Masterarbeit. Einfluss von Grundzusammenlegungen auf die Wirtschaftlichkeit der Pflanzenproduktion

Universität für Bodenkultur Department für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Institut für Agrar- und Forstökonomie Masterarbeit Einfluss von Gru...
Author: Benedict Kaufer
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Universität für Bodenkultur Department für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Institut für Agrar- und Forstökonomie

Masterarbeit

Einfluss von Grundzusammenlegungen auf die Wirtschaftlichkeit der Pflanzenproduktion

Verfasser: Alfred Neubauer, Bakk. techn. Matrikelnummer: 0540898 Masterstudium: Agrar- und Ernährungswirtschaft

Betreuer: Univ. Prof. Dr. Jochen Kantelhardt

Univ. Ass. Dr. Martin Kapfer

Institut für Agrar- und Forstökonomie

Wien, Oktober 2012

Der Ziellose erleidet sein Schicksal – der Zielbewusste gestaltet es. Immanuel Kant, dt. Philosoph 1724 – 1804

An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen Betreuern, den Betriebsführern für die Offenlegung vieler betrieblicher Daten, der Agrarbezirksbehörde Burgenland, sowie allen Korrekturlesern für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Masterarbeit bedanken. Ein besonderes Dankeschön gilt meiner Familie und all den Begleitern auf dem schönen aber oft auch holprigen Weg durch das Studium. Sie machten das Studium auf der Universität des Lebens zu einer unvergesslichen Zeit.

Kurzfassung Die Aufgabe der Bodenreform, mit der Grundzusammenlegung als bedeutendes Instrument, ist die Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft zu verbessern. Mit der Zeit entwickelte sich dieses Instrument der Neuordnung zu einem umfassenden Verfahren, dass neben der Verbesserung der Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft auch der nachhaltigen Schaffung und Verbesserung des ländlichen Raumes als Lebens- und Erholungsraum dient. In der vorliegenden Arbeit werden angestrebte wirtschaftliche Verbesserungen der Grundzusammenlegung in der Pflanzenproduktion dargestellt. Zwei Betriebe, die den Großteil ihrer Flächen in einem Zusammenlegungsgebiet bewirtschaften, werden analysiert. Mithilfe der Teilkostenrechnung wird die Wirtschaftlichkeit vor und nach erfolgter Grundzusammenlegung dargestellt und verglichen. Da die Grundeigentümer teilweise für die Kosten der Zusammenlegung aufkommen müssen, wird die Amortisationsdauer der Neuordnung berücksichtigt. Die Ergebnisse zeigen, dass durch die Grundzusammenlegung der Kraftstoffverbrauch und damit die variablen Maschinenkosten gesenkt werden. Die aus arbeitswirtschaftlicher Sicht günstigere Schlagstruktur verringert den Arbeitszeitbedarf in der Pflanzenproduktion. Die Vergrößerung der Schläge verringert die Vorgewende- und Feldrandflächen, wo mit verringertem Ertrag und höherem Pflanzenschutzmittel- und Düngeraufwand zu rechnen ist. Höhere Erträge und verringerter Betriebsmittelaufwand durch die neuen Schläge sind die Folge. Weiter zeigt sich, anhand der gewählten Fallbeispiele, dass Grundzusammenlegung innerhalb der ersten fünf Jahre amortisieren.

sich

die

Kosten

der

Grundzusammenlegungen und die damit verbundenen ökonomischen Wirkungen führen zu einer wirtschaftlicheren Nutzung der Ressource Boden und zum effizienteren Einsatz von Arbeitskraft und fossiler Energie in Form von Treibstoff.

Abstract Land consolidation is one of the most powerful tools of the ground reform, which strengthens the conditions for improved machinery usage on the created larger and therefore more appropriate plots. Sustainable upgrading of the rural area has been the intention of the process of land consolidation, which implicates the rural function of quality of life, business and recreation space. The aim of this thesis is to calculate and present the economic effects achieved by land consolidation in plant production. Two farms that run consolidated fields are analyzed. Partial budgeting is used to compare the efficiency before and after land consolidation, variable machinery use is a further part of the analysis. As the landowner partially participates in the consolidation costs, the period of amortization has been calculated. The new segmentation of the land and the new road system diminish the mileage and the variable machine costs. Larger, uniform plots lead to a reduction of working hours in the plant production. Higher crop yields and reduced input application at the edges of the fields are the result of the land consolidation. The consolidation costs are already amortized within a few years. Land consolidation and associated economic effects improve the profitability of soil usage and the efficiency of the inputs farm labor and fossil fuels.

Inhalt Tabellenverzeichnis ................................................................................................................................ III Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................................ III 1.

Einleitung ......................................................................................................................................... 1

2.

Bodenreform und Grundzusammenlegungen ................................................................................ 4

3.

2.1

Flurformen ............................................................................................................................... 4

2.2

Bodenreform ........................................................................................................................... 4

2.3

Grundzusammenlegungsverfahren ......................................................................................... 5

2.3.1

Ziele einer Grundzusammenlegung................................................................................. 5

2.3.2

Ablauf von Grundzusammenlegungen ............................................................................ 6

Auswirkungen von Grundzusammenlegungen ............................................................................... 7 3.1

Allgemeine und ökologische Auswirkungen............................................................................ 7

3.2

Arbeitswirtschaftliche und ökonomische Einflussfaktoren..................................................... 9

3.2.1

Schlagstruktur und kostenbestimmende Parameter ...................................................... 9

3.2.2

Randeffekte ................................................................................................................... 13

4.

Kostenrechnung und dynamische Amortisationsrechnung .......................................................... 14

5.

Untersuchungsgebiet und untersuchte Betriebe .......................................................................... 16

6.

Methodik ....................................................................................................................................... 19 6.1

Ableitung einzelschlagbezogener Daten ............................................................................... 22

6.2

Ermittlung der Schlagstruktur, Vorgewende- und Randflächenanteile ................................ 23

6.3

Berechnung der Randeffekte ................................................................................................ 27

6.3.1

Ertrag ............................................................................................................................. 27

6.3.2

Betriebsmittel ................................................................................................................ 28

6.4 Berechnung der variablen Maschinenkosten, des Treibstoffverbrauches und des Arbeitskräftebedarfs ......................................................................................................................... 31

7.

6.5

Berechnung Deckungsbeitrag ............................................................................................... 34

6.6

Amortisationsdauer ............................................................................................................... 36

Ergebnisse...................................................................................................................................... 37 7.1

Einzelschlagbezogene Daten und Schlagstruktur .................................................................. 37

7.2

Einfluss der Grundzusammenlegung auf die Randeffekte .................................................... 40

7.3 Berechnung Veränderungen bei variablen Maschinenkosten, Treibstoffverbrauch und Arbeitskräftebedarf ........................................................................................................................... 42 I

7.5

Ergebnisse der Deckungsbeitragsberechnungen .................................................................. 51

7.6

Amortisationsdauer ............................................................................................................... 57

7.7

Zusammenfassung der Ergebnisse ........................................................................................ 58

9

Diskussion und Schlussfolgerungen .............................................................................................. 60 9.1

Diskussion der Datengrundlage und Methodik ..................................................................... 60

9.2

Diskussion der Ergebnisse ..................................................................................................... 60

9.2.1 9.3 10

Vergleich der Ergebnisse mit Ergebnissen anderer Studien ......................................... 61

Forschungsbedarf und Schlussfolgerungen........................................................................... 63 Quellenverzeichnis: ................................................................................................................... 64

ANHANG ................................................................................................................................................ 67

II

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Ergebnisse weiterer Studien zur Effizienz von Flurneuordnungen in Deutschland................ 8 Tabelle 2: Systematisierung der Effekte einer Grundzusammenlegung ................................................. 9 Tabelle 3: Maximal mögliche Fahrgeschwindigkeiten .......................................................................... 12 Tabelle 4: Annahmen zu Randwirkungen in verschieden Studien ........................................................ 13 Tabelle 5: Vorgewende-, Rand- und Hauptfläche für Betriebsmittelberechnung ................................ 28 Tabelle 6: Errechneter Betriebsmittelaufwand auf der Hauptfläche .................................................... 29 Tabelle 7: Schema der Deckungsbeitragsrechnung für Marktfrüchte .................................................. 34 Tabelle 8: Landwirtschaftliche Erzeugerpreise 2010............................................................................. 35 Tabelle 9: Einfluss der Grundzusammenlegung Betrieb A .................................................................... 37 Tabelle 10: Schlaggrößenverteilung Betrieb A ...................................................................................... 38 Tabelle 11: Vorgewende-, Rand- und Hauptfläche Betrieb A ............................................................... 39 Tabelle 12: Einfluss der Grundzusammenlegung Betrieb B .................................................................. 39 Tabelle 13: Schlaggrößenverteilung Betrieb B ...................................................................................... 39 Tabelle 14: Vorgewende-, Rand- und Hauptfläche Betrieb B ............................................................... 40 Tabelle 15: Erträge Betrieb A ................................................................................................................ 41 Tabelle 16: Betriebsmittelaufwand Betrieb A ....................................................................................... 41 Tabelle 17: Erträge Betrieb B................................................................................................................. 41 Tabelle 18: Betriebsmittelaufwand Betrieb B ....................................................................................... 41 Tabelle 19: Entwicklung der variablen Maschinenkosten von Betrieb A .............................................. 42 Tabelle 20: Entwicklung Dieselverbrauch von Betrieb A....................................................................... 43 Tabelle 21: Entwicklung vom Arbeitskräftebedarf von Betrieb A ......................................................... 44 Tabelle 22: Entwicklung der variablen Maschinenkosten von Betrieb B .............................................. 47 Tabelle 23: Entwicklung Dieselverbrauch von Betrieb B ....................................................................... 47 Tabelle 24: Entwicklung vom Arbeitskräftebedarf von Betrieb B ......................................................... 48 Tabelle 25: Entwicklung Deckungsbeiträge in Euro/ha in den verschiedenen Berechnungsvarianten Betrieb A ................................................................................................................................................ 51 Tabelle 26: Deckungsbeitrag in Euro je Akh in den verschiedenen Berechnungsvarianten Betrieb A . 53 Tabelle 27: Entwicklung Deckungsbeiträge in Euro je ha in den verschiedenen Berechnungsvarianten Betrieb B ................................................................................................................................................ 54 Tabelle 28: Deckungsbeiträge in Euro je Akh in den verschiedenen Berechnungsvarianten Betrieb B 55

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Anzahl land- und forstwirtschaftlicher Betrieb in Österreich 1951-2007 .......................... 2 Abbildung 2: Maschinenkosten in Abhängigkeit von der Schlaggröße ................................................. 10 Abbildung 3: Schematische Darstellung von Vorgewende-, Rand- und Hauptfläche ........................... 11 Abbildung 4: Schaffung von Bauland und Entwicklungsgebiet ............................................................. 17 Abbildung 5: Schema Ablauf ................................................................................................................. 20 Abbildung 6: Schlagidentifikation in der GIS-Webapplikation .............................................................. 23 Abbildung 7: Darstellung von Vorgewende- Rand- und Hauptfläche ................................................... 25 III

