Ein interaktionsbasierter Ansatz zur Verbesserung der

– Zugang zu Demenz Ein interaktionsbasierter Ansatz zur Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Demenz Regula Blaser, Dr. Prof. Psychologin...
Author: Gerda Voss
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Zugang zu Demenz Ein interaktionsbasierter Ansatz zur Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Demenz Regula Blaser, Dr. Prof. Psychologin, Dozentin Stefanie Becker, Dr. Prof. Psychologin und dipl. Gerontologin, Leiterin Institut Alter Daniela Wittwer, dipl. Sozialarbeiterin, BSc Psychologin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Jeanne Berset, BSc Psychologin, Wissenschaftliche Assistentin

Kontakt Berner Fachhochschule Institut Alter Prof. Dr. phil. Regula Blaser Mail: [email protected] Telefon: 031 848 36 88

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Inhaltsverzeichnis Abstract 1  Ausgangslage 2  Fragestellungen 3  Durchführung 3.1 Studie 1: Einstellung gegenüber Demenz 3.2 Studie 2: Interaktion mit Demenz 4  Stichproben 4.1 Studie 1: Einstellung gegenüber Demenz 4.2 Studie 2: Interaktion mit Demenz 5  Ergebnisse 5.1 Studie 1: Einstellung gegenüber Demenz 5.2 Studie 2: Interaktion mit Demenz 6  Fazit 8  7  Literaturverzeichnis

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Abstract Wie jede ärztliche Diagnose generiert auch die Diagnose „Demenz“ eine soziale Identität. Das heisst, dass an Demenz erkrankte Menschen allein durch diese Diagnose in ihrem Gegenüber bestimmte Einstellungen und Verhaltensweisen auslösen. Diese rufen ihrerseits im demenzkranken Menschen Reaktionen hervor, die mit grosser Wahrscheinlichkeit die Einstellungen und Verhaltensweisen des Interaktionspartners bestärken. Sind die demenzkranke Person und ihr Interaktionspartner einmal in solchen Kreisläufen gefangen, kann sich eine für beide Seiten negative Beziehungsdynamik entwickeln. Ein von der Berner Fachhochschule am Institut Alter durchgeführtes Projekt untersucht, wie demenzkranke Menschen und Pflegende von einem interaktionsbasierten Ansatz profitieren können. Dazu werden Interaktionen aus der alltäglichen Praxis analysiert. Daraus sollen gezielte Interventionskonzepte abgeleitet werden, die einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität von demenzkranken Menschen leisten können.

