Nr April 2013

Jahrgang 32 / Nr. 15 www.weltblick.ipsnews.de Indien: Harte Zeiten für Musiker in Kaschmir IM BLICKPUNKT Kommunikation: Twittern, wenn der Tsunami ...
Author: Alma Linden
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Jahrgang 32 / Nr. 15

www.weltblick.ipsnews.de

Indien: Harte Zeiten für Musiker in Kaschmir

IM BLICKPUNKT Kommunikation: Twittern, wenn der Tsunami kommt

08. April 2013

S. 02

ASIEN-PAZIFIK Südpazifik: Blumenzucht wird neuer Erwerbszweig für Frauen

S. 04

Indien: Harte Zeiten für Musiker in Kaschmir

S. 05

Pakistan: TV-Sendung will mehr Interesse an Bildung wecken

S. 06

NAHOST

Probe in Rafiqs Musikschule in Srinagar Bild: Athar Parvaiz | IPS

Müllkippen im Gazastreifen überfüllt – Blockade behindert Abfallentsorgung

S. 08

Libyen: Rauschgifthändler profitieren von laschen Kontrollen

S. 10

AFRIKA Ägypten: Fischsterben im Nil – Staudamm und Abwässer vernichten Arten S. 12 Äthiopien: Heimkehrer entwickeln die Somali-Region

S. 13

Swasiland: Bohrlöcher allerorten – Doch kein Tropfen Trinkwasser

S. 15

LATEINAMERIKA UND KARIBIK Chile: Ex-Präsidentin Bachelet strebt Wiederwahl an

S. 17

Haiti: Ökobriketts und Sonnenkraft – Erneuerbare Energien auf Vormarsch S. 18 Nicaragua: Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2026 geplant

S. 19

Srinagar, Kaschmir (IPS) – Musiker in Kaschmir haben in den vergangenen Jahren gut am Tourismus verdient. Doch die angespannte Sicherheitslage könnte ihnen nun das Geschäft ruinieren. Frauen, die öffentlich auftreten wollen, droht noch größere Gefahr. Als vor zwei Jahren nach längerer Zeit wieder Urlauber in den indischen Teil Kaschmirs kamen, verschob der 27-jährige Aamir Ahmad kurzerhand die Renovierung seines Hauses und konzentrierte sich aufs Musikmachen. "Der Besucherzustrom hat unser Geschäft belebt", berichtet der Chef der Band 'Strangers'. Auch in diesem Winter haben sich die Musiker auf die nächste Saison vorbereitet, obwohl sie nicht sicher sein können, was sie erwartet. Gewalt, Ausgangsverbote und Streikaufrufe schrecken viele Besucher ab. Zehntausende Touristen kamen in den letzten zwei Sommern in die Himalaja-Region. Hochzeitsfeiern bescherten der Band zusätzliche Einkünfte. Für die kommende Saison sehen die Musiker wegen der neuen Unruhen jedoch eher schwarz. Seit Februar kommt es in den Städten in Kaschmir wieder verstärkt zu gewaltsamen Ausschreitungen. Weiterlesen auf S. 05

Herausgeber: IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH Marienstr. 19/20, 10117 Berlin | Tel.: 030 5481 4531 | Fax: 030 5482 2625| E-Mail: [email protected] Ständige Mitarbeit: Karina Böckmann | Corina Kolbe Redaktionelle Zusammenstellung: Johanna Treblin Der IPS-WELTBLICK erscheint montags mit Hintergrundberichten und Analysen über den 'Global South' und informiert eingehend über aktuelle und grundlegende Entwicklungen besonders in den Regionen Afrika, Asien-Pazifik und Lateinamerika-Karibik. E-Mail: [email protected] Unser Gesamtangebot finden Sie unter: www.weltblick.ipsnews.de  www.ipsnews.de  www.ips-germany.org  www.ips-nachrichtenagentur.de

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08. April 2013

Kommunikation: Twittern, wenn der Tsunami kommt Von Amantha Perera

Nach dem Tsunami 2004 haben viele Länder ihre Frühwarnsysteme überprüft Bild: Amantha Perera | IPS

Colombo (IPS) – Kurz nachdem der verheerende Tsunami am 11. März 2011 die Stadt Kesennuma im Nordosten Japans überspülte, saß die 59-jährige Naoko Utsumi auf dem Dach eines Gemeindezentrums fest. Ihre einzige Verbindung zur Außenwelt war ihr Handy, über das sie immerhin noch Emails verschicken konnte. Utsumi erreichte auf diese Weise ihren Mann, der ihren Sohn im mehr als 9.500 Kilometer entfernten London informierte. Dieser schickte über den Internet-Kurznachrichtendienst Twitter eine Botschaft an den Vize-Gouverneur von Tokio, der die Mutter und mehr als 400 weitere Tsunami-Opfer per Hubschrauber retten ließ. Das geht aus dem Bericht 'Connecting the Last Mile. The Role of Communication in the Great East Japan Earthquake' der internationalen Nichtregierungsorganisation 'Internews' hervor, die sich für die Verbreitung von Qualitätsjournalismus einsetzt und Gemeinschaften befähigt, lokale Nachrichten zu produzieren. Der Report untersucht, welchen Anteil die neuen Medien, vor allem Twitter und Facebook, an der Kommunikation nach dem Unglück in Japan hatten. "Diese neuen Medien spielen eine große Rolle beim Katastrophenschutz und bei der Nothilfe. Das haben wir bereits in Haiti erlebt und beobachten es jetzt auch in Syrien. Man kann anderen Menschen mitteilen, dass man noch lebt, und Überlebenden den Weg zu Nahrungsausgabestellen weisen", sagt Jacobo Quintanilla, der bei Internews für humanitäre Informationsprojekte zuständig ist.  -2-

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08. April 2013

In der ersten Stunde, in der der Tsunami die Region erfasste, erstellte ein Twitter-Nutzer im Süden Japans ein Hashtag, das später zum Schlüsselsuchwort für diejenigen wurde, die über die Website Hilfe suchten und anderen Unterstützung leisten wollten. "Twitter in Japan hat Tags für bestimmte Informationen geschaffen. Das globale Netzwerk des Dienstes hat dann die Suche und die Einsätze zur Rettung von Tsunami-Überlebenden erleichtert", heißt es in dem Internews-Bericht. Eineinhalb Stunden nach dem Beginn der Flutwelle schaltete Google ein Tool zur Ortung von Personen frei. Rund 5.000 Freiwillige luden in den folgenden sechs Wochen, in denen das Tool in Echtzeit funktionierte, zahlreiche Daten hoch. Laut dem Internews-Report half Facebook den Überlebenden und denjenigen, die nach ihnen suchten, beim Austausch persönlicher Informationen. 11.000 Twitter-Nachrichten pro Minute Am 11. März 2011 liefen ab 14.46 Uhr (Ortszeit) mehr als 11.000 Twitter-Nachrichten pro Minute ein. Ganz an ders hatte es am 26. Dezember 2004 ausgesehen, als der Tsunami von Indonesien bis Sri Lanka und an der Südküste Indiens eine Spur der Verwüstung hinterließ. Überlebende in dem ostsrilankischen Dorf Maradamunai sagten Journalisten, dass sie auch zwei Wochen nach der Katastrophe noch nicht wussten, wo sie Hilfe oder In formationen über die Toten und Vermissten erhalten könnten. Das Ausmaß von Tod und Zerstörung durch den Tsunami in Asien veranlasste Länder wie Sri Lanka dazu, ihre Frühwarnsysteme zu überprüfen. Die Rolle der neuen Medien während und nach Katastrophen ist in den Vordergrund gerückt. Experten in Sri Lanka sind überzeugt, dass Mobiltelefone das beste Mittel zur Übermittlung frühzeitiger Warnungen an Tausende wenn nicht Millionen von Menschen sind. "Die mobile Kommunikation ist wegen ihrer großen Verbreitung die effektivste", sagt Indu Abeyarathane vom Roten Kreuz in Sri Lanka (SLRC). Andere Experten sind davon überzeugt, dass die Kommunikation über mobile Geräte und das Internet große Lücken in den Frühwarnsystemen schließen könnte. "Immer wieder hat es 'Kommunikationspannen' gegeben, eher als Fehlschläge bei der Vorhersage oder Einschätzung von Risiken. Die Informationen müssen rasch kommen und maßgeschneidert sein. Die Nutzer sollten die Möglichkeit haben, Näheres zu erfahren und diejenigen zu erreichen, die die Informationen generieren", sagt Lareef Zubair, Klimaexperte bei der 'Foundation for Environment, Climate and Technology'. Warnungen per SMS Das Zentrum für Katastrophenmanagement (DMC), das auf Beschluss des Parlaments 2005 in Sri Lanka eingerichtet wurde, versendet inzwischen über den größten Mobilfunkprovider der Insel, 'Dialog', Mitteilungen an Millionen Abonnenten. Zuletzt wurde das System am 12. April 2012 genutzt, als nach einer Tsunami-Warnung Küstengebiete geräumt wurden. Sarath Lal Kumar sieht den SMS-Dienst als "effizient, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind". Dem stellvertretenden DMC-Direktor zufolge gilt es etwa die geografische Lage und die Zielpersonen zu berücksichtigen. In Japan hätten solche Dienste älteren Menschen, die mit dem Internet kaum vertraut seien, nur wenig geholfen. In Sri Lanka haben nach Angaben von Kumar etwa elf Prozent der rund 20,2 Millionen Einwohner Zugang zum Internet, größtenteils aber nur in den Städten. Die Behörden setzten eine Vielzahl von Mitteln ein, um die Bevölkerung frühzeitig vor Katastrophen zu warnen. So würden Polizisten mit Megaphonen in die Gebiete geschickt.  Deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe (TD04-04-2013) Copyright © IPS Deutschland GmbH http://www.internews.eu/docs/Publications/InternewsEurope_Report_Japan_Connecting_the_last_mile_Japan_2 013.pdf http://www.internews.org/ http://www.dmc.gov.lk/index_english.htm http://www.ipsnews.net/2013/04/when-a-tsunami-comes-tweet/ -3-

