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n mit Diabetes

Zeitung für junge Mensche

No rules, just moves!

Interview mit Sportler Ralf Dornath:

Mit Tricking Grenzen überwinden Diabetologe Dr. Merfort:

Sexualität und Schwangerschaft Kein Problem mit Diabetes! Oder doch? Camp D-Logistiker Michael Andresen:

Bei Camp D habe ich viel gelernt …

camp fire 01/ 2013

An Herausforderungen wachsen Diese Camp fire steht für mich unter dem Motto „Herausforderungen“. Herausforderungen, die das Leben mit Diabetes, aber auch das Leben als solches mit sich bringt. Beim Thema Diabetes kann ich – bis auf einen Gestationsdiabetes während meiner zweiten Schwangerschaft – nicht wirklich mitreden. Sprechen wir von Herausforderungen, die das Leben uns generell stellt, bin ich schon eher mit an Bord. Die größte Herausforderung in meinem Leben ist mit Sicherheit, meine Familie und den Beruf so miteinander zu vereinbaren, dass ich letztendlich allen – auch mir – gerecht werde. Das ist nicht immer ganz einfach und viele Eltern werden ein Lied davon singen können. Schon eine Schwangerschaft kann eine ganz schöne Herausforderung sein. Sind die Kinder dann erst ein-

von Hansruedi Stahel 2

Das Schöne dabei jedoch ist, meiner Meinung nach, dass wir an Herausforderungen wachsen. Sich ihnen zu stellen bedeutet, neue Wege einzuschlagen, den Stillstand zu vermeiden. In diesem Sinne wünsche ich viel Spaß beim Lesen und zum Schluss ein Zitat von Paul Gauguin: „Die große Herausforderung des Lebens liegt darin, die Grenzen in dir selbst zu überwinden und so weit zu gehen, wie du dir niemals hättest träumen lassen.“

Camp D ist Europas größtes Erlebniscamp für Jugendliche und junge Erwachsene mit Diabetes im Alter von 16 bis 25 Jahren. Es wurde 2006 von Novo Nordisk ins Leben gerufen, um damit ein Forum für eine Patientengruppe zu schaffen, für die es sonst kaum eigene Unterstützungsangebote gibt. Mit Workshops rund um Diabetes und jeder Menge Sport entsteht bei Camp D in einer besonderen Atmosphäre ein einzigartiges Wir-Gefühl, das Raum gibt für einen intensiven persönlichen Erfahrungsaustausch. Nach 2006 und 2008 veranstaltete Novo Nordisk im Sommer 2011 das Camp D zum dritten Mal – erstmals zusammen mit dem Partner Bayer HealthCare. Camp D ist Teil des umfassenden Changing Diabetes® Konzepts von Novo Nordisk.

Herzliche Grüße

Christina Betz-Senftleben

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te sich im Raum beEine fühlbare Stille mach kurze Zeit. Dann öffnete merkbar. Aber nur für . n Jungen alle Schleusen die Begeisterung bei de rn ohne viel Ballast und Klettern, einfach klette e en Absicherung. Wänd nur mit der allernötigst bern. Eine neue Idee mit der eigenen Kraft ero e Climbing ... schwebte im Raum: Fre

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weiter!“, ereiferte sich „So geht das doch nicht er. „Wir schlagen uns ein heißblütiger Südtirol hem Material durch die mit Hacken und technisc nichts mehr mit BergWände. Das hat doch tr im Recht. Auf einer Kle steigen zu tun!“ Er wa er von uns zehn Kilo tertour trug damals jed t. „Man müsste frei kle Schlosserei am Rücken wenigsten möglichen ter n können! Mit der klettern.“ Frei klettern? Sicherung. Einfach nur

© iStockphoto.com/Art

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mal auf der Welt, nehmen die Herausforderungen in der Regel weiter zu. Dies werden wahrscheinlich auch Annette Rott und Ralf Dornath, die wir beide für diese Camp fire interviewt haben, bestätigen können.

