Kleinkunden im Lichte des geplanten Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) und Finanzinstitutsgesetzes (FINIG)

Kleinkunden im Lichte des geplanten Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) und Finanzinstitutsgesetzes (FINIG) Master-Thesis Zürcher Fachhochschule ...
Author: Daniel Ritter
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Kleinkunden im Lichte des geplanten Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) und Finanzinstitutsgesetzes (FINIG)

Master-Thesis

Zürcher Fachhochschule HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich

eingereicht bei: Prof. Dr. Michael Pohl

vorgelegt von:

Simone Aebischer

Studiengang:

Master of Advanced Studies in Banking and Finance

Adresse:



Bern, 8. April 2016

II

VORWORT Zuerst möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Michael Pohl für die Betreuung meiner Masterarbeit bedanken. Ein grosses Dankeschön für die wertvolle Unterstützung und erheiternden Worte. Ein herzlicher Dank geht auch an alle Damen und Herren, die mir trotz ihren vollen Agenden ein Interview gewährt und sich die Zeit für die Beantwortung meiner zahlreichen Fragen genommen haben. Ein ebenso herzlicher Dank geht an die Mitglieder des Fachverbands Schweizer Finanzdienstleister VALIDITAS, die sich ebenfalls viel Zeit für das Ausfüllen meines umfangreichen Fragebogens genommen haben. Sie alle haben zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen, denn ohne ihre Meinungen aus der Praxis wäre der empirische und damit massgebliche Teil dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Ein besonderer Dank gebührt den Herren Alexander Eichhorn, Willy Graf, Michel Kähr, Thomas Müller, Martin Neese, Henrique Schneider und Michael Tuma, die mit ihrer wertvollen Unterstützung und investierten Zeit wesentlich zu Erkenntnissen dieser Arbeit beigetragen haben. Die vorliegende Masterarbeit wurde am 31. März 2016 fertiggestellt. Der Stand des Gesetzgebungsverfahrens wurde bis zum genannten Datum berücksichtigt. Schliesslich sei der wichtige Hinweis angebracht, dass die vorliegende Arbeit die Meinung der Verfasserin wiedergibt und diese nicht zwingend der Sichtweise ihres Arbeitgebers entspricht.

III

MANAGEMENT SUMMARY Im Nachgang der Finanzkrise von 2008 mit dem Konkurs der Lehman-Gruppe und dem Zusammenbruch des Schneeballsystems von Bernard Madoff wurde der Ruf nach einem verbesserten Kundenschutz laut, da auch Kunden in der Schweiz Verluste erlitten hatten. Das daraufhin initiierte legislative Grossprojekt sieht neben dem FINMAG mit dem FinfraG, dem FIDLEG und dem FINIG drei weitere Gesetze vor, welche die künftige Architektur des Schweizer Finanzmarktrechts bilden sollen. Die vorliegende Masterarbeit untersucht die möglichen Auswirkungen der beiden noch nicht in Kraft getretenen Gesetzesentwürfe, des FIDLEG und des FINIG, auf Kleinkunden und geht hierzu den folgenden Fragen nach: Werden das FIDLEG und das FINIG positive Auswirkungen auf Kleinkunden haben, oder sind Marktverzerrungen zu erwarten? Wird der Kundenschutz von Kleinkunden durch die Unterstellung der KMU-Finanzdienstleister unter eine prudentielle Aufsicht gemäss FINIG verbessert bzw. wird der Kundenschutz von Kleinkunden mit FIDLEG und FINIG insgesamt verbessert? Die Arbeit zeigt auf, dass FIDLEG und FINIG voraussichtlich in mehrfacher Hinsicht zu Markverzerrungen führen werden. Infolge der unter der geplanten Regulierung erhöhten aufsichtsrechtlichen Anforderungen an KMU-Finanzdienstleister, werden deren Regulierungskosten massgeblich steigen. Somit wird es für KMU-Finanzdienstleister nicht mehr rentabel sein, Kleinkunden zu bedienen, denn je kleiner das Anlagevermögen ist, desto weniger kann die Kostenseite strapaziert werden. Im Zuge dieser Entwicklung ist die gravierendste Auswirkung für Kleinkunden, dass sie vom individuellen Beratungsprozess durch KMU-Finanzdienstleister, wie er unter geltendem Recht durchgeführt werden kann, in einen Beratungsprozess gedrängt werden, der für sie nur noch hochgradig standardisierte Finanzprodukte bereitstellt. Mit der geplanten Regulierung werden daher voraussichtlich gerade jene Kunden aus dem individuellen Beratungsprozess gedrängt, die am meisten Beratung benötigen, aber vor allem mit der geplanten Regulierung hätten geschützt werden sollten. Mit Bezug auf die Unterstellung der KMU-Finanzdienstleister wird festgestellt, dass gemäss den vorliegenden Gesetzesentwürfen nicht sämtliche KMU-Finanzdienstleister, sondern lediglich die Vermögensverwalter einer prudentiellen Aufsicht gemäss FINIG unterstellt werden. Derzeit ist folglich keine Erweiterung des Geltungsbereichs des FINIG auf Anlageberater oder andere KMU-Finanzdienstleister vorgesehen. In diesem Zusammenhang wird aufgezeigt, dass die prudentielle Unterstellung der KMU-Vermögensverwalter ein untaugliches Instrument zum Schutz von Kleinkunden ist. So haben die prominentesten Vorfälle in der Finanzbranche der jüngsten Vergangenheit (Dieter Behring, Bernard Madoff und Lehman Brothers Holdings Inc.) gezeigt, dass diese trotz prudentieller Beaufsichtigung nicht verhindert werden konnten. Der diesbezüglich beste Kundenschutz ist die Reputation der KMU-Vermögensverwalter, denn diese sind im Vergleich zu Banken ungleich höher auf die Zufriedenheit ihrer Kunden angewiesen. Darüber hinaus, verkennt das FINIG aber vor allem, dass sich eine Gleichschaltung der Aufsicht von KMU-Finanzdienstleistern mit Banken insofern nicht rechtfertigen lässt, als Banken als besonders schützenswertes Kerngeschäft die Entgegennahme von Publikumseinlagen zum Gegenstand haben, was bei KMU-Finanzdienstleistern gerade nicht der Fall ist. Durch die prudentielle Unterstellung der Banken übernimmt der Staat die Dienstleistung, ersparte Vermögen der Bevölkerung zu schützen. Die Spekulation mit diesen Geldern ist jedoch nicht schutzwürdig. Es sollte sodann dem eigenverantwortlich handelnden Bürger überlassen werden, ob er für seine Vermögensverwaltungsgeschäfte eine prudentiell beaufsichtige Bank oder einen nicht prudentiell beaufsichtigen KMU-Vermögensverwalter mandatieren will.

IV

In dieser Arbeit wird zudem dargelegt, dass unter dem Begriff „Kundenschutz“ insbesondere verstanden wird, dass Kleinkunden vor Nicht-Informationen, das heisst, Informationen, die ihnen vorenthalten werden, geschützt werden sollen. Dem Gesetzespaket liegt die Annahme zugrunde, dass informierte Kunden geschützt sind. Nach der derzeitigen Ausgestaltung der beiden Gesetzesentwürfe werden Kleinkunden in Zukunft dennoch Informationen vorenthalten. Beispielsweise werden KMU-Finanzdienstleister Kleinkunden ein Finanzprodukt nicht empfehlen dürfen, wenn dafür kein Basisinformationsblatt erhältlich ist. Zudem werden mit den Verhaltensregeln gemäss FIDLEG nicht die Kleinkunden geschützt, sondern die Finanzdienstleister, da sich diese aufgrund der geplanten Vorschriften in Streitfällen einfach exkulpieren können, indem sie sämtliche Schritte des Beratungsprozesses akkurat dokumentiert und vom Kunden unterzeichnet vorlegen können. Darüber hinaus verletzen FIDLEG und FINIG grundlegende liberale Schweizer Staatsgrundsätze wie das Prinzip der Eigenverantwortung und der Verhältnismässigkeit sowie allgemein anerkannte Finanzmarkttheorien wie jene der komparativen Kostenvorteile. Zusammenfassend führen FIDLEG und FINIG voraussichtlich zu Marktverzerrungen und verfehlen das angestrebte Ziel, den Kundenschutz in der Schweiz zu verbessern. Das geplante Gesetzespaket ist daher abzulehnen.

V

INHALTSÜBERSICHT VORWORT MANAGEMENT SUMMARY INHALTSVERZEICHNIS

ERSTER TEIL: GRUNDLAGEN 1.

Einleitung

2.

Begriffe

3.

Kundenschutz

4.

Regulierung des Schweizer Finanzmarktrechts

5.

Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)

6.

Finanzinstitutsgesetz (FINIG)

7.

Regulierungskostenanalyse für KMU-Finanzdienstleister

8.

Zwischenfazit

ZWEITER TEIL: EMPIRISCHE ERHEBUNGEN UND EINSCHÄTZUNGEN DER PRAXIS 1.

Einleitung

2.

Vorgehen

3.

Methoden

4.

Feldzugang

5.

Datenerhebung

6.

Forschungsresultate

7.

Zwischenfazit

SCHLUSSBETRACHTUNG Ergebnisse Kritische Würdigung

VERZEICHNISSE EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG ANHANG

VI

INHALTSVERZEICHNIS VORWORT

II

MANAGEMENT SUMMARY

III

INHALTSÜBERSICHT

V

INHALTSVERZEICHNIS

V

ERSTER TEIL: GRUNDLAGEN

1

1.

EINLEITUNG 1.1 Ausgangslage 1.2 Zielsetzung und Forschungsfragen 1.3 Abgrenzung

1 1 3 3

2.

BEGRIFFE 2.1 Einleitung 2.2 Kunden und Kleinkunden 2.3 Financial Literacy 2.4 Finanzdienstleistungen 2.4.1 Execution-only-Geschäft 2.4.2 Anlageberatung 2.4.3 Vermögensverwaltung 2.5 Finanzdienstleister und KMU-Finanzdienstleister 2.6 Vermögensverwalter 2.7 Gewerbsmässigkeit 2.8 Vermögenswerte 2.9 Prudentielle Aufsicht

4 4 4 4 5 5 5 6 6 7 7 7 7

3.

KUNDENSCHUTZ 3.1 Einleitung 3.2 Schutzbedürftigkeit der Kunden

8 8 8

4.

REGULIERUNG DES SCHWEIZER FINANZMARKTRECHTS 4.1 Neuordnung des Schweizer Finanzmarktrechts 4.1.1 Finanzmarktaufsicht 4.1.2 Finanzmarktinfrastruktur 4.1.3 Finanzdienstleistungen 4.1.4 Finanzinstitute 4.2 Gründe für den Regulierungsbedarf bei Finanzdienstleistungen (FIDLEG) und bei Finanzinstituten (FINIG) 4.2.1 Einleitung 4.2.2 Verbesserung des Kundenschutzes 4.2.3 Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen für Finanzinstitute 4.2.4 Internationale Entwicklungen 4.3 Anlehnung an die europäische Finanzmarktregulierung 4.3.1 Marktzugang zur Europäischen Union 4.3.2 Markets in Financial Instrument Directive (MiFID) 4.3.4 Exkurs: Lugano-Übereinkommen

10 10 11 11 11 12 12 12 12 13 13 13 13 14 14

VII

5.

FINANZDIENSTLEISTUNGSGESETZ (FIDLEG) 5.1 Einleitung 5.2 Geltungsbereich 5.3 Kundensegmentierung 5.4 Erwerb von Finanzprodukten durch Privatkunden 5.5 Verhaltensregeln 5.5.1 Einleitung 5.5.2 Informationspflichten 5.5.3 Angemessenheits- oder Eignungsprüfung von Finanzdienstleistungen 5.5.4 Dokumentations- und Rechenschaftspflichten 5.5.5 Transparenz und Sorgfaltspflichten bei Kundenaufträgen 5.6 Angemessene Organisation 5.6.1 Anforderungen 5.6.2 Beizug Dritter für die Erbringung von Finanzdienstleistungen 5.7 Beraterregister 5.8 Produktdokumentation 5.8.1 Prospekt 5.8.2 Basisinformationsblatt 5.9 Ombudsstelle

15 15 15 15 16 16 16 17 17 18 18 19 19 19 20 20 20 21 21

6.

FINANZINSTITUTSGESETZ (FINIG) 6.1 Einleitung 6.2 Geltungsbereich 6.2.1 Vermögensverwalter 6.2.2 Exkurs: KMU-Finanzdienstleister 6.3 Bewilligungskaskade 6.4 Prudentielle Unterstellung der Vermögensverwalter 6.4.1 Begründung des erweiterten Geltungsbereichs 6.4.2 Bewilligungsvoraussetzungen und Bewilligungsänderungen 6.4.3 Grandfathering-Klausel 6.4.4 Aufsichtsorganisation und Berichterstattung 6.5 Level playing field und bundesstaatsrechtlicher Rechtsgleichheitsgrundsatz

22 22 22 22 22 23 24 24 24 25 26

REGULIERUNGSKOSTENANALYSE FÜR KMU-FINANZDIENSTLEISTER 7.1 Einleitung 7.2 Regulierungskostenanalyse im Zusammenhang mit dem Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) 7.3 Regulierungskostenanalyse im Zusammenhang mit dem Finanzinstitutsgesetz (FINIG) 7.4 Fazit der RFA zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) sowie des Bundesrates zu den Regulierungskostenschätzungen

28 28

7.

8.

ZWISCHENFAZIT

26

28 29

30 31

VIII

ZWEITER TEIL: EMPIRISCHE ERHEBUNGEN UND EINSCHÄTZUNGEN DER PRAXIS 33 1.

Einleitung

33

2.

Vorgehen

33

3.

Methoden

33

4.

Feldzugang 4.1 Experteninterviews 4.2 Schriftliche Befragung

34 34 36

5.

Datenerhebung

36

6.

Forschungsresultate 6.1 Standpunkte der Experten und Umfrageteilnehmer zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) 6.2 Angaben zu den Unternehmen der Umfrageteilnehmer 6.3 Kleinkunden 6.3.1 Beratungsprozess 6.3.2 Financial Literacy 6.3.3 Eigenverantwortung 6.4 Kundenschutz 6.5 Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) 6.5.1 Verhaltensregeln 6.5.2 Angemessene Organisation 6.5.3 Beraterregister 6.5.4 Produktdokumentation 6.5.4.1 Prospekt 6.5.4.2 Basisinformationsblatt 6.5.5 Ombudsstelle 6.6 Finanzinstitutsgesetz (FINIG) 6.6.1 Prudentielle Aufsicht 6.6.2 Level playing field und bundesstaatsrechtlicher Rechtsgleichheitsgrundsatz 6.7 Regulierungskosten für KMU-Finanzdienstleister

37

50 51

Zwischenfazit

54

7.

37 37 39 39 40 42 43 44 44 45 46 47 47 47 48 49 49

SCHLUSSBETRACHTUNG

57

Ergebnisse

57

Kritische Würdigung

60

VERZEICHNISSE Abkürzungsverzeichnis Literatur- und Quellenverzeichnis Literatur Materialien Internet Anhangverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis

61 61 64 64 66 67 69 70 70

EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG

71

IX

ANHANG A:

Fragebogen für Umfrage bei den Mitgliedern von VALIDITAS

72

ANHANG B:

Interviewleitfaden für die Experteninterviews

82

ANHANG C:

Transkript des Interviews mit Max Cotting

91

ANHANG D:

Transkript des Interviews mit Michael Ferber

101

ANHANG E:

Transkript des Interviews mit Theodor Härtsch und Dr. iur. Alexander Eichhorn

110

ANHANG F:

Transkript des Interviews mit Prof. Dr. oec. Martin Janssen

127

ANHANG G:

Transkript des Interviews mit Dr. iur. Martin Neese

138

ANHANG H:

Transkript des Interviews mit Henrique Schneider

150

ANHANG I:

Transkript des Interviews mit Dr. iur. Thomas Spahni

160

ANHANG J:

Transkript des Interviews mit Sara Stalder

174

ANHANG K:

Transkript des Interviews mit Marcel Wendelspiess

184

ANHANG L:

Transkript des Interviews mit Beat W. Zemp

198

1

ERSTER TEIL: GRUNDLAGEN 1.

EINLEITUNG

1.1

Ausgangslage

Im Jahr 2008 erschütterten zwei Ereignisse die Finanzwelt. Im Zuge der jüngsten Finanzkrise kam es zum Konkurs der renommierten amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. bzw. der gesamten Lehman-Gruppe sowie zum Zusammenbruch des von Bernard Madoff, dem ehemaligen Vorsitzenden der Technologiebörse NASDAQ, über Jahre betrügerisch als Schneeballsystem betriebenen Investmentfonds.1 Ein Jahr später beendete die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA die entsprechenden Untersuchungen. Die Ergebnisse publizierte sie im Bericht „Madoff-Betrug und Vertrieb von Lehman-Produkten: Auswirkungen auf das Anlageberatungs- und Vermögensverwaltungsgeschäft“ vom 2. März 2010. Demnach ergaben die Untersuchungen, dass durch den Vertrieb kapitalgeschützter strukturierter Produkte, welche von Tochtergesellschaften der Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert waren, sowie den immensen Anlagebetrug durch Bernard Madoff auch Anleger in der Schweiz geschädigt wurden. In beiden Fällen realisierten sich bis dahin eher unbeachtet gebliebene Risiken, einerseits das Gegenparteirisiko und andererseits das Betrugsrisiko.2 Infolgedessen gelangte die FINMA zur Erkenntnis, dass regulatorischer Handlungsbedarf besteht. Daraufhin hat sie das Projekt „Vertriebsregeln“ initiiert, mit dem Ziel, dem Gesetzgeber und dem Bundesrat Regulierungsänderungen vorzuschlagen.3 Das Projekt mündete im Diskussionspapier „Regulierung von Produktion und Vertrieb von Finanzprodukten an Privatkunden – Stand, Mängel und Handlungsoptionen („FINMA-Vertriebsbericht 2010“)“ vom Oktober 2010. Darin hält die FINMA fest, dass das geltende Recht keinen angemessenen Kundenschutz gewährleistet und sie die Notwendigkeit eines allgemeinen Finanzdienstleistungsgesetzes als unausweichlich erachtet.4 Gleichzeitig stellt sie mögliche Handlungsoptionen und Verhaltensregeln zur Diskussion und zieht eine Ausdehnung der Aufsicht auf alle unter geltendem Recht nicht prudentiell beaufsichtigten Vermögensverwalter in Erwägung.5 Am 24. Februar 2012 publizierte die FINMA den Bericht „Regulierung der Produktion und des Vertriebs von Finanzprodukten an Privatkunden (Bericht über die Anhörung vom 10. November 2010 bis 2. Mai 2011 zum „FINMA-Vertriebsbericht“ vom Oktober 2010 („Anhörungsbericht Vertriebsregeln“)“ sowie das Positionspapier „Regulierung der Produktion und des Vertriebs von Finanzprodukten („FINMA-Positionspapier Vertriebsregeln“)“. Dieses konkretisierte die im FINMA-Vertriebsbericht 2010 erwähnten Handlungsoptionen und Verhaltensregeln zur Verbesserung des Kundenschutzes in der Schweiz.6

1

BOHRER/HARSCH et al., 40. FINMA, Madoff-Betrug und Vertrieb von Lehman-Produkten, 4 f. 3 FINMA, Madoff-Betrug und Vertrieb von Lehman-Produkten, 3. 4 FINMA-Vertriebsbericht 2010, 67. 5 FINMA-Vertriebsbericht 2010, 39 ff., 57, 69 f. 6 Anlässlich der entsprechenden Pressekonferenz vom 24. Februar 2012 in Bern sagte der damalige FINMA-Direktor, Dr. Patrick Raaflaub, dass aus Sicht der Behörde die Schweiz im Vergleich zu anderen Staaten und insbesondere jenen der EU drohe, zu einem „Kundenschutz-Entwicklungsland“ zu verkommen. Im Zuge dessen schlug er zur Verbesserung des Kundenschutzes einige Massnahmen vor, die zwischenzeitlich Eingang in die beiden Gesetzesentwürfe FIDLEG und FINIG gefundenen haben wie die Verhaltensregeln, die Produktdokumentation sowie die Unterstellung der Vermögensverwalter unter eine prudentielle Aufsicht, Raaflaub, Point de Presse, 24. Februar 2012, 2 f. URL: (24. Januar 2016). 2

2

Ende März 2012 beauftragte der Bundesrat das Eidgenössische Finanzdepartement EFD, Projektarbeiten zur Erarbeitung einer sektorenübergreifenden Regulierung von Finanzprodukten und Finanzdienstleistungen sowie deren Vertrieb unter Mitwirkung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements EJPD und der FINMA aufzunehmen sowie einen Vernehmlassungsentwurf zuhanden des Bundesrats auszuarbeiten.7 Mitte Februar 2013 veröffentlichte die Steuerungsgruppe des Projekts „Finanzdienstleistungsgesetz“ ihren Hearingbericht „FIDLEG, Stossrichtungen möglicher Regulierung“. Dieser umriss den wesentlichen Inhalt einer möglichen Regulierung des FIDLEG und lud interessierte Kreise zur schriftlichen Stellungnahme ein.8 Ende Juni 2014 schickte der Bundesrat die beiden Gesetzgebungsprojekte zusammen mit dem Bericht „Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen (FIDLEG) – Bundesgesetz über die Finanzinstitute (FINIG) – Erläuternder Bericht zur Vernehmlassungsvorlage“ in die Vernehmlassung. Die Ergebnisse wurden Mitte Mai 2015 im „Bericht des Eidgenössischen Finanzdepartements über die Vernehmlassungsergebnisse zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG)“ publiziert. Schliesslich hat der Bundesrat Anfang November 2015 dem Parlament die Botschaft zum FIDLEG und FINIG sowie die Entwürfe der beiden Gesetzesvorlagen mit dem Antrag auf Zustimmung unterbreitet. Der Bundesrat will mit den beiden Vorlagen den Kundenschutz stärken, vergleichbare Voraussetzungen für die Anbieter von Finanzdienstleistungen schaffen sowie die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes fördern. Nachdem sich die zuständige Kommission des Parlaments, die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (nachfolgend „WAK-S“), am 16. Februar 2016 mit dem Geschäft befasst hatte, trat sie einstimmig auf die beiden Gesetzesvorlagen ein. Die Kommission hat sich jedoch vorbehalten, das Gesetzespaket stark abzuändern. Dementsprechend wurde das EFD beauftragt, zu verschiedenen Themen konkrete Formulierungsvorschläge auszuarbeiten, namentlich auch im Zusammenhang mit der geplanten Unterstellung der Vermögensverwalter unter eine prudentielle Aufsicht. Die WAK-S wird voraussichtlich anlässlich ihrer Sitzung vom 11. April 2016 über die erwähnten Vorschläge befinden.9 Derzeit kann keine Prognose gestellt werden, ob und wann das FIDLEG und das FINIG in Kraft treten werden. Gewiss ist jedoch, dass mit Inkrafttreten der beiden Gesetze das Schweizer Finanzmarktumfeld neu aufgestellt und den Finanzdienstleistern mit Sitz in der Schweiz neue Pflichten auferlegt würden. Im Zuge dessen befürchten insbesondere die KMU-Finanzdienstleister, dass die künftige Regulierung weitgehende Auswirkungen auf sie selber, aber auch auf die Kleinkunden haben könnte.