Abbildung 8: Schlagdaten AVORWin ..................................................................................................... 32 Abbildung 9: Arbeitsgänge eines Produktionsverfahrens im AVORWin ............................................... 32 Abbildung 10: Verteilung der LN in Schlaggrößengruppen in Prozent Betrieb A.................................. 38 Abbildung 11: Verteilung der LN in Schlaggrößengruppen in Prozent Betrieb B.................................. 40 Abbildung 12: Entwicklung der variablen Maschinenkosten in Prozent im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb A ........................................................................................................... 43 Abbildung 13: Entwicklung des Dieselverbrauches in Prozent im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb A ............................................................................................................................. 43 Abbildung 14: Entwicklung vom Arbeitskraftbedarf in Prozent im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb A ............................................................................................................................. 44 Abbildung 15: Entwicklung variable Maschinenkosten, Dieselverbrauch und Arbeitskraftstunden auf Ackerland in Prozent im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb A ...................................... 46 Abbildung 16: Entwicklung der variablen Maschinenkosten in Prozent im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb B ........................................................................................................... 47 Abbildung 17: Entwicklung des Dieselverbrauches in Prozent im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb B ............................................................................................................................. 48 Abbildung 18: Entwicklung vom Arbeitskraftbedarf im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb B ................................................................................................................................................ 49 Abbildung 19: Entwicklung variable Maschinenkosten, Dieselverbrauch und Arbeitskraftstunden auf Ackerland in Prozent im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb B ...................................... 50 Abbildung 20: Entwicklung Deckungsbeiträge in Prozent ausgewählter Kulturen im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb A ........................................................................................................... 52 Abbildung 21: Entwicklung Deckungsbeiträge in Prozent auf Acker/Grünland im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb A ........................................................................................................... 52 Abbildung 22: Entwicklung Deckungsbeitrag je Akh in Prozent bei ausgewählten Kulturen im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb A ............................................................................. 53 Abbildung 23: Entwicklung Deckungsbeiträge in Prozent ausgewählter Kulturen im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb B ........................................................................................................... 54 Abbildung 24: Entwicklung der Deckungsbeiträge auf Acker/Grünland im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb B ........................................................................................................... 55 Abbildung 25: : Entwicklung Deckungsbeitrag je Akh in Prozent bei ausgewählten Kulturen im Vergleich zu Alter Stand/Alte Maschinen Betrieb B.............................................................................. 56 Abbildung 26: Relative Veränderung der Deckungsbeiträge und relative Einsparung von Arbeit je ha Acker Betrieb A ...................................................................................................................................... 58 Abbildung 27: : Relative Veränderung der Deckungsbeiträge und relative Einsparung von Arbeit je ha Acker Betrieb B ...................................................................................................................................... 59

IV

1. Einleitung Bis zu Beginn des letzten Jahrhunderts wird der Großteil des Arbeitseinsatzes in der Landwirtschaft durch tierische und menschliche Arbeitskraft geleistet. Mit zunehmender Industrialisierung entwickelt sich auch eine immer leistungsstärkere Landwirtschaft, in der die tierische und menschliche Arbeitskraft durch die einsetzende Mechanisierung substituiert wird. Mit fortschreitendem Maschineneinsatz in der Landwirtschaft werden kleinstrukturierte und ungünstige Flurformen neugeordnet, um die Vorteile der fortschreitenden Mechanisierung besser nützen zu können. „Schließlich ergaben sich durch das Einsetzen des mechanisch-technischen Fortschrittes infolge solch stark zersplitterter Fluren schwerwiegende Probleme für die maschinelle Flächenbearbeitung. Die Parzellen waren für einen vernünftigen Maschineneinsatz viel zu schmal und häufig erschwerten ungünstig verschlungene Grenzführungen das Arbeiten mit Landmaschinen zusätzlich“ (WYTRZENS, 1994, 247). Flurneuordnungen ermöglichen durch größere Schläge und optimal gestaltete Schlagformen, einen effizienteren Maschineneinsatz bei der pflanzlichen Produktion. Dies führt zur wirtschaftlicheren Nutzung der begrenzten Ressource Boden und zum effizienteren Einsatz von Arbeitskraft und fossiler Energie in Form von Treibstoff. Die Neuordnung der Fluren ist ein wichtiges Instrument der ländlichen Regionalentwicklung. Seit Jahrzehnten unterliegen die Ziele und Aufgaben der ländlichen Neuordnung einem Wandel. „Als eine der zentralen agrarplanerischen Aufgaben, die auf örtlicher Ebene abzuwickeln und im ureigensten landwirtschaftlichen Bereich anzusiedeln ist, hat wohl die Bodenreform sowie die Neuordnung der Fluren bzw. deren Anpassung an geänderte ökonomische und ökologische Notwendigkeiten zu gelten“ (WYTRZENS, 1994, 483). Die unterschiedlichen Zielsetzungen und Maßnahmen von Flurneuordnungen führen zu direkten und indirekten Wirkungen, die weit über den landwirtschaftlichen Bereich, sowie die Gestaltung der Landschaft hinausgehen können. „Auf Gemeindeebene geht es im Zuge von Kommassierungen vielfach um die verkehrsmäßige Erschließung von Ortsteilen, um die Realisierung von Umfahrungen sowie die Festlegung von Bauund Gemeindegewerbegebieten. Dementsprechend ist das heutige Verfahren als umfassendes und integrierendes Neuordnungsinstrument in ländlichen Gemeinden zu sehen“ (WYTRZENS, 1994, 487). Neben Verbesserung des ländlichen Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum verfolgen heutige Verfahren ebenfalls gesellschaftliche Zielsetzungen. „Bis in die 70er Jahre waren agrarpolitische Instrumente auf eine Steigerung der Produktion, seit Anfang der 50er Jahre begleitet von einer Rationalisierung des Faktoreinsatzes, ausgerichtet. Neben der traditionellen Rolle als Nahrungsmittelproduzent kommt der Landwirtschaft […] zunehmend Bedeutung zu bei der Erhaltung und Pflege der natürlichen Lebensgrundlagen, Sicherung und Pflege einer vielfältigen Landschaft als Siedlungs-, Wirtschafts- und Erholungsraum; Lieferung agrarischer Rohstoffe für Nicht-Nahrungszwecke“ (BARTHEL und WEDEL, 1992, 10). Für die Landwirte ist eine kostengünstigere Bearbeitung ihrer Flächen das Hauptziel von Grundzusammenlegungen. „Durch das Grundzusammenlegungsverfahren sollen für die Landwirtschaft besser bewirtschaftbare Flächen geschaffen werden. Dabei sollen vielfältige, oft divergierende Interessen unterschiedlicher Akteure im ländlichen Raum koordiniert und berücksichtigt werden“ (FÖRDERMAYR, 2010, 20).

1

„Der Strukturwandel in der Landwirtschaft schreitet schneller voran, als die Anpassung landschaftlicher Nutzungsstrukturen erfolgt. Dies führt dazu, dass viele Betriebe, [...], eine hohe Anzahl von kleinen Einzelschlägen verbunden mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand für Rüst, Wege- und Nebenzeiten bei der Arbeit bewirtschaften“ (ROTHMUND, 2006, 3). 450.000

432.848 402.286

367.738

400.000 350.000

308.246 281.910

300.000

239.099

250.000

217.508

190.382 189.591 187.034

200.000 150.000 100.000 50.000 1951

1960

1970

1980

1990

1995

1999

2003

2005

2007

Quelle: Statistik Austria, verändert

Abbildung 1: Anzahl land- und forstwirtschaftlicher Betrieb in Österreich 1951-2007

Maßnahmen der Bodenreform, mit dem Verfahren der Grundzusammenlegung als umfassendste Maßnahme, werden seitens der öffentlichen Hand finanziell unterstützt. Angesichts abnehmender Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe in Österreich, siehe Abbildung 1, wird jedoch sowohl die Sinnhaftigkeit als auch die Notwendigkeit monetärer Unterstützung im Rahmen der Flurneuordnungen zunehmend infrage gestellt.

In Zeiten der Ressourcenknappheit, des weltweiten Bevölkerungswachstums und des damit verbundenen stetig wachsenden Nahrungsmittelbedarfes ist aber die Schaffung von optimalen Bedingungen für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Landwirtschaft von großer Bedeutung.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, angestrebte wirtschaftliche Verbesserungen in der pflanzlichen Produktion nach erfolgter Grundzusammenlegung darzustellen. Die Veränderung der variablen Maschinenkosten, des Arbeitszeitbedarfes, der Erträge und des Einsatzes von Dünger- und Pflanzenschutzmittel stellen die wesentlichen ökonomischen Kenngrößen Kenngrößen zur Beurteilung des Erfolges einer Grundzusammenlegung dar. Diese Kenngrößen haben direkten Einfluss auf die Höhe des Einkommens eines landwirtschaftlichen Betriebes. Die zur Betrachtung, der in dieser dieser Arbeit durchgeführten einzelbetrieblichen Kalkulationen, erforderlichen Datengrundlage wird mittels qualitativer Betriebsbefragung mit den Betriebsführern erhoben. Hierbei werden bei den zwei untersuchten Betrieben, die bewirtschafteten Schläge, Fruchtfolgen, Maschinen- und Geräteausstattungen und pflanzenbauliche Produktionssysteme der Betriebe erhoben.

Die durch die Grundzusammenlegung zu erwartende Einsparung an variablen Maschinenkosten und an Arbeitskräftebedarf in der landwirtschaftlichen Produktion wird an den zwei untersuchten Betrieben dargestellt. Bessere Bewirtschaftungsverhältnisse, die durch Grundzusammenlegungen 2

geschaffen werden, führen oft zu Änderungen in der Mechanisierung der Betriebe. Diese werden im Rahmen der Betriebserhebung erhoben und in den Berechnungen berücksichtigt. Durch größere Schläge und günstigere Schlagformen sind an den verringerten Feldrandlängen und am Vorgewende ein geringerer Betriebsmittelaufwand und ein höherer Ertrag zu erwarten. Diese werden im Rahmen dieser Arbeit quantifiziert. Es werden die ökonomischen Wirkungen der Grundzusammenlegung mittels Teilkostenrechnung im Vorher-Nachher-System gegenübergestellt. Durch die Arbeit wird eine Bewertung der Wirkungen von Grundzusammenlegungen auf die pflanzliche Produktion durchgeführt. Betriebliches Wachstum, langfristige Investitionsentscheidungen und Spezialisierung werden mit dieser Arbeit nicht quantifiziert. Flurneuordnungen können mit Investitionen verglichen werden, dessen Kosten der/die Grundeigentümer tragen muss bzw. müssen und über die Jahre kontinuierlich Einspareffekte erzielen. Daher wird abschließend die Amortisationsdauer dieser Investition mithilfe der dynamischen Amortisationsrechnung ermittelt.

Am Beginn der Arbeit werden die Aufgaben und Instrumente der Bodenreform erläutert und das Verfahren der Grundzusammenlegung wird beschrieben. Mittels Literaturanalyse sollen Auswirkungen von Flurneuordnungen aus sozio-ökonomischer Sicht aufgezeigt werden. Einflussgrößen auf den Arbeitszeitbedarf bei der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen werden erläutert und dargestellt. Die in dieser Arbeit angewandte Teilkostenrechnung und die dynamische Amortisationsrechnung werden beschrieben. Das Gebiet der Grundzusammenlegung und die zwei untersuchten Betriebe werden beschrieben und die Motive und ökologischen Auswirkungen des Zweitverfahrens werden erläutert. Das Kapitel Methodik gibt einen detaillierten Überblick über das Material und die Methodik der Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit. Abschließend werden die Ergebnisse dargestellt und deren Auswirkungen erläutert und diskutiert, sowie weiterer Forschungsbedarf aufgezeigt.

