Mitmenschen vergeben wozu und wie

Thema: Mitmenschen vergeben – wozu und wie Text: Datum: 09. März 2014 Prediger: Samuel Zaugg Mitmenschen vergeben – wozu und wie „Grüsst einander mi...
Author: Edmund Schuler
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Thema: Mitmenschen vergeben – wozu und wie Text: Datum: 09. März 2014

Prediger: Samuel Zaugg

Mitmenschen vergeben – wozu und wie „Grüsst einander mit einem Kuss als Ausdruck dafür, dass ihr einander liebt. Friede sei mit euch allen, die ihr zu Christus gehört! 1. Petr. 5, 14 Liebe Gemeinde Dem Mitmenschen vergeben – darum geht es heute gemäss Jahresprogramm, welches wir im Oktober letzten Jahres erstellten. Gemäss diesem Vers ist es Gott wichtig, dass wir einander lieben und immer wieder um Frieden gerungen wird. Vor der Vergebung besteht meist ein Konflikt, eine Verletzung oder eine Spannung. Wenn wir das wahrnehmen, dann lasst uns für uns und für das Gegenüber um Weisheit, Liebe und Frieden beten. Und wer weiss, vielleicht wirkt Gott an beiden Seiten so, dass sich alle weiteren Schritte erübrigen. In Matthäus 18 sagt Jesus, wie wir anderenfalls vorgehen sollen: 1. Geh zu ihm und weise ihn auf seinen Fehler hin. 2. Wenn es dir nicht gelingt, nimm einen oder zwei andere und geht noch einmal gemeinsam zu ihm. 3. Wenn er auch dann nicht zuhören will, trage den Fall deiner Gemeinde vor.

Direkt auf die betroffene Person zugehen Diese Bibelstelle lehrt uns, unter vier Augen zuerst das Gespräch mit der direkt betroffenen Person zu suchen. Sei es nun eine offensichtliche Schuld, vielleicht ein unwahres Gerücht oder eine unterschiedliche Auffassung: Ein möglichst sachliches, freundschaftliches Gespräch, wo ich zuhören und verstehen will, kann Bereinigung bringen. Lasst uns dabei die Sehnsucht nach Wiederherstellung der Beziehung schenken.

Das eigene Denken und Handeln hinterfragen Bevor wir uns überlegen, ob und wie wir Mitmenschen vergeben können, müssen wir uns fragen, ob es überhaupt etwas zu vergeben gibt – sprich, ob der Mitmensch mir gegenüber überhaupt schuldig geworden ist. Wenn ich zum Beispiel zu Luzia sage: „Luzia, ich vergebe dir.“ Dann sage ich eigentlich, Luzia ist mir gegenüber schuldig geworden. Und ich bin so grosszügig, dass ich ihr vergebe. Bei einem offenen Konflikt und bei einer klaren Sachlage ist es sehr gut, wenn wir dem Gegenüber möglichst bald vergeben können. Es gibt aber auch andere Situationen. Luzia ist sich gar keines Fehlers bewusst. „Luzia, ich vergebe dir“ Mit diesen Worten schliesse ich für mich den Fall ab. Bei Luzia eröffnen genau die gleichen Worte erst einmal den Konfliktfall. In diesem Fall muss ich ihr genügend Zeit geben, das Gehörte zu reflektieren. Dann höre ich zu, wie ihre Sicht der Dinge ist. Deshalb scheint es mir ganz am Anfang eines Konfliktes (vielleicht erst in meinen Gedanken) wichtig zu hinterfragen: Liegt der Fehler vielleicht bei mir? Habe ich was falsch verstanden oder interpretiert? Ist es ein Missverständnis? Oder zumindest liegt auch ein Fehleranteil bei mir, der mich veranlassen sollte, meinerseits um Vergebung zu bitten. Nebst den bekannten Skandalsünden gibt es eine Menge Verfehlungen,

