KREISTAG des Kreises Siegen-Wittgenstein Dezernat / Referat / Fachservice

Telefon-Nummer Dez./Ref./FSL

Datum

Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung

0271 333-1199

22.03.2016

Aktenzeichen

Drucksache

ö / nö

81/2016

öffentlich

Bau- und Verkehrsausschuss am 06.04.2016 Kreisausschuss am 29.04.2016 Kreistag am 29.04.2016

Regionaler Entwicklungsschwerpunkt Infrastruktur: Veröffentlichung des Entwurfs des Bundesverkehrswegeplanes 2030

Beschlussvorschlag: Der Bau- und Verkehrsausschuss schlägt vor, der Kreisausschuss empfiehlt, der Kreistag beschließt: Der Kreistag nimmt die aktuellen Informationen zum Verfahren zur Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans, zu dem vom Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur vorgelegten Referentenentwurf „Bundesverkehrswegeplan 2030“ und zu dem laufenden Beteiligungsverfahren zur Kenntnis und 1. beauftragt den Landrat, mit den gegenüber dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, dem Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Regionalrat bei der Bezirksregierung Arnsberg abzugebenden Stellungnahmen deutlich zu machen bzw. einzufordern, dass a. die besondere Bedeutung und Wichtigkeit der im Referentenentwurf als „laufende oder festdisponierte Projekte“ bzw. die der Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ zugeordneten Maßnahmen für den Verkehrsträger Straße in den Verläufen von A45 und der B508n (Teilortsumgehung Kreuztal) unterstrichen und hervorgehoben wird. b. die weiterhin für den Verkehrsträger Straße im Referentenentwurf entweder in der Kategorie „Weiterer Bedarf“ dargestellten oder im Referentenentwurf nicht enthaltenen Maßnahmen  B508n: OU Kreuztal-Ferndorf  B508n: OU Hilchenbach  B62: OU Hilchenbach/Grund bis Kronprinzeneiche  B62: OU Erndtebrück mit OU Schameder  B508n: Schameder bis Frankenberg in die endgültige Fassung des Bundesverkehrswegeplans 2030 verändert bzw. als neue (Teil-)Projekte zusätzlich aufzunehmen und als eine Gesamtmaßnahme der Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ zuzuordnen sind. c. bei der Planung und Realisierung der im Referentenentwurf für den Verkehrsträger Schiene unter dem Titel „Korridor Mittelrhein: Zielnetz 1“ enthaltenen Ausbauprojekte im Verlauf der Ruhr-Sieg-Strecke und der Sieg-Strecke zu berücksichtigen ist, dass

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entlang der auszubauenden Strecken ausreichende Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen werden, die Beseitigung von höhengleichen Bahnübergängen, die stark von Fußgängeroder Fahrzeugverkehr frequentiert sind, eingeplant wird, die Nutzung von vorhandenen Verlademöglichkeiten für die heimische Wirtschaft bzw. deren Ausbau ermöglicht wird und über die Strecken auch eine verbesserte Anbindung an das Fernverkehr- und Hochgeschwindigkeitsnetz für den Schienenpersonenverkehr erreicht wird.

2. beauftragt den Landrat,  den Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur,  den Bundesminister für Wirtschaft und Energie,  die Mitglieder des Bundestagsausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur,  den Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen,  den Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen,  die Mitglieder des Ausschusses für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landtages Nordrhein-Westfalen,  die heimischen Bundes- und Landtagsabgeordneten und  die Mitglieder des Regionalrates bei der Bezirksregierung Arnsberg über die Stellungnahme und die damit verbundenen Kernbotschaften des Kreises zu unterrichten. Der Landrat wird außerdem beauftragt, in Gesprächen mit anderen regional bedeutsamen Einrichtungen und Institutionen, insbesondere den Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft, den Unternehmerverbänden und den Gewerkschaften zu erreichen, dass diese sich der Resolution des Kreistages anschließen bzw. gleichlautende Forderungen im Beteiligungsverfahren zur Erarbeitung des Bundesverkehrswegeplans 2030 erheben.

Sachdarstellung:

I. Grundlagen der Bundesverkehrswegeplanung Der Bund ist nach dem Grundgesetz verantwortlich für den Bau und die Erhaltung der Bundesverkehrswege. Grundlage für die Planung und den Bau der Infrastruktur ist der Bundesverkehrswegeplan (BVWP). Dieser wird vom Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aufgestellt und vom Bundeskabinett beschlossen. Der jeweils gültige BVWP enthält alle beabsichtigten Straßen-, Schienen- und Wasserstraßenprojekte. Er ist aber weder ein Finanzierungsplan, noch hat er Gesetzescharakter. Für seinen jeweiligen Geltungszeitraum (in der Regel 10 bis 15 Jahre) gilt er als Planungsinstrument. Derzeitig ist der BVWP 2003 immer noch das aktuell gültige Planungsinstrument. Im Verfahren zur Aufstellung eines BVWP prüft der Bund u.a. auf der Grundlage des jeweiligen Nutzen-Kosten-Verhältnisses, ob ein zur Berücksichtigung vorgeschlagenes Projekt gesamtwirtschaftlich sinnvoll und notwendig ist. Wesentliche Kriterien sind dabei naturgemäß die prognostizierten Verkehrswirkungen sowie die zu erwartenden Investitionskosten. Daneben besitzt aber auch eine Vielzahl anderer Kriterien – wie mit den weiteren Erläuterungen noch erkennbar wird – eine maßgebliche Bedeutung. Ein vom Bundeskabinett beschlossener BVWP bildet die Grundlage für den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Ausbaugesetze für Bundesschienenwege und Bundesfernstraßen mit den zugehörigen Bedarfsplänen. Der Deutsche Bundestag beschließt über die Aufnahme der Projekte des BVWP und eventuell weiterer Projekte in die Bedarfspläne der Ausbaugesetze. Mit dem Beschluss des Bundestages ist der Bedarf für diese Projekte gesetzlich festgestellt.