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1 Ausgangslage Einstellungen zu Demenz sind wichtige Prädiktoren für die Qualität der Gesundheitsversorgung bei Menschen mit Demenz und ihren Familien. Seit Kitwood (2008) hat sich in der Betreuung und Pflege demenzkranker Menschen der Grundsatz der „Personenorientierung“ in der Pflegepraxis durchgesetzt. Aspekte der Lebensqualität und der ganzheitlichen Betrachtung des demenzkranken Menschen rückten zunehmend in den Mittelpunkt und haben den „verstehenden Ansatz“ auch in der Aus-, Fort- und Weiterbildung Pflegender zu einem zentralen Gegenstand gemacht. Dennoch stellen Verhaltensauffälligkeiten der Betroffenen nach wie vor eine grosse Herausforderung in der Pflege und Betreuung dar, dies unabhängig vom Pflegekontext (stationär, ambulant oder privat), professionell Pflegende ebenso wie pflegende Angehörige fühlen sich nach wie vor überfordert und die jeweils bestmögliche Lebensqualität ist für die Betroffenen nach wie vor nicht selbstverständlich erreicht. Beruhend auf einem multidimensionalen Konzept der Lebensqualität für Demenzkranke (Lawton, 1991) haben sich in Forschung und Praxis Konzepte zur Gestaltung der Umwelt in den letzten Jahren sehr hervorgetan. Der in der Betreuung und Pflege zentrale Part der sozialen Umwelt, nämlich die Pflegepersonen selbst, wird bisher ausschliesslich als Träger von Fachkompetenz und –wissen betrachtet. Dennoch gelingt nicht allen Pflegepersonen, selbst bei gleich (hohem) Qualifikationsprofil die Pflege Demenzkranker in gleicher Weise. Es muss also noch andere Einflussfaktoren einer gelungenen Pflege Demenzkranker geben, die weder auf Seiten der Betroffenen noch auf Seiten der Umweltgestaltung zu finden sind. Bisherige Ansätze nehmen die Pflegeperson selbst als Interaktionspartner des Menschen mit Demenz mit ihren impliziten Annahmen, Einstellungen, Meinungen dem Alter und den Demenzkranken (i.S. von Altersbildern) gegenüber noch kaum als Gegenstand der Betrachtungen wahr. Dabei erfolgt der Umgang mit demenzkranken Menschen immer in der Begegnung zweier Personen bzw. Individuen und damit im gegenseitigen Bezogen sein. Die Personenzentrierung wurde bisher nur auf einer Seite der Interaktionspartner, die des Demenzkranken, angewendet. Aus systemischer, interaktionsbasierter Sicht muss diese aber auch auf die jeweilige Pflegeperson erweitert werden. Denn gerade die subjektiven und oft unreflektierten Einstellungen gegenüber Demenzerkrankten, haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Qualität der Pflege ausüben. Stechel et al. (2007) zeigen, dass das Krankheitsverständnis gegenüber Menschen mit Demenz neben Persönlichkeitseigenschaften, wie Selbstreflexion und Einfühlungsvermögen, von einer differenzierten subjektiven Krankheitstheorie (auch Altersbilder) abhängig ist. Eine undifferenzierte subjektive Krankheitstheorie seitens der Angehörigen oder der Betreuenden kann ein destabilisierender Faktor sein. Dabei handelt es sich oft um Positionierung und Stigmatisierung, die Betroffenen werden auf ihre Erkrankung und ihre Defizite reduziert oder der Kompetenzverlust wird generalisiert. Psychologische und soziale Faktoren und deren Interaktionen haben demnach einen grösseren Einfluss auf die individuellen Krankheitsbilder als die organischen Abbauprozesse. Somit sind stabile und auf gegenseitiges Vertrauen gestützte Beziehungen protektive Faktoren für eine effektive Demenzbewältigung (Stechl et al. 2007). Soziale Identitäten (wie auch „Demenzkrank“ eine darstellt) entwickelt sich vor allem in Interaktionsprozessen. Diese müssen nicht explizit und auf der Basis zugänglicher kognitiver Prozesse geschehen, sondern finden häufig über implizite Kanäle (z.B. Körpersprache) ihren Weg in unser Verhalten. Ist nun die implizite subjektive Einstellung einer Pflegeperson der Demenzerkrankung gegenüber negativ, ängstlich und/oder ablehnend, so wird sich dies - selbst wenn sie rein formal über eine hohe Fachkompetenz und ein ausgewiesenes Qualifikationsprofil im Umgang mit Demenzkranken verfügtauch in der Gestaltung der Interaktion mit den Betroffenen (implizit und/oder explizit) äussern. In solchen Interaktionen wird das Erscheinungsbild der Demenz als soziale Identität „Demenzkrank“ über das erwartungsgemässe Verhalten des Betroffenen sichtbar, wenn nicht provoziert. Leider wurde in

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der Forschung wesentliche soziale Einflüsse, wie Stereotypisierung von Menschen mit Demenz vernachlässigt. Menschen mit Demenz sind in der Gesellschaft und im speziellen in der Betreuungs- und Pflegesituation negativen Stereotypen über das Alter und Demenz ausgesetzt. Eine Untersuchung von Scholl et al. (2008) zeigt auf, dass diese Einflüsse erhebliche Auswirkungen auf Menschen mit Demenz haben. Eine Studie von Burgener und Twigg (2002) zeigen, dass die Beziehung des Menschen mit Demenz zur betreuenden Person evident ist. Betreuer Faktoren repräsentieren Aspekte der externen Umwelt und unterstützt die Annahme, dass andere Faktoren als die Krankheit selbst Einfluss auf die Menschen mit Demenz haben (Burgener et al. 2002). Auf der Grundlage einer umfangreichen Literatur, welche die negativen Auswirkungen von Stereotypen auf unterschiedliche Altersstufen zum Thema hat, wird verstärkt darauf hingewiesen, dass gerade Menschen mit der Diagnose „Demenz“, mit einer leichten oder mittelschweren kognitiven Beeinträchtigung in der Regel extrem anfällig auf die Bedrohung durch Stereotype sind. Dies ist der Fall, weil Menschen mit Demenz, auch in mittleren bis schweren Stadien: 1.

sich im Klaren sind über ihre Verluste,

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auf diese Verluste mit entsprechenden Gefühlen reagieren, wie grosse Traurigkeit, Frustration und Wut,

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sie versuchen bestimmte Situationen zu vermeiden, in denen das Gefühl von gedemütigt sein in Folge ihrer Verluste auftritt,

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und erhöhte Ängstlichkeit aufgrund Überforderung in bestimmte Situation empfinden (Scholl et al. 2008).

