Religionen in der globalisierten Welt Drei Fallbeispiele aus der Schweiz

Religionen in der globalisierten Welt Drei Fallbeispiele aus der Schweiz Autorinnen: Bauer Carmen (Jhg. 1996), Friedli Nicole (Jhg. 1995) Projektleite...
Author: Matthias Linden
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Religionen in der globalisierten Welt Drei Fallbeispiele aus der Schweiz Autorinnen: Bauer Carmen (Jhg. 1996), Friedli Nicole (Jhg. 1995) Projektleiterin und Projektleiter: Atwood David, Anja Kirsch; Departement Religionswissenschaft In dieser Woche setzten wir uns mit der Globalisierung im Zusammenhang mit Religionen auseinander. Da wir uns beide eher für kleinere religiöse Gruppierungen interessieren, war schnell klar, dass wir uns auch auf solche konzentrieren möchten. Wir befragten drei Gemeinschaften, da so eine Vergleichsmöglichkeit gewährleistet war und wir trotzdem detailliert arbeiten konnten. In unseren Untersuchungen stellten wir uns auch einige Fragen, welche teilweise nur indirekt mit der Globalisierung zu tun hatten, uns jedoch sehr interessierten. Die zentrale Frage für uns war, wie sich die religiösen Gemeinschaften heutzutage verbreiten. Darauf bekamen wir verschiedene Antworten. Eine Religion betreibt keine aktive Verbreitung mehr, eine andere legt grossen Wert darauf. In diesem Schlussbericht möchten wir unsere Vorgehensweise und auch die Resultate genauer erläutern.

Theodorskirche in Basel: Versammlungsort der Basileia Vineyard Basel

Das Emblem von Jehovas Zeugen

Gebetsraum der Frauen in einem Gebetszentrum der Islamischen König Faysal Stiftung

1. Einführung Das Thema der Studienwoche war Globalisierung. Wir waren in das Projekt „Die Welt der Religionen in der Schweiz“ eingeteilt. Da es ziemlich viele Religionen und religionsähnliche Gemeinschaften gibt, konzentrierten wir uns vor allem auf kleinere Gemeinschaften. Wir führten Interviews mit den drei folgenden Gruppen durch: Islamische König Faysal Stiftung, Jehovas Zeugen und Basileia Vineyard Basel. Die gestellten Fragen bezogen sich vor allem auf die Sichtbarkeit der Gruppen und die Verbreitung der Religion, es waren jedoch auch einige allgemeinere darunter. Unsere Hauptfragen waren: 1. Wie hängen Globalisierung und Religionen zusammen? 2. Wie und von wo kommen die Religionen in die Schweiz? 3. Wie verbreiten sie sich heutzutage? 4. Wie sichtbar und transparent sind die verschiedenen Gemeinschaften? 5. Was sind ihre Anliegen?

2. Material und Methoden Als klar war, dass wir uns mit verschiedenen Gruppierungen beschäftigen wollen, mussten wir uns für eine Methode entscheiden, um an Informationen zu gelangen. Unsere Mentoren schlugen uns die Feldforschung vor. Dies heisst, dass man persönlich mit den betroffenen Personen spricht. Um uns für drei Gruppen entscheiden zu können, recherchierten wir zuerst im Internet auf der Seite www.inforel.ch. Danach führten wir viele Telefonate, um mögliche InterviewpartnerInnen zu finden. Dabei machten wir die Erfahrung, dass einige Gruppen nicht erreichbar waren oder kein Interesse hatten. Zur Vorbereitung auf die Interviews beschafften wir uns zusätzlich Informationen in der Bibliothek.

3. Resultate

1. Von wo kommt die Religion und wie kam sie in die Schweiz?

2. Wie verbreiten sie sich?

Islamische König Faysal Stiftung Die Stiftung gehört zum islamischen Glauben. Dieser kommt aus Arabien und wurde durch Arbeiter, Studierende und Flüchtlinge verbreitet. Sie betreiben zwar keine aktive Verbreitung, vermehren sich in der Schweiz allerdings durch Studenten und Arbeiter, die einwandern.

