KUNST & ARCHITEKTUR AN DER KANTONSSCHULE TROGEN AR

KUNST & ARCHITEKTUR AN DER KANTONSSCHULE TROGEN AR 1 2 INHALT Vorwort..............................................................................
Author: Karoline Lorenz
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KUNST & ARCHITEKTUR AN DER KANTONSSCHULE TROGEN AR

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INHALT

Vorwort.......................................................................................... 5 Dr. Willi Eugster, Rektor Kunst ist eine Zumutung.............................................................. 7 Hans Fässler, Gymnasiallehrer Zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum........................... 10 Christiane Rekade, Kunsthistorikerin Künstlerische Gestaltung der Aussenräume an der KST.......... 14 Christiane Rekade, Kunsthistorikerin Kunstwerke an der Kantonsschule............................................ 32 Christiane Rekade, Kunsthistorikerin Kantonsschulbauten................................................................... 50 Otto Hugentobler, Kantonsbaumeister Entstehung und ugeschichte der Kantonsschule..................... 53 Otto Hugentobler, Kantonsbaumeister Chronologie der Kantonsschule................................................. 72

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Vorwort

ein und ausgingen, zu ergrün­ den, welche Verbindungen sie anknüpften und gestalteten.

Kunst und Architektur sind ver­ dichtete Sprache. Dem, der hin­ sehen, hinhören und hinlesen kann, erzählen sie Geschichten. Es sind Geschichten über Men­ schen, über Lebens- und Denk­ formen, über Technik, über ökonomische Verhältnisse, dar­ gestellt in Stoff, Form, Farbe und Gestalt.

Ein kleines Netzwerk von Men­ sehen, die sich für die Kantons­ schule in Trogen einsetzen, hat diese Publikation ermöglicht. Das ist viel Grund zur Freude. Danke. Die Geschichten der anderen sind wichtiger als die eigenen.

Manche Menschen interessieren sich, andere nicht; einige finden den Weg über die Wortsprache, andere über die Symbolsprache; wenige verstehen, viele palavern.

Dr. Willi Eugster

Es ist jetzt Herbst. Dieser Herbst ist sehr Herbst. Vielleicht war es noch nie so Herbst wie dieses Jahr; ausgerechnet im ersten des neuen Jahrtausends. Die Häuser, Bilder, Installationen und Relationen berichten von den Hoffnungen und Versäum­ nissen, von Schönheit und Ver­ gänglichkeit, von Verhältnissen und Aggressionen; es sind End­ lichkeiten und Faktizitäten aus dem Leben für die Zukunft. Die vorliegende Broschüre hilft, das Denken und die Vorstellun­ gen über das Leben der Men­ schen, die an der Kantonsschule

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Kunst ist eine Zumutung

Zeitungsdruckerei arbeitete und als moderner Künstler, so hiess es, Briefmarken herstellte und in die ganze Welt verschickte, hiess Hans-Ruedi Fricker.

Es war anfangs der Achtziger­ jahre des letzten Jahrhunderts. Ich hatte einen Ersatz für das Extremklettern gesucht – etwas nicht mehr ganz so Nervenauf­ reibendes sollte es sein, aber doch noch mit einem gewissen Adrenalinausstoss – und war auf das Wildwasser-Kajak-Fahren ge­ stossen. Bei gutem Wetter, das heisst, wenn es regnete, gingen wir «auf den Bach», das hiess auf Vorderrhein, Thur oder Sitter; im Winter gingen wir ins St.Galler Volksbad zum Üben. Dort traf ich einen ruhigen, sympathischen Mann mit Innerrhoder Dialekt, der mit uns die Eskimorolle übte und im Übrigen, so hiess es, als moderner Künstler viel mit Explo­ sionen und Wasser zu tun habe. Der Mann hiess Roman Signer.

Heute hat auch meine Arbeitge­ berin, die Kantonsschule Trogen, «einen Signer»: entlang der 100 Meter-Rennbahn bewegt sich mit rasender Langsamkeit ein mit Beton ausgegossenes Kajak. Ge­ nauso wie ein ziemlich gewöhn­ liches Geschäftshaus in St.Gallen im Treppenhaus «einen Signer» hat. Und genauso wie die ziem­ lich gewöhnliche Gemeinde Mör­schwil auf dem Platz vor dem Gemeindehaus «einen Signer» hat. Heute hat die Kantonsschu­ le Trogen auch «einen Fricker»: unübersehbar hängt an der Wand gleich ausserhalb meines Arbeitszimmers eine jener Fri­ ckerschen «Ortstafeln», der «Ort der Ironie». Genauso wie, in die Trottoirs eingelassen, sich über­ all in der ziemlich gewöhnlichen Stadt St.Gallen kleine «Fricker» finden: Metallplättchen, welche die Stadt in «Orte» einteilen.

Es war gegen Ende der Achtzi­ gerjahre. Als Mitglied des St.Gal­ ler 1. Mai-Komitees diskutierte ich mit einem ruhigen, sympa­ thischen Mann über seinen Pla­ katentwurf für die Kundgebung am Tag der Arbeit. Das Plakat war rot, trug einen grossen weis­ sen Schriftzug, «Ort der Wut», und sollte laut seinem Schöpfer dem in unserem Leben wichtigen Gefühl einen Platz geben, ge­ rade am Tag der Arbeit, wo die Wut über ungerechte Zustände in der Arbeitswelt auf die Stras­ se getragen wird. Der Mann, der im übrigen bei Zollikofer in der

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Grosse Kunst war und ist immer eine Zumutung. Weil sie uns etwas zumutet: Sie fordert uns auf, uns mit ihr auseinander zu setzen.

an unserer Schule haben manch­ mal zu hitzigen Kontroversen geführt. Etwa, wenn die Kosten für Signers Kajak bei der Turn­ halle verglichen wurden mit den Kosten für dringend notwendige Sportgeräte. Aber warum wurde Signers Durchschnittseinkom­ men der Achtziger- und Neunzi­ gerjahre so selten verglichen mit Durchschnittseinkommen in der Industrie oder im öffentlichen Dienst? Oder wenn die These aufgestellt wurde, Fricker-Orts­ tafeln wie «Ort der Scham» oder «Ort der Ohnmacht» erzeugten eine negative Schulatmosphäre? Warum wurde die positive Aus­ strahlung einer Schule, die sich aktuellen Kunstauseinanderset­ zungen stellt, so selten gewür­ digt?

Sie regt uns an (und manchmal auf). Sie verlangt nach unserer Zeit. Sie wirft uns Botschaften an den Kopf. Sie stellt Fragen und verweigert uns manchmal Antworten. Oder versteckt sie. Sie drängt sich in unseren Alltag. Einfach, weil sie da ist. Sie ist pro­ vozierend nutzlos. Und sie kos­ tet dazu noch Geld. Sie ergreift uns. Sie lässt uns nicht kalt. Sie braucht uns Betrachter und Be­ trachterinnen. Und wir brauchen sie. Weil wir es nicht aushalten, immer nur mit nützlichen Dingen zu tun zu haben. Gerade auch in einer Schule.

Die hitzigen Kunstdebatten in Le­ serbriefspalten, an Beizentisehen und in Lehrerzimmern sind, so scheint es mir, Vergangenheit. In den Entscheidungsgremien und Kulturkommissionen von Ban­ ken, Versicherungen und Indus­ trieunternehmungen, von Kan­ tonen und Städten und anderen öffentlichen Körperschaften hat ein Generationenwechsel statt­ gefunden: diejenigen, die zeit­ genössische Kunst noch oft als subversiv empfanden, sind abge­ löst worden durch eine jüngere Führungsschicht, welche mit Tin­ guely, Beuys, Luginbühl, Saint­ Phalle und Signer aufgewachsen ist. Auch die Schülerinnen und

Die letzten Jahrzehnte des letz­ ten Jahrhunderts waren auch in der Ostschweiz geprägt durch öffentliche und sehr lebendige Auseinandersetzungen mit den Zumutungen der zeitgenössise­ hen bildenden Kunst. Bekannt und bereits legendär sind die (übrigens auch gut dokumen­ tierten) Kunstdebatten um das Werk von Antoni Tapies im St. Galler Stadttheater und um das «Signer-Fass» im kleinen Park zwischen Poststrasse und Obe­ rem Graben in St.Gallen. Auch die zeitgenössischen Kunstwerke

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Schüler unserer Jahrhundertwen­ de haben, so scheint es mir, im Vergleich mit meiner eigenen Schulzeit ein ziemlich unver­ krampftes Verhältnis zur Moder­ ne (oder ist es die Postmoderne? oder die Post-Post-Moderne? oder das 20. Jahrhundert?) in der Kunst. Hie und da gefällt einem etwas, den Rest nimmt man zur Kenntnis.

haben. Der Zugang zu Kunst­ werken via schriftliche Fakten, Deutungen und Erklärungen ist wichtig und nützlich. Auch wenn er jenen spontanen Moment der «Offenbarung» nicht ersetzen kann, den mir ein Schüler einmal so beschrieben hat: Doch, so er­ zählte er mir, beinahe flüsternd und ziemlich geheimnisvoll, er habe die Schildkröte von Anna­ Maria Bauer einmal gesehen. Nur einmal. Er sei auf den frisch ver­ schneiten Platz vor der Arche gekommen, ganz allein. Die Son­ ne hätte die kleinen Metallplat­ ten im Asphalt erwärmt, so dass der Schnee dort geschmolzen sei. Und plötzlich habe er sie gese­ hen, die Schildkröte, in ihrer gan­ zen Grosse.

Viele Vertreterinnen und Vertre­ ter des Aufbruchs der bildenden Kunst der Achtziger- und Neun­ zigerjahre sind zu Klassikern geworden, ohne dass wir es ge­ merkt haben (Signer ist nur ein Beispiel dafür). Andere sind auf dem Wege dazu, Klassiker zu sein. Andere werden bald ver­ gessen werden. Und vielleicht kommt bald wieder eine neue Generation, welche herausfor­ dernd und frech und genial und mit neuen künstlerischen Mitteln eingreift ins gesellschaftliche Räderwerk. Oder vielleicht ist sie schon an der Arbeit, und ich habe es nur noch nicht gemerkt.

Hans Fässler

Die vorliegende Broschüre möch­ te versuchen, Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Leh­ rern sowie einer weiteren inte­ ressierten Öffentlichkeit Kunst­ werke an der Kantonsschule in Trogen näherzubringen, von denen die meisten in dem oben beschriebenen Spannungsfeld stehen oder einmal gestanden

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ZEITGENÖSSISCHE KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM

Die Diskussionen um Kunst im öffentlichen Raum wurden im­ mer von einem gewissen Un­ behagen begleitet: Während man in den siebziger Jahren die Möglichkeiten einer bewussteren Stadtgestaltung durch die Kunst diskutiert hatte, machte sich in den achtziger Jahren Resignati­ on breit. Angesichts der häufig negativen Erfahrungen, die bis zu vandalistischen Angriffen gin­ gen, fragten sich die Kritikerln­ nen, ob und wie zeitgenössische Kunst ausserhalb von Museen und Galerien überhaupt möglich sei.

Kunst im öffentlichen Raum und das ist die Kunst an der Kantons­ schule – ist oft Anlass zu Diskus­ sionen, zu manchmal erbitterten Debatten und dies keineswegs nur in Fachkreisen. Deshalb sol­ len einige allgemeine Gedanken zur zeitgenössischen Kunst im öffentlichen Raum dieser Bro­ schüre vorangestellt werden.

Dabei scheint das Grundproblem immer dasselbe zu sein. Es geht um die Frage der Legitimation des Kunstwerkes in der Öffent­ lichkeit und um die Differenzen im Kunstverständnis des breiten Publikums, der Künstlerinnen und der Kunstvermittlerlnnen. Oft werden die von einem Fach­ gremium ausgewählten Projekte von der Bevölkerung als negative Veränderung ihres Lebensraums betrachtet. Sie stossen auf Ab­ lehnung, nicht selten sogar auf Aggression. Die Skandale, die die Arbeiten des amerikanischen Bildhauers Richard Serra (* 1939) 1 oder die Werke von Roman Signer (* 1938) in den achtziger Jah­ ren verschiedenenorts auslösten, machen dies deutlich. Ich denke

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beispielsweise an die Errichtung von Signers «Wasserturm»2, dem sogenannten «Fassbrunnen», in der Altstadt von St.Gallen, die 1987 bei einem grossen Teil der Bevölkerung auf Unverständnis stiess und eine wochenlange Le­ serbriefflut in der lokalen Presse hervorrief. Bei seiner «Aktion mit einer Zündschnur»3, die Signer 1989 während 35 Tagen entlang dem Bahngleis von Appenzell nach St.Gallen durchführte, war der Unmut so gross, dass sich der Künstler sogar mit Sabotageak­ ten konfrontiert sah. Die unter­ schiedlichen Bedingungen und ein unterschiedlicher Wissens­ stand eines breiten Publikums und der Verantwortlichen für die Kunstauswahl treffen bei solchen Auseinandersetzungen aufeinan­ der.

haben. 5 Trotzdem ist gegenwärtig die Nachfrage nach Kunst im öffent­ lichen Raum (und nach Kunst im Allgemeinen) gross und die dafür zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sind hoch: In der Schweiz schreibt die Rege­ lung des sogenannten «Kunstam Bau-Prozents» für öffentli­ che Bauten den Einbezug von Kunst bei Neubauten vor. Auch fast jede private Firma, die et­ was auf sich hält, betreibt eine Art Mäzenatentum in Form von Kunstankäufen oder von «Kunst am Bau»-Aufträgen, die unter Umständen (in Schalterhallen, Kantinen o.a.) ebenfalls öffent­ lich zugänglich sind. So ist auch zeitgenössische Kunst im öffent­ lichen Raum heute – nicht zuletzt als Prestigeobjekt, als Sache des «guten Tons» - willkommener als noch vor wenigen Jahrzehnten. Zunehmend wird bei Projekten im öffentlichen Raum auch eine Zusammenarbeit zwischen Archi­ tektlnnen, Künstlerinnen, Benut­ zerlnnen und Auftraggeberlnnen gesucht. Künstlerinnen haben so die Möglichkeit, ihr Projekt noch vor Baubeginn zu entwickeln und es auf seine Umgebung und de­ ren Nutzung auszurichten. Orts­ spezifische Projekte lassen sich besser verstehen oder akzeptie­ ren, da sie aus der Umgebung, der Nutzung oder der Geschichte eines Ortes entwickelt werden. Viele der zeitgenössischen Künst­ lerlnnen suchen genau diese Auftragsbedingungen und ver­

«Was für die einen ein Meisterwerk ist, können die anderen gar nicht als Kunst begreifen.»4

