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Unterlage zur Pressekonferenz Eisenstadt, 23. September 2016

Schulkosten im Burgenland AK präsentiert Ergebnisse der ersten burgenländischen Schulkostenerhebung Die Arbeiterkammer hat im vergangenen Schuljahr Eltern im Burgenland, Wien, Niederösterreich, in Salzburg und in Tirol gebeten, Monat für Monat ihre Schulausgaben aufzuzeichnen. Im Burgenland geben die Eltern für ein Schulkind im Durchschnitt über alle Schultypen 979 Euro pro Schuljahr aus. Das ist im Vergleich zu den anderen Bundesländern der Spitzenwert. Die Arbeiterkammer Burgenland legt nun die Ergebnisse dieser Schulkostenerhebung im Detail vor. Ihre Gesprächspartner:

Mag. Thomas LEHNER, AK-Direktor Mag.a Claudia KREINER-EBINGER, Projektleitung Julia TRÖLLINGER, Teilnehmerin an der Erhebung

Termin:

Freitag, 23. September 2016, um 9 Uhr

Ort:

Arbeiterkammer Burgenland, Eisenstadt Wiener Straße 7, 7000 Eisenstadt

Rückfragen: AK Burgenland Kommunikation Mag. Bernhard Ozlsberger 02682 740-3143, 0664 8239449

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Erstmals im Burgenland Schulkosten erhoben Hefte,

Schultaschen,

Bastelgeld,

Laptop,

Skikurs,

Schulsportwoche,

Sprachkurse:

Schulkosten sind ein wesentlicher Posten in einem burgenländischen Haushalt mit Kindern. Dennoch gab es bis dato keine umfassende und repräsentative Erhebung im Burgenland dazu. „Die Arbeiterkammer Burgenland hat nun erstmals für das Burgenland die Schulkosten erhoben. Unser Ziel ist es, das Thema zu enttabuisieren und zu erreichen, dass die enormen Belastungen und Auswirkungen der Schulkosten für die Eltern mit Zahlen und Fakten dokumentiert werden“, sagt AK-Direktor Mag. Thomas Lehner. „Wir wussten natürlich aus unseren Beratungen, dass die Schulkosten eine große Belastung für die Familien sind. Uns ist aber wichtig, mit Fakten argumentieren zu können. Mit dieser Studie können wir uns ein detailliertes und umfassendes Bild von der Situation machen.“ Die Schulkosten-Studie wurde vom Landesschulrat, Elternvereinen und Schulen unterstützt. AK-Direktor Mag. Thomas Lehner: „Die AK Burgenland bedankt sich vor allem bei den Eltern, die über ein Jahr lang die Schulkosten dokumentiert und für die Studie zur Verfügung gestellt haben.“

979 Euro pro Schulkind und Schuljahr! Die Erhebung startete im Juli 2015 und endete mit Juni 2016. Zum Abschluss der Erhebung konnten für das Burgenland die Langzeitdaten (laufende Einträge der Schulkosten über das ganze Schuljahr) von 191 Haushalten mit 296 Kindern ausgewertet werden. Im Burgenland geben die Eltern für ein Schulkind im Durchschnitt über alle Schultypen 979 Euro pro Schuljahr aus. AK-Direktor Mag. Thomas Lehner: „Das ist im Vergleich zu den anderen Bundesländern der Spitzenwert. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Schultypen reichen von der Volksschule mit 606 Euro bis zur AHS-Oberstufe mit 1.338 Euro pro Schulkind.“

Detailergebnisse An der Erhebung nahmen Eltern mit Kindern aller Schultypen (Volksschule, Hauptschule/Neue Mittelschule, Allgemeine Sonderschule, Polytechnische Schule, AHSUnterstufe, AHS-Oberstufe sowie allen Formen von berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS)) mit Ausnahme von BerufsschülerInnen teil. Die Daten wurden von Eltern entweder Online oder mit einem Erhebungsbogen der AK Burgenland übermittelt.

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AK-Bildungsexpertin Mag.a Claudia Kreiner-Ebinger: „Die Auswertung aller Daten erfolgte anonymisiert. Es wurden keine Rückschlüsse auf einzelne Schulen oder Einzelpersonen gezogen.“ Die durchschnittlichen Gesamtkosten pro Schulkind verteilen sich so:

schulbedingte Kosten im Burgenland 2015/16 Basis: SchülerInnen aller Schulytypen € 300