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Menschen helfen, Verantwortung übernehmen 90 Jahre Leidenschaft für mehr Lebensqualität

„Unsere Geschichte beginnt mit der Liebe eines Mediziners zu seiner Frau. Diese Liebe spiegelte sich in dem wider, was jeder Mediziner mit aller Leidenschaft tut: forschen, entwickeln, helfen“, so Camilla Sylvest, die Deutschland-Geschäftsführerin von Novo Nordisk. Wie wir bereits in der letzten Ausgabe unserer Camp fire berichtet hatten, traf August Krogh, der dänische Physiologe und Nobelpreisträger, auf Wunsch seiner Frau, der Ärztin Dr. Marie Krogh, 1922 in Kanada die Forscher Frederick Banting und Charles Best. Die beiden hatten damals Menschen erstmals mit Insulin erfolgreich behandelt. Marie Krogh selbst hatte Typ 2 Diabetes und wusste um die Bedeutung der lebensrettenden Entdeckung. Zurück in Dänemark gelang es ihr, ihren Kollegen, den Arzt Hans Christian Hagedorn für die Sache zu begeistern. Gemeinsam entwickelten sie mit dem Apotheker August Kongsted daraufhin das erste Insulin in Skandinavien. Daraus entstand am 16. Februar 1923 – vor 90 Jahren – in Dänemark das Unternehmen mit dem Namen Nordisk. Bereits im März 1923 konnten sie die ersten Patienten mit löslichen Insulintabletten (Insulin Leo) behandeln. Um die Diabetesversorgung weiter zu verbessern, legte Nordisk in den 1930er Jahren sogar den Grundstein für zwei eigene Diabeteskliniken in Dänemark.

„Visionen stehen bei uns nicht auf dem Papier, sondern werden täglich gelebt“ CAMILLA SYLVEST, GESCHÄFTSFÜHRERIN NOVO NORDISK DEUTSCHLAND

Zwei ehemalige Mitarbeiter von Nordisk, Harald und Thorvald Pedersen, gründeten später das Unternehmen Novo Therapeutic Laboratorium. Über 65 Jahre lang brachte der Wettkampf zwischen beiden Unternehmen erstaunliche Forschungsleistungen zustande. Aus der Fusion 1989 entstand schließlich das heutige Novo Nordisk, das auf dem Gebiet der Diabetesversorgung weltweit führend ist. Verantwortung für heute und morgen „Noch heute leben wir jeden Tag aufs Neue die Verantwortung, die vor 90 Jahren aus Liebe und Leidenschaft entstanden ist. Mit dem Ziel, das Leben von Menschen mit Diabetes weiter zu verbessern“, so Camilla Sylvest, „wobei Visionen bei uns nicht auf dem Papier stehen, sondern täglich gelebt werden.“ Um den Diabetes erfolgreich mit den besten Mitteln zu behandeln und so schnell wie möglich ganz zu heilen, investiert Novo Nordisk jedes Jahr einen großen Teil seines Umsatzes in den Bereich Forschung und Entwicklung – allein in 2012 waren das rund 1,46 Mrd. Euro.

1923 Insulin Leo – eine Entwicklung des Nordisk Insulinlaboratoriums. Diese löslichen Tabletten waren Dänemarks erstes Insulinprodukt.

1925 Die Novo-Spritze mit Nadeln für die selbständige InsulinInjektion wird eingeführt.

Novo Nordisk verbessert die Versorgung mit Insulinen auch in Ländern mit niedriger und mittlerer Wirtschaftskraft und setzt sich schon seit vielen Jahren aktiv für den Umweltschutz ein: 2004 hat Novo Nordisk ein Abkommen zur deutlichen Senkung der KohlendioxidEmissionen mit dem „World Wide Fund of Nature” (WWF) unterzeichnet. Mit erneuerbaren Energien, wie z. B. Windkraft, versucht Novo Nordisk die energieintensive Insulinproduktion so umweltverträglich wie möglich zu gestalten. 1946 Insulin Retard Leo NPH (Neutrales Protamin Hagedorn) –

Mehr Informationen über Novo Nordisk unter: www.novonordisk.de www.novonordisk.com

Nordisk entwickelt das erste isophane NPH-Verzögerungsinsulin.

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Interview

Mit Tricking Grenzen überwinden

Wer beim letzten Camp D 2011 dabei war, kennt ihn: Ralf Dornath. Der Tricking-Spezialist aus Berlin zählte am Sporttag zu den Highlights und begeistert mit einer Mischung aus Akrobatik, Breakdance und Kampfsportelementen. Auch privat war Camp D für ihn ein Highlight …

Tricking ist eine Trendsportart, die es erst seit ein paar Jahren gibt. Wie bist du dazu gekommen? Sport macht mir unglaublich viel Spaß. Zunächst begann ich mit Silat, einer indonesischen Kampfsportart, die vom Kung Fu abgeleitet ist. Danach lernte ich Capoeira, eine südamerikanische Kampfkunst. Durch meinen Capoeira-Trainer bin ich vor ein paar Jahren zum Tricking gekommen. Anfangs konnte ich mehr schlecht als recht einen Handstand, aber das war mir egal, ich fand es einfach klasse, auf meinen Händen zu stehen.

