SCHAFHAXL. Ausstattungsserie mit Gesang in 8 Bildern * PERSONEN

Schafhaxl Schafhaxl http://lithes.uni-graz.at/texte.html [Bl 1r] SCHAFHAXL Ausstattungsserie mit Gesang in 8 Bildern * PERSONEN. Don Lepoz, spanis...
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SCHAFHAXL Ausstattungsserie mit Gesang in 8 Bildern * PERSONEN. Don Lepoz, spanischer Grand. Don Depios, spanischer Junker. Don Gusmann, spanischer Junker. Lazarillerl, Diener bei Depios. Leonore, Lepoz Mündel. Brigitta, Ihre Zofe. Papigas, Ortigas: 2 alte Wächterinnen Die Feekönigin. Violetta, Frühlingsfee. Fee Sorge. 2 Schäferknaben. 4 Zwerge. 3 Teufeln.

Aus dem handschriftlichen Textfundus von Leopold und Hermann Walcher, Wien. XXX. Liniertes Schreibheft, 15,2 x 21 cm, doppelseitig beschrieben, Kurrent / Sütterlin, ohne Paginierung. *

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1TES BILD: »SCHAFHAXL« Wilde Gegend. Es ist dunkel – stürmt – und blitzt. Gusmann, Violetta, 2 Schäferknaben, 1 weißes Lamm, 1 Taube GUSMAN auf. Brrr! – Das nenne ich eine Finsternis! A! was zischt da in dem Gesträuch? Vipern und Schlangen! – also mein Elend! – Solche Vipern und Schlangen sind auch in meinem Busen, ja ich hab’ zu viel mitgemacht! – Kaum war ich Advokat, so ist der Friedenskonvoares ausbrochen, mit die Händel war’s vorbei, natürlich demnach auch mit die Backhendl, – wie ich [Bl 2r] die Medezinflascheln studirt hab, ist die Wasserkur kommen und ich war im Wasser, mit Feuer hab’ ich mich aufs Dichten geworfen, pumpsti! Hab ich selber Feuer g’fangt und mich demnach verliebt. – Meine Geliebte natürlich heißt Leonore, ist das schönste und reichste Mädel von Saragossa, demnach gibt es keine Schönere mehr. – Wie ich unlängst zu Ihr komm, seh ich beim Mondenschein etwas hängen, mit ist die Geschicht spanisch vorkommen. Demnach war’s ein spanisches Röhrl, was ich gleich begriffen hab’, – demnach hab’ ich mir eine Pistoln mitgenommen, demnach machen wir keine Geschichten und drücken los – eins – zwei – drei! Fällt ein Schuß!. A! Das ist gut, solche Dummheiten, da drück ich los und dort fällt der Schuß, daß kann auch nur in der [Bl 2v] Finsternis passiern! VIOLETTA mit Taube auf. Versuche nicht, dich selbst zu töten. Ich rette dich, weil ich dir hold. Befreie dich von deinen Nöten Und du erreichst was du gewollt. GUSSMANN. Bitt’ Sie geb’ns Ihrer ka Müh’, erstens ist bei mir Hopfen und Malz verloren und zweitens sein sie ein Weib, die hab’n noch nie etwas guts z’ambracht. VIOLETTA. Deine Grobheit gefällt mir! Singt. Als kluger Mensch, da solltest du dich schämen Und trotzen selbst der schrecklich ernsten Not! Nur Leben geben, nicht das Leben nehmen [Bl 3r] So laute nun von heute dein Gebot! GUSSMANN. Sehns, daß nichts wissen, wie soll ich den Leben geben, wenn ich nicht heirat! VIOLETTA. Wer sagt das, daß du ledig bleiben sollst? Du merkst wohl, daß ich aus dem Feenreiche komm? GUSSMANN. Gehns laßens mich mit die faden G´schichten aus!

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VIOLETTA. Deine Natürlichkeit entzückt mich! Denn während deine Menschenbrüder sich vor Heuchelei nicht zu fassen wißen, sprichst du was du denkst. – Ich will dich retten! GUSSMANN. Bitt’ Ihna trenzens Ihrer net an! Wenns [Bl 3v] was können; so heraus damit! – – – – VIOLETTA. Nun denn! Sie hebt den Arm

Es donnert – – es ist finster. GUSSMANN. Sie was soll das heißen, warum löschens denn S’ Licht aus? und donnern tuts! – –

Es blitzt. Und blitzen tuts!

Starker Donner. Aber net, wer wird denn so die Leut erschrecken und regnen tuts, – patschnaß werd ich in mein Sonntagsg’wand, net einmal ein Regenschirm hab’ ich bei mir.

Es wird Licht. laß ich mir’s g’fallen, wie schnell das geht. Violetta singt. Von Banden und von Ketten Ein armes Menschenkind Von Schmerzen zu erretten [Bl 4r] Ein Schäflein ist bestimmt Indeß in frohen Tänzen Rings Freude wird erglänzen Bei Jubel Festlichkeit! Das Opfer ist bereit!

Es wird finster. – Der Opferaltar wird vor die Versenkung geschoben, ZWEI SCHÄFERKNABEN bringen ein weißes Lamm, daß verbrannt wird. – Ein SCHAFHAXL erscheint unter Lichteffekt. – Schäfertanz, dann eilen die Knaben ab. VIOLETTA. O seht die Flammen züngeln Den rauch zum Himmel ringeln,

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[Bl 4v] Bald ist’s geschehn! – – – Den Talisman gewinnen Geht nur mit blut’gen Sinnen Zur Lust wird kurzes Wehn! – – – GUSSMANN. Daß nenn ich eine Verschwendung! – Bei die teuren Fleischpreise verbrennen die, mir nix, dir nix ein ganzes Schaf und lassen nur das Bratzerl über, geb’ns her. Da das Haxerl! VIOLETTA. Hier ist es! GUSSMANN nimmt es. Zaplat pan Buch! Hebt die Hand in die Höh’. Sapperlot! was sein das für Bräuch? ich muß immer die Händ in die Höh’ halten! [Bl 5r] VIOLETTA. Das geschieht nur, um dir den nötigen Ernst beizubringen. – Glaubst du an die Kraft des Schafhaxels? GUSSMANN. Und ob? – ich g’spürs an Händ und Füß. VIOLETTA. Nun so sei erlöst! GUSSMANN läßt die Hand fallen. Ah! Das ist gut! wie machens denn das? VIOLETTA. O Torr! Der du nicht glaubst an der Natur geheimnisvolle Kraft! – Sieh’ was sich doch in jeder Blume schafft! – Der Talisman der führt zu deinem Glück – und Leonora teilet dein Geschick!

Wolke senkt sich – sie steigt ein und fährt auf. [Bl 5v] GUSSMANN. Leonori mein? – Und spanisch Röhrl verliert dann seinen Schrecken? – Mit diesem Haxerl trotz ich allen Stecken! – Jetzt zeig, daß du dich kennst auch aus, – und bring mich schnell zu meiner Liebsten Haus!

