Kapitel 10
Knie-Totalendoprothese (TEP)
96
Zusammenfassung Der endoprothetische Ersatz des Kniegelenkes
Als das wichtige Qualitätsziel „Ausreichende post-
erfährt weltweite erhebliche Steigerungsraten. In
operative Kniegelenkbeweglichkeit“ wurde nach
Deutschland werden über 60.000 dieser Eingriffe
der Neutral-Null-Methode dokumentiert. Ein deutli-
jährlich durchgeführt.
ches Verbesserungspotenzial liegt in der Dokumentationsqualität zu diesem Merkmal, das in 17,5 %
Grundlage der Bewertung sind 64.198 Datensätze
der Fälle ungültige Angaben aufwies. Die Ergebnisse
aus 819 Krankenhäusern, die 101 % der erwarte-
der gültigen Angaben zeigten eine mittlere Rate
BQS - Projektleiter
ten Datensätze repräsentieren.
an ausreichender Kniegelenkbeweglichkeit von
Oliver Boy Dr. Regine Reinstorf
Die Ergebnisse zum Qualitätsziel „Selten Wundin-
häuser ist mit Raten zwischen 6,7 % und 100 %
Mitglieder der Fachgruppe Orthopädie und Unfallchirurgie
fektion/Abszessbildung“ zeigten eine mittlere Wund-
außerordentlich groß. Diesem Umstand soll auf
infektionsrate von 0,78 %. Als auffällig wurden Infek-
Landesebene im Strukturierten Dialog nachgegangen
tionsraten von über 2 % festgelegt.
werden.
Prof. Dr. Jürgen Ahlers Leverkusen
490 (83,9 %) der Krankenhäuser mit mehr als 20 operierten Fällen hatten eine Wundinfektionsrate
Die Fachgruppe weist darauf hin, dass die valides-
Dr. Dieter Decking Münster
von unter 2 %. Mit Infektionsraten von 0 bis 17,4 %
ten Qualitätsbeurteilungen in der Endoprothetik
war die Spannweite der Krankenhausergebnisse
nur durch Langzeitbeobachtung möglich sind.
Dr. Rita Engelhardt Berlin
erheblich. Bei Krankenhäusern mit auffällig hohen
Zahlreiche operationstechnische Unzulänglichkeiten
Infektionsraten soll ebenso ein strukturierter Dialog
– exemplarisch können ungenügende Bandführung
begonnen werden wie mit Krankenhäusern, die
und suboptimale intraoperative Ausrichtung der
keinerlei Infektionen bei höheren Fallzahlen doku-
Beinachse genannt werden – machen sich erst im
mentiert haben. Im Jahr 2002 war letztmalig eine
Langzeitverlauf bemerkbar. Die Fachgruppe Ortho-
Definition des Datenfeldes „Wundinfektion/Abszess-
pädie und Unfallchirurgie unterstreicht daher die
bildung“ in der Anwendung, die nicht ausreichend
Forderung, durch den Aufbau eines nationalen
Prof. Dr. Volker Ewerbeck Heidelberg Prof. Dr. Rüdiger Franz Dresden Dr. Thomas Gaertner Oberursel
91,7 %. Die Spannweite für die einzelnen Kranken-
exakt war. Ab 2003 sind diese Unschärfen durch
Endoprothesenregisters mit der Möglichkeit der
die standardisierte Wundklassifikation nach den
Verlaufsbeobachtung eine erhebliche methodische
Dr. Matthias Hübner Oberursel
Kriterien der CDC beseitigt.
Verbesserung der Beurteilung der Ergebnisqualität
Marion Lichtinghagen Wiesbaden
Die Ergebnisse zum Qualitätsziel „Selten Wund-
Prof. Dr. Michael Paul Hahn Bremen
anzustreben.
hämatom/Nachblutung“ zeigten eine mittlere Rate Prof. Dr. Hans-Jörg Oestern Celle Jovita Ogasa Köln
für Blutungskomplikationen von 2,39 %. Die Krankenhausergebnisse wiesen auch hier eine erhebliche Spannweite mit Nachblutungsraten von 0 bis
Prof. Dr. Klaus E. Rehm Köln
20,5 % auf, die möglicherweise auf eine unscharfe
Detlef Roggenkemper Sendenhorst
ist. Im Jahr 2003 werden lediglich die chirurgisch
Dr. Volker Sänger Eichstätt
kommen, damit wird eine bessere Vergleichbarkeit
PD Dr. Heinz-Helge Schauwecker Berlin Stand: Oktober 2003
Definition des Begriffs Hämatom zurückzuführen
revidierten Blutungskomplikationen zur Auswertung
der Krankenhausergebnisse erwartet.
97
Einleitung Der künstliche Kniegelenkersatz als Behandlungs-
Abbildung 10.1: Datengrundlage und Verteilung der Vollständigkeit gelieferter Datensätze nach Bundesländern
verfahren der „Volkskrankeit Kniegelenkverschleiß“ imponiert durch steigende Fallzahlen aufgrund großer Fortschritte bei den Implantaten und der Implantationstechnik. Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung einer Kniegelenkverschleißerkrankung (Gonarthrose) sind Achsfehlstellungen, das höhere Lebensalter und die Übergewichtigkeit. Das Vorhandensein einer
200 % 180 % 160 % 140 % 120 % 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % 0%
Vollständigkeit: 101 % Mittelwert Länder: 113 % Spannweite: 60 - 173 % Median: 105 %
1
2
3
4
5
6
Gonarthrose erreicht bei Frauen über 70 Jahren Werte von 36 % (König & Kirschner 2003). In den USA hat sich die Zahl der Kniegelenkersatzplastiken in nur einem Jahr (von 1999 bis 2000) um 22,5 % erhöht. Im Jahr 2002 wurden rund 335.000 Implantationen vorgenommen (Healy et al. 2002). Damit werden in den USA nahezu eben so viele künstliche Kniegelenke wie künstliche Hüftgelenke implantiert, während in Deutschland
7 8 9 Bundesländer
10
11
12
13
14
Vollständigkeit Datensätze Ausgewertete Datensätze (Version 3.3 und 5.0.1) Gelieferte Datensätze (Version 3.3) Gelieferte Datensätze (Version 5.0.1) Erwartete Datensätze Vollständigkeit (ausgewertete Datensätze)
2002 64.198 8.702 55.496 63.283 101 %
Vollständigkeit Krankenhäuser Teilnehmende Krankenhäuser (gesamt) Teilnehmende Krankenhäuser (Version 3.3) Teilnehmende Krankenhäuser (Version 5.0.1) Erwartete Krankenhäuser Vollständigkeit (gelieferte Datensätze)
2002 819 330 790 806 102 %
die Zahl der Kniegelenkendoprothesen nur rund die Hälfte der Hüftgelenksendoprothesen beträgt (König & Kirschner 2003).