7 EFD, Hearingbericht, 2; EFD; Bericht über Vernehmlassungsergebnisse FIDLEG/FINIG, 5; EFD, Erläuternder Bericht zur Vernehmlassungsvorlage, 2. 8 EFD, Hearingbericht, 3. 9 Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S), Medienmitteilung: „Eintretensdebatte zu FIDLEG und FINIG abgeschlossen“, 17. Februar 2016. URL: (25. Februar 2016); vgl. auch VALDA, Tages-Anzeiger – Wirtschaftskommission, 9.

3

1.2

Zielsetzung und Forschungsfragen

Die vorliegende Masterarbeit soll die möglichen Auswirkungen der beiden Gesetzesvorlagen FIDLEG und FINIG auf Kleinkunden analysieren. Hierfür werden die folgenden Forschungsfragen untersucht: − Werden das FIDLEG und das FINIG positive Auswirkungen auf Kleinkunden haben, oder sind Marktverzerrungen zu erwarten? − Wird der Kundenschutz von Kleinkunden durch die Unterstellung der KMU-Finanzdienstleister unter eine prudentielle Aufsicht gemäss FINIG verbessert? − Wird der Kundenschutz von Kleinkunden mit FIDLEG und FINIG insgesamt verbessert? Zur Beantwortung dieser Fragen wird in einem ersten, theoretischen Teil die geplante Neustrukturierung des Schweizer Finanzmarktrechts erläutert und der jeweils für die vorliegenden Fragestellungen massgebliche Inhalt der beiden Gesetzesentwürfe FIDLEG und FINIG dargelegt sowie die möglichen Kostenfolgen des geplanten Gesetzespakets aufgezeigt. Darauf aufbauend folgt ein zweiter, empirischer Teil, der sich aus Experteninterviews und einer schriftlichen Befragung zusammensetzt. Nachdem die entsprechenden Resultate in umfassender Weise präsentiert wurden, werden in der Schlussbetrachtung erst die obgenannten Forschungsfragen beantwortet und anschliessend die Neuordnung des Schweizer Finanzmarktrechts kritisch gewürdigt. Die beiden Teile dieser Arbeit sind strukturell im Wesentlichen gleich aufgebaut und orientieren sich weitgehend am Aufbau der Gesetzesentwürfe FIDLEG bzw. FINIG.

1.3

Abgrenzung

Die vorliegende Arbeit konzentriert sich entsprechend ihrem Titel auf die Kundenseite, konkret auf die privaten Kleinkunden. Nicht Gegenstand dieser Arbeit bilden professionelle bzw. institutionelle Kunden nach Art. 4 FIDLEG. Im Fokus der vorliegend berücksichtigten Finanzunternehmen stehen KMU-Finanzdienstleister. Banken im Sinne des BankG10 fallen vorliegend nicht unter den genannten Begriff und gehören daher nicht zum Forschungsgegenstand dieser Arbeit. Ebenso wird die Masterarbeit auch nicht die Auswirkungen des geplanten FIDLEG und FINIG auf die KMU-Finanzdienstleister selbst thematisieren. Im empirischen Teil werden zwar mögliche Folgen für sie mehrmals angesprochen, allerdings stehen immer die Kleinkunden und die Auswirkungen der künftigen Regulierung auf sie im Fokus. Schliesslich werden im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls nicht behandelt: Die Thematik der Drittvergütungen (Retrozessionen und Courtagen), die Abgrenzung von privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen bzw. aufsichtsrechtlichen Regelungen, die Gegenüberstellung von prinzipienbasierter und regelbasierter Regulierung sowie das Prinzip der Selbstregulierung, welches aus Art. 5a BV11 abgeleitet wird.

10 11

Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 (Bankengesetz, BankG). Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (Bundesverfassung, BV).

4

2.

BEGRIFFE

2.1

Einleitung

In diesem Kapitel werden zentrale Begriffe für die vorliegende Arbeit eingeführt. Mangels allgemein gültiger Definitionen basieren die folgenden Ausführungen weitgehend auf aktuellen Entwicklungen und den durch die Verfasserin geführten Interviews. Der Begriff „Kundenschutz“ wird aufgrund seiner Bedeutung separat im nächsten Kapitel behandelt.

2.2

Kunden und Kleinkunden

Als Kunden im finanzmarktrechtlichen Sinne werden gemeinhin Kapitalmarkakteure verstanden, die Geld oder geldwerte Sachen oder Rechte in Finanzinstrumente […] am Kapitalmarkt anlegen.12 Das FIDLEG unterscheidet bei den Kunden zwischen Privat- und professionellen Kunden (Art. 4 Abs. 1 FIDLEG).13 Das Gesetz sieht in Art. 4 Abs. 3 FIDLEG einen Anforderungskatalog vor, der definiert, wann ein Kunde als „professionell“ gilt. Im Wesentlichen handelt es sich bei professionellen Kunden um Finanzintermediäre und Versicherungsunternehmen, um Zentralbanken, öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie um Unternehmen mit professioneller Tresorerie.14 Demgegenüber werden Privatkunden negativ definiert, als Kunden, die keine professionellen Kunden sind (Art. 4 Abs. 2 FIDLEG). Die FINMA versteht unter Privatkunden Kunden, die in durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen leben und nicht besonders ausgeprägte finanzmarktrelevante Kenntnisse aufweisen.15 Für den enger gefassten Begriff „Kleinkunde“ findet sich in den beiden Gesetzesvorlagen keine Definition. Die von der Verfasserin befragten KMU-Finanzdienstleister16 definieren Kunden mit einem Anlagevermögen bis zu CHF 100‘000 als Kleinkunden. Demgegenüber zeigten die geführten Experteninterviews,17 dass die Finanzbranche Kunden mit einem Anlagevermögen bis CHF 250‘000 als Kleinkunden betrachtet. Letztere etwas breitere Definition wird für die vorliegende Arbeit verwendet, dabei aber beschränkt auf natürliche Personen. Zusammengefasst gelten in der Folge als Kleinkunden natürliche Personen, die in durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen leben, keine besonderen finanzmarktrechtlichen Kenntnisse aufweisen und über ein Anlagevermögen von höchstens CHF 250‘000 verfügen.

2.3

Financial Literacy

Mangels einer allgemein gültigen Definition, wird der Begriff „Financial Literacy“ für vorliegende Arbeit mit finanzieller Allgemeinbildung, Finanzwissen oder Finanzkompetenz übersetzt.18 Aktuelle Studien zeichnen kein einheitliches Bild der Financial Literacy der Bevölkerung in der Schweiz. LUSARDI/MITCHELL kamen in ihrer Studie „The Importance of Financial Literacy: Theory and Evidence“ aus dem Jahr 2014 zum Schluss, dass die finanzielle Allgemeinbildung weltweit mangelhaft ist. Für die Schweiz ergibt sich jedoch ein besseres Ergeb-

12

EICHHORN, § 9 N 33. Zudem werden als Kundengruppe noch institutionelle Kunden als eine Untergruppe der professionellen Kunden definiert. 14 vgl. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8948 f. 15 FINMA-Vertriebsbericht 2010, 18. 16 vgl. zur Zusammensetzung der befragten KMU-Finanzdienstleister Ziff. 6.2 (zweiter Teil). 17 vgl. zum Kreis der befragten Experten Ziff. 4.1 (zweiter Teil). 18 vgl. weitergehende Begriffsverwendung: BÖCKLI versteht darunter die Erfahrenheit im Finanz- und Rechnungswesen, Rz. 26. 13

5

nis. Von den befragten Schweizern haben 50 Prozent alle drei gestellten Fragen richtig beantwortet und damit im Ländervergleich am besten abgeschnitten.19 Eine Studie der AXA Investment Managers Schweiz AG, deren Ergebnisse am 29. Januar 2015 publiziert wurden, stellte fest, dass die Schweizer Bevölkerung „gut über finanzielle Angelegenheiten informiert ist“20 und eine Studie der Universität St. Gallen aus dem Jahr 2011 attestiert dieser ein „relativ solides Finanzwissen“.21 Inwiefern die Ergebnisse besagter Studien aussagekräftig sind, ist schwierig zu beurteilen, da den Befragten in allen drei Studien drei eher einfache Fragen aus den Bereichen Zinseffekte, Fonds und Aktien gestellt wurden. Im empirischen Teil dieser Arbeit wird daher untersucht, wie die Financial Literacy der Bevölkerung in der Schweiz aktuell einzustufen ist.22

2.4

Finanzdienstleistungen

Folgende für Kunden erbrachte Tätigkeiten qualifizieren gemäss Art. 3 Bst. d FIDLEG als Finanzdienstleistungen: Anlageberatung und Vermögensverwaltung, Erwerb und Veräusserung von Finanzinstrumenten, Annahme und Übermittlung von Aufträgen, welche Finanzinstrumente zum Gegenstand haben sowie Gewährung von Krediten für die Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten. 2.4.1

Execution-only-Geschäft

Besteht zwischen Finanzdienstleister und Kunde ausschliesslich eine Konto- und Depotbeziehung, und kauft oder verkauft der Finanzdienstleister lediglich auf Anweisung des Kunden ein bestimmtes Finanzinstrument, so liegt ein reines Ausführungsgeschäft vor, das auch als execution-only-Geschäft bezeichnet wird.23 2.4.2

Anlageberatung

Das FIDLEG versteht unter dem Begriff „Anlageberatung“ die Erteilung von persönlichen Empfehlungen, die sich auf Geschäfte mit Finanzdienstleistungen beziehen (Art. 3 Bst. d Ziff. 4 FIDLEG). Konkret werden Kunden auf deren Wunsch hin von einem Finanzdienstleister transaktionsbezogen beraten. Mit Erteilung der Empfehlung ist die Dienstleistung erbracht und abgeschlossen. Begriffsimmanent ist zudem, dass der Anlageentscheid ausschliesslich von den Kunden selbst gefällt wird, diese ihr Vermögen selber verwalten und damit auch die Verantwortung für ihre Transaktionen tragen.24

19 LUSARDI/MITCHELL, „The Economic Importance of Financial Literacy: Theory and Evidence“, 2014, 13 f. URL: (13.02.2016); Es wurde die Financial Literacy der Bevölkerung folgender Länder verglichen: Australien, Deutschland, Frankreich, Holland, Italien, Japan, Neuseeland, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz und USA. 20 AXA Investment Managers Schweiz AG, „Finanzwissen der Schweizer Wohnbevölkerung“, 29. Januar 2015. URL: (29.10.2015). 21 ZULAUF, Basler Zeitung, 28. 22 vgl. zur empirischen Untersuchung betreffend Financial Literacy Ziff. 6.3.2 (zweiter Teil). 23 TRAUTMANN/VON DER CRONE, 136 f. 24 LÜSCHER-MARTY, 199; Gemäss EMMENEGGER/GOOD, kann der Anlageberatungsauftrag formfrei geschlossen werden. Es empfiehlt sich jedoch aus Beweisgründen die Schriftform zu wählen, 89.

6

2.4.3

Vermögensverwaltung

Der Begriff „Vermögensverwaltung“ wird im FIDLEG kurz als die Verwaltung von Vermögenswerten definiert (Art. 3 Bst. d Ziff. 3 FIDLEG). Die Vermögensverwaltung grenzt sich vereinfacht gesagt von der Anlageberatung dadurch ab, dass bei der Vermögensverwaltung dem Vertragsverhältnis ein Vermögensverwaltungsauftrag25 und gegebenenfalls eine Vollmacht26 zugrunde liegen. Gestützt darauf wird der Finanzdienstleister vom Kunden ermächtigt, im Rahmen der vereinbarten Anlageziele und eines definierten Kundenvermögens im Namen und/oder für Rechnung des Kunden Finanzinstrumente zu kaufen und zu verkaufen.27 Den Anlageentscheid fällt folglich die Bank oder der Vermögensverwalter.28

2.5

Finanzdienstleister und KMU-Finanzdienstleister

Als Finanzdienstleister qualifiziert das FIDLEG Personen29, die gewerbsmässig Finanzdienstleistungen in der Schweiz oder für Kunden in der Schweiz erbringen (Art. 3 Bst. e FIDLEG). Gemäss der Botschaft zum FIDLEG und FINIG werden von diesem Begriff alle bereits beaufsichtigten Marktteilnehmer (Banken, Effektenhändler bzw. Wertpapierhäuser30, Fondsleistungen und Versicherungen) sowie neu alle Vermögensverwalter erfasst. Die von der Verfasserin befragten KMU-Finanzdienstleister können in folgende Kategorien eingeteilt werden: Anlageberater, Versicherungsvermittler, Vermögensverwalter sowie Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen gemäss dem KAG31, wobei die ersten beiden Kategorien überwiegen. Ihr Dienstleistungsangebot umfasst grundsätzlich Anlageberatung, Finanz- und Vorsorgeplanung, Beratung und Vermittlung von Finanzprodukten, Hypotheken und Versicherungen, Vermögensverwaltung sowie Vertrieb kollektiver Kapitalanlagen. Basierend auf erwähnter Befragung weist der durchschnittliche KMU-Finanzdienstleister im Sinne dieser Arbeit 4 Vollzeitstellen (sog. Full-time equivalents, nachfolgend „FTEs“) und eine Bilanzsumme von CHF 500'000 aus, die verwalteten Kundenvermögen (sog. Assets under Management, nachfolgend „AuM“) betragen CHF 20 Mio. bzw. die verwalteten Beratungsvermögen (sog. Assets under Advisory, nachfolgend „AuA“) CHF 15 Mio. Die Finanzdienstleister und damit auch die KMU-Finanzdienstleister sollen vom Geltungsbereich des FIDLEG erfasst werden und damit künftig insbesondere die in genanntem Gesetz statuierten Verhaltensregeln zu befolgen haben.

25

Gemäss EMMENEGGER/GOOD, kann der Vermögensverwaltungsauftrag formfrei geschlossen werden. Es empfiehlt sich jedoch aus Beweisgründen die Schriftform zu wählen, 89. 26 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8946; gleicher Meinung: Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 15 (Interview). 27 TRAUTMANN/VON DER CRONE, 134 f. 28 LÜSCHER-MARTY, 201. 29 Hier sind sowohl natürliche wie auch juristische Personen gemeint. 30 Ab Inkrafttreten des FINIG werden die Effektenhändler als Wertpapierhäuser bezeichnet (Art. 2 Abs. 1 Bst. e FINIG i.V.m. Art. 37 ff. FINIG); vgl. auch Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8928. 31 Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen vom 23. Juni 2006 (Kollektivanlagengesetz, KAG).

7

2.6

Vermögensverwalter

Das FINIG qualifiziert als Vermögensverwalter, wer gestützt auf einen Auftrag gewerbsmässig im Namen und für Rechnung der Kunden Vermögenswerte verwaltet oder auf andere Weise über Vermögenswerte von Kunden verfügen kann (Art. 16 Abs. 1 FINIG). Da Vermögensverwalter als Finanzdienstleister im Sinne des FIDLEG qualifizieren, sollen sie unter der geplanten Gesetzgebung die hiervor erwähnten Verhaltensregeln ebenfalls einhalten müssen. Zusätzlich werden sie aber auch vom Geltungsbereich des FINIG erfasst, weshalb sie künftig einer prudentiellen Aufsicht unterstellt werden sollen.

2.7

Gewerbsmässigkeit

Weder das FIDLEG noch das FINIG definieren den Begriff der Gewerbsmässigkeit. Der Botschaft zu den beiden Gesetzen ist diesbezüglich zu entnehmen, dass ein Finanzdienstleister gewerbsmässig tätig ist, wenn er eine selbständige und auf dauernden Erwerb ausgerichtete wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.32

2.8

Vermögenswerte

Als Vermögenswerte i.S.v. FIDLEG und FINIG gelten Finanzinstrumente und andere Finanzanlagen (Art. 3 Bst. a FIDLEG). Darunter fallen insbesondere Bankguthaben, Aktien, Obligationen, Fondsanlagen, strukturierte Produkte, Derivate und rückkauffähige Lebensversicherungen (Art. 3 Bst. b FIDLEG).33

2.9

Prudentielle Aufsicht

Der Begriff „prudentiell“ stammt aus dem angelsächsischen Raum34 und kann als „umsichtig“ oder „vorsichtig“ verstanden werden.35 Mit einer prudentiellen, das heisst einer umfassenden und dauernden Aufsicht will eine Behörde bezwecken, dass die ihr unterstellten Institute bestimmte Pflichten einhalten,36 um die Solvenz der Unternehmen, die Gewähr der Organe, sowie eine angemessene Organisation weitgehend sicherstellen zu können.37

32

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8947. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9018. NOBEL, § 1 N19. 35 Expertenkommission Zimmerli, 8. 36 EICHHORN, § 10 N 44. 37 NOBEL, § 1 N 19. 33 34

8

3.

KUNDENSCHUTZ

3.1

Einleitung

Eines der wichtigsten Ziele des FIDLEG und FINIG ist die Verbesserung des Kundenschutzes in der Schweiz.38 Damit die eingangs gestellten Forschungsfragen39 beantwortet werden können, muss jedoch zuerst der Begriff „Kundenschutz“ thematisiert werden. Die Botschaft zum FIDLEG und FINIG wie auch die beiden Gesetzesentwürfe halten unmissverständlich fest, wer geschützt werden soll, und zwar die Kunden von Finanzdienstleistern in der Schweiz.40 Klar ist auch, wie diese geschützt werden sollen, nämlich durch die entsprechenden Vorgaben auf Gesetzesstufe. Demgegenüber definieren aber weder die Botschaft noch die Gesetzesentwürfe den Begriff „Kundenschutz“. Das vorliegende Gesetzespaket lässt damit offen, wovor die Kunden geschützt werden sollen.41 Die geltenden Finanzmarktgesetze sowie die entsprechenden Kommentare enthalten ebenfalls keine konkreten Antworten zur Frage, wovor die Kunden zu schützen sind. Eine umfassende Abhandlung zum Begriff „Kundenschutz“ sowie dessen Abgrenzung zum Begriff „Konsumentenschutz“, wie er auf höchster Stufe der Schweizer Rechtsordnung, in Art. 97 BV festgehalten ist, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Daher wird in der Folge lediglich auf die wichtigsten Erkenntnisse in diesem Zusammenhang eingegangen.