Vorhang

2TES BILD. »LAZARILLERL« Lobez Haus mit Balkon. DEPIOS & LAZARILLERL beim Haus. DEPIOS ruft. Heda! Don Lopez! – – [Bl 6r] LAZARILLERL. Don Lobez! LOPEZ beim Fenster. A – a – Depios! ist Gußmann erwischt? DEPIOS. Wir laufen nur her um euch zu sagen, daß wir ihn beinah erwischt hätten, – fragt nur einmal den Lazarillerl!!! – – – –

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LAZARILLERL. Ja freilich! bald hätten wir ihn erwischt. – Er war mir nur 6 Stunden voraus! – –– DEPIOS. Frikapiert hätt ich den Schuft! Frag’ns nur den Lazarillerl! – LAZARILLERL. Und ich erst! – die Nasen hät ich ihm abgeschnitten! – [Bl 6v] DEPIOS. Ja ich bin fürchterlich, wenn ich einmal anfang, frag’ns nur den Lazarillerl! LAZARILLERL. Was fürchterlich! – fürchterlicher! LOPEZ auf. Schon recht! Ihr müsst Leonori verteidigen gegen die Verführungskünste dieses Gußmanns. – Trotzdem ich Madrid verlassen und hier in die spanische Hinterbrühl übersiedelt bin, so ist er halt doch ein Schlaukopf. DEPIOS. O auch ich kann Schlaukopf sein, gelt Lazarillerl. LAZARILLERL. O das Wort ist viel zu wenig, da gibt’s [Bl 7r] gar nichts, was euer Gnaden nicht sein könnten. DEPIOS. Wir werden ein schönes Paar geben! – – – LAZARILLERL. Uns hätten überhaupt die Tauben nicht schöner z’samm bringen können. – – –– LOPETZ. Ich muß um Leonora zu beschützen, ebenso wachsame als bißige Hunde nehmen. – LAZARILLERL. Was man im spanischen »Bißgurn« nennt. LOBEZ. Ein halbes Dutzend dieser Bißgurn hab’ ich herkommandiert, damit sie für Nora ein Seelenheilkordon herstellen und die Rebellin bändigen! – – – – DEPIOS. Eine gebändigte Rebellin! sehr gut! [Bl 7v] LOBEZ. Die Hauptsach ist vor der Hand, daß Ihnen das Mädchen Geschmack abgewinnt! – – LAZARILLERL. Wir werden Ihr schon einen Geschmack beibringen! DEPIOS. Ich verlaß mich auf mich selber und ich bin ja liebenswürdig, witzig und was mein Vermögen betrifft so bemerk ich, daß ich einen Wäschekorb von 5 Fuß Durchmesser mit lauter Pretiosen bestellt hab! LEONORA & BRIGITTA lachen aussen. Ha! Ha! Ha! Ha! Ha! LOPEZ. Ich höre Nora, ich will ihr schon zureden! [Bl 8r] DEPIOS. Das ist die Brigitta, das Kammermädel, die so boshaft lacht, aber ich hab mir auf dem Weg daher für Nori ein kleines Kompliment zurecht gelegt, daß will ich ihr jetzt sagen! –

LEONORA & BRIGITTA auf. LEONORA. Lieber Vormund ich habe meinen Käfig offen gefunden und da erlaubte ich mir ein wenig in die frische Luft zu gehen!

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DEPIOS verbeugt sich. Senora! – Fräulein Leonora! Sie sind jung ich bin nicht alt, – sie sind geistreich, ich nicht dumm und wenn man da die Lieb’ dazwischen setzt, könnt noch ganz was schöns herauskommen! – – [Bl 8v] LAZARILLERL ebenso vor Brigitta. Fräulein Brigitti! – Ein Kopf von Salpeter, die Seele aus Schwefel, ein Herz aus Feuerschwamm, – schlagen sie Funken und der Lazarillerl brennt lichterloh! BRIGITTA. O Sie herziger Lazarillerl! LOPEZ. Nun liebe Leonora, was sagen sie zu diesem Kompliment voll Schwefel und Salpeter!? LEONORE. Ist das alles? DEPIOS. Haben sie noch nicht genug? LAZARILLERL. Nein! – Die Gnädige will noch mehr beschwefelt sein! [Bl 9r] LEONORE. Indem mein Vormund Ihnen meine Hand anbietet, verliert er unnütz seine Zeit! – Indem Sie mich lieben, verlieren Sie ebenso unnütz Ihre Zeit, selbst wenn mein Herz frei wäre würde ich Sie zurückweisen, ich wiederhole Ihnen, daß ich Gußmann liebe und er wird mich aus der Gefangenschaft befreien und ich erkläre, daß ich ihn dabei mit all meinen Kräften unterstützen werde, da alles was er unternimmt, zu unsern beiderseitigen Wohle dient! LOPEZ. Jetzt sagen Sie mir einmal Fräulein, für wen halten sie mich denn? LEONORA. Für einen lächerlichen Tyrannen, lieber Vormund! [Bl 9v] DEPIOS. Und mich Fräulein Nora? LEONORA. Für einen Dummkopf! LAZARILLERL. No und was haltens das mich? LEONORA. Sie halt ich gar nicht! Sie können laufen! DEPIOS schreit. Halt mich! Lazarillerl! – ich vergehe! LAZARILLERL. Da können Sie ganz ruhig vergehn, – wenn Sie dann vergangen sind, dann werd ich Sie schon im Schnupftüchel z’haustragen. LOPEZ. Beruhigen Sie sich – edle Schwefelseele – Leonora wird die Ihre oder der Teufel soll Sie holen! Mit Depios und Lazarillus ab. [Bl 10r] LEONORE. Soll mich wirklich sehr freuen. –

Mit BRIGITTA ab. GUSSMANN mit SCHNECKE auf. GUSSMANN. Was man sich heut alles gefallen lassen muß. Das spottet jeder Beschreibung, damits recht schnell geht, hat mir meine Fee diese Schnecke als Reitpferd verschrieben. – Kaum hab’ ich mich darüber ärgern woll’n, hab ich bemerkt, daß das ganze nur ein Witz war, denn die Schneck ist dahergallopiert, daß mir’s Hörn und Sehn vergangen ist! – Also das ist das Haus, wo meine Leonora von Ihrem Vormund gefangen gehalten wird.

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SCHNECKE deutet »Ja«. Ja ich danke schön, aha das ist das Haus – wo sie schmachtet! – Steigt ab. – Gesprächig ist das Tier wohl nicht, aber man versteht sie doch! – Aber wie könnt ich den meiner Liebsten bekannt geben, daß ich da bin? – [Bl 10v] Halt ich hab’s durch ein Ständchen, wenn sie meine Stimme hört, wird sie sich schon zeigen – also gehen wir’s an! Singt. Zur Stunde der Gespenster Hier unter deinem Fenster Erschein ich wieder Und sing dir Lieder Aus voller Brust! – Mit aller Lust! O öffne du das Himmeltor Heißgeliebte Eleonor! – – –

DEPIOS am Fenster LEONORE am Balkon. DEPIOS. A! ein Ständchen! Himmeltor und Leonor? So ein Lump, na warte doch! Verschwindet. [Bl 11r] LEONORE. Gußmann! sieh dich vor, man belauscht dich! GUSSMANN. Was liegt mir da mir dran, ich seh’ ja dich und schwöre dir, daß ich dich von deinem Vormund und deinem töpelhaften Bräutigam befreien werd. DEPIOS auf. Aha, da ist er, no wart du Gassenbub! – He, Don Lopez! – Lazarillerl heraus! Der Feind ist da! LEONORE. Teurer Schatz! Fliehe! – Gussmann fliehe! GUSSMANN. Ja ich fliehe, aber nur in deine Arme! Eilt ab zu Leonora auf den Balkon. Teuerste Nora! LEONORA. Lieber Gußmann! Umarmen sich – – – –. [Bl 11v]

LOPETZ mit LAZARILLERL auf. DEPIOS. O jetzt hab’ ich Mut, bleibt nur hübsch bei mir wo ist er den der Feigling? Daß ich ihm den Garaus gebe! LOPEZ. Auf wem habt Ihr es denn eigentlich abgesehen? DEPIOS. Ihr fragt noch? auf diesen Gußmann auf diesen niederträchtigen Kerl, – dreimal hab’ ich ihn wieder niedergeworfen, daß er im Staub herum gekullert. – LAZARILLERL. Da wird es gewiß sehr staubig sein und hat sich aus dem Staub gemacht! DEPIOS. Glaubt das nicht, der Schlingel hat sich geflüchtet. aber wohin???

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[Bl 12r] LOBEZ. Ich glaub im Schloßpark könnt Ihr ihn noch erwischen, – eilt! – DEPIOS. Dann müssen wir ihm nach, komm Lazarillerl. Jetzt Gußmann freu dich! mit Lazarillerl ab.