Jehovas Zeugen Jehovas Zeugen stammen ursprünglich aus den USA. Durch Missionierung und dem Initianten Charles Taze Russel verbreitete sich dieser Glaube auch in der Schweiz. Durch Missionierung versuchen sie mehr Mitglieder zu gewinnen. Dabei verteilen sie ihre Zeitschrift, den „Wachtturm“. Sie machen auch Rückbesuche um das Interesse der

Basileia Vineyard Basel Basileia Vineyard stammt aus den USA. Durch den Gründer, der Kontakt mit Schweizer Kirchen hatte, kam sie in die Schweiz.

Für die Mitglieder von Vineyard ist nicht die Verbreitung zentral, sondern das Ausleben ihrer religiösen Ansichten. Sie erzählen jedoch von ihrer Kirche und betreiben auch Werbung. Durch karitative Anlässe 2

3. Wie sichtbar und transparent ist die Gemeinschaft?

6.

Was sind ihre Anliegen?

Der Empfang war sehr offen. Wir konnten alle Räume besichtigen, sogar den Gebetsraum der Männer. Uns wurde auf alle Fragen ausführlich geantwortet. Ausserdem erzählte der Leiter uns einige zusätzliche Dinge. Der Standort des Zentrums liegt ausserhalb des Stadtzentrums in einer alten Käserei. Sie wurde jedoch vor einigen Jahren renoviert. Ihnen ist es nicht so wichtig, dass sie beliebt bei den Schweizer Einwohnern sind. Sie möchten akzeptiert werden und ihren Glauben leben können ohne Probleme zu haben.

Wachtturm-Abnehmer zu überprüfen. Denn wenn Jemand eine Ausgabe entgegennimmt, heisst das für sie, dass Interesse vorhanden ist. Es ist gibt einen Königssaal (Gebetsräume der Zeugen Jehovas) in Basel, dieser ist jedoch nicht sichtbar. Wir wurden von der Kontaktstelle in Basel an einen Herrn in Thun weitergeleitet, da dieser besser geeignet ist. Dadurch war kein direktes Gespräch möglich. Ebenfalls wurde der Wunsch geäussert, die Angaben des Interviews prüfen zu dürfen.

werden sie bekannter.

Die Zeugen Jehovas möchten nicht unbedingt als Religionsgemeinschaft anerkannt werden, sondern ihren Glauben leben können. Durch die Mission wollen sie mehr Mitglieder erhalten.

Basileia Vineyard will Freude und der Kirche und am Gottesdienst vermitteln. Darum sind ihre Gottesdienste oftmals mit moderner Musik, Tanz etc. untermalt. Sie möchten alle Menschen so akzeptieren, wie sie sind.

Die Basileia Vineyard Basel ist in der Theodorskirche eingemietet. Sie besitzt jedoch noch andere Räumlichkeiten in denen Anlässe stattfinden. Auch hier war kein direktes Gespräch möglich, das Interview führten wir jedoch mit einer Person aus Basel. Diese gab uns freundlich Auskunft auf alle gestellten Fragen.

Wir erfuhren nicht nur die Antworten auf unsere Fragen, sondern noch einiges mehr. Hier nur eine kleine Auswahl an spannenden Fakten: Islamische König Faysal Stiftung: Das Zentrum ist nicht nur ein Ort zum Beten, sondern auch ein Begegnungszentrum für Asylanten, Alleinstehende oder Andere. Es werden Mahlzeiten und auch Schlafplätze angeboten. Das Zentrum hat Räume für die eigene Arabisch-Schule, welche an den Wochenenden von jeweils ca. 90 SchülerInnen besucht wird. Die muslimischen Männer sind dazu verpflichtet, fünfmal am Tag zu beten. Dies ist meist auch möglich, obwohl sie arbeiten müssen, denn der Ort muss lediglich sauber sein. Ist dies nicht möglich, weil es beispielsweise der Arbeitgeber verbietet, können die Gebete auch abends nachgeholt werden.