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die uns vielleicht weniger schlimm erscheinen, die Gottes Wort aber sehr ernst nimmt: Die Zunge: In Jakobus 3 lesen wir: „So klein die Zunge auch ist, kann sie enormen Schaden anrichten. Sie ist der Teil des Körpers, der alles beschmutzen und das ganze Leben zerstören kann.“ Vielleicht fehlt es mir an einer gewissen Grosszügigkeit. In 1. Korinther 5, 11 wird das im selben Atemzug wie Unzucht genannt. Vielleicht bin ich rechthaberisch. Ich kämpfe für eine gute Sache oder gegen etwas, das ich als schlecht erachte. Im Eifer sehe ich nicht mehr, dass meine Erkenntnis Stückwerk ist und dass man die Sache auch von der Bibel her noch von einer ganz anderen Seite sehen könnte. Nicht selten wird dabei über das Ziel hinaus geschossen. Menschen werden verletzt, belastet, demotiviert. Vielleicht war ich lieblos. Nach dem Wort Gottes ist das alles andere als harmlos: 1. Kor 13,2 „Wenn ich die Gabe der Prophetie hätte und wüsste alle Geheimnisse und hätte jeder Erkenntnis und wenn ich einen Glauben hätte, der Berge versetzen könnte, aber keine Liebe hätte, so wäre ich nichts.“ Vielleicht stimmt es, mein Gegenüber hat einen Splitter im Auge. Aber das Problem ist, dass ich vielleicht einen Balken im Auge habe. Lasst uns deshalb unser eigenes Denken und Handeln kritisch hinterfragen, bevor wir anderen die Schuld geben. Gehen wir nun aber davon aus, dass mein Gegenüber wirklich etwas Falsches gemacht hat. Was hilft mir, ihm zu vergeben? Manche erinnern sich noch an Marie. Die 19jährige Frau aus dem Kanton Waadt. wurde von einem rückfälligen Sexualstraftäter ermordet. Der Vater von Marie – ein Pfarrer wurde vor den ersten Weihnachten ohne Marie gefragt, wie er über den Mörder seiner Tochter denke. Antwort: Ich bin keineswegs von Rache- oder Hassgefühlen beherrscht. Irgendwie haben wir diesen Mord Gott und den Gerichten anvertraut. Meine Motivation ist nicht, dass der Mörder bestraft wird, aber es ist wichtig, dass er nie wieder anderen Menschen solchen Schaden zufügen kann. Unser Gebet geht noch weiter: Wenn er sich Gott zuwenden würde, wäre das der schönste Sieg! Was führt einen Vater dazu, dem Mörder seiner Tochter zu vergeben und von einem möglichen schönsten Sieg zu reden? Was kann mir helfen, anderen zu vergeben?

Anderen vergeben, weil/damit Jesus mir vergibt Auf die Frage von Petrus, wie oft man vergeben soll, erzählt Jesus ein Gleichnis. Ein König erliess einem Menschen eine riesengrosse Schuld. Anstatt dankbar zu sein, fordert er von einem Dritten die sofortige Rückzahlung einer kleinen Schuld. Menschen die beide Szenen hautnah erlebt hatten, stockte das Blut in den Adern. Das kann doch nicht sein. Er, dem so viel erlassen wurde ist nun unnachgiebig. Als der König das hörte, sagte er zu ihm: „Du herzloser Diener! Ich habe dir deine grossen Schulden erlassen, weil du mich darum gebeten hast. Müsstest du da nicht auch mit diesem Diener Mitleid haben, so wie ich Mitleid mit dir hatte?“ Der König war so zornig, dass er den Mann ins Gefängnis werfen liess, bis er seine Schulden bis auf den letzten Cent bezahlt hatte. Mt. 18, 21-35

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Jesus erklärt das Gleichnis: Vers 35 „Genauso wird mein Vater im Himmel mit euch verfahren, wenn ihr euch weigert, euren Brüdern und Schwestern zu vergeben.“ Das deckt sich mit der Bitte im „Unser Vater“ Matthäus 6, 12 „und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir denen vergeben haben, die an uns schuldig geworden sind.“ Diese zwei Aussagen vom Sohn Gottes zeigen uns, wie ernst es ist, wenn wir nicht vergeben. Wenn wir anderen Menschen nicht vergeben, sagt Jesus hier eigentlich, dann vergibt uns Gott auch nicht. Ich sage „eigentlich“ weil mir die biblische Aussage von 2. Tim 2, 13 in den Sinn kommt „sind wir untreu, so bleibt ER doch treu“. Wenn Gott uns alle unsere Schuld vergeben hat, sollten wir dann nicht auch unserem Mitmenschen die kleine Schuld vergeben? Möge uns Jesus beim Unser-Vater-Gebet nicht immer ganz beim Wort nehmen. Vielleicht sollten wir manchmal besser beten: „Und vergib uns unsere Schuld, auch wenn wir denen noch nicht vergeben haben, die an uns schuldig geworden sind.“

Anderen vergeben um der Glaubwürdigkeit willen In 2. Kor 5 ist uns beschrieben, dass Jesus für die Schuld der Menschen stellvertretend starb. Wer das dankbar annimmt, dem hat Gott vergeben, der bekommt ein neues, ewiges Leben. Wer das erlebt hat, bekommt eine sehr schöne Aufgabe, das allen Menschen zu sagen. Stellt euch jetzt aber mal vor, ich ermutige andere, das Vergebungsangebot von Jesus anzunehmen und Jesus zu bitten, zu vergeben. Und selbst will ich einem Menschen nicht vergeben. Das ist nicht glaubwürdig.