Galten die Verfahren zum alloplastischen Kniege-
Das schwedische Knieendoprothesenregister ver-
lenkersatz noch in den 1980er-Jahren als unausge-
zeichnet einen Zuwachs der Implantationsraten
reift, so haben sich in den letzten Jahren Implan-
von Knieprothesen von 1999 auf das Jahr 2000
tate, Verfahren und Erfahrung der Operateure soweit
um 11 % und rechnet mit einer Zunahme der Knie-
verbessert, dass inzwischen regelhaft Standzeiten
gelenkendoprothetik bis zum Jahr 2030 um 36 %
für die Endoprothesen von zehn Jahren erreicht
(Robertsson et al. 2001). Für Deutschland liegen
werden. Entsprechend steigt die „Nachfrage“ nach
Schätzungen für Implantationszahlen der Knie-Total-
künstlichem Kniegelenkersatz.
endoprothese zwischen 60.000 und 100.000 Eingriffen jährlich vor. Eine vergleichbare Steigerungs-
Datengrundlage
rate kann erwartet werden. Eine Hochrechnung der
Für 2002 wurden der BQS 64.198 Datensätze von
jährlichen Fallkosten ergibt eine Summe von über
819 Krankenhäusern übermittelt. Diese Datensätze
einer halben Milliarde Euro.
liegen in zwei Formaten vor: Nach dem Pflichtenheft 3.3 wurden 8.702 Datensätze, nach der BQS-
Ziel eines endoprothetischen Kniegelenkersatzes
Spezifikation 5.0.1 wurden 55.496 Datensätze über-
ist die Wiederherstellung der physiologischen
mittelt (Abbildung 10.1).
Beinachse, Herstellung einer stabilen Bandführung
In der Auswertung wurden die Datenfelder des alten
und schmerzfreien Kniegelenkbeweglichkeit sowie
und neuen Datensatzformates ohne Informations-
die möglichst uneingeschränkte Gehfähigkeit des
verlust aufeinander bezogen, so dass alle geliefer-
Patienten bei langer „Lebensdauer“ (Standzeit)
ten Datensätze ausgewertet werden konnten.
der Implantate. Die Beteiligung der Bundesländer variiert und weist bezogen auf das Verhältnis von erwarteten zu ausgewerteten Datensätzen eine sehr hohe Spannweite von 60 bis 173 % auf.
15
16
98
Tabelle 10.1: Verteilung von Krankenhäusern und Behandlungsfällen auf Fallzahlklassen Fallzahlklassen
Anzahl Krankenhäuser
Anteil an allen Krankenhäusern
Anzahl Behandlungsfälle
Anteil an allen Behandlungsfällen
1 - 9 Fälle 20 - 49 Fälle 50 - 99 Fälle ≥100 Fälle
235 206 170 208
28,7 % 25,2 % 20,8 % 25,4 %
1.893 6.796 12.191 43.318
2,9 % 10,6 % 19,0 % 67,5 %
Gesamt
819
100,0 %
64.198
100,0 %
Werte über 100 % können folgende Ursachen haben: • Die Anzahl der im Verfahrensjahr 2002 erwarteten Datensätze wurde geschätzt auf Grundlage der für 2001 von den Krankenhäusern vereinbarten Fallpauschalen und Sonderentgelte. Diese Vereinbarungszahlen wurden vom VdAK in einer Statistik zusammengefasst und der BQS für die methodische Sollstatistik zur Verfügung gestellt. • Nicht alle Krankenhäuser, die im Jahr 2002
Tabelle 10.2: Basisstatistik Altersverteilung Anzahl Patienten mit gültiger Altersangabe < 40 40 - 59 60 - 79 80 - 89 ≥ 90
Anzahl 64.177 163 6.222 50.156 7.479 157
Alter Anzahl Patienten mit gültiger Altersangabe Median Mittelwert Geschlecht Männlich Weiblich
64.177 71,0 Jahre 70,2 Jahre Anzahl 18.238 45.960
Anteil 28,41 % 71,59 %
Anzahl 4.382 37.056 22.202
Anteil 6,83 % 57,72 % 34,58 %
492
0,77 %
66
0,10 %
Einstufung nach ASA-Klassifikation ASA 1: Normaler, ansonsten gesunder Patient ASA 2: Patient mit leichter Allgemeinerkrankung ASA 3: Patient mit schwerer Allgemeinerkrankung und Leistungseinschränkung ASA 4: Patient mit inaktivierender Allgemeinerkrankung, ständige Lebensbedrohung ASA 5: Moribunder Patient
Anteil
Leistungen mit Dokumentationspflicht für die externe Qualitätssicherung erbracht und Daten-
0,25 % 9,70 % 78,15 % 11,65 % 0,24 %
sätze übermittelt haben, waren in der Datenbasis des VdAK enthalten. • In vielen Krankenhäusern war die Anzahl der für das Jahr 2001 vereinbarten Leistungen niedriger oder höher als die Anzahl der im Jahr 2002 erbrachten Leistungen, für die Datensätze dokumentiert und übermittelt wurden.