€ 267

Gesamt

979 €

€ 250

jährlich pro Schulkind

€ 200 € 150

€ 119

€ 116

€ 113

€ 50

€ 89

€ 83

€ 100

€ 62

€ 49

€ 60

€ 22

€ 0

n=296

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A. Kosten für Volksschulkinder Für ein Kind in der Volksschule fallen im Schuljahr durchschnittlich 606 Euro schulbedingte Kosten an. Größte Ausgabenkategorien sind hier allgemeine Schreibwaren und Schulmaterialien mit 150 Euro, gefolgt von Bekleidung und Schuhe mit 105 Euro. Einen weiteren großen Kostenfaktor in der Volksschule stellen Beiträge und Selbstbehalte mit 83 Euro dar. Überraschend hoch sind die Kosten für Nachhilfe mit 45 Euro. Etwas anders ist die Kostenstruktur bei SchulanfängerInnen: Mit Abstand größter Ausgabenposten im ersten Schuljahr sind allgemeine Schreibwaren und Materialien mit Kosten in Höhe von 226 Euro.

schulbedingte Kosten im Burgenland 2015/16 Basis: SchülerInnen in Volksschulen € 250

226 € Volksschule (VS)

606 € n=130

Volksschule 1. Klasse

531 € n=41

€ 200 150 € € 150 105 €

98 € 83 €

€ 100

€ 50

55 € 45 €

68 €

63 € 48 € 33 € 28 €

13 € 19 € 4 € 0 € € 0

4

6 €

45 € 25 € 22 €

B. Kosten für die Unterstufe

schulbedingte Kosten im Burgenland 2015/16 Basis: SchülerInnen in NMS, NMS/HS/PTS/ASO und AHSUnterstufe 350 € 300 €

946 € n= 66

NMS

299 €



AHS Unterstufe

1.205 € n= 36

269 €

250 € 200 € 150 € 100 € 50 € 0 €

5

139 € 116 €

131 € 94 €

98 € 89 €

82 € 42 €

44 € 14 €

130 € 106 € 97 € 102 € 71 € 60 €

120 €

48 €

C. Kosten für die Oberstufe

schulbedingte Kosten im Burgenland 2015/16 Basis: SchülerInnen in AHS-Oberstufe bzw. BMHS

1.338 € € 1.400

n=22

89 €

1.261 € n=42

36 € € 1.200

160 €

97 €

Sonstiges Nachhilfe

€ 1.000

125 €

159 €

Beiträge und Selbstbehalte Schulveranstaltungen mehrtägig Schulveranstaltungen eintägig

€ 800 453 € 551 €

Bücher & Medien

€ 600

€ 400

€ 200

62 €

Bekleidung und Schuhe

89 €

169 €

Schreibwaren und Materialien fachspez.

69 €

16 €

Schreibwaren und Materialien allg.

57 €

147 €

101 €

€ 0

6

Computer / Tablet / EDV

30 € 68 €

51 €

AHS-Oberstufe

BMHS

70 €

D. Wichtige Aussagen



Mehrtägige Schulveranstaltungen sind auf Haushaltsebene der mit einigem Abstand größte Kostenfaktor: 331 Euro wenden die burgenländischen Familien mit Schulkindern im Schnitt jährlich dafür auf. An zweiter Stelle rangieren die Kosten für Schreibwaren und Materialien (192 Euro).



Die Schulkosten empfinden 38 % der burgenländischen Familien als finanziell eher bis stark belastend. 49 % der Familien gaben eine mittelmäßige finanzielle Belastung an. Familien mit geringem Einkommen empfinden die Schulkosten zu 54 % als eher bis stark belastend.



76 % der Eltern verspürten in den letzten Jahren eine (starke) Zunahme der schulbedingten Kosten.



Hochgerechnet auf alle SchülerInnen im Burgenland geben die burgenländischen Eltern für den Schulbesuch ihrer Kinder 31,6 Millionen Euro pro Jahr aus.



Für die schulische Nachmittagsbetreuung, Hort oder Ganztagsschulen wurden pro betroffenem Schulkind im Schuljahr 2015/16 im Burgenland durchschnittlich 856 Euro bezahlt, für Privatschulen sogar im Schnitt 1.460 Euro. Private Sprachurlaube der Schulkinder kosteten die Eltern im Anlassfall durchschnittlich 343 Euro pro Schulkind.



22 % der burgenländischen Eltern fühlen sich in Sachen SchülerInnenbeihilfen schlecht und rund 38 % gar nicht informiert.



Schulbedingte Ausgaben haben eine sozial mehrfach selektive Wirkung im Schulsystem: -

In 4 % der Familien konnte eines oder mehrere ihrer Kinder eine spezielle schulische Ausbildung (z.B. maturaführende Schule oder HTL) nicht ergreifen, weil diese für die Familie zu teuer gewesen wäre.

-

Etwa 5,2 % der Familien mussten im vergangenen Schuljahr einem oder mehreren ihrer Kinder die Teilnahme an schulischen Aktivitäten (wie z.B. Schikurs, Sprachreise, Sommer-Sportwoche) aus finanziellen Gründen verwehren.