Die Entwicklung von interaktionsbasierten Versorgungskonzepten, welche diese Personenmerkmale berücksichtigen, steht nicht in Konkurrenz zu den bisher bestehenden Konzepten, sondern soll diese konstruktiv ergänzen. So kann ein wesentlicher Beitrag für die zukünftige Versorgung dieser wachsenden Klientel mit dem folgenden Nutzen für die Praxis durch dieses Projekt geleistet werden: -

Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen durch ein interaktionsbasiertes Verständnis.

-

Reduktion von Arbeitsbelastungen und Erhöhung der Arbeitsmotivation in der Pflege.

-

Entwicklung geeigneter Personalförderungs- und Auswahlverfahren für die Pflege Demenzkranker (z.B. Förderung der Selbstreflexion und Introspektionsfähigkeit bzgl. subjektiver Theorien).

-

Reduktion der Stigmatisierung der Demenzerkrankung in den Pflegeberufen sowie in der Gesellschaft.

Diese impliziten Einstellungen, subjektiven Theorien und Alters- bzw. Demenzstereotype und deren Einfluss in der Interaktion mit den Betroffenen zu erkennen und gezielt im Rahmen von persönlichkeitsbildenden Massnahmen zu hinterfragen und möglicherweise zu verändern, kann einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation Demenzkranker leisten, der auch langfristig sich positiv auf die Reduktion der Stigmatisierung der Betroffenen in der Betreuung und Pflege aber auch in der Gesellschaft auswirken kann.

2 Fragestellungen Welche subjektiven Theorien über das Krankheitsbild „Demenz“ besitzen Betreuende? 1.

Welchen Einfluss haben diese subjektiven Theorien auf die konkrete Interaktion mit demenzkranken Menschen?

2.

Lassen sich Interaktionsprozesse identifizieren, die basierend auf subjektiven Theorien das demenzspezifische Verhalten der Betroffenen auslösen oder beeinflussen?

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3 Durchführung Unsere Hypothese war, dass die impliziten Vorannahmen (i.S. von Einstellungen und Altersbilder), die Pflegepersonen über Menschen mit einer Demenzerkrankung haben, einen starken Einfluss darauf ausüben, ob in der Interaktion ein Teufelskreis entsteht oder ob die Interaktion positiv verläuft. 3.1 Studie 1: Einstellung gegenüber Demenz Die Hypothese wurde in einer ersten Studie mit der ins Deutsche übersetzen englischen Skala „The Dementia Attitudes Scale DAS“ überprüft (O’Connor & McFadden, 2010). Die DAS erfasst einerseits emotionale, behaviorale Aspekte (Bsp. ob man Angst hat vor Menschen mit Demenz; ob man sich in ihrer Gegenwart wohl fühlt) sowie kognitive Aspekte, also Auffassungen darüber, wie Menschen mit Demenz sind und was sie brauchen (Bsp. etwa dass Menschen mit Demenz das Leben geniessen können; dass man vieles tun kann, um deren Leben zu verbessern). Die Skala umfasst 20 Items in Form von Aussagen, denen mittels einer 7-stufigen Likert Antwortskala zugestimmt bzw. nicht zugestimmt wird. Mit diesem Instrument kann grundsätzlich die Einstellung sowohl der Allgemeinbevölkerung als auch aller an der Versorgung und Behandlung von Demenzbetroffenen beteiligten Akteure wie Angehörige, Beratende, Pflegepersonal oder Ärzteschaft erfasst werden (Peng et al. 2011, S. 5-6). 3.2 Studie 2: Interaktion mit Demenz In einer zweiten Studie wurden die Skalenergebnisse mit den befragten Pflegepersonen auf ihr Verhalten in der Praxis überprüft. Dabei wurde mittels qualitativer Forschungsmethode der teilnehmenden Beobachtung untersucht, ob sich die Skalenwerte der Pflegenden auch in ihrem Verhalten in der Praxis bzw. in der direkten Interaktion mit Betroffenen abbilden (Wittwer et. al., 2013). Mittels natürlicher Selektion aus den Fragebogendaten (vgl. 3.1.) wurden Interaktionen in systematischen Beobachtungen mittels Videodokumentation erfasst. Die daraus resultierenden Interaktionen wurden mittels des Instrumentes SASB (Strukturale Analyse sozialen Verhaltens, Tress & Hartkamp, 2002) ausgewertet.