3.2

Schutzbedürftigkeit der Kunden

Die Finanzmarktgesetzgebung bezweckt die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte (Funktionsschutz), die Stabilität des Finanzsystems (Systemschutz) sowie den Schutz der Kunden (Individualschutz).42 In der Botschaft zum FINMAG43 ist festgehalten, dass insbesondere die Ausprägung des Individualschutzes sehr unterschiedlich ist. Aus diesem Grund kann das Finanzmarktaufsichtsgesetz keine allgemeingültige Definition enthalten, da der Schutzzweck immer im Zusammenhang mit dem konkreten Finanzmarktgesetz zu betrachten ist.44 Somit bleibt die Frage, wovor Kunden geschützt werden sollen, nach wie vor ungeklärt. Die Forderung nach einem erhöhten Kundenschutz wird oft mit der zwischen Kunden und Finanzdienstleistern bestehenden Informationsasymmetrie in Bezug auf Finanzangelegenheiten begründet.45 Nach EMMENEGGER/GOOD sollen Kunden vor dem Verlust ihres Vermögens infolge Insolvenz ihres Finanzdienstleisters, betrügerischen Machenschaften sowie vor sich selbst geschützt werden, wobei die dritte Kategorie zunehmend in den regulatorischen Fokus zu rücken scheint.46 Diesbezüglich zeigt EICHHORN die Grenzen der Schutzbedürftigkeit von Kunden auf. Demnach sind Kunden nicht mehr schutzbedürftig, sobald sie über die erforderlichen Informationen verfügen, um einen fundierten Anlageentscheid fällen zu können und die erwähnte Informationsasymmetrie ausgeglichen wurde. Schliesslich ist es nicht die

38

vgl. Art. 1 Abs. 1 FIDLEG und Art. 1 Abs. 2 FINIG. vgl. zu den Forschungsfragen Ziff. 2.1 (erster Teil). 40 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8902; Art. 1 Abs. 1 FIDLEG; Art. 1 Abs. 2 FINIG. 41 vgl. auch Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG, Anhang E, Ziff. 14 (Interview). 42 NOBEL, §1 N 96 f. 43 Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht vom 22. Juni 2007 (Finanzmarktaufsichtsgesetz, FINMAG). 44 Botschaft zum FINMAG, BBl 2859 f. 45 statt Vieler, AELLEN, Finanz und Wirtschaft, 13. 46 EMMENEGGER/GOOD, 90. 39

9

Aufgabe der Regulierung „den Sorglosen und Einfältigen vor seiner eigenen Sorglosigkeit und Einfalt zu schützen. Dummheit, Desinteresse, Bequemlichkeit, blindes Vertrauen oder gar Gleichgültigkeit des Kunden sind nicht schutzwürdig.“47 Der Botschaft zum FIDLEG und FINIG ist hinsichtlich des Begriffs „Kundenschutz“ zu entnehmen, dass dieser zwei Stossrichtungen hat: Einerseits sollen mit den Verhaltensregeln, der Sicherstellung eines ausreichenden Informationsflusses zwischen Finanzdienstleister und Kunden sowie verbesserten Transparenzvorschriften die Voraussetzungen geschaffen werden, damit Kunden fundierte Anlageentscheide treffen können. Andererseits sollen die Kunden vor dem Verlust ihres Vermögens infolge Insolvenz ihres Finanzdienstleisters geschützt werden.48 Die Ausführungen haben gezeigt, dass weder die beiden Gesetzesvorlagen noch die entsprechenden Materialien oder die herrschende Lehre den Begriff „Kundenschutz“ klar definieren. Immerhin erhellt, dass zum Kern des Kundenschutzes gehört, wer geschützt werden soll und wie. Für die vorliegende Arbeit wird unter dem Begriff „Kundenschutz“ verstanden, dass die Kunden neben dem Verlust ihres Vermögens vor Nicht-Informationen geschützt werden sollen, also Informationen, die ihnen vorenthalten werden. Dem Gesetzespaket liegt offenbar die Annahme zugrunde, dass informierte Kunden automatisch geschützt sind und dementsprechend eigenverantwortlich Entscheidungen treffen können.49

47

EICHHORN, § 14 N 140. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8940. 49 vgl. Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 13 (Interview). 48

10

4.

REGULIERUNG RECHTS

DES

SCHWEIZER

4.1

Neuordnung des Schweizer Finanzmarktrechts

FINANZMARKT-

Die heutige Schweizer Finanzmarktgesetzgebung baut seit rund 80 Jahren auf einem sog. „Säulenmodell“ auf.50 Danach werden die unterschiedlichen Finanzmarktakteure – namentlich die Banken, Effektenhändler51, Versicherungen und Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen – in Spezialgesetzen, dem BankG, dem BEHG52, dem VAG53 und dem KAG sowie den entsprechenden Verordnungen reguliert.54 Der in der Einleitung dieser Arbeit dargelegte Gesetzgebungsprozess ist Teil eines legislativen Grossprojekts, der sog. „Kleeblattreform“. Vorgesehen ist ein Konzeptwechsel vom bisherigen „Säulenmodell“ hin zu einem „Dachmodell“.55 Neben dem im Jahr 2009 in Kraft getretenen FINMAG sollen drei weitere Gesetze die künftige Architektur des Schweizer Finanzmarktrechts bilden: Das Anfang dieses Jahres in Kraft getretene FinfraG56, das FIDLEG und das FINIG. Diese vier Gesetze sollen primär Querschnittsthemen wie beispielsweise Bewilligungsvoraussetzungen regeln. Künftig sollen besagte Künftig Themen nicht mehr separat in den Spezialgesetzen, sondern sektorenübergreifend für verschiedene Finanzmarktakteure geregelt werden. Damit sollen die neuen Vorschriften für alle betroffenen Finanzdienstleister gleichermassen – unter einem „Dach“ – Geltung haben. Einzelne „Säulen“ wie das BEHG werden „eingerissen“ bzw. aufgehoben.57 Dieses Konzept der Kleeblattreform wurde im Gesetzgebungsprozess jedoch ziemlich aufgeweicht, indem das BankG, das VAG sowie ein Teil des KAG ihre Selbständigkeit behalten und nicht in die neuen Gesetze überführt werden.58 Für die Anliegen des FIDLEG und des FINIG hat dies aber keine direkten Auswirkungen. Das FINMAG (Finanzmarktaufsicht), das FinfraG (Finanzmarktinfrastruktur), das FIDLEG (Finanzdienstleistungen) und das FINIG (Finanzinstitute) regeln vier verschiedene Ebenen des Schweizer Finanzmarktrechts,59 deren Inhalt und Zweck hiernach kurz dargelegt werden.

50

KUNZ, NZZ, 21. Ab Inkrafttreten des FINIG werden die Effektenhändler als Wertpapierhäuser bezeichnet (Art. 2 Abs. 1 Bst. e FINIG i.V.m. Art. 37 ff. FINIG); vgl. auch Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8928. In vorliegender Arbeit wird fortan nur noch der Begriff „Wertpapierhäuser“ verwendet. 52 Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 (Börsengesetz, BEHG). 53 Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen vom 17. Dezember 2004 (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG). 54 KUNZ, Die Volkswirtschaft 7/8 (2014) 18 f. 55 KUNZ, NZZ, 21. 56 Bundesgesetz über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel vom 19. Juni 2015 (Finanzmarktinfrastrukturgesetz, FinfraG); Gleichzeitig sind auch sämtliche Verordnungen in Kraft getreten. 57 KUNZ, NZZ, 21. 58 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8915, 8941, 9012 ff., ROTH. Die Volkswirtschaft 7/8 (2014) 12. 59 ROTH, Die Volkswirtschaft 7/8 (2014) 10. 51

11

4.1.1

Finanzmarktaufsicht

Mit dem Inkrafttreten des FINMAG wurde die FINMA als integrierte Finanzmarktaufsichtsbehörde geschaffen, welche fortan die Aufgaben der Eidgenössischen Bankenkommission EBK, des Bundesamtes für Privatversicherungen BPV und der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei Kst GwG in einer Behörde vereinte.60 Seither regelt das FINMAG die Aufsicht über den Finanzmarkt durch die FINMA und legt deren Organisation, Kompetenzen und Aufsichtsinstrumente fest (Art. 1 FINMAG). Nach Art. 5 FINMAG bezweckt die Finanzmarktaufsicht den Schutz der Kunden, der Gläubiger, der Versicherten (Individualschutz) sowie den Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte (Funktionsschutz) und trägt damit zur Stärkung des Ansehens und der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz bei. 4.1.2

Finanzmarktinfrastruktur

Das FinfraG enthält die Vorschriften für die Organisation und den Betrieb von Finanzmarktinfrastrukturen. Weiter regelt es die Verhaltenspflichten der Finanzmarktteilnehmer beim Effekten- und Derivatehandel (Art. 1 Abs. 1 FinfraG). Als Finanzmarktinfrastrukturen gelten Börsen, multilaterale Handelssysteme, zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister, Zahlungssysteme (Art. 2 Bst. a FinfraG). Das FinfraG bezweckt den Schutz der Finanzmarktteilnehmer sowie der Gleichbehandlung der Kunden (Individualschutz), die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit und der Transparenz der Effekten- und Derivatemärkte (Funktionsschutz) sowie der die Stabilität des Finanzsystems (Systemschutz; Art. 1 Abs. 2 FinfraG). Da das FinfraG nicht Thema dieser Arbeit ist, wird an dieser Stelle nicht näher auf die Finanzmarktinfrastrukturen eingegangen. Details finden sich im Gesetz und der dazugehörigen Botschaft.61 4.1.3

Finanzdienstleistungen

Das FIDLEG bezweckt den Schutz der Kunden von Finanzdienstleistern (Individualschutz) sowie die Schaffung vergleichbarer Bedingungen für das Erbringen von Finanzdienstleistungen durch die Finanzdienstleister (Art. 1 Abs. 1 FIDLEG). Die hinter dieser Regulierung stehende Absicht ist die Stärkung des Ansehens und der Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes (Art. 1 Abs. 1 FIDLEG). Dazu legt es die Anforderungen für die getreue, sorgfältige und transparente Erbringung von Finanzdienstleistungen fest, regelt das Anbieten von Finanzinstrumenten und erleichtert die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche der Kunden von Finanzdienstleistern (Art. 1 Abs. 2 FIDLEG).

60 61

Botschaft zum FINMAG, BBl 2830, 2834 ff. Botschaft zum FinfraG, BBl 7483 ff.

12

4.1.4

Finanzinstitute

Nach geltendem Recht sind die Bewilligungsvoraussetzungen der verschiedenen Finanzinstitute in separaten Erlassen geregelt. Ursprünglich war beabsichtigt, dass das FINIG in Zukunft sämtliche Bewilligungsformen, welche die Verwaltung von Kundenvermögen erfassen, enthalten soll.62 Mittlerweile steht jedoch, wie zuvor erwähnt, fest, dass das BankG, das VAG sowie ein Teil des KAG bestehen bleiben und nicht ins FINIG überführt werden.63 Demgegenüber wurde der Umfang des BEHG mit der Überführung massgeblicher Teile in das FinfraG per 1. Januar 2016 bereits erheblich reduziert. Mit Inkrafttreten des FINIG und der damit einhergehenden Neuregelung der Wertpapierhäuser in diesem Gesetz wird das BEHG aufgehoben. Des Weiteren wird das KAG durch die Überführung der Bestimmungen betreffend die Fondsleitungen und Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen in das FINIG zu einem reinen Produktgesetz.64 Zweck des FINIG ist der Schutz der Kunden von Finanzinstituten (Individualschutz) und die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Finanzmarkts (Funktionsschutz; Art. 1 Abs. 2 FINIG).

4.2

Gründe für den Regulierungsbedarf bei Finanzdienstleistungen (FIDLEG) und bei Finanzinstituten (FINIG)

4.2.1

Einleitung

Der Bundesrat nennt in seiner Botschaft zum FIDLEG und FINIG die hiernach dargelegten Gründe für die Notwendigkeit der beiden Gesetze. Gleichzeitig betont er, dass die Gesetzesentwürfe die verschiedenen Eigenschaften von Finanzdienstleistern und Finanzinstrumenten sowie die unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Kundensegmente berücksichtigen und sie insbesondere auf eine Bevormundung der Kunden oder auf hohe formelle Hürden für deren Betreuung durch die Finanzdienstleister verzichten.65 4.2.2

Verbesserung des Kundenschutzes

Der Bundesrat argumentiert, dass das geltende Recht inkonsistente Vorschriften und Lücken in Bezug auf Verhaltens- und Produktregeln aufweist und die Kunden grundsätzlich wenig über ihren Finanzdienstleister wissen. Ferner ist der Botschaft zu entnehmen, dass die Kunden tendenziell nicht ausreichend über die eigentliche Dienstleistung informiert werden. Zudem sind nach Meinung des Bundesrats die schweizerischen Prospektpflichten für Finanzprodukte sehr unterschiedlich ausgestaltet. Die Ausgestaltung der Prospekte sei demnach unübersichtlich, lückenhaft oder zu ausführlich. Infolgedessen stützten sich Kunden im geltenden Recht bei der Wahl von Finanzprodukten auf Werbematerialien des Produktanbieters, welcher die Risiken seiner Finanzprodukte im Verhältnis zu deren Gewinnchancen grundsätzlich untergewichtet. Optimierungsbedarf sieht der Bundesrat im geltenden Recht auch hinsichtlich der privatrechtlichen Rechtsdurchsetzung. Das Ungleichgewicht zwischen Finanzdienstleistern und Kunden zeigt sich insbesondere in Bezug auf das Prozesskostenrisiko, was zur Folge hat, dass Kunden häufig von Klagen absehen.66

62

ROTH, Die Volkswirtschaft 7/8 (2014) 12. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8915, 8941, 9012 ff.; ROTH, Die Volkswirtschaft 7/8 (2014) 12. 64 ROTH, Die Volkswirtschaft 7/8 (2014) 12; vgl. auch Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8928. 65 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8915. 66 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8912 f. 63

13

4.2.3

Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen für Finanzinstitute

Der Bundesrat führt in der Botschaft weiter aus, dass die verschiedenen Finanzdienstleister auf dem Schweizer Finanzmarkt, die in irgendeiner Weise das Vermögensverwaltungsgeschäft ausüben, unterschiedlich stark reguliert und beaufsichtigt werden. Er argumentiert, dass diese unterschiedliche Ausgestaltung der regulatorischen Anforderungen für Finanzdienstleister dazu beiträgt, dass der Kundenschutz in der Schweiz mangelhaft ist und zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen führt.67 4.2.4

Internationale Entwicklungen

Schliesslich betont der Bundesrat in seiner Botschaft zum FIDLEG und FINIG die Bedeutung der Übereinstimmung des Schweizer Finanzmarktrechts mit den internationalen Regulierungsstandards, insbesondere jenen der Europäischen Union (nachfolgend „EU“). Seinen Ausführungen zufolge kann dadurch einerseits die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzmarkts auch in Zukunft gewährleistet werden68 und andererseits sollen die Finanzdienstleister mit Sitz in der Schweiz, unter gewissen Bedingungen, künftig einen erleichterten Zugang zum EU-Binnenmarkt erhalten.69

4.3

Anlehnung an die europäische Finanzmarktregulierung

4.3.1

Marktzugang zur Europäischen Union

Der Bundesrat hält hinsichtlich der Äquivalenzanerkennung der Schweizer Gesetzgebung durch die EU unmissverständlich fest: „[…] Finanzdienstleister […] können […] vom erleichterten Zugang zum EU-Binnenmarkt profitieren, sofern die Europäische Kommission die Schweizer Regelung als äquivalent anerkennt.“70

In diesem Zusammenhang führt er weiter aus, dass für einen positiven Entscheid regelmässig gefordert wird, dass im Staat, der um Marktzugang ersucht, gewisse regulatorische Mindeststandards eingehalten und umgesetzt werden. Als erforderliche Mindeststandards nennt er die Einhaltung von Verhaltensregeln bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen, die Transparenz über die angebotenen Finanzinstrumente sowie eine angemessene organisatorische und finanzielle Ausstattung des Finanzdienstleisters.71 Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass auch ein freiwilliger autonomer Nachvollzug von ausländischen Normen keinen automatischen Marktzugang garantiert. Mit Inkrafttreten von FIDLEG und FINIG werden die Finanzdienstleister mit Sitz in der Schweiz folglich nicht automatisch vom Zugang zum EU-Binnenmarkt profitieren können. Durch die Schaffung von FIDLEG und FINIG erhofft sich der Bundesrat die Voraussetzungen für eine Äquivalenzanerkennung zu schaffen bzw. zumindest die Wahrscheinlichkeit wesentlich zu erhöhen, dass die schweizerische Regulierung durch die EU als äquivalent anerkannt und somit der Marktzugang gewährt wird.72

67

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8913. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8930 f. 69 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9089; vgl. zum EU-Marktzugang und der Äquivalenzanerkennung auch SCHOOP, 141 ff. 70 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9089. 71 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8913. 72 anderer Meinung: SCHOOP, 172, Er bezweifelt, dass für eine Äquivalenzanerkennung zuerst eine gleichwertige Regulierung gegeben sein muss. Ferner ist nicht gesagt, dass mit einer äquivalenten Regulierung der EU-Markt68

14

4.3.2

Markets in Financial Instrument Directive (MiFID)

Nicht zuletzt um die Äquivalenz zu erreichen, lehnt sich die Regulierung der beiden Gesetzesentwürfe in materieller Hinsicht eng an jene der MiFID73 an. Die MiFID ist das Herzstück der europäischen Finanzmarktregulierung. Sie wurde 2004 von der Europäischen Kommission in Kraft gesetzt und ab 1. September 2007 für alle Mitgliedstaaten als anwendbar erklärt.74 Sie hatte insbesondere zum Ziel, den Kundenschutz in der EU zu stärken. Hierzu wurden Verhaltensregeln bezüglich der Erbringung von Finanzdienstleistungen (Informationspflicht, Angemessenheits- und Eignungsprüfung sowie Dokumentations- und Rechenschaftspflicht), das Konzept der Kundensegmentierung, die Sicherstellung einer angemessenen Organisation und das Ombudswesen statuiert.75 Die MiFID wird derzeit überarbeitet (sog. MiFID II76). Die europäischen Mitgliedsaaten haben bis 3. Januar 2018 Zeit, um die revidierten Vorgaben zu erfüllen.77 4.3.4

Exkurs: Lugano-Übereinkommen

Das LugÜ78 regelt in seiner Eigenschaft als Staatsvertrag „die gerichtliche Zuständigkeit sowie die Ankerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen“79 bei internationalen Sachverhalten. Das LugÜ sieht insbesondere bei Verbrauchern zwingend einen Gerichtsstand an ihrem Wohnsitz vor (Art. 16 Ziff. 1 LugÜ). Demnach können EUKunden, die von Finanzdienstleistern in der Schweiz oder aus der Schweiz heraus bedient werden, an ihrem ausländischen Wohnsitz Klage gegen diesen einreichen. Das dortige Gericht wird in der Folge das auf den Fall anwendbare Recht bestimmen, was sich vermutungsweise in der Anwendbarkeit des eigenen Rechts äussern wird.80 Entsprechend würde auf den Sachverhalt europäisches Recht, insbesondere (indirekt) MiFID angewendet. Um diese Prozessrisiken tief zu halten, sind Finanzdienstleister mit Sitz in der Schweiz bereits jetzt gehalten, ihre europäischen Kunden MiFID-konform zu bedienen.81 Das LugÜ gewährt nach dem Gesagten jedoch keinen Marktzugang zur EU.

zugang gewährt wird. 73 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145 vom 30. April 2004, 1). 74 GOMBER/CHLISTALLA et al., 11. 75 KOCHER, 111 f.,126, 142, 148. 76 Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12. Juni 2014, 34); Die Ziele von MiFID II sind: Transparenz und Stabilität der EU-Finanzmärkte, Vorantreiben der Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen (BÜRKI KRONENBERG/GERBER, Die Volkswirtschaft 10 (2012) 16) sowie die Regelung des Marktzugangs für Finanzdienstleister aus Drittstaaten (JANSSEN/KOCHER, 36 f). 77 FERBER, NZZ – Kundenschutz, 31. 78 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 1. Januar 2011 (Lugano-Übereinkommen, LugÜ). 79 KÄHR, 67; vgl. auch Art. 1 Abs. 1 und 2 LugÜ. 80 Bei Konsumenten- bzw. Verbraucherverträgen wird in der Regel auf das anwendbare Recht am Wohnsitz des Konsumenten/Verbraucher abgestellt; vgl. für die Schweiz Art. 120 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (IPRG). 81 JANSSEN/KOCHER, 36.

15

5.

FINANZDIENSTLEISTUNGSGESETZ (FIDLEG)

5.1

Einleitung

Das FIDLEG soll, wie zuvor kurz angesprochen, künftig die Vorschriften für das Erbringen von Finanzdienstleistungen und das Anbieten von Finanzinstrumenten in der Schweiz einheitlich regeln.82 Kernstück des FIDLEG sind die in der Schweizer Gesetzgebung neu explizit statuierten Verhaltensregeln, die sich in materieller Hinsicht massgeblich an jene der EU anlehnen.83 Die nun explizit im FIDLEG aufgeführten Pflichten sind im schweizerischen Recht keine absolute Neuheit, ergeben sie sich im Grundsatz doch bereits implizit aus der geltenden Sorgfalts- und Treuepflicht im Auftragsrecht, wonach der Beauftragte dem Auftraggeber für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäfts haftet (Art. 398 Abs. 2 OR84). In der Folge werden die in Bezug auf die eingangs dieser Arbeit gestellten Forschungsfragen und damit insbesondere die für Kleinkunden und KMU-Finanzdienstleister wesentlichen Vorschriften des FIDLEG dargelegt. Dem FIDLEG sind die Begriffe „Kleinkunde“85 und „KMU-Finanzdienstleister“86 unbekannt. Der Gesetzesentwurf spricht von Privatkunden bzw. Finanzdienstleistern. Wenn in den nachfolgenden Ausführungen von Privatkunden bzw. Finanzdienstleistern die Rede ist, so sind jeweils Kleinkunden bzw. KMU-Finanzdienstleister mit erfasst.

