Multimodal unterwegs Die Perspektive der VerkehrsteilnehmerInnen

Multimodal unterwegs – Die Perspektive der VerkehrsteilnehmerInnen Bastian Chlond Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Verkehrswese...
Author: Walter Blau
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Multimodal unterwegs – Die Perspektive der VerkehrsteilnehmerInnen Bastian Chlond Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Verkehrswesen RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Vortragender www.fsv.at

Inhalt 1.

Befunde - Trends in der Mobilitätsentwicklung

2.

Multimodalität, was heißt das – Definitionen und „Messbarkeit“

3.

Einflussfaktoren auf „klassische“ Multimodalität MIV - ÖV

4.

…und wie funktioniert die „neue“ Multimodalität?

5.

Was heißt „multimodal unterwegs“ zu sein aus der Sicht von VerkehrsteilnehmerInnen? Was sind die Herausforderungen?

6.

Schlussfolgerungen

RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Aktuelle Trends in der Verkehrsmittelnutzung in Deutschland Modal-Split- Anteile bezogen auf alle Ortsveränderungen 100% 90% 80% 70% sonst (incl.Flug)

60%

ÖV (alle) 50%

MIV Mitfahrer MIV Fahrer

40%

zu Fuß

30%

Fahrrad

20% 10% 0% 1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

JAHR

2009

Quelle: Deutsches Mobilitätspanel

Geringfügiger Rückgang der Pkw-Nutzung Zunahmen bei ÖV und Rad

Im Auftrag von

RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

2010

Widersprüche ?

Weiterhin steigende Motorisierung… Anteil Personen mit PKW [%]

100 80 60 40 20 0

18 bis unter 35 35 bis unter 60

1996-1999

60 und älter

2005-2008

Quelle: Deutsches Mobilitätspanel

Quelle: Verkehr in Zahlen 2012

vor allem bei eher „geringer“ Mobilen!

RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Von der Monomodalität und „Captivität“ hin zur Multimodalität

Wohin geht die Reise?

RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Definitionen und Abgrenzungen Eigenschaften des Verkehrssystems

Eigenschaften einer Person als Nutzer

Eigenschaften eines Weges / einer Wegekette

Multimodalität

Bietet Möglichkeit, Verkehrsmittel zu variieren

Variiert Verkehrsmittel bzw. hat die Kompetenz, Verkehrsmittel zu variieren

Innerhalb einer Wegekette werden Verkehrsmittel variiert

Intermodalität

Bietet Möglichkeiten, Verkehrsmittel zu kombinieren

Kombiniert Verkehrsmittel innerhalb eines Wege

Innerhalb einer Ortsveränderung werden Verkehrsmittel kombiniert

(Monomodalität und Captivität)

Bietet keine Möglichkeiten, Verkehrsmittel zu kombinieren

Benutzt immer nur ein Verkehrsmittel monomodal ODER captive

Auf einer Ortsveränderung wird genau ein Verkehrsmittel genutzt

RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Messbarkeit von Multimodalität : Längsschnitterhebungen zur Identifikation von Nutzern Modal Split (Wege)



Verkehrsmittelnutzer (Personen)

2%

Anteil der Nutzer nach Verkehrsmittel und Beobachtungszeitraum 9% 0,90

22%

0,80

15%

0,70

10% Fuß

Anteil Nutzer

0,60

43%

Rad 0,50

MIV (Selbstfahrer) MIV (Mitfahrer)

0,40

ÖPNV Bahn

0,30 0,20

Fuss

0,10

Rad MIV (Selbstfahrer) MIV (Mitfahrer)

1

2

3

4

5

Beobachtungszeitraum [Tage]

6

7 Quelle: Deutsches Mobilitätspanel

Verkehrsmittelnutzer nach Beobachtungszeitraum

ÖPNV Bahn

0,00



Je länger der Beobachtungszeitraum, desto größer der Nutzerkreis der Verkehrsmittel RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Wie viele mit welchen Verkehrsmitteln wie oft? „Drittel-Regel“*  „Nutzerkreise von Verkehrsmitteln“ „Trend“ Das Auto als Fahrer: ~ 2/3 der Bevölkerung nutzt den Pkw als Fahrer für ~ 2/3 aller Ortsveränderungen Öffentliche Verkehrsmittel: ~ 1/3 der Bevölkerung nutzt den ÖV für ~ 1/3 aller Ortsveränderungen Fahrrad: ~ 1/3 der Bevölkerung nutzt das Fahrrad für ~ 1/3 aller Ortsveränderungen

1996 -2000 31 % 28 %

2006-2010 34 % 32 %

Zu Fuß und als Mitfahrer im Pkw: Alle ~ 1/3 aller Ortsveränderungen * Bezogen auf den Zeitraum einer Woche RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Quelle: Deutsches Mobilitätspanel

Einteilung der Bevölkerung nach Mono- und Multimodalität RAD UND ÖV / ALLES (MIV ÖV kein Pkw 7% RAD) 5%

NUR Fuss und MITF 6%

NUR RAD / kein Pkw 5%

NUR ÖV / kein Pkw 11%

Einteilung nach benutzten Verkehrsmitteln innerhalb einer Woche! ~ 60 % sind monomodal d.h. benutzen immer nur ein Verkehrsmittel!