Die Diskussion um das Bedürf­ nis nach Kunst im öffentlichen Raum wurde von den Künstlerln­ nen selbst auch aufgenommen. Der deutsche Künstler Jochen Gerz (* 1940) wollte in der so­ genannten «Bremer Befragung» von 1990-95 von den Stadtbe­ wohnern wissen: «Welche Kunst fehlt im öffentlichen Raum?» Das Ergebnis war entmutigend, so dass heute lediglich eine Bo­ denplatte an diese Bemühung erinnert, in die die Namen jener Bürger eingraviert sind, die mit Gerz nach einer Antwort gesucht

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suchen, ihre Projekte für einen bestimmten Ort zu entwickeln. Durch ortspezifische Eingriffe oder über die praktische An­ wendung versuchen sie, Kunst auch anderen Personen als dem traditionellen Kunstpublikum zu vermitteln. Die Strategien künstlerischer Eingriffe sind viel­ fältig. Künstlerinnen arbeiten mit den Verfahrensweisen aus den verschiedensten Bereichen – Architektur und Design, Musik, Jugendkultur, Werbung, Dienst­ leistung usw. Der Schweizer Fa­ brice Gygi (* 1965) bietet seine Kunst als Service an. Als seinen Beitrag zu der Ausstellung «do all oceans have walls?» in Bre­ men 6 gestaltete er einen auf der Deichpromenade eingesetzten Imbisswagen. Andere Künstler, wie beispielsweise der in Los Angeles lebende Jörge Pardo (* 1963), intervenieren in Räu­ me, in Inneneinrichtungen, arbei­ ten zwischen Kunst und Design, zwischen Kunst und Architektur. So war Pardos Eingriff zur künst­ lerischen Gestaltung der Auto­ bahnraststätte in Pratteln (BL) 7 ein scheinbar kleiner: Er liess das vormals orange-braune Gebäu­ de sonnengelb umstreichen und brachte damit die für dieses Ge­ bäude so typischen Formen der 70er Jahre-Architektur neu zur Geltung. Mit dem bisher einmaligen «Pro­ jekt zur künstlerischen Gestal­ tung der Aussenräume an der Kantonsschule Trogen», ver­ suchten die Verantwortlichen

von Kanton und Schule, diesen vielfältigen Forderungen und Bedingungen, die an Kunst im öffentlichen Raum gestellt wer­ den, Rechnung zu tragen. Der frühe Zeitpunkt des Wettbe­ werbs – noch vor Baubeginn – gab zudem den Künstlerlnnen die Möglichkeit zur Entwicklung eines Projekts, das in direktem Zusammenhang mit der Situati­ on, der Nutzung und dem Schul­ haus stand. SchülerInnen und Lehrerinnen erhielten durch das angebotene Seminar einen Ein­ blick in den Entstehungsprozess der Kunstwerke. Die vorliegende Broschüre soll dieses Projekt so­ wie die vorhandenen Arbeiten dokumentieren und so auch zur weiteren Beschäftigung mit der Kunst an der Kantonsschule er­ mutigen. Bleibt zu hoffen, dass damit nicht nur das Verständnis für und Inte­ resse an den vorhandenen Ar­ beiten geschaffen wird, sondern dass die Blicke auch für andere künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum geschärft werden. Geschärft für diese – manchmal kleinen Eingriffe, die die Wahrnehmungen unseres Alltags verändern, uns auf des­ sen Besonderheiten aufmerksam machen wie Pardo auf die ei­ genwillige Form der Raststätte, wie Fricker auf die Emotionen, die täglich in ein Schulhaus wie die Kanti Trogen getragen wer­ den, wie Bauer auf die Einzeltei­ le, die wir wahrnehmen, lange bevor oder ohne dass wir über­

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haupt das Gesamtbild erkennen, oder wie Signer auf die Zeit, die manchmal schnell und kaum spürbar vergeht. Christiane Rekade

Die Errichtung einer Serra-Plastik vor dem Stadttheater hat 1987 in St.Gal­ len zu grossen öfftenlichen Protesten geführt. In Basel rief die Serra-Plastik, die ebenfalls auf dem Theaterplatz steht, ähnliche Reaktionen hervor. 2 Roman Signer «Wasserturm», 1987, Eisenkonstruktion verzinkt, Metall­ fass, Wasser. Standort: Grabenpark St.Gallen 3 Roman Signer: «Aktion mit einer Zündschnür», 1989. Beschreibung siehe im Text zu Roman Signer in die­ ser Broschüre. 4 Schmidt-Wulffen, Stephan: Verstehen durch Gebrauchen. In: Kunst im öf­ fentlichen Raum. Anstösse der 80er Jahre. Hrsg. Volker Plagemann. Köln: DuMont 1989, 5.241 5 siehe dazu: Büttner, Claudia: Kunst in der Stadt. In: Neue bildende Kunst 6/98, S.27-31 6 Künstlerhaus Bremen 1998 1

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Jörge Pardo: «Eiger, Mönch, Jungfrau», 2000. Autobahnraststätte Pratteln, CH. Siehe dazu: Vegh, Christina: Der Kreislauf der Dinge. In: Kunstbulletin, September 2000, Nr.9, S.24-30

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«KÜNSTLERISCHE GESTALTUNG DER AUSSENRÄUME AN DER KANTONSSCHULE TROGEN»

chitektonischen Realisierung der «Arche» zu beginnen. Es wurde deshalb ein Pro­ jekt-Wettbewerb ausgeschrie­ ben, als die «Arche» noch im Bau war. So wurde den Künst­ lerinnen die Möglichkeit zu ei­ ner Zusammenarbeit mit den Architekten, zu einem Reagieren auf das Gebäude und zu einem Eingreifen «in das Niemandsland zwischen Architektur, Landschaft und Skulptur»1 gegeben. Um auch die «direkt Betroffe­ nen», Schülerinnen, LehrerInnen und die Öffentlichkeit, in diesen Prozess miteinzubeziehen und ihnen Einblicke zu ermöglichen, entstand die Idee eines beglei­ tenden Seminars, das in die Ar­ beit der eingeladenen Künstlerin­ nen einführen sollte.

Einblicke – Vorgehensprozess – Verständnis / Konfrontation. Projektwettbewerb und Seminar zum künstlerischen Schaffen

Ausgangslage Anfang der 90er Jahre stand der Kantonsschule Trogen der Bau des neuen Schulhauses «Arche» bevor. Es ist schweizerisch gere­ gelt, dass bei den Kostenvoran­ schlägen für öffentliche Bauten ca. 1% der Gebäudekosten für die künstlerische Gestaltung eingerechnet wird. In diesem Zusammenhang erarbeitete die Fachgruppe «Bildende Kunst und Architektur» der Appenzel­ ler Kulturstiftung zusammen mit Kantonsbaumeister Otto Hugen­ tobler ein Konzept für die künst­ lerische Ausgestaltung der Kan­ tonsschule. Der Gefahr bewusst, dass Kunst im öffentlichen Raum schnell zur reinen Applikation, zur Dekoration des Gebäudes werden kann, schlug die verant­ wortliche Arbeitsgruppe vor, eine künstlerische Gestaltung der Kantonsschule möglichst früh zu thematisieren und mit ihrer Planung schon während der ar­

Vorgehensweise Es wurden sieben Künstler und eine Künstlerin eingeladen, Vorschlage zur Gestaltung der Aussenräume der Kantonsschu­ le zu entwickeln. Zusätzlich zur Einreichung ihres Vorschlages erhielten die Künstlerinnen ei­ nen Studienauftrag, der sie ver­ pflichtete, in einem Vortrag ihr künstlerisches Schaffen vorzu­ stellen und schliesslich in einer zweiten Präsentation ihr Projekt für die Kantonsschule Trogen zu erläutern. Für die Beiträge der Künstlerinnen stand das ganze Kantonsschulareal exklusiv der Sportanlagen – zur Verfügung. Für die Sportanlage war schon in

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einem früheren Wettbewerb im Herbst 1991 die Arbeit «Sport» von Roman Signer ausgewählt worden. Die Vorträge bildeten das Pro­ gramm eines «Seminars zum künstlerischen Schaffen», das die Kantonsschule ihren SchülerIn­ nen und Lehrerinnen als Freikurs und weiteren interessierten Per­ sonen als Weiterbildung anbot. Durch dieses Einbeziehen sowohl der Öffentlichkeit, als auch der Lehrenden und der Schülerinnen in das Entstehen eines «Kunst am Bau-Projekts» erhoffte sich das Gremium vermehrte und fundiertere Auseinandersetzun­ gen mit Kunst im öffentlichen Raum und versprach sich davon «einen zusätzlichen Beitrag zum kulturellen Schaffen im Zusam­ menhang mit dem öffentlichen Bauen zu erbringen.» Eingeladen wurden die Künstle­ rInnen: Thorn Barth (Tettnang, D), Anna-Maria Bauer (Zürich), Hans-Ruedi Fricker (Trogen), Andreas Gehr (Grey, F), Willi Kopf (Wien, A), Nikolaus Lenherr (Luzern) Jürg Stäubte (Basel), Beat Zoderer (Wettingen). Das Beurteilungsgremium bestand aus Vertretern des Kantons (Ueli Widmer, Regierungsrat/HansJürg Schar, Ratschreiber und Präsident der AR-Kulturstiftung/ Otto Hugentobler, Kantons­ baumeister), der Kantonsschule (Willi Eugster, Rektor / Werner Meier, Lehrer für Bildnerisches Gestalten), sowie der Schüler­ schaft (Tina Roth, Präsidentin der

Schülerorganisation/Christiane Rekade/Redaktionsmitglied der Schülerzeitung «Sodbrennen»), dem Architekten der Neubauten (Beat Benz aus dem Architektur­ büro Loesch Isoz Benz, St.Gallen) und drei Kunstschaffenden (Max Matter/Jürg Altherr / Bernhard Tagwerker)

Verlauf Im November 1992 begann das Seminar zum künstlerischen Schaffen mit dem ersten Ver­ trag. Als Teilnehmerinnen waren 47 interessierte Personen einge­ schrieben. Bei den Kantonsschü­ lerlnnen variierte die Teilnehmer­ zahl (die nicht registriert wurde) je nach den angebotenen Pro­ grammpunkten. In der lokalen Presse wurde re­ gelmässig Bericht erstattet, ebenso griff die Schülerlnnenzei­ tung «Sodbrennen» das Thema «Kunst im öffentlichen Raum» auf. In einem zweiten Durchgang stellten die Künstlerinnen ihre für die Kantonsschule entwickel­ ten Projekte vor. Dabei zeigte sich, dass Anna-Maria Bauer und Hans-Ruedi Fricker zwei formal ähnliche Arbeiten für denselben Platz – den Platz zwischen dem «Alten Konvikt» und der «Ar­ che» – erarbeitet hatten. Die ansonsten ganz unterschiedlich arbeitenden Kunstschaffenden schlugen beide ein Projekt vor, in dem sie Grenzpunkte ver­ wendeten Bauer legte das Mus­

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ter des Schildkrötenpanzers mit Messingpunkten auf den Platz, während Fricker seinen Orte-Ras­ ter ebenfalls durch im Boden eingelassene und beschriftete Grenzpunkte markierte. Die üb­ rigen Arbeiten überschnitten sich weder in den gewählten Orten, noch formal oder thematisch. Ende März 1993 entschied das Beurteilungsgremium, die Arbei­ ten von Anna-Maria Bauer und Willi Kopf zur Ausführung zu empfehlen. Der Vorschlag von Hans-Ruedi Fricker wurde eben­ falls empfohlen, allerdings mit der Auflage einer Überarbeitung, so dass es zu keiner Störung mit dem Projekt von Anna-Maria Bauer kommen konnte. Die überarbeitete Form von Fri­ ckers «Orte»-Projekt sah schliess­ lich statt der beschriften Grenz­ punkte Alutafeln zur Markierung der Gefühlszonen vor. Der Or­ tekataster sollte auch über die ganze Schulanlage, statt – wie anfangs geplant – nur über den Platz vor dem «Alten Konvikt» gelegt werden. Diese überarbei­ tete Version wurde vom Beurtei­ lungsgremium ebenfalls zur Aus­ führung empfohlen.

fördern sollte. Auch wenn das Seminar vorwiegend von Kun­ stinteressierten besucht wurde und hauptsächlich für diese eine Plattform war, bot es trotzdem die Möglichkeit, das Thema aus­ serhalb dieses Interessiertenkrei­ ses zur Sprache zu bringen: durch Berichterstattung oder Themati­ sieren im Unterricht etwa. Aus­ serdem füllte dieser Kurs –auch wenn nur vorübergehend – eine bedeutende Lücke in der schwei­ zerischen Schulbildung, nämlich die der Kunstgeschichte und der Kunstbetrachtung. Seit 1996 sind nun die Arbeiten realisiert und bilden einen Teil des Schulalltags. Schülerinnen und Lehrerinnen gehen täglich an den Kunstwerken vorbei, sit­ zen in den Pausen vor ihnen und betrachten sie vielleicht in lang­ weiligen Schulstunden aus dem Fenster. Reaktionen, wie das von einer Maturaklasse aufgehängte blaue Schild «Ort des Nun» oder das in einer heimlichen Aktion auf den Kopf gestellte Schild «Ort der Begierde», zeigen, dass die Arbeiten Aktionen und Re­ aktionen herausfordern. Gerade die Schilder von Hans - Ruedi Fri­ cker bieten in einem Schulhaus sehr viel Interpretations- und Identifikationsmöglichkeiten. Schwieriger haben es die Werke, deren Präsenz nicht so stark ist. Um die komplexe Bildwirkung des «Gartens» von Willi Kopf zu erkennen, braucht es eine be­ wusste, konzentrierte Wahrneh­ mung. Auch das eher stille, un­

Feedback Das Besondere und Neue an dem Projektwettbewerb der Kantons­ schule war die Koppelung mit dem Weiterbildungsseminar, das die Auseinandersetzung mit dem immer wieder brisanten Thema «Kunst im öffentlichen Raum»

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auffällige Werk von Anna-Maria Bauer, das sich gegen Kaugum­ miflecken und Parkplatzstreifen auf dem Asphaltplatz behaupten muss, verlangt von den Betrach­ terlnnen sehr viel Konzentrati­ on – fast Meditation. Vielleicht zuviel, so dass die Schülerinnen tatsächlich manchmal «lieber ein Schild ohne Kröte» haben. Ob sie nun schnell im Vorbeige­ hen erblickt oder lange betrach­ tet werden, die Kunstwerke sind gegenwärtig - als ein besonderer Teil der Schule. So, dass ein jun­ ger Kantischüler beim Anblick von Signers Kanu plötzlich leicht verzweifelt feststellte: Erst wenn das rote Schiff viermal seine Stre­ cke zurückgelegt hat, wird er die Matura schreiben können. Christiane Rekade

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Studienauftrag an die eingeladenen Kunstschaffenden, 7.Sept.1992, S.S

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ebenda, S.7 Schülerzitat in: Schläpfer, Annette Or­ te-Schilder an der Kantonsschule Tro­ gen. Unveröffentlichte Maturaarbeit 2000, S.31

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Anna-Maria Bauer *1947 Hombrechtikon, ZH lebt und arbeitet in Zürich und im Tessin Grenzpunkte, 1996 (Entwurf 1993) 255 Grenzpunkte (passiviert) 1250 x 1080cm Die Arbeit «Grenzpunkte» wur­ de im Wettbewerb zur Künstleri­ schen Gestaltung der Aussenräu­ me der Kantonsschule Trogen 1993 ausgewählt.