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II. Erarbeitungs- und Beteiligungsverfahren zum BVWP 2030 Aufgrund sich verändernder Rahmenbedingungen müssen die Instrumente der Bundesverkehrswegeplanung kontinuierlich überprüft und angepasst werden. Seit dem Jahr 2011 arbeitet das BMVI deswegen an einer Fortschreibung der Grundkonzeption für die Bundesverkehrswegeplanung und hat am 16.03.2016 einen Referentenentwurf für den neuen Bundesverkehrswegeplan vorgelegt, der die bis zum Jahr 2030 einzuleitenden oder abzuschließenden Verkehrsprojekte des Bundes beschreiben soll (Bundesverkehrswegeplan 2030 – BVWP 2030). Der Referentenentwurf für den BVWP 2030 kann im Internetangebot des BMVI (http://www.bmvi.de/DE/VerkehrUndMobilitaet/Verkehrspolitik/Verkehrsinfrastruktur/Bundesverke hrswegeplan2030/bundesverkehrswegeplan2030_node.html) mit vielen ergänzenden Informationen und Erläuterungen zu einzelnen Aspekten des Erarbeitungsverfahrens und zu den maßgeblichen Bewertungskriterien für die Einstufung einzelner Verkehrsprojekte eingesehen werden. Ein besonderes Augenmerk sollte auch auf das über die Internetadresse http://www.bvwpprojekte.de zu erreichende Projektinformationssystem (PRINS) zum Entwurf des BVWP 2030 gerichtet werden, weil in dem Verfahren zur Erarbeitung des Referentenentwurfs ca. 2.000 Projektvorschläge für Aus- und Neubaumaßnahmen zu Straßen-, Schienen- und Wasserstraßenprojekten umfassend geprüft wurden. Alle Projekte wurden hinsichtlich ihrer Wirkungsbeiträge zur Bewältigung zukünftiger Verkehrsanforderungen sowie im Hinblick auf ihre Vor- und Nachteile bewertet. Für jedes Projekt wurde dazu ein Dossier erstellt. Dieses Dossier stellt die Ergebnisse der Nutzen-Kosten-Analyse, der umwelt- und naturschutzfachlichen Beurteilung sowie der raumordnerischen und städtebaulichen Beurteilung dar. In dem Projektinformationssystem PRINS sind die Projektdossiers aller im BVWP enthaltenen Verkehrsprojekte eingestellt und abrufbar. Im laufenden Verfahren zur Aufstellung des BVWP 2030 findet erstmal eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Während des sechswöchigen Beteiligungsverfahrens, das vom 21.03.2016 bis 02.05.2016 läuft, haben alle Interessierten die Möglichkeit, sich zum BVWP zu äußern. Dieses Konsultationsverfahren erfüllt die gesetzlichen Anforderungen der Strategischen Umweltprüfung (SUP) gemäß §14h-j des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Teilnehmen können alle natürlichen und juristischen Personen mit Wohn- bzw. Geschäftssitz in Deutschland. Die Teilnahme ist somit auch Unternehmen, Verbänden, Bürgerinitiativen oder wissenschaftlichen Institutionen gestattet. Nach Ablauf der sechswöchigen Beteiligungsfrist wird das BMVI damit beginnen, alle fristgerecht eingegangenen Stellungnahmen zu bewerten. Dabei wird das BMVI auch durch externe Dienstleister unterstützt, die bereits fachlich-inhaltlich in die Erarbeitung des BVWP 2030 eingebunden waren. Damit wird sowohl eine unter fachlich-inhaltlichen Gesichtspunkten möglichst gründliche als auch eine möglichst zügige Bearbeitung und Prüfung der Stellungnahmen gewährleistet. Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung ist der Entwurf des BVWP 2030 und der dazugehörige Umweltbericht. Ziel ist die fachliche Überprüfung der im Entwurf des BVWP 2030 getroffenen grundsätzlichen Festlegungen, insbesondere im Hinblick auf die aus dem Gesamtplan resultierenden Auswirkungen auf die Umwelt. Im Ergebnis der Abwägung der in das Beteiligungsverfahren eingebrachten Stellungnahmen wird eine Überarbeitung des Referentenentwurfs stehen, die Grundlage für die notwendige Entscheidung des Bundeskabinetts ist. Es wird erwartet, dass das Bundeskabinett Ende des Jahres 2016 oder zu Beginn des Jahres 2017 einen Beschluss über den BVWP 2030 herbeiführen wird. Für den Kreis Siegen-Wittgenstein eröffnet sich damit die Möglichkeit, in diesem Beteiligungsverfahren eine eigene Stellungnahme abzugeben und gleichzeitig darauf hinzuwirken, dass andere