„Mir ist es ganz wichtig zu vermitteln, dass man mit Diabetes jeden Sport machen kann“

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Was ist das Besondere an Tricking? Das Ziel bei Tricking ist, anders als bei den Kampfsportarten, nicht die Selbstverteidigung oder der Kampf. Es geht nur darum zu zeigen, was man mit dem eigenen Körper machen kann. Das finde ich sehr sympathisch, weil ich eigentlich kein Kämpfertyp bin. Wie funktioniert Tricking? Beim Tricking wählt man aus verschiedenen Sportarten Bewegungselemente, sogenannte Moves, wie Flickflacks, Saltos, Handstände oder bestimmte Kicks, Handknifes und auch Tanzelemente. Diese fügt man individuell zu neuen Bewegungsabläufen, den Combos, zusammen. Es gibt keine Grenzen und auch keine strengen Regeln. Stattdessen ist Kreativität gefragt. Jeder macht, was ihm Spaß macht. Das ist für mich auch als Trainer immer sehr wichtig gewesen. Auf youtube findet man übrigens tolle Tricking-Videos.

Was findest du so faszinierend am Tricking? Ich mag es, fit zu sein. Und wenn ich mit etwas fit bleibe, das so viel Spaß macht wie Handstand und Saltos, dann finde ich das prima. Außerdem fordert mich Tricking ständig heraus. Es ist eine sehr abwechslungsreiche Sportart, die viele Möglichkeiten bietet. Ich bin mir sicher, dass ich immer etwas finden werde, was ich noch lernen kann. Gut gefällt mir auch das gemeinsame Training mit anderen Trickern. Wie trainiert man Tricking? Natürlich gibt es gewisse Grundtechniken, die ein Tricker lernt und für sich perfektioniert. Zunächst übt man unter Anleitungen am Boden einfache Kicks (Tritte, meist noch ohne Drehungen oder Sprünge), akrobatische Elemente wie Räder oder Handstände in verschiedenen Variationen und natürlich auch richtiges Abrollen, Koordination und Kraft. Dabei turnt man die einzelnen Übungen nacheinander durch. Danach werden Vorwärts-, Rückwärts- oder Seitwärtssaltos, Butterfly-Twist oder Aerial (Rad ohne Hände) unter anderem mithilfe von Schaumgummigrube, Sprungbrett und speziellen Sicherungsseilen und -gurten trainiert. Warum hast du bei Camp D mitgemacht? Mir ist es ganz wichtig zu vermitteln, dass man mit Diabetes jeden Sport machen kann. Vielleicht muss man sich vorher ein paar Gedanken mehr machen als jemand ohne Diabetes, aber ich finde, grundsätzlich sind einem keine Grenzen gesetzt. Von wegen „Ich schaff das sowieso nicht!“: Selbstzweifel oder negative Gedanken schiebt man am besten zur Seite und legt los. Wenn man Spaß am Üben hat, dann kommt beim Tricking der Rest von alleine. Man muss ja kein Weltmeister werden, Hauptsache sich bewegen und Spaß haben.

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Tricking und Pumpe – klappt das? Am Anfang war ich schon sehr skeptisch. Aber seit drei Jahren habe ich eine Pumpe und es funktioniert sehr gut. Ich trage immer sehr schlabbrige Trainingshosen, mit relativ großen, tiefen Taschen. Dort stecke ich die Pumpe einfach rein. Es ist noch nie etwas passiert, selbst wenn ich einen Handstand mache. Und was die Pumpe angeht, die möchte ich nicht mehr missen. Mein HbA1c ist jetzt genauso gut wie vorher, er liegt selten über 6,5 %. Aber nachts habe ich jetzt deutlich weniger schwere Unterzuckerungen. Auch während des Trainings habe ich weniger Leistungslöcher. Wie war Camp D für dich? Das war eine super Erfahrung. Nicht nur wegen der tollen Atmosphäre und der perfekten Organisation. Der Sporttag bedeutete für mich natürlich eine harte Konkurrenz mit so vielen anderen, bekannteren Sportarten. Aber ich war total zufrieden und die Jugendlichen waren richtig klasse. Außerdem habe ich während Camp D ein CGM-System ausprobieren können und das war schon toll. Leider ist es für mich als Student noch zu teuer. Aber ab und zu, wenn ich kritische Phasen habe, leihe ich mir ein CGM aus, damit ich die Langzeitentwicklung besser beurteilen kann. Die Werte werden damit noch mal besser und man hat praktisch eine perfekte Überwachung.