3

2. Bodenreform und Grundzusammenlegungen In diesem Abschnitt werden die Entstehung der Flurformen und die daraus resultierenden Aufgaben der Bodenreform dargestellt. Das Verfahren der Grundzusammenlegung, das Gegenstand dieser Arbeit ist, wird beschrieben.

2.1 Flurformen „[…] Flurverfassung kennzeichnet die Ordnung der Besitzverhältnisse und Bodennutzungen in den Fluren […]. Sie zeigt ausgeprägte Unterschiede nach Landschaft, Siedelweise und Kulturentwicklung“ (WYTRZENS, 1994, 233f). Die einzelnen Grundstücke bzw. Parzellen beeinflussen das strukturelle Bild der Flur (vgl. WYTRZENS, 1994, 234). Unterschieden werden traditionellerweise zwei Formen von Grundstücken, die Blockflur und die Streifenflur. Die Blockflur weist ein Breiten-Längenverhältnis von 1:1 bis 1:2,5 auf, dagegen die Streifenflur ein Breiten-Längenverhältnis von 1:2,5 bis 1:10, sogar bis zu 1:50. Flächenmäßig können die Grundstücke zwischen wenigen Quadratmetern und mehreren Hektar schwanken (vgl. NIEMEIER, 1977, 65). „Die Streifenparzellen liegen fast immer gruppenweise parallel nebeneinander“ (NIEMEIER, 1977, 65). Bei der Einödlage liegt der Grundbesitz meist um den Hof des Grundeigentümers, dagegen bei der Gemengelage liegen die Grundstücke vermischt mit jenen der anderen Eigentümer über die gesamte Flur verteilt (vgl. WYTRZENS, 1994, 235). Diese Merkmale und deren Kombinationen führen dann zu typischen Grundtypen, die die Bewirtschaftung und das Landschaftsbild nachhaltig prägen. Flurformen unterlagen immer Veränderungen. Verursacht wurden diese durch sich ändernde Bodenbearbeitungstechniken, Erbsitten und wirtschaftliche Einflüsse. „Das Gegenwartsbild einer Flur ist oft das Ergebnis einer langen Entwicklung und kann sehr verschieden alte Bestandteile enthalten […]“ (NIEMEIER, 1977, 76). Gerade in Gebieten, wo das Realteilungsrecht üblich war, kam es zur Zersplitterung der Flur und Kleinstparzellen waren die Folge. Durch den stetig wachsenden Maschineneinsatz in der Landwirtschaft wurde es notwendig, kleinstrukturierte und ungünstige Flurformen neuzuordnen, um so die Vorteile dieser technischen Errungenschaften besser nützen zu können. Zu diesem Zweck wurden zunehmend Flurbereinigungen bzw. Grundstückszusammenlegungen durchgeführt. Nach Neuordnungen bietet sich meist ein völlig neues Bild der Flureinteilung, das in kein Schema der historischen Flurformen mehr passt.

2.2 Bodenreform In Abhängigkeit von den lokalen Verhältnissen besteht die Notwendigkeit, im Bereich der Bodenreform tätig zu werden. Es geht um die Erhaltung und Verbesserung der Produktions- und Arbeitsgrundlagen für die Landwirtschaft und darum die Verbesserung der landschaftsökologischen und landschaftsgestalterischen Qualität von Dorf zu Landschaft zu verknüpfen (vgl. REITH, 1986, 15). Zur Lösung der vorherrschenden Schwierigkeiten bedienen sich die zuständigen Stellen der 4

Bodenreform. Dort, wo zersplitterter Grundbesitz und Erschließungsdefizite von landwirtschaftlichen Nutzflächen vorherrschen, ist das Handlungsfeld der Bodenreform. Maßnahmen der Bodenreform regulieren die Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke und Gemeinschaftsbesitz. Weiter werden Schäden und Auswirkungen auf Landschaft und Landwirtschaft, infolge regionaler Bauvorhaben abgewendet bzw. gemildert (vgl. WYTRZENS, 1994, 484f). „Zur Vollziehung von bodenreformerischen Maßnahmen sind von Gesetzes wegen die Agrarbehörden berufen“ (WYTRZENS, 1994, 485). Flurbereinigung, Grundzusammenlegung, Regulierung der Benützungs- und Verwaltungsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken, landwirtschaftliches Bringungsrecht und landwirtschaftliches Siedlungswesen zählen zum Aufgabenbereich der Bodenreform (vgl. SCHWARZLMÜLLER, 1989, 47f).

2.3 Grundzusammenlegungsverfahren Aus den vielfältigen Maßnahmen der Bodenreform wird im folgenden Abschnitt auf die Maßnahme der Grundstückszusammenlegung, die Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist, eingegangen. Folgend wird der Ablauf und die rechtliche Grundlage von Grundstückszusammenlegungen, kurz Grundzusammenlegung, erläutert.

2.3.1 Ziele einer Grundzusammenlegung Abwicklung und rechtliche Regelungen sind in den verschiedenen Bundesländern teils unterschiedlich geregelt, das Schema der Grundzusammenlegung ist aber in ganz Österreich ident. Die Begriffe „Kommassierung“ und „Grundzusammenlegung“ stehen in Österreich für diese Maßnahme. Es ist die Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke als Maßnahme der Agrarpolitik gemeint (vgl. UMWELTBUNDESAMT, 1986, 12). In Deutschland und der Schweiz wird von der Flurbereinigung gesprochen. Dieser Begriff wird in Österreich vielfach synonym verwendet (vgl. WYTRZENS, 1994, 486). „Hauptziel einer Grundstückszusammenlegung ist es daher, einen Beitrag zur Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft zu erbringen. Dieses Ziel wird vor allem durch eine Verbesserung der Produktionsbedingungen erreicht, indem man versucht, behebbare Nachteile zu beseitigen“ (WYTRZENS, 1994, 486). „Der Begriff der Flurbereinigung bezeichnet im Allgemeinen ein Verfahren, das vorrangig die Schaffung besserer Produktionsstrukturen für die Landwirtschaft in der Pflanzenproduktion zum Ziel hat. In erster Linie geschieht dies über die Vergrößerung von Bewirtschaftungseinheiten [Schlägen], aber auch durch die Schaffung einer verbesserten Infrastruktur in Form von Feldstraßen und –wegen“ (ROTHMUND, 2006,6). Bei der Grundzusammenlegung geht es um die Beseitigung von zersplittertem Grundbesitz, ungünstigen Grundstücksformen, Wegerechten mit daraus entstehenden Flurzwang, schlechten Wegesystemen und entstehenden Bewirtschaftungsnachteilen im Zuge von Großbauvorhaben (vgl. WYTRZENS, 1994, 487). Diese unterschiedlichen Zielsetzungen und Maßnahmeninhalte von Flurneuordnungen führen zu direkten und indirekten Wirkungen, die weit über den landwirtschaftlichen Bereich hinausgehen. Für 5

die Landwirte ist eine kostengünstigere Bearbeitung ihrer Flächen das Hauptziel von Grundzusammenlegungen. „Die Ansprüche der Gesellschaft an die ländlichen Räume sind immer intensiver und vielfältiger geworden. Neben den Erfordernissen von Naturschutz und Landschaftspflege artikuliert sich insbesondere in den Bereichen Siedlungsentwicklung (einschließlich der Dorferneuerung), Infrastruktur, Freizeit und Erholung einen wachsenden Bedarf an Flächen“ (BARTHEL und WEDEL, 1992, 13). Aus Sicht der Landschaftsplanung ist die Schaffung von optimalen Voraussetzungen für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen ein wichtiges Ziel von Grundzusammenlegungen (vgl. HYSEK, 1992, 12). Möglichst alle Interessen einer Grundzusammenlegung zu vereinen, ist die Aufgabe der Agrarbezirksbehörden.

2.3.2 Ablauf von Grundzusammenlegungen

Gesetzliche Grundlagen für Zusammenlegungsverfahren sind in zahlreichen Rechtsvorschriften, wie Flurverfassungsgesetz, Agrarbehördengesetz usw. verankert. Wo sich die Grundbesitzer über die Grundstückseinteilung einig sind, oft auf abgegrenzten Teilen der Flur, wird das Parteienverfahren, das sogenannte Flurbereinigungsverfahren, durch einen Bescheid der Agrarbezirksbehörde eingeleitet und abgeschlossen (vgl. FÖRDERMAYR, 2010, 25). Vorteile sind die gebührenfreie Eintragung ins Grundbuch, der Wegfall der Grunderwerbssteuer und die rasche Durchführbarkeit. Ein kleiner Kreis von Grundeigentümer und hohe Kompromissbereitschaft der Beteiligten müssen gegeben sein. „Ein Zusammenlegungsverfahren, als Behördenverfahren, läuft in den folgenden Schritten ab, wobei bereits entschiedene Fragen in späteren Phasen nicht mehr aufgerollt werden: • • • • •

Vorbereitungsphase und Einleitung Besitzstandausweis und Bewertungsplan Neuordnung (Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, häufig auch Anordnung der vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen) Zusammenlegungsplan Ausführung des Zusammenlegungsplans und Abschluss des Verfahrens“ (FÖRDERMAYR, 2010, 25f).

6

3. Auswirkungen von Grundzusammenlegungen Auswirkungen von Grundzusammenlegungen hängen in hohem Maße vom Verfahrensgebiet und den individuellen Bedingungen der Grundeigentümer und deren Grundstücken ab. Wesentliche Konsequenzen lassen sich aber aus Untersuchungen ableiten und sollen im nächsten Teil der Arbeit erläutert werden. In Folge werden detailliert arbeitswirtschaftliche und ökonomische Einflussfaktoren bei der Bearbeitung von landwirtschaftlichen Flächen dargestellt.