Abbildung siehe Literatur

Ausgangspunkt ihrer Arbeiten ist der Panzer der Schildkröte. Seit Anna-Maria Bauer 1978 am Walensee das unversehrte Ge­ häuse einer Schildkröte fand, erforscht sie dieses Tier - viel­ mehr seine Hülle, die sichtbaren und die versteckten Formen des Panzers. Besonders Rücken- und Bauchpanzer und die äusse­ ren Schildpattfelder mit ihren Wachstumsrillen interessieren die Künstlerin. Was sie zu Beginn auf Rasterpapier direkt vom Gehäuse übertragen hat, untersucht sie

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nun mit immer genaueren Mit­ teln: Sie transformiert Risslinien und Felder der beiden Platten in ihren Zeichnungen und Skizzen, sie abstrahiert sie in geometri­ schen Strukturen und Diagram­ men. Seit neuerer Zeit lässt sie sogar Röntgenbilder und To­ mographien herstellen, die den Querschnitt des Knochenskeletts aufzeigen. Papierarbeiten aus den 80er Jahren zeigen ein dichtes Ge­ wirr von Linien, Krümmungen und Schnittpunkten. Diese Lini­

en zeichnete Anna-Maria Bauer mit gesättigter Salpetersäure, die sie anschliessend mit dem Feuerzeug anglimmte. Eine Zeichnung aus Feuerspuren, die die Künstlerin ebenfalls aus den Rillen des Schildkrötenpanzers zu einer organische Geometrie weiterentwickelt hat. Spuren legt Anna Maria Bauer auch mit ihren Bodenarbeiten. Mit den traditio­ nellen Materialien einer Bildhau­ erin, Stahl, Stein oder Holz, baut Anna-Maria Bauer Skulpturen, die sockellos am Boden liegen,

nach. Die Bodenskulptur drängt sich nicht auf, man kann über sie hinwegschreiten, oder aber die Zeichnungen am Boden wahr­ nehmen und betrachten. Bodenskulpturen lenken den Blick nach unten, verlangen langsamere, bedächtigere Bewegungen, ein bewussteres Fortschreiten. Sie verlangen das Tempo der Schildkröte, relativieren die Ge­ schwindigkeit unserer Zeit. An­ na-Maria Bauers Arbeiten «er­ den» den Betrachter, weil sie eine ruhige konzentrierte Aus­ einandersetzung fordern - im Vorbeieilen können sie gar nicht wahrgenommen werden. Anna Maria Bauer legt stille Spuren, setzt leise Zeichen, die für dieje­ nigen bestimmt sind, die bereit sind, zu schauen und wahrzu­ nehmen. Das Muster aus Grenzpunkten, das die Künstlerin auf den Platz zwischen der «Arche» und dem Alten Konvikt gelegt hat, ist ein leises, fast unscheinbares Werk. Die Messingpunkte, wie sie von Landvermessern benutzt wer­ den, um Grundeigentum abzu­ grenzen, markieren die Schnitt­ punkte eines Liniensystems, das Anna - Maria Bauer aus der Ab­ wandlung des Schildkrötenpan­ zers entwickelt hat. Wie in einem Sternenhimmel werden die Punk­ te erst einzeln wahrgenommen, bis sie zu einem zusammenge­ hörenden Bild, einem Ornament zusammengefügt werden. Stets Gefahr laufend, im Grau des

fest darin verankert oder in den Bodenbelag eingearbeitet sind. In Anlehnung an das alte Kunst­ handwerk nennt sie diese Arbei­ ten «Intarsien». Für die Ausstel­ lung «Passagen» in Bad Ragaz 1990‘ legte sie aus Stahlstreifen ein geometrisches Muster - ab­ geleitet aus den Rundplatten des Schildkrötenpanzers - in seiner positiven und in seiner negativen Form auf einen Weg. Zwischen den stählernen Feldern der ne­ gativen Form wucherte das Gras und zeichnete die Linien in Grün

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Asphalts und zwischen den Kau­ gummiflecken unterzugehen, er­ fordert die Zeichnung aus Grenz­ punkten von den Betrachtern höchste Aufmerksamkeit, ein In­ nehalten und einen konzentrier­ ten Blick auf den Boden. Bereits 1995 hat Anna Maria Bauer in ei­ ner ähnlichen Arbeit im Innenhof der Zentralbibliothek in Zürich Schnittpunkte eines biomorphen Ornaments mit blank geschliffe­ nen Pflastersteinen markiert, die sie in den Kopfsteinpflasterbelag des Platzes einfügen liess.

Literatur: Hochbaudepartement der Stadt Zürich (Hrsg.): eingriffe. Zürich 2000, S.2+73; Weiss-Mariani, Roberta: La tartaruga si muove piano. In: Schweizer Kunst 1998, S.28-35; Jürg Altherr. Anna-Maria Bauer, Peter Zimmermann (Hrsg.): Opus Magnum-Projekt für eine Skulptur. Zürich 1997; Knuchel, Hans (Hrsg.) Anna Maria Bauer. Zürich 1996; mit Texten von Volker Schunck und Ursina Jakob; Ausst. Kat. «Passagen». Skultpur in Bad Ragaz. Bad Ragaz 1990, S.25-26. Abb. S.18-19: Howeg (Hrsg.) Anna - Maria Bauer, S.16+18.

«Wegstrecke»1990, Stahlintarsie, negativ/positiv, 600 x 90 x 2,2 cm

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Hans-Ruedi Fricker *1947 in Zürich lebt und arbeitet in Trogen Ort der Orte, 1996 (Entwurf 1993) 16 Aluminiumschilder, 1 Übersichtsschitd 120 x 120cm Die Arbeit «Ort der Orte» wurde im Wettbewerb zur Künstleri­ schen Gestaltung der Aussen­ räume der Kantonsschule Trogen 1993 ausgewählt.

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Raum wahrnehmen. Orte defi­ nieren, Raum einnehmen, «Terri­ torialisieren» und Stellung bezie­ hen - diese Ansätze ziehen sich wie ein roter Faden durch das vielseitige Schaffen von Hans­ Ruedi Fricker: In seinen frühen Kleinplakataktionen markierte Fricker 1979 mit Plakaten, auf denen sein eigenes Porträt ab­ gebildet war, seine Wege in der Stadt St.Gallen. Allgemeiner Raum bekam so eine neue, per­ sönliche Bedeutung, der Künstler machte «seine Orte» sichtbar. Als Mail-Artist initiierte er 1985 mit «Tourism» direkte Begegnungen zwischen den Mail-ArtKünstle­ rinnen, die bis anhin ausschliess­

lich per Post kommuniziert und zusammengearbeitet hatten. Er machte auf diese Weise das bisher postalische Kontaktnetz sichtbarer und greifbarer. Seit Mitte der 80er Jahre the­ matisiert der Trogner Künstler Raumwahrnehmung und Raum­ definition in verschiedenen «Or­ teArbeiten», zu denen auch die Arbeit an der Kantonsschule ge­ hört. Mit Ansteck-Buttons, Schil­ dern oder Wegweisern benennt Fricker Räume nach Gefühlszu­ ständen. Emotionen bekommen einen festen Platz zugewiesen oder werden in Form von be­ schrifteten Ansteckern an die verschiedensten Orte getragen.

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In der Kantonsschule werden Räume, Winkel und Plätze in den Durchgangsbereichen mit grossen, farbigen Aluschildern als «Ort der Wut», «Ort der Iro­ nie» oder «Ort der Vision» be­ zeichnet. Formal unterscheiden sich Frickers Schilder nicht von konventionellen Schildern: von Ortstafeln, Verkehrs- oder Hin­ weisschildern. Irritierend ist die Information, die sie enthalten: Plötzlich wird einem Ort ein Gefühlszustand zugewiesen – der Raum erhält eine neue Bedeu­ tung, persönliche Emotionen werden gewissermassen öffent­ lich. Es entstehen Gefühlsräume und Spannungsfelder zwischen diesen Orten meist sehr starker Emotionen. Dabei unterstützt die Farbgebung der Schilder ihre Aufschrift: Aus einem schwarzen Quadrat stechen die Buchstaben des «Ortes der Scham» hervor, wie aus dem Loch im Erdboden, in das man versinken möchte, während der «Ort der Lust» in einem satten Rot leuchtet, der «Ort der Gier» mit einem grel­ len Gelb die Aufmerksamkeit auf sich zieht, erscheint das silberne Schild des «Ortes der Vision» fast transzendent, als würde es sich im nächsten Augenblick auflö­ sen. Die Schilder nehmen den Raum ein, sie fordern eine Stel­ lungsnahme, eine Reaktion oder einen Gedanken. In St.Gallen legte Hans-Ruedi Fricker 1996 mit seiner Arbeit «Rückgrat- ein Ortkataster für St.Gallen» einen Raster über die

Stadt, dessen einzelnen Feldern er ebenfalls Ortsbezeichnungen zuteilte. Die «Gefühlsfelder» in St.Gallen sind durch Messingbol­ zen im Boden gekennzeichnet. Für das Kunstmuseum in Ittingen schuf Fricker eine Kiste mit Orte­ schildern, die von den Besuchern ausgeliehen werden können. So werden immer wieder andere Räume zu «Orten».

Literatur. Homepage des Kunstmuseums Ittingen: www.kunstmuseum.ch; Schläpfer, Annette: Orte-Schilder an der Kantonsschule Trogen. Unveröffentlichte Maturaarbeit 2000; Schatz, Corinne: Ein Wirbel aus dem Projekt «Rückgrat» von H.R Fricker. In: fön, März/Apnl 1996, Nr. 19; Horn, Eva: Ort der Kunst: Kunst des Ortes. In: fön, März/April 1993, Nr.1; Fricker, Hans-Ruedi/Wäspe, Roland: l am a networker, sometimes. St.Gallen 1989

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Willi Kopf * 1949 in Röthis/ Vorarlberg lebt und arbeitet in Wien A Garten, 1996 (Entwurf 1993) Kirschlorbeer, Dunkle Eibe, Bux, Scheinzypresse, Wachholder Die Arbeit «Garten» wurde im Wettbewerb zur Künstlerischen Gestaltung der Aussenräume der Kantonsschule Trogen 1993 aus­ gewählt.

Der österreichische Bildhauer Willi Kopf hat die spezielle geo­ graphische Lage der Kantons­ schule als Ausgangspunkt für seine Arbeit genommen. Der nordöstliche Abhang hinter der Arche breitet sich vor den Fens­ tern des Schulhauses aus wie eine Bildfläche – sichtbar aus allen Stockwerken in verschiede­ nen Perspektiven. Willi Kopf liess

auf diesen «Hintergrund» Büsche pflanzen, die exakt in die Form von Kuben geschnitten wurden. Er wollte ein «dreidimensiona­ les räumliches Bild» schaffen, «ein Bild mit vielen Eigenschaften, ungewöhnlich gross und aus unkonventionellen Mitteln aus Mathematik und Geometrie, so etwas wie ein wissenschaftliches Trickbild, welches einfach in der

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Herstellung, aber komplex in der Bildwirkung»1sein sollte. Seit den achtziger Jahren arbeitet Willi Kopf hauptsächlich mit der kubischen Form. Seinen Objek­ ten aus Spanplatten liegt der Ku­ bus als die Form zu Grunde, die er vervielfacht, aus der er seine schlichten Objekte zusammen­ setzt Das industriell gefertigte Material belässt der Künstler in seinem ursprünglichen Zustand. Ihn interessieren die Strukturen

hung von Skulptur und Raum nicht so bedeutend. Vielmehr schenkt Kopf die Aufmerksam­ keit der malerischen Wirkung der Flächen und Strukturen, den unterschiedlichen Färbungen der Spanplatten, den Linien der Schnittkanten. Er versteht die ge­ samte Raumsituation als Bildein­ heit, Dieser starke Bezug Kopfs zur Malerei wird in der Trogner Arbeit besonders einsichtig. Statt mit Spanplatte arbeitet Willi Kopf

und die Eigenwirkung des Ma­ terials. Seine elementaren Skulp­ turen sind in ihrer Abstraktion, in der Einfachheit und in der Konzeptualität verwandt mit den Objekten der amerikanischen Minimal Art der 60er Jahre. Doch anders als die «spezifischen Ob­ jekte» eines Donald Judd ist für Willi Kopf die Anordnung, die Hierarchie im Raum, die Bezie­

hier mit Pflanzen, inspiriert wur­ de Kopf bei der Wahl dieses Ma­ terials unter anderem durch die zahlreichen historischen Pflan­ zungen in den privaten Gärten und öffentlichen Parkanlagen vom alten Trogen, die noch aus der Zeit stammen, in der die ein­ flussreiche Familie Zellweger den Ort prägte. Zwei Kubengruppen zeichnen

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nun auf der Hangfläche in den unterschiedlichen Grüntönen der gewählten Pflanzen eine Art dreidimensionale Malerei: Kirschlorbeer, Eibe, Bux, Schein­ zypresse und Wachholder liegen wie kubische Pinselstriche auf Wiesengrund, zeigen unter­ schiedliche Oberflächenstruk­ turen und Farbtöne. Die erste Gruppe ist eine lose Streuung von unterschiedlich grossen Ku­ ben, die sich vor der Arche be­ findet. Die zweite Gruppe, als Übergang vom neuen Schulhaus zum älteren Schultrakt, zu Annex und Rotem Schulhaus, ist eine in sich geschlossene Formation, die das «Bild» abschliesst, gleich­ zeitig aber auch die Verbindung zwischen den drei Gebäuden herstellt. Willi Kopf pflanzte ein immer­ grünes Bild vor die Fenster der Schulzimmer. Je nachdem aus welchem Stockwerk man auf den Hang schaut, ändert sich die Per­ spektive und ändert sich das Bild. Nimmt man die grünen Kuben aus den Fenstern des unteren Stockwerks noch als flache Farb­ bänder wahr, wird das Bild, wenn man aus den höheren Etagen schaut, immer räumlicher. Mit der Bewegung des Betrachters / der Betrachterln verändert sich das grüne Ornament am Hang ständig: Von manchen Positio­ nen aus können nur Ausschnitte gesehen werden und von ande­ ren wenigen aus erhält man so etwas wie einen Überblick. Und nicht nur die wandelnden Per­

spektiven der Betrachterlnnen, sondern auch die ständigen Ver­ änderungen in der Natur geben dem dreidimensionalen Bild sei­ ne vielen Eigenschaften; Im Win­ ter wird das grüne Bild zu einer weissgrünen Komposition.