Die Vollständigkeit der Datensätze lag insgesamt bei 101 %. Dieser Wert ist für einen Leistungsbereich im ersten Jahr der bundesweiten Einführung als sehr gut einzuschätzen. Die Vollständigkeit der teilnehmenden Krankenhäuser wies ebenfalls auf eine sehr gute Beteiligung hin und lag bei 102 %.
Basisdaten 64.198 Datensätze aus 819 Kliniken für den Leistungsbereich Knie-Totalendoprothese gehen in die Auswertung ein. Für den Vergleich der Krankenhausergebnisse (Benchmark-Grafik) werden aus statistischen Gründen nur Krankenhäuser mit Fallzahlen ≥ 20 berücksichtigt. Dies sind 584 (71,3 %) von 819 teilnehmenden Krankenhäusern. Die restlichen 235 Krankenhäuser haben weniger als 20 Knieprothesenimplantationen dokumentiert und werden aus statistischen Gründen in der vergleichenden Darstellung nicht berücksichtigt. Um die Ergebnisse dieser 235 Krankenhäuser in eine Darstellung einfließen zu lassen, wurde eine gesonderte Analyse nach Fallzahlklassen vorgenommen. Die Verteilung der Krankenhäuser auf die Fallzahlklassen zeigt, dass in jeder Fallzahlklasse ähnlich viele Krankenhäuser vertreten sind (Tabelle 10.1).
99
Beim Blick auf die Anzahl der behandelten Fälle in
Für den Vergleich der Krankenhausergebnisse wur-
den Fallzahlklassen zeigt sich jedoch, dass ledig-
den Krankenhäuser mit Fallzahlen ≥20 berücksich-
lich 2,9 % aller Fälle in Krankenhäusern mit Angabe
tigt. Dies sind 584 (71,3 %) von 819 an der Quali-
von weniger als 20 jährlichen Knieprothesenimplan-
tätsdokumentation teilnehmenden Krankenhäusern.
tationen versorgt werden. Bei 43.318 (67,5 %) Patienten erfolgte die prothetische Versorgung des
In einer Sonderauswertung wurde untersucht, ob
Kniegelenks in Krankenhäusern, die über 100 die-
ein Zusammenhang zwischen der Anzahl der in
ser Eingriffe jährlich durchführten. Anders ausge-
den Krankenhäusern durchgeführten Eingriffe und
drückt: die 235 Krankenhäuser (28,7 % aller Kran-
den Wundinfektionsraten besteht.
kenhäuser) mit weniger als 20 Fällen pro Jahr be-
Dazu wurden vier Fallzahlklassen (1 bis 19 Fälle,
handeln lediglich 1.893 Fälle oder einen Anteil von
20 bis 49 Fälle, 50 bis 99 Fälle, 100 und mehr
2,9 % von allen Fällen.
Fälle) gebildet und für diese Fallzahlklassen die Wundinfektionsraten ermittelt. Mit dem Chi-Quadrat-
Die demografischen und epidemiologischen Basis-
Test wurde überprüft, ob sich die Wundinfektions-
daten der eingeschlossenen Patienten sind in
raten in den Fallzahlklassen signifikant voneinander
Tabelle 10.2 zusammengefasst.
unterscheiden.
Datenqualität
Ergebnisse
Zur Beurteilung der ASA-Angaben muss berück-
Bei 499 von 64.198 dokumentierten Knie-Total-
sichtigt werden, dass eine Plausibilitätskontrolle
endoprothesenimplantationen (0,78 %) wurde eine
von ASA-Angaben nicht erfolgt. Bei den Angaben
Wundinfektion / Abszessbildung als Komplikation
„ASA = 5“ liegt möglicherweise eine Fehlklassifi-
dokumentiert.
kation vor (0,1 % aller Angaben). Die Spannweite der Infektionsraten für die 584
Qualitätsziel: Selten Wundinfektionen
Krankenhäuser mit mehr als 20 dieser Eingriffe pro Jahr reichte von 0 bis 17,4 %. Der Median lag bei 0 % (Abbildung 10.2).
Problem Wundinfektionen in der endoprothetischen Gelenk-
Tabelle 10.1 zeigt die Wundinfektionsraten aufge-
chirurgie sind gefürchtete Komplikationen, da sie
schlüsselt nach Fallzahlklassen.
das operative Ergebnis erheblich beeinträchtigen. Im ungünstigen Fall führen sie zum Prothesenwechsel oder gar zum Prothesenverlust mit irreversiblem Funktionsverlust des Kniegelenkes. Jede Maßnahme der Infektbehandlung hat eine Beeinträchtigung des Patienten zur Folge, verlängert den stationären Aufenthalt und führt zu erhöhten Therapiekosten.
Methodik Basis der Auswertung waren 64.198 Datensätze aus 819 Kliniken für den Leistungsbereich KnieTotalendoprothese. Zur Berechnung der Wundinfektionsraten wurden das Datenfeld 60 „behandlungsbedürftige postoperative Komplikationen“ und das Datenfeld 66 „Wundinfektion / Abszessbildung“ des Datensatzes ausgewertet.
100
Abbildung 10.2: Anteil von Fällen mit Wundinfektion/Abszessbildung an operierten Knie-Totalendoprothesen-Fällen
Für die Fallzahlklasse 1 bis 19 Fälle wurde eine Wundinfektionsrate von 1,37 %, für die Fallzahlklasse 20 bis 49 Fälle eine Wundinfektionsrate von 1,16 % ermittelt. Die Fallzahlklasse 50 bis 99
20 %
Fälle wies eine Wundinfektionsrate von 0,75 %, 18 %
die Fallzahlklasse ≥ 100 Fälle eine Wundinfektions-
16 %
rate von 0,70 % auf. Mit dem Chi-Quadrat-Test kann die Hypothese, dass alle vier Fallzahlklassen
Wundinfektionen
14 %
identische Raten an Wundinfektionen aufweisen,
12 %
zum 5 %-Niveau verworfen werden.