4 an den Verkehrsinfrastrukturprojekten der Region interessierten natürlichen und juristischen Personen sich ebenfalls mit eigenen Stellungnahmen in diesen Prozess einbringen. Von besonderer Bedeutung wird es aber auch sein, dass eine vom Kreistag beschlossene Stellungnahme einerseits durch andere private und öffentliche Initiativen, Verbände, Einrichtungen und Institutionen unterstützt wird, andererseits aber auch auf regionaler Ebene von den benachbarten Kreisen unterstützt wird. In diesem Kontext wird ein vom Regionalrat bei der Bezirksregierung Arnsberg vorgeschlagenes Verfahren, bei dem die Stellungnahmen der einzelnen Kreise in einer Sitzung der Verkehrskommission des Regionalrates am 14.04.2016 in einem gemeinsamen Votum der Region zusammengeführt werden sollen, ausdrücklich begrüßt. Daneben sind aber auch schon eine Vielzahl von Abstimmungsgesprächen mit z.B. Kammern, Unternehmerverbänden, Gewerkschaften oder den Nachbarregionen im Bundesland Hessen terminiert oder in Planung, die alle dem Ziel dienen sollen, die Forderungen des Kreises im Beteiligungsverfahren zum BVWP 2030 mit einem besonders starken politischen Signal der regionalen Partner zu verbinden. Dabei ist – darauf macht das BMVI ausdrücklich aufmerksam – zu berücksichtigen, dass im angelaufenen Beteiligungsverfahren Stellungnahmen ohne Bezug zur Wirkung des Gesamtplans sowie rein wertende Meinungsäußerungen ohne sachliche Begründung nicht berücksichtig werden. Es erfolgt auch keine Aufrechnung zwischen unterstützenden und ablehnenden Stellungnahmen, wie auch Mehrfacheinsendungen von inhaltsgleichen Sachargumenten nur einmal berücksichtigt werden. Es ist zudem nicht Ziel der Öffentlichkeitsbeteiligung, jedes Einzelprojekt im Detail zu diskutieren. Diese fachliche Auseinandersetzung ist Aufgabe der nachgelagerten eigenständigen Planungsverfahren, wie z.B. des Planfeststellungsverfahrens. Damit wird erkennbar, dass unabhängig von dem wünschenswerten starken politischen Signal der Region der Kreis Siegen-Wittgenstein nicht pauschal und nicht ohne Berücksichtigung der im Entwurf des BVWP 2030 aufgezeigten Kriterien und Wirkungen des Gesamtplanes einfach alle in früheren Jahren erhobenen Forderungen ohne neue Abwägung und Begründung erneut vortragen sollte, wenn sie mit Aussicht auf Erfolg, also auf eine veränderte Darstellung in dem in den nächsten Monaten vom Bundeskabinett zu beschließenden BVWP 2030, in das Beteiligungsverfahren eingebracht werden sollen. Dies ist bei der Würdigung der nachfolgenden Ausführungen zu berücksichtigen.

III. Bisherige Forderungen des Kreises Siegen-Wittgenstein Der Kreistag des Kreises Siegen-Wittgenstein hat in seiner Sitzung am 22.06.2012 die nachstehenden Projekte für die Meldung im Verfahren zur Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes 2015 beschlossen und dem Land NRW angezeigt (siehe Drucksache 83/2012): Für den Verkehrsträger Straße sind dies die bereits im Bundesverkehrswegeplan 2003 enthaltenen und bisher noch nicht umgesetzten Maßnahmen  B 508 T-OU Kreuztal,  B 508 OU Kreuztal-Ferndorf,  B 508 OU S Hilchenbach,  B 62 Hilchenbach-Grund – Altenteich mit OU Lützel,  B 62 OU Erndtebrück und OU Schameder,  B 62 OU Bad Laasphe,  B 517 (Krombach (A4) - OU Kirchhundem-Welschen Ennest sowie die neuen Maßnahmen  A 45 Landesgrenze Hessen – AK Hagen: Sechsstreifiger Ausbau,  B 62 OU Netphen-Dreis-Tiefenbach  B 508 n Erndtebrück-Schameder – Landesgrenze Hessen (mit Fortführung in Hessen bis Frankenberg/Eder).

5 Für den Verkehrsträger Schiene sind dies im Vergleich zum Bundesverkehrswegeplan 2003 modifizierten Maßnahmen  Ausbaustrecke Hagen – Gießen (Ruhr-Sieg-Strecke, Ertüchtigung der DB-Strecke zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit für den Güterverkehr und zur Beschleunigung des Personenverkehrs) sowie im funktionalen Zusammenhang Maßnahmen auf der  Ausbaustrecke Köln – Siegen (Siegstrecke, Ertüchtigung der DB-Strecke zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit für den Güterverkehr und zur Beschleunigung des Personenverkehrs). Hinsichtlich der genannten Ortsumgehungskette ist festzustellen, dass das Land NordrheinWestfalen lediglich den Neu- bzw. Ausbau der B62/B508 von Kreuztal/Buschhütten nach Erndtebrück für die Aufnahme in den neuen BVWP gegenüber dem Bund angemeldet hatte. Eine weitere Neuführung der B 508 n von Erndtebrück/Schameder bis Frankenberg konnte als Ergebnis der allgemeinen fachlichen und politischen Diskussion nicht in den Vorschlag des Landes zur BVWP-Bewertung aufgenommen werden. Gründe waren unter anderem die zu erwartenden hohen Kosten sowie naturschutzfachlichen Probleme. Darüber hinaus hatte das Land Nordrhein-Westfalen dem Bund die Maßnahmen B62 OU Bad Laasphe, B517 Krombach (A4) - OU Kirchhundem-Welschen Ennest und die B62 OU NetphenDreis-Tiefenbach nicht gemeldet. Das Land Hessen hat den Neubau der B508n zwischen Erndtebrück/Schameder (B62) in Nordrhein-Westfalen und Frankenberg (B252) in Hessen vollständig für die Aufnahme in den neuen BVWP angemeldet. Der Kreistag hat sich am 27.03.2015 noch einmal mit breiter Mehrheit für die Verwirklichung der an das Land NRW gemeldeten Projekte ausgesprochen (siehe Drucksache 54/2015). Dies habe ich vor rund einem Jahr in einem Schreiben an den Bundesverkehrsminister auch noch einmal deutlich gemacht und ihn gebeten, die vom Kreis Siegen-Wittgenstein angemeldeten Projekte – insbesondere die Ortsumgehungskette von Kreuztal bis nach Erndtebrück – uneingeschränkt zu unterstützen. Dabei habe ich auch darauf hingewiesen, dass die Projekte von einer breiten Mehrheit der Menschen und der Akteure in der Region mit getragen und seit langem gefordert werden.