Diener PAPIGAS & ORTIGAS auf. Entree Lied Wenn wir auch bei d’jungen Leut, Sind nicht gesehen mit viel Freud, So kommen wir doch ungesäumt Wenn irgendwo wird aufgeräumt Denn wir wachen, wachen, wachen Wie die Drachen, Drachen; Drachen, Über alle seine Sachen Da gibt’s wirklich nichts zu lachen! – [Bl 12v] Und bevor wir es erlauben, Daß die Leute Küsse rauben, Und girren wie die Tauben Wollen wir in Mut verschnauben Denn wir wachen, wachen, wachen Wie die Drachen, Drachen, Drachen, Über alle seine Sachen Da gibt’s wirklich nichts zu lachen! – LOPEZ. Bravo! mein Fräulein, sind sie mir willkommen, nur wachsam sein, kommen Sie, ich will sie gleich meinem Mündel vorstellen. – DINER singend. Denn wir wachen, wachen, wachen Wie die Drachen, Drachen, Drachen, Über alle seine Sachen Da gibt’s wirklich nichts zum lachen. [Bl 13r] GUSSMANN vom Balkon kletternd. Leb wohl! Leonora! bald sehn wir uns wieder!

Vorhang

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3TES BILD. »ZAUBERTURM« Schloßhintergrund. Links und rechts ein hoher grauer Turm, an der Vorderseite ein Gitterfenster, links ist Leonora – rechts Brigitta eingesperrt. LEONORE, BRIGITTA, DEPIOS, LAZARILLERL, GUSSMANN. DEPIOS & LAZARILLERL auf. [Bl 13v] LAZARILLERL. Sehns Euer Gnaden mit dem Grobsein richtens nichts aus, einsperren hab’n Sie’s lassen, die Leonore mit mein Brigitterl, eine links die andre rechts, was woll’ns denn eigentlich damit bezwecken? Sie machens ja nur mehr abgeneigt. DEPIOS. Sei ruhig und störe mich nicht! LAZARILLERL. No ja wenns woll’n, so kann ich auch mein Maul halten! DEPIOS. Ruhig soll er sein! LAZARILLERL. No ja, es ist nur, daß ich mir keine Vorwürfe z’machen hab! – [Bl 14r] DEPIOS. Kannst du denn gar nicht ruhig sein? LAZARILLERL. O ich bin der ruhigste Mensch weit und breit, – wie ich auf die Welt kommen bin, da hab ich das Licht des Tages nicht erblicken können weil ich nämlich in der Nacht gekommen bin und ich hab’ gar nichts g’redt drüber! – – – – DEPIOS. Du wirst mich noch so aufregen, daß ich mich an dir vergreifen muß! – – LAZARILLERL. Was hättens denn da davon? Wer wird denn gleich so zornig sein? Euer Gnaden! – – Sie hab’n ja g’sagt, sie woll’n ihrn Weiberl a Standerl machen, daß sie von Ihrer wunderbaren Stimme begeistert wird. [Bl 14v] DEPIOS. Das ist wohl wahr, wenn ich nur wüsste, was ich für einen Ton anschlagen soll, schlage du an. LAZARILLERL. Das kann ich schon – horchens einmal! Singt. O – h – holde – Schöne! Sagt. Was das ist halt ein Ton, daß einem s’Hören und s’Sehn vergeht. – Da wird die Fräulein Leonore eine Freud haben und für mein Brigitterl bleibt auch noch was über, – – also fangens an! – – – DEPIOS singt. O holde Schöne! hör meine Töne hör mein zärtliches Liebesgestöhne! Lazarillerl singt. Gieb uns ein Zeichen, laß dich erweichen Und du sollst mit uns entweichen! – –

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Leonora & Brigitta auf dem Turm. LAZARILLERL. A da schauns, ein Vierkreuzerstückl haben’s außer geworfen, ja wie kommt den das [nach] Spanien? DEPIOS. Ja hält man uns denn für Harfenisten? LAZARILLERL. Wissens was, lassens Ihner hohes »Zis« los, damit wir als Opernsänger behandelt werden! DEPIOS hüpfend. Au! au! au! LAZARILLERL. Was hab’ns denn? Euer Gnaden! DEPIOS. Meine Nasen! meine Nasen! man schießt mit [Bl 15v] Erbsen auf uns! au! au! LAZARILLERL. Ja sehn’s Sie gnä Herr, warum müssens denn die Nasen immer dabei haben? DEPIOS. Ja, aber was soll ich denn tun? LAZARILLERL. Sie haben halt a Kreiz mit Ihrer Nasen! Oweh! Stürzt nieder. Auweh! auweh! – DEPIOS. Mein Gott! was ist’s denn? LAZARILLERL schmerzlich. Auf mich hab’ns auch geschoßen aber mit keinen Erbsen, schauns einmal, da muß wo eine Kanonkugel liegen, das hat man davon wenn man mit Ihnen geht. DEPIOS. Das ist himmelschreiend! – Senora! Was [Bl 16r] soll das heißen? ein solcher Schimpf! – Wir sind doch Edelleut! – Sapperlot noch einmal! - – LAZARILLERL. Ja wir san Bettelleut, – Saperment noch einmal! DEPIOS. Leonora! – liebt mich! und Ihr seid frei! – LEONORE. Niemals! DEPIOS. Nehmt euch in acht! Euer Vormund lässt euch grau werden, hinter Schloß und Riegel! LAZARILLERL. Hörst Brigitterl, du wirst grau werden, unter Brief und Siegel! – – – LEONORE. Wir werden ja sehen! – [Bl 16v] DEPIOS. Gut mein Fräulein, wie ihr wollt! – so bleibt alle zwei in eurem Gefängnis! GUSSMANN auf. Hola! – Da seid Ihr ja, euch wird man einsperren, ihr sauberen Vögel, so lautet mein Befehl!!! DEPIOS. Ei, da seht her, er will befehlen, herrlich Schlingel, kollosal! GUSSMANN. Was frech wollt Ihr auch noch sein? Schafhaxel tue was du kannst, mach deine Schuldigkeit!

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Ein Gitter senkt sich von oben herab, verbindet die zwei Türme, so daß LAZARILLERL und DEPIOS eingesperrt sind. [Bl 17r] LAZARILLERL. Euer Gnaden, mir sein eingesperrt, mich hab’ns gehalten! DEPIOS. Und mich ebenfalls! LAZARILLERL. Der hat uns schön dran kriegt! – – – – DEPIOS. Verdammte Geschichte! wie kommen wir da hinaus? – – – Impertinent! GUSSMANN. Jedenfalls nicht so schnell als Ihr hinein gekommen seid

Er geht zu LEONORE und BRIGITTA. Komm teure Leonore, laß uns fliehen! Nun will ich auch noch Fräulein Brigitta befrein, und dann fort von hier! LEONORE UND BRIGITTA. Wir sind frei! – – frei! – – – – [Bl 17v] LEONORE. O habe Dank! ~ Du lieber Gußmann! LAZARILLERL. Ja! wart nur, du lieber Gußmann, wenn ich dich einmal erwisch – so kriegst du ein Zwickerbußel! GUSSMANN. Ja wart nur, daß du mich erwischst! Ich weiß es ja, Ihr seid liebenswürdig! kommt meine Lieben, laßt uns gehn. Euch aber meine Herren wünsch ich eine recht angenehme Unterhaltung!

Alle drei ab. DEPIOS schreit. Verdammt noch einmal! Hilfe! Hilfe! LAZARILLERL. Hilf! Räuber! Dieb und alle Gattungen!

