Knut Hamsun besucht Adolf Hitler Annotation zum Buch Knut Hamsun, Die Reise zu Hitler von Tore Rem

Knut Hamsun besucht Adolf Hitler – Annotation zum Buch „Knut Hamsun, Die Reise zu Hitler“ von Tore Rem Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Nachdem ...
Author: Jakob Kappel
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Knut Hamsun besucht Adolf Hitler – Annotation zum Buch „Knut Hamsun, Die Reise zu Hitler“ von Tore Rem Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Nachdem er sich für einen Propagandakongress der Nazis in Wien hatte einspannen lassen, durfte der norwegische Nobelpreisträger und Zurück-zuNatur-und-Scholle-Freund Knut Hamsun am 26. Juni 1943 Adolf Hitler auf dem Obersalzberg besuchen, begrüßen und bequatschen. Die ursprünglich als Propagandanummer von Goebbels eingefädelte Geschichte, geriet dank des störrischen 83-jährigen Knut Hamsum zum Desaster. Dieser wollte, als die Welt zusammenbrach, ein bisschen Frieden und Freiheit für das von den Nazis besetzte Norwegen. Hitler hatte andere Sorgen und war kein Freund von Widerspruch. Obgleich Hamsun selbst der norwegischen Nazipartei angehörte, gegen Juden, Gewerkschafte, Sozialisten usw. hetzte, hatte er sich den Floh ins Ort gesetzt, etwas für sein Land zu tun. Er wollte ein freies, unabhängiges und nationalsozialistisches Norwegen in der Zukunft. Klingt albern und fernab jeder Realität, ist es auch. Der norwegische Autor, Kritiker und Literaturprofessor Tore Rehm platziert um diese Begegnung ein ungemein spannendes Buch, das sich, anhand von neusten Forschungen, auf schlüssige Weise mit den Verstrickungen des Herrn Hamsun beschäftigt. Ausgehend von frühen Verlautbarungen Hamsuns, entwirrt er Stück für Stück den gordischen Knoten um Hamsuns Naziseele, den er und seine Jünger ihm nach 1945 verpasst haben. Tolles Buch für alle Fans und Feinde des Norwegers, dessen belletristische Werke „Hunger“, „Mysterien“ und „Segen der Erde“ ich leider nach wie vor großartig finde.

• * * * Tore Rem, Knut Hamsun, Die Reise zu Hitler, 400 Seiten, Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2016, 24,99 Euro (D)

12. Achtung Berlin in Großberlin und Kleinmachnow Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Das nächste Filmfest steht vorm Berliner Tor. Am 12. April 2016 eröffnet zum zwölften Mal das Festival Achtung Berlin mit dem New Berlin Film Award und wird bis zum 20. April 2016 in den Spielstätten Babylon, Filmtheater am Friedrichshain, Tilsiter Lichtspiele sowie Neue Kammerspiele Kleinmachnow rund 100 Filme präsentieren. An Spree und Teltowkanal werden im Wettbewerb „abendfüllender Spiel- und Dokumentarfilme sowie mittellange und kurze Filme“

gezeigt. Neben einem Spielfilm-Wettbewerb und einem Dokumentarfilm-Wettbewerb sowie den Wettbewerben für Mittellange Filme und Kurzfilme kann Kinokost des etwas anderen Art vor allem in den Sektionen Berlin Highlights und Berlin Documents gekaut oder durch den Kakao gezogen werden. Wer lieber kalten Kaffee mag, der ist in der Sektion Retrospektive gut gebettet. Die Retrospektive findet erstmals im Bundesplatz-Kino statt, das sich mit seiner filmhistorischen Reihe am Sonntagnachmittag bei Berliner und Brandenburger Cineasten bereits einen Namen machte. Eröffnet wird die zwölfte Achtung Berlin mit einer Weltpremiere von Timo Jacobs, der seinen zweiten Spielfilm „Mann im Spagat – Pace, Cowboy, pace“ präsentiert. Laut Veranstalter (Pressemitteilung vom 29.02.2016) werde Jacobs als „Regisseur und Hauptdarsteller“ nicht nur von den Festivalleitern Hajo Schäfer und Sebastian Brose begrüßt, sondern „seinen Film im Kino International in Anwesenheit seines Filmteams vorstellen“. Das alles und noch viel mehr „für neues deutsches Kino aus Berlin und Brandenburg“ – hört, hört – bietet das zwölfte Achtung Berlin demnächst in Großberlin und Kleinmachnow.