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08. April 2013

Südpazifik: Blumenzucht wird neuer Erwerbszweig für Frauen Von Catherine Wilson Blumenverkäuferinnen in Honiara Bild: Catherine Wilson | IPS

Honiara, Salomonenl (IPS) – In Honiara, der Hauptstadt der Salomon-Inseln im Südpazifik, haben Frauen die Initiative ergriffen, um die kommerzielle Blumenzucht voranzutreiben. Damit schaffen sie neue Erwerbsmöglichkeiten in Zeiten, in denen das Angebot auf dem Arbeitsmarkt mit dem raschen Wachstum der Städte nicht Schritt halten kann. "Um mein Haus herum wachsen immer Blumen. Deshalb hielt ich es für eine gute Idee, sie zu verkaufen", sagt Patricia Rahiva, die ihre Pflanzen auf dem Zentralmarkt in Honiara anbietet. Die sechsfache Mutter kann mit den Einnahmen Lebensmittel, Kleidung und Schulgebühren bezahlen. Honiara liegt auf der Salomonen-Hauptinsel Guadalcanal und ist ein Anziehungspunkt für viele Bewohner des südpazifischen Archipels, der aus mehr als 900 Inseln besteht. Die östlich von Papua-Neuguinea und nordöstlich von Australien gelegenen Salomonen mit ihren rund 552.000 Einwohnern verzeichnen ein urbanes Wachstum von 4,7 Prozent. In Honiara leben derzeit 64.800 Menschen, deren Zahl weiter um 2,7 Prozent ansteigt. Nur ein Viertel von ihnen arbeitet im formalen Sektor. Städtische Arbeitslosigkeit mit weiblichem Antlitz Auf den Salomonen leben 80 Prozent der Bevölkerung von der Subsistenzlandwirtschaft. Frauen spielen in der ländlichen Agrarwirtschaft eine zentrale Rolle. In den Städten machen sie hingegen 44 Prozent der Arbeitslosen aus. Blumen sind in Dörfern und Privathäusern ein vertrauter Anblick. Ihr Verkauf, vor allem durch kleine Händler, hat sich erst nach dem Ende des fünfjährigen Bürgerkriegs 2003 weiterentwickelt. In dem Konflikt ging es um den Zugang von Dorfgemeinschaften zu Land und Rohstoffen auf Guadalcanal. Die Lage südlich des Äquators beschert den Salomonen das ganze Jahr über ein tropisches Klima. In den üppigen Regenwäldern gedeihen mehr als 200 tropische Pflanzenarten. Freda Delight, Vizepräsidentin des Blumenzüchterverbands der Salomonen, dem vor allem Frauen aus Honiara angehören, zeigt sich zufrieden. "Das Kaufinteresse hat zugenommen, und die Züchter werden immer zahlreicher." Die Blumenzucht eignet sich gut für Haushalte mit begrenzten finanziellen Mitteln, weil dafür kleine Flächen ausreichen und keine großen Kapitalinvestitionen notwendig sind. Frauen haben sich rasch neue Einkommensquellen erschlossen, indem sie die Hausgärten für den kommerziellen Anbau tropischer Blumen nutzen. Rahiva pflanzt Helikonien, Ingwer-, Studenten- und Wildblumen. Sie verkauft sie stückweise oder zu kunstvollen Bouquets gebunden. Von mehr als 500 Familien ist bekannt, dass sie in der Blumenzucht arbeiten. Seit 2006 stellt der Stadtrat von Honiara auf dem zentralen Markt Platz bereit, auf dem die Blumenhändler ihre Ware das ganze Jahr über anbieten können. Ihre Kunden seien Kirchen, Firmen und Hotels. Manchmal kämen auch Sonderbestellungen, berichtet Rahiva. Allerdings ist es für die Blumenzüchterin nicht immer einfach, die Gebühren für den Marktplatz aufzubringen.  -4-

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Wie Delight erklärt, leben die Frauen zudem oft weit entfernt vom Markt. Die mangelnde Mobilität sei ein ebenso großes Problem wie fehlende Lager- und Kühlräume. Zahl der Züchterinnen steigt Wendy Kanai von der Vereinigung der Geschäftsfrauen auf den Salomonen (SIWIBA) zufolge sind viele Frauen sehr daran interessiert, sich als Kleinunternehmerinnen selbständig zu machen. Die Mitgliederzahl sei im vergangenen Jahr auf über 1.000 gestiegen. Das Agrarministerium hat die Blumenzucht bisher noch nicht in seine strategische Planung aufgenommen. Wohl aber stellt es den Züchterinnen im Rahmen eines Projekts Setzlinge und andere Pflanzen bereit.  Deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe (TD05-04-2013) Copyright © IPS Deutschland GmbH http://www.ipsnews.net/2013/03/women-make-flowers-pay/

Indien: Harte Zeiten für Musiker in Kaschmir Von Athar Parvaiz Srinagar, Kaschmir (IPS) – Musiker in Kaschmir haben in den vergangenen Jahren gut am Tourismus verdient. Doch die angespannte Sicherheitslage könnte ihnen nun das Geschäft ruinieren. Frauen, die öffentlich auftreten wollen, droht noch größere Gefahr. Als vor zwei Jahren nach längerer Zeit wieder Urlauber in den indischen Teil Kaschmirs kamen, verschob der 27-jährige Aamir Ahmad kurzerhand die Renovierung seines Hauses und konzentrierte sich aufs Musikmachen. "Der Besucherzustrom hat unser Geschäft belebt", berichtet der Chef der Band 'Strangers'. Auch in diesem Winter haben sich die Musiker auf die nächste Saison vorbereitet, obwohl sie nicht sicher sein können, was sie erwartet. Gewalt, Ausgangsverbote und Streikaufrufe schrecken viele Besucher ab. Zehntausende Touristen kamen in den letzten zwei Sommern in die Himalaja-Region. Hochzeitsfeiern bescherten der Band zusätzliche Einkünfte. Für die kommende Saison sehen die Musiker wegen der neuen Unruhen jedoch eher schwarz. Gewalt nach Hinrichtung eines Extremisten in Neu-Delhi Seit Afzal Guru, der im Zusammenhang mit dem Angriff auf das indische Parlament 2001 zum Tode verurteilt worden war, am 9. Februar in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi hingerichtet wurde, kommt es in den Städten in Kaschmir wieder verstärkt zu gewaltsamen Ausschreitungen. Mehrere Menschen wurden getötet und Dutzende verletzt, darunter auch Polizisten. "Die häufigen Ausgangsverbote und Streikaufrufe sind eine große Bedrohung für die Zukunft der jungen Leute in Kaschmir. Da Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst und industrielles Wachstum fehlen, sind sie völlig auf sich gestellt", sagt der Wirtschaftsprofessor Nissar Ali, der als Berater für die Regierung von Kaschmir tätig ist. Neben den 'Strangers' gibt es noch etwa 20 Bands, die im Sommer vom Tourismus leben. Sie nennen sich 'Valley Youth Expression', 'Valley Boys', 'Janoon', 'Blood Rocks' oder 'Divine Connection'. Mohammad Rafiq leitet in Srinagar eine Musikschule mit 50 Schülern. In den letzten Wochen konnte er nur an wenigen Tagen seinen Unterricht abhalten. "Ändern können wir daran nichts", meint er. "Wir hoffen, dass sich die Situation bessern wird." Die Valley Boys und andere professionelle Musiker haben es in Kaschmir noch nie leicht gehabt. "Es gibt hier keine Aufnahmestudios und Produktionsfirmen", berichtet Rafiq. "Deshalb sind wir auf Live-Auftritte angewiesen."  -5-

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08. April 2013

Musik ist in Kaschmir eine Männerdomäne. Im Februar wagte sich eine Mädchenband in die Öffentlichkeit und löste dadurch einen Sturm der Entrüstung aus. Ein Religionsführer belegte die Musikerinnen sogar mit einer Fatwa. Der Islam untersage es den Frauen, den Blick von Männern auf sich zu ziehen, meinte der Groß-Mufti Bashir-ud-Din, der in den letzten Jahren etliche Verbote ausgesprochen hat. Bereits 2007 hatte Din für Aufsehen gesorgt, als er eine Fatwa gegen Ghulam Nabi Azad, den ehemaligen Regierungschef im indischen Kaschmir ausstieß. Azad hatte zuvor die Bevölkerung aufgefordert, dem Beispiel von Mahatma Gandhi zu folgen, Der Mufti bezeichnete die Äußerungen als "unislamisch". Der Prophet Mohammed sei die einzige Autorität. Erfolgreiche Mädchenband chancenlos Azad ließ sich durch die Fatwa nicht beeindrucken, doch für die Mädchenband 'Pragaash' hatte das islamische Rechtsgutachten Folgen. Die drei Teenager wurden von der Bühne gezerrt, und die Gruppe musste sich etwa einen Monat nach dem Auftritt bei einem Musikwettbewerb in Srinagar auflösen. Dabei stand die erste und einzige Mädchenband in Kaschmir, deren Name übersetzt 'Licht' bedeutet, kurz davor, den Wettbewerb zu gewinnen. Pragaash war Ende 2012 von der Sängerin und Gitarristin Noma Nazir, der Schlagzeugerin Farah Deeba und der Gitarristin Aneeka Khalid gegründet worden. Unterstützung von männlichen Kollegen erhalten sie nicht, denn offensichtlich wagt es niemand, gegen die Fatwa zu protestieren.  Deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe (TD02-04-2013) | Copyright © IPS Deutschland GmbH http://www.youtube.com/watch?v=sv0OYVnKiHU | http://www.youtube.com/watch?v=5UGP3ZtpUJs