Vorhang [Bl 18r]

4TES BILD. »DIE OHRFEIGEN ALLEE« Gehölz oder Wald. Rechts eine Baumallee mit zwei Statuen, eine Tafel worauf steht: »Ohrfeigen Allee«. DEPIOS, LAZARILLERL, FEE SORGE, VIOLETTA. DEPIOS & LAZARILLERL singen. Leise und sacht und kein Geräusch gemacht, wir werden sie erwischen,

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Drum leise und sacht Und kein Geräusch gemacht! DEPIOS. Nach dieser Seite sind sie hin entflohen! – Drum vorwärts Lazarillerl Und pack ihn bei Mantillerl! – Ach! wenn ich diesen Schuft finde, ich weiß nicht [Bl 18v] was ich ihm tu! – findest du nicht, daß ich einer meinen Ahnen gleiche? LAZARILLERL. Aber einer ganzen Ahnengallerie, besonders wenn man Ihnen nach der Seiten anschaut! DEPIOS. Ich muß Leonore haben um jeden Preis! LAZARILLERL. Wenns zur Lizitation kommt, dann hab’n Sie’s. – DEPIOS. Ich dürste nach Ihr! LAZARILLERL. Und ich hab’ wieder ein Hunger und zwar auf die Brigitta! DEPIOS. Findest du nicht, daß ich, seitdem mir dieser Gußmann die Leonore wegstibitzt hat, ganz [Bl 19r] dumm bin? LAZARILLERL. Aber euer Gnaden, machen sie sich keine solche Ideen, nit um ein Agamenterl seins dümmer wie früher! DEPIOS. Ich danke Dir, daß Wort tut mir wohl, ich bin entschloßen, sie zu verfolgen, zu Wasser und zu Land, in der Luft und im Feuer! – Aber wer wird uns den Weg zeigen, den sie genommen haben? FEE DER SORGE erscheint. Ich! – – – DEPIOS. Was Ihr? SORGE. Beruhigt Euch, ich bin Fee Sorge! [Bl 19v] LAZARILLERL. Sie ist die Fee Sorge und da soll sich einer beruhigen? FEE SORGE. Wo eine Klage laut wird da erscheine ich! LAZARILLERL. Aha! – am Bezirksgericht! FEE SORGE. Du hast geseufzt ! – ich eile herbei! Die Freude ist mir unerträglich! und ich beschütze nur diejenigen, die würdig sind in mein Reich zu tretten! LAZARILLERL. Das wär so eine Partie für mich! FEE SORGE. Du willst Leonore wieder sehn? DEPIOS. Na und ob! [Bl 20r] LAZARILLERL. Und wie! FEE SORGE. Um deinen Absichten zu dienen, hab’ ich Gußmann und seine Braut zusammen gehetzt.

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LAZARILLERL. Das ist eine! DEPIOS. Ah! – Sehr gut! FEE SORGE weißt auf die Allee. So’ sieh hier den Weg, denn du einschlagen mußt, – sei standhaft und Du wirst Deine Geliebte bald wiedersehen! Sehr bald! Verschwindet. DEPIOS. Sehr verbunden! Genehmigen Sie den Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung, mit welchen ich die Ehre habe! – – – [Bl 20v] LAZARILLERL. Sie das war ein liebes Schneckerl! Da ist unser Weg, gnä Herr, aber da schaun’s mir schlottern meine Füß! – DEPIOS zitternt. Ich verbiete Dir dieses Schlottern! LAZARILLERL. Ah Da schaun’s her, jetzt schlottern euer Gnaden auch, wißens was? schlottern Sie zuerst durch die Allee! DEPIOS. Was soll denn die Schrift dort auf dem Taferl heißen? – – LAZARILLERL. Da steht: »Ohrfeigen Allee«. Das wird wahrscheinlich eine ganz eine neue Art von Feigen sein, wir werdens ja gleich verspürn, wenn wir vorwärts gehen. [Bl 21r] DEPIOS. Glaubst Du?

Er geht in die Allee und bekommt eine Ohrfeige. LAZARILLERL. So? – So! sehn’s was ich g’sagt hab. – DEPIOS. Das war eine Ohrfeige! LAZARILLERL. Aber gleich hab’m sie’s erraten! DEPIOS. Ich fühle ja meine Wangen nicht mehr! – LAZARILLERL. Sie werdens gleich wieder gespürn! DEPIOS. Wenn ich nur den Verfasser dieser Ohrfeigen kennen würde, weißt Du Lazarillerl, wir machen uns nichts zu wissen und gehen ruhig weiter! [Bl 21v] LAZARILLERL. Recht hab’ns euer Gnaden wer weiß ob die Ohrfeigen Ihner angegangen ist! DEPIOS. Natürlich! sie kann ja auch für jemand andern bestimmt sein. LAZARILLERL. No ja, sie müssen ja nit alles auf Ihna beziehn! DEPIOS. Also vorwärts! gehn wir! Au! au!

Bekommt eine Ohrfeige LAZARILLERL. Hab’ns sie’s schon, gnä Herr? DEPIOS. Ja! – aber diesmal glaub ich war sie wirklich für mich bestimmt! – [Bl 22r] LAZARILLERL lacht. Aber gnä Herr! wie kann man denn so unvorsichtig sein? Da steht ja ganz deutlich »Ohrfeigenallee« und da gehen Sie so mir nichts, dir nichts da hinein? Da muß man halt ein bisschen ausweichen! – –

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Geht hinein und bekommt eine Ohrfeige. Au! au! o weh! oweh! – – DEPIOS lacht. Mach Dir nichts daraus, Lazarillerl! LAZARILLERL. No aus Ihrer Ohrfeigen hätt ich mir eh nichts draus g’macht, – aber meine ist ein reines Luxus! – DEPIOS. Ei was! Für meine Leonora ist mir nichts zuviel!

[Bl 22v] LAZARILLERL. Und wen ich ganz g’schwoll’n zu der Brigitte komm, an dem Geschwülst muß sie mein Heldensinn erkennen und es wird heißen: »Lazarillerl der Watschenritter! « DEPIOS. Weißt du was wir hängen uns ein. – LAZARILLERL. Gilt schon! Geteilter Schmerz ist, halber Schmerz!

Hängt sich ein und gehen, bekommen viele Ohrfeigen. Halt aus! au weh! au das geht nicht, – ich rechne Ihnen für jede Ohrfeige 5 Gulden! DEPIOS. Also um schnöden Mamon ist’s dir zu tun. LAZARILLERL. Ja was glaub’ns denn? – Wegen der [Bl 23r] Ehre werd ich mich doch net abwaschen laß’n.

2 grosse Hände erscheinen. Dort schaun’s hin, dort sein noch stärkere Händ, die sein auf’s Waschen eing’richt! – So was war doch noch net da! Das sein ja schon Ochsenviertel!

Die grösste Hand gibt DEPIOS Ohrfeige. DEPIOS. Nein, da weiß man ja gar nicht mehr was man sagen soll! LAZARILLERL. Ich glaub’ am g’scheitesten ist’s mir sagen gar nichts und paschen ab, denn wenn wir mit derer Patentprazen noch eine kriegen, dann schmeckt uns kein guter Bissen mehr! – [Bl 23v] DEPIOS. Ja Lazarillerl paschen wir ab, ich finde keinen anderen Ausweg! LAZARILLERL. Natürli, da können wir nit bleiben, in derer Flaschenfabrik! – DEPIOS. Ja diese Fee beträgt sich gegen uns, ich kann es gar nicht sagen. – LAZARILLERL. Aber nur außer mit der Farb, da bin ich net so z’rückhaltend, – ich sag ganz einfach, die Fee ist eine Fee – wie – eine alte – Fee! FEE SORGE erscheint. Schämt euch! LAZARILLERL. A! Guten Abend! Frau Nachbarin, Sie ent-

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[Bl 24r] schuldigen schon – aber ich hab’ nix g’sagt. FRAU SORGE. Du tust mir Unrecht mit deinen Vorwürfen Depios! – Die Hinderniße die du auf deinem Wege findest, sind nicht von mir, du hast einen mächtigen Feind, der deinen Rivalen beschützt, aber hier bin ich auf meinen Gebiete und kann den Zauber bannen. –