3.1 Allgemeine und ökologische Auswirkungen Infolge von Grundzusammenlegungen tritt eine Zeitersparnis bei der Bearbeitung der Schläge auf, bedingt durch größere Schläge, verbesserte Schlagformen und verkürzte Wegstrecken (vgl. HEINZELMEIR, 1985,14). Je ungünstiger die Situation vor der Neuordnung war und je weniger das Verfahren von Einzelinteressen behindert wird, je erfolgreicher sind Flurneuordnungen (vgl. KAPFER und KANDELHARDT, 2007, 9). Durch die Errichtung von gemeinschaftlichen Anlagen wie Wege und Biotopverbundsysteme kommt es zumeist bei Grundzusammenlegungen zu Flächenverlusten für die teilnehmenden Grundeigentümer. Flurneuordnungen führen zu klaren Rechtsverhältnissen, da jede Kommassierung auch eine umfassende Rechtsbereinigung darstellt. Grenzstreitigkeiten und ungeregelte Feldzufahrten werden im Zuge des Verfahrens geregelt und gelöst, Neuvermessung und die Grenzkatastereintragung der neuen Grundstücke schaffen Sicherheit (vgl. WYTRZENS, 1994, 496). Grundzusammenlegungen, oft auch Zweitverfahren, im Zuge von Großbauvorhaben sollen negative Auswirkungen auf die vorherrschende Flur vorbeugen. KAPFER (2007) hat bei seiner durchgeführten Untersuchung zu ökonomischen Auswirkungen ausgewählter Verfahren der Flurneuordnung festgestellt, dass in den untersuchten Regionen im Durchschnitt Kostenersparnisse und Ertragssteigerungen im Wert von 110,- bis 150,- Euro je ha und Jahr möglich sind. Er stellt in seiner Arbeit fest, dass eine Vergrößerung der Schläge verbunden mit kürzeren Feldrändern und kleineren Vorgewendeflächen besonders im Ackerbau zu nennenswerten höheren Erträgen und verminderten Betriebsmittelaufwendungen führen. Je schlechter die Ausgangssituation und je großflächiger die neu geschaffenen Strukturen sind, umso erfolgreicher ist eine Grundzusammenlegung (vgl. KAPFER, 2007, 218). PREINSDORFER (2003) hat bei ihrer Untersuchung zum Grundzusammenlegungsverfahren in Edt in Oberösterreich wesentliche wirtschaftliche Verbesserungen der untersuchten Betriebe festgestellt. Der Arbeitszeitbedarf in der Pflanzenproduktion verringerte sich, durch die größeren und besser geformten Schläge, je nach Betrieb zwischen 11 % und 59 %, variable Maschinenkosten sanken zwischen 6 % und 40 %. In der Bundesrepublik Deutschland wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, um die Effizienz von Flurneuordnungen zu quantifizieren. Die Forschungsgruppe Agar-und Regionalentwicklung Triesdorf hat in ihrer Untersuchung zur Effizienz staatlich geförderter Flurneuordnungsverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz (BUNDESMINISTERIUM FÜR

7

ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT und VERBRAUCHERSCHUTZ, 2008) die Ergebnisse zahlreicher Studien zusammengefasst, diese sind in Tabelle 1 dargestellt. Tabelle 1: Ergebnisse weiterer Studien zur Effizienz von Flurneuordnungen in Deutschland Verfasser

Jahr

KEYMER et al. 1989

Region, Stichprobe 43 repräsentative Betriebe in Bayern 27 Betriebe in BadenWürttemberg 23 Betriebe in BadenWürttemberg

Einsparungspotential bzw. Einkommensvorteile/Jahr Einkommenssteigerung: 43,- bis 61,- Euro/ha Einsparung an Arbeitszeit 4-6 Akh/ha 55,20 Euro/ha Ackerland Einkommenserhöhung 20,90 Euro/ha Grünland 98,- Euro/ha Ackerland Einkommensbeitrag 69,- Euro/ha Grünland 12,- bis 36 Euro/ ha LF Einsparungspotential 2 - 6 Akh/ha 19,- bis 68,- Euro/ha LF Einsparungspotential 0,8 - 4,0 Akh/ha LF

BURGMAIER

1991

BURGMAIER

1983

EHLERINGER

2000

9 Betriebe in Rheinland-Pfalz

THOMAS, ART

2005

65 Betriebe in Bayern

SCHNAUT

2003

7 Verfahren in RheinlandPfalz

Einsparungspotential

112,- bis 304,- Euro/ha

KLARE et al.

2005

50 Betriebe in Niedersachsen

Einsparungspotential

9,90 bis 36,3 Euro/ha 0,2 - 1,2 Akh/ha

Quelle: eigene Darstelllung nach BMELV, 2008, 77

„Mittel- und langfristig können Flurneuordnungsmaßnahmen bei den Landwirten strukturelle Anpassungsreaktionen hervorrufen, welche die unmittelbaren Wirkungen verstärken. Sie sind teilweise Folge der direkten Reduzierung des Arbeitszeitbedarfs, teilweise aber auch eine ökonomische Reaktion auf die insgesamt veränderten Produktionsbedingungen“ (BMELV, 2008, 45). Die Ergebnisse von längerfristigen Verlaufsanalysen, die erforderlich sind für solche Kalkulationen von Betriebsentwicklungen, sind mit großen Unsicherheiten behaftet (vgl. BMELV, 2008, 45). „Maßnahmen der Grundzusammenlegung erscheinen im Vergleich zu anderen Eingriffen, wie z.B. Straßenbau, Talsperren, Kraftwerke, weniger gravierendend, allerdings liegt die Besonderheit von Flurbereinigungen in der flächendeckenden, systematischen Umstrukturierung der Gebiete“ (RIEDEL und THEURER, 1990, 200). Änderungen der Oberfläche durch Geländekorrekturen und Planieren von Böschungen, das Drehen der Bewirtschaftungsrichtung und die Bearbeitung in der Fallrichtung verändern das charakteristische Landschaftsbild (vgl. SCHAWERDA, 1984, 48). Durch begradigte Grenzführungen und größere Schläge führen Grundzusammenlegungen zur Reduzierung von Feldrainen und Hecken, Auffüllen von Senken und Beseitigung von Feldgehölzen tragen ebenso zur Verarmung der Lebensräume für dort lebende Flora und Fauna bei. Heute zählt die Errichtung von Bodenschutzanlagen zu den Begleitmaßnahmen einer jeder Neuordnung, es werden weitreichende, landschaftsgestalterische und ökologisch sinnvolle Biotopverbundsysteme angelegt, um den vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden.

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3.2 Arbeitswirtschaftliche und ökonomische Einflussfaktoren In diesem Abschnitt werden Einflussfaktoren auf die Wirtschaftlichkeit der Pflanzenproduktion beschrieben. Es werden kosten- und zeitbestimmende Parameter der Arbeitswirtschaft erläutert, im zweiten Teil wird auf die Auswirkungen auf Ertrag und Betriebsmittelverbrauch eingegangen. In Tabelle 2 sind die einzelbetrieblichen Effekte einer Grundzusammenlegung zusammengefasst. Tabelle 2: Systematisierung der Effekte einer Grundzusammenlegung

Effekte

Variable Kosten

Arbeitszeit

X

X

X

X

X

X

X

X

Größere und längere Schläge reduzieren die Zahl der Wendevorgänge je Hektar Optimierte Schlagformen reduzieren den Aufwand an den Vorgewenden Die Verringerung der Schläge verursacht einen geringeren Aufwand zur Inbetriebnahme von Maschinen an den einzelnen Schlägen (Rüstzeiten) Eine optimierte Lage der Schläge verursacht kürzere Wegstrecken zwischen Hof und Schlag und den einzelnen Schlägen zueinander Größere und besser geformte Schläge besitzen weniger Vorgewende- und Randflächen Die strukturelle Anpassung der Betriebe an die neuen Flurverhältnisse kann mittelbare Wirkungen auslösen: Nutzung freiwerdender Ressourcen, neue Betriebsperspektiven, Hofnachfolge usw.

X

X

Ertrag

X

X

X

Quelle: eigene Darstellung nach BMELV, 2008, 46

3.2.1 Schlagstruktur und kostenbestimmende Parameter Die Schlaggröße ist nicht immer identisch mit der tatsächlichen Grundstücksgröße, sondern mit der Bewirtschaftungseinheit und kann daher auch aus mehreren Grundstücken oder auch aus nur Teilen von Grundstücken bestehen (vgl. BAVRISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT und FORSTEN - STMELF, 1989, 32). Die Grundstücke eines Schlages können verschiedene Grundeigentümer haben, sie müssen vom selben Landwirt bewirtschaftet werden. Die Gesamtarbeitszeit hängt stark von der Schlaggröße ab, denn die unproduktive Arbeitszeit (Wende, Weg- und Rüstzeit) sinkt mit zunehmender Schlaggröße (vgl. BURGMAIER, 1991, 450). Durch die Verringerung der Arbeitszeit sinken auch die Einsatzzeiten der Maschinen und damit verbunden die variablen Maschinenkosten. Ziel einer Grundzusammenlegung ist es, größere Schläge, die einen schlagkräftigen Maschineneinsatz ermöglichen, zu schaffen. Wie aus Abbildung 2 deutlich wird, sind Schläge mit einer Größe unter einem Hektar aus arbeitswirtschaftlicher Sicht extrem ungünstig. Ab einer Schlaggröße von drei Hektar treten hingegen keine nennenswerten Einsparungseffekte mehr auf. Die Berechnungen erfolgten mit KTBLStandardverfahren unter der Annahme von einem Dieselpreis von 0,65 EUR/l und einem rechteckigen Feld mit einem Längen-Breiten-Verhältnis von 2:1. Da beim Einsatz von technischem Fortschritt meist die Maschinen und Geräte größere Arbeitsbreiten vorweisen und dies bei den unproduktiven Wende- und Rüstzeiten zu keiner Zeitersparnis führen wird, sind angepasste 9

Schlaggrößen erforderlich. Bei größeren Schlaggrößen kann daher der technische Fortschritt in der Landtechnik besser genutzt werden (vgl. KAPFER, 2007, 177).

Quelle: Kapfer, 2003, 226

Abbildung 2: Maschinenkosten in Abhängigkeit von der Schlaggröße

Das Zusammenlegungsverhältnis wird durch das Verhältnis der neuen mittleren Schlaggröße zu der alten mittleren Schlaggröße definiert. Um die Streuung der Schlaggrößen aufzuzeigen, ist das Zusammenlegungsverhältnis nicht ausreichend. Es müssen daher die bewirtschafteten Schläge in Schlaggrößengruppen zusammengefasst werden (vgl. PRANGER, 1981, 63). Bei der Vergrößerung von Schlägen unter einem Hektar können die größten Einsparungen erzielt werden, während bei Flächen über 3 Hektar die Einsparungen im Verhältnis geringer sind (vgl. STMELF, 1989, 63). Die Schlaglänge steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anzahl an Wendevorgängen. Durch eine Erhöhung der Schlaglänge kann direkt eine Reduzierung der Wendevorgänge erzielt werden. Natürliche Gegebenheiten wie Gräben, Bäche, Terrassenlandschaften, Wälder, Hecken, topografische Bedingungen und das Wegenetz sind ausschlaggebend für Schlaglängen. Durch Neuanlegung bzw. Optimierung von Wegenetzen kann im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens maßgeblich auf die Schlaglänge Einfluss genommen werden. Maschinen und Geräte haben unterschiedliche Reichweiten und stehen somit in enger Verbindung mit der Schlaglänge. Eine Schlaglänge von 400 m bis 600 m wird in der Regel als bestmöglichste Kompromisslösung angesehen, da sich die häufigsten Arbeitsgänge im Bereich dieser Distanzen bewegen (vgl. PELIKAN, s.a., s.p.). Die Zahl der Wendevorgänge bestimmt die Wendezeit. Die Schlagform und die maximale Feldbreite haben Einfluss auf die Anzahl der Wendevorgänge. (vgl. STMELF, 1989, 74). Die Arbeitsbreite der Maschinen hat direkten Einfluss auf die am Feld zurückgelegte Fahrstrecke. In der Literatur wird meist die gewogene mittlere Schlagbreite berechnet. In Zusammenhang mit der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen steht das Verhältnis von Länge zu Breite des Schlages. Je breiter ein Schlag desto mehr Vorgewende und damit unproduktive Wendezeiten. Als Vorgewende wird jene

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Fläche bezeichnet, auf der bei der maschinellen Arbeitsausführung gewendet wird. Die Anzahl und Länge dieser Vorgewende soll möglichst gering sein (vgl. STMELF, 1989, 74). „Die Länge des Vorgewendes pro Hektar kann als Maß für die günstige oder ungünstige Form eines Schlages gesehen werden. Je größer der Anteil des Vorgewendes pro ha ist, desto ungünstiger sind bei gleicher Schlaggröße die Auswirkungen auf Arbeitszeitbedarf, variable Maschinenkosten und Randstreifenverluste“ (PREINSDORFER, 2003, 16). Umso länger ein Schlag ist, desto größer sind die Randstreifeneffekte. Auf den Vorgewenden kommt es im Zuge des häufigen Überfahrens zu Strukturschäden und durch Überschneidungen im Bereich des Vorgewendes zu einem Mehraufwand an Produktionsmitteln wie Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmittel (vgl. LANDESAMT FÜR FLURNEUORDNUNG UND LANDENTWICKLUNG BADEN-WÜRTTEMBERG, 1993, 56). Im Zuge von Grundzusammenlegungen sollen möglichst rechteckige Schläge realisiert werden, um so die Vorgewendeflächen zu reduzieren. Unvermeidliche Kleingrundstücke und Schläge in Dreiecksform werden daher im Zuge von Flurneuordnungen oft als Rückzugsort für dort lebende Wildtierarten ausgewiesen. Abbildung 3 ist eine schematische Darstellung von Vorgewende-, Rand- und Hauptfläche. Ausschlaggebend ist aber auch der Zusammenhang zwischen Vorgewendelänge, Größe und und Länge des Schlages, genauso wie dem Längen-/Breitenverhältnis. Subtrahiert man von der gesamten Feldrandlänge pro Hektar die Vorgewendelänge, erhält man die übrige Feldrandlänge (vgl. LANDESAMT FÜR FLURNEUORDNUNG UND LANDENTWICKLUNG BADEN-WÜRTTEMBERG, 1993, 42).