„Kann ich überhaupt Papa werden?“, war das ein Thema für dich? Nein, zu keinem Zeitpunkt. Ich habe mir lediglich Gedanken dazu gemacht, inwieweit ich meinen Diabetes vererben kann. Deswegen habe ich mich im Vorfeld informiert und mir bei Camp D den Vortrag zu Sexualität und Schwangerschaft von Dr. Merfort angehört. Was machst du aktuell? Zur Zeit studiere ich noch Mechatronik in Berlin und schreibe an meiner Abschlussarbeit zum Master of Engineering. Parallel dazu bin ich in Elternzeit, sprich, ich betreue unseren Sohn. Deshalb komme ich in der letzten Zeit auch nicht mehr so oft zum Tricking.

„Camp D bedeutet mir privat sehr viel: Ich erfuhr damals, dass meine Frau schwanger ist.“

Hast du weitere Pläne? Ende Mai, wenn ich mit der Uni fertig bin, will ich mir hier in Berlin eine Stelle als Ingenieur suchen. Das wird vielleicht nicht ganz einfach werden, denn Berlin ist bekanntermaßen arm, aber sexy. Berlin ist meine Heimat, hier leben meine Familie, meine Freunde. Vielleicht werde ich auch noch promovieren, mal schauen … Ganz bestimmt habe ich jedoch vor, wieder mehr zu trainieren. Denn ich fühle mich einfach besser, wenn ich Sport treibe.

Aber da gab es doch noch was bei Camp D – oder? Ja! Während Camp D habe ich erfahren, dass meine Frau schwanger ist.

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„Während der Schwangerschaft fühlte ich mich richtig toll!“ Annette Rott ist 2004 ohne große Planung natürlich schwanger geworden und hat ein gesundes, normal großes Kind zur Welt gebracht. Ihre sensationell gute Schwangerschaft verdankt sie – wie sie sagt – hauptsächlich ihrer Insulinpumpe, die sie anfänglich ganz schrecklich fand.

Annette Rott hat seit ihrem sechsten Lebensjahr einen Typ 1 Diabetes, der ganz klassisch behandelt wurde. Während ihrer Kindheit spritzte sie morgens und abends Insulin, ihre Mutter wog sämtliche Lebensmittel ab und errechnete immer die BE. Später in der Pubertät kaufte sich Annette heimlich nach der Schule auf dem Nachhauseweg am Kiosk Unmengen von Süßigkeiten. „Alkohol, Rauchen – ich habe alles ausprobiert“, sagt die studierte Pharmazeutin, die heute mit ihrem Mann zwei Apotheken führt. Eine Insulinpumpe kam für sie zu keinem Zeitpunkt infrage, auch nicht während des Studiums, weil sie die Krankheit nicht mit sich „herumtragen“ wollte. Nach ihrer Heirat 2001 wurde sie ungeplant schwanger und erlitt eine Fehlgeburt. Das war für sie wie ein Wendepunkt. Auf Anraten ihrer Diabetesberaterin und ihres behandelnden Diabetologen probierte Annette schließlich doch eine Insulinpumpe aus – eine gute Entscheidung, wie sie heute sagt. Auch wenn die erste Zeit mit der Pumpe schrecklich für sie war. „Immer dieses Einstellen und Peilen und die Angebundenheit ...“

2004 wird Annette ein zweites Mal schwanger. Auch dieses Mal war die Schwangerschaft nicht wirklich geplant, von wegen „jetzt haben wir drei Monate diese oder jene Werte und dürfen nun schwanger werden.“ „Nein! Das wollten mein Mann und ich auf keinen Fall.“ Tochter Charlotte war ein „Traumbaby“, Annette strahlt, „total gesund und normal groß“. Dank der Insulinpumpe und einer guten intensivierten Einstellung lagen Annettes HbA1c-Werte während der Schwangerschaft zwischen 5,2 und 5,7. Betreut wurde sie, neben den üblichen Fachärzten, von ihrem bewährten Diabetesteam, mit dem sie in engem Kontakt stand. „Mein Diabetologe war ein ausgewiesener Pumpenspezialist, und wir hatten mindestens jeden zweiten Tag Kontakt. Er war immer für mich da.“ „Außerdem “, so sagt sie, „habe ich damals – und das mache ich auch heute noch – meinen Blutzucker 10 –12 Mal pro Tag gemessen.“ Neben der völlig unkomplizierten Schwangerschaft war auch die Entbindung in der Klinik ganz unaufgeregt. Es war ein Samstagabend im Dezember. Nachmittags war sie noch mit einer Freundin auf dem Weihnachtsmarkt, während ihr Mann Jörg an einem Volleyballturnier teilnahm. Abends kamen dann die