ÖV UND MIV / kein Rad 10%

RAD UND MIV / kein ÖV 16%

Monomodalität und Multimodalität

NUR MIV (kein Öv , kein Rad) 39%

~ 40 % sind multimodal, d.h. benutzen regelmäßig unterschiedliche Verkehrsmittel! Quelle: Deutsches Mobilitätspanel

RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Wofür setzen Multimodale welche Verkehrsmittel ein? Definition von Marktsegmenten im Alltagsverkehr mit unterschiedlichen Charakteristika Regional- und Fernverkehr

Marktsegment 1: Ausgänge im Nahbereich ohne Pendelwege

Pendeln

Arbeitsplatz

Marktsegment 2: Alltägliche Ausgange außerhalb Nahbereich ohne Pendeln

Marktsegment 3: Pendelwege

WohnWohnort umgebung

Marktsegment 4: Seltene Ausgangsereignisse (Regional- und Fernverkehr)

Alltäglicher Aktionsradius

Beckmann et al. 2005

 unterschiedliche Nutzung je nach “Situation”  abhängig von Eigenschaften und Eignung der Verkehrsmittel RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Nutzung des MIV und ÖV durch Multimodale Einsatzzwecke und Nutzung MIV: Generalist ÖV: Spezialist Sonstige Nutzung des MIV als Fahrer

3%

19%

30 %

36%

23%

Sonstige ÖVNutzung (gelegentlich)

1%

13%

10% 25%

6% ÖV-Nutzung im Regional und Fernverkehr (i.d.R. Bahn) 2%

23%

3%

ÖV-Nutzung beim Pendeln (häufig)

Nutzung MIV als Fahrer beim Pendeln 4%

ÖV wird durch Multimodale „spezialisiert“ eingesetzt ! (Basis: MOP, Berichtszeitraum eine Woche) RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Beckmann et al. 2005

Faktoren, die ÖV-MIV Multimodalität fördern oder hemmen: Treiber:

Hemmnisse:

>

Wohnort: Größe, ÖV-Angebot

>

Arbeitsplatz: Einfaches Parken

>

Arbeitsplatz: ÖV-Anbindung

>

Familienhaushalte / Kinder im

>

ÖV-Pendeln  Zeitkarte  sonstige ÖV-Nutzung

>

Höhere Bildungsabschlüsse  mobilere Personen

>

schwierige Parksituation am

12

Haushalt >

Einfache Pkw-Verfügbarkeit und Nutzbarkeit >

Parken

>

Reisegeschwindigkeitsvorteil

Arbeitsplatz

Bisher eher die “klassische” Multimodalität  Pkw-Besitzer/-Verfüger Beckmann et al. 2005 benutzen auch den ÖV… RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Trends in der Verkehrsmittelnutzung, bei wem?  „Neue“ Multimodalität %

Anteil multimodaler Personen (während einer Woche Pkw-, Fahrrad- und ÖV-Nutzung)

12

10

8

18-25 Jahre 26-60 Jahre > 60 Jahre

6

4

2

0

Quelle: MOP 1996-2000

2001-2005

2006-2010



Unterschiedliche Niveaus und Entwicklungen in unterschiedlichen Altersklassen!



Unterscheidung „klassische“ und „neue“ Multimodale RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Warum zunehmende Multimodalität? Warum gerade bei den Jüngeren? • Abnehmende Pkw-Verfügbarkeit und Nutzung (ifmo-Studie) • Zunehmende Bildungsniveaus, mehr Studenten, mehr Stadtbewohner, Maßnahmen für Studierende („Studi-Tickets“)  Strukturelle Effekte • Führerschein immer noch üblich • Rückgang der Attraktivität des Pkw als Universalverkehrsmittel • auf Pendelwegen • im Fernverkehr (!) • Kosten des Autofahrens (?) Anderer „Umgang“ mit Verkehrsmitteln durch Jüngere  Geringere Pkw-Verfügbarkeit als „früher“! RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Wie stellt sich „neue Multimodalität“ aus der Sicht der „neuen“ Nutzer dar? Universelle Komplettlösung (“Generalist”) Konventioneller Privat-Pkw