Abbildung 3: Schematische Darstellung von Vorgewende-, Rand- und Hauptfläche

Bei der Feldarbeit kommt es zu einer bestimmten Anzahl an Fahrten vom Hof zu den Schlägen bzw. von Schlag zu Schlag. Die Abstufung des Wegenetzes erfolgt von den Hauptwirtschaftwegen über Schotterwege bis hin zu selten befahrenen Erd- und Graswegen (vgl. LANDESAMT FÜR FLURNEUORDNUNG UND LANDENTWICKLUNG BADEN-WÜRTTEMBERG, 1993, 45). Das Wegenetz beeinflusst wesentlich die Form und vor allem allem die Längen der Schläge. Ziel von Grundzusammenlegungen ist es auch, rechtlich meist nicht gesicherte Servitutswege durch Schaffung eines ausgebauten öffentlichen Wegenetzes zu verbessern. Genügend breit ausgebaut und befestige

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Fahrbahnen und zwei Zufahrten je Schlag sollten vorhanden sein, um unproduktive Wegzeiten bei der Feldarbeit zu reduzieren (vgl. PREINSDORFER, 2003, 19). Die Hof-Feld-Entfernung bezeichnet die einfache Strecke vom Hof bis zur Mitte der angefahrenen Feldstücksseite. Die Feld-Feld-Entfernung wird als durchschnittliche Entfernung der Schläge untereinander definiert (vgl. STMELF, 1989, 75) „Die Feld-Feld-Entfernungen bezeichnen die beim Umsetzen von einem Schlag zum anderen entstehenden Wegstrecken, wobei nach Möglichkeit der arbeitstechnisch günstigste Schlag angefahren wird, der nicht unbedingt der nächstgelegene sein muss“ (PREINSDORFER, 2003, 20). Die Wirtschaftsentfernung gibt die Zeitdauer an, die zur Überbrückung einer Wegstrecke benötigt wird, wobei Zustand und Qualität der Wege einen maßgeblichen Einfluss haben (vgl. LANDESAMTES FÜR FLURNEUORDNUNG UND LANDENTWICKLUNG BADEN-WÜRTTEMBERG, 1993, 43). Höhere mögliche Fahrgeschwindigkeiten verringern die Zeitdauer zur Überbrückung der Hof-Feld-Entfernung. In Tabelle 3 sind die maximal möglichen Fahrgeschwindigkeiten ersichtlich. Im Zuge von Flurneuordnungen wird angestrebt, ein Wegesystem nach diesen genannten Gesichtspunkten zu gestalten. Tabelle 3: Maximal mögliche Fahrgeschwindigkeiten Ausbauart

Fahrgeschwindigkeit

Gute Wege (Asphalt, Beton, Pflaster)

40 km/h

Guter Schotterweg

23 km/h

Schlechter Schotterweg (Schlaglöcher)

13 km/h

Einfacher Sand-, Erd-, Grasweg

20 km/h

Sehr schlechter Weg (Fahrspuren)

8 km/h Quelle: EICHHORN et al. (1999,139)

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3.2.2 Randeffekte

Die Höhe der Randeffekte, die an den Feldrandlängen und am Vorgewende entstehen, wird in der Literatur auf verschiedene Arten berechnet. „In der Regel werden der monetär bewertete Minderertrag und der höhere Pflanzenschutz- und Düngemittelaufwand auf Vorgewenden und an Feldrändern als Randeffekte bezeichnet“ (KAPFER, 2007, 98). Das mehrmalige Überfahren auf Vorgewendeflächen führt zu Bodenverdichtungen und in Folge zu niedrigeren Erträgen. KLARE et al. (2005a, 160) führt niedrigere Erträge an den Feldrändern auf die Randfurche auf Einflüsse von benachbarten Flächen zurück. Erhöhter Unkrautdruck vom Ackerrain, Beschattung durch Hecken oder Wald und nicht optimale Düngemittel- und Pflanzenschutzmittelausbringung an den Feldrändern haben ertragsmindernde Wirkung. Unterschiedlichste Studien haben sich mit der Wirkung von Randeffekten auseinandergesetzt. Tabelle 4: Annahmen zu Randwirkungen in verschieden Studien Studie KEYMER et al. 1989

Ertragswirkung KLARE et al. 2005a

Kultur/Fläche Vorgewende (bei 8m Breite) Feldrand (bei 4 m Breite) Getreide

13%

8%

Hackfrüchte

31%

8%

Grünland Getreide Zuckerrübe Kartoffel Mais Grünland

6% 19% 33% 63% 23% 20%

8% 9% 13% 25% 7% 5%

30%

30%

9% -17 % 30% 8%

k.A. 15% vernachlässigt

23% - 31%

vernachlässigt

38%

33%

30% vernachlässigt

15% vernachlässigt

JANINHOFF, A. Getreide 2000 LEBERT et al. 2004 Winterweizen Acker KAPFER, M. 2007 Grünland KEYMER et al. landw. Fläche 1989 Wirkung auf Betriebsmittel- KLARE et al. 2005a landw. Fläche aufwand KAPFER, M. 2007 Ackerfläche Grünland

Quelle: eigene Darstellung nach KAPFER, 2007,100

KAPFER (2007,99) hat verschiedene Studien zusammengefasst. Im oberen Teil von Tabelle 3 sind die Annahmen zu den Ertragsauswirkungen von KEYMER et al. (1989, 160), JANINHOFF (2000), LEBERT et al. (2004, 38) und KLARE et al. (2005a, 16) zusammengefasst. Verschiedene Studien zum Betriebsmittelverbrauch an Vorgewenden und Feldrändern (vgl. KEYMER et al. 1989,8; KLARE et al. 2005a, 160) sind im unteren Teil der Tabelle dargestellt.

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4. Kostenrechnung und dynamische Amortisationsrechnung „Mit dem Begriff Produktion werden alle Tatbestände und Tätigkeiten gekennzeichnet, die sich auf die Umwandlung von Produktionsmitteln [Produktionsfaktoren] in Produkte beziehen“ (KUHLMANN, 2003, 305). Wirtschaftliche Untersuchungen, mittels Kosten-Leistungs-Rechnungen, können sich auf geplante Tätigkeiten oder auf bereits getätigte Aktivitäten beziehen, (vgl. KUHLMANN, 2003, 305). „Kosten sind der bewertete Verbrauch von Produktionsfaktoren zur Erstellung von betrieblichen Leistungen. Sie werden rechnerisch durch Multiplikation der Produktionsfaktorverbrauchsmengen mit den Werten [Ankaufspreisen] je Verbrauchseinheit ermittelt. Leistungen sind die bewerteten Ergebnisse [Produkte] von betrieblichen Produktionsprozessen“ (KUHLMANN, 2003, 306). Im Unterschied zur Gewinn-und Verlustrechnung werden Kostenrechnungen nicht für den Zeitraum eines Wirtschaftsjahres durchgeführt, sondern einer Periode, die die Zuordnung der Kosten und Leistungen ermöglicht. Im landwirtschaftlichen Bereich kann sich ein Rechnungsbereich auf den gesamten Betrieb oder auf einzelne Betriebszweige erstrecken. Ist-Rechnungen beziehen sich auf bereits eingetretene Vorgänge, dagegen Soll-Rechnungen auf in Zukunft erwartete bzw. geplante Vorgänge am Betrieb (vgl. STEINHAUSER et al., 1992, 156). „In der Vollkostenrechnung werden alle angefallenen Kosten auf die Kostenträger verrechnet. Bei der Teilkostenrechnung wird nur ein Teil der Kosten den Kostenträgern zugerechnet und die übrigen Kostenanteile werden direkt auf das Betriebsergebnis übertragen“ (DABBERT und BRAUN, 2009, 164). „Aus dem Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen für die betriebliche Leistungserstellung und Leistungsverwertung resultieren Kosten. Sie ergeben sich aus der monetären Bewertung der eingesetzten Güter und Dienstleistungen“ (SCHNEEBERGER und PEYERL, 2011, 105). Manche Kosten bleiben bei veränderten Produktionsmengen gleich, diese Kosten werden als Fixkosten bezeichnet. Variable Kosten sind jene Kosten, die sich mit der veränderten Produktionsmenge verändern (vgl. SCHNEEBERGER und PEYERL, 2011, 105). In der Pflanzenproduktion zählen Kosten für Betriebsmittel, wie Dünger und Pflanzenschutzmittel, variable Maschinenkosten, Versicherung, Trocknung und Fremdarbeit zu den variablen Kosten. Trotz der Komplexität eines landwirtschaftlichen Betriebes ist es für die Informationsgewinnung oft erforderlich, nur einzelne Bereiche, z.B. der pflanzlichen Produktion, zu untersuchen (vgl. STEINHAUSER et al., 1992, 161). In der Teilkostenrechnung wird zwischen Produktionsmittel, die proportionale Spezialkosten verursachen und Produktionsmittel, die in bestimmten Mengen vorgegeben sind und als Faktoransprüche angegeben werden, unterschieden. Boden und Familienarbeitskräfte sind im landwirtschaftlichen Bereich Faktorkosten. Der Deckungsbeitrag je Einheit gibt die Verwertung von Faktoren an (vgl. REISCH et al., 1995, 185). Produkte, die als proportionale Leistung aus dem Produktionsprozess entstehen, sind in der Regel marktfähige Güter, die verkauft werden können. Nicht marktfähige Güter, die meist eine innerbetriebliche Verwertung erfahren, werden als Faktorlieferung in naturalen Einheiten ausgewiesen (vgl. STEINHAUSER et al., 1992, 166f). „Proportionale Leistungen und Kosten sowie gleichbleibende Faktoransprüche und Faktorlieferungen je Einheit eines Produktionsverfahrens sind in Wirklichkeit in der landwirtschaftlichen Produktion äußerst selten anzutreffen“ (vgl. STEINHAUSER et al., 1992, 170). Der Saldo von Marktleistung und variablen Kosten ergibt den Deckungsbeitrag. Dieser hat die betrieblichen Gemeinkosten abzudecken und liefert einen Beitrag zum Gewinn. Wenn die Ausdehnung der Faktorausstattung in die Berechnungen miteinbezogen wird, dann müssen die 14

zusätzlichen Festkosten als bedingt variable Spezialkosten in einem Vergleichsdeckungsbeitrag berücksichtigt werden (vgl. REISCH et al., 1995, 185).