„Ich kann jeder Frau mit Kinderwunsch nur eins empfehlen: die Pumpe!“ ANNETTE ROTT, PHARMAZEUTIN – ANNETTE HAT TYP 1 DIABETES

ersten Wehen und nach „Wetten, dass ..“ fuhren die beiden gegen 23 Uhr in die Klinik. Da die Geburt nicht so richtig in Gang kommen wollte, brachte sie Tochter Lotte am nächsten Tag – es war ein Sonntag – um 19 Uhr per Kaiserschnitt und PDA zur Welt. Dank Pumpe war auch das für die junge Mutter kein Problem. Das einzige, woran sich Annette nicht gern erinnert, ist, dass man ihr aufgrund ihres Typ 1 Diabetes Tochter Charlotte direkt nach der Geburt weggenommen hat, um sie einen Tag lang in der angeschlossenen Kinderklinik zu untersuchen. „Das fand ich richtig schlimm. Darauf war ich nicht vorbereitet.“ Ansonsten war alles ganz normal, „wie bei meinen Freundinnen auch“. Lediglich auf das Stillen hat sie verzichtet, weil ihr das in Verbindung mit ihrer Ernährung und dem Diabetes zu kompliziert erschien.

Ja sagen zur Schwangerschaft! Vom Gesetzgeber her gelten diabetische

„Frauen mit Diabetes können heutzutage genauso wie alle anderen Frauen gesunde Kinder zur Welt bringen – das muss einmal klar gesagt werden.“ DR. FRANK MERFORT, DIABETOLOGE 6

Schwangerschaften als Risikoschwangerschaft. Anders als noch vor 20 Jahren kann man heutzutage jedoch mit einer guten Kontrolle und modernen Therapien die gesundheitlichen Risiken für Mutter und Kind deutlich verringern. Hier nun die Ratschläge von Dr. Merfort für Frauen.

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Sexualität und Schwangerschaft Kein Problem mit Diabetes! Oder doch? Viele von euch haben Dr. Frank Merfort bei Camp D kennengelernt. Der Diabetologe aus Grevenbroich leitete dort 2008 wie auch 2011 die Workshops zum Thema Sexualität und Schwangerschaft, die jedes Mal bis auf den letzten Platz ausgebucht waren. Wirklich erstaunt über das große Interesse an diesen Themen ist Dr. Frank Merfort nicht. Aus Erfahrung weiß der Experte, dass Sexualstörungen bei Menschen mit Diabetes in den Arztpraxen immer noch als Tabuthema gelten und häufig als Befindlichkeitsstörung abgetan werden. Übrigens: Sexualstörungen kommen bei Männern wie auch bei Frauen mit Diabetes vor – und zwar unabhängig vom Alter. Weibliche Sexualstörungen … können vielfältige Ursachen haben. Wobei man eines ganz klar sagen muss: Frauen mit Diabetes bekommen keine anderen Sexualstörungen als Frauen ohne Diabetes – nur die Häufigkeit der auftretenden Sexualstörungen ist bei Frauen mit Diabetes höher. Wann treten Sexualstörungen auf? Zum einen, wenn bereits diabetische Folgeschäden wie Nervenstörungen (Neuropathien) vorliegen oder eine trockene Scheide (Lubrifikationsstörungen) vorhanden ist. Beide haben große Auswirkungen auf den Sexualverkehr. Bei einer trockenen Scheide treten Schmerzen auf, während Nervenstörungen zu einem gestörten Orgasmus führen können, d. h. dass die Frau keinen Orgasmus erleben kann oder dieser zu spät erfolgt, weil die Empfindung in der Erregungsphase gestört ist. Auch Harninkontinenz beim Sexualverkehr, Depressionen und deren medikamentöse Behandlung sowie eine vorübergehend sehr schlechte Stoffwechseleinstellung können Sexualstörungen hervorrufen. Hinzukommen oft noch psychosoziale Faktoren (u. a. Verfügbarkeit eines Partners, leidvolle Erfahrungen, Rollenverständnis als Frau). Da sich Sexualstörungen bei Frauen deutlich schwieriger feststellen und messen lassen, steht für Dr. Merfort das offene und ehrliche Gespräch im Vordergrund. Hilfreich sind auch Fragebögen wie der Female Sexual Function Index (FSFI) und der Bonner Fragebogen zur Sexualität der Frau (BFS).

