Planen & Gestalten mit Beton

Planen & Gestalten mit Beton Ausgabe 2013 3 bauteilen – Planung und Ausführung ❙ 3D-Schalung für komplexe Bauteilgeometrien gestaltung Wrapped Concr...
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Planen & Gestalten mit Beton Ausgabe 2013

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bauteilen – Planung und Ausführung ❙ 3D-Schalung für komplexe Bauteilgeometrien gestaltung Wrapped Concrete

www.opusC.com

– Neubau voralberg museum in Bregenz ❙ Architektur im Kiez – Betonfassade für das Aufbau Haus technologie Scharfe Kanten an Sichtbeton-

architektur Kristalline Woge – Trinkwasserreservoir Bruderholz bei Basel ❙ Begegnung an der Abbaukante – Forum terra nova ❙ Blüten aus Beton

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forum SCHWEIZ – SUISSE – SVIZZERA in Kooperation mit BETONSUISSE

Farbbeton im Trend 7. Schweizer Betonforum in Zürich Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch über den Werkstoff Beton standen im Mittelpunkt des jährlich stattfindenden Schweizer Betonforums. Dieses Jahr richtete sich am 10. Juni 2013 an der ETH Zürich der Fokus auf das Thema „Farbbeton“. Mit über 160 Teilnehmern wieder eine gelungene Veranstaltung. Immer häufiger präsentieren sich Fassaden aus Sichtbeton nicht mehr nur Grau, sondern in einem enormen Farbspektrum von Weiß über Gelb, Rot, Blau, Grün bis hin zu Schwarz. Nicht zuletzt dieser neuen Farbigkeit ist es zu verdanken, dass sich Beton in den letzten Jahren in Sachen Ästhetik und Design zum Trendsetter gewandelt hat. Denn prägend für das Erscheinungsbild einer Be-

tonfassade ist neben der Textur der Oberfläche eben auch die Farbe. Sie variiert je nach Zementart, den zugesetzten Pigmenten und den Gesteinskörnungen. Nutzen des durchgefärbten Betons Um einem Bauwerk für Jahrzehnte ein strahlendes Aussehen zu verleihen, bedienen sich die Planer eines komplett durchgefärbten Betons. Selbst ein jahrelanger natürlicher Witterungsprozess kann den farblich einheitlichen Gesamteindruck nicht beeinträchtigen. Da der Beton durchgehend und dauerhaft eingefärbt wird, sind zusätzliche Anstriche, Beläge oder anderweitige Verkleidungen der Oberfläche nicht erforderlich. Die Farbe unter der Betonoberfläche ändert

sich nicht, nutzungsbedingte Beschädigungen fallen kaum auf. Hohe Ansprüche an Planende Der kreative Umgang mit farbigem Sichtbeton erfordert das Wissen um die Zusammenhänge zwischen Beton und Farbe aber auch um die Zusammenhänge zwischen Farbe und Architektur. Farbbeton stellt hohe Ansprüche an seine Verarbeiter. So beeinflussen Art und Farbe der verwendeten Ausgangsstoffe sowie die Zusammensetzung das Endergebnis. Einbau und Verdichtung auf der Baustelle spielen ebenso eine Rolle wie die Art der Oberflächenstruktur der Schalungen, Trennmittel und Nachbehandlungen. Die Farbgestaltung ist für die Architektur ein gezielter gestalterischer Vorgang, will sie ein kontrolliertes Ergebnis erreichen. Ein Mehr an Farbe schafft nicht automatisch bessere Architektur. Farbe als Gestaltungsmittel in der Architektur Der Vortrag der Farbgestalterin und Innarchitektin Barbara Schwärzler zeigte praxisbezogen den Umgang mit Farbe in

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Innen- und Außenräumen. Er plädierte dafür, das Potenzial von Farbe als architektonisches Gestaltungsmittel besser auszuschöpfen, denn Farben sind in ihren gestalterischen Möglichkeiten mit Form, Raum und Licht vergleichbar. Das Besondere im Umgang mit Farben in der Architektur ist, dass sie unsere Sinne direkt ansprechen ohne Umweg über den Intellekt. Je nach Situation wirken Farben allerdings verschieden – der Schlüssel zu ihrem erfolgreichen Einsatz liegt deshalb im sorgfältigen Studium des Kontexts. Anhand einer Wohnüberbauung in Bern-Brünnen wurde die Arbeitsweise der Farbgestaltung exemplarisch vorgestellt: Von der Recherche, über das Konzept bis zum Ausführungsprojekt, das im Dialog mit Bauherren und Architekten entwickelt wurde. Schließlich präsentierte das Referat generelle Überlegungen zum Umgang mit Farben im Außenraum und beleuchtete die spezifische Rolle, die Bauherren, Architekten und Farbgestalter dabei spielen. Gefordert wurde ein verantwortungsvoller Umgang mit Farben in der gebauten Umwelt jenseits von modischen Strömungen. Rotbeton – Neuer Bahnhofplatz Bern Über das Bauvorhaben Neuer Bahnhofplatz Bern referierte der Architekt Caspar Wellmann. Seit der Eröffnung in den 1970er Jahren wird der Bahnhof Bern verschiedentlich ausgebaut und neuen Bedürfnissen angepasst, beispielsweise