„Eine Investition ist die Verwendung von Finanzmitteln zur Beschaffung von Produktionsmitteln“ (DABBERT und BRAUN, 2009, 221). Produktionsmittel, wie Gebäude und Maschinen, werden angeschafft, um die Voraussetzungen für die Produktion zu schaffen. Erst zu einem späteren Zeitpunkt führen diese Ausgaben zu Einnahmen. Es gibt verschiedene Rechnungssysteme, die Auszahlungen einer Investition den Einzahlungen gegenüberzustellen (DABBERT und BRAUN, 2009, 221f). Die dynamische Amortisationsrechnung hat zum Ziel, anzuzeigen, innerhalb welcher Zeitspanne das investierte Kapital wieder freigesetzt sein wird, sie tätigt keine Aussage über die Rentabilität einer Investition (vgl. SEICHT, 1997, 124). „Die dynamische Amortisationsrechnung errechnet sich aus dem Zeitraum, für den der Kapitalwert einer Investition erstmalig null oder positiv ist“ (DABBERT und BRAUN, 2009, 236).

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5. Untersuchungsgebiet und untersuchte Betriebe Die untersuchten Betriebe liegen in der Gemeinde Leithaprodersdorf, die im nördlichen Burgenland an der Grenze zu Niederösterreich nahe Eisenstadt liegt. Leithaprodersdorf umfasst eine Fläche von rund 1.900 ha und hat 1.155 Einwohner. Der geologische Untergrund des leicht nach Nordwesten geneigten Gebietes wird von pannonen Tegeln und Sanden aufgebaut. Die Bodenbildung in diesem Gebiet ist wesentlich durch den Einfluß von zu Tage tretenden Hangquellen des nahen Leithagebirges geprägt. In den tieferen, vom Grundwasser beeinflussten Lagen kommt es zur Ausbildung von Hanggleyen, während sich die höher und trockener gelegenen Böden zu Tschernosemen entwickelten. Beim Zusammenlegungsverfahren handelte es sich um ein Zweitverfahren, wobei eine Vergrößerung der Grundstücke von durchschnittlich 0,7 ha auf 2,7 ha erfolgte. Das Erstverfahren fand 1959 bis 1969 statt und der Weingartenried wurde in einem gesonderten Verfahren 1972 bis 1981 neu geordnet. Das Zusammenlegungsgebiet hat eine Fläche von 1500 Hektar. Das Ziel war es, den Naturraum entlang der Leitha nachhaltig zu verbessern. Es wurde ein durchgehendes Biotopverbundsystem durch eine Anlage von 17 ha Bodenschutzanlagen realisiert. 13 ha wurden zur Verbreiterung aller Gräben und zur Errichtung neun großer Feuchtbiotope zur Verfügung gestellt. Alle Wege mit einer Gesamtlänge von 65 km wurden auf mindestens 5 m verbreitert und mindestens eine Feldzufahrt wurde befestigt ausgebaut. Am Fluss Leitha wurde durch Grundumlegung ein passiver Hochwasserschutz realisiert. Das besondere an diesem Verfahren ist, dass für die gemeinsamen Anlagen und Maßnahmen keine Grundabtretungen erfolgten, weil diese durch Ankauf aufgebracht wurden. Entlang des Johannesbaches, der die Gemeinde Leithaprodersdorf durchfließt, ist die vom Aussterben bedrohte Fluss- oder Bachmuschel (Uniocrassuscytherea) beheimatet. Diese Muschelart war bis in die 1950er Jahre die häufigste heimische Flussmuschelart, heute ist sie akut gefährdet und nur mehr wenige stabile Bestände sind bekannt. In Österreich ist der Johannesbach der einzige Standort, wo der Bestand dieser heimischen Muschel als stabil gilt. Dieser ist daher außerordentlich schützenswert und hat hohe Priorität. Zum Schutz wurde die Bachmuschel in die Fauna-FloraHabitat-Richtlinie der Europäischen Union aufgenommen. Beim Zusammenlegungsverfahren wurden daher Pufferflächen und Korridorverbindungen um dieses neu ausgewiesene Natura 2000 – Gebiet Fronwiesen-Johannesbach geschaffen. Ein 30 Jahre alter Windschutzgürtel, bestehend aus Robinien und Ölweiden, wurde durch Neupflanzungen mit bodenständigen und heimischen Bäumen und Sträuchern umgestaltet, um so den dort lebenden Wildtieren und Pflanzen einen Rückzugsort zu schaffen. Um bestehende wertvolle und schützenswerte Wiesenflächen zu erhalten, wurde ein Wiesen- und Ökowertstreifenprojekt initiiert. Durch Förderungen im Rahmen des ÖPUL-Programmes (Österreichisches Programm für eine umweltgerechte und den natürlichen lebensraumschützende Landwirtschaft) und Teilnahme an Naturschutzmaßnahmen des Landes Burgenland konnte das rund 110 ha umfassende Gebiet des Wiesen- und Ökowertstreifenprojektes nachhaltig geschützt werden. Laut Projektauflagen für die Maßnahme „Besonders wertvolle Flächen – Grünland“ ist jeglicher Dünger- und Pflanzenschutzmittelaufwand verboten. Beide untersuchten Betriebe nehmen mit der gesamten Grünlandfläche des Betriebes an dieser Maßnahme teil.

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In einigen Rieden wurde durch Grundumlegungen Wohnbau- und Gartengebiet für die spätere Nutzung geschaffen. Das neu entstandene entstandene Gewerbegebiet und die Umlegung von Ackerland und Weinbaurieden konnten ebenfalls im Zuge dieses Zweitverfahrens realisiert werden. Abbildung 4 zeigt die Umlegung der dort typischen Streifenparzellen vor dem Verfahren und die neuen Bauparzellen im neu entstandenen Baugebiet nach der Zusammenlegung. Die Kosten für die Grundeigentümer betrugen 218 Euro je ha und im Sommer 2003 konnte die provisorische Übergabe der Flächen erfolgen.

Quelle: Agrarbezirksbehörde Burgenland

Abbildung 4: Schaffung von Bauland und Entwicklungsgebiet

Folgend werden die zwei untersuchten Betriebe vorgestellt. Betrieb A wird im Vollerwerb geführt, es handelt sich um einen Gemischtbetrieb mit Marktfruchtanbau, Putenmast, Weinbau und Heurigenbetrieb. Es wird eine Fläche von 56,14 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche inkl. Weingarten im Jahr 2010 bewirtschaftet. Die Putenmast, die 5500 Stück umfasst, wird als Gewerbebetrieb geführt. Neben dem Weinbau wird ein bäuerlicher Buschenschank betrieben, um so die Wertschöpfung am Betrieb zu erhöhen.

Der Weingarten im Ausmaß von 1,92 ha (MFA 2003) und 2,7 ha (MFA 2010) wird in der Untersuchung nicht berücksichtigt, da hier durch das Zusammenlegungsverfahren mit keinen wesentlichen Einsparungen zu rechnen ist. Ebenso ist die gewerbliche Putenmast in den vorliegenden Berechnungen nicht miteinbezogen. Betrieb A bewirtschaftete 2003 sechs Feldstücke im Ausmaß von 7,10 ha (18 % der bewirtschafteten Fläche) in drei anderen Katastralgemeinden, wo keine Neuordnung der Flur stattfand. Im Jahr 2010 waren es sechs Feldstücke im Ausmaß von 8,33 ha (15 % der bewirtschafteten Fläche) in vier anderen Katastralgemeinden. Betrieb B ist ein Vollerwerbsbetrieb, der neben dem Marktfruchtanbau ebenfalls eine gewerbliche Putenmast mit 9000 Stück betreibt. Im Jahr 2010 bewirtschaftet dieser Betrieb 51,75 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Der Betrieb hat im Zuge des Verfahrens durch Flächenumlegungen Grundstücke zugeteilt bekommen, die zu späteren Nutzung als Wohnbau- und Gartengebiet dienen sollen, diese werden als „sonstige Ackerfläche“ im MFA 2010 geführt. Aus diesem Grund werden diese 3 Grundstücke im Gesamtausmaß von 0,25 ha aus der Untersuchung ausgeschlossen, um

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Verzerrungen der Ergebnisse zu vermeiden. Zwei weitere, ebenfalls von Flächenumlegungen betroffene, Grundstücke werden im Rahmen des ÖPUL-Programmes (Österreichisches Programm für eine umweltgerechte und den natürlichen lebensraumschützende Landwirtschaft) als Blühfläche bewirtschaftet und daher in weiterer Folge berücksichtigt. Betrieb B bewirtschaftete 2003 vier Feldstücke im Ausmaß von 6,79 ha (15 % der bewirtschafteten Fläche) in zwei anderen Katastralgemeinden, in denen keine Grundzusammenlegung durchgeführt wurde. Im Jahr 2010 waren es fünf Feldstücke im Ausmaß von 12,26 ha (23 % der bewirtschafteten Fläche) in drei Katastralgemeinden außerhalb des Zusammenlegungsgebietes. Auch in diesen Gemeinden kam es durch Zupachtungen angrenzender Grundstücke und freiwilligem Nutzungstausch zu besser bewirtschaftbare Flächen, um so eine noch rationellere maschinelle Bearbeitbarkeit zu gewährleisten.