Sie streckt die Hände aus, – die Hände in der Allee verschwinden. So nun könnt Ihr ohne Gefahr, diesen Weg einschlagen. DEPIOS. Wirklich? LAZARILLERL. Gibts keine Ohrfeigen mehr? [Bl 24v] FEE SORGE. Nein! – meinerseel! LAZARILLERL. No jetzt wenn Sie »meinerseel« sagt so laßt die Treuherzigkeit draus schließen, daß sie eine Fee aus Hütteldorf ist. – DEPIOS. Nun bin ich schon zufrieden und zum Beweis dafür, geh du voraus Lazarillerl. Du bist der Erste! LAZARILLERL singt. Wenn die Bratzen wiederkommen //: Die werden hau’n! :// DEPIOS. Willst du an dem Versprechen der mächtigen Fee wirklich zweifeln? LAZARILLERL. Ja net wahr, daß is eine Gemeinheit! [Bl 25r] DEPIOS. Vorwärts geh oder ich vergreife mich an dir! LAZARILLERL. Sein’s so gut, in Gegenwart der Gnädigen fangens wirklich ein Streit an. – DEPIOS. Ruhig! LAZARILLERL weinend. Was sich heutzutag ein armer Teufel alles gefallen lassen muß! Er schluchzt. DEPIOS streng. Schweigen sollst du! – LAZARILLERL weint. Glei! ich muß erst warten, bis mich nimmer der Schnackerl stoßt. – DEPIOS. Hier hast du Geld, du mußt aber auf der [Bl 25v] Stell ein anderes Gesicht machen! LAZARILLERL. Euer Gnaden, wenn Sie so mit mir reden da möcht ich Ihnen am liebsten ein Bußi geben. Zur Fee. Wissens mei Herr is a seelensguter Latsch, – Wißens was gnä Herr gehn wir miteinand. DEPIOS. Auch gut!

BEIDE ab. Frühlingsfee VIOLETTA auf.

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FEE SORGE. Ah! allerliebst! VIOLETTA. A! sie sind es? FEE SORGE. Was müssen die Leute von unserer Erziehung [26r] denken, wenn sie von der Ohrfeigenallee hören? VIOLETTA. Ei was! Auch wir können uns einen Scherz erlauben, da haben unsere Vorgänger ganz andere Sache getrieben. FEE SORGE. O pfui! VIOLETTA. Madame! Das Wort ist befriedigend! SORGE. Das freut mich! VIOLETTA zornig. Eine Freude? würdig einer Fee von Sorge? SORGE. Eine Zurechtsweisung würdig einer Fee des Frühlings! [Bl 26v] VIOLETTA. Nun denn, von diesem Augenblicke an Krieg! FEE SORGE. Also Krieg? VIOLETTA. Ja Krieg! – Dauernder Krieg!

Vorhang

5TES BILD. »DIE AUGENGROTTE« Grotte mit Bank. FEE SORGE, GUSSMANN, LEONORE, DEPIOS, LAZARILLERL, DON LOPEZ, 4 ZWERGE, 3 TEUFEL. [Bl 27r] FEE SORGE. So laß ich mir’s gefallen; es lebe was lebt! – es lebe der Kampf, gestern noch elend vor Langeweile, heute dank den unternommenen Kämpfen fliegen die Stunden dahin. – Ich habe keine Zeit mich zu beklagen, o mein liebstes Cousinchen giebt mir harte Arbeit, – sie glaubt mich ermüdet, – aber sie irrt. – Ich will, daß Leonore Depios Gattin wird und Gußmann wird zu tun haben und bekommt sie nicht! – Ei. Da kommen sie – auf meinen Posten schnäbeln wollt ihr? Na wartet! Ab.

GUSSMANN mit LEONORE auf. GUSSMANN. Vergiss o meine Liebste des Vormunds [Bl 27v] arge Lust, beseel’gend diese Triebe, – Erhebt tief untern Brust! –

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LEONORE. Wie lauschig diese Grotte Nach heißen Sonnenbrand Birgt uns vor böser Rotte Und birgt der Liebe Band! O diese reizende Grotte! Kaum dringt der Tag herein, kein schönerer Zufluchtsort als dieser! GUSSMANN. Allein sein, – sich lieben und sich’s sagen dürfen, O Leonore! erscheint dir diese Grotte nicht wie ein Paradies? LEONORE. Und noch dazu ohne Schlangen! GUSSMANN singt. Heißgeliebte! – Deine Nähe [Bl 28r] Sie vom Himmel ich erflehe Wie berücket mir den Sinn Daß ich stets bei dir nur bin! BEIDE. Und wie lauschig, diese Grotte! Nach so heißen Sonnenbrand, Sie birgt uns vor böser Rotte Und sie knüpft der Liebe Band!

Sie fallen sich in die Arme – feurige Augen erscheinen. LEONORA. Ach! sieh’ doch diese Augen! GUSSMANN. Was soll denn das heißen? nur ruhig! komme auf die andere Seite! LEONORE. Ach! – Da – Da – sind sie ja! [Bl 28v] GUSSMANN. Ist das eine indiskrete Grotte? – wie gern würd ich ihr alle Augen auskratzen das ist ja eine förmliche Augenklinik! LEONORE. Ach sieh’ doch – wie schrecklich! fürchterliche Augen! GUSSMANN. Ja! solche Augen, wenig taugen Für der Liebe süssen Triebe, Ja wir wollen einfach Ruh’ Hier bei unseren Rendezvous!

FEE SORGE erscheint, hält Mohnblumen über GUSSMANN und verschwindet. GUSSMANN. Wie ist mir den auf einmal so sonderbar? Ein magnetischer Schlaf ist mir in die Glieder

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[Bl 29r] gefahren, – meine Augen schließen sich, ohne daß ich’s will! Fällt auf die Bank. Ich fühl es wie der Schlummer Sich jetzt bemächtigt mein Mir schwirrt’s im Kopf noch dümmer was kann denn das nur sein? Schläft. LEONORE. Gußmann! – Gußmann! so komme doch zu dir, das ist eine schändliche Falle nichts weiter!

GUSSMANN schnarcht. Mein Gott! Jetzt schnarcht er gar! – DEPIOS auf. Da – Da – sind sie! Don Lopez! Don Lopez!

LOPEZ und LAZARILLERL. LOPEZ. Ja, ja, wir folgen euch ja, wo sind sie? [Bl 29v] A hier Leonora! – Jetzt wir Sie Fräulein, – ich führe sie wegen öffentlicher Sittlichkeit Ihrem Glück entgegen. LEONORA. Ich will aber nicht mehr zurück und zu Depios will ich schon gar nicht, – ich will bei meinem Gußmann bleiben! LOBEZ. Es gibt da gar keinen Widerspruch! Vorwärts! Sie müssen mit! LEONORA weint. Mein teurer Gußmann!

Mit LOPEZ ab. DEPIOS. So das war ganz recht! endlich hab’ ich sie wieder! LAZARILLERL. Gnädiger Herr! hörn’s nix? Da schnarcht jemand wie a alte Baßgeigen. Sie das [Bl 30r] ist der feurige Liebhaber! – Vielleicht hat er Gift nehmen woll’n und hat den unrechten Tiegel erwischt! – Was soll’n dann wir mit ihm machen? DEPIOS. Er muß sterben! LAZARILLERL. Aber hörn’s auf, schamens Ihnen denn nit? DEPIOS. Das geht dich gar nichts an, hilf ihn mir zu diesen Felsblock tragen. – – – LAZARILLERL. Wenn er aber beißt? DEPIOS. Komm und guck ihn an, der schläft ja wie ein Stückchen Salz! – – – [Bl 30v] LAZARILLERL. Aber wie ein Engel liegt er da, na so komm du verliebter Kropftauber! so! – –

Legen GUßMANN zum Felsen.