mit einem zentralen Ausgang im erneuerten Aufnahmegebäude oder mit der neuen Nordhalle. Allerdings führen die stetig wachsenden Personenströme weiterhin in einen vom Auto- und Busverkehr dominierten Stadtraum. Eine höchst unbefriedigende Situation, die durch den dringenden Sanierungsbedarf der Gleisanlagen und Haltestellen von Bernmobil sowie der Christoffelunterführung noch verstärkt wird. Nach langen Phasen der Masterplanung zeigt schließlich 2000/01 der Projektwettbewerb Lösungen für den großräumigen Perimeter zwischen Bahnhofplatz Ost und Bundesgasse, zwischen Spitalgasse und Hirschengraben mit Bubenbergplatz und Christoffelunterführung. In einer anschließenden Überarbeitung entwickeln die drei erstplatzierten Teams marchwell / BSR Architekten / Atelier 5 gemeinsam das 2007 bis 08 realisierte Projekt. Die städtebauliche Idee des Projektes umfasst drei Hauptpunkte: Der Platz, die Wege und das Tor. Der Platz: Mit einer neuen Verkehrsführung wird Platz geschaffen. Der Verkehr wird nicht mehr diagonal, sondern den Platzrändern entlang geführt. Der frei gespielte Raum wird zu einem vielfältig genutzten Bahnhofplatz. So wird ein vernünftiges Neben- und Miteinander der verschiedenen Verkehrsteilnehmenden ermöglicht. Die Wege: Ankommen, umsteigen, wegfahren sind Merkmale eines jeden Bahnhofes. Das Ankommen wird mit klaren Wegen vom Bahnhof in die Stadt und zu den Umsteigebeziehungen von Bernmobil unterstützt. Diese Wege, städtische Außenräume, sind auf zwei Ebenen –

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auf dem Platz und in der Christoffelunterführung – erlebbar und durch vertikale Beziehungen räumlich und funktional verbunden. Auf Platzebene artikuliert ein gläserner Baldachin den Weg. Zugleich Wetterschutz, Überdachung der Umsteigeplattform, Aufenthaltsort und Treffpunkt, reagiert diese transparente Membrane mit ihrer Form präzise auf den stadträumlichen Kontext. Durch den Rhythmus und die Öffnungen der Aufgänge bleibt die Platzebene mit dem Baldachin auch in der Christoffelunterführung spürbar. Das Tor: Die historische Torsituation südlich der Heiliggeistkirche (an der Schnittstelle zwischen Altstadt und Westerweiterung, dort wo einst der Christoffelturm stand) bekommt durch den Baldachin – der sich hier hoch schwingt und öffnet – ein erkennbares Symbol. Das Tor zur Stadt wird neu formuliert. Der Baldachin artikuliert also Weg und Ort. In seinen Dimensionen bezieht er sich räumlich auf die Nachbargebäude und unterstützt die neue Verkehrslösung. Scheitel und größte seitliche Ausdehnung betonen die Mitte des Trambahnhofes. Der Baldachin ist nicht als sich selbst inszenierendes Objekt gedacht, sondern als ein den städtischen Raum in seinem historisch bedeutenden Umfeld neu definierendes Element. Als Stahl-Glaskonstruktion schafft er durch seine Materialisierung einen interessanten und zeitgenössischen Kontrast zu den ihn umgebenden Gebäuden. Der Stahlbau ist eine geschweißte, doppelt gekrümmte (horizontal und vertikal) und sich linear verjüngende und vergrößernde Konstruktion von sehr hoher Genauigkeit. Der Baldachin gliedert die vor der Umgestaltung unpräzis verlaufenden Stadträume und definiert den Bahnhofplatz wieder als Platz. Neben der Hauptumsteigezone unter dem Baldachin bilden der Bahnhofplatz Ost (mit Taxistand) und die Christoffelgasse weitere wichtige Bushaltestellen. Mit dem Ziel einer Entrümpelung und einer sparsamen Möblierung des Stadtraums erfüllt ein verschieden

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kombinierbares Modul – minimal mit einer Bodenplatte und einem 1.3 m breiten Wandelement – diverse Zusatzfunktionen. Rote Informations- und Infrastrukturpunke Die Module aus rot eingefärbten Betonplatten und -scheiben dienen als Bernmobil-Haltestellen im Bahnhofbereich, als Liftaufbau, als Taxistand oder als Stele für Informationen, Plakate, Beleuchtung, Entwässerung, Telefonstationen etc. Die rote Farbe des Sichtbetons soll bewusst die Erkennbarkeit dieser Informations- und Infrastrukturpunkte hervorheben – befinden sich jetzt doch wesentlich weniger Möblierungselemente auf dem Platz, allerdings konzentrierter angeordnet. Aus den gleichen Überlegungen sind auch die seitlichen Mauern der Aufgänge von der Christoffelpassage auf den Platz in rot eingefärbtem Sichtbeton ausgeführt. Das Durchfärben des Betons ist aus Sicht der Materialechtheit ein wichtiger Aspekt. So verlieren die Aufbauten auch bei mechanischen Beschädigungen ihre Farbe nicht. Weissbeton, Dorfzentrum Grimseltor, Innertkirchen Über das Grimseltor aus weißem Beton in Innerkirchen referierte im Anschluss der Baseler Architekt Christoph Gschwind. Das Grimseltor ist für die Gemeinde Innertkirchen ein zentraler Infrastrukturbau und Treffpunkt für die einheimische Bevölkerung sowie den Tourismus (Dorfladen, Poststelle, Touristinfo, Versammlungssaal, Dorfplatz). Im Wettbewerbsprogramm formulierte die Bauherrschaft ihre hohen Erwartungen an das Dorfzentrumsgebäude wie folgt: „Gesucht wird ein Gebäude mit