Filmpolska zum Elften Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Zum elften Mal steht das Festival namens Filmpolska vor der Tür. Vorm 20. bis 27. April 2016 werden in Berlin, Potsdam und Frankfurt an der Oder eine Woche lang polnische Filme zu sehen sein. Zu den Höhepunkten des Festivalprogramms gehört der Film „300 Meilen zum Himmel“ („300 mil do nieba“, Polen 1989), zu dem Regisseur Maciej Dejczer, einer der Protagonisten des Films und weitere Gäste nach der Vorführung über die Situation von Kindern und Jugendlichen auf der Flucht im aktuellen Kontext diskutieren. Mit den Produzenten des Films „Karski und die Herrscher der Menschheit” („Karski i władcy ludzkości“, Polen 2015) können die Besucher in der Topografie des Terros diskutieren, wo der Festivalbeitrag seine Deutschlandpremiere haben wird. Regisseur Sławomir Grünberg erzählt die Geschichte von Jan Karski – eigentlich Jan Kozielewski – der mit beispielhaftem Mut im Zweiten Weltkrieg als erster persönlich fundierte

Berichte über die Judenvernichtung an die westlichen Alliierten lieferte. Karski gilt heute als einer der bedeutendsten Zeugen des Holocaust. Die Spielorte des 11. Filmpolska sind Babylon, Zeughauskino, Arsenal, Kino FSK, Bundesplatz-Kino, Martin-Gropius-Bau, AcudKino, Cinestar Frankfurt (Oder), Thalia Potsdam, Topographie des Terrors, Club der polnischen Versager, der Filmclub K18 und die UP Gallery. Eröffnet wird das Festival am 20. April um 19.30 Uhr im Babylon.

Klagende Geige – “Anatevka” in der Oper Bonn Bonn, Deutschland (Kulturexpresso). Wie “Fiddler on the Roof”

mussten sich die Juden im zaristischen Russland fühlen. Ähnlich jener Geige spielenden Figur Marc Chagalls, die wie keine andere die Gratwanderung zwischen Lebensmut und Hoffnungslosigkeit symbolisiert. Jerry Bock komponierte nach dem Buch von Joseph Stein und den Gesangstexten von Sheldon Harnick ein Musical, das vom Broadway aus als „Anatevka“ seinen Siegeszug um die Welt antrat. Dabei ist Anatevka ein jüdisches Schtetl im zaristischen Russland, das nicht nur unter seiner Armut leidet. Hinzu kommt die Launenhaftigkeit der Politik, die schließlich in Pogromstimmung einmündet und der jüdischen Bevölkerung Anatevkas zu Beginn des letzten Jahrhunderts sogar das Existenzrecht abspricht. Packend und ergreifend erzählt und doch nicht ohne augenzwinkernden Humor, dem Karl Absenger in seiner Bonner Inszenierung mit einem ganzen Kaleidoskop der Gefühle meisterhaft Ausdruck verleiht. Tradition und Revolution Allen voran Tevje, der Milchmann, der seine Familie mehr schlecht als recht über die Runden bringt. Geradezu ein Glücksfall in dieser Rolle ist Gerhard Ernst, der auf liebenswerte Weise seinen Traum vom schnellen Reichtum träumt. Hat er sich doch zu sorgen um seine eigenwillige Frau Golde (Anjara I. Bartz) sowie fünf Töchter, davon drei in heiratsfähigem Alter (Sarah Laminger als Tzeitel, Maria Ladurner als Hodel und Lisenka Kirkcaldy als Chava). Und genau dies ist der Ausgangspunkt für die sich anbahnenden Konflikte mit der bislang von allen akzeptierten Tradition. Bekennen sich doch nun die drei Töchter zu einer unerwarteten Liebesheirat, die nicht nur der Heiratsvermittlerin Jente (Maria Mallé) ernsthafte Probleme bereitet. Und die, weit schlimmer, die väterliche Autorität mit ihrem letzten Wort außer Kraft zu setzen droht. So bedarf es zur Gesichtswahrung eines von Tevje inszenierten Albtraums mit Goldes verstorbener Großmutter (Barbara Teuber), um ein an Fleischer Lazar Wolf

(Martin Tzonev) gegebenes Eheversprechen wieder rückgängig zu machen. Dramatischer Aufbruch So können der arme Schneider Mottel (Christian Georg) und der von revolutionären Ideen getriebene Student Perchik (Dennis Laubenthal) als zukünftige Schwiegersöhne noch mit Verständnis und dem erhofften väterlichen Segen rechnen. Nicht jedoch der nichtjüdische Russe Fedja (Jeremias Koschorz), den er, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, mitsamt seiner Lieblingstochter Chava gnadenlos verstößt. Und diese Trennung aufrecht erhält selbst noch zu einem Zeitpunkt, als die Gewitterwolken über der jüdischen Gemeinde von Anatevka längst aufgezogen sind. Es ist die zu Herzen gehende Stunde des Abschieds, die nicht nur die Familie sondern auch die ganze Dorfgemeinschaft auseinander reißt. Eine Situation, in der sich zeigt, auf welcher Seite der sich bislang leutselig gebärdende russische Wachtmeister (Stefan Viering) zu stehen hat. Bei einem mit überzeugenden Stilmitteln gestalteten dramatischen Flüchtlingstrek (Ausstattung: Karin Fritz, Licht: Friedel Grass) in eine Ungewissheit, der sich, daran soll wohl erinnert werden, schon wenige Jahrzehnte später unter anderen politischen Vorzeichen noch steigern sollte. Farbige Glanzpunkte Und zweifellos setzt die Inszenierung auch Assoziationen frei zu der Flüchtlingssituation unserer Tage. So sind es Szenen wie diese, in denen das Beethoven Orchester Bonn unter der musikalischen Leitung von Stephan Zilias unglaublich anrührend aufspielt. Als ebenso überzeugend erweisen sich auch der Chor des Theater Bonn, der Kinder- und Jugendchor sowie eine Tänzergruppe (Choreographie Vladimir Snizek), die dem jüdischen Dorfleben Anatevkas, vor allem während der Hochzeitsfeier, mit ihren tänzerischen Ausdrucksmitteln