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DEPIOS. Und jetzt woll’n wir diesen Felsen auf Ihn schleudern! LAZARILLERL. Aber gehens denn nöt, der ist mindestens 12 – 141/2 kilo schwer! – DEPIOS. Also anschieben!

Finster. GUSSMANN wird herausgezogen, statt seiner eine Pappendeckelfigur unter den Felsen gelegt. DEPIOS. Fest aufheben! – noch einmal heb’ – laß aus bumm!! – – gut ist’s gangen!

[Bl 31r] LAZARILLERL. Jetzt muß aber Ihner Nebenbuhler schön ausschaun – wie der Pickbub! DEPIOS. Weißt du was? Wir wollen den Stein wieder aufheben und nachsehen wie er aussieht? LAZARILLERL heben den Stein. Gilt schon! Sie der hat sich aber verändert net mehr zu kennen, was man aus ein Menschen alles machen kann, der reinste Semmelschmarrn! DEPIOS. Was ich da gemacht habe ist zwar nicht recht aber die Liebe rechtfertigt alles! – nicht wahr? Lazarillerl! LAZARILLERL. Na, was denn, es ist zwar hundsgemein

[Bl 31v] aber dafür sind Sie ja ein spanischer Ritter Sie können alles machen, Sie brauchen nur »Pardon« sagen. – Ich hilf mir immer bei solchen Angelegenheit damit, daß ich sag: »In den Sternen steht geschrieben« – und dann bin ich wieder ruhig.

DEPIOS. Ja du hast Recht! – Jetzt spendel ihn mit einer starken Spenadel dort an den Felsen an, er soll als Siegestrophäe dieser Grotte als Zierde dienen! LAZARILLERL lehnt Gußmann an den Felsen. Ja da hab’ns ganz recht – Der kann da derweil gut austrocknen!

Die FIGUR verschwindet und GUßMANN kommt. [Bl 32r] DEPIOS. Und nun zu Lopez, ich will noch heut Leunur heiraten! GUSSMANN. Du willst heiraten? Schurke noch nicht! Warte ich will dir einen Hochzeitstanz aufspiel’n. – Mein Talismann tu’ deine Schuldigkeit! DEPIOS zittert. Ja! ein Ge- spenst! LAZARILLERL. Saprament, das ist sein Geist!

Mousick. 4 ZWERGE und 3 TEUFELN tanzen herein nehmen dann DEPIOS und LAZARILLERL in die Mitte und tanzen am Schluß der Musick mit Ihnen ab. [Bl 32v] GUSSMANN. So du Meuschelmörder! Jetzt kannst du heiraten!

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6TES BILD. »DAS GELBE« Garten bei den Lopez – Haus. GUSSMANN, LEONORE, BRIGITTA, DEPIOS, LAZARILLERL, LOPEZ. GUSSMANN. Serenade. Leonora! O so höre! Meine Bitte und mein Flehn Wenn so heiß ich dich beschwöre [Bl 33r] Laß mich nicht vor dir vergehn! LEONORA auf. Das grausame Schicksal, daß uns trennt, wie kann ich es zerstreun? GUSSMANN. Die Liebe nichts als Liebe kennt, sie wird uns Zauberkraft verleihn! Leonore o so höre meine Bitte und mein Flehn, wenn so heiß ich dich beschwöre, laß mich nicht vor dir vergehn! BRIGITTA auf. Wenn sie sich noch etwas zu sagen haben, dann beeilen Sie sich, denn Lopez drängt schon zur Hochzeit! GUSSMANN. Was? – er untersteht sich? – – LEONORE weinend. Gußmann! teurer Gußmann! was soll [Bl 33v] aus uns werden? mein Vormund hat mir soeben mitgeteilt, daß ich noch heut vormittag mit diesem schrecklichen Depios vermählt werden soll! – Ach Gott!

Leht sich an GUßMANN. BRIGITTA. O armes Fräulein, jetzt wirds bald zwölfe leuten! GUSSMANN. Noch ist nicht alle Hoffnung verloren teuerstes Mädchen, – Depios hat auf meine Veranlaßung eine sehr unruhige Nacht verbracht. Das Licht welches ich ihm aber jetzt zeigen werde, wird ihm den Garaus geben. – LEONORE. Ach, dort läuft er herbei, er ist ganz bestürzt o kommet zur Seite!

ALLE DREI ab. [34r] DEPIOS auf. War das eine Nacht. – Jetzt lauf ich schon sechs Stunden herum, aber wahrlich ein herrlicher Morgen. – Der Himmel so schön blau, die Bäume so schön grün, ich seh’ alles im rosigen Lichte! GUSSMANN vor. So! Du siehst alles rosig? – Na warte nur dir soll bald alles grün und gelb vor den Augen werden! – Also der Gemahl willst du werden von derjenigen die ich liebe, nun

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denn, so will ich, daß sich für dich nur für dich allein alles in der Farbe der Ehemänner zeiget, du selbst sollst gelb sein, – du sollst alles gelb sehen – nichts wie gelb! – alles gelb!

Lichteffekt – alles gelb. [Bl 34v] DEPIOS. A – a was die Bäume für eine sonderbare Farb bekommen, bin ich den wach? – Sind wir denn im Herbst? – für einen Bräutigam ein fürstlicher Farbenton, daß ist das Fieber, – das Fieber des Glücks! – A da kommt mein Diener Lazarillerl! LAZARILLERL. Bin ich froh! Daß ich Ihnen g’funden hab’ gnä Herr, ich hab ja keine Ruh’ mehr g’habt. DEPIOS. O wenn du wüßtest Lazarillerl, aber du siehst ja auch ganz angegriffen aus. LAZARILLERL. Euer Gnaden! ich hab’ aber die Brigitta mit kein Aug’ gesehn! – DEPIOS. O mein Freund, du bist ja ganz blaß, du bist ja gelb! [Bl 35r] LAZARILLERL. Ich bin gelb? – Mir scheint Ihnen – es ist zwar leicht möglich nach einer solchen Nacht wie euer Gnaden eine erlebt haben! – DEPIOS. Es ist aber ein sonderbarer Geschmack von dir dich an meiner Hochzeit gelb zu kleiden; – – LAZARILLERL. Ja, bin denn ich gelb? – Was hat er denn? Ich hab’ doch so mein spinatfarbenen Rock an. DEPIOS. Spinatfarbenen Rock? – aber ich? – Was hab’ dann ich für a Farb? LAZARILLERL. Euer Gnaden! – Das ist eine Gimpelfarb! DEPIOS. Was du glaubst, daß ich eine Gimpelfarb hab’? Lügner! – Spitzbub! – Aber freilich ich bin [Bl 35v] ja ganz gelb, – mein Rock ist gimpelfarb meine Hose kanariengelb und du? – Du hast eine Schwammerlfarb! LAZARILLERL. Schwammerl? – Ich Schwammerl? DEPIOS. Augenblicklich ziehst du dieses Gewand aus, daß mir Schwindel bereitet. – LAZARILLERL. Na jetzt kenn ich mich aber nimmer aus, mir scheint mei Herr is verrückt! DEPIOS. Willst du folgen? LOPEZ auf. Lazarillerl! – Lazarillerl! LAZARILLERL. Ah, der Don Lopez, der gnädige Herr wird ihn schon auf andere Sachen bringen! [Bl 36r] LOPEZ. Endlich find ich euch, lieber Depios! DEPIOS. Auch er ganz gelb, daß ist ja ein ganzes Komplot! – Ein Mann in eurem Alter? Don Lopez zu solch einem Schabernack lassen Sie sich herbei? LOPEZ. Was wollen Sie damit sagen?

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DEPIOS schreit. Zieht diese Kleider aus, ich laß mich nicht foppen von Euch! ausziehn sag ich oder ich kann euch für nichts gut stehen. LAZARILLERL. Wissen gnä Herr, mein Herr ist farbenblind, der sieht alles kanariengelb! LOPEZ. Aber guter Don Depios, was habt Ihr denn?