1 Zitat aus einem Fax des Künstlers an die Autorin. 21.12.2000

Literatur: Ausst. Kat,: Willi Kopf. Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis. Bregenz 19C)4; Bächter, Cristina: Willi Kopf, Skulpturen 1985-1991, Cantz-Verlag: 1992; Ausst. Kat. Willi Kopf/ Benjamin Katz. Galerie Buchmann, Basel 1989.

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Roman Signer *1938 in Appenzell lebt und arbeitet in St.Gallen

eine bedeutenden Rolle. Eine der besonderen Arbeiten dieser leisen Art war die «Aktion mit einer Zündschnur», bei der der Künster 1989 eine Zündschnür an seinem Geburtsort Appen­ zell entzündete und die Flamme während knapp 35 Tagen der Schnur entlang bis nach St.Gal­ len wandern liess.

Sport, 1991 Polyesterkajak mit Beton ausge­ füllt, Drahtseil, Motor, Umlenk­ rollen 1000x70 cm Das Projekt «Sport» von Roman Signer wurde im «Öffentlichen Wettbewerb zur künstlerischen Gestaltung des Aussenraums der Sporthalle der Kantonsschule Trogen» 1991 ausgewählt.

Langsam, fast unmerklich ist auch die Bewegung der Skulp­ tur, die Roman Signer für die Turnhalle der Kantonsschule ent­ worfen hat. Ein rotes Kajak, mit Beton gefüllt, bewegt sich, von einem Metallseil gezogen, ent­ lang der 100 m Rennbahn. Da, wo die 100 m normalerweise in 12-14 Sekunden zurückgelegt werden, rutscht das rote Kajak gerade mal 27 cm am Tag voran. Für die ganze Strecke braucht es ein Jahr. Signer setzt in seiner Skulptur unterschiedliche Zei­ tund Raumwahrnehmungen ne­ beneinander: Unendlich langsam zieht das Kajak die Spur der Zeit, während auf der Bahn nebenan die SchülerInnen die Zeit in Se­ kunden messen. Das rote Kajak im Appenzeller Tobel ist ausser­ dem ein Zeichen für eine andere Sportart. Mit «Sport» – so der Werkti­ tel – verbindet Roman Signer denSprint der Kantonsschülerln­ nen mit der von ihm einst leiden­ schaftlich betriebenen Sportart, dem Kajakfahren.

Roman Signers Werkstoffe sind Wasser, Erde, Feuer und Luft. Den Urelementen – ihren Kräften und den Prozessen, die sie aus­ lösen und denen sie unterworfen sind, geht Signer in seinen Arbei­ ten nach. Er nutzt die Kraft des Feuers, inszeniert Sprengungen und Explosionen, oder er lässt Sand aus einem an einem Gum­ miseil aufgehängten Sack rieseln, bis sich dieser ob seines erleich­ terten Gewichtes in die Höhe hebt. Meist werden Signers Ar­ beiten mit spektakulären «explo­ siven» Aktionen in Verbindung gebracht, die schnelle Bewegun­ gen, Spannungen und Entladun­ gen sichtbar machen. Doch gerade auch die langsamen Bewegungen und Veränderun­ gen, die nur bei längerem Beob­ achten wahrgenommen werden, die Energiepotentiale von rieseln­ dem Sand, von schmelzendem Eis, spielen in Signers Arbeiten

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Literatur: Parkett, Nr. 45/1995, S. 116-159 Kunstverein St.Gallen (Hrsg.): Roman Signer München/Stuttgart 1993

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KUNSTWERKE AN DER KANTONSSCHULE TROGEN

Freihängende Plexiglasscheibe Schnitt der 900 m Höhenlinie, senkrecht durchstossen in der Markierung der Ortschaft Tro­ gen, Drahtseil mit Senkblei, auf den Erdmittelpunkt verweisend.

Monika Ebner * 1959 in Wil SG lebt und arbeitet in Bühler AR «Zu Füssen», 1995 Dreiteilige Installation Papier-Relief: Landschaftsaus­ schnitt Bodensee – Hoher Kas­ ten, Stauberenchanzlen mit mar­ kierter Position «Arche Trogen» 245 x 54 cm

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(Diesem Text ging ein Gespräch mit der Künstlerin voraus.) War zu Beginn die Tonerde das Grundmaterial für Monika Ebners Arbeiten, an denen sie die Meta­ morphose des Materials und die verschiedenen Möglichkeiten der Bearbeitung interessierten, geht die Künstlerin heute in ihren Ar­ beiten grossflächigeren Verän­ derungen und Verschiebungen nach. Geologische und klimati­ sche Veränderungen, Seismolo­ gie, Meteorologie und Kartogra­ phie sind die Themen, die Monika Ebner beschäftigen. In einem Land wohnhaft, in dem die Me­ tamorphosen der Natur weniger spektakulär verlaufen wo Vulka­ ne höchstens in Form von Feuer­ werken ausbrechen und auch die Erdbebengefahr relativ gering ist, konzentriert sich die Künst­ lerin auf die kleinen, langsamen Veränderungen: Die Faltung der Alpen etwa, diese ewige, aber nicht wahrnehmbare Bewegung, aber auch die Klima und Luftver­ änderungen - ihre Messbarkeit und Darstellbarkeit. Abgebrann­ te Feuerwerksvulkane verarbeitet Monika Ebner ironisch zu kleinen Kunstobjekten oder sie inszeniert ein Naturspektakel in Installatio­ nen wie anlässlich der St.Galler

Aktionsreihe «Anstadt 98», wo sie ein Erdbeben simulierte. Aus diesen Interessen ergibt sich fast zwangsläufig ein ort-spezifi­ sches Arbeiten. «Zu Füssen» the­ matisiert denn auch die Lage der Kantonsschule und beschreibt sie auf drei verschiedene Weisen: Das Papierrelief zeigt die Lage der Schule, eingebettet in ihre nähere Umgebung zwischen Bo­ densee, Hohem Kasten und der Stauberenchanzlen, markiert sie als Punkt in einer berechneten und abstrahierten Landschaft. Die Piexiglasscheibe – als Schnitt

durch die 900 m Höhenlinie verbindet die «Arche» mit den gleichhoch gelegenen Punkten. Durchstossen wird diese Platte an der Markierung der Ortschaft Trogen durch ein rotes Drahtseil, an dessen Ende ein Senkblei die dauernde Anziehung zum Erd­ mittelpunkt vor Augen führt.

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Beate Rudolph * 1958 in Berlin, D lebt in St.Gallen «Am Rande der Metamorphose», 1995 Quarzsand, Kreide, Acryl auf Nessel Dreiteilig, je 170x170 Geschenk des Kantonsschulver­ eins zur Einweihung des Schul­ gebäudes «Arche»

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(Diesem Text ging ein Gespräch mit der Künstlerin voraus.)

den Forderungen des Materials schafft Beate Rudolph ungegen­ ständliche Bilder in meist erdigen Farbtönen. In «Am Rande der Metamorphosen» schiebt sich eine weisse Fläche über die Teile des Triptychons, bis sie schliess­ lich das letzte Bild wie eine dich­ te Nebelfläche vollständig ein­ nimmt. Quarzsand und Kreide von den berühmten Kreidefelsen der Ostseeinsel Rügen sind das bestimmende Material des drei­ teiligen Bildes. Die Erinnerung an das sich ständig wandelnde, bewegte Meer ist gegenwärtig in den fliessenden Strukturen des Materials und den weichen For­ men der Bilder.

In ihrer Malerei lässt sich Bea­ te Rudolph stark vom Material leiten. Aus diesem hauptsäch­ lich natürlichen Material wächst das Bild, entstehen die Formen, die die Künstlerin mehr mit den Händen als mit dem Pinsel auf die Leinwand aufträgt. In der Spannung zwischen den eige­ nen Gestaltungsabsichten und

Literatur: Ausst. Kat. «Brandung» Almud Moog, Beate Rudolph. Zeichnungen und Malerei. Kunstamt Berlin-Tempelhof, Galerie im Rathaus. Berlin 1993

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Veronika Bischoff * 1939 Wattwil SG Lebt und arbeitet in Götighofen TG Komet, 2001 Bogenförmige Stahlkonstruktion mit eingesetzten quadratischen Plexiglastafeln Quadrate im Quadrat, 2001 3 Plexiglastafeln, je 50 x 50 cm «Clipart» Quadrat Roter Faden, 1996 Acryl auf Plexiglas 6 Plexiglastafeln je 25 x 26 cm, rote Schnur

(Diesem Text ging ein Gespräch mit der Künstlerin voraus.

Plexiglas angebracht. Ganz oder teilweise mit leuchtendem Gelb bemalt, strahlen die Quadrate des Sterns je nach Blickwinkel in unterschiedlicher Intensität. Die Quadrate werden in den beiden Arbeiten unten und oben im Treppenhaus wiederholt. Unten befindet sich eine Bilderreihe aus drei in ebenfalls verschiede­ nen Gelbtönen bemalten Plexig­ lasplatten, während oben ein Clip-Art-Quadrat die Arbeit ab­ schliesst. Das ClipArt-Quadrat ist auch eine gelbe, schmale Plexig­ lasplatte, die den Weg in die Me­ diothek weist.

Veronika Bischoff, Künstlerin und Lehrerin für Bildnerisches Gestal­ ten an der Kantonsschule Trogen, entwickelte für die Aula eine dreiteilige Arbeit, in deren Zent­ rum der «Komet» steht. Im Trep­ penhausaufgang des Gebäudes zieht sich eine Konstruktion aus vier Stahlrohren einem Schweif gleich vom mittleren Treppen­ aufsatz aus nach oben. Zwischen den Stahlrohren sind in regel­ mässigen Abständen nach unten kleiner werdende Quadrate aus

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Roter Faden Die sechsteilige Plexiglasarbeit, die sich im Rektorat der Kan­ tonsschule Trogen befindet, hat Veronika Bischoff mit einer expe­ rimentellen Technik geschaffen: Aufgewalzte Acrylfarbe löst die Künstlerin im Wasserbad wie eine Haut von der Glasplatte, bringt sie durch Ziehen und Schneiden in eine neue Form und «fängt» die schwimmende Farbschicht mit einer Plexiglasplatte auf. Das Interesse für Texturen, für Vernetzungen und Verflechtun­ gen verfolgt Veronika Bischoff, schon seit ihrer Ausbildung an der Textilfachschule. Der rote Faden ist nicht nur verbinden­ des Element zwischen den sechs Plexischeiben. Er ist auch Stoff, Teil einer Textur, eines Gewebes. Gewebe sind dicht – und doch nicht undurchlässig. Sie lassen Licht hindurchscheinen, werfen Schatten. Zwischen Materialität und lichter Durchlässigkeit bewe­ gen sich auch die Plexiglasbilder. Mit einem leichten Abstand zur Wand gehängt, werfen Sie an den einen Stellen Schatten, an ändern fliesst das Licht durch das Glas.

Literatur: Ausst. Kat. «Gewandung» Textil­ museum St.Gallen. Mai 1995, St.Gallen 1995

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Werner Meier * 1956 in Stein AR lebt und arbeitet in Trogen AR Wortsammlung, 1997 Biologiekasten, Papier, Stecknadeln 50 x 40 x 6,5 cm Farbkasten, 2001 Schubladenkorpus mit 13 Schub­ laden in der Mediothek 87x72 x 145 cm (Diesem Text ging ein Gespräch mit dem Künstler voraus.) Seit einiger Zeit beschäftigt sich Werner Meier, (Künstler und Lehrer für Bildnerisches Gestal­ ten an der Kantonsschule) mit Holzkästen, wie sie im naturwis­ senschaftlichen Unterricht zum Präsentieren und zum Ordnen von Anschauungsmaterial oder Geräten benutzt werden. Statt wissenschaftlicher Ausstel­ lungsstücke ordnet Meier Farben, Farbtöne oder Worte weniger nach wissenschaftlichen Kriteri­ en als nach einem sinnlichen und persönlichen Empfinden. Die Kombination von Wort und Bild ist in den verschiedenen Arbei­ ten Meiers oft zu finden: Sei es in seinen Skizzenbüchern, in de­ nen er Reisen, Museumsbesuche und Ausflüge dokumentiert und reflektiert, oder in seinen Male­ reien und Objekten. In einem alten Kästchen, übrig­ geblieben aus dem Inventar des

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Biologieunterrichts, sind säu­ berlich kleine rechteckige Zettel aufgespiesst, auf denen verschie­ denste «Worte» geschrieben sind (Wortsammlung): «deutli­ ches Wort, verlorenes Wort, wohl überlegtes Wort, Schlusswort, Ehrenwort, gefallenes Wort.»

beschriftet sind. Öffnet man die Schubladen, präsentiert sich etwa eine Anordnung der drei verschiedenen Blaupigmente Pariser Blau, Ultramarin und Ko­ baltblau – in ihren unterschied­ lich groben Körnigkeiten. Hinter dem Etikett «Wettersilbergrau» kommen verwitterte Schindeln zum Vorschein, hinter «Alltags­ grau» verbergen sich sorgfältig auf dem Schubladenboden fixier­ te Zettelchen, beschriftet mit den Wochentagen. Meiers «Farbkas­ ten» ist eine Sammlung von Far­ bassoziationen, ein Kästchen mit Farbstücken.

Als Beitrag für die künstlerische Gestaltung der neugebauten Aula stellte Meier im Vorraum der Mediothek einen Planschrank (Farbkasten) auf, dessen Schub­ laden mit Begriffen wie «Blau für ewige Romantiker», «Schwe­ felgelb» oder «Schiefergrau»

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Hansjörg Rekade * 1946 in St. Gallen lebt und arbeitet in Speicher «Der Lauf der Dinge», 200 1 Wandmalerei in der Cafeteria der Aula Gemeinschaftswerk mit Schülerinnen und Schülern des zehnten Schuljahres 97/98, 1997 Mischtechnik auf Karton Dreiteilig, je 100 x 70 cm

(Diesem Text ging ein Gespräch mit dem Künstler voraus.)

Einflüsse der Cobra-Gruppe oder der Comics. Der Spass an der Far­ bigkeit und die unerschöpflichen Möglichkeiten, in verschiedens­ ten Formen oder in Gegenstän­ den Gestalten und Gesichter zu entdecken, ist in allen Arbeiten von Hansjörg Rekade zu erken­ nen.