Pakistan: TV-Sendung will mehr Interesse an Bildung wecken Von Zofeen Ebrahim Karachi (IPS) – Shehzad Roy, ein beliebter Sänger in Pakistan, steigt regelmäßig auf seine Harley Davidson, um den 176 Millionen Landsleuten die Vor- und Nachteile des pakistanischen Bildungssystems aufzuzeigen. Im Rahmen seiner eigenen Sendung 'Chal Parha' (Komm, lehre) wird er dabei gefilmt, wie er kleine Dörfer in Bergregionen besucht und sich vor Ort ein Bild macht. Mit dem 23-teiligen Programm will der private Kanal 'Geo' an jedem Samstag- und Sonntagabend mehr öffentliches Interesse an Bildung wecken. Auch die Schwachstellen werden dabei begutachtet: nationale Lehrpläne mit Eselsohren, überholte Lehrbücher und heruntergekommene Schulgebäude, in denen Wasser, Toiletten und Strom fehlen. In einer ironischen Art, die bereits zu seinem Markenzeichen geworden ist, gibt Roy der Regierung am Ende jeder Sendung Hausaufgaben auf, die das Bildungssystem verbessern sollen. Er zeigt schöne Schulgebäude ohne Lehrer ebenso wie Schulen mit nur drei Räumen, in denen ein Pädagoge mehrere Klassen unterrichtet. In einigen Sendungen waren Kinder zu sehen, die in Zelten lernen, seit ihre Schulen bei dem Erdbeben 2005 zerstört worden sind. In offiziellen Kreisen heißt es, das für den Wiederaufbau vorgesehene Geld sei zweckentfremdet worden. Schüler in ländlichen Regionen sind daran gewöhnt, unter Bäumen zu lernen. Die eigentlichen Klassenzimmer werden von den Dorfältesten oft zu Viehställen oder Futterkammern umgewidmet. Auch in den Städten sieht es nicht viel besser aus. Kinder müssen häufig Bäche mit Abwässern überqueren und sich auf dem Schulweg die Nase zuhalten, um den fauligen Gestank nicht riechen zu müssen. Andere sitzen dicht gedrängt in Räumen, in denen es keine Ventilatoren gibt. Roys Sendung hatte rasch Erfolg, vielleicht weil "ein Bild mehr sagt als Worte, vor allem wenn es um wahre Geschichten geht", sagt Baela Raza Jamil, die Leiterin von 'Idare-e-Taleem-o-Agehi' (Zentrum für Bildung und Bewusstsein) in Islamabad. "Ich habe meinen Mitarbeitern gesagt, dass sie das Programm unbedingt anschauen sollen."  -6-

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Im April 2010 wurde in Pakistan Bildung zu einem Grundrecht für alle Menschen bis 16 Jahren erklärt, indem ein entsprechender Artikel in die Verfassung aufgenommen wurde. Roy weist aber darauf hin, dass fast sieben Millionen Kinder zwischen fünf und neun Jahren nicht zur Schule gehen. Und viele derjenigen, die in dem Alter den Unterricht besuchen, brechen nach ein paar Jahren ab. Beobachter sehen die Wurzeln des Problems bereits in den Anfangsjahren des Staates Pakistan. Laut Haris Gazdar vom Kollektiv für Sozialforschung in Karachi läuft die dominierende Strömung des pakistanischen Nationalismus auf eine Spaltung des Landes hinaus. Ein gangbares Modell für den Aufbau einer Nation sei nicht entworfen worden. Deshalb habe die Bildung, "die in fast allen anderen Ländern von der nationalistischen Elite als Vehikel für die Nationenbildung gesehen wird, für die gespaltenen Eliten in Pakistan keinen realen Wert". Viele pakistanische Familien investierten zwar nach Kräften in die Ausbildung ihrer Kinder, sagt er. "Doch nirgendwo auf der Welt ist die Schulbildung für alle allein durch privates Interesse geschaffen worden. In Pakistan gibt es kein kollektives Interesse an Bildung, weil keine kollektive Vereinbarung über ein kulturelles Modell für Nationenbildung existiert." Jamil erklärt, dass weniger als zehn Prozent der pakistanischen Kinder Zugang zu einer qualitativ guten Erziehung im Vorschulalter hätten. Die Expertin, die den derzeitigen Jahresbericht zur Bildung (ASER) verantwortet, kann ihre Aussagen mit deprimierenden Zahlen belegen. "70 Prozent der staatlichen Grundschulen haben nur ein oder zwei Räume für fünf Klassen", sagt sie. Mehr als 40 Prozent der Schulen verfügten über keine Toiletten, in 66 Prozent fehle Elektrizität und in 37 Prozent gebe es kein Trinkwasser. Wie Jamil weiter kritisiert, stehen Vorschulklassen selten eigene Lehrer oder Assistenten zur Verfügung, obwohl dies im nationalen Lehrplan vorgeschrieben sei. Hohe Zahl von Schulabbrechern Insgesamt sind den Statistiken zufolge 86 Prozent aller Kinder eingeschult. 33 Prozent von ihnen verlassen die Schule jedoch ohne Abschluss. Nur 18 Prozent derjenigen, die die gesamte Grundschulzeit hinter sich bringen, haben das nötige Rüstzeug für eine weiterführende Schule. Lediglich 30 Prozent der Schüler, die es bis zur zehnten Klasse schaffen, haben schließlich den Abschluss an der weiterführenden Schule in der Tasche. Und nur drei Prozent von ihnen besuchen dann eine Universität. Der Anteil der Pakistaner, die lesen und schreiben können, liegt mit 58 Prozent deutlich unter dem Millenniumsentwicklungsziel der Vereinten Nationen von 88 Prozent. Für Roy ist die Fernsehsendung bisher eine "interessante und zugleich schmerzhafte Erfahrung" gewesen. Er hat zahlreiche Schüler interviewt und Diskussionen mit Eltern, Lehrern, Regierungsbeamten, Geistlichen und Psychologen an mehr als 200 Schulen geführt. Der bekannte Friedensaktivist A. H. Nayyar sieht die Sendungen als notwendigen Schritt zur Erreichung der UN-Entwicklungsziele im Bereich Bildung. Die Regierung ergreife keine angemessenen Maßnahmen und stelle nicht das nötige Geld zur Verfügung. "In der nationalen Bildungsstrategie von 2008/09 wurden mehr finanzielle Mittel für Bildung angekündigt. Diese Zusage ist aber nicht eingehalten worden", kritisiert er. Offiziellen Daten zufolge sind nur zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts des südasiatischen Landes für Bildung vorgesehen. Chal Parha klärt die Zuschauer auch darüber auf, dass manche Kinder nicht zur Schule gehen können, weil die Familien arm sind und sie früh arbeiten oder heiraten müssen. Auch die verbreitete Prügelstrafe ist abschreckend. Roy berichtete kürzlich über ein achtjähriges Mädchen, das von seinem Lehrer mit einem Stift beworfen worden war. Der Stift traf das Auge und verursachte am Ende die Ablösung der Netzhaut. Der Lehrer rechtfertigte sich damit, dass das Kind nicht aufgepasst habe.  Deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe (TD02-04-2013) Copyright © IPS Deutschland GmbH http://www.awaztoday.com/talkshows/212/1/1/Chal-Parha.aspx http://www.un.org/millenniumgoals/education.shtml http://www.aserpakistan.org/ http://www.ipsnews.net/2013/03/motorcycle-mission-teaches-some-lessons/ -7-

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Müllkippen im Gazastreifen überfüllt – Blockade behindert Abfallentsorgung Von Eva Bartlett

Die Vereinten Nationen helfen, Gaza-Stadt vom Müll zu befreien Bild: Emad Badwan | IPS

