ADE/PDE in der Reinigungsvalidierung
Stefan Erens – Testo industrial services GmbH
Grenzwertberechnung über ADE/PDE Ein wissenschaftlich fundierter Ansatz
Testo Industrial Services – Mehr Service, mehr Sicherheit. www.testotis.de Testo • Industrial Services GmbH
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ADE/PDE in der Reinigungsvalidierung
Übersicht der einzelnen Kriterien Grenzwerte für Reinigungsverfahren
Produktreste
Dosiskriterium (pharmaz.) 1/1000 x Dosis
Reinigungsmittel
Mikrobiologie
Maximal tolerierbare Verschleppung (MACO)
Keimzahl pro Fläche (KBE/25cm²)
Mengenkriterium (analyt.) 10 ppm
Neu Ein moderner alternative Ansatz: Visuelles Kriterium (GMP) Optisch sauber (VC)
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ADE/PDE Betrachtung der Rückstände 2
ADE/PDE in der Reinigungsvalidierung
Die bisherigen Akzeptanzkriterien Grenzwerte für Reinigungsverfahren
Produktreste
Dosiskriterium (pharmaz.) 1/1000 x Dosis
Reinigungsmittel
Maximal tolerierbare Verschleppung (MACO)
Mengenkriterium (analyt.) 10 ppm
Visuelles Kriterium (GMP) Optisch sauber (VC)
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Dosis-Kriterium Definition: Es darf nicht mehr als 1/1000 der therapeutischen Einzeltagesdosis des Vorproduktes als Rückstand in der maximalen therapeutischen Tagesdosis des Folgeproduktes zu finden sein.
MZRmg
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LGF g 1 NHDV mg 1000 MHD g F
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ppm-Kriterium Definition: Es dürfen nicht mehr als 10 ppm (Parts per milion) des Wirkstoffes des Vorproduktes im Folgeprodukt enthalten sein.
mg MZRmg 10 ppm LGF kg kg
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Visual-Clean Kriterium VC Definition: Die Oberfläche der Anlage muss nach der Reinigung sichtbar sauber sein.
mg g MZRmg 10 FG FPA cm ² cm ² g 3
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Grenzwerte für Reinigungsmittel Definition: In der größten Tagesdosis des Folgeproduktes darf die maximale zulässige Einnahmemenge (ADI) des Reinigungsmittels vorhanden sein.
mg 0,0005 LD50 70 kg kg NOEL ADI mg SF SF SF
Sicherheitsfaktor: (Topisch:10 – 100; Oral: 100 – 1000; Parenteral: 1.000 – 10.000)
LGF g MZRmg ADI mg MHD g F Testo • Industrial Services GmbH
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Grenzwerte für „Alltagsdrogen“ Beispiel:
LD50
Ethylalkohol
C2H5OH
6.200 mg/kg
Ratte oral
mg 0,0005 6.200 70 kg kg ADI 0,217 mg 1.000 Das heißt sie können ohne Bedenken 0,217 mg reinen Alkohol täglich zu sich nehmen (entspricht ca. 0,5 mg Wodka).
Denken Sie bitte heute Abend daran!!! Testo • Industrial Services GmbH
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Grenzwerte für Chemikalien Beispiel:
Natronlauge
LD50
NaOH
4.090 mg/kg
Ratte oral
mg 70 kg kg 0,143mg 1.000
0,0005 4.090 ADI
Denken Sie bitte daran, wenn Sie das nächste Mal eine Brezel essen .
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Warum ist die bisherige Sichtweise auf die Rückstände wenig geeignet?
Der Ansatz über das 1/1000 Dosiskriterium ist willkürlich („arbitrary“) gewählt. Es gibt keine Beweise, dass 1/1000 einer therapeutischen Dosis keine toxikologischen Wirkungen hat.
Langzeitintoxikationen bleiben bei der Berechnung unberücksichtigt. Teratogen toxische Effekte bleiben unberücksichtigt. Therapeutische Dosen lassen sensitive Wirkungen auf Patienten unberücksichtigt (z.B. Penicillin).
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Warum ist die bisherige Sichtweise auf die Rückstände wenig geeignet? Der Rückstand ist proportional zur therapeutischen Dosis, was bei hochtoxischen und hochdosierten Stoffen (z.B. onkologische Therapeutika) zu hohen Rückständen führt. Die alleinige Sichtweise auf eine therapeutische Dosis oder eine Menge (10 ppm) reicht bei wissenschaftlicher Betrachtungsweise nicht aus. Die alleinige Festlegung von Rückständen sollte in ein ganzheitliches Risikomanagement eingebunden sein. „Nur“ berechnen reicht nicht. Die Grenzwertberechnung wurde stark auf denjenigen fokussiert, der den Validierungsplan geschrieben hat (welchen Faktor nehmen wir?)