Sich ergänzende Spezialisten

Rad

ÖV zu Fuß

CarSharing

Schwächen der Verkehrsmittel des Umweltverbunds werden durch Komplementarität kompensiert Jedoch sind für multimodales Verhalten komplexe Strategien und hohe Kompetenzniveaus erforderlich („Transaktionskosten“) RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Wie funktioniert moderne „Multimodalität“? Warum die Jüngeren? Was treibt die Entwicklung? Um „erfolgreich“ multimodal zu agieren, muss die flexible Verkehrsmittelnutzung transaktionsaufwandsfrei gestaltet werden können! IKT („Apps“) / Internet / Handynutzung erleichtern erfolgreiches multimodales Verhalten! Neue Dienste und Dienstleistungen („Multitasking“ im ÖV)

 Angebote schaffen sich ihre Nachfrage

Internationales Verkehrswesen, dvv 2012

 Entwicklung und Nutzung durch die „Jüngeren“ als Speerspitze der „neuen“ Multimodalität www.stadtmobil.de

RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

1. Problem: Kostenstrukturen (System) •

Pkw: – Hohe Fixkosten bei (nach wie vor) zumutbaren Grenzkosten

MobilitätsKosten

„multimodal“



ÖV: – Entweder eine Flatrate oder – prohibitiv teure Einzelfahrscheine

immer Pkw

ÖV – Zeitkarte ÖV – Einzelticket

Verkehrsleistung

 Multimodale Pkw-Besitzer („klassisch“) werden mehrfach mit Fixkosten belastet!  (Gelegentliche) Multimodalität bei Vorhandensein eines eigenen Pkw ist zunächst einmal teurer und deshalb nicht attraktiv! RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

2. Herausforderung: Transaktionsaufwände (Nutzer und System) – Multimodalität ist bislang sehr „aufwendig“ (System)! – Zeit für das Einholen von Informationen… – Zeit für das Buchen / die Beschaffung von (unterschiedlichen) Tickets… – (Rüst-)Zeit für den Umstieg zwischen Verkehrsmitteln… – Wartezeiten – Der Wechsel als solcher (physisch und mental)  Effizienzsteigerung durch Habitualisierung (Nutzer) – Pendelwege – Wegemuster, die man kennt…

– „Neue“ Multimodalität zeigt Weg auf (Nutzer und System)  Da sind noch Potenziale zu heben …

RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

3. Herausforderung: Fehlende Kompetenzen und Erfahrungen (Nutzer) Verkehrsteilnehmer benötigen „multimodale Kompetenzen“ • für den ÖV • Welche Informationen wann woher? • Wie „buchen“ ? • Welche ÖV-Angebote kann ich wo erwarten? Wie finde ich mich in fremder Umgebung mit dem ÖV zurecht? • Welcher Tarif ist der richtige? Welcher Fahrpreis ist „angemessen“?

• und für‘s Rad • Man muss (physisch) Fahrradfahren können. • Man muss sich mit dem Rad sicher im Straßenverkehr bewegen können. • Man benötigt viele „Schlüssel“ (physische und zunehmend virtuelle, z.B. wie buche ich ein Call-a-Bike… RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

4. Herausforderung: Nicht nutzergerechte Angebotsgestaltung (System) • Im ÖV • Komplexe Tarifsysteme, die nur durch „Experten“ nutzbar sind… • Belastung mit hohen Kosten… • Der unerfahrene Benutzer wird „alleingelassen“… • „Vermittlung existierender Angebote“ ist unzureichend

• Fürs Radfahren: Infrastruktur häufig unzureichend – gerade auch beim Umstieg! • Frustration bei fehlenden „Netzen“ • Im öffentlichen Raum – im ruhenden Verkehrs aber auch im fließenden Verkehr • Um die eigene Wohnung…  Bauordnungen • An den Umsteigepunkten RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Schlussfolgerungen – Wie kriegen wir mehr Multimodalität hin? Fehlende Kompetenzen (und Erfahrungen) potenzieller Nutzer treffen auf eine unzureichende Vermittlung (eigentlich) vorhandener Verkehrsangebote

Komplexität multimodalen Verhaltens steht im Konflikt mit den Ansprüchen an eine „einfache“ Mobilität! (Benchmark ist der eigene Pkw!)

Das Verkehrssystem hat sich den Nutzern anzupassen:  Die (gelegentliche) Nutzung der „Spezialisten“ einfacher machen!  Den Gelegenheitsnutzer anfüttern und zum Stammkunden machen! RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Bastian Chlond

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Bastian Chlond Institut für Verkehrswesen Kaiserstraße 12, 76131 Karlsruhe +49 (721) 608-42257

RUST 2014 – Kooperation und Konkurrenz im Umweltverbund Vortragender