Gaza-Stadt (IPS) – "In den letzten fünf Jahren haben wir den Abfall auf traditionelle Weise entsorgt – mit Eselskarren", berichtet Abdel Rahem Abul Kumboz, der in der Stadtverwaltung von Gaza für Gesundheit und Umwelt zuständig ist. Allein Gaza-Stadt produziert täglich 700 Tonnen Müll, die von 250 Eselskarren abtransportiert werden. Doch selbst mit dieser alternativen Form der Müllabfuhr wäre es im Gazastreifen beinahe vorbei gewesen. Die Zuschüsse für die Abfallsammler waren Ende Februar ausgelaufen, und frühestens im Juni ist wieder mit Geld zu rechnen. Doch Hamada al-Bayari vom Büro der Vereinten Nationen zur Koordinierung der humanitären Hilfe (OCHA) zufolge ist die italienische Nichtregierungsorganisation 'Cooperazione Internazionale' (Coopi) in die Bresche gesprungen. Sie hat mit Spendengeldern den Mülltransport bis Juni sichergestellt. Auch wenn diese kritische Klippe erst einmal umschifft werden konnte, ist das Abfallproblem im Gazastreifen noch lange nicht gelöst. Mülldeponien quellen über, Transportfahrzeuge funktionieren nicht, giftige Rückstände sickern ins Grundwasser, und für die Lagerung gefährlicher Abfälle gibt es keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen. Viele Müllwagen nicht einsatzfähig Kumboz macht die anhaltende Belagerung des Gazastreifens für das Abfallproblem im Gazastreifen verantwortlich. Alle Bereiche der Müllentsorgung seien in den vergangenen sechs Jahren von der Blockade betroffen gewesen, so der Behördenvertreter. Denn Israel verhindert die Einfuhr vieler wichtiger Güter wie Baumaterialien, Müllwagen und Ersatzteile.  -8-

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Gaza-Stadt besitzt 75 Müllfahrzeuge, von denen laut Kumboz "mehr als die Hälfte völlig unbrauchbar sind". Die übrigen seien seit 15 Jahren im Einsatz und müssten dringend repariert werden. Aufgrund der Blockade seien die notwendigen Ersatzteile jedoch nicht erhältlich. Manche Materialien würden durch Tunnel aus Ägypten in den Gazastreifen geschmuggelt, seien aber teuer und nicht immer verfügbar. Als größtes Problem sieht Kumboz die Überfüllung der Müllhalden. Neue Deponien konnten bisher nicht gebaut werden, weil Israel die Baumaterialien nicht durchlässt. Außerdem greife Israel regelmäßig die Grenzgebiete an, in denen sich die größten Abfalllager befänden. Alle drei großen Deponien liegen in der Nähe der so genannten Grünen Linie, die den Gazastreifen von Israel trennt. Im Februar 2011 stellte die Weltbank fest, dass die drei großen Müllkippen "ihr maximales Fassungsvermögen erreicht haben". Die Lage habe sich durch die israelischen Angriffe weiter verschärft, heißt es. Die Trümmer zerstörter Häuser seien teils mit gefährlichen Rückständen belastet. Auf den Müllhalden lagert auch giftiger Asbest, der beim Bau von Dächern verwendet und nach den Bombenangriffen im Schutt gefunden wurde. Auch Chemikalien und andere giftige Bombenrückstände sowie toxische Abfälle aus Krankenhäusern und Chemiemüll wurden im Gazastreifen entdeckt, wie aus einem Bericht hervorgeht, den das UN-Umweltprogramm UNEP im September 2009 veröffentlicht hatte. Während der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen im Winter 2008/2009 funktionierten die Müllverbrennungsanlagen wegen der Stromausfälle nicht. "Auf allen Mülldeponien wurden wahllos gefährliche Abfälle, beispielsweise aus Hospitälern, abgeladen", heißt es in der UNEP-Studie. Totes Nutzvieh und giftiger Schutt Hinzu kommen 35.750 Rinder, Schafe und Ziegen sowie mehr als eine Million Vögel und Hühner, die bei den Attacken getötet wurden und im Gazastreifen nicht angemessen entsorgt werden konnten. Die achttägigen Militärangriffe im November führten dazu, dass sich die Schuttberge immer höher auftürmten. Die Weltbank kam 2012 zu dem Schluss, dass nur die Müllkippe Deir-al-Balah nach akzeptablen sanitären Standards gebaut wurde. Am 5. Januar dieses Jahr beschoss die israelische Armee einen Müllwagen der Deponie Beit Hanoun. Das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte (PCHR) berichtete, dass der Laster 150 Meter von der Grenze entfernt angegriffen worden war. Ein Arbeiter sei durch einen Geschosssplitter am Kopf verletzt worden. "Ein großer Teil von Beit Hanoun gehört zum Grenzgebiet. Die israelische Armee dringt oft hier ein, um ihre Bomben abzufeuern. Das schafft Probleme bei der Entsorgung fester Abfälle", sagt Sufyan Hamad, der Leiter der Verwaltung im Norden von Gaza-Stadt. Auf einer Luftaufnahme von der Region zeigt Hamad den Standort der Mülldeponie. "Wir können nicht dort hin, weil uns die Israelis nur bis 300 Meter an die Grenze heran lassen." Dabei sieht der im November geschlossene Waffenstillstand vor, dass sich die Palästinenser der Grenze bis auf immerhin 100 Meter nähern können.  Deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe (TD04-04-2013) Copyright © IPS Deutschland GmbH http://www.unocha.org/ http://www.coopi.org/en/home/ http://unispal.un.org/UNISPAL.NSF/0/C4C0F3782109A5798525783A0071FBFC http://siteresources.worldbank.org/INTWESTBANKGAZA/Resources/WorldBankAHLCreportMarch2012.pdf http://www.ipsnews.net/2013/03/the-siege-is-rubbish/ Gaza-Stadt besitzt 75 Müllfahrzeuge, von denen laut Kumboz "mehr als die Hälfte völlig unbrauchbar sind". Die übrigen seien seit 15 Jahren im Einsatz und müssten dringend repariert werden. Aufgrund der Blockade seien die notwendigen Ersatzteile jedoch nicht erhältlich. -9-

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08. April 2013

Libyen: Rauschgifthändler profitieren von laschen Kontrollen Von Maryline Dumas Tripolis (IPS) – Eine Dosis LSD oder des Schmerzmittels Tramadol kostet in Libyen umgerechnet 78 USCent. Dass sich in dem nordafrikanischen Land selbst arme Menschen Drogen leisten können, ist beabsichtigt. "Die niedrigen Preise sollen die Nachfrage steigern und den Markt vergrößern", kommentiert ein westli cher Diplomat in Tripolis die Lage. "Sobald genug Menschen süchtig sind, werden die Preise in die Höhe gehen." Über die Zahl der Rauschgiftabhängigen in Libyen liegen zwar bisher noch keine genauen Angaben vor. Sicher ist jedoch, dass der Drogenhandel blüht. Abdullah Fannar, der stellvertretende Leiter des psychiatrischen Krankenhauses in Gargaresh, einem wohlhabenden Viertel im Osten von Tripolis, nimmt die zunehmende Zahl von Drogensüchtigen mit Sorge zur Kenntnis. "Wir hatten vor zehn Jahren für diese Patienten eine spezielle Abteilung und denken jetzt daran, sie wiederzueröffnen." Wie Fannar berichtet, werden in sein Krankenhaus drogenabhängige Häftlinge eingewiesen. Auch sprechen immer mehr Angehörige von Suchtopfern vor, die sich dort Hilfe erhoffen. Betroffen sind in erster Linie junge Leute und Rebellen, die nach dem Krieg unter posttraumatischen Störungen litten, meint der Mediziner. In Li byen sind Drogen und Alkohol verboten. Anfang März starben mehrere Dutzend Menschen durch eine Vergiftung mit Methanol in gepanschtem Alkohol. Der Schmuggel von Drogen und Alkohol in Libyen ist kein neues Phänomen. Unter dem früheren Machthaber Muammar al Gaddafi (1969-2011) wurde Libyen als Drehscheibe des illegalen Handels zwischen Afrika und Europa in mehreren Berichten der Vereinten Nationen erwähnt. Seitdem die neue libysche Regierung die Grenzen nicht mehr streng kontrolliert, hat der Rauschgiftschmuggel zugenommen. Schärfere Grenzkontrollen geplant "Wir kennen das Problem mit dem Alkohol- und Drogenschmuggel, vor allem an unseren südlichen Grenzen", sagte Oberst Adel Barasi, ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. "Wir arbeiten an einer Überwachungsstrategie sowie an Training und Ausbildung der Sicherheitskräfte. So Gott will, wird die libysche Armee bald in der Lage sein, unsere Grenzen zu schützen." Wie Céline Bardet, Expertin für grenzüberschreitende Verbrechen, berichtet, führen globale Drogenschmuggelrouten bevorzugt durch Länder mit laschen Sicherheitskontrollen. Sie befürchtet, dass sich die Situation in Libyen noch weiter verschlechtern wird. Bardet, die als Beraterin für die Europäische Kommission tätig ist, schließt nicht aus, dass in Libyen sogar bereits Drogen produziert werden, auch wenn es dafür bisher keine Beweise gibt. "Die Polizei nimmt sich aber mit internationaler Hilfe allmählich des Problems an." In einem Stadtteil im Osten von Tripolis kann eine im vergangenen Jahr gegründete Sondereinheit der Polizei im Kampf gegen Drogen- und Alkoholschmuggel Erfolge vorweisen. So berichtet Abdulkahim Belhasi, der Sprecher der Einheit, dass sieben Kilo Heroin und Kokain beschlagnahmt wurden, außerdem eine nicht näher bestimmte Menge an Cannabis, 1.400 Tramadol-Tabletten, Whiskey und Wodka sowie 1.400 Liter gepanschter Alkohol. Die konfiszierten Güter sollen vernichtet werden. Bei der jüngsten Razzia, die am 23. Februar von dem Sprecher der libyschen Marine, Oberst Ayoub Gacem, bekannt gemacht wurde, konfiszierte die libysche Küstenwache 30 Tonnen Rauschgift. Drei Personen wurden festgenommen. Welche Art Drogen gefunden wurden, ist nicht bekannt. "Wir befinden uns im Krieg gegen diejenigen, die das moralische Gerüst unserer Jugend zerstören wollen", betont Belhasi, der Gaddafi-Anhänger für den Schmuggel verantwortlich macht. Sie seien die einzigen, die über genügend finanzielle Mittel verfügten.  -10-

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08. April 2013

Doch über derartige Anschuldigungen kann ein junger Drogenkonsument, der sich Anonymität ausbat, nur lachen. Wie er berichtet, verfolgen die Islamisten im Namen der Scharia jeden, der sich einen Drink oder Joint genehmige.