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starker Ausstrahlung, ein architektonischer Blickfang. Es soll sich von den ortsüblichen Bauten abheben in der Materialisierung aber den regionalen Charakter wiedergeben. Es ist Aufgabe, Lage und Ausdruck des neuen Gebäudes so zu wählen, dass es im Zusammenspiel mit dem gewünschten Dorfplatz zum neuen Herz des Dorfes werden kann.“ Die imposante Naturkulisse erforderte einen Baukörper mit einer starken physischen Präsenz, welcher mit der Landschaft in einen Dialog tritt und gleichzeitig identitätsstiftender Teil des gebauten Dorfes wird. Der Dorfplatz und das Gebäude bilden zusammen ein offenes Gefäß, welches jedoch erst durch die aktive Bespielung durch den Nutzer das Potenzial zum „neuen Herz des Dorfes“ erhält. Der Platz bildet eine erhöhte Dorfbühne welche gleichzeitig das Erreichen des geforderten Hochwasserschutzes ermöglicht. Der Baukörper findet seine städtebauliche Logik nicht aus dem gebauten Kontext. Vielmehr bilden die allgegenwärtige Präsenz der monumentalen Felsformationen mit deren Atmosphären, je nach Witterung und Jahreszeit, sowie die kulturelle Prägung des Ortes durch die Bauten der Passstraßen und der Wasserkraftnutzung die Basis der architektonischen Intervention. Durch die Materialität Ortbeton entsteht ein monolithischer Körper welcher sich mit den umgebenden Felswänden sowie den winterlichen Schneeflächen optisch verknüpft und dem Gebäude eine changierende Physis im Lauf der Tages- und Jahreszeiten verleiht. Der Weißzement und die weiße Pigmentierung nobilitiert den Werkstoff Beton weg von der Konnotation als Material der an Ort präsenten Infrastrukturbauwerke der Bergregi-

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on zum repräsentativen Kunststein. Die sehr hohe Material- und Ausführungsqualität der Sichtbetonflächen ist dem großen Engagement der lokalen Baumeisterfirmen und dem Betonhersteller zu verdanken, welche beharrlich vor Ort laufend pragmatische Innovationen zur Perfektionierung der Sichtbetonqualität entwickelten. Das statische Prinzip des Gebäudes basiert auf dem Bestreben der prägenden Physis der Betonhülle, eine im wörtlichen Sinne „tragende Rolle“ zu geben. Die massive Außenhaut aus Beton trägt die Holzdachkonstruktion, wie es in der traditionellen Architektur und bis zur Energiekrise 1973 die Regel war. Dieses Konstruktionsprinzip kann auch als Hommage an Ernst Andereggs‘ Haus Hommel in Innertkirchen gelesen werden. Die Gebäudegeometrie, welche bindend in der Logik der Tragfähigkeit armierten Betons entwickelt ist, lotet die Belastungsgrenze des Materials aus ohne jedoch Sonderqualitäten zu beanspruchen. Das „Tragwerk“ wird mittels frei gesetzten Stützen ergänzt. Die Stellung der Stützen im Fassadenbereich befreit die Ecke der polygonalen Abwicklung des Gebäudes und führt die einzelnen Wandelemente in ein sich gegenseitig bedingendes Gleichgewicht. Eine Auswahl möglicher Erscheinungsformen der identischen Betonrezeptur wird als schalungsglatte aufgespannte Membrane für die Fassade, als mechanisch gestockter Belag des Dorfplatzes, als geschliffener Industrie-Terrazzobelag in den öffentlichen Innenräumen und als (aufgrund der Gebäudeversicherungsanforderungen der Nichtbrennbarkeit entstandene) Thekenmöbel erlebbar. Die verputzten Innenwände und Decken der öffentlichen

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Räume erhalten durch einen mineralischen Anstrich mit Lapislazulisteinmehl eine ephemere Polychromie, welche an das Licht- und Schattenspiel von winterlichen Schnee- und Eisflächen erinnert. Kommunikation bringt Farbe in den Beton Die Ingenieurin Miriam Runge vom Farbhersteller Sika erläuterte im folgenden Vortrag die Wichtigkeit der Abstimmung beim Bauen mit Farbbeton. Dem Werkstoff Beton haftete lange ein eher kaltes und nüchternes Image an. Fast jeder dachte beim Stichwort „Beton“ spontan an die Farbe Grau. Beton, insbesondere Farbbeton, ist in der aktuellen Architektur einmal mehr zum absoluten Trendmaterial avanciert, wenn es sich um edle und hochwertige Bauwerke handelt. Das einst vom breiten Publikum ungeliebte Material hat sich wieder zum Trendsetter in Sachen Ästhetik und Design gewandelt.

schlagen sich natürlich in erhöhten Kosten gegenüber üblichen Betonbauwerken nieder. Zudem muss mit Verzögerungen im Bauablauf, beispielsweise infolge schlechter Witterung, gerechnet werden. Im Projekt sind neben konstruktiven und finanziellen auch betontechnologische und logistische Herausforderungen zu meistern. Daher sollte sich das sogenannte „Farbbeton-Team“ aus Bauherr, Architekt, Bauingenieur, Baumeister, Betonlieferant, Bauchemie- und Pigmentlieferant zusammensetzen. Nur

durch eine gute und offene Kommunikation lassen sich Missverständnisse, Kostenüberschreitungen, Terminverzögerungen sowie Konflikte bei der späteren Beurteilung der Betonoberflächen vermeiden. Schulhaus Grono Über das Schulhaus in Grono berichtete im Anschluss der Architekt Raphael Zuber. Die Farbigkeit von Beton prägt die Erscheinung eines Sichtbetonbaus we-