4 Stichproben 4.1 Studie 1: Einstellung gegenüber Demenz Eine Stichprobe von 97 (N=97) ausgebildeten Pflegepersonen (w=75, m=9, Durchschnittsalter 42 Jahre) haben die deutschen Version der Dementia Attidues Scale DAS (O’Connor & McFadden, 2010; Peng et al. 2011) ausgefüllt. Es wurden 170 Fragebögen verschickt und 86 (N=86) davon ausgewertet (Rücklauf 57%). 11 Fragebögen wurden aufgrund der Unvollständigkeit von der Stichprobe ausgeschlossen. Der DAS-Fragebogen wurde zu 75% von Pflegepersonen mit Schweizerischer Nationalität ausgefüllt mit durchschnittlich 9 Jahren Berufserfahrung mit Menschen mit Demenz in Alters- und Pflegeheimen. 4.2 Studie 2: Interaktion mit Demenz Insgesamt nahmen 8 Teilnehmende (N=8) aus der ersten Stichprobe (vgl. 4.1) mittels natürlicher Selektion (mit positiver bzw. negativer Einstellung gegenüber der Demenz) aufgrund ihrer DASFragebogendaten sowie 8 Menschen mit Demenz (N=8) an den systematischen Beobachtungen mittels Videodokumentation teil. Konkret wurde die Interaktionsgestaltung a) einer Pflegenden mit zwei unterschiedlichen Menschen mit Demenz verglichen, um die Interaktion unabhängig von der betreuten Person analysieren zu können und

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b) zweier Pflegender mit unterschiedlichen DAS-Ergebnissen mit der gleichen Person mit Demenz verglichen, um den Einfluss der individuell unterschiedlichen (positiver vs. negativer) Einstellung der Pflegenden auf ihr Verhalten in der Praxis bzw. in der direkten Interaktion zu erfassen (vgl. Abbildung 1). Die 8 teilnehmenden Pflegepersonen (w=7, m=1, Durchschnittsalter 39 Jahre) arbeiten mit einem durchschnittlichen Arbeitspensum von 70% zur einen Hälfte auf einer demenzspezifischen Wohngruppe und zur anderen Hälfte auf einer gemischten Wohngruppe in Alters- und Pflegeinstitutionen im Kanton Bern und Aargau. Die durchschnittliche Anstellungsdauer in der aktuellen Anstellung der Teilnehmenden beträgt 9 Jahre.

Abbildung 1: Interaktionen zwischen Pflegenden und dementen Menschen auf gemischten Wohngruppen und Demenzwohngruppen.

5 Ergebnisse 5.1 Studie 1: Einstellung gegenüber Demenz Studie 1: Der absolute Range des DAS-Gesamtwertes geht von 20 bis 140 Punkten (tiefere Anzahl=höhere Stereotype, höhere Anzahl=tiefere Stereotype). Der Gesamtskalen-Mittelwert betrug in der Untersuchung (M= 109, SD= 14.5). Cronbach’s Alpha für die auf Deutsch übersetzte DAS-Skala betrug ɑ=.801. Die Pflegenden der Demenzwohngruppen zeigten einen signifikant (p=0.37, KruskalWallis Test p=.011) höheren Durchschnittswert in der Gesamtsumme der DAS-Skala und demnach weniger Stereotype gegenüber dementen Menschen. Die Altersgruppe der 35-46järigen zeigten einen signifikant tiefsten Wert in der Gesamtsumme der DAS-Skala (p=.034) und somit häufige Stereotype gegenüber dementen Menschen. Bei den Berufserfahrungswerten der Pflegenden mit Menschen mit Demenz zeigte sich, dass Pflegende mit höheren Erfahrungsjahren tendenziell höhere Stereotype gegenüber Menschen mit Demenz haben.

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5.2 Studie 2: Interaktion mit Demenz Studie 2: Es zeigte sich eine negative Korrelation (r= -.632) zwischen DAS-Gesamtskalenwert der Pflegenden und deren Interaktionsform (am Mittag und Abend) mit Menschen mit Demenz. Je höher der DAS-Gesamtskalenwert einer Pflegeperson ist, desto tiefer ist der Anteil an komplementären Interaktionen (vgl. Tress & Hartkamp, 2002) mit dementen Personen. Diese Korrelation zeigt sich deutlicher bei Interaktionen am Mittag (r= -.605) und weniger deutlich am Abend (r= -.261). Grundsätzlich lässt sich deutlich aufzeigen, dass Pflegepersonen mit einem tieferen DAS-Skalenwert tendenziell mehr Interaktionsformen aufweisen, welche in der Kommunikation mit dem Menschen mit Demenz dysfunktional sind (63.50%). Anders ausgedrückt zeigen Pflegepersonen, welche weniger Stereotype gegenüber Menschen mit Demenz haben, mehr Interaktionsformen im Sinne einer Passung auf den Menschen mit Demenz. Die Pflegeperson passt sich in der Interaktion an den Menschen mit Demenz an, wodurch sich der Mensch mit Demenz in der Interaktion mit der Pflegeperson verstanden fühlt, was zu einer gelingenden Kommunikation zwischen Pflegeperson und dementer Person führt.