[Bl 36v] DEPIOS. Ich sehe alles gelb und wiedergelb, aber jetzt hab’ ich genug mit der Eierspaß. – Aus meinen Augen ihr gelben Fantome. Der Lazarillerl sieht aus wie ein Aff, wie ein gelber Aff! LOPEZ. Das ist entsetzlich! LAZARILLERL. Ja euer Gnaden, ich bin gelb, aber tun’s mich nur net beißen. Denn wissens, ich halt noch was auf mein Leben! DEPIOS. Du willst mich nur zum Besten halten, aber nimm dich in Acht! es gibt noch einen Narrturm! LAZARILLERL. Ja da kommen alle die Narrn! Die was alles gelb sehen! [Bl 37r] DEPIOS. Ich will Euch etwas sagen. Lopez behaltet euer Mündel, ich mag sie nicht mehr! ich kann ein Kanarienweibelin nicht heiraten! LOPEZ. Wie? Ihr schlagt mein Mündel aus? DEPIOS. Ja vom Kopf bis zu den Füssen, ich kann mich durchaus nicht hineinfinden in eine gelbe Braut! LOPEZ. Und ich sage Euch, ihr werdet sie heiraten, warum habt Ihr sie begehrt? Wisst Ihr, daß in der Familie Lopez sich nie eine Tochter verlobt hat, ohne zu verheiraten. – DEPIOS. Nein, mit allem muß ein Anfang gemacht werden. – [Bl 37v] LOPEZ. Mit Allen? Sagt Ihr? Mit allen? Zieht euren Degen 1–2–3 wollt Ihr? DEPIOS. Nein, denn Ihr habt ja den Verstand verloren! LOPEZ. Nun denn, dann fürchtet meine Rache. DEPIOS. Ich fürchte nichts und bin bereit, Euch zur Vernunft zu bringen, so alt Ihr seid und zum Beweise, schau ich, daß ich weiterkomme. Läuft ab. GUSSMANN lacht. Ah, daß nenn ich eine Unterhaltung!

Blauer Effect.

[Bl 38r] FEE SORGE erscheint. O triumphiert nicht zu früh, meine Rivalin beschützt Euch! aber ich werde mich verteidigen und mich rächen. – Depios ist das Opfer einer lächerlichen Täuschung, ich werde sie verschwindend machen – was aber Dich betrifft Gußmann fürchte meinen Zorn! Ab. GUSSMANN. Teufel! Die Komödie verwickelt sich! A bah! Die Fee der Jugend wird immer die Stärkere bleiben und wenn ich alle Farben des Regenbogen erschöpfen müßte, ich werde wohl eine finden, die dich entmutigt. – Stolzer Don Depios! Hebt die Hand. Sklaven meines Talismannes gehorchet auf zur frischen Tat! Rekomandieren.

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TES

7

BILD. »ZWISCHEN HIMMEL & ERDE«

[Bl 38v]

Wolkendekoration – Verwandlung. DEPIOS, LAZARILLERL, GUSSMANN, LEONORE, FEENKÖNIGIN, VIOLETTA, SORGE, ALLE PERSONEN des Stückes. Mitten des Luftraumes der Bühne links an der Seite hängt eine Balongondel in der sind DEPIOS und LAZARILLERL, von der Gondel ein Stück mit einer Angelschnur an deren Ende eine Schwalbe als Koter befestigt wird. LAZARILLERL. Das ist eine Beschäftigung, noch immer nix‘ mei Herr wird eine Freud‘ hab‘n, wann er munter wird, net den kleinsten Vogel zum Frühstück, es is schad‘ daß ich die Angel [Bl 39r] fabriziert hab – es beißt halt nix an! DEPIOS. Lazarillerl! – Lazarillerl Hunger! LAZARILLERL. No ja ich glaub‘s schon, ich hab ja auch ein Appetit! – ich hab noch nichts! DEPIOS. So schön und das Frühstück? LAZARILLERL. Das müssen wir uns abgewöhnen, die Vögel beißen net an, so müssen wir uns auch das beißen abgewöhnen. DEPIOS. Elender! so bist du um deinen Herrn besorgt. LAZARILLERL. Ja, was soll ich denn machen, wenn Sie mit mir nit zufrieden sein, dann mach ich halt meine acht Täg und such mir einen anderen Ballon [Bl 39v] oder ich steig gleich aus! – DEPIOS. Ich gebe dir monatlich eine bestimmte Summe für Kleidung und Nahrung für uns beide; wo ist die Nahrung? was hast du mit dem Gelde gemacht! LAZARILLERL. Aber das Geld hab‘ ich ja noch immer, das kann man ja net essen, wir müssen halt warten, bis uns ein Würstelmann begegnet? DEPIOS. Du? – ich habe eine Idee! LAZARILLERL. Gut is, – wenn wir nur satt wird‘n damit – DEPIOS. Was geschieht auf einen Wrack, wenn alles fehlt und man nichts zu essen hat, Tage lang ja. Wochen lang! – ! –! [Bl 40r] LAZARILLERL. Da hat man Hunger und kriegt Bauchweh! DEPIOS. Wenn der Zweck, die Mittel rechtfertigt. LAZARILLERL. Euer Gnaden! Ich fürcht Sie verstehn! – – – DEPIOS. Du fürchtest? – Dann hast du mich verstanden, Lazarillerl, mein Freund – ich werde dich speisen. LAZARILLERL. Spei – speisen?

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DEPIOS. Mit einer entsprechenden Sauce präpariert wirds schon gehn – bei meinem Appetit? LAZARILLERL. Aber euer Gnaden, daß wird doch net Ihner Ernst sein. – Sie machen ja nur Spaß? Jetzt reißt er gar die – [Bl 40v] Mund auf. Ist das ein schiacher Kerl, plunzendumm! und dann von ein solchen soll ich mich fressen lassen? Laßens mich doch wenigstens ein Los entscheiden, wer das kleinere Hölzel zieht wird gefressen. – DEPIOS. Nein, daß möchte uns nur aufhalten, vorwärts bist du bereit? LAZARILLERL. Jetzt reißt er schon wieder das Goscherl auf – Gnade! Gnade! ich bin ja so mager! DEPIOS. Nun, daß finde ich gerade nicht. – LAZARILLERL. O, Euer Gnaden! Bei mir könnens alle Rippen zählen! Sie werden sehn, ich schmeck wie Leber[Bl 41r] tran! – – – DEPIOS. A! pah! mit einem Krautsalat dazu, wird’s schon gehn. – LAZARILLERL. Da machens aber ein schlechtes Geschäft mit mir, aber wartens noch ein bißerl, dort kummt ein Segel! He! Aufhalten! DEPIOS. Gut denn! aber wenn man uns nicht bemerkt, so fang ich meine Unterhandlung wieder bei denselben Punkt an, wo wir geblieben sind! – – LAZARILLERL. Ohne furcht! gnädiger herr, ich schrei so lang, daß Sie uns hören müssen. He! Ballon! – Da her! Herr Kondukteur! Gussman & Leonore aussen, [Bl 41v] singend. Wie süß in deinen Armen Die Liebe zu erwärmen Zu trotzen jeder Not! Bis in den seligen Tod! LAZARILLERL. Das sind zwei verliebte, die hab´n g´wiß net so viel hunger wie wir, sonnst könntens net so schön singen, – a da kommens schon grad in unserer Richtung, daß ist gescheidt, – da sinds schon!

GUSSMANN & LEONORE auf einem Luftsegelboot, von Tauben gezogen. GUSSMANN. Nun, da sind wir ja, was wollt ihr von uns? DEPIOS. Das ist er! und so macht er’s immer! [Bl 42r] LAZARILLERL. Er und das Frauenzimmer! Aber sein wir froh, daß wir auf andere Gedanken kommen. DEPIOS. Und Leonore mit Ihm, so ganz allein miteinander in der frischen Luft!