Als Farbbeton bezeichnet man mit Pigmenten eingefärbte Betonoberflächen, die besondere Anforderungen an die Ästhetik erfüllen sollen. Dieser nach dem Ausschalen sichtbare Teil des Betons lässt die Merkmale der Gestaltung und Herstellung erkennen, wodurch die architektonische Wirkung des Bauteils oder Bauwerks maßgeblich bestimmt wird. Um die gewünschte FarbbetonQualität zu erreichen, bedarf es einer guten Kommunikation sowie einer detaillierten Abstimmung aller Beteiligten. Die hohen Qualitätsanforderungen

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L AHN TAUNUS Q UARZ Naturkorn und Edelsplitt

sentlich. Somit kann Farbigkeit die Umsetzung von Gedanken in ein physisch gebautes Objekt unterstützen oder schwächen. Die gesamte Tragstruktur des Schulhauses Grono ist mit gelben und schwarzen Farbpigmenten hellbraun eingefärbt. Auf das Objekt soll hier nicht näher eingegangen werden. Einen ausführlichen Beitrag finden Sie dazu in einer der kommenden Ausgaben der opus C. Bauten in Kalksteinbeton

natürlicher Zuschlagstoff mit mediterraner Farbgebung für hochwertige und optisch ansprechende Fassaden und Elemente

Singhofener Quarzkieswerke GmbH & Co. KG Rennweg 64-66 56626 Andernach Tel.: 0 26 32 / 92 73 - 0 Fax: 0 26 32 / 92 73 - 33 E-Mail: [email protected] Internet: www.hwschmitz.de

Über eine besondere Spielart des farbigen Beton berichtete der Architekt Steffen Jesberger vom Büro Endres Architekten. Vor ziemlich genau zehn Jahren machte sich der Architekt Thomas Endres zusammen mit seiner Bauherrschaft auf die Suche nach einem passenden Material für den Neubau einer Villa am Schartenfels in Wettingen. Dem voraus ging eine längere Entwurfs- und Planungsphase für eine Überbauung mit insgesamt vier Häusern, wovon nun das erste realisiert werden sollte. Die Lage am Steilhang, die Nähe zum Wald und der direkte Anschluss an eine Schutzzone bedingten eine sehr intensive Auseinandersetzung mit dem Ort. Das Ergebnis war ein exakt gesetzter, kubisch verschränkter Baukörper, der sowohl im Innern als auch im äußeren Erscheinungsbild den Bezug zum Hang, der nahen Umgebung und dem spektakulären Ausblick thematisierte. Die Materialisierung des Hauses sollte dem präzisen Entwurf der Villa entsprechen und dem Gebäude gleichzeitig eine warme, behagliche Ausstrahlung verleihen. Der Schartenfels als Teil der Lägern, dem nordöstlichen Ausläufer der Jurakette, besteht vorwiegend aus Kalkstein. So lag es nahe, eine Sichtbetonfassade zu wählen, die mit Kalkstein und Weißzement die Anforderungen hinsichtlich Konstruktion, Ästhetik und Wirkung vollumfänglich erfüllt. Seit dieser Zeit konnte Thomas Endres eine ganze Reihe von Bauten in Kalksteinbeton verwirklichen, darunter auch die drei weiteren Häuser am Schartenfels. Der regionale Bezug des Materials, der warme Farbton und die Kombination mit der kubischen Architektur überzeugt auch die kritische Bauherrschaft vom Baustoff Beton. /

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Architekturpreis Beton 13 Basler Architekturbüro gewinnt die renommierte Auszeichnung

In einem dreistufigen Auswahlverfahren, welches seinen Abschluss in der Vorort-Begehung der Objekte der engeren Auswahl fand, zeichneten sechs Jurymitglieder aus Architektur und Bauingenieurwesen aus 140 Projekten – der höchsten je erreichten Anzahl – die Preisträger aus. Neben der Architektur wurden das Tragwerkskonzept, die materialgerechte Konstruktion sowie die Qualität der Ausführung beurteilt. Das Basler Architekturbüro Buchner Bründler Architekten obsiegt mit zwei Einreichungen im klassischen Wettbewerb, der mit 50.000 Franken dotiert ist. An Beton schätzen die beiden Architekten Daniel Buchner und Andreas Bründler insbesondere „die tiefen handwerklichen Spuren, die dieser Baustoff hinterlässt“. Zudem gäbe es kaum ein Baumaterial, welches sich so differenziert nutzen lässt wie Beton und das zusätzlich über so wertvolle statische Eigenschaften verfügt. So sind die Architekten