6 Fazit Die Auswertungen zeigten, dass Pflegende (bei gleicher Qualifikation) mit eher negativen und zurückhaltenden Einstellungen gegenüber der Demenzerkrankung die Interaktion mit den Betroffenen häufiger dysfunktional gestalten. Dagegen fanden sich deutlich mehr gelingende Interaktionssituationen bei Pflegenden mit einer positiveren Einstellung. Diese Handlungstendenzen erwiesen sich unabhängig von der Person mit Demenz selbst, d.h. die Gestaltung der Interaktion war wesentlich durch die Pflegenden bzw. ihre Einstellungen bestimmt. Die vorliegenden Ergebnisse lassen auf einen bedeutsamen Zusammenhang zwischen der subjektiven Einstellung der Pflegenden und einer gelingenden Interaktionsgestaltung mit Menschen mit Demenz schliessen. Aufgrund der kleinen Stichprobe der dargestellten Studie, ist jedoch eine Überprüfung in einem grössen Rahmen notwendig. Aus unseren Ergebnissen schlissen wir, dass die Aus- und Weiterbildung der Pflegenden, die ausschliesslich auf die Vermittlung von Fachwissen über die Erkrankung und den professionellen Umgang mit den Betroffene für eine gelungene Interaktionsgestaltung in der Pflegepraxis nicht ausreichend zu sein scheint. Vielmehr gilt es zukünftig Konzepte zu entwickeln, mit deren Hilfe es möglich ist, auch Aspekte auf Seiten der Person der Pflegenden nachhaltig positiv zu entwickeln. So kann die Fähigkeit subjektive Einstellungen und Demenzstereotype und deren Einfluss auf die Interaktion bewusst zu erkennen und gezielt zu hinterfragen eine neue Kompetenz in der Pflege von Menschen mit Demenz darstellen, die nicht durch die Vermittlung von Fachwissen gelernt werden kann. Die Entwicklung geeigneter Lehr- und Lernkonzepte zur Persönlichkeitsentwicklung für Pflegende (z.B. die Förderung der Selbstreflexion und Introspektionsfähigkeit bzgl. subjektiver Theorien) könnte so einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation der Menschen mit Demenz, aber auch der Arbeitszufriedenheit der Pflegenden selbst leisten. Solche interaktionsorientieren Konzepte (die beide an ihr Beteiligten berücksichtigen) könnten bisher bestehende konstruktiv ergänzen.

7 Literaturverzeichnis Burgener, S. & Twigg, P. (2002): Relationships Among Caregiver Factors and Quality of Life in Care Recipients with Irreversible Dementia. Alzheimer Disease and Associated Disorders an International Journal, 16(2), 88-102.

Kitwood T. (2008): Der personenzentrierte Ansatz im Umgang mit verwirrten Menschen. 5. Auflage. Bern: Huber Verlag.

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Lawton, M. P., Moos M., Kleban M. H., Glicksamn A. & Rovine M. (1991): A two-factor model of caregiving appraisal and psychological well-being. The journals of Gerontology, 46(6), 181-189. Scholl, J. M. & Sabat St. R. (2008): Stereotypes, stereotype threat and ageing: implications for the understanding and treatment of people with Alzheimer’s disease. The International Journal of Ageing & Society 28, 103-130. Stechel, E., Lämmler, G., Steinhaben-Thiessen, E. & Flick, U. (2007): Subjektive Wahrnehmung und Bewältigung der Demenz im Frühstadium. Eine qualitative Interviewstudie mit Betroffenen und Angehörigen. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 40, 71-80. O’Connor, M. L. & McFadden, S. H. (2010): Development and Psychometric Validation of the Dementia Attitudes Scale. International Journal of Alzheimer’s Disease, Volume 2010, Article ID 454218. Peng, A., Moor, C., & Schelling, H. R. (2011). Einstellungen zu Demenz. Übersetzung und Validierung eines Instruments zur Messung von Einstellungen gegenüber Demenz und demenzkranken Menschen. Zürich: Zentrum für Gerontologie, Universität Zürich. Tress, W., & Hartkamp, N. (2002). Die Strukturale Analyse Sozialen Verhaltens Ein Arbeitsbuch für Forschung, Praxis und Weiterbildung in der Psychotherapie. Wittwer, D., Blaser, R., Becker St. (2013): Personenorientierung in der Pflege neu gedacht. NOVAcura, Dezember 2013, S. 42-43.

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