10 %
Abbildung 10.3 zeigt die Wundinfektionsraten für 8%
die vier Fallzahlgruppen einschließlich der Vertrau-
6%
ensbereiche. Auffällig ist die deutlich geringere Streuung in den beiden Gruppen mit höherer
4%
Fallzahl.
2%
Abbildung 10.4 zeigt die Krankenhausergebnisse
0%
Krankenhäuser
getrennt nach Fallzahlklassen. 490 (83,9 %) der 0,78 % 0,71 - 0,85 % 0% 0 - 17,4 %
Gesamtrate Vertrauensbereich Median der Krankenhausergebnisse Spannweite der Krankenhausergebnisse
584 Krankenhäuser haben mindestens 20 Fälle in dieser Grundgesamtheit, Gesamtrate bezogen auf 64.198 Fälle. Der Referenzbereich wurde bei ≤2 % festgelegt.
Krankenhäuser mit 20 und mehr Eingriffen haben eine Wundinfektionsrate von ≤ 2 %. 94 (16,1 %) der Krankenhäuser mit 20 und mehr Eingriffen haben eine Wundinfektionsrate von >2 % und liegen damit im als auffällig definierten Bereich (Abbildung 10.2).
Bewertung Tabelle 10.3: Verteilung von Wundinfektionsraten und Fallzahlklassen Fallzahlklasse
Fälle mit Wundinfektion
Wundinfektionsrate
1 - 19 Fälle 20 - 49 Fälle 50 - 99 Fälle ≥ 100 Fälle
26 / 1.893 79 / 6.796 91 / 12.191 303 / 43.318
1,37 % 1,16 % 0,75 % 0,70 %
Gesamt
499 / 64198
0,78 %
Die Implantation eines künstlichen Kniegelenkersatzes stellt einen standardisierten operativen Eingriff dar, der unter streng aseptischen Bedingungen durchgeführt wird. Aufgrund der geringen Weichteildeckung des Kniegelenkes führen bereits oberflächliche Hautläsionen, Flüssigkeits- und Blutansammlungen im Wundbereich zu einer erhöhten Infektgefährdung.
In der Literatur werden Wundinfektionsraten von weniger als 1 % bis 23 % angegeben. Diese Raten sind in Untersuchungen mit 112 bis 12.118 Fällen ermittelt worden (Chiu et al. 2002). Unter Verwendung einer perioperativen Antibiotikaprophylaxe liegen die Raten bei 1 bis 5 % (Ayers et al. 1997, Chiu et al. 2002, Saleh et al. 2002, StukenborgColsman & Wirth 2000).
101
Das Schwedische Endoprothesenregister definiert die Revision als Wechsel mindestens einer Prothe-
Abbildung 10.3: Vertrauensbereichsgrafik: Wundinfektionsraten der vier Fallzahlklassen
senkomponente und unterscheidet Revisionsraten nach den Indikationen zur Primäroperation. Ca.
2,5 %
16 % der Wechseloperationen bei Patienten, deren Primärimplantationsdiagnose mit „Gonarthrose“ beschrieben war, werden aufgrund der Diagnose
2%
„Infektion“ durchgeführt. Es wird nicht zwischen
eine Vergleichbarkeit nur eingeschränkt gegeben ist (Swedish Knee Arthroplasty Register 2001). Das Nationale Referenzzentrum für die Surveillance nosokomialer Infektionen (NRZ) gibt auf der Basis
Wundinfektionen
Früh- und Spätinfekten unterschieden, so dass
1,5 %
1%
freiwilliger Angaben aus 38 Krankenhäusern über 6 Jahre bei 13.362 Patienten eine Referenzrate von
0,5 %
1,03 % an.
Die mittlere Wundinfektionsrate der Bundesauswer-
0%
tung 2002 lag für die Erstimplantation von Knie-
1-19
Totalendoprothesen bei 0,78 %. Die Erfassung der
20-49
≥ 100
50-99
Anzahl dokumentierter Fälle
Wundinfektionen erfolgte ausschließlich während des stationären Aufenthalts. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkung wurde die ausgewertete Infektionsrate von 0,78 % als Ausdruck guter
Abbildung 10.4: Wundinfektionsrate: Krankenhausergebnisse nach Fallzahlklassen
Versorgungsqualität bewertet. 100 %
100 %
80 %
80 %
Aufgrund der Zahlen aus der Literatur und der Aus-
94 (16,1 %) von 584 Krankenhäusern mit mindes-
Wundinfektion
für Infektionsraten von über 2 % festgelegt.
Wundinfektion
wertungsergebnisse wurde ein Auffälligkeitsbereich 60 %
40 %
60 %
40 %
tens 20 dokumentierten Fällen lagen über diesem 20 %
20 %
Referenzwert. Die Spannweite der Krankenhausergebnisse war bei Infektionsraten von 0 bis 17 %
0%
erheblich. Sie kann auf unterschiedliche Versorgungsqualität ebenso hinweisen wie auf unter-
0% Krankenhäuser mit 1-19 dokumentierten Fällen
Krankenhäuser mit 20-49 dokumentierten Fällen
100 %
100 %
80 %
80 %
schiedliche Dokumentationsqualität. Die Dokumen-
bei 0 % liegt. 537 (65,6 %) Krankenhäuser haben keine Wundinfektion dokumentiert. Dies ist zumindest bei Einrichtungen mit hohen Fallzahlen mit Blick
Wundinfektion
fragt werden, weil der Median der Infektionsraten
Wundinfektion
tationsqualität muss insbesondere deshalb hinter60 %
40 %
20 %
60 %
40 %
20 %
auf die Dokumentationsqualität zu hinterfragen. 0%
0% Krankenhäuser mit 50-99 dokumentierten Fällen
Fallzahlgruppe Anzahl Krankenhäuser
1 - 19 Fälle 235
20 - 49 Fälle 206
Krankenhäuser mit ≥ 100 dokumentierten Fällen
50 - 99 Fälle 170
≥ 100 Fälle 208
Gesamt 819
102
Bei der Interpretation dieser Auffälligkeiten ist zu
Weiterhin ist für den Vergleich mit internationalen
beachten, dass die postoperative Wundinfektion
Zahlen zu beachten, dass die vorliegende Auswer-
im Datensatz 2002 noch nicht – wie ab 2003 rea-
tung lediglich den Zeitraum des stationären Aufent-
lisiert – nach der standardisierten Definition der
haltes und damit die Infektionen innerhalb der
CDC (Centers for Disease Control and Prevention,
ersten zwei bis drei Wochen postoperativ erfasst.
