Merkblatt zum Schwerbehindertenrecht

Merkblatt zum Schwerbehindertenrecht Merkblatt zum Schwerbehindertenrecht A Anlass und Ziele: Aufgrund häufiger Anfragen zum Themenbereich des Schwer...
Author: Emilia Weiner
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Merkblatt zum Schwerbehindertenrecht

Merkblatt zum Schwerbehindertenrecht A Anlass und Ziele: Aufgrund häufiger Anfragen zum Themenbereich des Schwerbehindertenrechts beschreibt das Merkblatt im Folgenden die Regelungen für Schwerbehinderte, um Hinweise zu geben, was zu beachten ist, wo Probleme zu sehen sind und um praktische Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. B Rechtsgrundlage: Das Schwerbehindertenrecht ist geregelt im Sozialgesetzbuch IX Teil 2: „Besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen (Schwerbehindertenrecht)“ finden sich in 14 Kapiteln wieder. 1. Allgemeines: Die Regelungen von SGB IX Teil 2 gelten für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen (gemäß §68 I SGB IX). Menschen gelten gemäß §2 I SGB IX als behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist. Als schwerbehindert wiederum gelten gemäß §2 II SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Ein behinderter Mensch kann einem Schwerbehinderten gleichgestellt werden, wenn er einen Grad der Behinderung zwischen 30 und 50 hat (gemäß §2 III SGB IX). Eine solche Gleichstellung erfolgt auf Antrag des Behinderten durch die Agentur für Arbeit (gemäß §68 II SGB IX) nach §69 SGB IX. Auf Antrag des behinderten Menschen wird ihm auch ein Behindertenausweis ausgestellt. Dieser Ausweis dient als Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen Hilfen, die schwerbehinderten Menschen nach SGB IX Teil 2 zustehen (gemäß §69 V SGB IX). Eine Besonderheit stellen behinderte Jugendliche dar. Gemäß §68 IV SGB IX sind diese unabhängig vom Grad der Behinderung schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Im Folgenden sind die wichtigsten Informationen zum Schwerbehindertenrecht aufgelistet. 2. Pflichten von Arbeitgebern – Beschäftigungspflicht:  Allgemein Private und öffentliche Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen auf wenigstens 5 % dieser Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftigen (gemäß §71 I SGB IX). Dabei sind schwerbehinderte Frauen besonders zu berücksichtigen. Im Rahmen der Erfüllung dieser Beschäftigungspflicht sind gemäß §72 SGB IX schwerbehinderte Menschen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben sowie schwerbehinderte Menschen, die nach Art oder Schwere ihrer Behinderung im Arbeitsleben besonders betroffen sind, in angemessenem Umfang zu beschäftigen. Bei der Einstellung eines jeden neuen Mitarbeiters hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob die Stelle auch durch einen bei der Agentur für Arbeit gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann. Dabei kann er kostenlos die Beratung der den Integrationsämter unterstellten Integrationsstellen/Integrationsfachdienste in Anspruch nehmen (siehe 6.).  Berechnung der Mindestzahl an Arbeitsplätzen Bei der Berechnung der Mindestzahl an Arbeitsplätzen, die mit schwerbehinderten Menschen gemäß §71 besetzt werden müssen, zählen Stellen, auf denen Auszubildende beschäftigt werden, nicht mit. Das Gleiche gilt für Stellen von Referendaren, die einen Rechtsanspruch auf Einstellung besitzen. Wenn sich bei der Berechnung der 5 % ein Bruchteil von 0,5 oder mehr ergibt, ist bei Arbeitgebern mit weniger als 60 Arbeitsplätzen abzurunden und bei Arbeitgebern mit 60 oder mehr aufzurunden (gemäß §74 SGB IX). Stand: 20. April 2012 Referat Personalrecht Frau Dr. Knötzele