denn auch dafür bekannt, dass sie mit Form und Material experimentieren und dadurch ihre architektonischen Konzepte weiterentwickeln. Der klassische Wettbewerb war gekennzeichnet durch eine sehr hohe Qualität der eingereichten Projekte. Neben den zwei preisgekrönten Gebäuden von Buchner Bründler Architekten vermochten die Einreichungen von Staufer & Hasler Architekten AG, Frauenfeld und von Silvia Gmür Reto Gmür Architekten, Basel nachhaltig zu überzeugen. Beide Architekturbüros werden für Ihre Projekte mit je einer Anerkennung ausgezeichnet. Grundsätzlich spannt die Auswahl der Jury einen weiten Bogen hinsichtlich der Mssstäblichkeit – vom ganz Kleinen zum ganz Großen – und hinsichtlich des Ausdrucks des Baumaterials Beton: von elegant über archaisch bis hin zu perfekt. Im Rahmen des neu geschaffenen Förderpreises konnten sich Jungarchitektinnen und Jungarchitekten, die sich der Herausforderung Betonbau mit besonderer Begabung und Innovationsgeist stellen, bewerben. Der Förderpreis unterstützt vielversprechende, junge Architekten mit einem Preisgeld von 10‘000 Franken und mit Publizität. 2013 geht der Preis an Lukas Lenherr (www.t-ip.ch), Zürich. Am Förderpreis teilgenommen haben Architektinnen und Architekten, die 1972 oder später geboren sind, mit 24 Projekten. Bei einer Bürokonstellation von mehreren Inhabern darf zudem keiner der Mitinhaber älter als 40 Jahre sein.

VORBILDLICHE BETONARCHITEKTUR GESUCHT! Bereits zum zehnten Mal wird der Architekturpreis Beton ausgeschrieben, um hochstehende Betonarchitektur auszuzeichnen. Zu diesem Anlass werden Architekten bzw. Architekturbüros eingeladen, in der Schweiz realisierte Projekte zum Wettbewerb einzureichen. Die Preissumme beträgt 50 000 Franken. Im Rahmen des neu geschaffenen Förderpreises können sich Jungarchitektinnen und Jungarchitekten, die sich der Herausforderung Betonbau mit besonderer Begabung und Innovationsgeist stellen, bewerben. Dieser Preis ist mit 10 000 Franken dotiert.

Einsendeschluss ist der 1. Februar 2013. Die eingereichten Arbeiten werden von einer namhaften Jury unter der Leitung von Professorin Annette Spiro beurteilt. Die Jury kann den Architekturpreis an einen einzelnen oder an mehrere Preisträger verleihen. Teilnahmebedingungen und -formulare sind erhältlich unter: www.architekturpreis-beton.ch

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Architekturpreis Prix d’architecture Architecture Prize

Foto: Brigitte Batt/Klemens Huber, Fräschels, CH

Der Architekturpreis Beton wird alle vier Jahre durchgeführt – 2013 bereits zum zehnten Mal. Der Wettbewerb fördert das vorbildliche und kreative Schaffen mit Beton und zeigt seine vielfältigen Möglichkeiten auf. Jetzt stehen die Preisträger sowohl des klassischen Wettbewerbs als auch des erstmals ausgeschriebenen Förderpreises für Jungarchitektinnen und Jungarchitekten fest. Aus 140 Eingaben hat eine professionell zusammengesetzte Fachjury unter der Leitung von Professorin Annette Spiro zwei Preisträger erkoren und zwei Anerkennungen ausgesprochen.

Förderpreis für JungarchitektInnen Prix d’encouragement pour jeunes architectes Sponsorship award for young architects

Sämtliche ausgezeichneten Gebäude werden an der Preisverleihung vom Mittwoch, 25. September 2013, im Hauptgebäude der ETH Zürich präsentiert werden. Anlässlich dieser Preisverleihung findet die Eröffnung der Ausstellung zum Architekturpreis Beton 2013 statt. Diese wird vom Donnerstag, 26. September bis am Donnerstag, 24. Oktober 2013 an der ETH in Zürich zu sehen sein. Zur Ausstellung erscheint eine gleichnamige Publikation, welche die preisgekrönten Betonbauten in Fotografie und Text portraitiert. Eine ausführlichen Beitrag zum Architekturpreis Beton 13 lesen Sie anlässlich der Preisverleihung in der Oktober- Ausgabe der opus C. /

Die BETONSUISSE Marketing AG ist die Informations- und Kommunikationsplattform für den Baustoff Beton in der Schweiz. Träger dieser Organisation sind vier Verbände der Baustoffindustrie: cemsuisse, Verband der Schweizerischen Cementindustrie – FSKB, Fachverband der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie – FSHBZ, Fachverband Schweizerischer Hersteller von Betonzusatzmitteln – SwissBeton, Fachverband für Schweizer Betonprodukte. BETONSUISSE informiert umfassend über Beton und möchte mit praxisgerechten Fachveranstaltungen, Exkursionen und Publikationen den Wissenstransfer sowie den Erfahrungsaustausch über Beton fördern. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Aus- und Weiterbildung von Dozenten und Studenten mittels Fachinformationen und Diskussionsforen. Marktgasse 53 | 3011 Bern – Schweiz | T +41 31 327 97 87 | F +41 31 327 97 70 | [email protected] | www.betonsuisse.ch

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BERREL BERREL KRÄUTLER

Eine kristalline Woge aus Beton

Dass man auch zu den Besten gehören kann, obwohl man sich fast vollständig vor den Augen des Betrachters versteckt, hat die Jury des best architect awards 2013 erkannt und die Architekten Berrel Berrel Kräutler aus Basel für Ihren Entwurf für den Neubau eines Wasserreservoirs der Stadt Basel auf dem Bruderholz mit Gold ausgezeichnet. Vom enormen Volumen des Reservoirs bemerkt man von außen gar nichts außer einer leicht erhöhten Rasenfläche, vom 3-stöckigen Betriebsgebäude sieht man gerade mal die Fassade des obersten Geschosses; und dennoch, der Entwurf hat die Auszeichnung der best architect awards wie auch die Auszeichnung der Stadt Basel für gute Bauten im Jahr 2008 mehr als verdient.