5.2

Geltungsbereich

Der Geltungsbereich des FIDLEG soll sich neben Kundenberater sowie Ersteller und Anbieter von Finanzinstrumenten auf Finanzdienstleister erstrecken (Art. 2 Abs. 1 FIDLEG). Als Finanzdienstleister gemäss FIDLEG gelten Banken, Wertpapierhäuser, Fondsleistungen, Versicherungen und Vermögensverwalter. Als Finanzdienstleistungen im Sinne des FIDLEG gelten dabei folgende für Kunden erbrachte Tätigkeiten: Anlageberatung und Vermögensverwaltung, Erwerb und Veräusserung von Finanzinstrumenten, Annahme und Übermittlung von Aufträgen, welche Finanzinstrumente zum Gegenstand haben sowie Gewährung von Krediten für die Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten (Art. 3 Bst. d FIDLEG).

5.3

Kundensegmentierung

Nach Art. 4 Abs. 1 FIDLEG werden die Finanzdienstleister ihren Kundenstamm inskünftig in folgende Kategorien zu segmentieren haben: Privatkunden, professionelle Kunden sowie institutionelle Kunden.87 Diese Kundensegmentierung ist insbesondere hinsichtlich der Einhaltung der hiernach dargelegten Verhaltensregeln relevant, da das FIDLEG den einzelnen Kundensegmenten unterschiedliche Schutzniveaus vorgibt. So wird Privatkunden zwingend das höchste Schutzniveau zugestanden, während Finanzdienstleister gegenüber professionellen und institutionellen 82

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8902. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8902; vgl. zu den Verhaltensregeln nach MiFID Ziff. 4.3.2 (erster Teil). 84 Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30. März 1911 (OR). 85 vgl. zu diesem Begriff Ziff. 2.2 (erster Teil). 86 vgl. zu diesem Begriff Ziff. 2.5 (erster Teil). 87 vgl. zu den Begriffen vgl. Ziff. 2.2 (erster Teil). 83

16

Kunden bestimmte Verhaltensregeln nicht anwenden müssen.88 Beispielsweise werden Finanzdienstleister gemäss vorliegendem Gesetzesentwurf bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen gegenüber professionellen und institutionellen Kunden lediglich elementare Aufklärungspflichten über die Natur der Dienstleistung und der angebotenen Finanzinstrumente einzuhalten haben. Bei der Beratung von Privatkunden werden sie hingegen immer umfassende Informations- und Erkundigungspflichten wahrnehmen müssen.89 Das FIDLEG überlässt gewissen Kunden die Möglichkeit, zwischen Kundensegmenten zu wechseln (Art. 5 Abs. 1 und 2 FIDLEG). Folglich wird diesen Kunden die Wahl zwischen verschiedenen Schutzniveaus zugestanden. So können institutionelle Kunden erklären, dass sie als Privatkunden (sog. Opting-in) gelten wollen und vermögende Privatkunden können erklären, dass sie als professionelle Kunden behandelt werden wollen (sog. Opting-out).90 Allerdings definieren weder das FIDLEG noch das FINIG den Begriff „vermögende Privatkunden“. Die Botschaft zu den beiden Gesetzesentwürfen verweist diesbezüglich auf das KAG.91 Dieses unterscheidet zwischen vermögenden Privatkunden mit und ohne fachliche Qualifikation. Demnach müssen Kunden, um als Privatkunden mit fachlicher Qualifikation zu g, neben einer entsprechender Ausbildung und beruflicher Erfahrung im Finanzbereich, über ein Vermögen von mindestens CHF 500‘000 verfügen. Als vermögende Privatkunden ohne fachliche Qualifikationen gelten Kunden mit einem Vermögen von mindestens CHF 5 Mio.92 Folglich gesteht das FIDLEG Kleinkunden keine Wahlmöglichkeit in Bezug auf ihr Schutzniveau zu.

5.4

Erwerb von Finanzprodukten durch Privatkunden

Der Bundesrat betont in seiner Botschaft zum FIDLEG und FINIG, dass Privatkunden auch in Zukunft alle Finanzprodukte erwerben können. Ebenso untersagt ihnen das FIDLEG nicht, komplexe Finanzinstrumente ohne Beratung durch einen Finanzdienstleister mittels reinen Execution-only-Geschäften zu erwerben. Wesentlich ist jedoch, dass die Privatkunden von ihrem Finanzdienstleister korrekt über ihren Status und die damit verbundene Eigenverantwortung aufgeklärt werden.93

5.5

Verhaltensregeln

5.5.1

Einleitung

Nach Art. 8 ff. FIDLEG sollen die Finanzdienstleister künftig eine Reihe von aufsichtsrechtlichen Pflichten – die sog. Verhaltensregeln – beim Erbringen von Finanzdienstleistungen, namentlich gegenüber ihren Privatkunden, befolgen müssen.94 Diese Verhaltensregeln umfassen Informationspflichten (Art. 9 f. FIDLEG), Prüfpflichten bei der Vornahme der Angemessenheits- oder Eignungsprüfung von Finanzdienstleistungen (Art. 11 ff. FIDLEG), Dokumentations- und Rechenschaftspflichten (Art. 17 f. FIDLEG) sowie Transparenz- und Sorgfaltspflichten bei Kundenaufträgen (Art. 19 ff. FIDLEG). Im Anschluss werden die Verhaltensregeln gemäss FIDLEG, welche die Finanzdienstleister in Zukunft bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen gegenüber Privatkunden und damit auch gegenüber Kleinkunden zu befolgen haben werden, erläutert.

88

SCHLEIFFER/SCHÄRLI, GesKR 3 (2014) 337. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8919. 90 vgl. auch Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8916, 8949 f. 91 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8939, 8949 f. 92 EICHHORN, § 10 N 44. 93 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8916. 94 SCHLEIFFER/SCHÄRLI, GesKR 3 (2014) 337. 89

17

5.5.2

Informationspflichten

Art. 9 FIDLEG nennt umfangreiche Informationspflichten, welchen Finanzdienstleister künftig gegenüber ihren Privatkunden vor Vertragsabschluss oder Erbringung der Dienstleistung (Art. 10 Abs. 1 FIDLEG) nachzukommen haben. Der Finanzdienstleister hat Privatkunden zunächst über sein Unternehmen, das Tätigkeitsfeld sowie den Aufsichtsstatus zu informieren. Weiter muss der Finanzdienstleister den Privatkunden über die Möglichkeit aufklären, dass dieser sich über die Aus- und Weiterbildung des Kundenberaters informieren kann und die Möglichkeit hat, sich an eine anerkannte Ombudsstelle zu wenden (Art. 9 Abs. 1 FIDLEG). Ferner hat der Finanzdienstleister die Privatkunden über die angebotenen Finanzdienstleistungen und Finanzinstrumente zu informieren und die Privatkunden mit den damit jeweils verbunden Risiken und Kosten aufzuklären. Weiter muss der Finanzdienstleister das bei der Auswahl der Finanzinstrumente berücksichtigte Marktangebot und die im Zusammenhang mit der angebotenen Finanzdienstleistung bestehenden wirtschaftlichen Bindungen an Dritte offenlegen (Art. 9 Abs. 2 FIDLEG). Schliesslich umfasst die Informationspflicht auch, dass Finanzdienstleister ihren Privatkunden die entsprechenden Produktdokumentationen kostenlos abzugeben haben (Art. 10 FIDLEG). Privatkunden ist insbesondere vor Zeichnung bzw. Vertragsabschluss ein Basisinformationsblatt auszuhändigen (Art. 10 Abs. 2 FIDLEG). Ausführliche Prospekte sind ihnen nur auf Anfrage hin zur Verfügung zu stellen (Art. 10 Abs. 4 FIDLEG). 5.5.3

Angemessenheits- oder Eignungsprüfung von Finanzdienstleistungen

Inskünftig werden alle Finanzdienstleister die Kenntnisse und Erfahrungen ihrer Privatkunden bezüglich Finanzgeschäften in Erfahrung bringen müssen. Zudem werden sie zu prüfen und beurteilen haben, ob konkrete Produkte und Dienstleistungen für einen bestimmten Privatkunden angemessen sind. Die Prüfung entfällt lediglich bei Execution-only-Geschäften. Die Finanzdienstleister haben gestützt auf das Auftragsrecht bereits nach geltendem Recht vergleichbare Prüfungen durchzuführen.95 Der Gesetzgeber unterscheidet dabei zwischen einer Angemessenheits- und einer Eignungsprüfung, wenn Anlageberatungs- oder Vermögensverwaltungsdienstleistungen erbracht werden sollen (Art. 11 FIDLEG). Gemäss Art. 12 FIDLEG ist eine Angemessenheitsprüfung erforderlich, wenn Finanzdienstleister, die Anlageberatung für einzelne Transaktionen, ohne dafür das gesamte Portfolio zu berücksichtigen, erbringen. In diesem Fall muss der Finanzdienstleister den entsprechenden Kenntnisstand und die diesbezüglichen Erfahrungen seiner Privatkunden abklären und vor der Empfehlung von Finanzinstrumenten prüfen, ob diese für den Privatkunden angemessen sind (Art. 12 FIDLEG). Die Eignungsprüfung nach Art. 13 FIDLEG geht weiter und ist vorzunehmen, wenn Finanzdienstleister, die Anlageberatung unter Berücksichtigung des Kundenportfolios oder die Vermögensverwaltung erbringen. Diesfalls muss sich der Finanzdienstleister über die finanziellen Verhältnisse und Anlageziele sowie über die Kenntnisse und Erfahrungen seiner Privatkunden informieren. Diese Prüfung hat wiederum vor der Empfehlung von Finanzinstrumenten im Rahmen der Anlageberatung als auch vor Tätigung der entsprechenden Anlagen im Rahmen der Vermögensverwaltung zu erfolgen. Sofern einem Finanzdienstleister die Informationen, welche er von seinen Privatkunden erhält, nicht ausreichen, um die Angemessenheit oder die Eignung eines Finanzinstruments für den Privatkunden zu beurteilen, hat der Finanzdienstleister diesen vor der Erbringung der Finanzdienstleistung darauf hinzuweisen, dass er die Beurteilung nicht vornehmen kann

95

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8915.

18

(Art. 16 Abs. 1 FIDLEG). Des Weiteren darf der Finanzdienstleister einem Privatkunden nur zur Durchführung einer konkreten Transaktion raten, wenn der Kunde nach Einschätzung des Finanzdienstleisters über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken und Eigenschaften eines Geschäfts zu verstehen und dieses in Bezug auf die Anlageziele und die finanziellen Verhältnisse des Privatkunden angebracht ist.96 Ist der Finanzdienstleister der Auffassung, eine Dienstleistung sei für den Privatkunden nicht angemessen, so hat er diesen vor deren Erbringung abzuraten (Art. 16 Abs. 2 FIDLEG). 5.5.4

Dokumentations- und Rechenschaftspflichten

Das FIDLEG wird die Finanzdienstleister dazu verpflichten, ihre Tätigkeiten umfassend zu dokumentieren und ihren Privatkunden in geeigneter Weise zugänglich zu machen (Art. 18 Abs. 1 FIDLEG). Finanzdienstleister haben künftig die Informationen, welche sie über ihre Privatkunden gemäss Art. 11 ff. FIDLEG eingeholt haben und die mit den Privatkunden vereinbarten sowie die für diese erbrachten Finanzdienstleistungen festzuhalten. Ebenso müssen Finanzdienstleister unter der geplanten Gesetzgebung auch dokumentieren, wenn sie einem Privatkunden von der Erbringung einer Dienstleistung abgeraten haben (Art. 17 Abs. 1 FIDLEG). Bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung haben Finanzdienstleister zudem die Bedürfnisse ihrer Privatkunden und die Gründe für jede Empfehlung zu dokumentieren, die zum Erwerb, zum Halten oder zur Veräusserung eines Finanzinstruments führt (Art. 17 Abs. 2 FIDLEG). Darüber hinaus schreibt Art. 18 Abs. 2 FIDLEG vor, dass Finanzdienstleister gegenüber ihren Privatkunden regelmässig Rechenschaft97 über die vereinbarten und erbrachten Dienstleistungen, die Zusammensetzung, Bewertung und Entwicklung des Portfolios und die mit den Finanzdienstleistungen verbundenen Kosten abzulegen haben. Die Art und Weise der Dokumentation wird grundsätzlich den Finanzdienstleistern überlassen. Sie muss jedoch dergestalt sein, dass der Finanzdienstleister jederzeit seinen Rechenschaftspflichten gemäss Art. 18 FIDLEG nachkommen und gegenüber der Aufsichtsbehörde bzw. ihren Beauftragen Auskunft über die erbrachten Dienstleistungen erteilen kann.98 5.5.5

Transparenz und Sorgfaltspflichten bei Kundenaufträgen

Zusätzlich zu den hiervor dargelegten Informations- und Dokumentationspflichten wird das FIDLEG von den Finanzdienstleistern spezifische Transparenz- und Sorgfaltspflichten (Art. 19 ff. FIDLEG) verlangen.99 Gemäss der Botschaft zu den beiden Gesetzesentwürfen bezweckten diese Vorschriften die Wahrung der Interessen der Privatkunden,100 indem die Finanzdienstleister sicherstellen, dass bei der Ausführung der Aufträge ihrer Privatkunden das bestmögliche Ergebnis in finanzieller, zeitlicher und qualitativer Hinsicht erreicht wird (Art. 20 Abs. 2 FIDLEG).

96

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8920. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8960. 98 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8959. 99 SCHLEIFFER/SCHÄRLI, GesKR 3 (2014) 339. 100 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8960. 97

19

5.6

Angemessene Organisation

5.6.1

Anforderungen

Die Finanzdienstleister werden in Art. 23 FIDLEG verpflichtet, eine angemessene Betriebsorganisation sicherzustellen, um den im FIDLEG statuierten aufsichtsrechtlichen Vorschriften nachkommen zu können. Die Botschaft führt dazu aus: „Sie [die Finanzdienstleister] haben Prozesse für die Erbringung von Finanzdienstleistungen zu definieren und deren Einhaltung über eine angemessene Schulung ihrer Mitarbeitenden sowie die Implementierung von geeigneten Kontrollen sicherzustellen. Insbesondere bei beaufsichtigten Finanzdienstleistern sind auch die Corporate Governance, das Risikomanagement und die internen Kontrollsysteme der Unternehmen auf die Einhaltung der Verhaltensregeln gemäss FIDLEG auszurichten […].“101

Darüber hinaus sind dem Gesetzesentwurf und der entsprechenden Botschaft keine weiteren Vorschriften zur Ausgestaltung einer angemessenen Organisation zu entnehmen. Das EFD hat dies bestätigt und dazu angemerkt, dass es dem EFD ein Anliegen war, nur das Prinzip auf Gesetzesstufe zu verankern. Die Einzelheiten werden in der Verordnung zum FIDLEG geregelt, wobei die FINMA und allenfalls die künftige Aufsichtsorganisation ein Mitspracherecht haben werden.102 Infolgedessen kann derzeit nicht gesagt werden, wie die Anforderungen an eine angemessene Organisation unter der geplanten Gesetzgebung aussehen werden. 5.6.2

Beizug Dritter für die Erbringung von Finanzdienstleistungen

Der vorliegende Gesetzesentwurf gestattet den Finanzdienstleistern für die Erbringung von Finanzdienstleistungen Dritte beizuziehen (Art. 25 Abs. 1 FIDLEG). Bei der Auswahl besagter Dritter haben die Finanzdienstleister darauf zu achten, dass sie nur Personen verpflichten, welche für die konkreten Tätigkeiten über die erforderlichen Bewilligungen und Registereinträge verfügen (Art. 25 Abs. 2 FIDLEG). Der Finanzdienstleister hat diese beigezogenen Personen zudem sorgfältig zu instruieren und zu überwachen (Art. 25 Abs. 2 FIDLEG). Sofern ein Finanzdienstleister Aufträge an einen oder mehrere andere Finanzdienstleister auslagert, bleibt der auftraggebende Finanzdienstleister für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Kundeninformationen verantwortlich (Art. 26 Abs. 1 FIDLEG). Bezüglich der Verhaltensregeln ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass Finanzdienstleister, welche von der Möglichkeit der Auslagerung von Tätigkeiten Gebrauch machen, sicherstellen, dass die beigezogenen Dritten, sofern erforderlich, die Verhaltensregeln gemäss FIDLEG ebenfalls einhalten (Art. 26 Abs. 1 FIDLEG).103

101

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8963. vgl. auch Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 29 (Interview). 103 vgl. auch Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8947. 102

20

5.7

Beraterregister

Kundenberater von in- und ausländischen Finanzdienstleistern, die in der Schweiz keiner prudentiellen Aufsicht unterstehen, dürfen in Zukunft ihre Tätigkeit in der Schweiz nur ausüben, wenn sie in das nach Art. 30 ff. FIDLEG vorgesehene Beraterregister eingetragen sind. Für Kundenberater von in der Schweiz beaufsichtigten Finanzdienstleistern wird keine Registrierung erforderlich sein, da deren Arbeitgeber von der FINMA oder der geplanten Aufsichtsorganisation überwacht wird.104 Gemäss Art. 32 FIDLEG werden diesem öffentlich einsehbaren Register (Art. 34 Abs. 5 FIDLEG) folgende Angaben über die verzeichneten Kundenberater entnommen werden können: Name und Vorname, Firma und Adresse des Arbeitgebers, Funktion und Position, Tätigkeitsfelder, absolvierte Aus- und Weiterbildungen, die Ombudsstelle, welcher der Berater selbst oder sein Arbeitgeber angeschlossen ist und schliesslich das Datum des Registereintrags. Das Beraterregister wird durch eine Registrierungsstelle geführt, die der Zulassung der FINMA bedarf (Art. 33 Abs. 1 FIDLEG). Die FINMA wird mehrere Registrierungsstellen zulassen können, soweit dies sachlich gerechtfertigt sein wird (Art. 33 Abs. 2 FIDLEG). Finanziert werden soll die jeweilige Registrierungsstelle mittels Erhebung von kostendeckenden Gebühren für ihre Dienstleistungen und Verfügungen (Art. 35 FIDLEG).

5.8

Produktdokumentation

5.8.1

Prospekt

Künftig hat jeder, der in der Schweiz Effekten an einem Handelsplatz kotieren oder ein öffentliches Angebot zum Kauf von Effekten machen will (Art. 37 Abs. 1 FIDLEG) und sich dieses Angebot an mehr als 150 Privatkunden richtet (Art. 38 Abs. 1 Bst. b FIDLEG), vorgängig einen Prospekt zu veröffentlichen. Die diesbezüglich vorgesehen Normen orientieren sich weitgehend an der Prospektrichtlinie der EU.105 Die nach Art. 37 ff. FIDLEG vorgesehenen Bestimmungen sollen mit Inkrafttreten des Gesetzes die bestehenden Vorschriften betreffend den Emissionsprospekt von Aktien gemäss Art. 652a und 752 OR sowie betreffend den Prospekt für Anleihensobligationen nach Art. 1156 OR ersetzen.106 Demnach soll in Zukunft grundsätzlich für alle Beteiligungs- und Forderungspapiere, insbesondere auch für Derivate und strukturierte Produkte, von Gesetzes wegen ein Prospekt erstellt werden müssen. Nach Art. 39 Bst. j FIDLEG muss für Obligationen beispielsweise kein Prospekt veröffentlich werden.107 Die Prospekte sind vor deren Veröffentlichung der Prüfstelle zu unterbreiten, welche die Prospekte auf ihre Kohärenz und Vollständigkeit hin überprüft (Art. 53 Abs. 1 FIDLEG). Gemäss Art. 54 Abs. 1 FIDLEG bedarf die Prüfstelle der Zulassung durch die FINMA, diese kann mehrere Prüfstellen zulassen. Finanziert wird die Prüfstelle ebenfalls durch die Erhebung kostendeckender Gebühren für ihre Verfügungen und Dienstleistungen (Art. 59 Abs. 1 FIDLEG).