Mitglieder der Polizei-Sondereinheit zur Bekämpfung von Drogen- und Alkoholschmuggel Bild: Maryline Dumas | IPS

Drogenhändler besser ausgestattet als die Polizei Khaled Kara, ein Mitglied einer Organisation, die gegen Drogen kämpft, warnt vor jeder Form von Generalverdacht. "Ich trage einen Bart und könnte für einen Islamisten gehalten werden", sagt er. "Tatsächlich bin ich gemäßigt." Kara bereitet vor allem die Gewaltbereitschaft der Drogenschmuggler Sorge. "Sie schrecken vor nichts zurück, wenn es darum geht, ihr Geschäft zu schützen. Mit Raketenwerfern sind sie sogar besser ausgestattet als die Polizei, die nur Handfeuerwaffen besitzt", erläutert er. Die Mitglieder der Sondereinheit räumen ein, dass sie eine bessere Ausrüstung gut gebrauchen könnten. Sie stehen vielfach unter Druck. "Mein 18 Monate alter Sohn wurde entführt", berichtet ein Beamter namens Ka mal, der seinen vollen Namen aus Sicherheitsgründen nicht nennen will. "Als wir ihn nach einigen Stunden fanden, entdeckte ich eine Botschaft für mich: 'Wenn du nicht deine Arbeit aufgibst, wird das nächste Mal deine Frau dran sein." Angesichts solcher Gefahren lassen sich die meisten Polizisten der Einheit nur mit Gesichtsmasken in der Öffentlichkeit blicken.  Deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe (TD05-04-2013) Copyright © IPS Deutschland GmbH http://www.ipsnews.net/2013/04/libyans-fighting-drug-dealers-for-our-country/ -11-

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Ägypten: Fischsterben im Nil – Staudamm und Abwässer vernichten Arten Von Cam McGrath Kairo (IPS) – Ein 4.200 Jahre altes Relief im Grab des ägyptischen Wesirs Mereruka in Sakkara zeigt die schier überwältigende Vielfalt an Fischen, die einst im Nil und den angrenzenden Feuchtgebieten zu finden war: Fischer ziehen prall gefüllte Leinennetze aus dem Wasser, die auch den als heilig verehrten Nasennilhecht beinhalten, der zwar gefangen, aber niemals verspeist wurde. Doch Ibrahim Abdallah, ein Dorfältester, berichtet, dass viele Fischarten, die er in seiner Kindheit kannte, inzwi schen vollständig aus dem Fluss verschwunden sind. "Und von den überlebenden Spezies sind wegen der Überfischung nur wenige Exemplare übrig geblieben." Abdallah erinnert sich an Fische von der Größe einer Bratpfanne, die unter dem Namen 'Kawara' bekannt waren. "Wir haben sie seit vielen Jahren nicht mehr gesehen", sagt er. Etwa die Hälfte der Fischarten im Nil, die auf antiken Reliefs zu sehen sind, kann man in ägyptischen Gewässern nicht mehr finden. Forscher schätzen, dass in den vergangenen Jahren bis zu 35 Spezies aus dem Unterlauf des Nils verschwunden sind, darunter der Elefantenfisch und der Rote Buntbarsch. Dutzende weitere Arten gelten als bedroht. Problem Assuan-Staudamm Nach Angaben von Justin Grubich, Biologe an der Amerikanischen Universität in Kairo, hat die Nilfischerei katastrophale Einbrüche erlebt, seit in den sechziger Jahren der Assuan-Hochdamm gebaut wurde. Der Staudamm, der die Wirkung einer Barriere hat, hindert viele Fischarten an der Migration und Fortpflanzung. Zudem gelangen Millionen Tonnen Treibsand und organische Stoffe nicht mehr in den Nil-Unterlauf. "Der Hochdamm wurde gebaut, um die Flut in der Regenzeit unter Kontrolle zu halten und eine nachhaltigere Landwirtschaft zu ermöglichen", erklärt Grubich. "Zwar hilft er dabei, den Wasserstand zu regulieren. Flussabwärts fehlen aber Erdreich und Nährstoffe, die für die Wasserlebewesen wichtig sind." Die Auswirkungen sind mehr als 1.200 Kilometer weiter flussabwärts deutlich erkennbar. Ohne Sedimente zieht sich das Nil-Delta zurück, in manchen Zonen um mehrere Meter jährlich. Die Küstenerosion hat dazu geführt, dass Meerwasser in mehrere flache Seen an der Nilmündung eindrang. Süßwasserfische wurden daraufhin durch den Salzgehalt des Wassers getötet. Raubfische aus dem Ozean drangen in Laichgebiete vor und vernichteten den Nachwuchs. Bereits in den siebziger Jahren stellten Wissenschaftler einen Rückgang der Artenvielfalt in den vom Nil gespeisten vier Süßwasserseen nahe der Mündung fest. Untersuchungen des Nationalen Instituts für Ozeanografie und Fischerei (NIOF) zufolge kommen im Manzala-See nur noch 34 Fischarten vor, während es ein halbes Jahrhun dert zuvor noch mehr als 50 waren. Ähnlich schlecht ist es um den nahegelegenen Burullus-See bestellt, in dem sich zu viel Brackwasser befindet. Auch die Wasserverschmutzung hat stark zugenommen. Mehr als 4,5 Millionen Tonnen Industrieabwässer, von denen 50.000 Tonnen mit gefährlichen Schadstoffen durchsetzt sind, werden laut dem ägyptischen Umweltministerium Jahr für Jahr in den Nil eingeleitet. Hinzu kommen ungeklärte Abwässer aus Landwirtschaft und Haushalten, die Fische und andere Lebewesen im Nil vergiften. Besonders hoch ist die Konzentration in den Seen an der Mündung. Nährstoffverlust Tödliche Giftkonzentrationen im Wasser haben einige Buntbarscharten ausgerottet, die einst reichlich im Nil-Delta und in den nördlichen Seen vorkamen. Fischer berichten, dass auch der am Flussgrund lebende Mondfisch selten geworden ist. Und der früher reichlich vorkommende Niltilapia wird inzwischen nur noch vereinzelt in der Nähe von Assuan gesichtet.  -12-

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Laut Olfat Anwar, Leiterin der Abteilung für Fischerei in der Entwicklungsbehörde für den Nasser-See, ist auch dort der Umfang zahlreicher Fischpopulationen auf ein kritisches Niveau gesunken. Das 5.200 Quadratkilometer große Gewässer liegt hinter dem Hochdamm von Assuan. Anwar führt die Entwicklung auf Umweltveränderungen zurück. "Im Nasser-See gibt es fast keine Nährstoffzuflüsse mehr, vor allem nicht von Süden nach Norden", sagt die Wissenschaftlerin. "Das hat die Zusammensetzung der Arten in dem See beeinträchtigt." Zudem leidet der Nasser-See unter den Folgen von jahrzehntelanger Vernachlässigung und Missmanagement. Dazu haben ein nicht nachhaltiger Fischfang und die Verschmutzung durch Motorboote beigetragen. Doch einige wenige Fischarten gedeihen selbst unter den kritischen Bedingungen prächtig. So bescheren vier Spezies aus der Familie der Buntbarsche den Fischern noch gute Einnahmen. Katzenfische, Nilbarsche und Tigerbarsche erreichen sogar gigantische Ausmaße und ziehen Angler aus aller Welt an. Doch Olfat Anwar gibt allerdings zu bedenken, dass das anscheinende Wohlergehen einzelner Spezies nicht davon ablenken dürfe, dass andere Arten vom Aussterben bedroht seien.  Deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe (TD02-04-2013) Copyright © IPS Deutschland GmbH http://www.ipsnews.net/2013/03/inhospitable-flows-the-nile/