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LEONORE. Er ist der Bräutigam meiner Wahl, der mich zum Altare führt. GUSSMANN. Ja wir reisen ins Blaue zu den Füßen der Fee, die unsere Liebe beschützt. DEPIOS. Gehört es sich, dasß ein junges Mädchen allein mit einem jungen Mann in die Wolken läuft? Pfui! – Pfui! LAZARILLERL. Euer Gnaden! nur keine Vorwürfe, verlangen [Bl 42v] wir lieber was zu essen; – hättens nicht ein überspieltes, antiquarisch Schunkenbein? DEPIOS. Wenn das Herz spricht muß der Magen schweigen. GUSSMANN. Was willst du machen? unglücklicher Depios? DEPIOS. Deinen Ballon durchbohren bevor ich sie an deiner Seite seh‘! – Dich will ich vernichten!! LEONORE. Nimm dich in Acht! – Gußmann ich bitte dich!

Sie nähern sich DEPIOS. LAZARILLERL. Geb‘ns Obacht, daß unser Ballon kein Riß kriegt! – GUSSMANN. Schafhaxerl! tu dein Werk! – [Bl 43r]

Depios Ballon sinkt. LAZARILLERL. Na also, das hab‘ns jetzt davon, wie ich‘s gesagt hab! – Unser Ballon ist hin!!

GUSSMANN fährt zurück nach links, DEPIOS sinkt rechts. Alles Blau – Lichteffect. FEENKÖNIGIN. FEE SORGE. FEE VIOLETTA. FEENKÖNIGIN. Also nun sagt mir endlich, was Ihr eigentlich habt, daß Ihr beide fortwährend in Zank und [Bl 43v] Hader lebt, was verlangt Ihr? FEE SORGE. Ich verlange nichts von dir, als daß der Kampf zwischen Depios und Gußmann ein Gleicher sei. – Denn Gußmann hat einen Talismann der ihn über alle Hindernisse hinweghilft, während mein Schützling mit ihm ohne Waffen kämpfen muß! – FEENKÖNIGIN. Ja wieso denn? Ich kann dein Reden nicht verstehen, ich weiß, daß Violetta Ihren Schützling ein Schafhaxel als Talismann übergab, – und da mir der Kampf der beiden Nebenbuhler schon zu lange dauerte, so gab ich Depios Diener dem Lazarillerl vor drei Tagen ein Schweinshaxl, welches genau die Kraft besitzt wie Gußmann sein Talismann. – Heute um 12 Uhr ist die Frist des Kampfes abgelaufen, wer [Bl 44r] also von den beiden seinen Talismann klüger behandelt, wird der Sieger sein und die Braut erringen. – Und nun Violetta reiche deiner Schwester die Hand! – VIOLETTA. Wie ich? – niemals! – FEE SORGE. Königin! es ist unmöglich!

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FEENKÖNIGIN. Aber ich will es! VIOLETTA. Edle Königin! Ihr wißt, daß ich stets gewohnt war, Euch zu gehorchen! Jedoch die Schwester Sorge hat mir den Krieg erklärt, – Krieg auf immerwährende Zeiten, – darum entschuldigt meinen Ungehorchsam!. FEENKÖNIGIN. Also so weit ist es schon gekommen? Daß sogar [Bl 44v] im Feenreich der Friede gebrochen ist? Was ist die Ursache euerer Zwistigkeit? VIOLETTA. Wir wollen beide unsern Schützlingen zur Braut verhelfen! FEE SORGE. Und da sind wir hart aneinander geraten! FEENKÖNIGIN. Ich kann eure Zwistigkeit nicht dulden, das Schicksal eurer Günstlinge muß sich binnen 4 Stunden entscheiden, – drum reichet euch die hand zur Versöhnung. – Im Feenreiche muß Friede sein!

VIOLETTA reicht SORGE die Hand. VIOLETTA & SORGE. Nun denn, so sei es! – friede auf ewig! FEENKÖNIGIN. So wollt ich es haben! Nun aber eilt, denn [Bl 45r] bald ist die Zeit herum und ich bin selbst begierig, welcher von den Beiden als Sieger seine Braut zum Altare führen wird.? – VIOLETTA & SORGE. Ja, gnädigste Gebieterin! wir eilen! FEENKÖNIGIN. Ja! nun schnell! – schnell ans große Werk! –

ALLE ab. LAZARILLERL und DEPIOS auf. LAZARILLERL. Da bin ich, jetzt gehts mir schon ein bißchen besser, nach langer Zeit steh’ ich wieder mit meinem Magen auf einem sehr guten fuß. Es ist zwar infam, was ich g‘macht hab, – aber es war delikat! – – – [Bl 45v] DEPIOS. Ich frage dich zum letztenmal, wo hast du meinen Talismann? LAZARILLERL. A so! sie meinen das Schweinshaxl, das hab’ ich zuerst gebraten und dann den Blicken der Neugierigen entzogen! – DEPIOS. Lazarillerl! gestehe was hast du mit meinem Schweinsfuß getan? Sprich! – LAZARILLERL. Euer Gnaden! Verzweiflung! Aber in einem Augenblick der Schwäche meines Magens – – – DEPIOS. Rede! – Rede! LAZARILLERL. Euer Gnaden! ich hab’s gegessen! [Bl 46r] DEPIOS. Unglücklicher! es war mein Talismann! LAZARILLERL. Er war ausgezeichnet mit Senft! DEPIOS. Morgen um 10 Uhr werde ich dich umbringen!

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LAZARILLERL. Aber gnä Herr! Daß ist ja viel zu früh’ so zeitlich steh’ ich gar nit auf! – – – DEPIOS. Ich will mich jetzt nicht ärgern, weil ich keine Zeit habe und augenblicklich zur Feenkönigin muß, doch später werd’ ich dann mit dir abrechnen. – Wie aber kann ich mich denn meiner Beschützerin zu Gehör bringen? [Bl 46v] FEENKÖNIGIN erscheint. Erkennst du mich? DEPIOS. Ja gewiß! Sie sind die feenkönigin! – Aber Verzweiflung! Ich möchte gern zur fee Sorge, die mich bis her beschützte! –

Es schlägt 12 Uhr. FEENKÖNIGIN. Zu spät! – höre es schlägt 12 Uhr! DEPIOS. Was schon so spät? Dann ist alles verloren! Lazarillerl, wie viel Uhr hast du? LAZARILLERL. Euer Gnaden! Eine auf der Kaiserstraße, und eine in der Josefstadt! [Bl 47r] DEPIOS. Aber nein! – Ich mein ja, wie spät es ist! LAZARILLERL. Bei mir fehl’n noch 10 Minuten, aber in mein Mag’n is schon lang Zwölfe! DEPIOS. Dann ist alles – alles vorbei! – Ich bin besiegt, ich hab’ mir zu viel Zeit gelassen. FEENKÖNIGIN. Gußmann! Leonore kommt, die Königin der Feen will in Ihrem Palaste eure Verlobung feiern! LAZARILLERL. Ja und die Brigitte auch mit bringen, ich hab’ den Talismann verspeist, da muß mir jeder Wunsch in Erfüllung gehen.

ALLE ab. Verwandlung.

[Bl 47v]

Bild – Gruppe. In der Mitte = GUSSMANN & LEONORE kniend Hinter Ihnen VIOLETTA mit erhobenen händen einen Kranz. Hinter diesen BRIGITTA & LAZARILLERL Arm in Arm stehend. Links DON LOPEZ Rechts DEPIOS. Ganz rückwärts FEE SORGE mit 4 ZWERGEN. alle Personen des Stückes passend gruppiert. GUSSMANN. Habe Dank! O gütige Fee! Hart war der Kampf – doch unser Ziel es ist erreicht. FEENKÖNIGIN feierlich. Ihr seid nun vereint Bewahret eure Liebe! Seid glücklich und zufrieden! ALLE. Glücklich und Zufrieden!

Langsam fällt der Vorhang. ENDE

FBl 48r]