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6. Methodik Das folgende Kapitel erklärt das methodische Vorgehen zur Ermittlung der ökonomischen Kennzahlen der Pflanzenproduktion vor und nach der Zusammenlegung. Es werden die Erhebungsund Berechnungsschritte detailliert dargestellt und beschrieben. Die Veränderung der variablen Maschinenkosten, des Arbeitszeitbedarfes, der Erträge und des Einsatzes von Dünger- und Pflanzenschutzmittel stellen die wesentlichen ökonomischen Kenngrößen zur Beurteilung des Erfolges einer Grundzusammenlegung dar. Diese Kenngrößen haben direkten Einfluss auf die Höhe des Einkommens eines landwirtschaftlichen Betriebes. Die Gegenüberstellung der Produktionsverhältnisse auf den Schlägen vor und nach der Grundzusammenlegung der Untersuchungsbetriebe erlaubt die Berechnung der angestrebten wirtschaftlichen Veränderungen durch das Verfahren. Die Berechnung entspricht einem einzelbetrieblichen Vorher-Nachher-Vergleich. Zusätzlich wird die an die neuen Verhältnisse angepasste Mechanisierung in die Berechnung miteinbezogen, diese wird zu Vergleichszwecken auch auf die alten Schläge bezogen gerechnet. Das Zusammenlegungsgebiet und die beiden untersuchten Betriebe wurden gemeinsam mit der Agrarbezirksbehörde Burgenland ausgewählt. Kriterium war, Betriebe zu untersuchen, die den überwiegenden Teil ihres Einkommens aus der Landwirtschaft erwirtschaften und den überwiegenden Teil ihrer Flächen in einem Gebiet bewirtschaften, in dem ein Grundzusammenlegungsverfahren stattfand. Anhand dieser zwei Betriebe sollen die Potenziale einer Grundzusammenlegung aufgezeigt werden. Die Erhebung der betrieblichen Daten erfolgt in Interviews mit den Betriebsführern vor Ort. Ziel der Interviews ist es, die bewirtschafteten Schläge, die Fruchtfolgen, die Maschinen- und Geräteausstattung und die pflanzenbaulichen Produktionssysteme der Betriebe zu erheben. Die bewirtschafteten Schläge und deren Nutzung werden aus den Mehrfachanträgen 2003 bzw. 2010 übernommen, um so einerseits über genaues Datenmaterial zu verfügen und andererseits die Interviewdauer in einem zeitlich angemessenen Rahmen zu halten. Als Basis für die Berechnungen im Rahmen dieser Arbeit werden die Wirtschaftsjahre 2003 bzw. 2010 herangezogen. Im Jahr 2004 erfolgt die provisorische Übergabe der Flächen, daher wird 2003 als Ausgangsjahr vor der Grundzusammenlegung herangezogen und in weiterer Folge als „Alter Stand“ bezeichnet. Das Wirtschaftsjahr 2010 wird als „Neuer Stand“ gewählt, da in den Jahren, die auf die Zusammenlegung folgten, die Betriebe ihre technische Betriebsausstattung an die neu geschaffenen Bewirtschaftungseinheiten angepasst haben. Auf Basis der Fruchtfolge und landwirtschaftlichen Erzeugerpreise von 2010 werden die Berechnungen durchgeführt. In beiden Untersuchungsjahren werden bei keinem der Betriebe Feldstücke in Schläge weiter unterteilt, daher wird in folgenden Ausführungen und Berechnungen nur mehr von Schlägen gesprochen. Die Schlagdaten, Fruchtfolgen, Maschinen- und Geräteausstattung sowie die pflanzenbaulichen Produktionssysteme der beiden untersuchten Betriebe sind im Anhang aufgelistet.

Der folgende Abschnitt erklärt das methodische Vorgehen zu Ermittlung der ökonomischen Kennzahlen im Zusammenhang mit der Grundzusammenlegung. Die Beschreibung orientiert sich an dem in Abbildung 5 dargestellten Ablauf. 19

Quelle: eigene Darstellung

Abbildung 5: Schema Ablauf

Die Ableitung der ökonomischen Kennzahlen erfolgt zunächst in zwei parallel verlaufenden Arbeitsschritten. Im ersten Arbeitsschritt, der in Abbildung 5 im linken oberen Bereich dargestellt ist, werden die Schlagdaten ermittelt. Beginnend von der Betriebsbefragung werden die bewirtschafteten Schläge erfasst, unterstützt wird dieser Schritt durch durch die Daten des Integrierten 20

Verwaltungs- und Kontrollsystem (INVEKOS) und deren Verknüpfung mit der GIS-Webapplikation und den Katasterplänen. Einzelschlagbezogene Kennzahlen wie Größe, Länge, Breite und die Entfernung des Schlages zum Hof werden erhoben, welche die Grundlage für weiterführende Berechnungen im Arbeitskapazitätsprogramm AVORWin 2.0 sind.

Ausgehend von den schlagbezogenen Kennzahlen wird die betriebliche Schlagstruktur vor und nach der Grundzusammenlegung erhoben und vergleichend dargestellt. Der Anteil von Vorgewende- und Randflächen der bewirtschafteten Ackerfläche, auf denen mit niedrigen Erträgen und höheren Betriebsmitteleinsatz zu rechnen ist, wird erhoben.

Die Vergrößerung der Schläge führt dazu, dass die Länge von Randstreifen und Vorgewenden im Verhältnis zur Schlagfläche reduziert wird. Durch die neuen Schläge und der damit angestrebten Verringerung an Vorgewende- und Randflächen ist daher mit höheren Erträgen und verminderten Betriebsmitteleinsatz zu rechnen. Auf Grundlage der Betriebsbefragung und der verminderten Ertragserwartung auf den Vorgewende- und Feldrandflächen wird der potenzielle betriebliche Ertrag jeder Kultur vor und nach der Zusammenlegung errechnet. Beim Betriebsmitteleinsatz wird auf Grundlage der Kennzahlen des Kataloges „Deckungsbeiträge und Daten für die Betriebsplanung 2008“ (BMLFUW, 2008) analog vorgegangen. Ergebnis dieser Berechnungsschritte ist der angestrebte höhere Ertrag und verminderte Betriebsmittelaufwand auf der Ackerfläche.

In der rechten Hälfte der Abbildung 5 dargestellten Abfolge werden ausgehend von der Betriebsbefragung Produktionsverfahren mit den darin durchgeführten Arbeitsgängen und den dazugehörigen Maschinen und Geräten erstellt. Gemäß diesen Produktionsverfahren erfolgt mithilfe des Arbeitskapazitätsprogrammes AVORWin 2.0 die Berechnung der variablen Maschinenkosten, des Treibstoffverbrauches sowie des Arbeitskräftebedarfes. Die im ersten Arbeitsschritt erhobenen einzelschlagbezogenen Daten wie Größe, Breite, Länge und Hofentfernung werden in das Programm integriert. Treibstoffverbrauch, Reparaturkosten sowie Betriebsmittelpreise werden im System an die aktuellen Daten der ÖKL-Richtwerte 2010 (Österreichisches Kuratorium für Landtechnik und Landentwicklung) angepasst. Jeder Betrieb wird auf einen Acker- und Grünlandteilbetrieb aufgeteilt. Bei Betrieb B werden die Schläge, die als Blühfläche bewirtschaftet werden und aufgrund des geringen Flächenausmaßes nicht Teil der Fruchtfolge sind, als weiterer Betriebsteil erstellt. Da die Auswirkungen der Neuordnung nicht von der Nutzung der einzelnen Schläge im Betrachtungsjahr abhängig sind, sondern von der gesamten Fruchtfolge des untersuchten Betriebes, wird eine flächengewichtete, durchschnittliche Feldnutzung mit allen vom Betrieb durchgeführten Produktionsverfahren angenommen. In AVORWin 2.0 sind aber solche Durchschnittsbetrachtungen nicht möglich, da auf jedem Feld jeweils nur ein Produktionsverfahren berechnet werden kann. Daher müssen identische Betriebe erstellt werden, die jeweils ein anderes Produktionsverfahren durchführen. Die berechneten Parameter werden mit dem Fruchtfolgeanteil der jeweiligen Kultur multipliziert, umso die Auswirkungen der Zusammenlegung darzustellen. Weil die Wirkungen der Flurneuordnung mithilfe eines „Vorher-Nachher“-Vergleichs ermittelt werden, sind die Berechnungen mit AVORWin sowohl für die Situation vor und nach der Grundzusammenlegung durchzuführen. Die Betriebe investierten seit der Übergabe der neuen 21

Schläge in die Mechanisierung, daher werden auch diese Änderungen in die vorliegende Untersuchung eingearbeitet. Der Vergleich der Ergebnisse vor und nach der Zusammenlegung liefert das Einsparungspotenzial an Arbeitszeit und variablen Kosten. Als nächster Schritt werden die berechneten Kenngrößen zusammengeführt. Die Deckungsbeitragsrechnung für jedes Produktionsverfahren wird im „Vorher-Nachher“-Vergleich mit unterschiedlicher Mechanisierung mit den jeweiligen Erträgen, Betriebsmittelaufwendungen und variablen Maschinenkosten durchgeführt. Kosten für Saatgut, Hagelversicherung, Trocknungskosten und etwaige Systemkostenbeiträge werden aus dem Katalog „Deckungsbeiträge und Daten für die Betriebsplanung 2008“ (BMLFUW, 2008) entnommen und bleiben bei allen Berechnungsvarianten unverändert. Es werden die durchschnittlichen Erzeugerpreise 2010 (STATISTIK AUSTRIA, 2011) für die Berechnungen herangezogen. Zunächst werden die Deckungsbeiträge für die einzelnen Produktionsverfahren berechnet, in Folge wird der durchschnittliche Deckungsbeitrag je Hektar Ackerland berechnet. Durch die Deckungsbeitragsrechnung sollen angestrebte wirtschaftliche Veränderungen der Grundzusammenlegung in Form von Kostenersparnissen und Ertragssteigerungen deutlich gemacht werden. Vergleichend wird der Deckungsbeitrag je Akh berechnet und dargestellt. Als letzter Schritt wird die dynamische Amortisationsdauer der Grundzusammenlegung berechnet, anschließend liegen die endgültigen Ergebnisse zur Interpretation bereit.

Im folgenden Teil werden die Erhebungs- und Rechenschritte detailliert dargestellt und beschrieben.

6.1 Ableitung einzelschlagbezogener Daten Die vor der Grundzusammenlegung bewirtschafteten Schläge (Stand 2003) beider untersuchten Betriebe werden in der GIS-Webapplikation der AgrarmarktAustria digitalisiert, siehe Abbildung 6. Diese digitalisierten Schläge stellen die Basis für weitere Berechnungen dar. Da in Zusammenlegungsgebieten, nicht vor dem rechtlichen Abschluss des Verfahrens, Hofkarten zu Verfügung stehen, muss bei dem im Jahr 2010 bewirtschafteten Schlägen (Stand 2010), die im Zusammenlegungsgebiet liegen, wie nachfolgend beschrieben vorgegangen werden. Die Grundstücke werden auf den vorläufigen Katasterplänen (Maßstab 1:6000), die von der zuständigen Agrarbezirksbehörde zur Verfügung gestellt werden, manuell erfasst. Sie dienen als Grundlage für weitere Erhebungen. Bei den nicht im Zusammenlegungsgebiet liegenden Schlägen kann wie bei den Schlägen des Alten Standes (2003) vorgegangen werden. Längen und Breiten der bewirtschafteten Schläge sowie Hof-Feld-Entfernungen werden digital in der GIS-Webapplikation der AgrarmarktAustria gemessen bzw. aus den Katasterplänen entnommen. Schläge mit dazugehörigen Flächenausmaßen, Abmessungen und Hof-Feldentfernungen sind im Anhang A zusammengefasst und bilden die Basis der Untersuchung.

22

Abbildung 6: Schlagidentifikation in der GIS-Webapplikation

6.2 Ermittlung der Schlagstruktur, Vorgewende- und Randflächenanteile Mit den ermittelten Schlagdaten von Abschnitt „6.1 Ableitung einzelschlagbezogener Daten“ wird die Schlagstruktur der alten und neuen Schläge ermittelt und vergleichend dargestellt. Die Veränderung der Schlagstruktur durch die Grundzusammenlegung wird so deutlich gemacht. Im folgenden Abschnitt werden die Berechnungsschritte erläutert. Beim ersten Teil der Berechnungen wird zwischen Zusammenlegungsgebiet (Z-Gebiet) und den gesamtbetrieblichen Bedingungen (gesamt) unterschieden. Im zweiten Teil werden Vorgewende-, Randstreifen- und Hauptfläche der Betriebe vor und nach der Zusammenlegung ermittelt, diese werden im Weiteren für die Berechnung der Randeffekte benötigt.