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Ein Arbeitsplatz eines schwerbehinderten Menschen wird gemäß §75 I SGB IX als ein Pflichtarbeitsplatz angerechnet. Die Bundesagentur für Arbeit kann auch eine Anrechnung auf höchstens 3 Pflichtarbeitsplätze zulassen (gemäß §76 I SGB IX).  Ausgleichsabgabe Kommen die Arbeitgeber der Beschäftigungspflicht nicht nach, müssen sie gemäß §77 SGB I IX für jeden Arbeitsplatz, der mit einem schwerbehinderten Menschen zu besetzen wäre, eine monatliche Ausgleichsabgabe zahlen. Die Ausgleichsabgabe beträgt gemäß §77 II SGB IX - 105 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 3 Prozent bis weniger als dem geltenden Pflichtsatz, - 180 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 2 Prozent bis weniger als 3 Prozent, - 260 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von weniger als 2 Prozent. Verwendet wird diese Abgabe dann ausschließlich für besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben einschließlich begleitender Hilfe im Arbeitsleben, soweit Mittel für denselben Zweck nicht von anderer Seite zu leisten sind oder geleistet werden (gemäß §77 V SGB IX). 3. Pflichten von Arbeitgebern – sonstige Pflichten & Rechte von schwerbehinderten Menschen:  Pflichten bei Einstellungen Arbeitgeber haben weiterhin eine ganze Reihe von Pflichten zu erfüllen. So muss ein Arbeitgeber gemäß §81 I SGB IX eben prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit gemeldeten, besetzt werden können. Wenn dies der Fall ist, gibt es eine Bewerbung. Über die Entscheidung über diese Bewerbung und die eventuelle Einstellung hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung gemäß §95 SGB IX und andere Vertretungen gemäß §93 SGB IX zu beteiligen. Eine Einstellung kann von diesen Vertretungen nur abgelehnt werden, wenn die genauen Gründe erläutert werden. Dabei muss der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört werden. Schwerbehinderte dürfen nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden. Dies richtet sich im Weiteren auch nach den Vorschriften des AGG (gemäß §81 II SGB IX).  Integrationsvereinbarung Die Arbeitgeber haben gemäß §83 SGB IX mit der Schwerbehindertenvertretung eine Integrationsvereinbarung zu treffen, in der geregelt wird, wie die Eingliederung von Schwerbehinderten, insbesondere bei Personalplanung, Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsumfeld und Arbeitszeit, aussehen soll.  Prävention Die Arbeitgeber schalten bei betriebsbedingten Schwierigkeiten frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und die anderen Vertretungen des §93 ein, um mit ihnen über die zu Verfügung stehenden Möglichkeiten und Hilfen zu diskutieren, damit die Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt werden können (gemäß §84 I SGB IX).  Rechte von schwerbehinderten Menschen Schwerbehinderte Menschen haben gemäß §81 IV SGB IX gegenüber ihrem Arbeitgeber Anspruch auf… - Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können, - bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens, - Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung, - behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des

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Arbeitsumfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr, - Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen. Das alles erfolgt unter Berücksichtigung der Behinderung. Außerdem haben schwerbehinderte Arbeitskräfte auch Anspruch auf Teilzeitarbeit, sofern die kürzere Arbeitszeit aufgrund der Schwere der Behinderung erforderlich ist. Diese muss von den Arbeitgebern gefördert werden (gemäß §81 V SGB IX). 4. Kündigungsschutz:  Allgemein Für Schwerbehinderte Menschen existiert gemäß dem SGB IX ein besonderer Kündigungsschutz. Gemäß §85 SGB IX muss das zuständige Integrationsamt seine Zustimmung zu einer Kündigung abgeben. Die Kündigungsfrist beträgt gemäß §86 SGB IX 4 Wochen.  