IV. Berücksichtigung der Projekte im Entwurf des BVWP 2030 Bei der Erarbeitung des Entwurfs des BVWP 2030 hat das BMVI grundsätzlich die Projekte nach folgendem Verfahren und Kategorien unterschieden: „Da die finanziellen Mittel für die Verkehrsinfrastruktur begrenzt sind, können zahlreiche Vorhaben voraussichtlich nicht bis zum Jahr 2030 begonnen werden. Die bewerteten Vorhaben wurden daher auf Basis fachlicher Kriterien in verschiedene Dringlichkeitskategorien eingeordnet. Der Bund muss zukünftig zielgerichteter als in der Vergangenheit in die Bundesverkehrswege investieren. Daher konzentriert sich der Bund bei seinen Investitionen vorrangig auf die Bereiche Erhaltung bzw. Ersatz sowie die Engpassbeseitigung. Die bis 2030 notwendigen Erhaltungs- und Ersatzinvestitionen in die bestehenden Netze wurden zunächst als unverzichtbare Ausgaben vorrangig in das Gesamtbudget eingestellt. Das wichtige Ziel, Erhaltung und Ersatz der Bestandsnetze Vorrang zu geben, wurde damit umgesetzt. Im zweiten Schritt wurden die weiteren Mittel für Aus- und Neubaumaßnahmen auf die drei Verkehrsträger verteilt. Dabei wurden insbesondere die mit der Aufteilung verbundenen verkehrlichen Effekte und die Umweltwirkungen auf Ebene des Gesamtplans berücksichtigt. Im dritten Schritt erfolgte die Dringlichkeitseinstufung der einzelnen Projekte der drei Verkehrsträger. Zunächst wurden hierbei die Aus- und Neubauvorhaben in „Laufende bzw. fest disponier-

6 te Vorhaben“ und in „Neue Vorhaben“ aufgeteilt. Alle laufenden und fest disponierten Projekte werden so schnell wie möglich fertiggestellt. Für die neuen Vorhaben gibt es im BVWP 2030 die Dringlichkeitsstufen Vordringlicher Bedarf (VB) mit Vordringlicher Bedarf – Engpassbeseitigung (VB-E) sowie Weiterer Bedarf (WB) mit Weiterer Bedarf mit Planungsrecht (WB*).“ (Auszug aus dem Entwurf des BVWP 2030) Nur Vorhaben mit der Zuordnung zur Kategorie „VB/VB-E“ sollen im Geltungszeitraum des BVWP bis zum Jahr 2030 umgesetzt bzw. begonnen werden. Für den Kreis Siegen-Wittgenstein bedeutsame Projekte sind folgenden Dringlichkeitsstufen zugeordnet: 1. Laufende und fest disponierte Projekte: a. A45: AK Hagen b. B62: Siegtalbrücke (A45) bis Mudersbacher Kreisel 2. Neue Vorhaben „Vordringlicher Bedarf/Vordringlicher Bedarf Engpassbeseitigung“ (VB/VBE): a. Verkehrsträger Straße: i. A1/A45: AK Westhofen ii. A45: AK Olpe (A4) bis AS Olpe iii. A45: AS Olpe bis AS Drolshagen iv. A45: AS Drolshagen bis AS Meinerzhagen v. A45: AS Meinerzhagen bis AS Lüdenscheid-S vi. A45: AS Lüdenscheid-S bis AS Lüdenscheid-N vii. A45: AS Lüdenscheid-N bis AS Hagen-S viii. A45: AS Hagen-S bis AK Hagen (A46) ix. A45: AS Haiger/Burbach bis AS Wilnsdorf (Hinweis: Für das Bundesland Hessen ist dieser Abschnitt dem weiteren Bedarf mit Planungsrecht zugeordnet) x. A45: AS Wilnsdorf bis AS Siegen-Süd xi. A45: AS Siegen-Süd bis AS Siegen xii. A45: AS Siegen bis AS Freudenberg xiii. A45: AS Freudenberg bis AK Olpe xiv. A45: AS Dortmund-Hafen bis AK Dortmund –NW (A2) xv. B508n: T-OU Kreuztal (Querspange) b. Verkehrsträger Schiene: Projekt „Korridor Mittelrhein – Zielnetz 1“, u.a. mit den Maßnahmen i. Ausbau Ruhr-Sieg-Strecke ii. Ausbau Sieg-Strecke 3. Neue Vorhaben „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ (WB*): a. B508n: OU Kreuztal-Ferndorf b. B508n: OU Hilchenbach 4. Neue Vorhaben „Weiterer Bedarf“ (WB): a. B508n: Schameder bis Frankenberg (Hinweis: für das Bundesland Hessen ist der Abschnitt dem weiteren Bedarf mit Planungsrecht [WB*] zugeordnet) Folgende Projekte und Vorhaben sind im Entwurf des BVWP 2030 nicht berücksichtigt: a. b. c. d. e.

B62: B62: B62: B62: B517:

OU Hilchenbach/Grund – Altenteich m OU Lützel OU Erndtebrück m OU Schameder OU Bad Laasphe OU Netphen-Dreis-Tiefenbach Krombach (A4) – OU Kirchhundem/WelschenEnnest

7 f.

B517: OU Welschen-Ennest

V. Bewertung des aktuellen Entwurfs und Ableitung von Forderungen des Kreises Nach den eigenen Darstellungen ist das BMVI bei der Erarbeitung des Entwurfs des BVWP 2030 um eine belastbare methodische Basis bemüht gewesen, um die Darstellungen und Ergebnisse transparent und nachvollziehbar zu machen. Die dazu angewendeten wissenschaftlichen Grundlagen sind ausführlich in Teil III des Entwurfs des BVWP 2030 dargestellt. Auf eine ausführliche Erläuterung dieser wissenschaftlichen Grundlagen kann und muss an dieser Stelle verzichtet werden, allerdings sollen für die weitere Bewertung des Entwurfs einige wesentliche Aspekte fokussiert auf die für das Kreisgebiet relevanten Gesichtspunkte hervorgehoben werden. o

Eine wesentliche Grundlage des BVWP ist eine Prognose der zukünftigen Verkehrsentwicklung, die aufzeigen soll, wie sich die Verkehrsleistungen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2010 verändern. Im Ergebnis geht diese Prognose davon aus, dass  die Transportleistung im Güterverkehr  auf der Schiene um 42,9 % und  auf der Straße um 38,9 % ansteigen wird.  die Verkehrsleistung  im motorisierten Personenverkehr auf der Schiene um 19,2 %,  im straßengebundenen ÖPNV um 6 % und  im motorisierten Individualverkehr um 9,9 % zunehmen wird.  Für den Luftverkehr wird ein Zuwachs von 64,8 % erwartet.