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Warum ist die bisherige Sichtweise auf die Rückstände wenig geeignet? Die Festlegung der Grenzwerte 1/1000 Dosis und 10 ppm wurde in den 90er Jahren eingeführt und war willkürlich. Eine risikobasierte Überlegung welches RISIKO für einen Patienten entstehen kann fand nicht statt. Der Sicherheitsfaktor 1/1000 ist frei gewählt (Fourman & Mullen Artikel 1993, der Faktor 1000 setzt sich aus 3 x10er Faktoren zusammen: 10x für die Annahme, dass 10 % einer therapeutischen Minimaldosis nicht mehr aktiv wirken, 10x als Sicherheitsfaktor und 10x dass das Reinigungsvalidierungsprogramm robust sein muss)
Das 10 ppm Kriterium wurde im gleichen Artikel postuliert, ohne eine wissenschaftliche Rückführung zu geben (warum 10 und nicht 7 ppm, Grundlage war eine Vorgabe für Lebensmittel)
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NEUER Annex 15 Im Februar 2014 wurde der Draft zum neuen Annex 15 EU GMP Leitfaden veröffentlicht. Im Draft wird beim Schwerpunkt RV das PDE Kriterium explizit genannt.
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Was ist der ADE/PDE Definition: Der PDE (Permitted daily exposure) ist die Dosis eines Stoffes, bei der bei täglicher Aufnahme über den gesamten Lebenszeitraum kein negativer Effekt beobachtet wird. Erklärung: • Der Begriff PDE wird häufig synonym mit dem Begriff ADE (Acceptable Daily Exposure) verwendet. • Die Berechnung des ADE/PDE erfolgt anhand aller verfügbaren toxikologischen und pharmakologischen Daten aus klinischen oder toxikologischen Studien anhand des NOEL (no-observed-effect-level). • Der NOEL ist dabei die höchste Dosis (mg/kg/Tag), bei der kein kritischer Effekt zu beobachten ist. • Kann auch auf den NOAEL bezogen sein (no-observed-adverse-effect-level), bedeutet mehr Bezug auf nachteilige Effekte. Testo • Industrial Services GmbH
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ADE/PDE Kriterium Berechnung:
BW kg NOAEL mg Tag kg mg PDE / ADE Tag UFC MF PK NOAEL No ObservedAdverse EffectLevel BW Body Weight (Bezug : 50 kg) UFC Composite Uncertainty Factor MF Modifying Factor PK Pharmacokinetic Adjustment
Die hier dargestellte Berechnungsmethode ist dargestellt in der ISPE Baseline ® Guide: Risk-based manufacture of Pharmaceutical Products (Risk-MaPP), ISPE Baseline Vol. 7, September 2010) Testo • Industrial Services GmbH
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ADE/PDE Kriterium Was bedeuten die Berechnungsfaktoren? NOAEL
mg PDE / ADE Tag
BW kg NOAEL mg Tag kg UFC MF PK
No Adverse Effect Level ist ein toxikologischer Endpunkt in der Toxizitätsbestimmung. Der NOAEL entspricht der höchsten Dosis oder Expositionskonzentration eines Stoffes in subchronischen oder chronischen Studien, bei der keine signifikant erhöhten schädigenden behandlungsbedingten Befunde in der Morphologie, Funktion, Wachstum, Entwicklung oder Lebensdauer beobachtet werden.
> Im Gegensatz dazu bezeichnet der NOEL die Dosis, bei der keinerlei Wirkung beobachtet wird.
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ADE/PDE Kriterium Was bedeuten die Berechnungsfaktoren? UFC
mg PDE / ADE Tag
BW kg NOAEL mg Tag kg UFC MF PK
der UFC ist ein zusammengesetzter Unsicherheitsfaktor, bezogen auf eine spezifische Substanz. Er wird aus folgenden Faktoren gebildet:
UFH
Unterschiede innerhalb der Spezies (Faktor normalerweise 10)
UFA
Unterschiede zwischen den Spezies (Faktor 2-12)
UFS
Berechnung von Kurzzeit/Langzeit Studien (Faktor 1-10)
UFL
Umrechnung von LOAEL zu NOAEL (Faktor 10)
UFD
Einfluss Datenbasis (bei vorhandenen Daten Faktor 3)
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ADE/PDE Kriterium Was bedeuten die Berechnungsfaktoren? BW
mg PDE / ADE Tag
BW kg NOAEL mg Tag kg UFC MF PK
Body Weight Hier kommt es stark darauf an, ob eine individuelle Expositionsgruppe angesprochen wird, oder ganz allgemein „der Patient“. Es gibt eine Empfehlung der EMA von 50 kg*.