Verfahren §87 SGB IX regelt dann das Verfahren einer Kündigung bzw. des Antrags auf Kündigung: 1. Die Zustimmung zur Kündigung beantragt der Arbeitgeber bei dem für den Sitz des Betriebes oder der Dienststelle zuständigen Integrationsamt schriftlich. 2. Das Integrationsamt holt eine Stellungnahme des Betriebsrates oder Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung ein und hört den schwerbehinderten Menschen an. 3. Das Integrationsamt wirkt in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hin. Das Integrationsamt sollte innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags eine Entscheidung treffen (gemäß §88 I SGB IX). Wenn das Integrationsamt die Zustimmung erteilt hat, hat der Arbeitgeber einen Monat Zeit, die Kündigung auszusprechen (gemäß §88 III SGB IX).  Außerordentliche Kündigung Die genannten Vorschriften gelten genauso für eine außerordentliche Kündigung, mit der einen Ausnahme, dass hier die Kündigungsfrist nur 2 statt 4 Wochen beträgt (gemäß §91 SGB IX).  Ausnahmen Wie fast überall gibt es auch bei dem Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte Menschen einige Ausnahmen. Diese sind geregelt in §90 SGB IX: So gilt der Kündigungsschutz nicht, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung noch nicht länger als 6 Monate bestanden hat (gemäß §90 I Nr.1 SGB IX). Weiterhin gilt er nicht, wenn der Betroffene das 58. Lebensjahr schon vollendet hat ein Anspruch auf Abfindung oder Entschädigung besteht (gemäß §90 I Nr.3). Eine weitere Ausnahme ist auch noch §90 II SGB IX. Danach gibt es keinen Kündigungsschutz bei Entlassungen, die aus Witterungsgründen getätigt werden, sofern die Wiedereinstellung des Schwerbehinderten bei Wiederaufnahme der Arbeit gewährleistet ist. Zuletzt gibt es noch eine sehr gewichtige Ausnahme vom Sonderkündigungsschutz, die auch häufig kritisiert wird. Der Wortlaut des §90 II a SGB IX besagt: „Die Vorschriften dieses Kapitels finden ferner keine Anwendung, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht nachgewiesen ist oder das Versorgungsamt nach Ablauf der Frist des § 69 Abs. 1 Satz 2 eine Feststellung wegen fehlender Mitwirkung nicht treffen konnte.“ Diese Vorschrift verweist also auf §69 I S.2 SGB IX, der wiederum auf §14 II S.1 & 2 SGB IX verweist, in dem von einer 3-Wochenfrist die Rede ist. Mit anderen Worten, der Kündigungsschutz für behinderte Menschen gilt für einen Behinderten der sich als Schwerbehinderter gleichstellen lassen will, nur, wenn er den Antrag auf Gleichstellung beim zuständigen Versorgungsamt mindestens 3 Wochen, bevor die Kündigung bei ihm eingeht, gestellt hat. Wenn ein Arbeitgeber das zufällig weiß, hätte er also genug Zeit, diesem Mitarbeiter ordnungsgemäß zu kündigen. 5. Schwerbehindertenvertretung  Aufgaben des Betriebs-, Personal-, Richter-, Staatsanwalts- und Präsidialrates Gemäß §93 SGB IX fördern diese Räte die Eingliederung schwerbehinderter Menschen, achten darauf, dass die Pflichten der Arbeitgeber erfüllt werden und wirken bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung mit. Stand: 20. April 2012 Referat Personalrecht Frau Dr. Knötzele

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 Wahl und Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung gemäß §94 SGB IX In allen Betrieben oder Dienststellen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen nicht nur vorübergehend (mindestens 6 Monate) beschäftigt sind, sind eine Schwerbehindertenvertretung und mindestens eine Stellvertretung zu wählen. Wahlberechtigt sind alle im Betrieb beschäftigten schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen. Gewählt werden können alle im Betrieb Beschäftigten - auch nicht behinderter Menschen - mit Ausnahme leitender Angestellter, sofern