104

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8967. SCHLEIFFER/SCHÄRLI, GesKR 3 (2014) 341. 106 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8970 f. 107 Ausnahmen von der Prospektpflicht sind in Art. 38 f. FIDLEG festgehalten; vgl. auch Botschaft zum FIDLEG/ FINIG, BBl 8971 ff. 105

21

5.8.2

Basisinformationsblatt

Art. 60 ff. FIDLEG enthält die Regelungen zum Basisinformationsblatt, welches sich eng an das „Key Investor Information Document“ (sog. KIID) der EU anlehnt.108 Ziel des KIID ist es, Privatkunden zu ermöglichen grundlegende Merkmale und Risiken von Produkten zu verstehen und zu vergleichen. Auf maximal drei Seiten hat das KIID jene Informationen zu enthalten, welche Privatkunden benötigen, um einen fundierten Anlageentscheid treffen zu können.109 Basierend auf den gleichen Überlegen sollen gemäss der Botschaft zum FIDLEG und FINIG Finanzdienstleister mit Sitz in der Schweiz ihren Privatkunden in Zukunft ebenfalls ein entsprechendes Faktenblatt abgeben müssen.110 Art. 61 Abs. 2 FIDLEG gestattet den Finanzdienstleistern ihren Kunden Dokumente zu überlassen, welche zwar nach ausländischem Recht erstellt wurden, jedoch dem Basisinformationsblatt gleichwertig sind. Demgegenüber muss nach Art. 61 Abs. 1 FIDLEG für Aktien und Effekten, die Beteiligungsrechte verleihen, wie Partizipations- oder Genussscheine, kein Basisinformationsblatt erstellt werden. Begründet wird diese Ausnahme damit, dass die grundlegenden Charakteristika dieser Anlageform auch Privatkunden bekannt sind.111 Das Basisinformation soll folgende Informationen enthalten: Den Namen des Finanzinstruments und die Identität des Erstellers, die Art und die Merkmale des Finanzinstruments, das Risiko- und Renditeprofil des Finanzinstruments unter Angabe des höchst möglichen Verlusts, die Kosten des Finanzinstruments, die Mindesthaltedauer und die Handelbarkeit des Finanzinstruments, die Information über die mit dem Finanzinstrument verbundenen Bewilligungen und Genehmigungen (Art. 63 Abs. 2 FIDLEG). Des Weiteren muss das Basisinformationsblatt leicht verständlich sein und sich deutlich von Werbematerialien unterscheiden (Art. 64 FIDLEG). Im Gegensatz zum Prospekt unterliegt das Basisinformationsblatt keiner Prüfpflicht durch eine Prüfstelle. Hingegen hat der Ersteller des Basisinformationsblattes dieses regelmässig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen (Art. 65 Abs. 1 FIDLEG).

5.9

Ombudsstelle

Mit dem in Art. 77 FIDLEG statuierten Grundsatz, wonach Streitigkeiten über Rechtsansprüche zwischen dem Privatkunden und dem Finanzdienstleister nach Möglichkeit im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens durch eine Ombudsstelle erledigt werden sollen, soll die Institution der Ombudsstelle gestärkt werden.112 Hierzu haben sich die Finanzdienstleister spätestens mit Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit einer Ombudsstelle anzuschliessen (Art. 80 FIDLEG)113 sowie die entsprechenden finanziellen Beiträge zu leisten (Art. 84 FIDLEG), welche von der Grösse des Finanzdienstleisters abhängen.114 Ebenfalls zur Stärkung der Ombudsstelle soll die behördliche Anerkennung durch das EFD beitragen (Art. 87 Abs. 1 FIDLEG).115

108

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8934. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8934. 110 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8984; vgl. auch Art. 63 Abs. 1 FIDLEG. 111 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8986. 112 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8917. 113 Analoge Regelung in Art. 15 FINIG, mit Verweis auf die entsprechenden Normen des FIDLEG. 114 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9086. 115 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8917. 109

22

6.

FINANZINSTITUTSGESETZ (FINIG)

6.1

Einleitung

Das FINIG soll in Zukunft zusammen mit dem BankG die Bewilligungsvoraussetzungen und die Aufsicht über sämtliche Finanzdienstleister regeln, welche auf irgendeine Weise das Vermögensverwaltungsgeschäft in der Schweiz betreiben.116 Ein wesentliches Ziel des FINIG ist es, durch die sektorenübergreifende Regelung der Anforderungen ein Level playing field, also gleich lange Spiesse bzw. gleiche Voraussetzungen,117 für alle dem FINIG und BankG unterstellten Finanzinstitute zu schaffen.118 Gemäss der Botschaft zu den beiden Gesetzesvorlagen sollen die Einzelheiten zum FINIG, ebenso wie beim FIDLEG, auf Verordnungsstufe geregelt werden.119

6.2

Geltungsbereich

6.2.1

Vermögensverwalter

Inskünftig sollen Vermögensverwalter von Individualvermögen, Vermögensverwalter der Kollektivvermögen von Vorsorgeeinrichtungen und kollektiven Kapitalanlagen, Trustees, Fondsleitungen und Wertpapierhäuser, unabhängig ihrer jeweiligen Rechtsform, vom Geltungsbereich des FINIG erfasst werden (Art. 2 Abs. 1 FINIG). Die beiden erstgenannten Finanzdienstleister sowie die Trustees sollen damit neu einer prudentiellen Aufsicht unterstellt werden.120 Als Vermögensverwalter von Individualvermögen gelten die bisherigen bankenunabhängigen bzw. externen Vermögensverwalter (nachfolgend „Vermögensverwalter“).121 In diesem Kapitel wird primär näher auf die Vermögensverwalter eingegangen. Auf Erläuterungen zu den übrigen obgenannten Rechtsträger wird mangels Sachnähe zu den eingangs gestellten Forschungsfragen verzichtet. 6.2.2

Exkurs: KMU-Finanzdienstleister

Trotz des klar definierten Geltungsbereichs des FINIG (Art. 2 Abs. 1 FIDLEG) herrscht bei diversen KMU-Finanzdienstleistern, welche beispielsweise als Anlageberater, Finanzplaner, Vermögensberater, Versicherungsvermittler oder Hypothekenvermittler tätig sind, Besorgnis, dass sie dennoch von diesem erfasst und damit einer prudentiellen Aufsicht unterstellt werden könnten.122 Zur prudentiellen Unterstellung der Anlageberater führt der Bundesrat in der Botschaft zum FIDLEG und FINIG aus, dass diese im EU-Raum einer Bewilligung bedürfen und organisatorische Bestimmungen sowie gewisse Verhaltensregeln einhalten müssen. Er betont aber, dass bewusst auf eine prudentielle Unterstellung der Anlageberater gemäss FINIG verzichtet

116

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8903, 8915, 8926. EFD, Hearingbericht, 1. 118 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8926, 9060. 119 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8926. 120 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8927. 121 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8913, 8928, 9043. 122 Das EFD bestätigt diese Besorgnis, vgl. Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 15 (Interview). 117

23

wurde, da die Kunden ihre Anlageentscheide selbständig treffen und selber umsetzen müssen. Die Anlageberater werden jedoch die Verhaltensregeln gemäss FIDLEG zu befolgen haben.123 Diesbezüglich scheint das EFD derzeit die Auffassung zu vertreten, dass, sobald ein Finanzdienstleister basierend auf einem Vermögensverwaltungsvertrag und allenfalls einer entsprechenden Vollmacht über Vermögen von Kunden verfügen kann, dieser als Vermögensverwalter im Sinne des FINIG qualifiziert. Im Zuge dessen wird er sich grundsätzlich einer prudentiellen Aufsicht unterstellten müssen. Hingegen gelten Finanzdienstleister, welche nicht ermächtigt sind, über Kundenvermögen zu verfügen, und die Kunden die Transaktionen selbst auslösen, als Anlageberater im Sinne des FIDLEG. Schliesslich fallen beispielsweise Hypothekenvermittler, weder in den Geltungsbereich des FIDLEG noch in jenen des FINIG.124 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass derzeit keine Erweiterung des Geltungsbereichs des FINIG auf Anlageberater oder andere KMU-Finanzdienstleister vorgesehen ist.

6.3

Bewilligungskaskade

Das FINIG sieht eine sog. Bewilligungskaskade vor. Dabei umfasst die höhere Bewilligung die tiefer liegende(n) Bewilligung(en).125 Die nach Finanzdienstleistern differenzierte Bewilligungskaskade wird in Art. 5 FINIG geregelt und sieht folgende Abstufungen vor: − Die Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit als Bank ermächtigt auch zur Tätigkeit als Wertpapierhaus, Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen, Vermögensverwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen, Trustee und Vermögensverwalter. − Die Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit als Wertpapierhaus ermächtigt auch zur Tätigkeit als Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen, Vermögensverwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen, Trustee und Vermögensverwalter. − Die Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit als Fondsleitung ermächtigt auch zur Tätigkeit als Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen, Vermögensverwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen und Vermögensverwalter. − Die Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit als Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen bzw. als Vermögensverwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen ermächtigt auch zur Tätigkeit als Vermögensverwalter. Der Bundesrat will mit diesem Regime eine möglichst massvolle, branchennahe und flexible Aufsicht etablieren und damit auch den teilweise als Einzelunternehmen organisierten Vermögensverwalter Rechnung tragen. Aus diesem Grund soll beispielsweise auch die Aufsicht über die Vermögensverwalter inskünftig durch Aufsichtsorganisationen und nicht durch die FINMA ausgeübt werden.126

123

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8939. Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 15 (Interview). 125 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8904, 8927. 126 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8904, 8928; vgl. auch Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 20 (Interview). 124

24

6.4

Prudentielle Unterstellung der Vermögensverwalter

6.4.1

Begründung des erweiterten Geltungsbereichs

Eine mögliche prudentielle Unterstellung der Vermögensverwalter war bereits im Schlussbericht der Expertenkommission unter der Leitung von Prof. Jean-Baptiste Zufferey mit dem Titel „Finanzmarktregulierung und -aufsicht in der Schweiz (Banken, Versicherungen, Allfinanz und Finanzkonglomerate, andere Finanzdienstleistungen)“ vom November 2000 ein Thema.127 Rund 15 Jahre später nimmt die Idee der prudentiellen Unterstellung der Vermögensverwalter konkrete Gestalt an und stellt damit eine massgebliche Neuerung im Schweizer Finanzmarktrecht dar.128 Der Bundesrat begründet diese Änderung in seiner Botschaft zum FIDLEG und FINIG damit, dass die Finanzdienstleister nach geltendem Recht unterschiedlich stark reguliert und beaufsichtigt werden. Das Vermögensverwaltungsgeschäft wird heute sowohl von prudentiell beaufsichtigten Finanzinstituten (Banken, Wertpapierhäuser, Fondsleitungen und Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen) als auch von nicht prudentiell beaufsichtigten Vermögensverwaltern ausgeübt.129 Nach Meinung des Bundesrats wird die Unterstellung der Vermögensverwalter unter eine prudentielle Aufsicht den Kundenschutz verbessern und die Wettbewerbsbedingungen zwischen den Finanzdienstleistern egalisieren.130 Ein weiterer Grund für die beabsichtigte Unterstellung der Vermögensverwalter ist die Angleichung der schweizerischen Regulierung an jene des Auslands, insbesondere der EU.131 6.4.2

Bewilligungsvoraussetzungen und Bewilligungsänderungen

Das FINIG regelt die Bewilligungsvoraussetzungen und Bewilligungsänderungen allgemein für sämtliche ihm unterstellten Finanzdienstleister gemeinsam, also auch für die Vermögensverwalter. Weiterführende Bewilligungsvoraussetzungen und -änderungen werden sodann auf Verordnungsstufe geregelt (Art. 8 Abs. 3 FINIG, Art. 19 Abs. 2 FINIG). Die Unterstellung unter eine prudentielle Aufsicht bedingt die Bewilligung der zuständigen Aufsichtsbehörde (Art. 4 Abs. 1 FINIG). Nach Art. 6 Abs. 1 FINIG hat Anspruch auf die Erteilung der Bewilligung, wer die Voraussetzungen erfüllt (sog. Polizeibewilligung). Nach Erteilung der Bewilligung hat der Finanzdienstleister die Bewilligungsvoraussetzungen permanent zu erfüllen und sämtlichen sich aus den einschlägigen aufsichtsrechtlichen Vorschriften ergebenden Pflichten während der gesamten Dauer der Geschäftstätigkeit nachzukommen.132 Das FINIG räumt den Vermögensverwaltern für ihre rechtliche Organisation einen weiten Handlungsspielraum ein, indem ihnen neben einer Einzelunternehmung sämtliche Handelsgesellschaften des Obligationenrechts (Art. 552 ff. OR) sowie die Genossenschaft offen stehen (Art. 17 Abs. 1 FINIG). Darüber hinaus verlangt das FINIG von den Vermögensverwaltern angemessene Sicherheiten oder eine Berufshaftpflicht (Art. 19 Abs. 1 FINIG). Gemäss den im FINIG für alle ihm unterstellten Finanzinstitute statuierten Bewilligungsvoraussetzungen, können für die Vermögensverwalter die anschliessend genannten Pflichten abgeleitet werden. Demnach sollen die Vermögensverwalter in Zukunft verpflichtet sein, eine angemessene Betriebsorganisation sicherzustellen, um sämtlichen finanzmarktrechtlichen

127

Expertenkommission Zufferey, 14 Rz. 32, 58 f. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8928. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8913. 130 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8913. 131 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8931 f.; vgl. auch Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 15 (Interview). 132 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9021. 128 129

25

Vorschriften, auch jenen des FIDLEG, nachkommen zu können (Art. 8 Abs. 1 FINIG).133 Zudem werden die Vermögensverwalter künftig ihre Risiken zu messen, zu steuern und zu überwachen haben sowie ein wirksames internes Kontrollsystem implementieren müssen (Art. 8 Abs. 2 FINIG). In diesem Zusammenhang erläutert der Bundesrat in seiner Botschaft zu den beiden Gesetzesvorlagen, dass die Bestimmungen zur angemessenen Organisation und Risikokontrolle inhaltlich den im BankG, BEHG und KAG enthaltenen Normen entsprechen. Die Bestimmungen seien jedoch nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2 BV) anzuwenden.134 Nach Art. 13 Abs. 1 FINIG soll es den Vermögensverwaltern ebenfalls gestattet sein, Dritte für die Erfüllung ihrer Aufgaben beizuziehen.135 Ferner müssen die mit der Verwaltung und Geschäftsführung betrauten Personen Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten (Art. 10 Abs. 1 FINIG), einen guten Ruf geniessen und die für die Funktion erforderlichen fachlichen Qualifikationen aufweisen (Art. 10 Abs. 2 FINIG). Weiter haben die mit der Geschäftsführung betrauten Personen an einem Ort Wohnsitz zu nehmen, von wo aus sie die Geschäftsführung tatsächlich ausüben können (Art. 9 Abs. 2 FINIG) und der Vermögensverwalter muss von der Schweiz aus geleitet werden (Art. 9 Abs. 1 FINIG). Die Vermögensverwalter haben sich nach Art. 15 Abs. 1 FINIG, ebenso wie die vom Geltungsbereich des FIDLEG erfassten Finanzdienstleister, spätestens mit Aufnahme ihrer Tätigkeit einer Ombudsstelle anzuschliessen. Für die Einzelheiten verweist das FINIG auf die Bestimmungen des FIDLEG (Art. 15 Abs. 2 FINIG).136 Sofern an einem Vermögensverwalter natürliche oder juristische Personen direkt oder indirekt qualifiziert beteiligt sind, müssen diese der zuständigen Aufsichtsbehörde gemeldet werden. Diese Personen müssen ebenfalls einen guten Ruf geniessen und ihr Einfluss darf sich nicht nachteilig auf die Geschäftstätigkeit des Finanzinstituts auswirken (Art. 10 FINIG). Des Weiteren haben prudentiell beaufsichtigte Finanzinstitute und damit auch die Vermögensverwalter der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde jegliche Änderung von Tatsachen, die der Bewilligung zugrunde liegen, zu melden (Art. 7 Abs. 1 FINIG). Wesentliche Änderungen sind der Behörde vorgängig anzuzeigen und unterliegen deren Bewilligungspflicht (Art. 7 Abs. 2 FINIG). 6.4.3

Grandfathering-Klausel

Bisher nicht beaufsichtigte Vermögensverwalter können von der sog. „Grandfathering-Klausel“ Gebrauch machen (in Art. 70 Abs. 3 FINIG). Sie bedürfen danach bei Inkrafttreten des FINIG keiner Bewilligung, sofern sie ihre Geschäftstätigkeit seit mindestens 15 Jahren ausüben und sie sich auf die Weiterbetreuung ihres bisherigen Kundenstamms beschränken (Art. 70 Abs. 3 FINIG).

133

vgl. auch Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9022. Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9022; vgl. zum Verhältnismässigkeitsprinzip Ziff. 6.5 (erster Teil). 135 vgl. zum Beizug Dritter bei der Erbringung von Finanzdienstleistung Ziff. 5.6.2 (erster Teil). 136 vgl. zur Ombudsstelle Ziff. 5.9 (erster Teil). 134

26

6.4.4

Aufsichtsorganisation und Berichterstattung

Die Aufsicht über die dem FINIG unterstellten Finanzinstitute soll inskünftig eine Zweiteilung erfahren. Während Wertpapierhäuser, Fondsleitungen, Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen und Vermögensverwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen von der FINMA beaufsichtigt werden (Art. 57 Abs. 2 FINIG), soll für die Vermögensverwalter und Trustees eine oder mehrere Aufsichtsorganisation(en) (nachfolgend: „Aufsichtsorganisation“) geschaffen werden (Art. 57 Abs. 1 FINIG). Die Aufsichtsorganisation soll von der FINMA zugelassen und mit Bewilligungs-, Aufsichts- und Sanktionskompetenzen ausgestattet werden.137 Nach Art. 58 Abs. 1 FINIG haben die Vermögensverwalter jährlich eine von der Aufsichtsorganisation zugelassene Prüfgesellschaft mit einer Prüfung zu beauftragen. Die Aufsichtsorganisation wird unter Berücksichtigung der Tätigkeit und der Risiken der ihr unterstellten Finanzdienstleister eine Prüfperiodizität bis maximal vier Jahre festlegen können (Art. 58 Abs. 2 FINIG).138 In den Jahren, in denen keine derartige Prüfung erfolgt, erstatten die Vermögensverwalter der Aufsichtsorganisation Bericht über die Konformität ihrer Geschäftstätigkeit mit den Gesetzesvorschriften (Art. 58 Abs. 3 FINIG). Die Aufsichtsorganisation soll ebenso wie die FINMA selbsttragend sein. Sie wird daher mit der Befugnis ausgestattet, für ihre Dienstleistungen Gebühren zu erheben und eine Aufsichtsabgabe einzufordern, soweit ihre Kosten nicht durch Gebühren gedeckt werden.139

6.5

Level playing field und bundesstaatsrechtlicher Rechtsgleichheitsgrundsatz

Das FINIG will, wie zuvor erwähnt, mittels einer sektorenübergreifenden Regulierung der Anforderungen ein Level playing field für alle dem FINIG und dem BankG unterstellten Finanzinstitute schaffen. Einfach ausgedrückt, soll sich demzufolge ein Ein-Mann-Vermögensverwalter auf dem gleichen Spielfeld aufhalten wie die global tätige Grossbank und somit grundsätzlich die gleichen Anforderungen140 erfüllen müssen. Diese Metapher wirft unweigerlich die Frage auf, ob die mit dem Level playing field angestrebte Gleichbehandlung der vom Geltungsbereich des FINIG erfassten Finanzdienstleister gerecht und mit dem bundesstaatsrechtlichen Rechtsgleichheitsgrundsatz vereinbar ist, wonach „Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln“141 ist. Da die Frage keine direkte Sachnähe zu den eingangs dieser Arbeit gestellten Forschungsfragen aufweist und eine detaillierte Betrachtung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, sie jedoch im Zusammenhang mit dem FINIG zentral ist, werden in der Folge die Grundzüge beleuchtet und im empirischen Teil die diesbezüglichen Ansichten der Experten und der Umfrageteilnehmer dargelegt.