Architektur und Landschaft verschmelzen Der Grund für die Entscheidung der Jury liegt nahe, denn das in den Jahren 2006 bis 2009 auf dem Bruderholz in Basel errichtete neue Wasserreservoir ist durch seine Zurückgezogenheit nicht etwa zu weniger oder geringerer Architektur geworden sondern im Gegenteil

sogar zu viel mehr. Dem Bauherren IWB, die Industriellen Werke Basel, die für Energie und Trinkwasserversorgung der Stadt im Dreiländereck SchweizDeutschland-Frankreich zuständig sind, war vor allem die Verschmelzung des Gebäudes mit dem umliegenden Park wichtig. Diese Aufgabe wurde auf beeindruckende Weise gelöst. Gleichzeitig verschwindet das Reservoir nicht – genau genommen ist es ja nur ein Geschoss des angeschlossenen Betriebsgebäudes des

Photos: Eik Frenzel, Lausanne

architektur schweiz

Betriebsgebäude des Trinkwasserreservoirs Bruderholz bei Basel

Eingebettet in die wogenden Wiesen des Parks auf dem Bruderholz: Das Betriebsgebäude des 2009 fertig gestellten Wasserreservoirs

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Als Entwurf von höchster geometrischer Klarheit verschmilzt das Gebäude harmonisch und gleichzeitig selbstbewusst mit der es umgebenden Parklandschaft.

on fort, die mit den repräsentativen Gebäuden der Wasserversorgung Basels auf dem Bruderholz begann, wobei das Repräsentative einer Nutzung der Gemeinschaft weicht und damit wiederrum die Gesellschaft der Gegenwart widerspiegelt. Im 19. Jahrhundert war die Deckung des Wasserbedarfs der Stadt Basel durch die Brunnen und die Pumpwerke nicht mehr zu gewährleisten, auch da die zunehmende, wirtschaftlich bedingte Wasserverunreinigung eine industrielle Filterung und Reinigung immer notweniger machte. So entstanden zwischen 1903 und 1945 eine große Filteranlage, ein erstes Wasserreservoir, ein Wasserturm und ein zweites Reservoirs auf dem Bruderholz im Süden der drittgrößten Stadt der Schweiz. An der Stelle dieses zweiten Reservoirs steht das neue Reservoir von 2009, dessen Baugrube sogar von den Wänden des

Reservoirs, das sichtbar bleibt –, sondern wogt aus seiner leicht hügeligen Umgebung heraus, wie eine sanfte und doch – durch die Formgebung bedingt – kristalline Welle, die sich über einer breiten Front aus Kupferblech bricht und deren fast organischer Schwung nicht gestört wird durch die Materialität, also den Beton, und die geometrische Klarheit des Bauwerks. So nimmt die Landschaft das Bauwerk auf und wird selbst Teil dieses Gebäudes.

Die Funktion des Baus Das Betriebsgebäude des Reservoirs ist mit dem Park verwachsen und übernimmt eine Funktion im öffentlichen Raum, die über die originäre Funktionalität des Bauwerks hinausgeht. Der Neubau führt so die Traditi-

Photo: Staatsarchiv Basel

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Die Sandfilteranlage von 1903 auf dem Bruderholz im Bau, errichtet nach Plänen der Architekten Vischer & Fueter, die das Wasser hinter einer trutzburgartigen Fassaden verschlossen. Sie wird, ebenso wie die Reservoirs von 1906 und 1945 heute nicht mehr genutzt.

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Bedauerlich aber wahr, die elegante Säulenhalle der Wasserkammern ist nur noch für Brunnenmeister und Inspektoren zu sehen. Die filigrane und gleichzeitig hochstabile Bauweise sorgt für geringeren Materialbedarf und wesentlich reduziertes Lager- und Transportaufkommen.)

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Vom bewachsenen Dach des Reservoirs sieht man die sich aus der Landschaft anhebende Betonfassade nur teilweise als dynamische Struktur.

stahl und sind gleichzeitige schlanker und belastbarer, so dass die gleichen Aufgaben mit wesentlich weniger Material und damit auch weniger Transportaufkommen realisiert werden können. Neben den Armierungseisen werden bei der Vorspannung während der Fertigung zusätzliche Spannstahlseile kraftschlüssig mit dem Beton verbunden, wodurch die Betonteile höhere Gebrauchslasten aufnehmen können. So verhindert diese Bauweise auch ein Verziehen des Betons im Falle eines Erdbebens. Eine zusätzliche Beschichtung der Kammern aus Spritzgussmörtel – heutzutage für den Lebensmittelbereich nahezu selbstredend ohne chemische Zusätze –, hält das Reservoir für mindestens 80 Jahre lebensmittelecht und unterstützt die ohnehin fugenlose Dichtheit des Reservoirs.