Hansjörg Rekade, geprägt durch seine vielseitigen Tätigkeiten als Grafiker, Cartoonist und Leh­ rer für Bildnerisches Gestalten, schafft hauptsächlich Arbeiten auf Papier und kleinere Objekte. Es sind Zeichnungen und Male­ reien, die spontan entstehen, die Rekade aus vorhandenen oder entstehenden Formen weiter­ entwickelt. Aspekte der Art Brut werden ebenso verarbeitet wie

So entstand auch das Gemein­ schaftswerk, das er mit den Schü­ lerinnen des zehnten SchulJahres 97/98 gestaltete, sehr spontan: Hansjörg Rekade ergänzte die

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Farbflecken auf den Malunterla­ gen seiner SchülerInnen zu Au­ gen und Köpfen von Fantasie­ wesen, die sich in einem bunten Gewirr von Symbolen, Buchsta­ ben und Ornamenten tummeln.

und Gesichter: Könige grinsen hämisch von der Wand, Bäuche glotzen mit grossen Augen, wäh­ rend ein Totenkopf melancho­ lisch über dem Rahmen einer der Durchgangstüren zur Aula sitzt. «Der Lauf der Dinge» erzählt fantastische Geschichten fröhli­ che und traurige, und regt dazu an, den Lauf der Dinge und der Geschichten weiterzudenken.

Im Rahmen der künstlerischen Gestaltung des Neubaus der Aula realisierte Hansjörg Rekade eine Wandmalerei in der Cafete­ ria. Auf den in Ocker, Gelb und Weiss gehaltenen Grundputz malte er in Schwarz dicht inein­ ander verschlungene Fabelwesen

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Georges Dulk *1917 WigoltingenTG, gest. 1980 St.Gallen Komposition in Blau, um 1974 Tapisserie in Wolle 120x 120 Georges Dulk lebte und arbeitete nach seiner Ausbildung zum Se­ kundarlehrer über zehn Jahre in Arbon. 1956 wurde er als Lehrer für bildnerisches Gestalten an die Kantonsschule Trogen gewählt. Diese Stelle liess Dulk endlich die nötige Zeit, sich seiner künstleri­ schen Arbeit zu widmen. Bereits während seiner Ausbildung hatte er sich in Zeichen- und Malkur­ sen in Zürich, sowie an der Ecole des Beaux Arts in Dijon weiterge­ bildet. Die ersten zehn Jahre arbeitete Dulk hauptsächlich gegenständ­ lich. Er schuf Stilleben und Land­ schaftsbilder. Von Reisen in die Mittelmeerländer brachte er Blei­ stift- und Kohlezeichnungen mit, die er im Atelier zu grossen Öl­ bildern verarbeitete. 1969 zeigte Georges Dulk zum ersten Mal in einer Ausstellung ungegenständ­ liche Bilder – Kompositionen aus sich überlagernden Farbflächen, dominierenden vertikalen Linien, in denen eine Fortführung der Landschaftsbilder, der Ansichten von Städten oder Wäldern zu er­ kennen ist. Daneben schuf Dulk unzählige Collagen, aus Zeitungsausschnit­ ten, eigenen Textfragmenten, Farbflecken und Zeichnungen.

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Wilhelm Meier *1880 Trogen, gest. 1971 St. Gallen

zahlreiche Brunnen- und Fried­ hofsfiguren oder Skulpturen an öffentlichen Plätzen in der Ost­ schweiz. So etwa die «Christo­ pherus»-Figur (1944, Muschel­ kalk, H: 230 cm, ohne Sockel) an der Fürstenlandbrücke bei St.Gallen oder der «Jüngling» (1953, Andeer-Granit, H: 252cm) an der Kantonsschule St.Gallen. In Trogen hat Meier, der auch ein Trogner Kantonsschüler war, aus­ serdem die Erinnerungstafel für den Gründer der Kantonsschule am Fünfeckhaus (1924, weisser Marmor) gestaltet. Aufgewach­ sen in Trogen, machte Wilhelm Meier von 1897-1905 eine Bild­ hauerlehre in St.Gallen im Atelier von August Boesch, dem Schöp­ fer des «Broderbrunnens». Nach längeren Aufenthalten in Rom, Berlin und München gründete er 1915 ein eigenes Atelier in der Gallusstadt. Unter dem Eindruck der Werke der klassischen Anti­ ke, die er in Rom studiert hatte, aber auch der neuen Bewegun­ gen, die die Plastik um die Jahr­ hundertwende prägten, entwi­ ckelte Wilhelm Meier seinen Stil. Auguste Rodin (1840-1917), der in Frankreich einen plastischen Impressionismus vertrat, aber vor allem Adolf von Hildebrand (1847-1921), auf dessen Werke er in Deutschland gestossen war, beeinflussten Wilhelm Meier in seinem Schaffen. Einfache, kla­ re, in sich geschlossene Formen prägen seine Skulpturen. Die Fi­ gur auf dem Kantonsschulbrun­ nen ist eine massige, fast grobe

Brunnenfigur, 1965 Kunststein (Abguss) Höhe:220 cm Inschrift: Das Land Appenzell im Bund der Eidgenossen, Geschenk der Mitstände zur 450 Jahrfeier 1513-1963

Der Brunnen vor dem Annex der Kantonsschule war ein Geschenk der eidgenössischen Stände an Appenzell Ausserrhoden an­ lässlich der 450-Jahr-Feier zum Beitritt des Kantons zur Eidge­ nossenschaft. Für die Gestaltung einer Brunnenfigur wählte die Kantonsschulkommission aus drei verschiedenen Vorschlägen den Entwurf des St.Galler Bild­ hauers Wilhelm Meier. Von Wilhelm Meier stammen

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Erscheinung. Gesicht und Haare sind nur angedeutet, Hände und Füsse auf die einfachen Grund­ formen reduziert. Die klassische Haltung der Figur mit der sym­ bolischen Geste der erhobenen Faust und dem in die Ferne ge­ richteten Blick steht im Gegen­ satz zu diesen schweren, redu­ zierten Formen.

Literatur: Mayer, Marcel: Bildhauer Wilhelm Meier (1880-1971), in: s‘Tablättli, Mitteilungsblatt des Quartiervereins St.Fiden-Neudorf, April 2000, S. 2-3; Meier, Konrad: Wilhelm Meier, Bildhauer, 1880-1971, Nachruf, einzusehen in der Kantonsbibliothek Vadiana, St.Gallen; Ausst. Kat. Wilhelm Meier, Hans Stettbacher. Kunstverein St.Gallen, 1976. Horn 1976; KST-Jahresbericht 1965/66, Nr.45, 5.31; Protokoll des Regierungsrates von Appenzell AR vom 24. Mai 1965; Tschirky, Karl: Wilhelm Meier. St. Gallen 1960, KST-Jahresbericht 1924/25

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Hans Arnold Zeller *1897 in Waldstatt AR gest. 1983 inTeufenAR

Hans Zeller schloss an seine Aus­ bildung als Stickereientwerfer eine künstlerische Ausbildung an und studierte von 1 920-22 an der Ecole des Beaux Arts in Genf und in Paris. Zahlreiche Studien­ reisen brachten den Appenzeller Maler nach Italien, Frankreich, Spanien, München und London, bevor er sich 1924 in Herisau niederliess. Ab 1947 lebte Hans Zeller in Teufen. In seinen Bildern und Zeichnungen hielt er haupt­ sachlich seine Umgebung fest: Die Porträts zeigen Appenzeller Typen seiner Zeit: Bauern, Sen­ nen, Stickerinnen oder Landsge­ meindeteilnehmer. Ebenso stammen seine Land­ schaftsbilder hauptsächlich aus dem Appenzellerland. Die beiden Ölbilder im Besitz der Kantons­ schule stammen aus der Herisau­ er Zeit des Künstlers. Sie zeigen den Blick auf das Dorf Schwell­ brunn mit dem im hellen Hinter­ grund nur noch als Silhouette zu erkennenden Säntis. Im zweiten Bild wölbt sich unter einem fast weissen die Bildfläche einneh­ menden Himmel der Hügel der Hochalp. Dahinter schweift der Blick weiter über den Alpstein. Ein weiteres Landschaftsbild in Öl von Zeller, «Einsamer Weg» (1925), befindet sich im Besitz des Kunstmuseums St.Gallen.

Blick von der Hochalp, 1931 Öl auf Holz 45 x 55 cm Schwellbrunn mit Säntis, 1927 Öl auf Holz 32 x 40 cm

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Blick von der Hochalp, 1931, Öl auf Holz.

Literatur: Ausst. Kat. Kunstverein St.Gallen, Oktober 1926; Ausst. Kat. Kunstverein St.Gallen, Juni 1930; Ausst. Kat. Kunstverein St.Gallen, April 1938; Biographisches Lexikon der Schweizer Kunst, Hrsg. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft Zürich und Lausanne. Zürich 1998; Künstler-Lexikon der Schweiz XX. Jahrhundert. Hrsg. Verein zur Herausgabe des schweizerischen KünstlerLexikons (Redaktion Bd. 2 Hans Christoph Tavel), Frauenfeld 1963-1967; Schweizer Kunst 1933/34, S.50 mit Abb.

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KANTONSBAUTEN

Zur Betrachtung der Kantonsschulbauten Es ist unbestritten, dass die Aus­ einandersetzung mit der gebau­ ten Umwelt zu den wichtigen Themen der Gegenwart gehört. Wir leben in Dörfern und Sied­ lungen, Häusern und Räumen, die von Menschen gestaltet wurden. Diese baulichen Situa­ tionen verändern sich in immer rasanterem Tempo durch Neu­ bauten, Nutzungsanpassungen oder Konstruktionsoptimie­ rungen, aber auch durch neue Materialanwendungen. Alles Gebaute prägt nicht nur unsere Landschaft, sondern beeinflusst darüber hinaus täglich unsere Empfindungen, unser menschli­ ches Wohlbefinden. Oft fragen wir uns, warum wir uns gerade in diesem Haus oder an jenem Platz besonders wohl fühlen. Es würde sich deshalb lohnen, sich mit der Architektur seiner Um­ gebung auseinander zu setzen, die Gebäude differenziert zu be­ trachten, den Ort und die jewei­ lige Entstehungsgeschichte der Bauten zu erkunden. Die bauli­ che Entstehungsgeschichte mit den Objektbeschreibungen soll helfen, sich mit den Bauten der Kantonsschule Trogen vertraut zu machen.

Ort Ohne die geschichtliche Entste­ hung zu kennen, ist nicht nach­ vollziehbar, warum die Kantons­

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schule Appenzell Ausserrhoden am Nordhang von Trogen gebaut wurde. Wie jedes Gebäude Aus­ druck seiner Zeit ist und den Ge­ staltungswillen der Persönlichkeit des Entscheidungsträgers zeigt, so verhält es sich auch mit der Standortwahl. Für eine Stadt­ gründung in einer Flussbiegung oder die Burg-Errichtung war z.B. der strategisch wichtige Ort ausschlaggebend. Als 1820 der Philanthrop Johann Caspar Zell­ weger-Gessner mit einigen Ge­ sinnungsfreunden eine höhere Privatschule gründete, standen ihnen nicht beliebig viele Mög­ lichkeiten offen. Die durch Lein­ wandhandel reich gewordene Familie Zellweger hatte in Trogen für ihre Wohn- und Geschäfts­ zwecke diverse Bauten erstellt. Eines dieser Gebäude, das als Arbeiterbehausung der nahege­ legenen Spinnerei 1804 erbaute heutige «Alte Konvikt», konnte der Gründer aber für seine Schule zur Verfügung stellen. Nicht die Erreichbarkeit, die Orientierung, die Besonnung oder Entwick­ lungs- und Erweiterungsmöglich­ keit waren also für den Standort der heutigen Kantonsschule aus­ schlaggebend, sondern die Mög­ lichkeit und der Wille des priva­ ten Entscheidungsträgers Johann Caspar Zellweger.

Konstruktion und die angestreb­ te Gestalt und somit den entspre­ chenden Charakter. Der Umfang der gewünschten Nutzung er­ zeugt die Grösse der Baute. Um beim «Geburtshaus» der Kan­ tonsschuIe zu bleiben, hier hat­ te die ehemalige Nutzung einen erheblichen Einfluss sowohl auf die Konstruktion und Gestalt als auch auf die Zugänglichkeit und die Funktionsanordnungen. Im Laufe der Zeit ist das ehemalige Arbeiterwohnhaus mehrmals ge­ änderten Nutzungsbedürfnissen angepasst worden. Dank sorg­ fältiger Planung und gebäude­ gerechten Eingriffen haben sich Gestalt, Konstruktion und Cha­ rakter trotzdem erhalten. Auch die übrigen Schulbauten werden sich immer wieder den geänder­ ten Bedürfnissen anpassen müs­ sen. Wichtig ist, diese Nutzungs­ änderungen gebäudeverträglich zu realisieren, um die Eigenart der jeweiligen Bauten nicht zu zerstören. Dank diesem sorgfäl­ tigen Umgang mit der Bausubs­ tanz ist noch heute die bauliche Entstehungs- und Erweiterungs­ geschichte der Kantonsschule gut ablesbar. Die Gebäudetypen sind Ausdruck ihrer jeweiligen Nutzung und des herrsehenden Zeitgeistes. Diese Verschieden­ artigkeit trotz gleicher Nutzung gibt heute der Kantonsschule ihr spezielles Gepräge.

Nutzung Die Art der vorgesehenen Nut­ zung einer Baute bestimmt in wei­ ten Teilen die verwendete

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Konstruktion

Gestalt

Das Konstruieren meint das Zu­ sammenfügen von Bauteilen zu einem Bauwerk. Dies steht in engem Zusammenhang mit der Nutzung und der architek­ tonischen Gestaltungsabsicht. Das Resultat ist abhängig vom jeweiligen Wissensstand des Planers und der Fertigkeit der Handwerker. Die Art Häuser zu konstruieren hat sich laufend weiterentwickelt, verfeinert, dem neusten technischen Stand und der Mode angepasst. Die frühe­ re Bautradition war von Können durch Erfahrung und Überliefe­ rung der Handwerker geprägt. Unzählige neue Baumaterialien und Verarbeitungsmethoden sind dazugekommen. Das Tem­ po der Entwicklung lässt kaum Zeit, aus Erfahrungen zu lernen. Dies prägt und gestaltet die Bau­ ten heute und zeigt, wie rasch sich die Konstruktion, das Zu­ sammenfügen von immer neuen Bauteilen, ändert. An der Kan­ tonsschule ist diese konstruktive und technische Entwicklung an den Gebäuden gut ablesbar.