sie 18 Jahre alt sind, in einem nicht nur vorübergehenden Beschäftigungsverhältnis sind, seit mindestens 6 Monaten zum Betrieb gehören und keine leitende Position inne haben. Gewählt wird alle 4 Jahre in der Zeit vom 1.10. bis zum 30.11.. Außerhalb dieser Zeit finden Wahlen statt, wenn die letzte Wahl erfolgreich angefochten wurde, das Amt vorzeitig erlischt und kein stellvertretendes Mitglied nachrückt oder es noch keine Schwerbehindertenvertretung gibt. Die Amtszeit beträgt somit auch 4 Jahre. Gewählt wird geheim und unmittelbar. Es gelten die Grundsätze der Mehrheitswahl.  Aufgaben und Rechte der Schwerbehindertenvertretung gemäß §95 & 96 SGB IX - Förderung der Eingliederung schwerbehinderter Menschen in die Dienststelle oder den Betrieb (§95 I) - Überwachung der Einhaltung der zugunsten schwerbehinderter Menschen geltenden Gesetze - Einsicht in Bewerbungsunterlagen, Teilnahme an Einstellungsverfahren (§95 II) - Beantragung von Maßnahmen, die schwerbehinderten Menschen dienen - Annahme von Anregungen und Beschwerden - Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder mehrere Schwerbehinderte betreffen, unverzüglich einzuschalten (§95 II) - Der Arbeitnehmer darf die Schwerbehindertenvertretung bei Einsicht in Personalakten beteiligen bzw. heranziehen - Die Schwerbehindertenvertretung hat das Recht, an allen Sitzungen des Betriebs-, Personal-, Richter-, Staatsanwalts- oder Präsidialrates und deren Ausschüssen sowie des Arbeitsschutzausschusses beratend teilzunehmen. Dort hat sie auch Mitwirkungs- und Antragsrechte; auf ihren Antrag kann beispielsweise die Beschlussfassung ausgesetzt werden. (§95 IV) - sie wird zu Besprechungen in Personalangelegenheiten hinzugezogen (§95 V) - Recht, mindestens einmal im Kalenderjahr eine Versammlung mit allen Schwerbehinderten durchzuführen (§95 VI) - Beisitzungs- und Rederecht in Personalversammlungen, in denen es um Belange geht, die die Schwerbehindertenvertretung betreffen (§95 VIII) -.unentgeltliche Amtsausübung (§96 I) - keine Behinderung, Benachteiligung oder Begünstigung (§96 II) - Freistellung, sofern es für die Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist (§96 IV) - Arbeitszeitausgleich zum Ausgleich ihrer Tätigkeiten (§96 VI) - Verschwiegenheitspflicht (§96 VII) - Kostenübernahme der entstehenden Kosten im Zuge der Tätigkeiten (§96 VIII) - Mitnutzung von Räumlichkeiten (§96 IX)  Zusammenarbeit Arbeitgeber, Beauftragter des Arbeitgebers, Schwerbehindertenvertretung und Betriebs-, Personal-, Richter-, Staatsanwalts- oder Präsidialrat arbeiten zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben in dem Betrieb oder der Dienststelle eng zusammen und unterstützen sich gegenseitig in der Erfüllung ihrer Aufgaben (gemäß §99 SGB IX) 6. Integrationsämter & Integrationsfachdienste – Durchführung der besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen:  Aufgaben der Integrationsämter Sofern die Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen nicht durch den Arbeitgeber erfüllt werden, setzen die Integrationsämter diese in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit um (gemäß §101 SGB IX). Das Integrationsamt hat gemäß §102 I SGB IX folgende Aufgaben: - die Erhebung und Verwendung der Ausgleichsabgabe, - den Kündigungsschutz, Stand: 20. April 2012 Referat Personalrecht Frau Dr. Knötzele