Das Betriebsgebäude Dem Wasser ist die Schönheit und schlichte Eleganz vorbehalten, die die Reservoirkammern auf dem Bruderholz ausstrahlen, und die das Wasser hermetisch

Bild: BBK Architekten

alten Reservoirs abgestützt wurde. Seinen Zweck erfüllt das neue Wasserreservoir als fugenloses Trinkwasser-Reservoir, mit zwei getrennten Kammern, die jeweils 12.000 m3 Trinkwasser fassen. Es ist damit das größte der insgesamt zehn Trinkwasser-Reservoirs Basels und enthält fast die Hälfte des kurzfristig verfügbaren Trinkwasservorrats der Stadt am Rhein. Das Reservoir ersetzt trotz geringerer Kapazität die beiden aus der ersten Hälfte des 20ten Jahrhunderts stammenden Wasserreservoirs, da durch den stetig zurück gehenden Wasserverbrauch nur noch ein einziges Reservoir benötigt wird. Neben den Herausforderungen an das Material, die der Bau eines Speichers für knapp 24.000 Tonnen Wasser ohnehin darstellen, sorgte die Neueinstufung der Stadt Basel in die zweithöchste Erbebenzone im Jahr 2004 – im Anschluss an ein mittelstarkes Beben der Stufe 5,4 – für zusätzliche Anforderungen an das Bauwerk, um Sicherheits- aber natürlich auch Hygienestandards erfüllen zu können. Die Kammern selbst sind in vorgespannter Betonbauweise realisiert. Diese haben wesentlich weniger Bewehrungs-

Schnitt durch das Wasserreservoir und sein Betriebsgebäude. Der Rücken des Reservoirs bildet eine neue, erhöhte Ebene.

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Die Betonfertigteile wurden in Anlehnung an Rasengittersteine entworfen und als tragende Bauteile hergestellt.

von dem umgebenden Erdreich abschotten. Dieser Abgeschlossenheit gegenüber steht die transparente, fluide Ästhetik des sichtbaren Teils des Bauwerks, dessen Rücken eine sanfte Erhebung und damit eine Aussichtsplattform in der Parklandschaft bietet. Das Betriebsgebäude liegt in Mitten einer alten Parklandschaft im bürgerlichen Bruderholz, dem südlichsten Quartier Basels; durch diese Lage bedingt, musste der Entwurf eine hohe Verantwortung übernehmen, denn er darf sich der Landschaft und den Menschen nicht verschließen. Gleichzeit ist ein Gebäude – zumal, wenn es ein Funktionsgebäude ist – in einer Landschaft immer auch ein Fremdkörper. Berrel Berrel Kräutler Architekten aus Basel haben sich der Verantwortung in diesem Bewusstsein angenommen und einen Entwurf geschaffen, dem es gelingt, nicht anzustoßen und sich gleichzeitig nicht anzubiedern; einen Entwurf, der sich in den Park integriert und diesen durch seine Präsenz gleichzeitig neu prägt. Das Betriebsgebäude steht nicht im Park, es ist Teil des Parks. Wie der flache ruhige Rücken einer Welle oder – in der Schweiz passt die Analogie zum Berg vielleicht besser – ein flaches Felstableau ragt es aus der Landschaft heraus und bildet mit der so entstehenden Aussichtsplattform ein neues Zentrum. Zum Plafond hinauf führen leicht ansteigend bewachsene Sitzstufen, die zum Ausruhen und Verweilen einladen. Hierin findet die Materialität der Fassade ihrer Anbindung an die Umgebung. Während die innere Schale der zweischalig aus Beton ausgebildeten Hülle des Betriebsgebäudes geschlossen ist und hinter der sich der Technikraum befindet, der hangseitig mit dem unterirdischen Reservoir verbunden ist, wächst die äußerer Fassade aus der von technischen Vorgaben bestimmten Form heraus; sie stellt eine skulptural geschliffene Betonschale dar, die der hermetischen Abriegelung des Innenlebens des Reservoirs eine Transparenz von außerordentlicher Leichtigkeit entgegenstellt. Aus dem gleichen Material, jedoch in Anlehnung an Elemente aus dem Gartenbau, unterstützt die Ausführung der Fassade das Verschmelzen des Betriebsgebäudes mit seiner Umgebung. Durch die Performation der Fassa-

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denelemente wird die Verwandtschaft zum Rasengitterstein deutlich, durch die Hinterfüllung der Räume zwischen der Fassade und dem inneren Kern mit Pflanzsubstrat wird das Verwachsen des Gebäudes mit der Landschaft gefördert. Die Fassadenfront aus Kupferblech, in der Alchemie mit Weiblichkeit assoziiert, stellt einen weiteren Kontrast zur kristallinen Formgebung dar und verleiht dem Bau eine warme Tonalität und erstaunliche Weichheit. „Schon bei den ersten Überlegungen zum Entwurf, war uns bewusst, dass wir sehr sensibel an die Arbeit gehen wollen, ohne jedoch unsere individuelle Formensprache zu verlieren. Die Entwicklung der vorliegenden Parallelität von Hermetik und Transparenz macht den Bau auch für uns zu einem Besonderen“, so schildert Veit Giesen, Projektleiter bei BBK Architekten, den Zugang des Architekturbüros zur Aufgabenstellung.

Die Fertigteile Die Fassade des Betriebsgebäudes wurde mit vorfabrizierten Betonelementen ausgeführt. Nur so konnte die Idee des Rasengittersteins in der vorgesehenen Art und Weise und vor allem in der umgesetzten Größe realisiert werden. Eine Gestaltung mit kleineren Elementen hätte eine massive Unterkonstruktion erfordert, die die Klarheit und die Schönheit des Entwurfs zerstört hätte. Gefertigt wurden die zum Teil über 14 m2 großen Betonfertigteile durch die Firma Beton-Fertigteile Wyhlen (BFW) in Grenzach-Wyhlen, einen Katzensprung entfernt auf der deutschen Seite des Rheins. Im Jahre 1972 übernahm die Baufirma Hupfer das Betonfertigteilwerk der Beton- und Monierbau aus Grenzach-Wyhlen, um Fertigteile wie Treppen, Balkonbrüstungen, Stützen, Träger, usw. für die eigenen Baustellen zu produzieren, da es in der gesamten Region Lörrach-Rheinfelden kein Fertigteilwerk gab. Im Laufe der Jahre wurden für sämtliche Bauunternehmen in der Region Betonfertigteile aller Art produziert. Neben Standard-Produkten wurden im Werk bald auch immer wieder Individuallösungen produziert, die ein hohes Maß an Verständnis für das Projekt, dessen Idee und

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In Kooperation mit BetonMarketing Deutschland.