137

Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9038 f., 9074. vgl. auch Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 8903 f., 8927 f. 139 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9076. 140 vgl. zu den Anforderungen Ziff. 6.4.2 (erster Teil). 141 HÄFELIN/HALLER/KELLER, Rz. 752. 138

27

Der Blick auf das schweizerische Bundesstaatsrecht zeigt, dass die Bundesverfassung nur selten eine absolute Gleichbehandlung verlangt. Das Bundesstaatsrecht beurteilt die Rechtsgleichheit differenziert. Dafür wird der aus Art. 8 Abs. 1 BV abgeleitete und soeben erwähnte Rechtsgleichheitsgrundsatz herangezogen. Dem Gesetzgeber wird damit erhebliche Gestaltungsfreiheit zugestanden.142 Das Bundesgericht hält dazu fest: „Der Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung wird insbesondere verletzt, wenn hinsichtlich einer entscheidwesentlichen Tatsache rechtliche Unterscheidungen getroffen werden, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn Unterscheidungen unterlassen werden, die aufgrund der Verhältnisse hätten getroffen werden müssen.“143

Es stellt sich somit die Frage, ob das FINIG Unterscheidungen unterlässt, die aufgrund der konkreten Verhältnisse der unterschiedlichen Finanzdienstleister getroffen werden müssten. Der Botschaft sind diesbezüglich gestützt auf die bereits erwähnten Ausführungen in Bezug auf die Bewilligungskaskade144 zu entnehmen, dass der Bundesrat mit diesem Regime eine möglichst massvolle, branchennahe und flexible Aufsicht etablieren will und dass die Bestimmungen zur angemessenen Organisation und Risikokontrolle nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit anzuwenden sind.145 Nach Art. 5 Abs. 2 BV muss staatliches Handeln verhältnismässig sein. Dementsprechend gilt auch im FINIG das Verhältnismässigkeitsprinzip, und insofern, selbst wenn dieselben Anforderungen bestehen – beispielsweise ein geeignetes Risikomanagement – so wird dies dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechend bei einem Ein-Mann-Vermögensverwalter zwingend anders ausfallen müssen als bei einer Grossbank. Im Zuge dessen scheint sich zu erhellen, dass ein Level playing field in der Hinsicht geschaffen werden soll, dass auch die Vermögensverwalter künftig einer prudentiellen Aufsicht unterstehen sollen. Mit der Bewilligungskaskade soll dann vermutlich gezeigt werden, dass beabsichtigt ist, die Aufsicht zwischen den einzelnen Finanzdienstleistern differenziert auszugestalten, was insbesondere wie ebenfalls bereits erwähnt, auch durch die neue Aufsichtsorganisation zum Ausdruck kommen soll.146

142

HÄFELIN/HALLER/KELLER, Rz. 752. BGE 136 I 17 E. 5.3. 144 vgl. zur Bewilligungskaskade Ziff. 6.3 (erster Teil). 145 vgl. zur angemessenen Betriebsorganisation gemäss FINIG Ziff. 6.4.2 (erster Teil). 146 Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 20 (Interview). 143

28

7.

REGULIERUNGSKOSTENANALYSE FÜR KMU-FINANZDIENSTLEISTER

7.1

Einleitung

Zusammen mit der Botschaft und den beiden Gesetzesentwürfen wurde am 4. November 2015 auch die Regulierungsfolgenabschätzung (nachfolgend „RFA“) zu FIDLEG und FINIG (nachfolgend „RFA FIDLEG/FINIG“) publiziert. Die RFA ist ein Instrument des Bundes zur Beurteilung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Gesetzesvorlagen. Ein wesentlicher Punkt dabei ist, auch die mit der Regulierung anfallenden Kosten für die Betroffenen zu eruieren. Mit der RFA werden diese kritisch hinterfragt und auf ihre Notwendigkeit hin überprüft.147 Im Vorfeld zur RFA FIDLEG/FINIG wurde die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF beauftragt, eine Regulierungskostenanalyse zu den beiden Gesetzesentwürfen (nachfolgend „RKA FIDLEG“ bzw. „RKA FINIG“) zu erarbeiten.

7.2

Regulierungskostenanalyse im Zusammenhang mit dem Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)

Einleitend zur RKA FIDLEG wird festgehalten, dass sich diese auf den Teilbereich der Dokumentations- und Rechenschaftspflichten des FIDLEG fokussiert. Ferner wurde mangels Zeit und Ressourcen auf gewisse Elemente verzichtet, weshalb die Ergebnisse auf Schätzungen beruhen und daher nicht repräsentativ sind.148 Darüber hinaus wurde als Bezugsgruppe für die Studie die Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen herangezogen, da sie ähnliche, aber nicht vollständig deckungsgleiche Dokumentations- und Rechenschaftspflichten einzuhalten haben wie die künftig vom Geltungsbereich des FIDLEG erfassten Finanzdienstleister. Gemäss der RKA FIDLEG beschäftigen die Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlangen im Durchschnitt 26 Mitarbeitende und verwalten CHF 190 Mrd. AuM.149 Im Zuge dessen wird angemerkt, dass die identifizierten Kosten nicht zwingend auf andere Finanzdienstleister übertragen werden können.150 Nach Durchsicht der RKA FIDLEG kam die Verfasserin zum Schluss, dass die präsentierten Ergebnisse keinen Nutzen für diese Arbeit stiften. Neben den soeben angeführten Gründen kann der durchschnittliche Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen, welcher der RKA FIDLEG zugrunde liegt, nicht mit dem dieser Arbeit zugrunde liegenden KMU-Finanzdienstleister, der durchschnittlich 4 FTEs und CHF 20 AuM ausweist, verglichen werden. Infolgedessen wird nicht weiter auf diese Studie eingegangen. Demgegenüber äussert sich die RFA FIDLEG/FINIG konkreter zu den möglichen Kostenfolgen für KMU-Finanzdienstleister, wobei dieser keine effektiven Beträge zu entnehmen sind. Nachfolgend findet sich eine Zusammenfassung der von der RFA FIDLEG/FINIG für KMUFinanzdienstleister identifizierten Kosten. Im Zusammenhang mit der Einhaltung der Verhaltensregeln entstehen den KMU-Finanzdienstleistern gewisse administrative Kosten sowie laufende Aufwendungen in Form von Gebühren für die Aufsicht und Kontrolle der Einhaltung der Verhaltensregeln durch die Aufsichtsorganisation. Zu den Kostenfolgen im Hinblick auf die Sicherstellung einer angemessenen Betriebsorganisation äussert sich die RFA FIDLEG/ FINIG wie folgt: „Für mittlere bis grössere bzw. bereits beaufsichtigte Unternehmen dürften 147 Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Regulierungsfolgenabschätzung (RFA). URL: (17.02.2016). 148 RKA FIDLEG, 8 f. 149 RKA FIDLEG, 19; vgl. auch Ziff. 3.6; 8.3 (erster Teil). 150 RKA FIDLEG, 8 f.

29

die neuen Vorschriften marginale zusätzliche Aufwendungen bedeuten und der Beizug Dritter wirkt sich kostenmässig kaum aus.“151 Zu den diesbezüglichen Mehrkosten für kleine Finanzdienstleister äussert sich die RFA FIDLEG/FINIG nicht. Die mit dem Beratungsregister zusammenhängende Kosten werden die Finanzdienstleister zu tragen haben, es ist jedoch unerheblich, ob die Gebühren an die FINMA oder eine von dieser bezeichneten Drittorganisation ausgerichtet werden müssen. Hingegen wird die Produktdokumentation als tendenziell kostenintensiv erachtet, wobei die vorgängige Prüfung des Prospekts durch eine Prüfstelle mit massgeblichen Opportunitätskosten verbunden sein wird, insbesondere bei Produkten, die nur eine gewisse Zeit gehandelt werden wie beispielsweise strukturierte Produkte.152 Bezüglich des Basisinformationsblattes werden keine Kosten genannt, sondern lediglich Vorteile erwähnt. Schliesslich sollen durch die Anschlusspflicht der Finanzdienstleister an eine Ombudsstelle die periodischen Beiträge für alle angeschlossenen Finanzdienstleister möglichst tief gehalten werden.153

7.3

Regulierungskostenanalyse im Zusammenhang mit dem Finanzinstitutsgesetz (FINIG)

Die RKA FINIG präsentiert unter anderem die Resultate einer von ihr durchgeführten Marktund Regulierungskostenanalyse bezüglich der geplanten prudentiellen Unterstellung der Vermögensverwalter. Als Untersuchungsgegenstand legte sie die bislang nicht prudentiell beaufsichtigten Vermögensverwalter zugrunde.154 Die Marktanalyse ergab eine geschätzten Anzahl von 2‘300 Vermögensverwalter in der Schweiz, wovon rund die Hälfte ein bis maximal zwei Mitarbeitende aufweisen. Aufgrund der geringen Unternehmensgrösse und den damit einhergehenden limitieren Ressourcen betreuen sie in der Regel weniger als 100 Kunden mit AuM von weniger als CHF 50 Mio.155 Die Regulierungskostenanalyse schätzt die einmaligen Kosten für die prudentielle Unterstellung je nach Betriebsgrösse und -komplexität des Vermögensverwalters auf CHF 70‘000 bis CHF 128‘000.156 Als primäre Kostentreiber werden die Bewilligungsprüfung sowie Honorare für Beratungsdienstleistungen, welche im Zusammenhang mit dem Bewilligungsverfahren in Anspruch genommen werden, genannt. Darüber hinaus können die Vermögensverwalter – abhängig davon, wie die organisatorischen Bewilligungsvoraussetzungen schlussendlich auf Verordnungsstufe geregelt sein werden – mit weiteren substantiellen Kosten konfrontiert werden, die kaum abschätzbar sind. Die jährlich wiederkehrenden Kosten bewegen sich gemäss Schätzung der RKA FINIG zwischen CHF 19‘000 und CHF 56‘000. Als wesentliche Kostentreiber werden die jährliche Aufsichtsprüfung, die Aufsichtsabgabe sowie organisatorische Anpassungen zur Erfüllung der Bewilligungsvoraussetzungen identifiziert. Diesbezüglich wird angemerkt, dass KMU-Vermögensverwalter allfälligen Vorschriften bezüglich der Trennung bestimmter Funktionen mit den bestehen Ressourcen nicht nachkommen könnten und sich ihr Personalaufwand daher vergrössern wird. Schliesslich wird der Hinweis angebracht, dass auf die Vermögensverwalter zusätzliche Revisionskosten zukommen könnten, weil anzunehmen ist, dass der Grossteil der Vermögensverwalter vor Inkrafttreten des FINIG nicht revidiert wurde. Dabei werden Kosten für eine eingeschränkte Revision von CHF 5‘000 bis CHF 8‘000 bzw. für eine ordentliche

151

RFA FIDLEG/FINIG, 23 f. RFA FIDLEG/FINIG, 25 ff. RFA FIDLEG/FINIG, 31. 154 RKA FINIG, 4. 155 RKA FINIG, 4, 47. 156 vgl. für die aufgeschlüsselten Kosten RFA FIDLEG/FINIG, 34 f. 152 153

30

Revision von CHF 20‘000 bis 25‘000 angeführt.157 Die RFA hält dann auch klar fest, dass besagte Kosten unmittelbar und permanent die Margen der Betroffenen beeinflussen, aber durch die vorgeschlagene Möglichkeit der Ausweitung der Prüfperiodizität der Aufsichtsprüfung auf maximal vier Jahre, die wiederkehrenden Kosten eher eine Obergrenze darstellen. Darüber hinaus weist die RFA darauf hin, dass zu den soeben erwähnten Kosten ökonomisch bedeutsame Opportunitätskosen hinzukommen, die jedoch nicht beziffert werden können.158

7.4

Fazit der RFA zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) sowie des Bundesrates zu den Regulierungskostenschätzungen

Die RFA FIDLEG/FINIG hält zusammenfassend fest, dass erhebliche Kosten auf die Vermögensverwalter zukommen dürften und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Belastung für kleinere Vermögensverwalter verhältnismässig grösser ausfällt als für grössere Vermögensverwalter und die Markteintrittsbarriere für neu in den Markt eintretende Vermögensverwalter erheblich angehoben wird.159 Der Bundesrat stellt in seiner Botschaft zum FIDLEG und FINIG den teilweise höheren Kosten für die Betroffenen die Stärkung der Rechte der Kunden, die höhere Qualität und Transparenz der Finanzdienstleistungen sowie eine international äquivalent ausgestaltete Regulierung gegenüber. Weiter ist er der Meinung, dass letzteres Argument durch die Beachtung internationaler Entwicklungen zur Standortattraktivität der Schweiz beiträgt und das Kosten-NutzenVerhältnis insgesamt vorteilhaft ist.160 Schliesslich hält der Bundesrat fest, dass der KMU-Verträglichkeit mit den beiden Vorlagen Rechnung getragen werde, einerseits durch die Erweiterung der Prüfperiodizität der Aufsichtsprüfung auf maximal vier Jahre und andererseits aufgrund der Grandfathering-Klausel.161

157

RKA FINIG, 5, 32, 47 f. RFA FIDLEG/FINIG, 35. 159 RFA FIDLEG/FINIG, 34. 160 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9083. 161 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9088; vgl. zur Grandfathering-Klausel Ziff. 6.4.3 (erster Teil). 158

31

8.

ZWISCHENFAZIT

In den vorangegangen Kapiteln wurden die theoretischen Grundlagen bezüglich der Neuordnung des Schweizer Finanzmarktrechts und der in Bezug auf Kleinkunden wesentliche Inhalt der beiden Gesetzesentwürfe FIDLEG und FINIG dargelegt sowie die damit verbunden Kostenfolgen erläutert. Im Nachgang der Finanzkrise von 2008 mit dem Konkurs der Lehman-Gruppe und dem Zusammenbruch des Schneeballsystems von Bernard Madoff wurde der Ruf nach einem verbesserten Kundenschutz laut, da auch Kunden in der Schweiz Verluste erlitten hatten. Daraufhin setzte ein unvergleichlicher Regulierungseifer ein. Es wurde begonnen, das seit rund 80 Jahren bewährte Schweizer Finanzmarktrecht grundlegend neu zu strukturieren, indem dieses von einem Säulen- in ein Dachmodell überführt werden soll. Im Zuge dessen wurden im Eiltempo Entwürfe für drei neue Finanzmarktgesetze, das FinfraG, das FIDLEG und das FINIG, erarbeitet. Die geltenden Finanzmarktgesetze mögen durchaus Schwächen aufweisen, allerdings wäre einer punktuellen Anpassung der bestehenden Finanzmarktrechte, nicht nur hinsichtlich finanzieller Aspekte, der Vorzug zu geben gewesen, zumal weder die EU noch internationale Standards eine bestimmte Struktur der Finanzmarktregulierung vorgeben. Es ist daher zumindest fraglich, weshalb ohne Not die bestehende Schweizer Finanzmarktstruktur derart tiefgreifend umgestaltet und damit erhebliche Rechtsunsicherheiten in Kauf genommen werden. Die diversen Gesetze und deren Verordnungen, welche teilweise noch nicht einmal im Entwurf öffentlich einsehbar sind, werden kaum derart präzise aufeinander abgestimmt sein, dass sich keine Unklarheiten ergeben. Angesichts der Vielzahl an kostenpflichtigen Unterstellungsanfragen, die sich im Zuge der Rechtsunsicherheiten ergeben dürften, werden von der geplanten Regulierung immerhin die Anwaltskanzleien, die Beratungsunternehmen und nicht zuletzt die FINMA bzw. allenfalls auch die künftige Aufsichtsorganisation profitieren. Aber wenn schon alles neu reguliert werden muss, so ist nicht nachvollziehbar, weshalb die beiden wichtigsten Finanzdienstleister, die Banken und Versicherungen, nicht vom Geltungsbereich des FINIG erfasst werden sollen und sie ihre „Säulen“, das heisst ihre spezialgesetzlichen Regelungen, beibehalten dürfen, während beispielsweise Vermögensverwalter, die im Übrigen nicht mitursächlich für die Finanzkrise waren, künftig einer prudentiellen Aufsicht gemäss FINIG unterstellt werden sollen. Dabei wäre doch gerade die Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen durch die sektorenübergreifende Regelung der Anordnungen das primäre Anliegen des FINIG. Des Weiteren sollen das FIDLEG und das FINIG die Voraussetzungen für eine Äquivalenzanerkennung durch die EU schaffen bzw. die Wahrscheinlichkeit wesentlich erhöhen, dass die schweizerische Regulierung durch die EU als äquivalent anerkannt und somit den Finanzdienstleistern mit Sitz in der Schweiz der Zugang zum EU-Binnenmarkt gewährt wird. Hierzu gilt es jedoch zu bemerken, dass ein autonomer Nachvollzug der MiFID durch die Schweiz weder einen automatischen Marktzugang gewähren noch die Wahrscheinlichkeit einer Äquivalenzanerkennung erhöhen wird. Es ist umstritten, ob für besagte Anerkennung tatsächlich erst eine gleichwertige Regulierung gegeben sein muss. Zudem ist auch dann nicht gesagt, dass der Schweiz der Zugang zum EU-Binnenmarkt gewährt wird, da dieser für Drittstaaten von verschiedenen zusätzlichen Bedingungen abhängt. Wie im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch zu zeigen sein wird, weist das vorliegende Gesetzespaket verschiedene inkonsistente Regelungen auf. An dieser Stelle sollen zwei Beispiele angeführt werden:

32

Gemäss dem Bundesrat verzichten die beiden Vorlagen auf eine „Bevormundung“ der Kunden bzw. Kleinkunden. In Bezug auf die Kundensegmentierung und das damit verbundene Schutzniveau gesteht das FIDLEG diesen aber offensichtlich keine Eigenverantwortung zu. Lediglich professionellen Kunden und vermögenden Privatkunden wird gestattet über ihr Schutzniveau eigenverantwortlich zu bestimmen. Konsequent zu Ende gedacht bedeutet dies, dass ein mehrfacher Lottomillionär mit nicht besonders ausgeprägten finanzmarktrelevanten Kenntnissen sich als professioneller Kunde einstufen lassen und damit auf ein gewisses Schutzniveau verzichten kann, während einem wenig vermögenden Studenten, der Betriebswirtschaft studiert und nebenbei für eine Grossbank tätig ist, das höchste und insofern kostspieligste Schutzniveau aufgedrängt wird. Eine ähnlich zweifelhafte Regelung stellt die Grandfathering-Klausel des FINIG dar. Demnach müssen sich Vermögensverwalter keiner prudentiellen Aufsicht unterstellen, wenn sie, neben weiteren Voraussetzungen, keine neuen Kunden akquirieren. Die Grandfathering-Klausel kann allenfalls eine Option für Vermögensverwalter darstellen, die ohnehin beabsichtigen, ihre Geschäftstätigkeit in absehbarer Zeit einzustellen. Für regulär tätige Vermögensverwalter stellt sie jedoch ein Berufsverbot für Neugeschäfte dar und kann keine Alternative zur prudentiellen Unterstellung sein. Folglich ist die Begründung des Bundesrats unverständlich, die Grandfathering-Klausel trage zur KMU-Verträglichkeit der Vorlage bei. Darüber hinaus sind die Ergebnisse der Regulierungskostenanalysen für KMU-Finanzdienstleister der RKA FIDLEG, der RKA FINIG sowie der RFA FIDLEG/FINIG mindestens als problematisch einzustufen. Wie ausgeführt wurde, ist die RKA FIDLEG kein taugliches Instrument zur Schätzung der künftigen Regulierungskosten der KMU-Finanzdienstleister. Demgegenüber können der RKA FINIG zwar konkretere Regulierungskosten entnommen werden, welche auf die Vermögensverwalter zukommen dürften. Sie enthält jedoch diverse allgemein gehaltene Formulierungen, wie beispielsweise, dass die organisatorischen Bewilligungsvoraussetzungen erst auf Verordnungsstufe geregelt werden und im Zuge dessen zusätzliche substantielle Kosten auf die Vermögensverwalter zukommen können. Ebenso vernachlässigt auch die RFA FIDLEG/FINIG verschiedene Kostentreiber der geplanten Regulierung für KMU-Finanzdienstleister bzw. benennt diese ebenfalls in einer allgemein gehaltenen Formulierung wie zum Beispiel, dass die KMU-Finanzdienstleister mit massgebliche Opportunitätskosten konfrontiert werden. Obgleich die erwähnten Regulierungskostenanalysen lückenhaft sind und wenig aussagekräftige Fakten enthalten, ist dennoch erkennbar, dass die Regulierungskosten für KMU-Finanzdienstleister unter FIDLEG und FINIG im Vergleich zu heute wesentlich höher ausfallen werden. Dass diese Zusatzkosten im derzeitigen Tiefzinsumfeld erst einmal verdient werden müssen, scheint nicht von Interesse zu sein. Schliesslich sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass die Besorgnis der KMU-Finanzdienstleister, sie könnten ebenso wie die Vermögensverwalter vom Geltungsbereich des FINIG erfasst und damit einer prudentiellen Aufsicht unterstellt werden, durchaus plausibel erscheint. Mit Blick auf den Regulierungsprozess der Vermögensverwalter, der im Jahr 2000 begonnen hatte, sowie die stetige Angleichung von schweizerischen an ausländische Normen, dürfte für die weiter entfernte Zukunft eine gewisse Besorgnis, zumindest der Anlageberater, nicht ganz unberechtigt sein. Im nachfolgenden Teil dieser Arbeit wird auf Basis zweier empirischer Erhebungen auf weitere Unregelmässigkeiten der beiden Gesetzesentwürfe eingegangen, aber vor allem die möglichen Auswirkungen von FIDLEG und FINIG auf die Kleinkunden aufgezeigt und damit dieses Zwischenfazit verfestigt.

33

ZWEITER TEIL: EMPIRISCHE ERHEBUNGEN UND EINSCHÄTZUNGEN DER PRAXIS 1.

Einleitung

Nachdem im ersten Teil die Neustrukturierung des Schweizer Finanzmarktrechts, deren Hintergründe sowie der jeweils für die zu Beginn dieser Arbeit gestellten Forschungsfragen relevante Inhalt der beiden Gesetzesentwürfe FIDLEG und FINIG dargelegt und die möglichen Kostenfolgen dieser Regulierung aufgezeigt wurden, folgt nun der zweite, empirische Teil. Basierend auf den theoretischen Grundlagen hat die Verfasserin zwei empirische Untersuchungen durchgeführt, deren Aufbau und Resultate präsentiert werden. Im nächsten Kapitel „Schlussbetrachtung“ werden erst die Forschungsfragen beantwortet, und anschliessend wird die Neuordnung des Schweizer Finanzmarktrechts kritisch gewürdigt.

