaubaren Kosten für dieses Angebot werden vom Netzwerk getragen. - Eine Demenzgruppe, ein Angebot für verwirrte Menschen, die in der Familie gepflegt werden, einmal in der Woche trifft sich diese Gruppe. Für die Pflegepersonen bringt dieses Angebot Entlastung und Freiraum im Alltag. Für dieses Angebot müssen die Teilnehmer einen Unkostenbeitrag leisten. Ein in der Startphase vorhandener Abmangel wird vom Netzwerk übernommen. - Die Durchführung eines Dankeschöntages ein mal je Jahr für Menschen die zu Hause Angehörige pflegen. Geplant sind: - Die gemeinsame Beschaffung eines Fahrzeug mit dem Menschen im Rollstuhl sitzend transportiert werden können. Dieses Fahrzeug kann dann von allen Beteiligten genutzt werden. - Die Einrichtung einer Wohngemeinschaft für Demenzkranke. Persönliche Erfahrungen Aufgrund meiner Tätigkeit im bürgerschaftlichen Engagement haben sich für mich einige Erkenntnisse herausgeschält: - Vernetzung lässt sich nicht verordnen, sie muss sich selbst entwickeln und wachsen. Wichtig: Sie muss von den Beteiligten nicht nur halbherzig mitgegangen, sondern wirklich mitgetragen weiden. - Vernetzung muss von unten nach oben wachsen. - Vernetzung gelingt umso eher, je verschiedenartiger die Arbeitsgebiete der einzelnen Partner sind. Bei wirklichen Konkurrenzangeboten ist es eher schwierig.

- Für jeden Partner muss ein Nutzen erkennbar sein. - Eine Entwicklung aus bereits vorhandenen Strukturen ist von Vorteil.

Weitere Entwicklung Derzeit sind neben dem „Sozialen Netzwerk im Verwaltungsraum Riedlingen“ weitere regionale Netzwerke in anderen Verwaltungsräumen des Landreises im entstehen. Um die Gründung anderer lokaler Netzwerke zu fördern, aber auch um die Verbindungen zwischen den Netzwerken zu pflegen wurde vor drei Jahren das „Netzwerk Ehrenamt im Landkreis Biberach“ gegründet. Dieses soll künftig Dachorganisation der örtlichen Netzwerke sein und neben der Gesprächsplattform besonders im Schulungs- und Qualifizierungsbereich Angebote entwickeln, daneben aber auch Informationsveranstaltungen auf Landkreisebene anbieten.

Netzwerk Ehrenamt im Landkreis Biberach Mitglied in der Liga der freien Wohlfahrtsverbände im Landkreis Biberach Das Netzwerk Ehrenamt • fördert und unterstützt Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und soziales Engagement • entwickelt neue Formen und Standards im ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagement • bietet den Rahmen für gemeinsame Planungen und Aktionen der Netzwerkpartner Ziele des Netzwerkes Ehrenamt Menschen für bürgerschaftliches Engagement, ehrenamtliche- und Freiwilligenarbeit gewinnen Intensivierung der Fortbildung für Ehrenamtliche und freiwillig Engagierte durch • Entwicklung und Organisation von neuen Fortbildungsangebote in Zusammenarbeit mit den Bildungsträgern im Landkreis • Öffnung der Fortbildungsangebote einzelner Mitgliedseinrichtungen für alle anderen • Koordinierung und Vernetzung von sozialem, bürgerschaftlichem Engagement • Ressourcen bündeln und innovative neue Projekte mitgestalten. • Vertretung in Gremien, Ausschüssen und Foren • Beteiligung an der Sozialplanung auf Landkreisebene Sozialpolitische Einflussnahme • Hält Kontakte zu gesellschaftlich relevanten Gruppen • Fördert sozialpolitische Lobbyarbeit • Vertritt Ehrenamtliche, Initiativen und soziale Netzwerke Gremien auf Gemeinde-, Landkreisund Landesebene Organisation Um Aufgaben effektiv erledigen zu können wählen die Mitglieder des Netzwerkes einen Sprecherrat für jeweils zwei Jahre. Die Wahl erfolgt mehrheitlich. Der Sprecherrat besteht aus drei Personen und arbeitet nach dem Prinzip der Nachrangigkeit und der Beauftragung. Sprecher sind derzeit • Peter Grundler, Neherstraße 8, 88400 Biberach. 07351-500510 Caritas, [email protected] • Jasmin Klemme, Heggbach 1, 88437 Maselheim,. . 07353-81165 Heggbacher Einrichtungen, [email protected] • Josef Martin, Färberweg 20, 88499 Riedlingen . 07371-8394 Seniorengenossenschaft Riedlingen, [email protected] Mitgliedschaft im Netzwerk Ehrenamt • Mitgliedes des Netzwerkes Ehrenamt im Landkreis Biberach kann jede Einrichtung, Initiative oder Verband werden, die Angebote im sozialen oder sozial-karitativen Bereich macht. • Über die Aufnahme neuer Mitglieder entscheiden die Mitglieder des Netzwerkes mehrheitlich. • Jedes Mitglied hat einen Mitgliedsbeitrag von derzeit 50 € je Jahr zu leisten.

Zukunftserwartung

Über die Liga der Freien Wohlfahrtsverbände im Landkreis, bei dem das Netzwerk Mitglied ist, wird im kommenden Monat eine Seite ins Internet gestellt. Unter der Adresse www.liga-kreis-biberach.de können dann Informationen die Angebote im sozialen Bereich und über die Dienstleister abgerufen werden können. Wir versprechen uns davon einen noch größeren Bekanntheitsgrad der Netzwerkstruktur in der Öffentlichkeit. Durch die Institutionalisierung des ganzen auf verschiedenen Ebenen, dürfte eine dauerhafte Struktur gesichert sein.