Schwestern Unserer Lieben Frau

Schwestern Unserer Lieben Frau… gesandt, die Liebe unseres guten und fürsorgenden Gottes zu leben Generalat/Mutterhaus Rom 25. März 2015 Fest Maria V...
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Schwestern Unserer Lieben Frau… gesandt, die Liebe unseres guten und fürsorgenden Gottes zu leben

Generalat/Mutterhaus Rom 25. März 2015 Fest Maria Verkündigung Liebe Schwestern, Einer jeden von euch wünsche ich ein frohes Fest Maria Verkündigung! Anlässlich der Feier des Patronatsfestes unserer Kongregation, an dem wir uns an das Fiat Marias erinnern, Jesus in die Welt zu bringen, möchte ich euch einladen, euer eigenes Fiat jeden Tag zu erneuern. Im Buch der Sprichwörter lesen wir: „Missachte nicht die Lehre deiner Mutter… denn eine Leuchte ist das Gebot und die Lehre ein Licht.” Sprichwörter 6,20-23 Maria, die Mutter der Kirche und unsere Mutter im Glauben, ist unsere beste Lehrerin und unser bestes Vorbild, wenn es darum geht unseren Weg als Mutter und als Jüngerin zu erleuchten. Maria war gesegnet unter den Frauen, aber sie ist auch einer jeden von uns ähnlich in unserem Bemühen, Gottes Pläne in unserem Leben zu verstehen. Wenn ihr an das einfache Mädchen mit einem Kind auf dem Arm in einer Höhle in Bethlehem denkt, oder an die junge Mutter, die voller Angst ihren verlorenen 12jährigen Sohn sucht, oder an die verwitwete Mutter, die versucht zu verstehen, was ihr Sohn sagt und tut, oder an die Mutter, die unter Tränen sieht, wie ihr einziger Sohn in der Blüte seines Lebens stirbt … kommt ihr in Verbindung mit jemandem, die eine von uns ist, die Gott von ganzem Herzen liebt und die von Gott von ganzem Herzen geliebt wird, trotz allem, was vielleicht anders erscheint. Religion ist nicht mehr abstrakt und Güte ist nicht mehr unmöglich, wenn wir an Maria als eine von uns denken. Immer mehr Katholiken finden zurück zu Maria. Vielleicht hat das Zweite Vatikanum uns geholfen, eine Phase zu durchleben ähnlich wie Jugendliche auf ihrem Weg zur Reife. Wir erlernen die Beziehung eines Erwachsenen statt der eines Kindes zu unserer Mutter. Nur eine solche Beziehung wird der starken Frau gerecht, die Maria ist. Bischof Ken Untener, Little Books Diözese Saginaw In der Hl. Schrift lesen wir: „Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.” (Lukas 2,19). Als Menschen, die auf der Suche nach Gott sind, wissen wir genau, was es heißt, „im Herzen darüber nachzudenken”. Es ist ein kontemplativer Prozess, in dem 1

wir versuchen, im Licht unserer Gotteserfahrung die Geschehnisse in unserer betreffenden Lebenssituation auf der intellektuellen, emotionalen, psychologischen und spirituellen Ebene zu verstehen. Die Worte und Geschehnisse, die Maria in ihrem Herzen bedachte, führten zu Freude, Sorge, Ü berraschung, Verwunderung, Aufregung und tiefer Trauer. Wir wissen, dass sie angesichts der Höhen und Tiefen ihres Lebensweges Verständnis und Klarheit im Wort Gottes suchte. Ihre Vertrautheit mit dem Wort befähigte sie, ihre Rolle im Heilsplan Gottes in Worte zu fassen. Dies wird deutlich, wenn sie bei dem Besuch Elisabets das Magnifikat anstimmt, in dem sie Gott lobpreist und ihre Rolle in der Heilsgeschichte verkündet. Unsere Konstitutionen preisen Maria, die das Wort Gottes hört und danach handelt. Sie zeigt uns vorbildhaft, wie unser Gebetsleben und unser Dienst sein sollen. Als Schwestern Unserer Lieben Frau verehren wir Maria mit besonderer Liebe. Sie war vollkommen ausgerichtet auf Gott, offen für sein Wort und bereit zur Erfüllung seines Willens. So ist sie uns Vorbild für unser Gebetsleben und unseren Dienst.