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Jehovas Zeugen: Die Religionsgemeinschaft entstand anfangs der 1870er Jahre in den USA, wo auch die erste Ausgabe des Wachturms erschien. Der Wachturm ist nicht die ,heilige Schrift’ der Gruppe, sondern das erklärende Magazin dazu. Dessen Grundsatz lautet: Wiederbelebung des ursprünglichen Christentums. Deshalb steht auch Jehovas Nachricht (Jehova = hebr. Gott) im Vordergrund. Von Jehova stammt auch der Name ab. Oftmals gibt es Gerüchte, dass der Ausstieg aus Jehovas Zeugen nicht einfach ist. Dies dementierte unser Gesprächspartner jedoch und meinte: „Es ist schwieriger, bei Jehovas Zeugen einzusteigen, als wieder auszutreten.“ Bei einem gewünschten Austritt wird jeweils nach den Gründen gefragt, und die Gemeinschaft versucht, „zu helfen“. Auch ein anderer Zeuge Jehovas bestätigte dies. Die religiöse Gemeinschaft ist in der Schweiz offiziell ein Verein, in Deutschland und Österreich jedoch eine Religionsgemeinschaft. Das macht jedoch für die Interviewten nur einen rechtlichen Unterschied. Die Zeugen treffen sich zweimal pro Woche in sogenannten Königssälen. Basileia Vineyard Basel: Die Kirche ist u.a. Mitglied der evangelischen Allianz. Der Interviewpartner bezeichnete seine Gemeinschaft als offene Kirche, die viel Wert auf Familien lege, aber auch auf die Integration von Singles, welche auch zur Gemeinschaft gehören (sollen). Ihr Wahlspruch lautet ALIVE. Dies steht für: A (anbeten), L (lieben), I (investieren), V (verändern) und E (einladen). Ein Grundsatz lautet, ganz Mensch und ganz Christ zu sein. Dies wurde uns so erklärt, dass man erst durch seinen Glauben an Gott man selbst sein kann.

4. Diskussion Wir mussten in dieser Woche feststellen, dass es nicht einfach ist, mit InterviewpartnerInnen Kontakt zu knüpfen, um an die Gemeinschaften heranzukommen. Für die drei Interviews mussten wir ungefähr zwanzig Telefongespräche führen. Bei vielen wurde der Hörer gar nicht abgenommen, da die Büros nicht immer besetzt waren. Andere wiesen uns ab, da sie wahrscheinlich dachten, wir wollen einen negativen Artikel veröffentlichen. Dies passierte uns z.B. bei einer Kontaktperson der Rosenkreuzer. Aber auch wenn jemand antwortete hiess das noch lange nicht, dass wir ein Interview erwarten durften. Scientology beispielsweise versprach uns zurückzurufen, dies wurde jedoch auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht getan. Abends um acht Uhr hatte unser Telefon noch immer keinen Ton von sich gegeben. Auch bei den Zeugen Jehovas mussten wir lange nachhaken, bis schlussendlich ein Interview zustande kam. Einzig Basileia Vineyard versprach uns sofort ein Gespräch, doch zum genannten Zeitpunkt ging niemand ans Telefon. Jedoch wurde uns später zurückgerufen. Die muslimische König Faysal Stiftung war hingegen kein Problem, da unserer Betreuer David Beziehungen zur Leitung des Zentrums hatte. Der Zusammenhang zwischen der Globalisierung und den religiösen Gemeinschaften ergab sich relativ schnell: Die Globalisierung hat eine Migrationsbewegung ausgelöst, wodurch die verschiedenen Religionen über die ganze Welt verteilt wurden. Da nun mehr Religionen in einem Land vertreten sind, besteht auch ein grösseres Konfliktrisiko, denn die Ansichten der Religionen sind teilweise sehr verschieden, was zu Auseinandersetzungen führen kann. Meistens bleiben diese jedoch verbal, wie wir im Interview mit Jehovas Zeugen und auch der Stiftung König Faysal erfahren haben. Ebenfalls wurde die Kommunikation zwischen verschiedenen Niederlassungen der Gemeinschaften erleichtert. Mit den heutigen Kommunikationsmitteln, wie E-Mail und Handys ist es viel einfacher geworden, Anlässe und Ähnliches zu koordinieren. Ebenfalls wurde so die Verbreitung leichter. Will man eine neue Ansicht von Amerika nach Europa bringen, muss man nicht mehr, wie vor 100 Jahren, mit dem Schiff reisen, sondern kann ganz einfach ins nächste Flugzeug steigen. In einem Punkt wurden wir jedoch sehr überrascht. Wir erwarteten im Bereich Offenheit das Gegenteil von dem später Eingetroffenen. Von der Islamischen Stiftung Faysal wurden wir sehr offen und freundlich empfangen. Wir hatten eher einen verschlossenen Menschen erwartet, und waren uns auch nicht sicher, ob er uns Frauen gegenüber aufgeschlossen ist. Allerdings durften wir sogar die 4