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In einem zweiten Ansatz wurde der Erhaltungs- und Ersatzbedarf für das gesamte Verkehrsnetz ermittelt. Für den Bereich der Bundesfernstraßen wird festgestellt, dass auf Grundlage der deutschen Entwicklung des rechnergestützten Erhaltungsmanagementsystem für Fahrbahnen (Pavement-Management-System) für die Bundesfernstraßen bereits seit der Erhaltungsbedarfsprognose für den BVWP 2003 die Fahrbahnbefestigungen zustandsbezogen prognostiziert werden. Seit der Aktualisierung der Erhaltungsbedarfsprognose im Jahr 2010 wird auf Grundlage der aktuellen Entwicklung eines rechnergestützten Erhaltungsmanagementsystem für Bauwerke (Bauwerk-Management-System) auch der Erhaltungsbedarf für die Ingenieurbauwerke zustandsbezogen ermittelt. Datengrundlagen sind für die Fahrbahnbefestigungen insbesondere die Ergebnisse der Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) 2013/2014 der Bundesautobahnen und der ZEB 2011/2012 der Bundesstraßen, mit denen die Oberflächeneigenschaften der Fahrbahnen erfasst werden. Zur Bewertung der Substanz des gesamten Fahrbahnaufbaus fließen weiterhin bundesnetzweite Daten zu Alter und Art der einzelnen Schichten der Straßenbefestigungen in die Berechnung ein. Für die Brücken mit Tragfähigkeitsdefiziten oder anderen konstruktiven Defiziten wurden zusätzliche Berechnungen und Abschätzungen zum Finanzbedarf für Brückenertüchtigungsmaßnahmen vom BMVI mit Unterstützung der Bundesanstalt für Straßenwesen und der Bundesländer bereitgestellt. Bei den weiteren Ingenieurbauwerken konnte auf aktualisierte Zustandsdaten zurückgegriffen werden. Mit diesen Daten und mit Verhaltenskurven zur Zustandsentwicklung der Bauwerksteile wurde der Erhaltungs- und Ersatzbedarf unter Anwendung von objekttypbezogenen Prognoseverfahren für die Ingenieurbauwerke ermittelt. Der Erhaltungs- bzw. Ersatzbedarf aller sonstigen Anlagenteile wurde mit Abgangs- und Abschreibungsverfahren abgeschätzt.

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Als dritter Baustein ist die Methodik zur Bewertung der Aus- und Neubauprojekte zu betrachten. Das Bewertungsverfahren des BVWP 2030 ist gegenüber früheren Bundesverkehrswegeplänen im Hinblick auf internationale Standards, wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn

8 sowie Effizienz der Anwendung umfassend methodisch weiterentwickelt worden. Dies erfolgte auf Grundlage mehrerer Forschungsprojekte. Die Transparenz, fachliche Fundierung und Qualitätssicherung des BVWP-Verfahrens und seiner Ergebnisse spielten bei der Überarbeitung eine zentrale Rolle. Im Folgenden wird die Methodik von drei Bewertungsmodulen des BVWP 2030 knapp dargestellt.  Das zentrale Bewertungsmodul des BVWP 2030 stellt die Nutzen-Kosten-Analyse dar, die den Investitionskosten eines Vorhabens alle in Geldeinheiten darstellbaren positiven und negativen Projektauswirkungen gegenüberstellt. Dabei werden 13 verschiedene Komponenten betrachtet, für die die Effekte der einzelnen Projektvorschläge des BVWP 2030 monetär bewertet wurden:  Investitionskosten (Summe aller projektspezifischen Kosten)  Veränderung der Betriebskosten (Änderungen der Beförderungs- bzw. Transportkosten im Personen- und Güterverkehr)  Veränderung der Reisezeit (Nutzen aus veränderter Reisezeit im Personenverkehr)  Veränderung der Transportzeitnutzen (Nutzen aus veränderter Transportzeit im Güterverkehr)  Veränderung der Zuverlässigkeit (Projektinduzierte Nutzen aus Veränderungen der Zuverlässigkeit von Verkehrsabläufen)  Veränderung des Impliziten Nutzen (Impliziter Nutzen durch zusätzliche Mobilität)  Veränderung der Verkehrssicherheit (Veränderungen der Unfallkosten hinsichtlich Personen- und Sachschäden)  Veränderung der Geräuschbelastung (Nutzen aus projektinduzierten Veränderungen der Geräusch- bzw. Lärmbelastung)  Veränderung der Abgasbelastung (Nutzen aus projektinduzierten Veränderungen der Abgasbelastung (Luftschadstoffe und Treibhausgasemissionen)  Lebenszyklusemissionen von Treibhausgasen der Infrastruktur (Summe der Treibhausgasemission durch Bau, Unterhaltung und Betrieb des Infrastrukturprojekts („Lebenszyklusemissionen“)  Veränderung der innerörtlichen Trennwirkung (Verminderung innerörtlicher Trennwirkungen (Wartezeiten und Umwege für Fußgänger)  Nutzen bei konkurrierenden Verkehrsträgern (Auswirkungen eines Projekts auf den Nutzen aus der Benutzung anderer Verkehrsträger)  Veränderung der Betriebs- und Instandhaltungskosten der Verkehrswege (Nutzen aus projektinduzierten Veränderungen - Erneuerungskosten- und Instandhaltungskosten) o