Artikel 48

Maria besaß die große Fähigkeit, mit einem Geheimnis in ihrem Leben zu leben. Sie konnte das Leben sich entfalten lassen, ohne zu versuchen, die Geschehnisse zu kontrollieren oder zu manipulieren. Das zeigt ihre kontemplative Haltung gegenüber dem Leben. Aus dieser kontemplativen Haltung heraus kann sie „nachsinnen“. Gott sprach in der Stille ihres Herzens durch seine Wirkung in ihrer Seele - eine tiefe „geistliche Erleuchtung“. Er bildete ihr Herz nach seinem Herzen, weil sie ihm den Raum und die Offenheit bot, sie zu erfüllen. Als Jüngerinnen Jesu sind auch wir aufgerufen, wie Maria zu „nachzusinnen”, damit wir erkennen, wie Gott in der Tiefe unseres Herzens und durch die Personen und Geschehnisse in unserem Leben spricht. Dann können wir als Kontemplative in die Welt gehen und authentische Boten des Evangeliums sein. Dann sprechen wir mit einem Herzen, das mit dem Herzen Gottes im Einklang ist. Die hl. Schrift als solide Grundlage ist unerlässlich für eine aktive Kontemplative, wie wir sie sein müssen, um den Hunger der Welt von heute zu stillen. Wie kann der Bote der Frohen Botschaft evangelischer Sauerteig in der Welt sein, wenn er (sie) nicht regelmäßig durch das Neue Testament genährt wird, wenn er (sie) nicht sofort zur ersten Seite des Matthäus-Evangeliums zurückkehrt, nachdem er (sie) die letzte Seite der Offenbarung beendet hat? Wie viele Apostel der Frohen Botschaft vertiefen sich in diese Texte, um buchstäblich von ihnen durchdrungen zu werden? Bis sie eine völlig neue Sicht entwickeln, eine Sicht, die der Sichtweise und der Denkweise Gottes in Christus entspricht? ... 2

Ein Apostel sollte nie vergessen, dass das Evangelium da ist, um ausgesprochen und weitergegeben zu werden. Es muss von Lippen kommen, die aus der Fülle des Herzens sprechen oder durch ein Leben, das Zeugnis ablegt. Andre Simonet, Apostles for Our Time Eine Methode, die uns hilft, das Evangelium gut zu kennen und es im Kontext unseres Lebens zu verstehen, ist die Lectio Divina. Wenn wir die Lectio Divina anwenden, spricht die Schrift direkt zu uns. Wenn wir uns die Lectio Divina näher anschauen, sehen wir eine Art Verdichtung der kontemplativen Dynamik… Lectio ist ein Paradigma des Eintauchens. Es ist ein besonders intensives Eintauchen, weil es ein Eintauchen in das Wort Gottes ist. Es ist ein Eintauchen der Person in das Wort, das das Geheimnis in sich birgt. Bei diesem Eintauchen geschieht eine gegenseitige Durchdringung; das Geheimnis, das im Wort verborgen ist, durchdringt das Herz, und das Herz durchdringt das Geheimnis. Diese Dynamik des Eintauchens und der gegenseitigen Durchdringung ist das Wesen der Lectio Divina und des kontemplativen Lebens. Die Lectio Divina ist ein kontemplativer Prozess, der zu einer kontemplativen Erfahrung führen kann – zu einer Vereinigung mit dem Geheimnis, das wir betrachten. Dieses kontemplative Wesen der Lectio Divina sollte beachtet werden. Lectio ist ein Weg, bei dem Wort zu sein, ein Prozess, der eine besonders kontemplative Haltung erfordert, eine Art des Seins statt des Tuns. Es erfordert einfach, dass wir anwesend sind und das Wort, das Geheimnis, zu uns kommen lassen. Diese Haltung macht uns bereit, uns von dem Wort „ergreifen“ oder „erobern“ zu lassen, statt ihm Hindernisse in den Weg zu legen, indem wir versuchen, es zu begreifen oder zu erobern! Indem sie uns mit dem Wort in Verbindung bringt, wirkt die Lectio Divina wie ein Katalisator, der uns mit dem Heiligen Geist belebt. Wenn wir wahrhaft empfänglich sind, kann die Lectio uns mit dem Geheimnis im Wort in Berührung bringen; sie ist ein Weg, auf dem das Geheimnis in unser Herz gelangen kann. Durch unser Eintauchen in das Wort, kann die Lectio Divina uns das Geheimnis nahe bringen und uns dem Geheimnis. Durch die Ü bung der Lectio kann das fortschreitende Eindringen in das Geheimnis uns mit der Gnade Gottes umwandeln und vergöttlichen, eine andere Ausdrucksweise für Kontemplation und Vereinigung mit Gott. Schwester Jean-Marie Howe, O.C.S.O. Give Us This Day Viele von uns kennen diese Methode, aber allen, denen sie nicht so vertraut ist, kann die folgende Anleitung von Pater Luke Dysinger, OSB, in Give Us This Day hilfreich sein.