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dessen Umsetzung erfordern. Die Herstellung der Betonfertigteile für das Betriebsgebäude in Bruderholz gehörte dabei zu den aufwändigeren Projekten, die in Wyhlen realisiert wurden, auch wenn man sich dort die Komplexität des Projekts erst wieder in Erinnerung rufen muss, da vieles was eigentlich sehr kompliziert ist, im Lichte von jahrzehntelanger Erfahrung in der Herstellung von Betonfertigteilen schon manchmal fast als leicht erscheint. „Für die Aussparungen in den riesigen Wabensteine haben wir Kautschukblöcke verwendet, die beim Herauslösen aus dem fertigen Element nachgiebiger sind als beispielsweise Holz oder Metall, damit nicht der junge Beton beim Ausschlagen der Aussparungen Abplatzung erhält“, erläutert BFW-Betriebsleiter Reinhold Orth. Für die Fassadenelemente, deren größtes Stück an die 350 Aussparungen hat, wurden im Werk individuelle Schalungen angefertigt, in denen die Aussparkörper platziert wurden. Da die Fassadenelemente als tragende Bauteile eingesetzt werden, wurden in die nur 9 cm breiten Stege kreuzweise Stahlarmierungen eingefügt, um die notwendige Stabilität zu erreichen. Schon nach nur einem Probeguss mit einem relativ kleinen Musterelement (zirka 2 m2 groß mit 50 Aussparungen versehen) wurden die Schalungen für die Fassadenelemente hergestellt und die Fertigteile aus Sichtbeton (SB3) produziert. Das Projekt auf dem Bruderholz in Basel macht vor allem auch eine Tendenz deutlich, die sich in den letzten Jahren immer mehr durchsetzt; gemeint ist die steigende Kooperation zwischen Architekten und Bauunternehmen oder eben den Herstellern der Betonfertigteile. Ideen und Entwürfe werden zu einem sehr frühen Projektezeitpunkt gemeinsam hinsichtlich der Umsetzungsmöglichkeiten geprüft und die Kompetenz von durchführenden und produzierenden Unternehmen wird zu einem Zeitpunkt

berücksichtigt, zu dem es noch möglich ist, auf eventuell auftauchende Schwierigkeiten zu reagieren und gegebenenfalls notwendige Alternativen zu erarbeiten. Die Kreativität des Architekten ist hierdurch in keinster Weise eingeschränkt, sondern erfährt, wie im Fall der Fassade des Reservoirs Bruderholz die optimale Planbarkeit. Beton als Werkstoff für die freie Umsetzung von kreativen Ideen in der Baukunst, spielt dabei immer mehr die Hauptrolle.

Fazit Die Verbindung von ästhetischer Formensprache und Funktion ist im Betriebsgebäude des Wasserreservoirs auf dem Bruderholz auf bemerkenswerte Art und Weise unauffällig und dennoch nicht übersehen realisiert worden und es gelingt eine seltene Vereinbarung von Ambivalenzen, die einen so rücksichtslos reduzierbaren Funktionsbau zu reiner Kunst aus Beton macht. Als Ausflugsziel mag das neue Wasserreservoir auf dem Bruderholz vielleicht nicht dienen, aber wenn man dort ist, so ist es, als wäre die Komplettierung der Landschaft vorweggenommen worden und besser ausgeführt als die Natur alleine es geschafft hätte. Benjamin Anders Architektur Berrel Berrel Kräutler Architekten CH-Basel www.bbk-architekten.ch Tragwerksplanung/Verfahrenstechnik Holinger AG, CH-Liestal www.hollinger.com Fertigteile Beton-Fertigteile Wyhlen, D-Grenzach-Wyhlen

Paul Ott Fotografie über Architektur als die bloße Physiognomie von Gebäuden. In freien Fotoserien untersucht er Strukturen, die unsere Wahrnehmung der Umwelt mindestens so stark beeinflussen wie die Baukunst der Architekten: anonyme landwirtschaftliche Bauten, Hochhäuser und ihr Schicksal sowie die dramatische Kulisse von Großstädten wie Sao Paolo. Das Buch bietet einen repräsentativen Querschnitt durch Paul Otts fotografisches Oeuvre und macht bewusst, dass Umweltgestaltung zu einem guten Teil auch auf „gelernten“ medialen Bildern über und mit Architektur beruht. Vier Essays beleuchten das Werk aus den Perspektiven der Kunsttheorie und der Architektur. / Paul Ott zählt zu den profiliertesten europäischen Architekturfotografen der Gegenwart. Seine Dokumentationen zeitgenössischer Architektur werden in zahlreichen internationalen Fachzeitschriften und Büchern veröffentlicht. Otts Fotos vermitteln jedoch stets mehr

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Matthias Boeckl: Fotografie über Architektur Springer Wien, 2012, 59.95 € ISBN: 978-3-7091-0820-8

opus C ❘ 3.2013