Schuldgefühle empfindet, im Sinne von „Ich bin keine richtige Frau mehr!“. Deshalb Dr. Merforts Tipp: „Wenn es mit der Sexualität nicht mehr klappt, dann zum Arzt und am besten den Partner mitbringen. Denn zur Sexualität gehören immer zwei.“ Die Frage ist nur, an welchen Arzt soll man sich wenden? Bei organisch bedingten Sexualstörungen können das der Hausarzt, der Diabetologe und auch der Gynäkologe sein. Liegen allerdings schwere und belastende Sexualstörungen (Vaginismus, psychogene Dyspareunie und Aversionen) vor, ist es sinnvoll, einen erfahrenen Sexualtherapeuten hinzuzuziehen. Wobei – und das ist leider eine Tatsache – das Angebot von sexualtherapeutischen Einrichtungen in Deutschland begrenzt ist. Zur Behandlung von weiblichen Sexualstörungen gibt es mechanische Hilfsmittel (u. a. Gleitcremes, vaginale Saugpumpen und Vibratoren) und Medikamente zur Potenzsteigerung, wie sie bei der Behandlung einer Erektionsstörung des Manns eingesetzt werden. Die Wirksamkeit dieser Medikamente ist umstritten. Männliche Sexualstörungen Wie bei den Frauen gibt es bei Männern mit Diabetes Störungen in allen Bereichen des Sexualverkehrs, allerdings ist die erektile Dysfunktion, d. h. die Unfähigkeit eine ausreichende Erektion zu erlangen oder aufrechtzuerhalten, die mit Abstand häufigste Sexualstörung beim diabetischen Mann. Wobei die Frage nach Anspruch und Realität immer im Gespräch geklärt werden muss. Wenn ein Mann glaubt, er habe eine erektile Dysfunktion, weil er nicht dreimal hintereinander Geschlechtsverkehr haben kann, dann ist das keine Erektionsstörung! Dennoch ist Sexualität immer etwas ganz Individuelles und was für den einen gilt, trifft noch lange nicht auf den anderen zu.

Was aber kann man bei weiblichen Sexualstörungen tun? Ziel muss sein, dass die Frau keinen Makel oder

Was kann man tun? Erektionsstörungen beim Mann lassen sich zwar relativ einfach apparativ messen, man kann sie aber auch gut im Gespräch erfragen. Die Gründe für eine Erektionsstörung sind oft vielschichtig.

1. Eins muss klar gesagt werden: Frauen mit Diabetes können gesunde Kinder zur Welt bringen. Dafür ist allerdings eine engmaschige, medizinisch multidisziplinäre Betreuung wichtig.

4. Eine Insulinpumpe ist medizinisch gesehen nicht zwingend notwendig, eine gute intensivierte Insulintherapie reicht aus. Eine Insulinpumpe erleichtert jedoch, bessere HbA1cWerte zu erreichen.

2. Vor der Schwangerschaft ist es sinnvoll, für eine optimale Stoffwechselsituation zu sorgen. „Realistisch ist ein HbA1c von 6,5 –7,0 %“, so Dr. Merfort, „wobei ein HbA1c von 7,5 oder 8,0 % nicht automatisch zu einer Schädigung des Babys führen muss, allerdings ist die Chance dafür höher.“ Ein vernünftiger HbA1c gibt einfach mehr Sicherheit.

5. Regelmäßige Besuche beim Gynäkologen sind wichtig, um die Entwicklung des Kinds zu verfolgen. Gecheckt werden die Menge des Fruchtwassers, die Größe des Kinds und der Zustand der Mutter.

3. Entscheidend ist auch, dass eine Schwangere von sich aus bereit ist, mehr Verantwortung zu übernehmen. Mit häufigeren Messungen kann man für eine stabile Stoffwechselsituation sorgen bzw. schneller auf schlechtere Werte reagieren.

6. Falls Vorstufen zu einer Retinopathie vorhanden sind, kann es unter einer Schwangerschaft zu einer Verschlechterung kommen. Deshalb sollte eine Frau, die schwanger werden möchte, unbedingt vorher noch einmal beim Augenarzt gewesen sein. 7. Während der Schwangerschaft sollte der Kontakt zum Diabetologen engmaschiger sein. Man muss einfach wissen, dass im zweiten und letzten Drittel der Insulinbedarf auf das Zwei- bis Dreifache ansteigen wird, während des Geburtsvorgangs sinkt er dann wieder drastisch.