Äthiopien: Heimkehrer entwickeln die Somali-Region Von William Lloyd-George Jijiga, Äthiopien (IPS) – Mehr als zwei Jahrzehnte litt die Somali-Region im Osten Äthiopiens unter den Folgen eines zermürbenden Guerillakriegs. Doch in den letzten Jahren hat sich die Sicherheitslage merklich entspannt. Das ist für viele Menschen in der Diaspora ein Grund, in die Heimat zurückzukehren – und Entwicklungsarbeit zu leisten. Seit geraumer Zeit versucht die Regionalregierung, die ins Ausland emigrierten Landsleute zurückzuholen. Die Überzeugungsarbeit zeigt Wirkung. "Jahrelang glaubte ich, dass eine Rückkehr viel zu gefährlich sei", berichtet Zara Wale Abas, die lange Zeit in Dänemark lebte. "Als uns der Vizepräsident der Somali-Region Bilder von den Fortschritten zeigte, war ich wirklich überrascht und interessiert, mir vor Ort selbst ein Bild zu machen." Abas, die Jijiga, die Hauptstadt der Somali-Region, als unterentwickelt und von der Welt vergessen in Erinnerung hatte, war nicht die einzige, die der Anblick von Krankenhäusern, Straßen, Schulen und Brücken neugierig machte. Tatsächlich sind in den vergangenen zwei Jahren rund 300 Emigranten zurückgekehrt, um ständig oder zeitweise an Entwicklungsprojekten mitzuwirken. Abas ist seit 2011 zurück und hat sich an dem Bau eines Hotels für Ökotouristen beteiligt. "Auch wenn es bisher erst wenige sind, die heimgekehrt sind – für uns alle war dies ein unerhört mutiger Schritt", beteuert sie. Vorwürfe gegen Ogaden-Befreiungsfront Axmed Maxamad Shugri, Leiter der Regionalbehörde, die den Heimkehrern bei der Wiedereingliederung hilft, macht die Ogaden-Befreiungsfront oder ONLF für die lange Abwesenheit seiner Landsleute verantwortlich. "Die ONLF stellt die Somali-Region nach wie als Kriegsschauplatz dar. Das ist der Grund, warum viele noch immer nicht eine Heimkehr in Erwägung ziehen." Die ONLF besteht weitgehend aus ethnischen Somalis vom Clan der Ogadeni-Darod, die seit dem Sturz des äthiopischen Diktators Mengistu Haile Mariam 1991 für einen eigenen unabhängigen Ogaden kämpfen. Über fast zwei Jahrzehnte währte der blutige Konflikt. Inzwischen führt die ONLF Friedensgespräch mit der Regierung. Nach Angaben der Regionalregierung hat eine regionale Miliz, die sogenannte Liyu-Polizei, dazu beigetragen, dass die ONLF in den letzten Jahren an Stärke verloren hat.  -13-

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Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Ogaden-Befreiungsfront und der äthiopischen Armee forderten nicht nur Menschenleben, sondern hemmten jede Entwicklung. Verheerend wirken sich auch die Dürren aus, die die Somali-Region heimsuchen. Viele der fünf Millionen Einwohner der Somali-Region sind Hirten, die schwer unter der Abwesenheit von Frieden und Wasser zu leiden hatten. Bau eines Fünf-Sterne-Hotels in Jijiga in der Somali-Region Bild: William Lloyd-George | IPS

Ahmed Haybe Mohamoud ist ein Geschäftsmann, der 30 Jahre lang in Frankfurt am Main zu Hause war. Wie er gegenüber IPS erklärte, hatten auch ihn die bewaffneten Kämpfe davon abgehalten, in seine Heimatregion zurückzukehren. Doch inzwischen seien die größeren Städte sicher. "Ich denke, dass es an der Zeit ist, in die Region zu investieren." Mohamoud hat sich mit vielen seiner auf der ganzen Welt verstreuten Verwandten zusammengetan, um Jijigas erstes Fünf-SterneHotel zu bauen. Jamal Arab und seine Familie hatten im US-Bundesstaat Minnesota eine neue Heimat gefunden. Vor kurzem entschlossen sie sich zur Heimkehr. In Fafan, einem Dorf rund 30 Kilometer von Jijiga entfernt, bauen er und vier weitere Investoren einen riesigen Fleischereibetrieb auf. "Das Unternehmen wird vielen Menschen in der Region zu einem Einkommen verhelfen", sagt er stolz. Bauboom Arab zufolge wäre das Projekt ohne die neue Straße, die das Dorf mit Jijiga und einigen größeren Städten in der Nähe von Addis-Abeba verbindet, gar nicht möglich gewesen. In Jijiga gibt es inzwischen ein Krankenhaus und eine Universität. Einkaufszentren, Hotels und Restaurants sind im Entstehen. "Dass die Region sicher ist, lässt sich an dem Bauboom erkennen", meint Abdullahi Yusuf Werar, der Vizepräsident der Region. "Es ist an der Zeit, dass alle zurückkehren, in ihre Heimatregion investieren und ihren Leuten helfen." Doch nicht nur Investoren zieht es heim. Es kommen viele, um ihr im Ausland angeeignetes Fachwissen weiterzugeben. Mahad Musse ist in Finnland aufgewachsen und hat dort Medizin studiert. "Lange war ich der Meinung gewesen, dass ich unmöglich hierherkommen könnte", erzählt der Chirurg. Jetzt baut er in Jijiga eine Klinik auf. Doch trotz aller Erfolge wird die Region nach wie vor von Armut regiert. Auch in diesem Jahr steht eine Dürre an, unter der vor allem die Landbevölkerung zu leiden haben wird. Die große Mehrheit der lokalen Bevölkerung bezieht ihr Wasser aus Flüssen und anderen unsicheren Quellen. Strom ist nicht vorhanden. Zwar haben sich die Rebellen weitgehend aus den Städten zurückgezogen, doch in den ländlichen Gebieten sind sie nach wie vor präsent. Jede Entwicklung hängt dort von der Bereitschaft der ONLF und der äthiopischen Regierung ab, Frieden zu schließen. Doch allein die Tatsache, dass viele Landsleute aus der Diaspora heimkehren, mache der lange vergessenen Lokalbevölkerung Mut, so ein Professor, der sich Anonymität ausbat.  Deutsche Bearbeitung: Karina Böckmann (TD04-04-2013) |Copyright © IPS Deutschland GmbH http://www.ipsnews.net/2012/11/little-hope-for-an-end-to-ogaden-conflict/ http://www.ipsnews.net/2013/04/building-a-better-somali-region/ -14-

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Swasiland: Bohrlöcher allerorten – Doch kein Tropfen Trinkwasser Von Mantoe Phakathi

Eine Frau holt Wasser von einer der wenigen funktionierenden Zapfstellen im swasiländischen Maphilingo Bild: Mantoe Phakathi | IPS

Mbabane (IPS) – Obwohl Ekuphakameni, eine der trockensten Ortschaften im Süden von Swasiland, über eine eigene Elektro-Wasserpumpe verfügt, müssen sich die Menschen mit dem schmutzigen Wasser eines zwei Kilometer entfernten Flusses zufrieden geben. Der Grund: Die von der Regierung installierte Anlage ist seit vier Jahren defekt. Ursprünglich sollten alle Nutznießer des 'Umtfombo-Wekuphila-Wasserprojekts' umgerechnet 1,60 US-Dollar monatlich in einen Fonds einzahlen. Mit diesen Reserven sollten anfallende Reparaturen bezahlt werden. "Doch einige Haushalte waren einfach zu arm, um einen solchen Betrag aufzubringen", meint die 52-jährige Tintfombi Msibi. Um die Zapfstelle endlich reparieren zu lassen, müsste jeder Haushalt um die 17 Dollar aufbringen – zu viel für die meisten der betroffenen Familien in einem Land, in dem 63 Prozent der Menschen mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen müssen. Nicht nur in Msibis Dorf ist die Wasserversorgung desolat. Wie die Hilfsorganisation 'Water Project' berichtet, funktionieren in dem Königreich ganze 90 Prozent aller ländlichen Wasserversorgungsprojekte nicht. Die Angaben der staatlichen Wasserbehörde, wonach 69 Prozent der Bevölkerung Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, sind somit unglaubwürdig. Obed Ngwenya, der Leiter der für die ländlichen Gebiete zuständigen Wasserbehörde im Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen, hält die Zahl für durchaus realistisch. Verlässliche Angaben ließen sich aber erst nach einer landesweiten Erfassung aller defekten Anlagen machen, betont er gegenüber IPS.  -15-

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Die hohe Zahl unbrauchbarer und damit nutzloser Wasserpumpen erklärt er damit, dass defekte Pumpstationen selten repariert würden. Üblich sei es, mit Hilfe von Entwicklungspartnern neue Anlagen einzurichten. Defekte Pumpanlagen Ekuphakameni gehört zum Wahlkreis Matsanjeni. Dort gibt es nach Angaben des zuständigen Leiters Seth Gumbi 175 Bohrlöcher, von denen 75 nicht funktionieren und die restlichen 100 nicht ausreichen, um 17.000 Menschen mit Wasser zu versorgen. So sehen sich wie Msibi viele Menschen gezwungen, weite Wege zurückzulegen, um an Wasser heranzukommen. "Einige Zapfstellen sind mit Handpumpen ausgestattet, die sehr schnell kaputt gehen", berichtet Gumbi. Und aufgrund des hohen Salzanteils im Wasser würde die Mechanik sehr schnell verrosten. "Hinzu kommen die Bohrlöcher die bereits leergepumpt sind", berichtet er. "Hier gibt es zwar Bohrlöcher allerorten, doch keinen Tropfen Trinkwasser." In Ekuphakameni und allen anderen Dörfern sollen die defekten Wasserstellen nun aber bald wieder instandgesetzt werden, wie Trevor Shongwe gegenüber IPS versichert. "Wir sind derzeit dabei, uns einen Überblick über die intakten und kaputten Vorrichtungen zu verschaffen", so der Geschäftsführer der Ländlichen Wasserbehörde, einer Abteilung im Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen. In fünf der 55 Wahlkreise sei die Bestandsaufnahme bereits abgeschlossen. Shongwe zufolge arbeitet die Regierung mit verschiedenen Partnern einschließlich Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und dem Privatsektor zusammen, um die defekten Anlagen zu reparieren. Jameson Mkhonta vom Forum für Wasser-Sanitärversorgung und Hygiene (WASH) führt den Verfall der Bohrlöcher nicht zuletzt auf Missmanagement zurück. In anderen Fällen wiederum konnten die Gemeinschaften nicht die steigenden Stromkosten für den Betrieb der Pumpen stemmen. Im Rahmen der Instandsetzungsarbeiten sollen die Menschen von der Notwendigkeit überzeugt werden, ihre Stromrechnungen zu bezahlen. Darüber hinaus will man ihnen zeigen, wie sie die Projekte effizient und nachhaltig betreiben können. Wasserversorgung mit Hilfe der Schwerkraft In Nsuka, einer Ortschaft eine Stunde Autofahrt von der Wirtschaftsmetropole Manzini entfernt, wurde mit der finanziellen Hilfe von Hilfe 'World Vision Swaziland' (WVS) im Rahmen des Projekts ein 120.000-Liter-Tank angeschafft, der das Wasser aus einer nahegelegenen Quelle auffängt. Die Quelle entspringt auf einem Hügel. Eine Pumpe ist somit nicht erforderlich. Ab Juni wird es 221 Haushalte zu jeweils zehn Menschen mit Wasser versorgen. Die Betriebskosten sind niedrig, und die Einwohner von Nsuka sollen lediglich einen kleinen Obolus leisten, damit das System gegebenenfalls gewartet werden kann. Bisher konnten bereits 66 Dollar für die Einrichtung eines Wartungsfonds gesammelt werden. Laut Daniel Maduna, Programmmanager des WVS-Wasser- und Sanitärprogramms, dient das Vorhaben als Pilotprojekt. Das Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen will für die Installation von kommunalen Zapfstellen sorgen, die in höchstens 200 Metern Entfernung von jedem Haushalt liegen. Jeder einzelne Dorfbewohner wird im Rahmen des auf 20 Jahre angelegten Projektes Zugang zu 30 Litern Wasser am Tag haben.  Deutsche Bearbeitung: Karina Böckmann (TD02-04-2013) Copyright © IPS Deutschland GmbH http://thewaterproject.org/ http://www.worldvision.org/our-work/international-work/swaziland http://www.ipsnews.net/2013/03/updateboreholes-boreholes-everywhere-and-not-a-drop-to-drink/ -16-