farbige Glanzpunkte verleiht. So erbringen die abschließenden lang anhaltenden stehenden Ovationen den Erweis, wie jung das Stück in all den Jahrzehnten geblieben ist. Und wie sehr es diese Bonner Inszenierung auch heute noch vermag, die klagenden Töne des „Fiddler on the Roof“ vernehmbar zu machen. Weitere Aufführungen: 13. und 30. April, 15. und 22. Mai, 03., 12., 15., 19. und 22. Juni 2016.

Wo bleibt die Musik? Werner Schmidbauer und Martin

Kälberer auf Abschiedstournee Frankfurt am Main, Deutschland (Kulturexpresso). Den Mozartsaal in der abendlichen Alten Oper hatten sich Werner Schmidbauer und Martin Kälberer als Bühne für Ihren Tourneestep in der Stadt am Main ausgesucht. Es war ihr dritter Auftritt im Kreise ihrer Fangemeinde in Hessen. Im Vorfeld war die Reise durch Deutschland als Abschiedstournee angekündigt.In den letzten Wochen wurde von beiden meist vor ausverkauftem Haus in die Seiten gegriffen. Der Abend begann mit dem Einzug von Martin mit dem Akkordeon und derm Lied: „Mit oam Schlag“ und dann dem Einsatz von Werner an der Gitarre. „Mit oam Schlag stehts da wia Depp.“ Dieser Song ist bezeichnend für die Musik und die Texte der beiden Musiker. Von einem auf den anderen Moment kann alles anders sein als noch vor einer Minute. Eben noch sicher alles im Griff zu haben ist es mit einem Schlag alles anders. Die Texte auf bayrischer Mundart umgesetzt, für manchen Hessen, der nicht textsicher ist, dauert es eine Weile bis der alles verstanden hat und aus voller Kehle mitgesungen werden kann. Beim Stück “Momentensammler“ kommt erstmals ein Gemeinschaftsgefühl auf, denn jeder im Saal kennt den Refrain. Über die Aufgabe jeden Moment zu genießen und eine persönliche Sammlung anzulegen. Zwischen den Musikstücken streut persönliche Geschichten ein.

Werner

Schmidbauer

So wie die Reise nach dem türkischen Istambul in einer Schaffenspause . Was als Ablenkung vom täglichen Tourstress geplant war entwickelt sich zu einer Herzensliebe zur Stadt und den Menschen am Bosporus. Eine ortsansässige Führung zeigt den beiden die verschwiegenen Ecken von Istabul und auf den Straßen und Plätzen kommt es zu spontanen Konzerteinlagen der

beiden Bayern mit den

Straßenmusikern.

Auch ganz persönliche Geschichten kann Werner erzählen. Wie er beim Auspacken einer Taufkerze der Kinder einen Zettel mit einem Taufspruch von früher findet und daraus dann der Text für das Lied: „Bei dir“ entsteht. Oder es war vor fünf Jahren als Werner einen Artikel in der Zeitung liest, worin mitgeteilt wird, dass sechs Menschen bei einem Fluchtversuch aus Afrika im Mittelmeer ertranken. Ein Anstoss für das Lied “Süden“. Aber auch Martin Kälberer setzt besonders sein musikalisches Talent in Scene. Auf einem „Hang“ einem Schweizer Instrument, das sehr einem Ufo gleicht , bringt er Töne zum Klingen die zur Musik zusammenwachsen. Melodien die den Abend zu einer musikalischen Vollendung machen. Nach

der

Rückkehr

aus

Istanbul

und

beim

Besuch

der

Fussgängerzone in München, stellt sich für Werner der Eindruck ein, das in Westen Musik nur noch Privat und mit Ohrstöpsel genoßen wird. Es kommt zur Frage: Wo bleibt die Musik? Schon ist wieder ein Lied und ein Text entstanden. Beim Titel “Glück g` habt“ trumpfen beide Musiker auf mit besonderen Instrumenten wir der Text zur Höchstform untermalt. Ein Text der zum Nachdenken zwingt und das Publikum ist ergriffen. Wenn es am schönsten ist sollte man aufhören und die Abschiedstournee deutet eine Schaffenspause der beiden an. Doch nicht zu vergessen das große Anschiedskonzert, aufgeführt an zwei Tagen am 22. und 23. July in Rosenheim so kündigt sich das Finale „Dahoam“ an. Der Abend in Frankfurt in der Alten Oper endet mit drei Zugaben und dem Lied :“ an Abend so wie heit lad i mer Friend ein.