(*„Guideline on setting health based exposure Limits for use in risk identification in the manufacture of diferent medicinal products in shared facilities.“, Dez 2012)
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ADE/PDE Kriterium Was bedeuten die Berechnungsfaktoren? MF
mg PDE / ADE Tag
BW kg NOAEL mg Tag kg UFC MF PK
der MF (Modifying Factor) wird dann eingesetzt, wenn es Unsicherheiten bezüglich der Rückstände gibt, die durch die übrigen Faktoren nicht abgefangen werden.
Kann Werte von 0,1 bis 10 annehmen.
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ADE/PDE Kriterium Was bedeuten die Berechnungsfaktoren? PK
mg PDE / ADE Tag
BW kg NOAEL mg Tag kg UFC MF PK
der PK (Pharmacokinetical Adjustment) wird dann eingesetzt, wenn die Einnahmeroute der Studie von der im betrachteten Fall abweicht (z.B. Studie oral, Bioverfügbarkeit 50 %, Konkreter Fall: parenteral,
Bioverfügbarkeit 100 %).
Auszug Risk-MaPP, Kap 5.3.5.1
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ADE/PDE Kriterium Teil 2: Berechnung des MZR oder MACO
LG F g MZRmg ADEmg MHDF g MZR
Maximal zulässiger Rückstand (Was darf an Reinigungsmittel in der Anlage verbleiben) (engl. MAC oder MACO = Maximal allowed carryover oder MSC = Maximum Safe Carryover)
LGF
Losgröße des Folgeproduktes (Worst Case) in Gramm, Kilogramm, Liter, Tabletten etc
MHDF
Maximale humantherapeutische (Tages)dosis des Folgeproduktes = Einnahmehäufigkeit x Masse Darreichungsform
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ADE/PDE in der Reinigungsvalidierung
Herausforderungen Für die Berechnung von Rückständen werden toxikologische Daten benötigt. Woher bekomme ich die toxikologischen Daten für die Berechnung? Wie binde ich diese Daten in meine RV-Struktur ein?
Was mache ich wenn es keine toxikologischen Daten zu einer bestimmten Substanz gibt?
Diese müssen von toxikologisch versierten Personen bewertet werden. Müssen zukünftig Toxikologen die Reinigungsvalidierung begleiten? Wer ist geeignet dieses in pharmazeutischen Unternehmen zu leisten?
Weitere Infos: Bundesinstitut für Risikobewertung http://www.bfr.bund.de/de/toxikologische_beurteilung_von_chemischen_stoffen70287.html Testo • Industrial Services GmbH
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ADE/PDE in der Reinigungsvalidierung
Referenzen/Veröffentlichungen Walsh, Andrew, „Pharmaceutical Engineering, Juli/August 2011 Vol. 31 No.4 „Cleaning Validation for the 21th Century: Acceptance Limits for Active Pharmaceutical Ingredients (APIs): Part I Walsh, Andrew „Pharmaceutical Engineering, Sept/Okt 2011 Vol. 31 No.5 „Cleaning Validation for the 21th Century: Acceptance Limits for Active Pharmaceutical Ingredients (APIs): Part II Walsh, Andrew; Ovais, Mohammad; Altmann, Thomas; V.Sargent, Edward „Pharmaceutical Engineering, Nov/Dez 2013 Vol. 33 No.6 „Cleaning Validation for the 21th Century: Acceptance Limits for Cleaning Agents“
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Referenzen/Veröffentlichungen ISPE Baseline: „Risk-Based Manufacture of Pharmaceutical Products (Risk-MaPP)“, Volume 7, ISPE September 2010 ICH Richtlinie: „Impurities: Guideline for Residual Solvents“ ICH Q3C (R4), Februar 2009
EMA Guideline (Draft): „Guideline on setting health based exposure limits for use in risk identification in the manufacture of different medicinal products in shared facilities.“, EMA, Dezember 2012 EU Guidelines for Good Manufacturing Practice for Medicinal Products for Human and Veterinary Use Annex 15: Qualification and Validation EudraLex: The Rules Governing Medicinal Products in the European Union Volume 4, Februar 2014 Testo • Industrial Services GmbH
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