Die mittlere Schlaggröße ist der Mittelwert, der als Quotient aus der Summe aller Schlaggrößen und der Anzahl der Schläge definiert ist. Formel: Mittlere Schlaggröße 1

..mittlere Schlaggröße, , FS..Schlaggröße, z.. Anzahl der Schläge Quelle: eigene Ableitung

Das Zusammenlegungsverhältnis wird durch das Verhältnis der neuen mittleren Schlaggröße (nach der Grundzusammenlegung) zu der alten mittleren Schlaggröße (vor der Grundzusammenlegung) 23

definiert. In Schlaggrößengruppen wurden die Schläge eingeteilt, um die Verteilung der bewirtschafteten Fläche in den verschiedenen definierten Schlaggrößen darzustellen. Bei der Berechnung der Feldrandlänge wurden Längen und Breiten der bewirtschafteten Schläge digital in GIS-Webapplikation der AgrarmarktAustria bzw. aus den Katasterplänen gemessen. Diese Feldrandlängen entsprechen den in der Natur tatsächlichen Außengrenzen der Schläge. Die Vorgewendelänge ist die tatsächlich Bewirtschaftungsachse der Schläge.

gemessene

Breite

am

jeweiligen

Ende

der

Die mittlere Hof-Feld-Entfernung ist der Mittelwert, der als Quotient aus der Summe aller Hof-FeldEntfernungen und der Anzahl der Schläge definiert ist. Die mittlere Hof-Feld-Entfernung wird mit folgender Formel berechnet. Formel: Mittlere Hof-Feld-Entfernung 1

..mittlere Hof-Feld-Entfernung, , WS..Hof-Feld-Entfernung der Schläge, z.. Anzahl der Schläge Quelle: eigene Ableitung

Im folgenden Teil werden die Berechnungsschritte für die Ermittlung der Vorgewende-, Rand- und Hauptfläche beschrieben. Die Flächenanteile werden für die betriebliche Ackerfläche vor bzw. nach der Grundzusammenlegung ermittelt. Die Schläge mit Dauergrünland werden aus dieser Berechnung ausgeschlossen, da auf diesen Flächen laut Projektauflagen für die Naturschutzwiesen jeglicher Dünger- bzw. Pflanzenschutzmittelaufwand verboten ist. Die Erträge auf diesen Flächen sind gering und Dauergrünland spielt in beiden Betrieben eine untergeordnete Rolle, daher wird die zu erwartende Ertragssteigerung nicht in die Berechnungen einfließen. Die Flächen liegen in einem geschlossenen Grünlandgebiet, folglich ist in der Praxis ohnehin mit keinen nennenswerten Ertragssteigerungen zu rechnen. Bei Betrieb B werden die Schläge, die als Blühfläche bewirtschaftet werden und kein Bestandteil der Fruchtfolge sind, auch aus der folgenden Berechnung ausgeschlossen. Abbildung 7 zeigt schematisch die Vorgewende-, Rand- und Hauptfläche eines Schlages. Vorgewende- und Randflächen werden wie im folgenden Teil beschrieben erhoben.

24

Quelle: eigene Darstellung

Abbildung 7: Darstellung von Vorgewende- Rand- und Hauptfläche

Die Vorgewendelänge ist die tatsächlich gemessene Breite am jeweiligen Ende der Bewirtschaftungsachse vom Schlag. Die Vorgewendebreite wird in der vorliegenden Arbeit mit 8 m angenommen, die Vorgewendefläche wird mit folgender Formel berechnet. Formel: Vorgewendefläche ∗ FVG.. Vorgewendefläche, LVG.. Vorgewendelänge, BVG..Vorgewendebreite Quelle: eigene Ableitung

Die übrige Feldrandlänge, die bei der Berechnung der Randeffekte auf der Randfläche benötigt wird, wird durch folgende Formel errechnet. Da die Vorgewendebreite 8 Meter beträgt, muss von einer Länge eines Schlages jeweils 2-mal, auf jeder Seite, diese Breite subtrahiert werden, folglich 4-mal je Schlag. Die Vorgewendebreite 4-mal je Schlag mit der Anzahl der Schläge multipliziert wird von den gesamtbetrieblichen Schlaglängen subtrahiert und somit ergibt sich die übrige Feldrandlänge. Formel: Übrige Feldrandlänge − 2∗2



LR.. übrige Feldrandlänge, LS.. Schlaglänge, BV..Vorgewendebreite, z..Anzahl der Schläge Quelle: eigene Ableitung

Die Breite für die Randflächen, auf der Randeffekte auftreten, wird in der vorliegenden Arbeit mit vier Meter angenommen und mit folgender Formel berechnet. 25

Formel: Randfläche ∗ FR.. Randfläche, LR.. übrige Feldrandlänge, BR..Randbreite Quelle: eigene Ableitung

Die Hauptfläche, auf der es zu keinen Ertrags- bzw. Betriebsmittelveränderungen kommt, wird durch folgende Formel berechnet. Formel: Hauptfläche −



FH.. Hauptfläche, FG.. Gesamtfläche, FVG.. Vorgewendefläche, FR.. Randfläche Quelle: eigene Ableitung

26

6.3 Berechnung der Randeffekte Durch die neuen Schläge und der damit angestrebten Verringerung an Vorgewende- und Randflächen ist mit höheren Erträgen und verminderten Betriebsmitteleinsatz zu rechnen. Im folgenden Abschnitt werden diese Berechnungsschritte beschrieben. Alle Berechnungen werden sowohl für die Schläge vor als auch nach der Zusammenlegung durchgeführt. Die Auswirkungen auf Ertrag und Betriebsmittelaufwand wird für jede Kultur der potenzielle Ertrag und Betriebsmittelaufwand auf der gesamten betrieblichen Fläche berechnet, um so den Hektarertrag zu ermitteln. Der Einfluss der Zusammenlegung ergibt sich dann aus der Differenz der beiden Situationen. 6.3.1

Ertrag

In Anlehnung an die Arbeit von KAPFER (2007,99) werden die Ertragsminderungen an den Vorgewendeflächen mit 30 % gegenüber der Hauptfläche und an den Feldrändern mit einem Minderertrag von 15 % im Rahmen dieser Arbeit veranschlagt. Es wird der Ertrag auf der Hauptfläche 2010 nach den Ergebnissen der Betriebsbefragung und in Folge der verminderte Ertrag an den Vorgewende- und an den Feldrandflächen berechnet. Ausgehend vom Ertrag auf der Hauptfläche wird der verminderte Ertrag an den Vorgewende- und Randflächen mit folgender Formel berechnet. Formel: Erträge auf Teilflächen je ha !ä#$ %

!ä#$

%&'( !ä#$ %&'( !ä#$

∗ 0,70

∗ 0,85

E..Ertrag je ha Quelle: eigene Ableitung

Die ermittelten Erträge auf den Teilflächen (Haupt-, Vorgewende- und Randfläche) werden mit dem gesamtbetrieblichen Teilflächenausmaßen multipliziert, die jeweiligen Summen addiert ergeben den potenziellen betrieblichen Ertrag der jeweiligen Kultur. Abschließend wird dieser Gesamtertrag durch die gesamte Ackerfläche des Betriebes dividiert und somit der Hektarertrag ermittelt. Formel: Ertrag auf Teilflächen gesamt

%&'( !ä#$

%&'( !ä#$

!ä#$

!ä#$

%

!ä#$



%

!ä#$





E..Ertrag je ha Teilfläche, FH.. Hauptfläche, FV.. Vorgewendefläche, FR.. Randfläche Quelle: eigene Ableitung

27

Formel: Ertrag je ha ∑

%&'( !ä#$

+∑

!ä#$

+∑

%

!ä#$

EH.. Ertrag je ha, ∑E..Ertrag auf Teilfläche gesamt, FG.. Gesamtfläche Quelle: eigene Ableitung

Für die Schläge des Alten Standes wird mit dem Ertrag auf der Hauptfläche 2010 analog vorgegangen, um so den Hektarertrag vor der Grundzusammenlegung zu erhalten. Der Einfluss der Zusammenlegung auf den Ertrag ergibt sich dann aus der Differenz der beiden Situationen.

6.3.2

Betriebsmittel

Es wird der zusätzliche Mehraufwand an Betriebsmitteln an den Vorgewendeflächen mit 30 % gegenüber der Hauptfläche und an den Feldrändern mit einem Mehraufwand von 15 % im Rahmen dieser Arbeit angenommen. Bei der Wirkung auf den Betriebsmittelaufwand wird folgendermaßen vorgegangen. Der Betriebsmittelaufwand an Dünger und Pflanzenschutzmittel wird aus dem Katalog „Deckungsbeiträge und Daten für die Betriebsplanung 2008“ (BMLFUW, 2008) entnommen. Anhand eines Musterschlages wird der Aufwand auf dessen Hauptfläche, wo mit keinem erhöhten Aufwand zu rechnen ist, ermittelt. Der Aufwand für Saatgut wird aus dieser Berechnung außer Acht gelassen, da durch Teilbreitenschaltungen bei den Sägeräten nicht mit einem Rückgang der Ausbringmengen zu rechnen ist. Der Aufwand an Betriebsmitteln in Euro ergibt sich als Produkt aus ausgebrachter Menge und Preis.

6.3.2.1 Ermittlung des Betriebsmittelaufwandes auf der Hauptfläche des Musterschlages Abbildung 8 zeigt die Vorgehensweise bei der Berechnung des Betriebsmittelaufwandes auf der Hauptfläche eines Musterschlages. Es wird von einem Musterschlag mit einer Größe von 2 ha und einen Breiten-Längenverhältnis von 1:2 ausgegangen. Es wird diesem Musterschlag der Aufwand an Betriebsmitteln laut Standarddeckungsbeitragskatalog 2008 zugeordnet. Daher wird der Betriebsmittelaufwand an dessen Vorgewende-, Rand- und Hauptfläche ermittelt. Folgende Berechnungsschritte sind für jede Kultur und deren Betriebsmittelaufwand durchzuführen. Zuerst werden Vorgewende, Rand- und Hauptfläche dieses Schlages ermittelt. Tabelle 5: Vorgewende-, Rand- und Hauptfläche für Betriebsmittelberechnung Fläche Vorgewendefläche übrige Feldrandfläche Hauptfläche gesamte Fläche

Ausmaß 0,16 0,15 1,69 2

Einheit ha ha ha ha Quelle: eigene Berechnungen

28

In Tabelle 5 sind die Flächenanteile dieses Musterschlages dargestellt. Der Aufwand laut Deckungsbeitragskatalog wird mit der Fläche des Musterschlages multipliziert. Formel: Betriebsmittelaufwand auf Musterschlag

12&3(

3#$!%

2&3(

3#$!%

∗1

(%

%

#4&

35 ( % 34%(%!

A.. Aufwand an Betriebsmitteln, F.. Fläche Quelle: eigene Ableitung

Durch den Gesamtaufwand an Betriebsmitteln auf dem Musterschlag wird durch folgende Formel, unter Einbeziehung der erhöhten Ausbringmengen an den Vorgewenden und an den Feldrändern, der Aufwand auf der Hauptfläche ermittelt. Formel: Betriebsmittelaufwand auf Hauptfläche des Musterschlages

1

%&'( !ä#$

12&3(

3#$!%

−6

789:;?@AB ∗CDE=B

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