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Chile: Ex-Präsidentin Bachelet strebt Wiederwahl an Von Marianela Jarroud Santiago (IPS) – Chiles ehemalige Staatschefin Michelle Bachelet drängt es erneut an die Schalthebel der Macht. Ihre Chancen auf einen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen im November stehen gut. Allerdings muss sie bis dahin die stetig anwachsende soziale Protestbewegung auf ihre Seite bringen. Chile hat sich seit dem Ende von Bachelets Amtszeit im März 2010 merklich verändert. Seit zwei Jahren gehen Studentenorganisationen, Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Gruppen auf die Straße und nehmen die Regierung des konservativen Präsidenten Sebastian Piñera unter heftigen Beschuss. Die Protestbewegung blickt allerdings auch ernüchtert auf die 20-jährige Regierungszeit der Mitte-Links-Parteien nach dem Ende der Militärdiktatur von 1973 bis 1990 zurück. "Ein großer und wichtiger Teil der Gesellschaft will jetzt einen Wandel und nicht nur Verbesserungen des bestehenden Modells", betont der Anthropologe Mauricio Rojas, der an der Jesuitenuniversität Alberto Hurtado in Santiago de Chile lehrt. "Diese Gruppe war in den vergangenen 30 Jahren kulturell, sozial und politisch unsichtbar. Nun ist sie erwacht." Wie Rojas erklärt, regte sich nach der Volksabstimmung 1988, die die Weichen für eine Rückkehr zur Demokratie stellte, starke Kritik an dem wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Modell, die nach der Wiedereinführung der Demokratie wieder abgenommen habe. "Der Amtsantritt der Rechten unter Führung von Präsident Piñera hat jedoch eine Kraft freigesetzt, die vorher unterdrückt war oder sich selbst zurückhielt und die nun einen Wandel erreichen will." Bachelet räumt Fehler früherer Mitte-Links-Regierungen ein Am 27. März kündigte Bachelet offiziell an, bei den Wahlen am 17. November erneut für das höchste Staatsamt in Chile zu kandidieren. Das Versprechen, im Fall eines Wahlsiegs die soziale Ungleichheit zu bekämpfen, steht im Mittelpunkt ihres Wahlkampfes. Nach ihrer Rückkehr aus New York räumte die ehemalige Chefin der UN-Frauenorganisation 'UN Women' ein, dass die früheren Mitte-Links-Regierungen in der Zeit von 1990 bis 2010 auch Fehler gemacht hätten. "Chile hat sich verändert", sagte die 61-Jährige, die zu den beliebtesten Staatsoberhäuptern des südamerikanischen Landes gehörte. "Heute ist es ein aktiveres Land, das sich seiner Rechte stärker bewusst ist. Die Bürger sind reifer geworden. Sie haben genug von Machtmissbrauch und davon, dass ihre Bedürfnisse nicht ernst genommen werden." Iván Fuentes, Vorsitzender der Vereinigung der kleinen Fischereibetriebe der im Süden gelegenen Region Aysén ist ebenfalls der Ansicht, dass die chilenische Gesellschaft inzwischen "weniger konformistisch ist und weitreichende Veränderungen erreichen will". Fuentes steht auch an der Spitze der Sozialbewegung in Aysén, die seit Anfang 2012 zu Protesten aufruft. Die Unruhen in der Region, die zu Patagonien gehört, wurden vor allem dadurch ausgelöst, dass die Bevölkerung sich von der Zentralregierung in Santiago übergan gen fühlte. Engagement für kostenfreie staatliche Bildung In ihrer ersten Wahlkampfrede sprach Bachelet von sozialer Ungleichheit, der Studentenprotestbewegung, die eine kostenfreie staatliche Bildung fordert, von Demonstrationen sowie von sexuellen Rechten und der Inklusion ethnischer Minderheiten. Wie aus dem Umfeld der früheren Präsidentin verlautete, arbeitet ein Expertenstab in ihrem Auftrag bereits an einem Vorschlag zur Abschaffung der Studiengebühren. Ziel sei die Umsetzung von Maßnahmen, die die finanziellen Zugangsbarrieren zum öffentlichen Bildungssektor schrittweise abbauen sollten. Wie im benachbarten Argentinien solle es freie Bildung für alle geben.  -17-

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Nach Ansicht des Politologen Guillermo Holzmann besteht eine der größten Herausforderungen für Bachelet darin, auch die Bevölkerungsschichten für sich zu gewinnen, die sich bisher nicht von ihr vertreten sehen. "Die Lösung dieses Problems sollte für sie Priorität haben", meint er. Über die Hälfte der Wähler wollen Bachelet als Präsidentin In Umfragen kommt Bachelet zurzeit auf mehr als 50 Prozent der Wählerstimmen. So viel bräuchte sie auch, um eine Stichwahl um das Präsidentenamt zu vermeiden. Am Ende ihrer vierjährigen ersten Amtszeit hatten sich in Umfragen 80 Prozent der Wähler mit ihrer Politik einverstanden erklärt. Viele im Land rechnen bereits mit dem politischen Comeback der ehemaligen Kinderärztin. Die politischen Entscheidungsträger der Mitte-Links-Koalition 'Concertación por la democracia', deren Ruf angeschlagen ist, waren bei Bachelets erstem öffentlichen Termin abwesend und wurden von ihr mit keinem Wort erwähnt. Die Ex-Präsidentin kündigte an, dass sie für ein neues Oppositionsbündnis antreten werde, das ein breiteres soziales und politisches Spektrum repräsentiere als die 'Concertación'. Auch die Kommunistische Partei soll dieser neuen Koalition angehören. Bei den Vorwahlen wird Bachelet zunächst gegen den christdemokratischen Parlamentsabgeordneten Claudio Orrego sowie ihren früheren Finanzminister, den Unabhängigen Andrés Velasco, und den Senator José Antonio Gómez von der Radikalen Sozialdemokratischen Partei antreten. Wenn sie diese Hürde genommen hat, erwartet sie eine Konfrontation mit dem Kandidaten von Piñeras konservativer Koalition für den Wandel. Im Rennen sind Piñeras ehemaliger Verteidigungsminister Andrés Allamand von der Partei der Nationalen Erneuerung und der frühere Minister für öffentliche Bauten, Laurence Golborne, der für die Unabhängige Demokratische Union antritt.  Deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe (TD02-04-2013) Copyright © IPS Deutschland GmbH http://www.unwomen.org/about-us/directorate/former-ed-michelle-bachelet/ http://www.ipsnews.net/2013/03/chiles-bachelet-will-try-to-win-over-social-movement/

Haiti: Ökobriketts und Sonnenkraft – Erneuerbare Energien auf dem Vormarsch Von Patricia Grogg Puerto Príncipe (IPS) – Der Universitätsprofessor Jean Reniteau will die Lampen in seinem Haus langfristig mit Hilfe von Solarenergie zum Leuchten bringen. Und der Unternehmer Frantz Fanfan setzt auf Briketts aus Karton-, Papier- und Holzresten, um die Abhängigkeit der Haitianer von Holzkohle zu verringern. Die meisten Haitianer verwenden Holzkohle zum Kochen, weil sie nicht ans Stromnetz angeschlossen sind. "Das ist bei uns zu Hause ein absolutes Tabu", meint Reniteau. "Wir müssen endlich mit dieser Gewohnheit brechen." Wann sein Traum vom Licht aus der Sonne Wirklichkeit werden kann, vermag er nicht zu sagen. Allerdings weiß er von einem Unternehmen auf Haiti, das Solarzellen verkauft und installiert. Nach seinen Berechnungen würde ihn der Umstieg ganze 1.550 US-Dollar kosten. "Ich muss die Einzelteile wohl stückweise kaufen", berichtet er. Mehr lässt sein monatliches Gehalt in Höhe von 800 US-Dollar nicht zu. Fanfan ist Manager einer Brikett-Fabrik in Haitis Hauptstadt Puerto Príncipe. Auch er ist fest entschlossen, "der Abholzung unserer Wälder ein Ende zu bereiten". Erreichen will er das, indem er den lokalen Markt mit seinem Produkt überflutet. Langsam bahnen sich erneuerbare Energien eine Schneise durch das Land, das sich mit der Dominikanischen Republik die Insel Hispaniola teilt. So wird die große Avenida Toussaint Louverture, eine der Hauptverkehrsadern von Puerto Príncipe, jede Nacht mit Solarlampen beleuchtet. Auch andere Städte haben damit begonnen, in kleinem Maßstab umzusatteln.  -18-