Beim Betrachten der Kantons­ schulanlage fällt die Vielfalt der Gestaltung der Bauten auf. Heu­ te stehen sie für eine kleine Ar­ chitekturgeschichte im Ablauf der Zeit. Die Gestaltung der Bau­ ten zeigt, wie vielfältig die Hal­ tung und die Denkansätze der Architekten und Bauherrschaften sind und waren. In Abhängig­ keit von der Konstruktion und den materiellen Möglichkeiten waren im 19. Jahrhundert die Baustile keinem raschen Wandel unterworfen. Nach dem zweiten Weltkrieg veränderte sich die Gestalt der Architektur in immer kürzeren Abständen. Mehrere Architekturströmungen existie­ ren seither nebeneinander, wo­ bei die Qualität der gewählten Lösung als Konstante zu gelten hat. Heute muss jedes Gebäude an sich selbst gemessen werden. Die mit der Gestalt gemachte Aussage muss auf ihre Qualität und Richtigkeit in Bezug auf Nut­ zung und Konstruktion am ge­ bauten Ort untersucht werden. Eine spannende Arbeit für den aufmerksamen Betrachter unse­ rer gebauten Umwelt. Wie in der Kunst sind die Qualitäten der Architektur nur über die Ausein­ andersetzung mit dem Thema zu ergründen.

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ENTSTEHUNGSUND BAUGESCHICHTE DER KANTONSSCHULE

«Altes Konvikt und neues Schulhaus»; Kantonsbibliothek App. A. Rh. Trogen Bildersammlung

Die bauliche Entwicklung zeigt die politische Entstehung und Entwicklung der Kantonsschule in Trogen auf. Die heutige Ge­ samtanlage ist das Resultat die­ ser einzigartigen, 180-jährigen Baugeschichte.

Im Februar 1822 beschloss der Grosse Rat des Kantons Appen­ zell Ausserrhoden die bereits vor einem Jahr gegründete «Lehrund Erziehungsanstalt für Söhne der gebildeten Stände» unter sei­ nen Schutz zu nehmen. Das von Johann Caspar Zellweger zur Gründung der Kantonsschule geschenkte Gebäude mit Um­ schwung, das heutige Alte Kon­ vikt, bildete somit den räumlichen Start für die neue Lehranstalt.

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Das erste Schulgebäude war 1804 als Arbeiterwohnhaus der Zellwegerschen Spinnerei am nördlichen Abhang unter dem Dorfkern von Trogen erstellt worden. Als 1821 der Schulbetrieb an der höheren Privatschule aufgenommen wurde, war es noch versehen mit einem Scheunenbereich im östlichen Gebäudeteil. In einer ersten Bauetappe wurde dieser Bereich in Schulraum umgebaut, und ab 1865 diente das gesamte Gebäude als Konvikt. Weitere Zwischennutzungen wie Sitzungszimmer, Musikzimmer, Schülerarbeitsräume usw. folgten, bis es 1997 zum Schulleitungszentrum mit Hauswartwohnungen ausgebaut wurde. Das längliche Gebäude hat ein Bollenstein-Kellermauerwerk und eine geschindelte Strickkonstruktion. Es wird von einem kielbogigen Satteldach in Traufstellung abgeschlossen. Die schön gestaltete handwerkliche Detailausführung der Spenglerarbeit, der Gauben, der Schindelfassaden und Fenster sind bei der Restauration erneuert worden. Obwohl die Nutzung der Räume mehrfach änderte und wesentliche Erneuerungen stattfanden, ist die Gestalt sowie die Materialund Raumqualität dieses Wohnhauses erhalten geblieben.

Altes Konvikt Lithographie, um 1826, von Jakob Laurez Gsell (Kantonsbibliothek App. A. Rh. Trogen Bildersammlung

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Die Lehranstalt wurde 1825 zur «Kantonsschule» erhoben, trotz­ dem wurde sie weiterhin finan­ ziell von der Gemeinde Trogen getragen. Um 1829 erfolgte der Ausbau des östlichen Gebäude­ teils der nicht mehr genutzten Remise in Schulraum. Im Zusam­ menhang mit der Aufhebung des Stallteils beim Alten Konvikt ent­ stand um 1837 ein Instituts-Sta­ del, der heutige Olymp.

das Erweiterungsgesuch 1863 vom Kantonsrat mit 5 Stimmen über dem absoluten Mehr ange­ nommen. Am Erschliessungssträsschen östlich vom «Geburtshaus» der Kantonsschule entstand somit das erste eigentliche Kantonsschulhaus. (Bild nächste Seite) Mit dieser Gebäudestellung wurde der gefasste Aussenraum zwischen Hang und den zwei ersten Bauten vergrössert. Das Raumprogramm mit den symmetrisch angeordneten Klassenzimmern und einem zentralen Treppenhaus deckte das dringend notwendige Nutzungsbedürfnis ab. Baumeister Daniel Oertli erbaute das dreigeschossige Steingebäude nach Plänen des Architekten Christoph Kunkler. Die Konstruktionsart mit gemauerten Fassaden und Holzbalkendecken entspricht der Bauart der öffentlichen Gebäude jener Zeit. Die Fassadengestaltung mit Betonung der Symmetrieachse durch Portal und darüber angeordneten Drillingsfenstern zeigt die innere Nutzungsorganisation. Das klassizistische Gebäude wird durch ein Walmdach abgeschlossen.

Instituts-Stadel Kantonsbibliothek App. A. Rh. Trogen Bildersammlung

Auch in St.Gallen führte erst eine intensive politische Auseinander­ setzung 1856 zur Gründung der ersten überkonfessionellen Kan­ tonsschule. Trotz dieser reifenden Erkenntnis der Notwendigkeit ei­ ner höheren Schulbildung schei­ terte 1859 ein Vorstoss für eine weitere Konsolidierung und Bau­ erweiterung deAppenzellischen Kantonsschule am Widerstand der Landesschulkommission. Erst als sich die Gemeinde Trogen mit finanzieller Unterstützung durch Schulfreunde und Bewohner ver­ pflichtete ein neues Kantonsschulgebäude zu bauen, wurde

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Neues Kantonsschulgebäude erbaut 1865, Fotografie um 1900 Kantonsbibliothek App. A. Rh. Trogen Bildersammlung

Bei der feierlichen Einweihung im August 1865 sprach der Pfar­ rer von Trogen im Namen der Gemeinde und erinnerte den hochgeachteten Landammann und die hochgeachteten Herren daran, dass die Schule zu einer «dem Staate angehörenden Un­ terrichts- und Erziehungsanstalt für Knaben» geworden sei. Die Geschichte zeigte trotz dieser verbalen Ermahnung, dass auch die nächsten baulichen Ausbau­ schritte auf privater Initiative ba­ sierten. Der damalige Kantons­ schuldirektor August Meier liess

auf seine Kosten im heutigen Olymp vier heizbare Schlafzim­ mer ausbauen. In einem weiteren Schritt entschloss er sich 1886 sogar, einen selbstfi­ nanzierten Neubau, «das Studio», zu errich­ ten. Der Neubau bot Platz für einen Studiensaal für die Pensi­ onäre sowie ein Klassenzimmer für die neu eingeführte 6. Klasse. Dieser private Erweiterungsbau wurde erst 1895 vom Staat er­ worben und 1977 zu Gunsten eines Neubaus abgebrochen.

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Die weiter steigenden Schüler­ zahlen führten rasch wieder zu Raumnot. Ohne aber konkret eine Erweiterung vorzuschlagen, hielt der Kanton im Rechen­ schaftsbericht für das Amtsjahr 1886/87 fest, dass die Erstellung einer Turnhalle sich je länger, je mehr als Bedürfnis herausge­ stellt hätte. Auch die Staatswirt­ schaftliche Kommission wies in den Jahren 1911-1919 in ihren Berichten immer wieder auf den chronischen Raummangel hin. So musste sogar das Lehrerzimmer für den Unterricht belegt und das Rektoratszimmer für Zwecke des Studiums genutzt werden. Die Schulleitung sah sich von 19151931 genötigt, wenigstens den Zeichnungssaal in das Privathaus der Familie Zellweger, den Fünf­ eckpalast, zu verlegen.

Neubau Studium Die Kantonsschule Trogen mit dem 1886 erbauten Studium» links; Öldruck von Adolf Honegger, Schreib- und Zeichenlehrer an der Kantonsschule 1876-1891; Kantonsbibliothek App. A. Rh. Trogen Bildersammlung

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Erst zuhanden der Landsge­ meinde 1920 legte der Kanton eine erste grundsätzliche Kan­ tonsschulerweiterung vor. Das Siegerprojekt Ziegler & Balmer, St.Gallen­ ­ , aus einem Wettbe­ werb unter sieben Fachleuten hervorgegangen, überzeugte die Verantwortlichen durch eine gute innere Organisation. In der Landsgemeindevorlage wur­ de aber vor allem auf den star­ ken inneren Ausbau der Schule, die gute Qualität der Lehrkräfte und der Leitung, aber auch auf die Lage auf dem Lande mit rei­ ner Luft und reichlich Sonnen­ schein, fern vom Getriebe der Städte, hingewiesen. Obwohl die Gemeinde Trogen und der Bund fast die Hälfte der Kosten übernommen hätten, lehnte der Souverän an der Landsgemeinde nach dreimaligem Mehren ab. Im Jahr nach dieser kantonalen Ab­ lehnung wurde die Initiative zur Gründung eines Baufonds ergrif­ fen. Die Gemeinde leistete dafür eine einmalige Zuwendung von Fr. 100‘OQO.-, wobei folgende zwei Bedingungen zu erfüllen waren: Der zu erstellende Neu­ bau musste innert 10 Jahren be­ gonnen werden und der gültige jährliche Betriebsbeitrag durfte in dieser Zeit nicht erhöht werden. Trotzdem war es wieder private Initiative, die zur dringend nöti­ gen Raumverbesserung an der Kantonsschule verhalf. In Erfül­ lung eines Wunsches des verstor­ benen Joseph Fenkart wurde der Kantonsschule eine

Turnhalle auf dem Fenkart-Gut geschenkt. Der Kanton hatte nur für die Errichtung des Bau und Spielplatzes aufzukommen, was er auch oppositionslos leistete. Bedingt durch die Eigentums Verhältnisse der Schenkerfami­ lie befand sich der Bauplatz der TurnhaIIe etwas weiter entfernt von den ersten Kantonsschul­ gebäuden. Hier ermöglichte es aber die Topografie auch, ohne allzu grosse Erdbewegungen ei­ nen Aussenplatz zu erstellen. Die Nutzung der Turnhalle be­ stimmte die Grösse und Formge­ bung. Vom stirnseitig gegen das Strässchen gelegenen Eingang erreicht man über eine Vorzone den eigentlichen Turnraum. An den Vorraum angrenzend sind das Lehrerzimmer und der Ma­ terialraum. Darüber befindet sich ein Zuschauerraum, von wo aus die Aktivitäten in der Halle mit­ verfolgt werden können. Im Un­ tergeschoss sind neben dem Abstellraum für Aussengeräte einfachste Garderoben unterge­ bracht. Die Unterkellerung und die Möblierung wurden vom Kantonsschulverein finanziert. Die Balkendecke über dem Kel­ ler gewährleistet eine dem Turn­ betrieb nützliche Elastizität. Der Dachraum als Stau- und Lager­ raum ist über eine Deckenklappe erschlossen. Die fünf regelmäs­ sig verteilten hohen Fenster auf beiden Längsselten geben einen Hinweis auf die Hallennutzung.

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Turnhalle Fenkart-Gut, heutige Alte Turnhalle

Die Ausbildung von Ecklisenen, das Walmdach und die Aus­ bildung des Einganges prägen den gemauerten Hallenbau als öffentliches Gebäude. Bei der Gesamtsanierung von 1991 konnten die baulichen Qualitä­ ten erhalten werden. Im Keller­ geschoss wurden den heutigen Bedürfnissen gerecht werdende Garderoben- und Duschräu­ me eingebaut sowie eine neue Heizung und ein Fitnessraum integriert. Die Halle, heute nur noch als Gymnastikhalle genutzt, wurde aufgefrischt. Decken und Wände wurden innen isoliert und die Installationen angepasst.

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Rotes Schulhaus

Die Raumverhältnisse in den be­ stehenden Schulbauten nahmen in der Zwischenzeit so prekäre Formen an, dass auch Mittagsund Abendstunden für den Un­ terricht verwendet werden muss­ ten. Im Jahre 1928 beauftragte der Regierungsrat den Architek­ ten Hans Balmer, einen allfälli­ gen Umbau des Honnerlagschen Doppelpalastes sowie sein erst­ prämiertes Bauprojekt von 1919 nochmals kostenmässig zu prü­ fen. Die Landsgemeinde vom April 1930 stimmte mit überwäl­ tigendem Mehr dem Neubau im Sinne des Projekts Ziegler & Bal­ mer, St.Gallen, zu. Somit konnten die Bauarbeiten am heutigen Roten Schulhaus noch im August 1930 fristge­

recht begonnen werden. Nach nur vier Monaten erfolgte das Aufrichten des Dachstuhls, be­ reits im Oktober des folgenden Jahres stand der Bau zum Bezug bereit.

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Das überarbeitete Siegerprojekt des früheren Wettbewerbes wurde im Jurybericht auch aufgrund seiner wohlüberlegten Stellung in Bezug auf die bestehenden Gebäude gewürdigt. Das rechtwinklig zum Hang- und Strassenverlauf angeordnete Bauvolumen gibt der Häusergruppe Halt. Auch der Aussenraum wird durch diese Anordnung des Gebäudevolumens gegliedert. Zusätzlich konnten mit dieser Ausrichtung des Gebäudes alle Schulräume gegen Südwesten orientiert werden. Im Eingangsgeschoss sind Lehrerzimmer, Werkstatt, Abstellraum und WC-Räume angeordnet. Die zwei gleichartigen Obergeschosse beherbergen die Klassen- und Vorbereitungszimmer. Im Dachraum war der Zeichnungssaal mit Nebenräumen untergebracht. Für den Bau wurden nur bewährte und solide Baumaterialien verwendet, was heute noch am augenfälligsten an den geschliffenen Kunststein-Türrahmen und schmiedeisernen Garderobe- Gestellen sichtbar ist. Über dem Betonunterbau sind die Obergeschosse in Backsteinmauerwerk mit Zwischendecken aus armiertem Beton und Ripphölzern mit Schlackenfüllung für eine bessere Schallisolation ausgeführt. Als Zeuge einer Zeit grösster wirtschaftlicher Krise ist das Äussere ohne modische Formgebung ein Resultat der gewählten Konstruktion. Die Einzelfenster ermöglichten einfachere Vorfenster,

Rotes Schulhaus Kantonsbibliothek App. A. Rh. Trogen Bildersammlung

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Ein enormer Druck nach Schulraum führte zum Projekt, rechtwinklig zum Roten Schulhaus einen Annexbau zu erstellen. Der Zweckbau südlich des Erschliessungssträsschens beherbergt sechs Klassen- und drei Vorbereitungszimmer. Die Verbindung zwischen Annex-Gebäude und Hauptbau ist mit einem grossen Dach sichergestellt und dient als Pausenhalle. Entsprechend dem Zeitgeist des Neuen Bauens konstruierte der Architekt Heinrich Naef, Speicher, den Bau als kompakten rechteckigen Betonskelettbau mit Flachdach. Die Ausrichtung der Schulzimmer nach Norden (schöne Aussicht und keine Sonneneinstrahlung) und die Anordnung des Treppenhauses und des Gangbereiches im Süden (Pausenaufenthalt) prägen den ortsuntypischen Charakter. Die Gestalt erhält durch die rückspringende Sockelausbildung und die geschickte Rhythmisierung der Fenstereinteilung eine besondere Qualität Dass die schmalen Fensterelemente zu öffnen sind und die breiten Elemente geschlossen bleiben, ist eine formale und konstruktive Optimierung, ein Element des Neuen Bauens.

als dies Reihenfenster ergeben hätten. Das dem Neuen Bauen verpflichtete Flachdach wurde zu Gunsten eines Walmdaches. das appenzellischen Zimmerleu­ ten Arbeit gab und in den Dach­ schrägen Nebenräume schuf, verwarfen. Trotzdem ist es gelun­ gen, mit all diesen Gestaltungs­ einschränkungen ein stimmiges Ganzes zu formen und mit der speziellen Farbgebung der Fassa­ de und der Regelmässigkeit der Fensteranordnung das Gebäude prägnant und ruhig wirken zu lassen.