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- die begleitende Hilfe im Arbeitsleben, - die zeitweilige Entziehung der besonderen Hilfen für schwerbehinderte Menschen (§ 117). Weiterhin kann das Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit Geldmittel an schwerbehinderte Menschen für technische Arbeitshilfen, zum Erreichen des Arbeitsplatzes, der Gründung und Erhaltung der beruflichen Existenz etc. (gemäß §102 III SGB IX), sowie Geldmittel an Arbeitgeber für behindertengerechte Einrichtungen, für Eingliederungsmaßnahmen etc, erbringen. Jedes Integrationsamt hat gemäß §103 SGB IX einen sogenannten beratenden Ausschuss, der der die Teilhabe der behinderten Menschen am Arbeitsleben fördert, das Integrationsamt bei der Durchführung der besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen zur Teilhabe am Arbeitsleben unterstützt und bei der Vergabe der Mittel der Ausgleichsabgabe mitwirkt.  Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit Die Bundesagentur für Arbeit hat, was schwerbehinderte Menschen betreffen, gemäß §104 SGB IX auch einige Aufgaben: 1. die Berufsberatung, Ausbildungsvermittlung und Arbeitsvermittlung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Vermittlung von in Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, 2. die Beratung der Arbeitgeber bei der Besetzung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen mit schwerbehinderten Menschen, 3.die Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, insbesondere von schwerbehinderten Menschen, a)die wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung oder sonstiger Umstände im Arbeitsleben besonders betroffen sind (§ 72 Abs. 1), b)die langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 des Dritten Buches sind, c)die im Anschluss an eine Beschäftigung in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen oder einem Integrationsprojekt eingestellt werden, d)die als Teilzeitbeschäftigte eingestellt werden oder e)die zur Aus- oder Weiterbildung eingestellt werden, 4. im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die besondere Förderung schwerbehinderter Menschen, 5. die Gleichstellung, deren Widerruf und Rücknahme, 6. die Durchführung des Anzeigeverfahrens (§ 80 Abs. 2 und 4), 7. die Überwachung der Erfüllung der Beschäftigungspflicht, 8. die Zulassung der Anrechnung und der Mehrfachanrechnung (§ 75 Abs. 2, § 76 Abs. 1 und 2), 9. die Erfassung der Werkstätten für behinderte Menschen, ihre Anerkennung und die Aufhebung der Anerkennung. Außerdem übermittelt sie jährlich dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Ergebnisse ihrer Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben. Auch bei der Bundesagentur für Arbeit gibt es einen beratenden Ausschuss, der die Teilhabe der behinderten Menschen am Arbeitsleben durch Vorschläge fördert und die Bundesagentur für Arbeit bei der Durchführung der in Teil 2 und im Dritten Buch zur Teilhabe behinderter und schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben übertragenen Aufgaben unterstützt (gemäß §105 SGB IX).  Integrationsfachdienste Integrationsfachdienste sind Dienste Dritter, die bei der Durchführung der Maßnahmen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben beteiligt werden (gemäß §109 SGB IX). Die Integrationsfachdienste können zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben (Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer möglichst dauerhaften Beschäftigung) beteiligt werden, indem sie die schwerbehinderten Menschen beraten, unterstützen und auf geeignete Arbeitsplätze vermitteln und die Arbeitgeber informieren, beraten und ihnen Hilfe leisten. Zu ihren Aufgaben gehört es unter anderem, schwerbehinderte Menschen auf ihren Arbeitsplatz vorzubereiten, die Fähigkeiten der schwerbehinderten Menschen zu bewerten, die Ergebnisse der Arbeit zu dokumentieren sowie die Bundesagentur für Arbeit zu unterstützen (gemäß §110 SGB IX). Die Inanspruchnahme von Integrationsfachdiensten wird vom Auftraggeber vergütet. Die Vergütung für die Inanspruchnahme von Integrationsfachdiensten kann bei Beauftragung durch das Integrationsamt aus Mitteln der Ausgleichsabgabe erbracht werden (gemäß §113 SGB IX).