2.

Vorgehen

Im Hinblick auf die Beantwortung der Forschungsfragen wird nachfolgend untersucht, ob der Kundenschutz von Kleinkunden im geltenden Recht ungenügend ist, die Rahmenbedingungen für besagte Kunden sowie die KMU-Finanzdienstleister im FIDLEG und FINIG angemessen ausgestalten sind und ein Level playing field für alle Finanzdienstleister, welche in der Schweiz das Vermögensverwaltungsgeschäft betreiben, erforderlich ist. Hierzu werden folgende Themen empirisch untersucht: Der Beratungsprozess von Kleinkunden, deren Financial Literacy, Eigenverantwortung und Kundenschutz sowie die Verhaltensregeln, die angemessene Organisation, das Beraterregister, die Produktdokumentation, die Ombudsstelle, die beabsichtigte prudentielle Unterstellung der Vermögensverwalter und das Level playing field sowie die Regulierungskosten des vorliegenden Gesetzespakets für KMU-Finanzdienstleister.

3.

Methoden

Der empirische Teil dieser Arbeit setzt sich aus Experteninterviews und einer schriftlichen Befragung zusammen. Als Experte wird qualifiziert, wer aufgrund seiner Funktion über spezifische Erfahrungen162 sowie auf einem bestimmten „Gebiet über ein klares und abrufbares Wissen“ verfügt. „Seine Ansichten gründen sich auf sichere Behauptungen, und seine Urteile sind nicht blosse Raterei oder unverbindliche Annahmen.“163 Darüber hinaus repräsentiert ein Experte in der Regel eine Institution oder Gruppe, wohingegen beispielsweise bei einem biografischen Interview die befragte Person selbst im Zentrum des Interesses steht.164 Die Experteninterviews wurden anhand eines Interviewleitfadens165 mit grundsätzlich offen formulierten Fragen geführt. Durch die offene Fragestellung sollte erreicht werden, dass die Experten ihr Fachwissen möglichst umfassend darlegen konnten.166 Grundsätzlich wurden allen Experten die gleichen Fragen unterbreitet, wobei der Interviewleitfaden für die verschie-

162

ATTESLANDER, 131. MAYER, 40. 164 MAYER, 37. 165 vgl. Anhang B. 166 MAYER, 36. 163

34

denen Standpunkte der Experten (pro/ contra) teilweise unterschiedliche Fragen gestellt wurden. Einzelnen Experten wurden zusätzliche Fragen gestellt, da sie aufgrund ihrer Tätigkeit über spezifisches Wissen verfügen und die Verfasserin sie daher darauf angesprochen hat.167 Der Fragebogen für die schriftliche Befragung168 (nachfolgend „Fragebogen“) wurde basierend auf dem Interviewleitfaden entwickelt und stark an diesen angelehnt. Grund dafür war die Vergleichbarkeit der Ergebnisse der Experteninterviews mit jenen der Fragebögen zu ermöglichen. Im Fragebogen wurden aus den gleichen Überlegungen wie beim Interviewleitfaden tendenziell offene Fragen gestellt und ebenfalls mit Pro- und Contra-Varianten gearbeitet. Sowohl der Interviewleitfaden als auch der Fragebogen enthalten Fragen zu den Themen: Kleinkunden, Kundenschutz, Verhaltensregeln, Organisation, Beraterregister, Produktdokumentation, Ombudsstelle, Regulierungskosten sowie EU-Marktzugang. Am Schluss der Experteninterviews bzw. am Ende des Fragebogens wurde den Experten bzw. den Umfrageteilnehmern die Gelegenheit gegeben, Bemerkungen jeglicher Art anzubringen. Während der Interviewleitfaden aus 52 Fragen besteht, enthält der Fragebogen deren 50.

4.

Feldzugang

4.1

Experteninterviews

Im Rahmen dieser Arbeit war es nicht möglich, die Gesamtheit der direkt oder indirekt auf dem Schweizer Finanzmarkt tätigen Akteure, welche für die vorliegenden Forschungsfragen von Interesse sind, repräsentativ zu untersuchen. Damit die Resultate dennoch eine gewisse Aussagekraft haben,169 sollten Experten nach der hiervor erläuterten Definition als Vertreter folgender Institutionen bzw. Gruppe herangezogen werden: Befürworter von FIDLEG und FINIG (EFD, FINMA, Stiftung für Konsumentenschutz SKS), grundsätzlich neutrale Beobachter (Journalisten, Rechtsanwälte, Universitätsprofessoren), Gegner der beiden Gesetzesvorlagen (Schweizerischer Gewerbeverband sgv, Selbstregulierungsorganisationen) sowie Kleinkunden (LCH Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer170). Die erste Kontaktaufnahme erfolgte per E-Mail. Die Resonanz war überaus positiv. Von den soeben genannten Institutionen bzw. Gruppen stand einzig die FINMA nicht für ein Interview zur Verfügung.171 Eine Übersicht der zehn geführten Experteninterviews ist der nachfolgenden Tabelle 1 zu entnehmen und die entsprechenden Transkripte sind dieser Arbeit als Anhang172 beigefügt. Auf die Verwendung von Transkriptionsregeln wurde im Hinblick auf den kurzen Bearbeitungszeitraum zum Verfassen dieser Arbeit verzichtet, aber auch der einfacheren Lesbarkeit und Auswertbarkeit wegen und schliesslich, weil sich die Hochschule für Wirtschaft Zürich HWZ nicht zur Transkription von Interviews äussert. Bei der Abschrift wurde darauf geachtet, die Interviews möglichst dialektnah und ohne Sinnverfremdung wiederzugeben.

167 Marcel Wendelspiess in seiner Eigenschaft als Vertreter des EFD, vgl. Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K (Interview); Beat W. Zemp in seiner Eigenschaft als Zentralpräsident des Dachverbands Schweizer Lehrerinnen und Lehrer LCH; Zemp, LCH (2016), Anhang L (Interview). 168 vgl. Anhang A. 169 MAYER 37 f. 170 LCH Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, „Vorteile einer Mitgliedschaft beim LCH“: LCH-Mitglieder erhalten Rabatt auf Beratungshonorare für ihre Finanzplanung, 2016. URL: (12.02.2016). 171 vgl. zum Standpunkt der FINMA Ziff. 1.1 (erster Teil). 172 vgl. Anhangverzeichnis, 69.

35

Vorname, Name

Institution, Sitz

Funktion

Ort und Datum

Dauer

Max Cotting

Aquila & Co AG, Zürich

Chief Executive Officer (CEO)

Zürich, 20.01.2016

00:33 h

Michael Ferber

NZZ Neue Zürcher Zeitung, Zürich

Journalist, Redaktion Wirtschaft Zürich, 11.02.2016

E-Mail

Theodor Härtsch /

Walder Wyss AG, Zürich

Partner und Rechtsanwalt /

Zürich, 03.02.2016

01:08 h

Zürich, 12.01.2016

00:36 h

Zug, 06.01.2016

00:38 h

Bern, 05.01.2016

00:31 h

Zürich, 19.01.2016

01:45 h

Dr. iur. Alexander Eichhorn

Rechtsanwalt

Prof. Dr. oec. Martin Janssen Universität Zürich

Emeritierter Professor für Finanzökonomie

Ecofin-Gruppe

Gründer und CEO

Schweizer Selbstregulierungsorganisationen (Forum-SRO), Zürich

Präsident

VQF Verein zur Qualitätssicherung von Finanzdienstleistungen, Zug

Präsident

Neese Hagmann Stalder Rechtsanwälte und Notare, Zug

Rechtsanwalt und Notar

Henrique Schneider

Schweizerischer Gewerbeverband sgv, Bern

Ressortleiter Wirtschaftspolitik, Energie und Umwelt

Dr. iur. Thomas Spahni173

PolyReg Allg. Selbstregu- Präsident lierungs-Verein, Zürich

Dr. iur. Martin Neese

Spahni Stein Rechtsanwälte Zürich

Rechtsanwalt

Sara Stalder

Stiftung für Konsumenten- Geschäftsleiterin schutz SKS, Bern

Bern, 07.01.2016

00:26 h

Marcel Wendelspiess

Eidgenössisches Finanzdepartement EFD, Bern

Rechtsanwalt, Fachreferent

Bern, 23.01.2016

00:48 h

Beat W. Zemp

LCH Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, Zürich

Zentralpräsident

Zürich, 11.02.2016

00:38 h

Tab. 1: Übersicht über die von der Verfasserin geführten Experteninterviews

173

Quelle: eigene Darstellung

Dr. Thomas Spahni hielt zu Beginn des Interviews fest, dass er seine Meinung wiedergibt und nicht diejenige von PolyReg All. Selbstregulierungs-Verein. Vgl. Spahni (2016), Anhang I (Interview).

36

4.2

Schriftliche Befragung

Zur Durchführung der schriftlichen Befragung erklärte sich der Fachverband Schweizer Finanzdienstleister VALIDITAS, Zürich (nachfolgend „VALIDITAS“), bereit. Den Versand des Fragebogens in Form eines beschreibbaren Pdf-Formulars und der Begleit-E-Mail sowie die entsprechenden Erinnerungen hat jeweils der Präsident des Verbands übernommen. VALIDITAS sind 80 KMU-Finanzdienstleister im Sinne der Definition dieser Arbeit angeschlossen. Hiervon haben 17 an der schriftlichen Befragung teilgenommen (nachfolgend „Umfrageteilnehmer“). Die Rücklaufquote beträgt damit 21 Prozent.

5.

Datenerhebung

Die Interviews fanden jeweils in den Büroräumlichkeiten der Experten statt. Sämtliche Experten wurden anlässlich der ersten Kontaktaufnahme per E-Mail sowie zu Beginn des Interviews darauf hingewiesen, dass dieses aufgezeichnet werden muss, um dem Erfordernis der HWZ entsprechen zu können, die geführten Interviews als Audio-Datei auf CD gebrannt zusammen mit der Masterarbeit einreichen zu können.174 Alle Experten haben diesem Vorgehen zugestimmt und keiner von ihnen hat um Anonymisierung gebeten. Die Experteninterviews fanden im Zeitraum vom 5. Januar 2016 bis 23. Februar 2016 statt, und die schriftliche Befragung wurde vom 10. Januar 2016 bis 1. Februar 2016, bzw. mit einer Nachfrist bis 29. Februar 2016, durchgeführt.

174 Ziff. 4.6 der Beilage I zu den Richtlinien für die Erstellung von Bachelor- und Master-Theses – HWZ-Zitierweise vom 27. März 2014.

37

6.

Forschungsresultate

6.1

Standpunkte der Experten und Umfrageteilnehmer zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG)

Von den zehn befragten Experten befürworten vier die beiden Gesetzesentwürfe FIDLEG und FINIG,175 fünf lehnen sie ab. Ein Experte äussert sich als Beobachter des Schweizer Finanzmarkts neutral zu den beiden Gesetzesvorlagen. Die 17 Umfrageteilnehmer haben sich alle gegen die beiden Gesetzesvorlagen ausgesprochen. Abb. 1: Experteninterviews – pro/contra FIDLEG/FINIG Quelle: eigene Darstellung

6.2

Angaben zu den Unternehmen der Umfrageteilnehmer

Die 17 Umfrageteilnehmer sind mit etwas mehr als 30 Prozent bzw. 40 Prozent grösstenteils als Anlageberater und Versicherungsvermittler tätig. Knapp 20 Prozent von ihnen arbeiten als Vermögensverwalter176 und 7 Prozent sind als Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen tätig. Das Dienstleistungsangebot der Umfrageteilnehmer umfasst grundsätzlich Anlageberatung, Finanz- und Vorsorgeplanung, Beratung und Vermittlung von Finanzprodukten, Hypotheken und Versicherungen, Vermögensverwaltung sowie Vertrieb kollektiver Kapitalanlagen.

Abb. 2: Geschäftstätigkeit der Umfrageteilnehmer nach Kategorie Quelle: eigene Darstellung

Die Umfrageteilnehmer beschäftigen mit knapp 60 Prozent weniger als 5 FTEs. Rund 30 Prozent von ihnen weisen 6 bis 10 FTEs aus und nur in 6 Prozent der Unternehmen sind mehr als 10 FTEs tätig. Rund 40 Prozent der Unternehmen der Umfrageteilnehmer verwalten AuM von weniger als CHF 20 Mio. und rund 40 Prozent verwalten AuM von mehr als CHF 20 Mio. Die AuA belaufen sich bei 50 Prozent der Unternehmen der Umfrageteilnehmer auf höchsten CHF 20 Mio. 30 Prozent von ihnen geben AuA von mehr als CHF 30 Mio. an. Die Bilanzsumme beträgt bei knapp 50 Prozent der Unternehmen der Umfrageteilnehmer weniger als CHF 500‘000. 12 Prozent weisen eine Bilanzsumme von weniger als CHF 1 Mio. auf. Der gleiche Anteil gibt eine Bilanzsumme von über CHF 1 Mio. an.

175 Max Cotting befürwortet das FINIG und lehnt das FIDLEG mit der Begründung ab, dass die Übernahme von MiFID II effizienter wäre, vgl. Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 1 (Interview). 176 Die absolute Häufigkeit der genannten Geschäftstätigkeiten ergibt eine Summe von 31 und ist somit höher als die Zahl der Umfrageteilnehmer von 17. Diese Divergenz erklärt sich damit, dass die befragten KMU-Finanzdienstleister grundsätzlich in mehreren Geschäftsfeldern aktiv sind.

38

Absolute Häufigkeit

Relative Häufigkeit

1 bis 5 Mitarbeitende

10

59 Prozent

6 bis 10 Mitarbeitende

5

29 Prozent

10 bis 15 Mitarbeitende

1

6 Prozent

Enthaltungen

1

6 Prozent

Summe

17

100 Prozent

Anzahl Mitarbeitende in FTE

Tab. 2: Anzahl Mitarbeitende der Unternehmen der Umfrageteilnehmer Quelle: in Anlehnung an GOMBER/CHLISTALLA et al., 28

Absolute Häufigkeit

Relative Häufigkeit

unter 10 Mio.

3

25 Prozent

10 Mio. bis 20 Mio.

2

16.67 Prozent

21 Mio. bis 30 Mio.

3

25 Prozent

über 30 Mio.

2

16.67 Prozent

Enthaltungen

2

16.67 Prozent

Summe

12

100 Prozent

Assets under Management in CHF

Tab. 3: AuM der Unternehmen der Umfrageteilnehmer

Quelle: in Anlehnung an GOMBER/CHLISTALLA et al., 27 f.

Absolute Häufigkeit

Relative Häufigkeit

unter 10 Mio.

4

40 Prozent

10 Mio. bis 20 Mio.

1

10 Prozent

21 Mio. bis 30 Mio.

0

0 Prozent

über 30 Mio.

3

30 Prozent

Enthaltungen

2

20 Prozent

Summe

10

100 Prozent

Assets under Advisory in CHF

Tab. 4: AuA der Unternehmen der Umfrageteilnehmer

Bilanzsumme in CHF

Quelle: in Anlehnung an GOMBER/CHLISTALLA et al., 27 f.

Absolute Häufigkeit

Relative Häufigkeit

bis 100‘000

4

23 Prozent

101‘000 bis 500‘000

4

23 Prozent

501‘000 bis 1 Mio.

2

12 Prozent

über 1 Mio.

2

12 Prozent

Enthaltungen

5

30 Prozent

Summe

17

100 Prozent

Tab. 5: Bilanzsumme der Unternehmen der Umfrageteilnehmer Quelle: in Anlehnung an GOMBER/CHLISTALLA et al., 27

39

6.3

Kleinkunden

6.3.1

Beratungsprozess

Einer der Schwerpunkte dieser Arbeit ist es zu eruieren, ob mit der Einführung von FIDLEG und FINIG Marktverzerrungen in Bezug auf den Beratungsprozess von Kleinkunden durch KMU-Finanzdienstleister zu erwarten sind. Bei den Experten zeichnen sich klar zwei Standpunkte ab: Eine Minderheit der Befragten ist der Meinung, dass Kleinkunden unter der geplanten Gesetzgebung nicht vom Beratungsprozess ausgeschlossen werden.177 Sie argumentieren, dass sich der mündige Kleinkunde aufgrund der ihm unter der geplanten Regulierung zustehenden Informationen über die Finanzprodukte informieren, diese vergleichen und auf dieser Basis einen fundierten Anlageentscheid treffen kann. Zudem werde es in Zukunft keine Restriktionen hinsichtlich der Produktauswahl für Privatkunden bzw. Kleinkunden geben. Der KMU-Finanzdienstleister werde den Kleinkunden auch inskünftig sämtliche Finanzprodukte anbieten dürfen, sofern er sie transparent informiert, auf die Risiken aufmerksam gemacht und die entsprechenden Prüfungen durchgeführt hat. Die überwiegende Mehrheit der Experten ist der Auffassung, dass es für KMU-Finanzdienstleister unter FIDLEG und FINIG aufgrund der zu erwartenden, höheren Regulierungskosten für diese kaum mehr rentabel sein dürfte, Kleinkunden zu bedienen.178 Hinzu kommt die aktuelle Tiefzinsphase. In Zeiten, in denen bestenfalls ein oder zwei Prozent Rendite generiert werden können, macht jeder Kostenfaktor einen enormen Unterschied179 wie folgendes Rechenbeispiel zeigt: Ein KMU-Finanzdienstleister kann mit einem Kleinkunden, der über ein Anlagevermögen von CHF 250‘000 verfügt, 0.2 Prozent Gewinn erwirtschaften, was CHF 500 entspricht. Der KMU-Finanzdienstleister wird unter der geplanten Gesetzgebung jedoch sehr rasch einen Mehraufwand von einer halben oder ganzen Stunde haben, sodass von den CHF 500 vielleicht schon CHF 200 aufgrund des Mehraufwands wegfallen.180 Es wird sich für KMUFinanzdienstleister somit erst ab einem gewissen (höheren) Anlagevermögen lohnen, Privatkunden zu beraten.181 Im Zuge dessen wird dann auch auf die Folgen der MiFID-Regulierung in der EU verwiesen. Demnach hat diese in Deutschland dazu geführt, dass dort praktisch keine Kleinkunden mehr beraten werden.182 Neun Umfrageteilnehmer geben an, dass das Unternehmen, für das sie tätig sind beabsichtigt, Kleinkunden auch unter FIDLEG und FINIG zu bedienen. Sie alle äussern ihren Willen und ihre Überzeugung, gerade ihre Kleinkunden weiterhin betreuen zu wollen. Sie sind sich den möglichen, soeben erwähnten Praxisfolgen jedoch absolut bewusst. Sie geben an, dass es unter FIDLEG und FINIG aufgrund der höheren Regulierungskosten ungleich schwieriger sein dürfte diese Klientel weiterhin betreuen zu können. Nicht wenige weisen dann auch darauf hin, dass sie ihr Geschäft unter FIDLEG und FINIG aus wirtschaftlichen Gründen allenfalls werden schliessen müssen. Die acht weiteren Umfrageteilnehmer gehen davon aus, dass ihr Unternehmen unter der geplanten Regulierung wohl nicht mehr in der Lage sein wird, 177

Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 2 f. (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 2 f. (Interview). Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 2 f. (Interview); Ferber, NZZ (2016), Anhang D, Ziff. 3 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 2 f. (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 3 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 3 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 5 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 4 (Interview); vgl. auch FERBER, NZZ – Kundenschutz unter Beschuss, 31. 179 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 3 (Interview). 180 Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 28 (Interview). 181 Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 3 (Interview). 182 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 2 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 34 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 2 (Interview); vgl. auch: FERBER, NZZ – Nachteile, 31; GYSI/SCHWAB, Die Weltwoche, 36; WIESENDANGER, Handelszeitung, 17. 178

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Kleinkunden zu bedienen, weil sich der Aufwand für deren Betreuung nicht mehr lohnen wird. Sie schreiben, dass sie die künftigen Mehrkosten den Kunden belasten müssten, was bei Anlagevermögen von unter CHF 100‘000 jedoch unmöglich machbar sei. Mit Bezug auf die Unternehmenskategorien, in welche die Unternehmen der Umfrageteilnehmer eingeteilt sind, ist kein Trend hinsichtlich der Pro- und Contra-Standpunkte zu erkennen. Die Kategorien verteilen sich gleichmässig, so geben beispielsweise von den Vermögensverwaltern drei an, dass sie auch in Zukunft beabsichtigen, Kleinkunden zu betreuen und drei, dass diese vom Beratungsprozess ausgeschlossen werden. Infolgedessen werden unter der geplanten Regulierung aus ökonomischer Sicht nur noch hochgradig standardisierte Finanzprodukte für Kleinkunden Sinn machen, da die Kosten verteilt und damit die Skaleneffekte bzw. Economies of Scale zum Tragen kommen können.183 Die überwiegende Mehrheit der Experten ist sich sodann weitgehend einig, dass Kleinkunden unter FIDLEG und FINIG zwar nicht gänzlich vom Beratungsprozess ausgeschlossen werden, jedoch vom individuellen Beratungsprozess durch KMU-Finanz-dienstleister, wie er unter geltendem Recht durchgeführt werden kann, in einen Beratungsprozess gedrängt werden, der für sie nur noch besagte Standardprodukte bereitstellt.184 Einige Experten mutmassen, dass es unter der geplanten Regulierung womöglich einen neuen Markt in Bezug auf den diesen standardisierten Beratungsprozess von Kleinkunden geben könnte.185 Dieser Markt dürfte von grösseren Banken,186 denen es möglich ist, Geschäfte internetbasiert und mit tiefen Kosten abzuwickeln, bearbeitet werden. Allenfalls könnten auch innovative KMU-Finanzdienstleister, die sich ganz bewusst von den Banken differenzieren, individuelle Vermögensverwaltung für Kleinkunden anbieten.187 Darüber hinaus könnte in Zukunft auch eine Verschiebung in den „Parabereich“, das heisst in nicht-regulierte Geschäftsaktivitäten stattfinden, wie etwa die Spezialisierung auf Beratungsdienstleistungen ohne Vertrieb. 6.3.2

Financial Literacy

Eher unstrittig ist die Einstufung der Financial Literacy der Bevölkerung in der Schweiz. Lediglich einer der Experten attestiert Kleinkunden in der Schweiz eine sehr gute Financial Literacy. Sie verfügen auf jeden Fall über eine bessere finanzielle Allgemeinbildung als die Bevölkerung der EU oder den Vereinigten Staaten von Amerika, denn die Bevölkerung in der Schweiz ist es gewohnt, sich mit wirtschaftlichen und finanziellen Beurteilungen auseinanderzusetzen, beispielsweise im Zusammenhang mit der zweiten Säule oder Abstimmungen über

183 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 18 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 18 (Interview). 184 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 2 f., 4 f. (Interview); Ferber, NZZ (2016), Anhang D, Ziff. 2 f. (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 2 ff. (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 2 f., 5 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 2 f. (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 2 f. (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 2 f., 4 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 2, 4 (Interview). 185 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 5 (Interview); Ferber, NZZ (2016), Anhang D, Ziff. 5 (Interview). 186 Genannt wurden ebenfalls Grossbanken, inklusive Kantonal- und Regionalbanken, die PostFinance AG, möglicherweise auch Versicherungen; Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 3 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 5 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 5 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 3 (Interview). 187 Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 5 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 5 (Interview).