Atlanta, USA) erfasst wurde. Damit war die Ver-
Nachbeobachtungsintervalle, die auf die Bestim-
gleichbarkeit der Angaben innerhalb der ausgewer-
mung des Auftretens von Frühinfekten zielen, wer-
teten Krankenhäuser mit Einschränkungen zu ver-
den international unterschiedlich (4 bis 6 Wochen)
sehen. Im Rahmen des Strukturierten Dialogs soll-
angelegt, andere Publikationen nennen Infektions-
ten auf der Landesebene sowohl die Krankenhäuser
raten bei deutlich längeren Follow-up-Zeiten und
mit Raten oberhalb des Referenzwertes wie auch
unterscheiden nicht mehr zwischen Früh -und Spät-
die Krankenhäuser mit fraglicher Dokumentations-
infekten.
qualität (keine dokumentierte Wundinfektion bei Fallzahlen > 100) angesprochen werden.
Die Auswertung der Fallzahlklassen (1 bis 19, 20 bis 49, 50 bis 99, ≥ 100) zeigt signifikant gerin-
Qualitätsziel: Selten Wundhämatom/ Nachblutung als postoperative Komplikation
gere Wundinfektionsraten für die Fallzahlklassen 50 bis 99 und ≥100 Fälle als für die Fallzahlklassen
Problem
1 bis 19 und 20 bis 49 Fälle. Dies lässt nicht die
Wundhämatome und Nachblutungen nach protheti-
Schlussfolgerung zu, dass in jedem Krankenhaus
schem Kniegelenkersatz sind aufgrund des gering
mit 50 oder mehr Fällen immer die bessere Qualität
ausgeprägten Weichteilmantels des Kniegelenks in
(im Sinne niedriger Infektionsraten) realisiert wird.
doppelter Hinsicht problematisch. Hämatome (Blut-
Ebenso trifft nicht für jedes Krankenhaus aus den
ergüsse) gelten als idealer Nährboden für Bakterien
Klassen mit weniger als 50 Fällen zu, dass hier
und steigern damit die Infektgefährdung. Weiterhin
höhere Wundinfektionsraten auftreten.
kann das Hämatom zu Spannung im Weichteilmantel und der Haut, die das Kunstgelenk bedecken, füh-
Es werden hier Gruppen von Patienten verglichen,
ren. Dadurch können lokale Minderdurchblutungen
die hinsichtlich eines Merkmals (Behandlung in Kran-
und Gewebsschädigungen entstehen, die wiederum
kenhäusern mit einer bestimmter Fallzahl) ähnlich
eine gesteigerte Infektionsgefahr bedingen (Saleh
sind. Auf die Behandlungsergebnisse einzelner Kran-
et al. 2002).
kenhäuser kann damit nicht rückgeschlossen wer-
Ein vorrangiges Ziel in der Kniegelenkchirurgie ist
den. Die Zusammenfassung der Krankenhauser-
deshalb die Vermeidung einer Blutungskomplikation.
gebnisse für definierte Fallzahlklassen in Benchmark-
Eine Häufung dieser Komplikation kann ein Hinweis
grafiken (Abbildung 10.4) ermöglicht eine differen-
auf ein Qualitätsproblem sein.
zierte Bewertung der Ergebnisse der Fallzahlanalyse für eine gesamte Patientengruppe aus Sicht der
Methodik
Krankenhäuser. Die Benchmarkgrafiken zeigen inner-
Ausgewertet wurden die Datenfelder „Behandlungs-
halb der Fallzahlklassen die Verteilung der Ergeb-
bedürftige postoperative Komplikationen“ und
nisse der Krankenhäuser.
„Wundhämatom/Nachblutung“. Auch für dieses Merkmal wurden die Ergebnisse nach Fallzahlklassen (1 bis 19, 20 bis 49, 50 bis 99, ≥ 100 implantierte Kniegelenktotalendoprothesen pro Krankenhaus) berechnet und die Rate an Wundhämatomen und Nachblutungen pro Fallzahlklasse dargestellt.
103
Ergebnisse Bei 1.536 (2,39 %) von 64.198 Patienten wurde
Abbildung 10.5: Anteil von Wundhämatomen/Nachblutungen an operierten Knie-Totalendoprothesen-Fällen
ein Wundhämatom bzw. eine Nachblutung dokumentiert.
25 %
Die Spannweite der Krankenhausergebnisse reich-
hausergebnisse lag bei 1,7 % (Abbildung 10.6). 92 Krankenhäuser (15,8 %) haben eine Rate an Blutungskomplikationen von > 5 % dokumentiert.