In einem zweiten Modul wurden die Umweltauswirkungen des BVWP 2030 erstmalig im Rahmen einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) ermittelt, beschrieben und bewertet. Diese ersetzt auf Projektebene die Umweltrisikoeinschätzung und die FFHVerträglichkeitseinschätzung aus dem letzten Bundesverkehrswegeplan. Des Weiteren wurde im Zuge der SUP erstmals eine Bewertung der Umweltauswirkungen des Gesamtplans vorgenommen. Die Bewertung der Umweltauswirkungen der für den BVWP 2030 angemeldeten Verkehrsprojekte erfolgte mittels zweier unterschiedlicher Ansätze.  Die Faktoren Lärm, Luftschadstoffe und CO2-Emissionen flossen monetarisiert in die Nutzen-Kosten-Analysen der einzelnen Projekte ein (siehe oben).  Diese Elemente der Umweltbewertung wurden durch weitere relevante Bewertungskriterien ergänzt, die zum Zweck der Vergleichbarkeit ebenfalls quantifiziert, nicht aber monetarisiert wurden. Diese nicht-monetarisierten Umweltauswirkungen sind Gegenstand der umwelt- und naturschutzfachlichen Beurteilung. Sie wurden verbal anhand einer dreistufigen ordinalen Skala bewertet. Den Projekten wurde dabei eine geringe, mittlere oder hohe Umweltbetroffenheit attestiert. Im Fokus dieses Bewertungsmoduls steht vor allem die Frage, ob und in welchem Maße schutzwürdige Flächen, die wie Natura 2000Gebiete und Naturschutzvorrangflächen eine besonderer Bedeutung haben oder

9 empfindlich gegenüber Eingriffen durch Verkehrsinfrastrukturvorhaben sind, durch die untersuchten Verkehrsprojekte von Flächeninanspruchnahme, Zerschneidungswirkungen oder Durchfahrungen betroffen wären. Während für Neubauvorhaben eine vollständige Prüfung dieser Kriterien erfolgt, wird bei Ausbauprojekten in der Regel lediglich eine reduzierte Untersuchung durchgeführt. o

In einem dritten Modul erfolgte eine raumordnerische Beurteilung. Im Mittelpunkt standen hierbei die Analysen von Defiziten der An- und Verbindungsqualitäten bezogen auf Zentren des Zentrale-Orte-Systems sowie von räumlich ausgeprägten Erreichbarkeitsdefiziten auf der Grundlage raumordnerischer Mindeststandards. Zentraler Ansatz zur Beurteilung raumentwicklungsrelevanter Belange der Bundesverkehrswegeplanung ist eine Defizitanalyse für den Bezugsfall (quasi die „Ist-Situation“), die vor den einzelnen Projektbewertungen stattfindet. Damit wird der ganzheitliche Netzplanungsansatz des BVWP gestärkt. Identifizierte Defizite im Bezugsfall werden im Weiteren anhand der erwarteten räumlichen Entwicklung bezogen auf den demografischen Trend präzisiert und gewichtet. Im Ergebnis liegen qualifizierte Anhaltspunkte dafür vor, wo und in welchem Maße raumordnerisch bedeutende Unzulänglichkeiten bestehen und Ausbzw. Neubaumaßnahmen von Bundesverkehrswegen zu Verbesserungen beitragen können. Aus Sicht des Kreises Siegen-Wittgenstein ist hervorzuheben, dass die räumlichen Ausprägungen von Erreichbarkeitsdefiziten in Bezug auf raumordnerische Mindeststandards für verschiedene Fahrtziele betrachtet wurden. Für den motorisierten Individualverkehr/Straßenpersonenverkehr wurden dabei Fahrzeiten zwischen der raumordnerischen Ebene der Mittelbereiche und den jeweils nächstgelegenen Autobahnanschlussstellen, internationalen Flughäfen, Oberzentren und ICBahnhöfen berücksichtigt. Untersucht wurde dabei die Fahrzeit in einem unbelasteten Straßennetz ohne Berücksichtigung von Staus. Als defizitär wurden Pkw-Fahrzeiten  von mehr als 30 Minuten zur nächsten Autobahnanschlussstelle,  von über 60 Minuten zum nächsten Flughafen,  von mehr als 45 Minuten zum nächsten IC-Bahnhof und  von über 45 Minuten zum nächsten Oberzentrum definiert.  Betrug die Pkw-Fahrzeit zum nächsten Oberzentrum sogar mehr als 60 Minuten, erhielt dieses Defizit eine deutlich stärkere Gewichtung, da die Oberzentren aus Sicht der Raumordnung die herausragenden Fahrtziele darstellen. Analoge Defizite wurden auch im Schienenpersonenverkehr ermittelt. Hierbei wurden die Fahrzeiten zu Flughäfen, Oberzentren und IC-Bahnhöfen berücksichtigt. Grundlage waren in diesem Fall Reisezeiten, die auf der Basis von Fahrplan- und Netzdaten ermittelt wurden. Als defizitär galten Reisezeiten  von mehr als 90 Minuten zum nächsten Flughafen,  von über 60 Minuten zum nächsten IC-Bahnhof und  von mehr als 60 Minuten zum nächsten Oberzentrum.  Betrug die Reisezeit zum nächsten Oberzentrum mehr als 90 Minuten, wurde dieses Defizit erneut stärker gewichtet.

Alle Ergebnisse, die auf Basis dieser Betrachtungen für die in der Erarbeitung des Entwurfs untersuchten Projekte erzielt wurden, können in dem schon erwähnten Projektinformationssystem (PRINS) zum Entwurf des BVWP 2030 nachgelesen werden. Für die durch das Land NordrheinWestfalen nicht zur Fortschreibung des BVWP angemeldeten Projekte können entsprechende Bewertungen allerdings nicht in dem PRINS abgerufen werden.