Schon nach weiteren 30 Jahren • musste der Rektor in seinem Jah­ resbericht auf die bis aufs Letzte ausgenützten Räume aufmerk­ sam machen. Durch den wirt­ schaftlichen Aufschwung nach dem zweiten Weltkrieg stieg auch das Bedürfnis nach intensi­ verer und besserer Schulbildung. Ohne Gegenstimme beschloss­ der Kantonsrat 1961 die Ausar­ beitung der Baupläne und des detaillierten Kostenvoranschlags für einen Ergänzungsbau. Im folgenden Jahr genehmigte die Landsgemeinde einen Baukredit für einen Annexbau des Archi­ tekten Heinrich Naef, Speicher.

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Rotes Schulhaus Foto Gross, St.Gallen

Aufstockung des Annex Ende der 80-er Jahre

Mit der Aufstockung um ein Geschoss mit Walmdach sollten zwei Aufgaben gleichzeitig ge­ löst werden. Die Sanierung des Flachdaches und eine möglichst grosse räumliche Erweiterung.

stockung vor, die den Charakter des Gebäudes stark veränderte. Dieser Schritt wurde mit der Nut­ zungserweiterung im Dachraum (Bibliotheksraum) und der Inte­ gration in die Walmdach-Land­ schaft der bestehenden Anlage begründet. Leider ging damit ein Zeitzeuge der 60-iger Jahre ver­ loren.

Der Architekt, der rund 25 Jahre früher den Erweiterungsbau rea­ lisiert hatte, schlug nun eine Auf­

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Mit der Aufnahme des Schul­ betriebs im neuen Gebäude im Jahr 1963 wurde klar, dass das alte Schulgebäude von 1865 ei­ ner Erneuerung bedurfte. Der Architekt Hans Ulrich Hohl, Heri­ sau, präsentierte ein Projekt mit einem nördlich vorspringenden Anbau, in dem nebst Sanitärräu­ men auch zwei Schulräume und das Sprachlabor untergebracht werden konnten. Das Kredit­ begehren wurde problemlos genehmigt und die vorgesehe­ nen Bauarbeiten in den Jahren 1968/69 durchgeführt. Die Aussage bei der Erweiterung, dass sie den Bedürfnissen der Kantonsschule für längere Zeit genüge, stimmte nur bedingt. Bereits kurz darauf lag der An­ trag für eine neue Raumerwei­ terung vor. Die Einwilligung zur Schaffung weiteren Schulraums wollte die Regierung aber auf ei­ ner Studie über die Entwicklung des Mittelschulwesens im Kan­ ton abgestützt haben. Aus dem eingeforderten Gutach­ ten des Soziologen Ren6 Riesen ergab sich die Schlussfolgerung, dass die Kantonsschule ohne Pensionäre und Pendler als staat­ liche Mittelschule nicht lebens­ fähig sei. Der Landsgemeinde 1972 wurde daraufhin ein neues Konviktgebäude von Hans Ulrich Hohl, Herisau, das aus einem Projektwettbewerb mit 5 Archi­ tekten als Siegerprojekt hervor­ gegangen war, vorgelegt. Trotz einstimmiger Empfehlung des Kantonsrates lehnte der Souve­

rän die Vorlage deutlich ab. Die nach der Ablehnung vom Re­ gierungsrat eingesetzte Spezial­ kommission kam zu den gleichen Schlüssen, dass eine Erweiterung vor allem mit einem neuen Kon­ viktgebäude nötig sei. Die Idee, als betriebliche Ratio­ nalisierungsmöglichkeit ein für Knaben und Mädchen gemein­ sames Konvikt zu führen, wurde fallengelassen und nur noch ein Knaben-Konvikt nach Vorschlag des Architekten Max Rohner, He­ risau, vorgeschlagen.

Knaben-Konvikt Der Standort für das neue Konviktgebäude, zwischen Altem Konvikt und südwestlich davon gelegenem Olymp, dem Standort des abgebrochenen Studiums, erzeugt eine neue Dichte im Kantonsschulareal. Das markante Bauvolumen schliesst den Schulplatz beim Alten Konvikt gegen Westen ab. Das nördliche Strässchen, der Fussweg nach Speicher, dient als Zufahrt zur Anlieferung für Küche, Wäscherei und Garagen. Im Hauptgeschoss mit ebenerdigem Zugang vom Schulhausplatz her ist die Mensa un-

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tergebracht. Die in der Planung vorgesehene Mehrfachverwendung und räumliche Flexibilität durch Raumuntertrennungen hat durch die zu sparsame Dimensionierung kaum je den erhofften Nutzen gebracht. Die zwei Obergeschosse beherbergen 16 Einerund 7 Doppelzimmer mit Etagenduschen und -WC. Die Konviktleiter-Wohnung mit separatem Besprechungszimmer befindet sich im Attikageschoss. Das Gebäude aus Backsteinwänden und Betondecken wird mit Flachdächern auf verschiedenen Niveaus abgeschlossen. Die Fassaden sind verputzt und die Fensterpartien mit Holz verkleidet. Der architektonische Ausdruck zeigt ein «Mehrzweckgebäude». Zur Verstärkung des Ausdrucks in Bezug auf die öffentliche Nutzung wird das Erdgeschoss mit Mensa und Haupteingang als Sockelbau über das Hauptvolumen hinausgestellt. Das grosse Volumen mit dem unregelmässigen Grundriss bildet eine nicht leicht erfassbare Form.

Mädchen-Konvikt am Dorfplatz

die Landsgemeindemänner der Vorläge mit grossem Mehr zu­ gestimmt. Der Bau, an der Stel­ le des von Direktor Meier 1886 errichteten Studios, konnte be­ reits nach zwei Jahren bezogen werden. Im Zusammenhang mit der Realisierung dieses Gebäu­ des wurde erstmals in der Um­ gebungsgestaltung zwischen Bereichen für Fussgänger und Fahrverkehr klar unterschieden. Für Autos und Fahrräder erstellte man beim östlichen Arealzugang Abstellplätze. Bereits 1983 musste aufgrund der noch immer prekären Raum­ Verhältnisse erneut eine Pla­ nungskommission eingesetzt werden.

Das seit 1968 dem Kanton grosszügigerweise vom Kan­ tonsschulverein zur Verfügung gestellte Mädchen-Konvikt am Dorfplatz sollte beibehalten wer­ den. Obwohl die Baukosten für ein Konvikt nur für Knaben kaum 10% günstiger waren, haben

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bau trägt das Holzfachwerk das leicht wirkende Metalldach. Ein verglastes, über die ganze Hallenlänge reichendes Oberlicht trägt viel zur optimalen Ausleuchtung/ Beleuchtung durch Naturlicht bei. Innen ist die Halle mit bespielbaren Sperrholzplatten verkleidet. Das äussere Regenkleid der Halle ist ein hellblauer Eternitschirm, der dazu beiträgt, das grosse Volumen kleiner erscheinen zu lassen. Die verputzten Vorbauten vermitteln mit ihrer

Nebst dem Bau einer Doppel­ Sporthalle sollten auch die beste­ henden Schul-, Verwaltungs- und Aufenthaltsräume erweitert wer­ den. Die dringendsten Bedürf­ nisse, eine Sporthalle nach dem Projekt der Architekten Kempter & Affolter, St.Gallen/Trogen, die Aufstockung des Annexbaus vom Architekten Naef sowie die Sanierung der Alten Turnhalle wurden 1987 von der Landsge­ meinde mit grossem Mehr ange­ nommen.

Sporthalle Die neue Sporthalle gibt dem Sportareal, das vom eigentlichen Schulareal getrennt ist, ein neues Schwergewicht. Die parallele Stellung zur alten Halle fasst den Hartplatz und leitet den Besucher zum grossen Rasenspielfeld. In der ersten Raumschicht der Vorbauten sind Garderoben und Theoriezimmer untergebracht. Die Sporthalle kann mittels Hubwand in zwei Hallen unterteilt werden. Über dem Betonskelett-

Gliederung und Grösse zwischen Hallenvolumen und menschlichem Massstab. Der zentrale Eingang mit seiner Vordach-lnstrumentierung sowie die Aufteilung der Stirnfassade zeigen Architekturelemente der postmodernen Planungszeit.

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gestellt. Zur Gliederung des Volumens und vor allem, um auch dem Nordzimmer Südlicht zukommen zu lassen, ist der Gangbereich flach abgedeckt. Die Klassenräume erhalten durch das Pultdach zusätzliches Luftvolumen. Mit der gestrichenen Holzfassade, dem Well-Eternitdach und den zum Band angeordneten Einzelfenstern ist leicht erkennbar, dass es ein Pavillon ist. Durch die sorgfältige Ausführung und geschickte Platzierung ist dieses Provisorium beim Nutzer sehr beliebt und könnte zur festen Einrichtung werden.

Für die Lösungsfindung der wei­ teren Raumbedürfnisse geneh­ migte das Parlament einen Kredit zur Durchführung eines Architek­ turwettbewerbs, der als Grundla­ ge für die weiteren Ausbauetap­ pen dienen sollte. Aus den 15 vorgelegten Projek­ ten wählte die Jury das Projekt «Arche» des Architekten Emil Isoz, Rehetobel. Die vorgeschla­ gene Erweiterung bestand neben der Sanierung und Nutzungs­ verbesserung der bestehenden Bauten im Wesentlichen aus ei­ nem Schulhausneubau (Arche) und einem Mehrzweckgebäude. Gleichzeitig mit dem Projektie­ rungskredit für diese erhebliche Vergrösserung des Raumange­ botes der Schule bewilligte der Kantonsrat im Juni 1989 oppo­ sitionslos auch einen Ausfüh­ rungskredit für einen zusätzli­ chen Pavillon westlich des Roten Schulhauses. Damit sollte rasch der herrschenden Raumnot ent­ gegengewirkt werden. Hinter dem Roten Schulhaus am westlichen Ende der Schulanlage steht der Pavillon als mittelfristiges Schulraumprovisorium. Das Gebäudevolumen berücksichtigt mit seiner abgedrehten Stellung die Nähe zum Nachbargebäude und steht rechtwinklig zum Erschliessungssträsschen. Der Bau beherbergt zwei Schulzimmer, den Zugang und die nötigen WC-Anlagen. Entsprechend seinem Nutzungsziel ist er als Elementbau in Holz konstruiert und auf kleine Einzelfundamente

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Arche

An der Landsgemeinde von 1992 in Trogen stimmte das Volk auf Antrag von Kantons- und Regie­ rungsrat nicht nur dem Ausfüh­ rungskredit mit Gesamtanlage­ kosten von ca. 23 Mio. Franken zu, sondern genehmigte auch über 1 Mio. Franken Zusatz­ kosten für umweltfreundliehe Massnahmen im Energiebereich. Die Ausführung dieses bisher umfassendsten räumlichen Er­ weiterungs- und Sanierungs-Pro­ jekts erfolgte unter der Leitung des Kantonalen Hochbauamtes in verschiedenen Bauetappen. Während der ganzen Zeit muss­ te der Schulbetrieb aufrecht er­ halten werden. Als erster Schritt

dieser baulichen Erweiterung wurden mit der Realisierung des Schulhaus-Neubaus Arche zu­ sätzliche Schulzimmer geschaf­ fen.

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Der grosse Baukörper gegenüber den beiden Schulgebäuden aus der Gründerzeit der Schule fasst die Einzelbauten zu einem einheitlichen Ganzen zusammen und gibt der Kantonsschulanlage ein städtisches Gepräge. Das Gebäude interpretiert mit der gebogenen Fassade geschickt den gleichlaufenden, steilen Nordhang. Mit der grosszügigen Eingangssituation unmittelbar gegenüber der Durchsicht zwischen zwei Gebäuden nach Norden konnte ein natürliches Aussenraum-Zentrum geschaffen werden. Der Eingang mit Aufgangstreppe ist gleichzeitig ein interessanter Übergang ins Gebäudeinnere. Alle Klassenzimmer sind nach Süden orientiert, die temperaturempfindlichen Musikzimmer mit grossen Aussichtsfenstern nach Norden ausgerichtet Eine besondere Raum-

qualität bietet die vielschichtige Erschliessungszone. Die freie und grosszügige Form entspricht ihrer vielfältigen Nutzung und ergibt einen stimmungsvollen und akustisch guten Innenraum. Die Konstruktion ist entsprechend der gekrümmten Formgebung mit Betonwänden und -decken ausgebildet. Für die Aussenreinigung der grossen Südfenster dient der auf der ganzen Fassadenlänge vorgestellte Putzbalkon. Die FassadenVerkleidung mit Sandsteinplatten nimmt den Bezug zu den Steinpalästen der Gründerfamilie am Dorfplatz auf. Die Farbgebung ist bei allen Konstruktionselementen materialgegeben. Die Sichtbarkeit der Materialien und der Konstruktionsart prägt die gewählte Architektursprache und vermittelt zwischen den alten Bauten und dem grossen Neubau.