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Wähle ein Wort oder einen Satz aus der Schrift mit dem du beten möchtest. Es macht keinen Unterschied, welchen Text du wählst, solange du nicht die Absicht hast, eine bestimmte Menge an Text zu bewältigen. Die Menge an Text liegt in der Hand Gottes, nicht in deiner. Lesen. Wende dich dem Text zu und lese ihn langsam, behutsam. Koste beim Lesen jeden Abschnitt und höre dabei auf die „leise, stille Stimme” eines Wortes oder eines Satzes, das dir sagen will: „Heute bin ich für dich bestimmt”. Erwarte keine Blitze oder Ekstasen. In der Lectio Divina lehrt Gott uns, zu hören, ihn in der Stille zu suchen. Gott kommt nicht, um uns zu fassen, sondern er lädt uns behutsam ein, seiner Gegenwart immer näher zu kommen. Nachsinnen. Nehme das Wort oder den Satz auf. Präge es/ihn dir ein und wiederhole es/ihn langsam. Lasse es/ihn mit deinen Sorgen, Erinnerungen und Gedanken in Berührung kommen. Hab keine Angst vor Ablenkungen. Erinnerungen oder Gedanken sind Teil deiner Person; wenn sie während der Lectio Divina auftauchen, wollen sie mit allem, was in dir ist, Gott übergeben werden. Lasse zu, dass dieses innere Nachsinnen dich in ein Gespräch mit Gott bringt. Beten. Ob du Worte, Gedanken oder Bilder – oder alle drei – benutzt ist nicht wichtig. Gehe mit Gott um wie mit jemandem, von dem du weißt, dass er dich liebt und annimmt. Ü bergebe Gott, was du in der Meditation erfahren hast. Ü bergebe Gott, was du in deinem Herzen gefunden hast. Es ist nicht notwendig, die Qualität deiner Lectio Divina zu beurteilen, als ob es um eine „Vorführung” oder das Erreichen eines Zieles ginge. Die Lectio Divina hat kein anderes Ziel als das Verweilen in der Gegenwart Gottes durch das Beten mit der Schrift. Die Lectio Divina ist ein guter Weg, das Thema unseres Generalkapitels 2016 in die Praxis umzusetzen: Dem Wort begegnen, die Welt bewegen. Indem wir sie auf die täglichen Lesungen der Messe anwenden, dringen wir tiefer ein in das liturgische Jahr und in das Leben und die Sendung Jesu. Sie weitet unsere Welt und hilft uns, die Verbindungen zu erkennen, die wir in unserem Alltag oft übersehen. „Jeder Mensch ist Teil des Ganzen, das wir Universum nennen, ein durch Zeit und Raum begrenzter Teil. Er (oder sie) nimmt sich, seine Gedanken und Gefühle als etwas wahr, das vom Rest getrennt ist, eine Art optische Täuschung seines Bewusstseins. Diese Täuschung ist wie ein Gefängnis für uns, das uns einschränkt auf unsere persönlichen Wünsche und auf eine Zuneigung, die nur wenigen Menschen in unserer Nähe gilt. Unsere Aufgabe muss es sein, uns aus diesem Gefängnis zu befreien, indem wir den Kreis unseres Mitempfindens weiten und alle Geschöpfe und die gesamte Natur in ihrer Schönheit einbeziehen. Albert Einstein

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Die Lectio Divina befreit uns von unserer Engherzigkeit und weitet den Bereich unseres Mitempfindens und unserer Verbundenheit, wie Albert Einstein in dem oben erwähnten Zitat empfiehlt. Sie hilft uns, das innere Gleichgewicht zu finden, das uns Frieden bringt. Wir sind nur Zweige am Weinstock. Wenn wir abgeschnitten werden, sind wir nicht fruchtbar. Durch die Lectio bleiben wir mit der Quelle unseres Lebens in Verbindung. Sie schenkt uns die Hoffnung, die Maria hatte, als sie über das Wort Gottes nachdachte. Als Schwestern Unserer Lieben Frau wollen wir uns nach Maria richten, die als hörende Jungfrau unser Vorbild ist. Wir wollen über das Wort Gottes nachsinnen und auf kontemplative Weise in der Welt leben. Mögen wir durch die Lectio Divina wachsen in unserem Selbstverständnis, in der Erkenntnis unseres Gottes und in unserer Liebe zu ihm. Möge das Fest der Verkündigung für jede von uns eine Gelegenheit sein, das FIAT zu erneuern, das wir bei unserer ersten Profess gegeben haben. Mögen wir immer tiefer in das Geheimnis Gottes eindringen, indem wir über seine strahlende Schönheit nachsinnen und so jeden Tag die Fülle des Göttlichen in unserem Leben erfahren. Vereint mit euch in einem Herzen, einer Hoffnung, einer Sendung. Schwester Mary Kristin, SND

Fragen zur Besinnung:          

Nehme ich mir die nötige Zeit zum Gebet und zum Nachsinnen? Sinne ich über die hl. Schrift nach als wichtige Quelle meiner persönlichen Beziehung zu Gott? Erkenne ich durch Gebet und Meditation immer deutlicher die Verbundenheit allen Lebens? Kann ich mit dem Geheimnis leben und das Leben sich entfalten lassen oder versuche ich, zu kontrollieren und zu manipulieren? Verbinde ich Kontemplation mit Aktion? Habe ich gelernt, mit einem „langen, liebenden Blick“ auf Menschen und Ereignisse zu schauen? Wie lasse ich Schönheit in meinem Leben zu? Bin ich so wohlwollend mit mir wie Gott es ist? Versuche ich, durch Meditation zu verstehen und zu erkennen? Wie kann die Gewissenserforschung ein Aspekt des Nachsinnens sein?

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