Anderen vergeben um der Einheit willen „Einheit“ und „Gebet“ sind unsere Jahresthemen. Wenn Menschen einander nicht vergeben haben, dann hindert das die Einheit. Er verschleisst viel Kraft, die anders eingesetzt werden könnte. Es ist vielleicht wie bei einem Fahrzeug, das mit leicht angezogener Bremse weniger wirkungsvoll unterwegs ist. Zusammenfassung Mitmenschen vergeben wozu? Damit wir uns der Vergebung Gottes sicher sind, damit unser Zeugnis Wirkung haben kann und damit wir möglichst wirkungsvoll und in Einheit unterwegs sein können. Wenn wir das jetzt wissen, dann noch einige Gedanken, wie wir Schritte Richtung Vergebung gehen können und was Vergebung nicht ist. Ich habe hier vorne Sand und Felsenstruktur. Sie können sich schon mal überlegen, wozu das dienen soll. Soviel vorweggenommen: Es geht nicht um den klugen, der sein Haus nicht auf Sand, sondern auf Felsen baut.

Was Vergebung nicht ist 1. Vergeben ist nicht dasselbe wie etwas entschuldigen. Wenn ein Kleinkind nachts mal weint und dabei den Nachbarn stört, dann ist das keine Schuld die vergeben werden muss. Es ist entschuldbar. Ein normaler Mensch muss das verstehen.

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Demgegenüber braucht gerade etwas Unentschuldbares Vergebung. Vergebung bedeutet nicht, dass man schlechtes Verhalten toleriert oder als nicht so schlimm taxiert. 2. Vergeben bedeutet nicht vergessen Vergebung ist genau das, was getan werden muss, wenn wir nicht vergessen können. 3. Vergeben bedeutet auch nicht dasselbe wie versöhnen Vergebung vollzieht sich im Herzen eines einzelnen Menschen. Man kann vergeben, selbst wenn der andere nicht um Vergebung bittet oder nicht mehr bitten kann z.B. seinem bereits verstorbenen Vater. Versöhnung demgegenüber ist etwas Gegenseitiges. Beide Seiten bereuen begangenes Unrecht ehrlich. Die eine Seite gesteht die Schuld ein. Die andere Seite vergibt. Beide möchten, dass gegenseitiges Vertrauen wieder wächst.

Vergebung wie? 1. Entscheidung, dem anderen nicht dasselbe Mass an Schmerz zuzufügen. Ich setzte das Recht der Rache ausser Kraft. Wenn ich vergebe, befreie ich die Person aus dem Gefängnis, in das ich sie in Gedanken gesteckt habe. Ich kann am besten leben, wenn ich vergebe. Ansonsten bin ich ein Leben lang ein Gefangener dieses Schmerzes und verbittere. Ich gebe den Wusch auf, es ihm heimzuzahlen. 2. Den anderen auf eine andere Art sehen Wenn wir tief verletzt werden, dann sehen wir mehr die Verletzung als die Person. Wenn wir vergeben, sehen wir wieder den von Gott geliebten Menschen, mit Schwächen, wie ich sie auch habe. 3. Ich merke, dass ich dem anderen Gutes wünsche Ich kann ertragen, wenn jemand etwas Positives über diese Person sagt. Ich hoffe, dass die Beziehung zwischen ihm und Gott in Ordnung ist. Möge der Herr Jesus uns helfen, um Vergebung zu bitten, Vergebung auszusprechen und uns um Versöhnung zu bemühen solange es noch nicht zu spät ist. Amen Vertiefungsfragen für die Kleingruppen: 1. Erzählt einander für diese Gruppe passend, wo ihr a) In eurem Leben Vergebung empfangen habt b) Anderen vergeben habt 2. Was hat dir am meisten geholfen A) Den Schritt zu machen, um Vergebung zu bitten B) Dem Anderen zu vergeben. 3. Du hast dich entschieden, zu vergeben. Was machst du, wenn a) Eines Tages der Gedanke wieder hoch kommt und duch didh wieder in die Sache hineinsteigerst

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b) Die gleiche Person dich wieder auf die gleiche Art verletzt 4. Jemand hat dich, unwissentlich verletzt. Wenn überhaupt: Unter welchen Voraussetzungen ist es besser, ihn gar nicht damit zu konfrontieren? 5. Du hast ein Problem mit jemandem. Gehst du direkt auf diese Person zu oder wie gehst du vor?

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