Die Auswertung nach Fallzahlklassen zeigt für die Fallzahlklasse 1 bis 19 eine Nachblutungsrate von 3,43 % und für die Klasse von 20 bis 49 Fällen eine Rate an Blutungskomplikationen von 2,9 %. Für die Klasse 50 bis 99 Fälle liegt die Rate bei
Wundhämatome/Nachblutungen
te von 0 bis 20,5 %. Der Median der Kranken20 %
15 %
10 %
5%
2,34 %, für die Klasse mit ≥ 100 Fällen bei 2,28 % (Tabelle 10.4). Mit dem Chi-Quadrat-Test konnte die Hypothese, dass alle vier Fallzahlklassen identische
0%
Krankenhäuser
Raten an Wundhämatomen bzw. Nachblutungen (= Blutungskomplikation) haben, zum 5 % -Niveau verworfen werden (Abbildung 10.6). Die nach Fallzahlklassen getrennten Krankenhausergebnisse sind in Abbildung 10.7 dargestellt.
Bewertung
2,39 % 2,3 - 2,5 % 1,7 % 0 - 20,5 %
Gesamtrate Vertrauensbereich Median der Krankenhausergebnisse Spannweite der Krankenhausergebnisse
584 Krankenhäuser haben mindestens 20 Fälle in dieser Grundgesamtheit, Gesamtrate bezogen auf 64.198 Fälle.
Bei einer mittleren Rate der behandlungsbedürftigen Komplikation „Wundhämatom / Nachblutung“ von 2,39 % und einem Median der Krankenhausergebnisse von 1,7 % ist die Spannweite mit 0 bis
Abbildung 10.6: Vertrauensbereichsgrafik: Raten Wundhämatom / Nachblutung der vier Fallzahlklassen
20,5 % auffällig. Eine Unschärfe der Definition ist als
4,5 %
ein Faktor bei der Interpretation zu berücksichtigen.
4%
komplikationen angegeben, da die Definition des Begriffs „Hämatom“ (Ansammlung extravasalen Blutes im Gewebe) zu untersucherabhängigen Differenzen in der Beurteilung führen kann. Angaben zu Blutungsraten findet man eher in Publikationen zur Thromboseprophylaxe. Unter Gaben von niedermolekularem Heparin sind hier Raten von 7 % veröffentlicht (Fitzgerald, Jr. et al. 2001). Unter diesem Aspekt ist die ermittelte Gesamtrate der Bundesauswertung 2002 als nicht auffällig einzuordnen.
Wundhämatome/Nachblutungen
In der Literatur werden selten Raten für Blutungs-
3,5 % 3% 2,5 % 2% 1,5 % 1% 0,5 % 0%
Die Gesamtrate der Blutungskomplikationen ist als horizontale Linie in der Grafik dargestellt.
1-19
20-49
50-99
Anzahl dokumentierter Fälle
≥ 100
104
Tabelle 10.4: Wundhämatom/Nachblutung nach Fallzahlklassen Fallzahlklasse
Fälle mit Hämatom/ Nachblutung
Nachblutungsrate
Da ein postoperatives Hämatom ebenso wie eine länger als fünf Tage belassene Wunddrainage einen gesicherten Risikofaktor für eine oberflächliche
1 - 19 Fälle 20 - 49 Fälle 50 - 99 Fälle ≥100 Fälle
65 / 1.893 197 / 6.796 285 / 12.191 989 / 43.318
3,43 % 2,90 % 2,34 % 2,28 %
Gesamt
1.536 / 64.198
2,39 %
Wundinfektion darstellt, die wiederum in über 50 % der Fälle zur tiefen Infektion führt (Saleh et al. 2002), sollte daher sowohl in der klinischen Beobachtung als auch in der externen Qualitätssicherung die Beurteilung der Weichteilverhältnisse
Abbildung 10.7: Wundhämatorm/Nachblutung: Krankenhausergebnisse nach Fallzahlklassen
mit besonderer Aufmerksamkeit erfolgen.
Die Interpretation der Krankenhausergebnisse der 100 %
100 %
80 %
80 %
vorliegenden Auswertung ist aufgrund unscharfer
Wundhämatom/Nachblutung
Wundhämatom/Nachblutung
Definitionen der Begriffe „Wundhämatom / Nach-
60 %
40 %
20 %
0%
blutung als behandlungsbedürftige postoperative Komplikation“ nicht eindeutig möglich. Im Daten-
60 %
satz 2003 wird durch ein zusätzliches Datenfeld „Reintervention aufgrund von Komplikationen
40 %
erforderlich“ eine weitergehende Bewertung mög20 %
lich sein. Auf die Festlegung eines Referenzwertes durch die Fachgruppe wird aus diesem Grund für
0% Krankenhäuser mit 1-19 dokumentierten Fällen
Krankenhäuser mit 20-49 dokumentierten Fällen
100 %
100 %
80 %
80 %
die Auswertung 2002 verzichtet.
Wundhämatom/Nachblutung
Wundhämatom/Nachblutung
Die Bewertung der fallzahlorientierten Darstellung
60 %
40 %
20 %
0%
Fallzahlgruppe Anzahl Krankenhäuser
1- 19 Fälle 235
20- 49 Fälle 206
ebenso differenziert vorgenommen werden wie bei
60 %
dem Qualitätsmerkmal „Wundinfektion“. Die Raten von Wundhämatomen/Nachblutungen der höheren
40 %
Fallzahlklassen unterscheiden sich nicht signifikant 20 %
0% Krankenhäuser mit 50-99 dokumentierten Fällen
des Merkmals „Wundhämatom/Nachblutung“ muss
von der Gesamtrate. In der Klasse der Krankenhäuser mit weniger als 50 Behandlungsfällen im Jahr Krankenhäuser mit ≥ 100 dokumentierten Fällen
50- 99 Fälle 170
≥ 100 Fälle 208
Gesamt 819
2002 zeigen sich dagegen signifikant höhere Raten im Vergleich zum Gesamtergebnis (vgl. Abbildung 10.7).