10 Aus Sicht der Verwaltung sind im Erarbeitungsverfahren vom BMVI angewendeten wissenschaftlichen Methoden grundsätzlich nachvollziehbar und ausgewogen und führen zu einem deutlich transparenteren Verfahren. Dieser Methodik ist es auch grundsätzlich zu verdanken, dass die zur überregionalen verkehrlichen Anbindung der Region elementar wichtigen Projekte im Verlauf der A45 und auf den Schienenstrecken dem Vordringlichen Bedarf zugeordnet wurden, obwohl es sich dabei überwiegend um neue Maßnahmen handelt, die noch nicht Gegenstand des bislang gültigen BVWP waren. Aufgrund der insgesamt hohen Belastbarkeit der Ergebnisse des BVWP wird deswegen auch grundsätzlich keine Basis dafür gesehen, die von größeren Entwicklungsprojekten losgelösten Einzelprojekte, die vom Land Nordrhein-Westfalen nicht zur Fortschreibung des BVWP angemeldet wurden (B62 – OU Bad Laasphe; B62 – OU Netphen-Dreis-Tiefenbach; B517 – Krombach bis OU Welschen-Ennest) noch nachträglich in den BVWP aufnehmen zu lassen bzw. dies als Forderung zu erheben. Eine völlig andere Bewertung wird jedoch aus folgenden Gründen für die als „Route 57“ bezeichnete Kette von Ortsumgehungen im Verlauf von B508n und B62 von Kreuztal über Hilchenbach und Erndtebrück bis nach Frankenberg gesehen: o

Der planerisch denkbare Streckenverlauf der B 508n/B 62 zwischen Kreuztal und Erndtebrück wurde auf Grundlage des BVWP 2003 bis zum Jahr 2012 umfassend untersucht. Aufgrund eines besonderen naturschutzfachlichen Prüfungsauftrags, der im BVWP 2003 für die Ortsumgehungen Hilchenbach, Lützel und Erndtebrück enthalten war, wurden hier intensiv Umweltverträglichkeitsstudien und Prüfungen zur FFH-Verträglichkeit durchgeführt.

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Die damit gewonnen Erkenntnisse haben faktisch zu einem Verzicht auf einen Neubau einer OU Lützel geführt. Der Straßenverlauf auf der B62 von der Kronprinzeneiche bis westlich vor Erndtebrück soll aufgrund dieser Erkenntnisse in der bisherigen Trasse verbleiben. Dieser Abschnitt wurde inzwischen einer Ausbauplanung zugeführt. Ein Teilabschnitt zwischen Kronprinzeneiche und der Ortsdurchfahrt Lützel befindet sich schon in der Realisierung. Diese Ausbaumaßnahmen stehen im Zusammenhang mit den naturschutzfachlich vertretbaren Neubaumaßnahmen für die Ortumgehungen von Kreuztal über Hilchenbach (inkl. Grund) bis Erndtebrück (inkl. Schameder). Erst mit der Realisierung dieses Gesamtprojektes mit allen Ausbau- und Neubauelementen wäre eine bessere Anbindung des Raumes Wittgenstein an das großräumige und überregionale Streckennetz westlich von Kreuztal erreicht.

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Die bisherige Situation ist dadurch geprägt, dass im Ferndorftal mit den Ortslagen Kreuztal, Ferndorf, Dahlbruch und Allenbach infolge regionaler und örtlicher Erschließung sowie überregionaler Verbindungsfunktion eine erhebliche Verkehrsfrequenz vorherrscht, die in der durchgängigen Streckenführung in den Ortslagen städtebauliche Entwicklungsmöglichkeiten nachhaltig blockiert. Mit Fahrzeugfrequenzen bis zu 22.500 Kfz täglich ist die dort direkt gegebene Anliegerbelastung zudem als unerträglich zu bezeichnen.

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Andererseits blockiert die hohe Verkehrsdichte die überregionale Verbindung Richtung Wittgenstein und Mittelhessen so stark, dass von den Verkehrsteilnehmern, insbesondere dem Schwerlastverkehr, andere Wege gesucht werden, auch und weil die bisherigen Fahrzeiten von bis zu 1,5 Stunden zwischen dem Oberzentrum Siegen und Bad Berleburg bzw. Bad Laasphe als unverhältnismäßig lang anzusetzen sind.

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Für eine nachhaltige Verbesserung dieser unbefriedigenden und belastenden Situation bedarf es dringend einer Tangente zur Umfahrung des Ferndorftals – und damit auch zur Entlastung von den dort aufgrund der vorhandenen Industriedichte stark ausgebildeten Erschließungsverkehren – und auch zur Überwindung des mächtigen Topografiesprunges zwischen der Stadt Hilchenbach und der Kronprinzeneiche vor dem Ortsteil Lützel.

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Auch die Städte und Gemeinden Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück verfügen über bedeutende mittelständische Unternehmen mit hohen Anforderungen an die verkehrliche Infrastruktur, für die eine verbesserte Anbindung an die regionalen Märkte und die Weltmärkte und zur nachhaltigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit im Grunde genommen als unabweisbar notwendig einzustufen ist.

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Die in den bisherigen Untersuchungen und Prüfungen verfolgte Trassenführung eines Neubaus der Ortsumgehungen von Kreuztal bis zu Kronprinzeneiche in der Kammlage p arallel zum Ferndorftal ist nach allen vorliegenden Erkenntnissen naturschutzfachlich, stä dtebaulich und raumordnerisch unkritisch. Auch die Ortsumgehung Erndtebrück ist mit einer machbaren Vorzugsvariante realisierbar.