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E. Schulkosten im zeitlichen Verlauf eines Schuljahres Fast ein Viertel (22,73%) der von den Eltern in der Untersuchung eingetragenen schulbedingten Kosten fielen im September 2015 an. Besonders hohe Kosten verursachten dabei allgemeine Schreibwaren und Materialien, Beiträge und Selbstbehalte sowie Bekleidung und Schuhe.

Schreibwaren und Materialien allgemein Schreibwaren und Materialien fachspezi^isch Bekleidung und Schuhe Bücher & Medien Computer / Tablet / EDV Schulveranstaltungen eintägig Schulveranstaltungen mehrtägig Beiträge und Selbstbehalte Nachhilfe Sonstiges

Juli 15 Aug. 15 Sep. 15 Okt. 15 Nov. 15 Dez. 15 Jan. 16 Feb. 16 März 16 Apr. 16 Mai 16 Juni 16

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Forderungen Für öffentliche Schulen ist zwar in Österreich kein Schulgeld zu bezahlen. Dennoch belastet der Schulbesuch die Familien finanziell. „Treffen nun zu hohe Schulkosten auf ein geringes Einkommen der Eltern, wird eine Chancengleichheit verhindert, weil sich die Betroffenen die Schulkosten nicht mehr leisten und Bildungsangebote nicht nutzen können. Das will die Arbeiterkammer so nicht hinnehmen“, sagt AK-Direktor Thomas Lehner. „Es muss auch im Bildungsbereich Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit geben.“ Die AK Burgenland fordert daher: •

Mehr Kostenbewusstsein an den Schulen: Die Arbeiterkammer fordert die Schulleitungen auf, gemeinsam mit den Lehrkräften und Elternvertretungen einen Schulkostenmonitoring-Prozess zu starten. Dabei sollen alle Ausgaben der Eltern beobachtet und gemeinsam mit den Lehrkräften Wege gefunden werden, die Ausgaben für Schulveranstaltungen, Unterrichts- und Schulmaterialen zu reduzieren. Die Ergebnisse und Ableitungen aus dem Schulkostenmonitoring sollen in den Schulpartnergremien diskutiert werden.



Günstigere Schulveranstaltungen: Schulveranstaltungen sind pädagogisch sicher sehr wertvoll und unverzichtbar jedoch sind sie die „Schulkostentreiber“ schlechthin. Die Eltern und Elternvertretungen müssen stärker bei der Auswahl und Gestaltung der Schulveranstaltungen eingebunden werden. Eine Nichtteilnahme stigmatisiert Kinder und bedrückt Eltern, die sich die Teilnahme nicht leisten können.



Finanzielle Unterstützung für (digitale) Lernmaterialien: Die Kosten für die Digitalisierung des Unterrichts dürfen nicht auf die Eltern abgewälzt werden. Statt teurer

Privatgeräte

fordert

die

AK

einen

Tablet-Klassensatz

Unterrichtsmaterial für alle Pflichtschulen und

mit

digitalem

den verstärkten Einsatz von

kostenlosen, lizenzfreien Unterrichtsmaterialien. •

Wirksame SchülerInnenbeihilfen: Die AK fordert eine Entlastung der Eltern durch die Einführung der Schulbeihilfe ab der 9. Schulstufe (derzeit erst ab der 10. Schulstufe möglich) und eine jährliche Indexanpassung. Gleichzeitig muss die Information über die Beihilfen verstärkt werden. Um eine Verschuldung der Eltern zu vermeiden, müssen die Beihilfen möglichst zeitnahe ausgezahlt werden.



Gebührenfreie Ganztagsschulen: Schulgeldfreiheit muss auch die ganztägige Schule miteinschließen, damit sie für alle Familien leistbar ist. Die AK fordert daher die Abschaffung der Betreuungskosten an der Ganztagsschule für die Zeit der Anwesenheitspflicht von 8.00 bis ca. 16.00 Uhr.

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Einführung eines Chancen-Index für mehr Chancengerechtigkeit bei der Schulfinanzierung: Ein Chancen-Index bietet den Schulen die notwendigen Ressourcen für die spezifischen Herausforderungen am Standort. Mit einem Chancen-Index werden damit auch zielgerichtet einkommensschwache Eltern entlastet, da die Schulen mehr Ressourcen für Förderunterricht und Material zur Verfügung haben.

AK-Direktor Mag. Thomas Lehner: „Wir werden in den nächsten Wochen die Ergebnisse der AK-Schulkosten-Studie und unsere Vorschläge mit den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung intensiv diskutieren und gemeinsam an Lösungen arbeiten. Es muss auch im Bildungsbereich Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit geben!“

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