105
Qualitätsziel: Möglichst viele Patienten mit ausreichender postoperativer Beweglichkeit Problem
Streckdefizit von 5 °, 615-mal (1,1 %) ein Streckdefizit von 10 ° bei Patienten mit einer Beugefähigkeit von 70° bis 85° dokumentiert. In 3% der Fälle wurde eine Beugefähigkeit schlechter als 70 ° – unabhängig von der Streckfähigkeit – dokumentiert. Eine nach den Definitionen des Qualitätsmerk-
Hauptziele der Kniegelenkendoprothetik sind die
mals ausreichende Beweglichkeit zum Zeitpunkt
Wiederherstellung einer guten Kniegelenkbeweglich-
der Entlassung erreichten 91,7 % (50.688 von
keit, einer geraden Beinachse und einer stabilen
55.270 Patienten) mit gültigen Angaben zur Beweg-
Bandführung des Gelenkes bei guten Weichteilver-
lichkeit.
hältnissen, Schmerzfreiheit und in der Konsequenz Erhalt bzw. Wiedererlangen von Mobilität und
Im Vergleich der Krankenhausergebnisse der Raten
Selbständigkeit.
„Anteil Patienten mit ausreichendem Bewegungsausmaß zum Entlassungszeitpunkt“ der 517 Kran-
Die externe Bewertung des funktionellen Operations-
kenhäuser mit 20 und mehr Fällen mit gültigen
ergebnisses ist bezüglich der Beurteilung der Band-
Angaben zur Neutral-Null-Methode lag der Median
führung und der Beinachse schwierig, weil Bewer-
bei 94,8 %. Die Spannweite der Krankenhausergeb-
tungsmaßstäbe fehlen, die standardisiert für die ex-
nisse umfasste Raten von 6,7 bis 100 % (Abbil-
terne Qualitätssicherung eingesetzt werden können.
dung 10.8).
Daher kommt der prä- und postoperativen Beur-
Unterteilt nach Fallzahlklassen zeigten sich bei
teilung der Kniegelenkbeweglichkeit nach der Neu-
Entlassung ausreichende Bewegungsausmaße bei
tral-Null-Methode stellvertretend für weitere Funk-
84,7 % aller Patienten der Fallzahlklasse 1 bis 19;
tionsprüfungen eine große Bedeutung zu.
in 88,4 % der Patienten in Fallzahlklasse 20 bis
Methodik
49, sowie in 90,5 % und 92,8 % aller Patienten der Fallzahlklasse 50 bis 99 und ≥100 (Tabelle 10.5).
Ausgewertet wurden die Datenfelder „Bewegungsausmaß mit Neutral-Null-Methode bestimmt“ und
Mit dem Chi-Quadrat-Test zeigen sich signifikant
„Extension/Flexion“ (in Grad angegeben).
unterschiedliche Anteile von Patienten mit ausreichender Beweglichkeit bei Entlassung in den vier
Für die Auswertung der Krankenhausergebnisse
Fallzahlklassen.
wurde die Rate derjenigen Patienten angegeben, die eine ausreichende Beweglichkeit bei Entlassung
Die Abbildung 10.10 zeigt, dass in der höchsten Fall-
erreichten. Die Definition für eine ausreichende
zahlklasse (≥ 100 Patienten) ein signifikant größe-
Beweglichkeit fordert ein Streckdefizit nicht größer
rer Anteil Patienten mit ausreichenden Bewegungs-
als 5° und eine Beugefähigkeit über 70°.
ausmaßen erreicht wurde als im Durchschnitt für
Ergebnisse
alle Patienten (gekennzeichnet durch Querstrich in der Grafik). In der Fallzahlklasse 1 bis 19 Patien-
In 70,1 % der Fälle (38.720 von 55.270 Patienten)
ten stellt sich eine signifikant niedrigere Rate für
wurde bei Entlassung ein Bewegungsausmaß von
ausreichende Kniegelenkbeweglichkeit der Patienten
Extension/Flexion 0/0/90 -130 dokumentiert, in
bei Entlassung dar als im Durchschnitt. Die Kran-
5,6 % (3.119 Patienten) ein Streckdefizit von 5 °.
kenhausergebnisse nach Fallzahlklassen sind in
In 1,9 % wurde ein Streckdefizit von 10 ° bei Pa-
Abbildung 10.10 zusammengefasst.
tienten mit Beugefähigkeit über 90 ° angegeben. 7.024 (12,7 %) Patienten wiesen bei Entlassung eine Beugefähigkeit von 70 ° bis 85 ° bei voller Streckfähigkeit auf, 1.587-mal (2,9 %) wurde ein
106
Abbildung 10.8: Anteil von Fällen mit ausreichender postoperativer Beweglichkeit an allen operierten Knie -Totalendoprothesen-Fällen mit gültiger Angabe zum Bewegungsausmaß
Bewertung Die Beurteilung von postoperativer Funktion und Beweglichkeit kann anhand unterschiedlicher Scores erfolgen, die jedoch nicht für die Anwendung in der ersten postoperativen Phase geeignet sind
100 %
Ausreichende Beweglichkeit bei Entlassung
(König & Kirschner 2003, Ludwig et al. 2003). 90 %
Publikationen zum Patienten-Outcome sind in der
80 %
Regel an Scores orientiert und werden zur Beur70 %
teilung der Langzeitergebnisse und zur Beurteilung
60 %
des Erfolgs von Rehabilitationsmaßnahmen (Ludwig et al. 2003) eingesetzt.
50 % 40 %
Einige Publikationen befassen sich speziell mit der
30 %
Kniegelenkbeweglichkeit und versuchen Voraussagen über das zu erwartende postoperative
20 %
Ergebnis zu machen (Ritter et al. 2003). In zwei
10 %
Studien wird übereinstimmend eine mittlere erreichte Beugefähigkeit von 110 bis 114° sechs
0%
Krankenhäuser
Monate postoperativ beschrieben (Palmer et al. 91,7 % 91,5 - 91,9 % 94,8 % 6,7 - 100 %
Gesamtrate Vertrauensbereich Median der Krankenhausergebnisse Spannweite der Krankenhausergebnisse
517 Krankenhäuser haben mindestens 20 Fälle in dieser Grundgesamtheit, Gesamtrate bezogen auf 55.270 Fälle. Der Referenzbereich wurde bei ≥ 60 % festgelegt.