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Um erneuerbare Energien weiter zu verbreiten, hat die Stiftung 'Nouvelle Grand’Anse' ein Abkommen mit der Nichtregierungsorganisation 'Cubasolar' unterzeichnet. In Dekade, fünf Kilometer von der Stadt Jérémie entfernt, soll im Rahmen der Übereinkunft ein Informationszentrum für erneuerbare Energien eröffnet werden. "Die Umstellung im Departement Grand’Anse und im gesamten Südosten Haitis genießt zurzeit höchste nationale Priorität", berichtet Maxime Roumer, Leiterin der Stiftung, gegenüber IPS. Mehr als 250 Straßenlaternen wurden oder werden in der Region installiert. Sie sollen mit Biogas oder anderen erneuerbaren Energiequellen betrieben werden. 72 Prozent des gesamten nationalen Energieverbrauchs geht zu Lasten der Wälder. Die hohe Nachfrage nach Holzkohle hat dazu beigetragen, dass heute nur noch zwei Prozent des gesamten Landes von Wald bedeckt sind. Das schadet dem Klima, führt aber auch zu Bodenerosion und Überschwemmungen. "Wenn das so weitergeht, dann verlieren wir demnächst auch noch unsere Mangobäume an die Holzfäller", befürchtet Fanfan. Für Fanfan sind seine Briketts die beste Lösung für das Problem. Mit ihnen könne man umwelt- und gesundheitsschonend kochen. Seine Fabrik 'Fuego del Sol' (Sonnenfeuer) fertigt pro Tag 5.000 Stück. Sie bestehen aus Karton-, Papier- und Holzresten, die zu einem Brei verarbeitet und dann in ihre Form gegossen wurden. Sobald die Masse getrocknet ist, kann sie verwendet werden. "Wir tragen dazu bei, dass das Land sauber wird", sagt Fanfan. Seine Briketts sind günstiger als Holzkohle und Propangas, außerdem weniger klimaschädlich. Bisher vertreibt er sein Produkt hauptsächlich über das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen an mehrere Schulen in Haiti. Diese wurden auch mit den entsprechenden Herden ausgestattet. Das Mittagessen wird nun auf umweltschonende Weise gekocht. "Jetzt arbeiten wir daran, Kochherde für normale Haushalte zu bauen, damit auch sie unsere Briketts verwenden können", erzählt Fanfan. Seine Hoffnung, die Wälder zu schützen, teilt er mit dem haitianischen Umweltminister Jean François Thomas. Dieser bestätigte im Gespräch mit IPS, dass die Regierung neben Plänen zur Aufforstung auch alternative Energien fördern werde, um den Druck auf die Wälder abzumildern.  Deutsche Bearbeitung: Johanna Treblin (TD05-04-2013) | Copyright © IPS Deutschland GmbH https://sites.google.com/a/elfuegodelsol.com/elfuego/about-us http://www.cubasolar.cu/instituciones/cubasolar.html | http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102615

Nicaragua: Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2026 geplant Von José Adán Silva Managua (IPS) – Erneuerbare Energien sind in Nicaragua auf Expansionskurs. Bis 2026 will das Land seinen Strom zu 100 Prozent aus nachhaltigen Quellen beziehen. Schon jetzt liegt Nicaragua in Lateinamerika in punkto regenerative Energien auf Platz zwei hinter Brasilien. Für seine Energieerzeugung wird Nicaragua damit immer unabhängiger von fossilen Energieträgern. Dazu beigetragen haben vor allem politische Maßnahmen. Gelder kommen von internationalen Organisationen und unter anderem auch aus Deutschland. Im Jahr 2005 wurden 90 Prozent der Energie fossil erzeugt. Bis 2012 stieg der Anteil der Erneuerbaren am nicaraguanischen Energiemix bereits auf 41 Prozent. Damit konnte das Land 228 Millionen US-Dollar für die Einfuhr von Rohöl einsparen. Im laufenden Jahr soll der Anteil auf 50 Prozent und bis 2017 auf 97 Prozent gesteigert werden. 2026 soll dann die gesamte Energie, die das Land verbraucht, mit regenerativen Energien bestritten werden. Ende Februar dieses Jahres weihte das Energieministerium die größte Solarkraftanlage des Landes und ganz Zentralamerikas ein. Sie soll 1.100 Haushalte und kleine Betriebe in der Gemeinde Diriamba mit Strom versorgen, die im Departement Carazo liegt, 55 Kilometer südlich der Hauptstadt Managua und nahe der PazifikKüste.  -19-

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Japan hat das Projekt, das eine Kapazität von 1,38 Megawatt erreichen soll, mit 11,4 Millionen US-Dollar bezuschusst. 500.000 Dollar steuert die nicaraguanische Regierung bei. Insgesamt werden den Angaben zufolge 5.880 Solarpanelen installiert. Laut Energieminister Emilio Rappaccioli wird das Solarkraftwerk das Land befähigen, pro Jahr 1.100 Tonnen Kohlendioxidemissionen einzusparen. "Klimawandel stoppen" "Nicaragua will dazu beitragen, dass der Klimawandel gestoppt wird", sagte Rappaccioli und nannte vor allem Wasserkraft, Geothermie, Windkraft und Biomasse als die neuen Hoffnungsträger. Das erste Biomasseabkommen ist bereits vorhanden: Zwölf Kommunalverwaltungen der größten Städte des Landes unterzeichneten im Februar einen Vertrag mit der spanischen Firma 'Biomasa Investment Nicaragua' (Binicsa), um Müllhalden in Biomassekraftwerke zu verwandeln. Das Unternehmen will in den kommenden zwei Jahren 150 Millionen US-Dollar in entsprechende Projekte investieren. Den Machbarkeitsstudien zufolge könnte die Leistung der zwölf Mülldeponien, um die es geht, bei einer elektrischen Leistung von jeweils rund zwei Megawatt liegen. Die Deponien in Masaya und Managua haben dagegen ein Potenzial von vier respektive acht bis zehn Megawatt. Acht Erneuerbare-Energien-Projekte finanziert die deutsche Förderbank KfW. Insgesamt hat sie dafür Kredite in Höhe von 40 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt, berichtete der deutsche Botschafter in Nicaragua, Karl-Otto König, gegenüber IPS. "Der Sprung beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist nicht einfach nur spektakulär", sagte der Unternehmer César Zamora gegenüber IPS. "Er ist aus strategischen Gründen bedeutsam." Sechs Millionen Menschen leben in Nicaragua, 47 Prozent davon am Rande der Armut. "Wenn man 200 Millionen Dollar pro Jahr an Öl-Importen spart, kann man das Geld nutzen, um soziale Projekte anzustoßen, die lokale Wirtschaft zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu schaffen." Darüber hinaus spare der Staat auch Geld für die Beseitigung von Umweltschäden, die fossile Energien verursachen. Antwort auf Explosion der Ölpreise Der Aufschwung der Erneuerbaren ist allerdings nicht allein auf umwelt- oder sozialpolitische Überlegungen zurückzuführen. Als die Ölpreise nach dem Jahrtausendwechsel in die Höhe schnellten, schlitterte Nicaragua in eine Energiekrise hinein, weil es nicht das Kapital hatte, um die hohen Preise zu bezahlen. Im Jahr 2007 entschied die Regierung, den Ausstieg aus der Öl-Abhängigkeit systematisch voranzutreiben. Im Rahmen des Nationalplans für menschliche Entwicklung sollen von 2012 bis 2017 zwei Milliarden US-Dollar in den Ausbau von Wasser-, Wind- und Solarkraftwerken sowie in Geothermie gesteckt werden. Zusammen sollen die Anlagen eine Kapazität von 546 Megawatt erzielen. Ein Großteil des Ausbaus der regenerativen Energien verdankt Nicaragua der Interamerikanischen Entwicklungsbank. In den vergangenen fünf Jahren hat die Finanzorganisation dem Land insgesamt Kredite in Höhe von insgesamt 1,308 Milliarden US-Dollar bereitgestellt. Davon waren 227,7 Millionen für den Ausbau der Energieerzeugung bestimmt. So konnten seit vergangenem Jahr 128.390 Bewohner der Pazifik- und Karibikregionen an das Stromnetz angeschlossen werden. In diesem Jahr sollen 164.000 Menschen dazukommen.  Deutsche Bearbeitung: Johanna Treblin (TD04-04-2013) | Copyright © IPS Deutschland GmbH http://www.pndh.gob.ni/ | http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102532

Redaktionsschluss: 06. April 2013 -20-