Das können Durchblutungsstörungen, Nervenstörungen, aber auch psychogene Störungen sein. In den allermeisten Fällen liegt eine Kombination von mehreren Gründen vor. Zusätzliche Risikofaktoren sind Bluthochdruck, Nierenschäden, Fettstoffwechselstörungen, Arteriosklerose der Herzkranzgefäße, Zigarettenund Alkoholkonsum. Was die Therapie angeht: Dazu werden heute erfolgreich drei erektionssteigernde Medikamente eingesetzt, mit denen man in den letzten Jahren sehr viele und sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Das bedeutet: „Man muss keine Ängste haben von wegen ‚die Todespillen aus Amerika‘. Das ist Unsinn!“, so Dr. Merfort. Alle drei erektionssteigernden Medikamente sind relativ einfach in der Handhabung. Sie werden eine gewisse Zeit vor dem gewünschten Kontakt eingenommen. Allerdings sollte man am Anfang die eigenen Erwartungen nicht zu hoch stecken. Nach der ersten oder zweiten Anwendung darf man noch keine Maximalleistungen erwarten. Übrigens: Weder getrocknete Stierhoden, noch Tigerkrallen oder Nashornpulver haben Männern mit einer erektilen Dysfunktion je geholfen. Alternative Therapien sind Vakuumapparate, Harnröhrenstäbchen, die sich im Penis auflösen (MUSE-Therapie), und Injektionen in den Penis (SKAT-Therapie). Neben der Erektionsstörung sind Ejakulationsstörungen im Sinne eines vorzeitigen Samenergusses (innerhalb von wenigen Sekunden) gerade bei jungen Menschen mit Diabetes ein weiteres großes Thema. Denn wie man sich vorstellen kann, sind sie für den Mann wie auch seine Partnerin extrem belastend. Ejakulationsstörungen treten oft infolge einer Nervenstörung (Neuropathie) auf und auch sie können mithilfe von Medikamenten behandelt werden.

8. Viele Schwangere befürchten, dass Hypoglykämien das ungeborene Kind schädigen. Diese Gefahr ist so nicht vorhanden: Bei einfachen Unterzuckerungen ist das Baby relativ gut geschützt, lediglich bei schwersten Hypoglykämien mit Krampfzuständen und Ohnmacht kann es zu Auswirkungen beim Kind kommen. Deshalb sind Gespräche und Hypoglykämie-Schulungen wichtig, damit Warnsymptome frühzeitig erkannt werden können. 9. Wo soll die Entbindung stattfinden? In Abstimmung mit dem Gynäkologen und Diabetologen sollte man sich rechtzeitig für eine Klinik entscheiden, die Erfahrung mit diabetischen Schwangerschaften hat und bei der das Neugeborene neonatologisch betreut werden kann. 10. Kaiserschnitt ja oder nein? Eine diabetische Schwangerschaft kann natürlich beendet werden, ein Kaiserschnitt ist kein Muss – vorausgesetzt, das Kind ist nicht zu groß.

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Bei Camp D habe ich viel gelernt Vom Betrachter zum betroffenen Elternteil Michael Andresen ist für die Logistik bei Camp D zuständig. Er war bereits dreimal dabei und hat es nie bereut – weder arbeitstechnisch noch privat. Denn dank Camp D war er gut auf den Diabetes seines Sohns vorbereitet.

2006 war Michael Andresen das erste Mal bei Camp D und die vielen Emotionen, die er dort erleben durfte, hat er „alle mit nach Hause genommen“, wie er sagt, und es dauerte eine lange Zeit, sie zu verarbeiten. Was er damals nicht ahnen konnte: Der Diabetes sollte ihn nie mehr loslassen. Ein Jahr später stellte sich nämlich heraus, dass sein ältester Sohn Diabetes hat, „und zwar volles Rohr, mit über 800 Zucker“. Aus dem Betrachter Michael Andresen wurde ein betroffener Vater.

„Als wir die Diagnose Typ 1 Diabetes erhielten, dachte ich mir, gut, dass ich jetzt schon so viel weiß. Dennoch ist man geschockt, und noch heute fehlen mir die Worte, um das auszudrücken, was ich damals empfunden habe. Plötzlich war ich wieder mitten im Camp D, bei all den Geschichten, die mir andere erzählt hatten. Und auf einmal waren es auch meine Geschichten, denn nun konnte ich sie fühlen. Meine Erfahrungen hatten große Auswirkungen auf den Verlauf des Diabetes in unserer Familie. Mein Wissen beruhigte meine Frau, und ich konnte meinem Sohn, der damals 15 Jahre alt war, ganz anders beistehen und helfen. Wir haben zum Beispiel versucht, die Schule mit ins Boot zu holen. Ich habe Broschüren – von denen ich nun wusste, dass es sie gab – besorgt und den Lehrern in die Hand gegeben. Damit auch sie informiert sind. Damit sie bei einem Leistungsabfall nicht einfach denken, ‚och der hat heute keine Lust’, sondern wissen, dass es vielleicht mit seinem Zucker zusammenhängt. Denn vor Klassenarbeiten gingen die Werte unseres Sohns immer in den Keller ... Angst, Aufgeregtheit – das ist halt so.