Die Bewertung im aktuellen BVWP-Entwurf ist deswegen in folgenden Punkten kritisch zu beurteilen:  Das hohe Nutzen-Kosten-Verhältnis von 5,0 für die OU Kreuztal-Ferndorf steht im Widerspruch zu der bisher erfolgten Zuordnung zum Weiteren Bedarf mit Planungsrecht (WB*).  Die OU Hilchenbach wird nur mit einem Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1,7 bewertet, obwohl sie Bestandteil eines überregionalen Streckenzuges ist, der nur funktioniert, wenn alle Elemente des Gesamtprojektes realisiert werden, selbst wenn die Verkehrsbelastung in diesem Streckenabschnitt entsprechend den Prognosen einbrechen sollte. Dieser prognostizierte Einbruch hängt aber im entschiedenen Maße von der heute nicht gegebenen Attraktivität der Verbindung ab. Die Bündelungseffekte, die mit einer neuen Streckenführung Richtung Wittgenstein und Hessen erreicht werden können, werden nach hiesiger Ansicht unterschätzt.  Die OU Erndtebrück ist ebenfalls ein wesentliches Element des Gesamtkonzeptes. Die der Bewertung zugrundgelegte Verkehrsbelastung von 5.000 Kfz täglich ist nachweisbar zu niedrig angesetzt. Nach den Ergebnissen des zur Vorplanung erstellten Verkehrsgutachtens ist mindestens von einer Verkehrsbelastung von 7.800 Kfz täglich auszugehen. Mit der OU kann eine Entlastung der Ortsdurchfahrt um 33% erreicht werden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der jetzige Erarbeitungsstand die einzelnen Ortsumgehungen nicht als ein zusammenhängendes Gesamtprojekt betrachtet, für das im BVWP 2003 noch ein einheitliches Nutzen-Kosten-Verhältnis von > 4 angesetzt war. Diese Gesamtbetrachtung ist in der Erarbeitung des Entwurfs des neuen BVWP 2030 auch nicht möglich gewesen, weil die Einzelmaßnahmen nicht durchgängig vom Land Nordrhein-Westfalen angemeldet worden sind. Hervorzuheben ist aber auch, dass mit der Gesamtheit dieser einzelnen Maßnahmen die Mindeststandards, die im Entwurf des BVWP 2030 für die Erreichbarkeitszeiten definiert werden, für die Wittgensteiner Städte und Gemeinden realisiert werden können. Im Beteiligungsverfahren zum BVWP muss deswegen die entscheidende Forderung des Kreises auf die Einbeziehung des Gesamtprojektes mit allen Ortsumgehungen entlang der „Route 57“ inkl. der Fortführung von Schameder in Richtung Frankenberg (B508n) und die gesamthafte Darstellung im Vordringlichen Bedarf (VB) ausgerichtet sein. Ergänzend ist deutlich zu machen, dass die Berücksichtigung der Maßnahmen für die Verbesserungen auf der Siegstrecke und der Ruhr-Sieg-Strecke und deren Zuordnung in den Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes (Projekt Korridor Mittelrhein: Zielnetz I) vom Kreis Siegen-Wittgenstein ausdrücklich begrüßt wird. Insbesondere die entlang der genannten Schienenstrecken vorhandenen wirtschaftsstarken Räume in Südwestfalen und im Kreis Siegen-Wittgenstein werden von dieser deutlichen Infrastrukturverbesserung für den KV-Verkehr durch eine durchgängige Aufweitung des Tunnelprofils

12 auf P/C 400 profitieren. Hierdurch wird sich in besonderem Maße auch der Wirkungsgrad und die Entwicklungsmöglichkeiten des derzeit im Bau befindlichen KV-Terminals Kreuztal erhöhen. Nach dem Ausbau der Strecke ist mit einem deutlich erhöhten Güterverkehrsaufkommen zu rechnen. Damit sich hieraus keine negativen Folgen für den SPNV in Quantität und Qualität ergeben sind aus Sicht der Verwaltung auf der Strecke zwischen Letmathe und Kreuztal neben den Blockverdichtungen auch zusätzliche Überleitverbindungen erforderlich. Hierzu zählen Überleitverbindungen in den ehemaligen Bahnhöfen Altena und Littfeld sowie in den Bahnhöfen Lennestadt-Grevenbrück und Welschen Ennest. Durch den zunehmenden Güterverkehr ist insbesondere durch die zum Teil sehr engen Tallagen mit einer erhöhten Lärmbelastung zu rechnen. Um die negativen Auswirkungen für die Bevölkerung zu vermeiden sollte ein erhöhter Schallschutz vorgesehen werden. Des Weiteren wird die Herstellung der durchgehenden Zweigleisigkeit von Köln bis Siegen Ost Gbf. für unbedingt erforderlich gehalten. Um dies zu realisieren, müssten neben den beiden im Projekt genannten Abschnitten auch der Abschnitt von Siegen nach Siegen Ost Gbf. aufgenommen werden. Ein Verzicht auf die Zweigleisigkeit in diesem Streckenabschnitt wird die EngpassSituation auf der Sieg-Strecke nicht beseitigen. Im Gegenteil, durch die erwartete stärkere Frequentierung der Sieg-Strecke wird sich im Bahnhof Siegen der bestehende Engpass weiter verstärken und sich damit noch nachteiliger als bisher auf die vorhandenen und zu erwartenden Bahnverkehre im Knotenbereich Siegen auswirken. Auch die ansonsten gegebene Wirksamkeit der Maßnahme aus Richtung Köln könnte konterkariert werden. Schließlich ist darauf hinzuwirken, dass die Realisierung der Maßnahme nicht nur oder nur vorwiegend Entlastungseffekten für von Güterfernverkehren auf anderen Strecken hoch belasteten Gebieten dient. Gleichzeitig muss deswegen die Nutzung von vorhandenen Verlademöglichkeiten für die heimische Wirtschaft bzw. deren Ausbau ermöglicht werden und über die Strecken ist auch eine verbesserte Anbindung an das Fernverkehr- und Hochgeschwindigkeitsnetz für den Schienenpersonenverkehr zu gewährleisten.

Der Landrat

Andreas Müller