Gebetsräume der Männer besichtigen. Beim anschliessenden Interview wurden uns alle Fragen beantwortet, auch wenn diese etwas kritischer waren. Im Gegensatz dazu nahmen wir an, dass Scientology und auch Jehovas Zeugen sehr offen sein würden, weil diese ein Interesse daran hätten, Vorurteile aus dem Weg zu räumen. Doch Scientology wollte all unsere Fragen vorab zugeschickt bekommen, um dann zu entscheiden, ob ein Interview stattfinden wird, und auch der Interviewpartner der Zeugen Jehovas wollte die Informationen des Interviews erst lesen, bevor wir sie veröffentlichen. Auch wurde er bei kritischeren Fragen abweisend und ruppig. Basileia Vineyard war eigentlich so, wie wir sie uns vorgestellt hatten: offen, freundlich und interessiert. Im Allgemeinen haben wir festgestellt, dass die neueren Religionen in der Schweiz tendenziell aus dem Westen kommen, so beispielsweise Scientology, Jehovas Zeugen, Basileia Vineyard. Aber auch der Buddhismus, welcher ursprünglich aus dem Osten kommt, kam massgeblich über die USA in die Schweiz. Im Gegensatz dazu stammen die in der Schweiz verbreiteten Religionen aus dem östlichen Teil Europas, wie das Christentum. Der Islam stammt ebenfalls aus dem östlichen Raum und hat in der Schweiz vor allem durch die Migration seit den 1980er Jahren Verbreitung gefunden: Hier ist die ,alte’ Religion des Islam deshalb eher eine ,neue’ Religion.

Danksagung Als erstes möchten wir Schweizer Jugend forscht danken, welche uns diese Woche überhaupt ermöglicht hat. Ein noch grösserer Dank gilt jedoch unserer Mentorin, Anja Kirsch, und unserem Mentor, David Atwood. Die beiden halfen uns dabei, das endgültige Thema auszuwählen und unterstützen uns während der ganzen Woche sehr kompetent. Eine tolle Erfahrung waren die grossen Freiräume, die wir in dieser Woche hatten. Sei es das Zeitmanagement, das eigene Büro oder auch die Abende, welche wir frei gestalten durften. Es war eine sehr erlebnisreiche und eindrucksvolle Woche für uns.

Literatur- und Quellenverzeichnis www.inforel.ch Letzter Zugriff:15.11.12 http://riedli-d.wikispaces.com/file/view/watch.gif/238995587/watch.gif (Der Wachtturm) Letzter Zugriff: 23.11.12 www.basileia.ch Letzter Zugriff: 15.11.12 Theologische Realenzyklopädie Band 36. Berlin: de Gruyter 2004, S. 360-364 Baumann, Christoph Peter (2000): Religionen in Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Basel: Manava Interviews mit den Kontaktpersonen der jeweiligen Organisationen

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