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Der jüngste Erweiterungsbau bildet den Auftakt der Gesamtanlage von Osten. Durch seine Stellung entsteht eine Portal-Situation, die das Erschliessungssträsschen vom verkehrsfreien Schulhof trennt. Die gebogene Südfassade des neuen Gebäudes interpretiert die Form des natürlichen Abhanges und nimmt die Formsprache der klar übergeordneten Nordfassade der Arche auf, was die beiden Volumen geschickt miteinander verbindet. Erst wenn dieses AussenraumPortal durchschritten ist, gelangt man zum Gebäudeeingang auf der Westseite. Die stockwerk­ übergreifende Verglasung gibt einen Blick auf die Nutzung der Baute frei. Im Erdgeschoss befinden sich Foyer und Saal, im Obergeschoss die Mediothek. Die Gebäudegliederung erlaubt einen Hinweis auf die Konstruktion. Der Saalteil ist mit Holzträgern konstruiert. Der Vorbau mit Eingang und Mediothek ist gemauert und betoniert. Das Flachdach kann dank Begrünung eine Regenwasser-Retention bewirken. Die Fassadenverkleidung aus Schiefer zeichnet mit einem Naturmaterial den Holzbau nach, der gemauerte Fassadenteil ist verputzt und vermittelt in seiner Helligkeit zu den Nachbargebäuden. Ursprünglich war der Bau grösser und mit gleicher Materialisierung wie das Schulhaus Arche vorgesehen. Die zeitliche Etappierung dieser zwei gleichzeitig bewilligten Bauten führte

Anschliessend erneuerte man das Alte Konvikt, das zum Schullei­ tungs-Zentrum wurde. Mit einem Korrekturantrag genehmigte der Regierungsrat eine wesentlich umfangreichere Sanierung des Roten Schulhauses, um die In­ frastruktur für die naturkundli­ chen Wahl- und Pflichtfächer der in der Zwischenzeit geänderten Maturitätsverordnung anpassen zu können. Als letzte Etappe, mit Baubeginn im Jahre 1999, wur­ de das Mehrzweckgebäude im Sommer 2001 dem Betrieb über­ geben.

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in der inzwischen herrschenden Rezession zum heutigen Resultat in Materialisierung und Volumen. Das Gebäude zeigt gleich seinen Vorgängern exemplarisch, wie Jedes Bauwerk in Konstruktion und Architektur immer Ausdruck seiner Zeit ist. Die erneuerte und erweiterte Gesamtanlage bildet mit ihren zeittypischen Einzel bauten ein architekturgeschichtliches Abbild der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte unserer Kantonsschule. Ohne Wissen um diesen geschichtlichen Hintergrund können die Betrachtenden dem Ort und dem Konzept dieser Schulanläge aus Einzelbauten nicht gerecht werden. Otto Hugentobler, Kantonsbaumeister AR

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CHRONOLOGIE DER KANTONSSCHULE um 1650 Das spätere Mädchen Konvikt, Oberdorf Nr.43, wird als Geschäfts- und Wohnsitz für Conrad ZellwegerRechsteiner erstellt.

1804 Als Arbeiterbehausung der nahegelegenen Spinnerei wird das Alte Konvikt Nr.122 für Johann Caspar Zellweger-Gessner erstellt, dabei ist der Ostteil als Stall ausgebildet. nach 1804 Bau des Waschhauses Nr.122d, nicht genau datiert 1821 Gründung einer höhereN Privat­ schule durch den Philanthropen Johann Caspar Zellweger-Gessner und einige Gesinnungsfreunde in der ehemaligen Arbeiterbehausung sei­ ner Spinnerei

1822 Schenkung der Arbeiterbehausung mit Umschwung an den Kanton zur Gründüng einer Kantonsschule 1824 Genehmigung der Schenkungsurkunde von 1822 durch den Grossen Rat

1825 Erhebung des Instituts zur «Kantonsschule», obwohl die Schule finan­ ziell von der Gemeinde Trogen getragen wird

1829 Ausbau vom Stallteil im Alten Konvikt Nr. 122 zu neuem Schulraum

ca. bis 1837 Bau des Instituts-Stadels (heutiger Olymp Nr.122c) als Ersatz für den Stallteil beim Alten Konvikt

1859 Der Ausbau des Stalles im Olymp Nr.122c wird aus finanziellen Grün­ den abgewiesen.

1864 Durch Beschluss des Grossen Rates kommt die Schule zum ersten Mal unter das Patronat des Staates (auch finanziell).

1864/1865 Bau eines dreigeschossigen klassizistischen Steingebäudes mit Walmdach, des heutigen Alten Schulhauses Nr.122a, durch Baumeis­

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ter Daniel Oertli aus Herisau nach den Plänen von Architekt Joh, Chris­ toph Kunkler. Von der Gemeinde Trogen für ca. Fr. 40‘000gebaut und dem Kanton geschenkt.

1886 Herr Direktor Meier erstellt auf eigene Kosten das Studiumsgebäude Nr.122b. 1886/1887 Der Regierungsrat bestätigt das Bedürfnis zur Er­ stellung einer Turnhalle in seinem Rechenschaftsbericht.

1895 Durch Kauf wird das Studium-Gebäude Nr.122b vom Staat erworben.

1909 Im Schulgesetz des Kantons ist die Kantonsschule eine «Staatliche Un­ terrichts- und Erziehungsanstalt für Knaben und Jünglinge.» Soweit die Verhältnisse es zulassen, sollen auch Mädchen Aufnahme finden.

1911-1919 Die Staatswirtschaftliche Kommission weist immer wieder auf den chronischen Raummangel an der Kantonsschule hin.

1915 Wegen Platzmangels wird der Zeichnungsraum in den Fünfeckpalast am Dorfplatz in Trogen verlegt.

1919 Das Zeughaus wird vom Kantonsrat für eine Erweiterung der Kantons­ schule geprüft, aber zu Gunsten eines Neubaus fallengelassen.

1919 Der Kantonsrat genehmigt einen Kredit für die Durchführung einer Ideenkonkurrenz für den geplanten Ergänzungsbau.

1919 Als Sieger aus dem ProjektWettbewerb mit 5 Architekten geht das Projekt «Johannes Kepler» vom Architekturbüro Ziegler & Balmer, St. Gallen, hervor, Die Einsprache des zweitplatzierten Architekten, Herrn Kühn aus Herisau, gegen diesen Entscheid wird vom Regierungsrat abgelehnt.

1920 Obwohl der Kantonsrat einstimmig die Vorlage gutheisst, lehnt die

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Landsgemeinde das Vorhaben wuchtig ab.

1921 Gründung eines Baufonds für die Erweiterung der Kantonsschule durch den Kanton und die Gemeinde Trogen

1928 Die Familie Fenkart baut und schenkt der Kantonsschule die heutige Alte Turnhalle Nr.104a.

1928 Der Umbau des Honnerlagschen Doppelpalastes für die Kantonsschule wird geprüft, aber im Vergleich zum Neubauprojekt von 1919 als nicht geeignet beurteilt.

1930 Die Landsgemeinde genehmigt den Ausführungskredit für die Erstel­ lung eines Ergänzungsbaus, des heutigen Roten Schulhauses Nr. 122e, der Architekten Ziegler & Balmer, St. Gallen.

1930-1931 Kleiner Umbau des Studium-Gebäudes Nr.122b nach den Plänen der Architekten Ziegler & Balmer, St.Gallen

1931 Realisierung des heutigen Roten Schulhauses Nr.122e, wobei das Pro­ jekt von 1920 leicht abgeändert wurde

1949 Bau der Sternwarte Nr. 180b Thrüen im Baurecht auf dem Boden der Bürgergemeinde Trogen, Parzelle Nr.336

1949-1950 Erneuter Umbau des Studium-Gebäudes Nr,122b und Neubau der Ver­ bindungshalle nach Plänen von J. Waldburger, Architekt, Schwellbrunn

1954 Anbau eines Geräteraums an die heutige Alte Turnhalle Nr. 104a durch Herrn K. Schlosser, dipl. Architekt St.Gallen

1961 Ein Projektierungskredit für eine erneute Erweiterung der Kantons­ schule wird vom Regierungsrat bewilligt.

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1962 Der Ausführungskredit für den Bau des AnnexSchulhauses Nr.122f wird von der Landsgemeinde genehmigt.

1962/1963 Nach den Plänen von Heinrich Naef, Architekt Speicher, wird der Be­ tonbau mit Flachdach als eine gedeckte Pausenhalle als Verbindung zum Roten Schulhaus gebaut.

1967/1968 Als Geschenk vom Industrieverein an die Kantonsschule kann der Olymp Nr.122c durch das Architekturbüro Max Rohner, Architekt, ETH/ SIA, Herisau, umgebaut werden.

1968 Genehmigung des Ausführungskredits für den Anbau und die Renova­ tion des heutigen Alten Schulhauses Nr.122a durch die Landsgemeinde 1968/1969 Ausführung der Renovation und des Risalitanbaus an der Rückseite des heutigen Alten Schulhauses Nr.122a nach den Plänen des Architekturbüros Hans Ulrich Hohl, Architekt ETH/SIA, Herisau

1969 Sanierung der Sternwarte Nr.108b Thrüen nach Plänen der Stahlbau­ firma Ernst Scheer AG, Herisau

1971 Für den Projektwettbewerb «Ergängzungsbau eines Knaben- und MädchenKonviktes» werden 5 Architekten eingeladen; das Projekt des Architekturbüros Hans-Ulnch Hohl, Herisau, gewinnt,

1972 Obwohl der Kantonsrat einstimmig diesen Neubau gutheisst, lehnt die Landsgemeinde das Bauvorhaben ab

1977 Der Ausführungskredit für den Bau nur eines KnabenKonviktes (Mäd­ chen-Konvikt soll am Dorfplatz bleiben) wird von der Landsgemeinde bewilligt.

1977 Abbruch des von Direktor Meier 1886 erstellten Studium-Gebäudes Nr.122b 1977/1979 Der Bau des Knaben-Konviktes Nr.122b nach den

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Plänen des Architekturbüros Max Rohner, Architekt ETH/SIA, Heri­ sau,wird am Standort des ehemaligen Studium-Gebäudes erstellt.

1984 Der Regierungsrat genehmigt für die Ausarbeitung eines Raum- und­ Ausbaukonzeptes über die Erweiterung der Kantonsschule einen Pro­ jektierungskredit.

1985/1986 Das Architekturbüro Beat Affolter & Piet Kempter, Architekten ETH/ SIA, Trogen und St.Gallen, erstellen das Raum- und Ausbaukonzept als Grundlage für die zukünftige Erweiterung der Kantonsschule.

1986 Für die nötigen Standort-Untersuchungen der 1. Erweiterungsetappe bewilligt der Regierungsrat den Ausführungskredit.

1986 Für die 1.Erweiterungsetappe (beinhaltet Aufstockung des Annex-Ge­ bäudes. Neubau der Sporthalle und Umbau der Alten Turnhalle) wird der nötige Projektierungskredit durch den Kantonsrat gesprochen.

1986 Zur Durchführung eines Architekturwettbewerbs für die weiteren Raumbedürfnisse in der 2. Erweiterungsetappe genehmigt der Kan­ tonsrat den Kredit.

1987 Dem Baukredit für die 1. Erweiterungsetappe der Kantonsschule wird von der Landsgemeinde zugestimmt.

1987 Das Projekt «Arche» des Architekturbüros Loesch Isoz Benz, St.Gallen, geht aus dem Wettbewerb unter 16 Mitbewerbern für die 2. Erweite­ rungsetappe als Gewinner hervor,

1988/1989 Die Aufstockung des Annex-Schulhauses Nr.122f mit einem zusätzli­ chen Vollgeschoss und der im Walmdach eingebauten Bibliothek wird durch die Architektengemeinschaft Müller, Architekt Mörschwil, und Heinrich Naef, Architekt SIA, Speicher, realisiert.

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1988-1990 Das Architekturbüro, B. Affolter & P. Kempter, Architekten ETH/SIA, Trogen und St.Gallen, führen den Bau der Neuen Sporthalle mit den Aussenanlagen gemäss Landsgemeindeedikt aus

1989 Der Kantonsrat spricht für das Vorprojekt der 2. Erweiterungsetappe den nötigen Kredit.

1989 Für den Pavillon mit zwei Schulzimmern, welcher als Provisorium benö­ tigt wird, genehmigt der Kantonsrat den Ausführungskredit.

1989 Realisierung des Pavillons Nr.684 durch das Architekturbüro Schläpfer & Schweizer AG dipl. Architekten HTL, Trogen und Herisau

1990 Der Kantonsrat spricht für das Bauprojekt der 2. Erweiterungsetappe den Projektierungskredit.

1990/1991 Das Projekt «Sport» des Künstlers Roman Signer, als Sieger des Wett­ bewerbs für die künstlerische Gestaltung des Aussenraumes auf dem Sportareal, kann mit Hilfe von Stiftungsgeldern ausgeführt werden.

1991 Die Alte Turnhalle wird vom Architekturbüro B. Affolter & P. Kempter, SIA Architekten ETH, Trogen und St.Gallen, umgebaut.

1992 Die Landsgemeinde genehmigt den Ausführungskredit für das Neue Schulhaus und das Mehrzweckgebäude im Rahmen der 2. Erweite­ rungsetappe der Kantonsschule und spricht separat einen Ausfüh­ rungskredit für weitergehende Massnahmen zur optimalen Energie­ nutzung.

1992/1993 Die im Studienauftrag zur künstlerischen Gestaltung der Aussenräume ausgewählten Projekte «Garten» von Willi Kopf, Wien, «Grenzpunkte» von Anna-Maria Bauer, Zürich und «Ort der Orte» von Hans-Ruedi Fri­ cker, Trogen, werden ausgeführt.

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1993-1995 Bauausführung des Neuen Schulhauses (Arche) durch das Architektur­ büro Loesch Isoz Benz, St.Gallen

1994 In Zusammenarbeit mit der Gemeinde kann auf dem Grundstück Spitzacker ein neuer Parkplatz realisiert werden.

1994 Der Kantonsrat genehmigt den Ausführungskredit für die gebundenen Ausgaben im Rahmen der 2. Erweiterungsetappe, die Umbauten und Anpassungen im Olymp, im Alten Konvikt und im Roten Schulhaus.

1995 Durchführung der Umbauarbeiten im Olymp Nr.122c, insbesondere der Wohnung im 1. OG

1995-1997 Das Alte Konvikt Nr. 122 kann durch das Architekturbüro Schläpfer & Schweizer AG, dipl. Architekten HTL, Trogen und Herisau, in Zusam­ menarbeit mit der Denkmalpflege renoviert und der neuen Nutzung angepasst werden. 1998 Für die umfangreichen Sanierungsarbeiten im Roten SchulhausNr.122e muss das Gebäude geleert werden, damit das Architekturbüro Schläpfer & Schweizer AG, Trogen und Herisau, die Bauarbeiten rasch verwirklichen kann.

1999-2001 Als Abschluss der 2. Erweiterungsetappe wird durch das Architektur­ büro Loesch Isoz, St.Gallen, der Neubau des Mehrzweckgebäudes re­ alisiert.

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Bibliographie Kantonales Hochbauamt AR, Archiv, Herisau Schläpfer, Johannes: Die bauliche Entwicklung der Kantonsschule von den Anfängen bis zur Gegenwart. In: Kantonsschulverein Trogen, Mit­ teilungen Nr.72 für das Jahr 1992/93. Herisau, Schläpfer & Co. AG 1993 Staatsarchiv AR, D 027 Steinmann, Eugen: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Aus­ serrhoden, Band 2. Der Bezirk Mittelland. Basel, Birkhäuser 1980.

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