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7. Beendigung und Entziehung der besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter und gleichgestellter behinderter Menschen (gemäß §§ 116 – 117 SGB IX.): Die Regelungen für Schwerbehinderte Menschen finden keine Anwendung gemäß § 116 I SGB IX, wenn sich der Grad der Behinderung auf weniger als 50 verringert oder wenn die Voraussetzungen nach § 2 II SGB IX nicht mehr erfüllt sind, jedoch erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides. Besondere Regelungen werden gemäß § 116 II SGB IX nach dem Widerruf oder der Rücknahme nicht mehr angewendet. Die Anrechnung der behinderten Menschen auf die Zahl der Pflichtarbeitsplätze wird nach § 116 III SGB IX bis zur Beendigung der Anwendung der besonderen Regelung den schwerbehinderten Menschen angerechnet. Das Integrationsamt kann im Benehmen mit der Bundesagentur für Arbeit die besonderen Hilfen für schwerbehinderte Menschen zeitweilig entziehen, wenn der schwerbehinderte Mensch - einen zumutbaren Arbeitsplatz ohne berechtigten Grund zurückweist - einen zumutbaren Arbeitsplatz ohne berechtigten Grund aufgibt -sich ohne einen berechtigten Grund weigert an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen - durch sein Verhalten seine Teilhabe am Arbeitsleben schuldhaft vereitelt. Zuvor ist der schwerbehinderte Mensch anzuhören. Die Frist beginnt vom Tage der Entscheidung bis maximal 6 Monate. 8. Widerspruchsverfahren (gemäß §§ 118 – 121 SGB IX.): Zunächst bedarf es eines Vorverfahren. Der Widerspruchsbescheid wird nach § 73 VwGO bei Verwaltungsakten der Integrationsämter sowie bei Verwaltungsakten der örtlichen Fürsorgestellen (§ 107 II SGB IX.) durch den Widerspruchsausschuss bei dem Integrationsamt erlassen. Der Widerspruchsbescheid nach § 85 SozialGerichtsG, welche die Bundesagentur für Arbeit erlassen hat, wird vom Widerspruchsausschuss der Bundesagentur für Arbeit behandelt. Es gilt die Vorschrift § 106 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IX. für genannte Widerspruchsausschüsse (siehe § 121 I SGB IX.). Nur unter der Voraussetzung vom Widerspruchsverfahren nach Teil 2 Kapitel 4, ist der schwerbehinderte Mensch anzuhören. In der Regel bleibt es bei der Anhörung des Widerspruchsführers (siehe § 121 II SGB IX.). 9. Sonstige Vorschriften (gemäß §§ 122 – 131 SGB IX.): - § 122 SGB IX.: Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personenkreise - § 123 SGB IX.: Renten und vergleichbare Leistungen, die wegen der Behinderung bezogen werden dürfen bei der Bemessung des Arbeitsentgelts und der Dienstbezüge aus einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis nicht berücksichtigt - § 124 SGB IX.: Freistellung schwerbehinderter Menschen von Mehrarbeit - § 125 SGB IX.: Zusätzliche Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr, Erhöhung oder Verminderung bei mehr oder weniger als fünf Arbeitstagen. Weitere Regelungen zum Zusatzurlaub finden sich in § 125 Abs. 2 und Abs. 3 SGB IX. - § 126 SGB IX.: Nachteilsausgleiche wird unabhängig von der Ursache der Behinderung der Art oder Schwere der Behinderung Rechnung getragen - § 127 SGB IX.: Regelung für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in Heimarbeit - § 128 SGB IX.: Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, dass ein angemessener Anteil unter den Beamten und Beamtinnen, Richter und Richterinnen erreicht wird - § 129 SGB IX.: Bevorzugte Zulassung bei gleicher fachlicher Eignung und Erfüllung der sonstigen gesetzlichen Vorschriften - § 130 SGB IX.: Verpflichtung der Beteiligten in Angelegenheit eines schwerbehinderten Menschen zum Stillschweigen, sowie die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Diese Pflichten gelten auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt oder nach Beendigung des Auftrages. Sie gelten nicht gegenüber der Bundesagentur für Arbeit, den Integrationsämtern und den Rehabilitationsträgern, der Schwerbehindertenvertretung und den in den entsprechenden Vorschriften des Personalvertretungsrechts genannten Vertretungen, Personen und Stellen - § 131 SGB IX.: Alle zwei Jahre wird eine auskunftspflichtige Bundesstatistik über die Zahl der schwerbehinderten Menschen mit gültigem Ausweis, persönlicher Merkmale sowie Art, Ursache und Grad der Behinderung erstellt Stand: 20. April 2012 Referat Personalrecht Frau Dr. Knötzele

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10. Integrationsprojekte(gemäß §§ 132 - 135 SGB IX.): Integrationsunternehmen, -betriebe, als auch -abteilungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, deren Teilhabe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Grund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände auf besondere Schwierigkeiten stößt. Die Integrationsprojekte bieten den schwerbehinderten Menschen Beschäftigung und arbeitsbegleitende Betreuung an. Sie können aus Mitteln der Ausgleichsabgabe Leistungen für Aufbau, Erweiterung, Modernisierung und Ausstattung einschließlich einer betriebswirtschaftlichen Beratung und für besonderen Aufwand erhalten. 11. Werkstätten für Behinderte (gemäß §§ 136 – 144 SGB IX.): Die Werkstatt für behinderte Menschen ist eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Zum Angebot an Berufsbildungs- und Arbeitsplätzen gehören ausgelagerte Plätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Werkstatt steht allen behinderten Menschen offen, sofern ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbracht werden kann, kann dies nicht, soll eine Betreuung oder Förderung in Einrichtungen, die der Werkstatt angegliedert sind, erfolgen. In der Regel besteht ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis, Werkstattverträge regeln näheres. Es gibt ein Arbeitsentgelt, dass sich aus einem Grundbetrag in Höhe des Ausbildungsgeldes, das die Bundesagentur für Arbeit nach den für sie geltenden Vorschriften behinderter Menschen im Berufsbildungsbereich zuletzt leistet, und einem leistungsangemessenen Steigerungsbetrag zusammensetzt. Werkstatträte setzen sich für die Interessen schwerbehinderten Menschen berührenden Angelegenheiten der Werkstatt ein. Arbeitgeber, die durch Aufträge an anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen zur Beschäftigung behinderter Menschen beitragen, können 50 vom Hundert des auf die Arbeitsleistung der Werkstatt entfallenden Rechnungsbetrages solcher Aufträge auf die Ausgleichsabgabe anrechnen. Aufträge der öffentlichen Hand werden durch Verwaltungsvorschrift bevorzugt den anerkannten Werkstätten übermittelt. Werkstätten für behinderte Menschen, die eine Vergünstigung in Anspruch nehmen wollen, bedürfen der Anerkennung. 12. Unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personenverkehr(gemäß §§ 145 – 154 SGB IX.): Schwerbehinderte Menschen können gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises mit einer gültigen Wertmarke, welche für 60 Euro ein Jahr oder für 30 Euro für ein halbes Jahr geltend ist, unentgeltlich innerhalb des öffentlichen Personenverkehrs befördert werden. Die unentgeltliche Beförderung verpflichtet zur Zahlung eines tarifmäßigen Zuschlages bei Benutzung zuschlagpflichtiger Züge des Nahverkehrs. Voraussetzung ist, dass eine erhebliche Beeinträchtigung infolge einer Einschränkung des Gehvermögens vorhanden ist. Die Fahrgeldausfälle im Nahverkehr/Fernverkehr werden nach einem Prozentsatz der von den Unternehmern nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen im Nahverkehr/Fernverkehr erstattet.

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