Denn später, nach Camp D, wenn die Jugendlichen wieder zu Hause sind, sitzen sie beim Diabetologen in der Regel zwischen älteren Leuten, die ganz andere Voraussetzungen und Bedürfnisse haben. Da sind sie wieder alleine. Und das macht einen unglaublichen psychischen Druck, wie Michael Andresen von seinem Sohn weiß. „Er spürt die Freiheit und fühlt dennoch das Handicap und die Einsamkeit. In seinem Freundeskreis gibt es niemanden, der Diabetes hat. Und Mama und Papa haben auch keinen. Man kann zwar gemeinsam darüber sprechen, aber beim Nachfühlen wird es schon schwierig.“

Chicken-Sandwich Knusprige Hühnchenbrust im knackigen Cashewmantel mit scharfer Wasabicreme, fruchtiger Mangosauce und einer kurz gebratenen Gemüsemischung aus Pak Choi und Austernpilzen. Super lecker – mit und ohne Vollkornbrötchen. Das vollständige Rezept mit einer Zutatenliste sowie unsere Kitchenclub-Rezeptesammlung findet ihr in unserem PDF-Archiv zum Download unter www.campd.info/downloads. Viel Spaß beim Nachkochen! Ole und sein Team

Mit Spaß gesünder ernähren – Tipps, Tricks und leckere Rezepte

IMPRESSUM Herausgeber: Novo Nordisk Pharma GmbH, Brucknerstraße 1, 55127 Mainz; Telefon 06131 903-0; www.novonordisk.de · Redaktion: Christina Betz-Senftleben · Konzeption, Gestaltung, Text: Döbeledesign Werbeagentur GmbH · Druck: pppp Service & Verlag · Fotonachweis: Axel Gaube/Kaleidomania, Martin Döbele/Döbeledesign Werbeagentur GmbH, Novo Nordisk © 2013 Novo Nordisk Pharma GmbH

Changing Diabetes® ist eine eingetragene Marke der Novo Nordisk A/S, Dänemark.

Mango: © iStockphoto.com/Natikka; Pak Choi: © iStockphoto.com/Julie de Leseleuc; Wasabi: © iStockphoto.com/stuartbur

Meine Frau und ich haben uns auch mal gespritzt und Blutzucker gemessen, um zu erfahren, wie es sich anfühlt. Das Piksen in den Finger tut einfach weh – lebenslänglich! Unsere Uroma fängt immer an zu weinen, wenn das Gespräch auf den Diabetes unseres Sohns kommt. Sie weiß eben, was ‚ein ganzes Leben’ bedeutet.“

Auch 2008 und 2011 betreute Michael Andresen die technische Seite von Camp D: Gas, Wasser, Strom, Licht, die Abstimmungen mit dem Ordnungsamt, das Beachvolleyballfeld – er kümmert sich darum, dass alles funktioniert. Jedes Mal ist er aufs Neue von der Atmosphäre begeistert. Für ihn ist Camp D so einmalig, weil die Jugendlichen hier merken, dass sie nicht alleine sind. Jeder lernt vom anderen, ob es das Essen betrifft oder die Handhabung der verschiedenen Insuline.

Tischset: © iStockphoto.com/Marek Mnich; Huhn: © iStockphoto.com/Milorad Zaric

© fotolia.com/Kathrin39

Wenn man mit Michael Andresen über Camp D spricht, gerät er ganz schnell ins Schwärmen. Denn das, was er dort bereits dreimal erleben durfte, hat bei ihm tiefe Spuren hinterlassen. Bei Camp D haben nicht nur die Teilnehmer große Augen und Ohren, auch die Ärzte und Betreuer sind erstaunt über das, was sie alles zu hören bekommen. Jeder Jugendliche bringt seine eigene Geschichte mit. Ob beim Mittagessen ein junger Mensch erzählt, dass er hier das erste Mal regelmäßig etwas zu essen bekommt. Oder ein anderer, der total erschrocken ist, als seine Nachbarn die Pens herausholen. Weil er auf Wunsch seiner Mutter bisher zum Spritzen immer ins Bad oder auf die Toilette gehen musste.