2002, Ritter et al. 2003). Weiterhin wird eine Korrelation von prä-, intra- und unmittelbar postoperativer Beugefähigkeit mit dem Langzeitergebnis gesehen. Gute Langzeitergebnisse finden sich bei Patienten, die bei Entlassung eine Beugefähigkeit von > 70 ° aufwiesen (Schurman et al. 1985).
Die Neutral-Null-Methode ist die international gän-
Tabelle 10.5: Ausreichende Beweglichkeit bei Entlassung nach Fallzahlklassen Fallzahlklasse
Fälle mit ausreichender Beweglichkeit
Beweglichkeitsrate
1 - 19 Fälle 20 - 49 Fälle 50 - 99 Fälle ≥100 Fälle
1.154 / 1.363 4.658 / 5.269 9.327 / 10.311 35.549 / 38.327
84,7 % 88,4 % 90,5 % 92,8 %
Gesamt
50.688 / 55.270
91,7 %
gige und im klinischen Alltag regelmäßig praktisch in allen Krankenhäusern angewendete Dokumentationsform der Extremitätenbeweglichkeit. Dennoch waren lediglich 86,1 % der Angaben zu diesem Datenfeld gültig. Es gilt, in Zukunft für dieses Datenfeld – das mit drei Wertangaben komplexer ist als beispielsweise eine Ja / Nein-Abfrage – eine deutlich bessere Dokumentationsqualität zu erreichen, da die klinische Relevanz erheblich ist und auf die Ergebnisbewertung von 13,9 % aller Patienten (8.928 von 64.198) nicht verzichtet werden kann. Wunsch der Fachgruppe Orthopädie und Unfallchirurgie ist es, mit diesem Bericht die Anwender zu einer valideren Dokumentation zu motivieren.
Bei insgesamt 91,7 % der mit Kniegelenkendoprothesen versorgten Patienten mit gültigen Angaben zur Neutral-Null-Methode wurde zum Entlassungszeitpunkt eine ausreichende Beweglichkeit mit
107
einer Beugefähigkeit von 70 ° oder besser und einer vollen Streckfähigkeit bzw. einem Streckdefizit
Abbildung 10.9: Vertrauensbereichsgrafik: ausreichende Beweglichkeit bei Entlassung in den vier Fallzahlklassen
nicht größer als 5 ° angegeben. 70,1 % aller Fälle zeigen bereits bei Entlassung ein Bewegungsaus-
94 %
Einsatz des Beines in allen Phasen des Ganges und beim Treppensteigen zulässt. Diese Rate wird als Ausdruck von guter Versorgungsqualität interpretiert.
Die Spannweite von 6,7 bis 100 % der Krankenhausergebnisse war außerordentlich groß. Ein Referenzbereich von ≥60 % wird von der Fachgruppe festgelegt.
Die Ergebnisse der Auswertung nach Fallzahlklassen ließen wie bei den Merkmalen Wundinfektion / Ab-
Ausreichende beweglichkeit bei Entlassung
maß (0/0/90 -130), das den uneingeschränkten
92 %
90 %
88 %
86 %
84 %
82 %
szessbildung und Wundhämatom / Nachblutung den Schluss zu, dass das unmittelbare postoperative
80 %
Ergebnis für das Bewegungsausmaß fallzahlabhän-
1-19
gig sein könnte. Spezielle Fertigkeiten und Routine-
20-49
≥ 100
50-99
Anzahl dokumentierter Fälle
abläufe in der Operationstechnik sind hier ebenso als Ursache denkbar wie ein routinierteres, berufs-
Ausblick Die Fachgruppe Orthopädie und Unfallchirurgie weist darauf hin, dass die validesten Qualitätsbeurteilungen in der Endoprothetik nur durch Langzeitbeobachtung möglich sind.
Zahlreiche operationstechnische Unzulänglichkeiten – exemplarisch können ungenügende Bandführung und suboptimale intraoperative Ausrichtung der
Abbildung 10.10: Ausreichende Beweglichkeit bei Entlassung: Krankenhausergebnisse nach Fallzahlklassen 100 %
100 %
Ausreichende beweglichkeit bei Entlassung
management bei großem Fallzahlaufkommen.
Ausreichende beweglichkeit bei Entlassung
gruppenübergreifendes, postoperatives Patienten-
80 %
60 %
40 %
20 %
0%
80 %
60 %
40 %
20 %
0% Krankenhäuser mit 1-19 dokumentierten Fällen
Krankenhäuser mit 20-49 dokumentierten Fällen
Beinachse genannt werden – machen sich erst im
unterstreicht daher die Forderung, durch den Aufbau eines nationalen Endoprothesenregisters mit der Möglichkeit der Verlaufsbeobachtung eine erhebliche methodische Verbesserung der Beurteilung der Ergebnisqualität anzustreben.
100 %
Ausreichende beweglichkeit bei Entlassung
Die Fachgruppe Orthopädie und Unfallchirurgie
100 %
Ausreichende beweglichkeit bei Entlassung
Langzeitverlauf bemerkbar.
80 %
60 %
40 %
20 %
0%
80 %
60 %
40 %
20 %
0% Krankenhäuser mit 50-99 dokumentierten Fällen
Fallzahlgruppe Anzahl Krankenhäuser
1- 19 Fälle 235
20- 49 Fälle 206
Krankenhäuser mit ≥ 100 dokumentierten Fällen
50- 99 Fälle 170
≥ 100 Fälle 208
Gesamt 819
108
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