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steuerliche Fragen.188 Die übrigen Experten beurteilen die Financial Literacy der Schweizer Bevölkerung als schlecht bis mittelmässig,189 ebenso wie die Umfrageteilnehmer. Nur drei von ihnen attestieren ihren Kleinkunden eine gute Financial Literacy. Es drängt sich sodann die Frage auf, ob Regulierung die geeignete Massnahme ist, um einer mangelnden Financial Literacy in der Schweiz zu begegnen oder ob nebst Regulierung auch entsprechende schulische Massnahmen zu ergreifen wären. Eine Minderheit der Experten ist der Ansicht, dass Regulierung im richtigen Mass, das richtige Instrument190 und Schulbildung hierfür ein untaugliches Instrument ist. Financial Literacy sei eine dermassen komplexe Materie, dass es gar nicht möglich sei, den Schülern Finanzprodukte so beizubringen, dass sie in den wenigen Situationen im Leben, in denen sie dieses Wissen anwenden müssen, es abrufen können.191 Die überwiegende Mehrheit der Experten spricht sich dafür aus, dass wenn der Staat der Meinung ist, der Bevölkerung mangle es an Financial Literacy, dieser für die entsprechende Schulbildung besorgt sein muss.192 Mit der Einführung des Lehrplans 21193 und der damit einhergehenden Schaffung des Fachs „Wirtschaft Arbeit Haushalt“ WAH wird dieser Forderung nachgekommen. Künftig sollen die Schüler stufengerecht lernen, mit Einund Ausgaben sowie Investitionen umzugehen.194 Manche Kunden scheinen allerdings unabhängig ihrer Financial Literacy nicht vor charakterlichen Schwächen gefeit: Die Gier lässt oft alles vergessen, was sie wissen oder wissen könnten, schliesslich sind die Informationen für Interessierte heute aus der Tagespresse oder dem Internet jederzeit verfügbar.195 Bekanntlich hat sich ein Grossteil der durch Bernard Madoff und die Lehman Brothers Holdings Inc. geschädigten Privatkunden „nicht gänzlich unwissend auf die Empfehlungen“ ihrer Finanzdienstleister eingelassen.196 Zudem können gewisse Menschen „selbst mit den besten Vorsichtsregeln nicht vor ihrer Gier“ geschützt werden. Anwälte berichten dann auch, dass es Kunden gibt, die vor rund einem Jahrzehnt auf Dieter Behring197 und wenige Jahre später auf die ASE Investment AG198 hereingefallen sind.199 Gerade dieses Beispiel zeigt, dass derartige Fälle für die Allgemeinheit durchaus förderlich sein können, denn wenn nicht alle paar Jahre ein solcher Betrugsfall durch die Presse ginge, würden die Menschen möglicherweise noch häufiger ihr Geld jedem anzuvertrauen, der eine verlockende Rendite verspricht.200

188

Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 6 (Interview). Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 6 (Interview); Ferber, NZZ (2016), Anhang D, Ziff. 6 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 6 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 6 (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 6 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 6 (Interview); Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 6 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 6 (Interview). Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 6 (Interview). 190 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 6 (Interview); Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 7 f. (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff.76 (Interview). 191 Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 7 f. (Interview). 192 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 8 (Interview); gleicher Meinung sind: Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 6 (Interview) und Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 8 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 7 f. (Interview); vgl. auch: SANDMEIER, NZZ, 64. 193 Der Lehrplan 21 wird in den einzelnen Kantonen zu verschiedenen Zeitpunkten eingeführt. Grundsätzlich dürfte dies ab dem Schuljahr 2017/2018 der Fall sein, Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz, „Lehrplan 21 – Fragen und Antworten“ (11.03.2016). 194 Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 6 (Interview). 195 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 6 (Interview). 196 ZULAUF, Basler Zeitung, 28; BAMERT, NZZ, 20. 197 vgl. zum Fall Dieter Behring, EBK-Jahresbericht 2004, Ziff. 2.2. 198 vgl. zum Fall ASE Investment AG: Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, „FINMA informiert über Fall ASE Investment“, 14. Mai 2012. URL: (11.03.2016). 199 VETTERLI, Beobachter 21 (2014) 34 ff.: Interview mit Rechtsanwältin Prof. Dr. iur. Monika Roth. 200 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Schlussbemerkungen (Interview); vgl. auch: BAMERT, NZZ, 20. 189

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6.3.3

Eigenverantwortung

Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob mit FIDLEG und FINIG eine Entmündigung der Kleinkunden einhergehen wird. Eine Minderheit der Experten ist nicht der Ansicht, dass Kleinkunden unter der geplanten Regulierung bevormundet werden.201 Aufgrund der Tatsache, dass diesen der Erwerb aller Finanzprodukte auch in Zukunft offen steht, sofern sie nach den Verhaltensregeln des FIDLEG informiert wurden, können sie frei entscheiden. Der Kleinkunde soll informiert werden und im Bewusstsein dieser Information soll er Eigenverantwortung tragen.202 Dann gibt es aber auch keinen Schutz mehr. Im Zuge dessen werden sich die Kleinkunden inskünftig mehr Gedanken machen müssen, welche Finanzprodukte sie kaufen bzw. welche Finanzdienstleistungen sie in Anspruch nehmen möchten.203 Die übrigen Experten bezweifeln, dass der von FIDLEG gewünschte Kundenschutz positive Auswirkungen auf die Eigenverantwortung der Kleinkunden haben wird.204 Es besteht die Gefahr, dass gerade durch die extensiven Aufklärungs- und Informationspflichten den Kleinkunden die Eigenverantwortung abgesprochen wird, weil einerseits die Beratung zwischen KMUFinanzdienstleistern und Kleinkunden aufgrund des vorgegebenen, stark standardisierten Beratungsprozesses nicht mehr auf gleicher Augenhöhe, das heisst als Dialog unter gleichberechtigten Partnern, stattfinden kann.205 Andererseits werden die Kleinkunden angesichts der für sie nicht zu bewältigenden Menge an Informationen und Dokumenten resignieren. In der Folge werden sie ihre Entscheide vermehrt an ihren KMU-Finanzdienstleister delegieren und damit zunehmend bevormundet werden.206 In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat in der Botschaft zum FIDLEG und FINIG auf eine weitere Gefahr hin: Kunden und damit auch Kleinkunden könnten sich unter der geplanten Regulierung ihren KMU-Vermögensverwalter womöglich weniger sorgfältig aussuchen als unter geltendem Recht, da sie unbesonnen auf das „Gütesiegel“ der prudentiellen Unterstellung vertrauen könnten.207 Abgesehen von einer Enthaltung stimmen alle Umfrageteilnehmer überein, dass der von FIDLEG gewünschte Kundenschutz negative Auswirkungen auf die Eigenverantwortung ihrer Kleinkunden haben wird. Mehrere Umfrageteilnehmer erwähnen, dass der Gesetzesentwurf das unkritische Denken fördern könnte, da Kleinkunden eine Scheinsicherheit suggeriert wird, die sie glauben lässt, dass sie sich um nichts zu sorgen brauchen, da die Verantwortung beim Finanzdienstleister und der Aufsichtsbehörde liegt. Kleinkunden könnten somit das Gefühl haben, dass sie künftig umfassender geschützt sind und deshalb mehr Risiken eingehen können.208 SANDMEIER stellt zudem fest, dass auch in der Schweiz Kleinkunden zunehmend keine Mündigkeit mehr attestiert wird.209 Dabei ist das Prinzip der Eigenverantwortung in Art. 6 BV festgehalten und besagt, dass jede Person Verantwortung für sich selbst wahrzunehmen hat. Im

201 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 11 (Interview); Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 11 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 11 (Interview). 202 Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 11 f. (Interview). 203 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 12 (Interview). 204 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 11 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 11 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 11 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 11 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 11 (Interview). 205 Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 11 f. (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 12 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 7, 14 (Interview); Schweizerischer Gewerbeverband sgv, „Vernehmlassungsantwort Finanzdienstleistungsgesetz und Finanzinstitutsgesetz“, Bern, 17. Oktober 2014, 4. URL: (14.02.2016). 206 FERBER, NZZ – Entmündigung, 25. 207 Botschaft zum FIDLEG/FINIG, BBl 9088. 208 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 14 (Interview). 209 SANDMEIER, NZZ, 64.

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Zuge dessen ging das Schweizer Finanzmarktrecht dann bislang auch vom mündigen Kunden aus.210 Diesem Prinzip muss auch weiterhin hohe Priorität eingeräumt werden. Der Bund könnte eigenverantwortliches Handeln, wie bereits vorgesehen, durch die Verbesserung der Financial Literacy sowie zusätzlich durch Erhöhung von Transparenz und Wettbewerb auf dem Finanzmarkt, aber vor allem durch die Abwesenheit von Regulierung fördern.211 6.4

Kundenschutz

Die Frage, ob der Kundenschutz von Kleinkunden in der Schweiz verbessert werden muss, polarisiert die Experten. Die Hälfte von ihnen ist der Meinung, dass dieser verbessert werden muss.212 Die Befürworter argumentieren, dass ein Vergleich mit der EU zeigte, dass die Schweiz in Bezug auf den Kundenschutz ein Defizit aufweist,213 Intransparenz auf dem Finanzmarkt herrscht214 und das Klagerecht der Kunden mangelhaft ist.215 Ferner wird ins Feld geführt, dass die vorgesehene Regulierung gewährleisten wird, dass Gegenparteien eine gewisse Gewähr bieten. Im Zuge dessen werde das Risiko gemindert, dass sich unseriöse Finanzdienstleister auf dem Schweizer Finanzmarkt aufhalten, was zur Folge haben werde, dass der Kundenschutz verbessert wird.216 Die Gegner geben zu bedenken, dass sich Finanzskandale durch die beste Regulierung nicht verhindern lassen.217 Personen, die betrügerisch handeln, haben kriminelle Energie. Eine Eigenart der sog. „schwarzen Schafe“ ist sodann, dass sie erfahrungsgemäss immer sehr korrekt auftreten.218 So hat auch die MiFID-Regulierung, welche im Jahr 2007 eingeführt wurde, die Betrügereien durch Bernard Madoff, der als „strahlend helles Schaf“ gegolten hat, nicht verhindert.219 Schliesslich gilt es in diesem Zusammenhang anzumerken, dass der Tatbestand des Betrugs in Art. 146 StGB220 bereits genügend geregelt und damit auch die Kunden ausreichend geschützt sind. Darüber hinaus sind Verlustrisiken Finanzprodukten immanent. Die Kunden und damit auch die Kleinkunden müssen daher nicht vor sämtlichen Risiken geschützt werden, insbesondere nicht vor sich selbst bzw. ihrem Übermut, ihrer Dummheit, Naivität oder Arroganz.221 Ihnen wird bekanntlich auch nicht verboten, hohe finanzielle Risiken im Spielkasino222 oder anderen nicht unwesentlichen Lebensbereichen wie dem Immobilien- oder Heiratsmarkt einzugehen. Es erscheint willkürlich, weshalb der Staat die Menschen gerade im Finanzbereich vor „der Unbill des Lebens“ schützen will.223

210 Raaflaub, Point de Presse, 24. Februar 2012, 3. URL: (24. Januar 2016). 211 Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 12 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 11 f. (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 12 (Interview). 212 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 13 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 13 (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 13 (Interview); Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 13 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 13 (Interview). 213 Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 13 (Interview). 214 Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 14 (Interview). 215 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 13 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 14 (Interview). 216 Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 7 (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 14 (Interview). 217 Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 13 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 13 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 3 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 13 (Interview). 218 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 19 (Interview). 219 Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 14 (Interview). 220 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (StGB). 221 Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 14 (Interview); vgl. auch: BAMERT, NZZ, 20. 222 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 19 (Interview). 223 FERBER, NZZ – Entmündigung, 25; JANSSEN, NZZ, 8.

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Bei den Umfrageteilnehmern herrscht Konsens darüber, dass der Kundenschutz von Kleinkunden in der Schweiz ausreichend und der Finanzmarkt nach geltendem Recht genügend reguliert ist. Sie erwähnen ebenfalls, dass die „schwarzen Schafe“ in der Branche auch mit den geplanten Gesetzen nicht von der Umsetzung ihrer betrügerischen Vorhaben abgehalten werden können, da diese immer einen Weg finden werden, die „Mauern“, die das Gesetz errichtet, zu umgehen. Schliesslich betonen sie, dass KMU-Finanzdienstleister aus Reputationsgründen in ganz besonderem Masse auf die Zufriedenheit ihrer Kunden angewiesen sind. 6.5

Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)

6.5.1

Verhaltensregeln

Hinsichtlich den neu ausdrücklich im FIDLEG aufgeführten Verhaltensregeln sind sich die Experten grundsätzlich einig, dass diese explizite Statuierung tendenziell neutral zu bewerten ist. Seriöse Anbieter halten sich bereits unter geltendem Recht an die sich implizit aus der Sorgfalts- und Treuepflicht des Auftragsrechts (Art. 398 Abs. 2 OR) ergebenden Verhaltensregeln. Diese impliziten Pflichten wurden lediglich in das FIDLEG überführt, sodass faktisch keine neuen Regeln auf die Finanzdienstleister zukommen werden.224 Einzig für Kunden, die juristisch weniger versiert sind, mag besagte Kodifizierung vorteilhaft sein, da sie die einzelnen Pflichten der Finanzdienstleister nachlesen können.225 Aus regulatorischer Sicht werden daher grundsätzlich auch keine neuen Kosten auf die Finanzdienstleister zukommen. Wie stark sich die einzelnen Finanzdienstleister mit Verträgen und Dokumenten absichern und dafür Investitionen tätigen wollen, bleibt ihnen überlassen. Die Umstellung auf Informatiktools kann allenfalls ein Kostentreiber sein. Das FIDLEG verlangt dies jedoch nicht. Unter der künftigen Regulierung werden Dokumentations- und Rechenschaftspflichten nach wie vor mit Stift und Schreibblock wahrgenommen werden können.226 Beinahe alle Experten gehen trotz der vorangegangenen Ausführungen davon aus, dass die Einhaltung der Verhaltensregeln nach FIDLEG einen finanziellen Mehraufwand für KMUFinanzdienstleister zur Folge haben wird.227 Als mögliche Kostentreiber werden genannt: Die Implementierung der Verhaltensregeln und die damit verbundene Anpassung der internen Prozesse, das Entwerfen, Verwalten und Aufbewahren der Dokumente. Weiter wird erwartet, dass die Aufklärungs- und Dokumentationspflichten aufwändiger werden, was heute telefonisch erledigt werden kann, muss künftig schriftlich festgehalten werden, sodass schliesslich mehr administrative Arbeitskräfte benötigt werden. Im Zuge dessen wird auch die EDV sowie die Entwicklung und Instandhaltung von Software für die Protokollierung zusätzliche Kosten generieren.228 Bei den Umfrageteilnehmern zeichnet sich das identische Bild wie bei den

224 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 24 (Interview); Ferber, NZZ (2016), Anhang D, Ziff. 24 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 24 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 24 f. (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 24 f. (Interview); Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 57 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 24 (Interview). 225 Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 25 (Interview). 226 Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 25, 27 f. (Interview). 227 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 27 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 27 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 27 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 27 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 27 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 27 (Interview); Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 27 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 27 (Interview). 228 Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 28 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 28 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 28 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 28 (Interview); Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 28 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 28 (Interview).

45

Experten: Alle Umfrageteilnehmer geben an, dass sie die im FIDLEG explizit statuierten Verhaltensregeln bereits heute einhalten. Dennoch befürchten sie, dass deren Einhaltung einen finanziellen Mehraufwand für ihr Unternehmen zur Folge haben wird. Nach Ansicht einiger Experten werden die Kleinkunden mit dem künftig vorgegebenen, stark standardisierten Beratungsprozess und den vorgesehenen Protokollierungsvorschriften nicht geschützt. Die neuen Vorschriften werden vielmehr zu einem Enthaftungsinstrument für die Finanzdienstleister. Indem diese unter FIDLEG sämtliche Schritte des Beratungsprozesses akribisch festhalten und die entsprechenden Protokolle und Dokumente von ihren Kleinkunden unterzeichnen lassen werden, erhöhen sie ihre Prozesschancen massgeblich. Im Streitfall können sie einfach die vom Kunden unterzeichneten Dokumente vorlegen und sich so exkulpieren.229 Einige KMU-Finanzdienstleister haben testweise die ihrer Meinung nach unter FIDLEG erforderlichen Dokumente zusammengestellt, die ein Kleinkunde unter der geplanten Regulierung zu lesen und zu unterzeichnen haben wird. Demnach müsste ein Kleinkunde um CHF 65‘000 in Fonds und Versicherungen anzulegen, 459 Seiten lesen und mit 33 Unterschriften bestätigen, den Inhalt gelesen und verstanden zu haben.230 Ein Blick in die EU zeigt, dass die entsprechende MiFID-Regulierung dazu geführt hat, dass Kunden der umfassenden Dokumentations- und Informationslast überdrüssig geworden sind und deshalb mehrheitlich auf Vermögensverwaltungs- und Anlageberatungsdienstleistungen verzichten.231 6.5.2

Angemessene Organisation

Die Anforderungen an eine angemessene Organisation sollen, wie zuvor dargelegt, erst auf Verordnungsstufe geregelt werden. Daher kann derzeit nicht gesagt werden, wie die entsprechenden Voraussetzungen unter der künftigen Gesetzgebung aussehen werden. Die Experten spekulieren, dass in Anlehnung an die entsprechenden Anforderungen der FINMA an die Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen gemäss KAG auf Verordnungsstufe statuiert werden könnte, dass Auftrag, Durchführung und Kontrolle zu trennen sind, was nach deren Annahme implizit mindestens drei Mitarbeitende voraussetzen wird. Im Zuge dessen sind sie sich dann auch weitgehend einig, dass Ein-Mann-Finanzdienstleistungsbetriebe in Zukunft nicht mehr möglich sein werden.232 Eine angemessene Organisation müsste allerdings am Markterfolg der Finanzdienstleister gemessen werden und nicht an bürokratischen Vorschriften. Aus Kundensicht ist es irrelevant, ob der KMU-Finanzdienstleister die Organisationsvorschriften mit einem oder mehreren Angestellten erfüllt.233 Die Umfrageteilnehmer haben sich grösstenteils noch nicht mit dem Thema der angemessen Organisation auseinandergesetzt, bzw. sie warten bewusst die Verordnungen zum FIDLEG und FINIG ab. Sieben Umfrageteilnehmer geben an, dass die Unternehmen, für die sie tätig sind, unter der geplanten Gesetzgebung von der Outsourcingmöglichkeit Gebrauch machen werden. Die gleiche Anzahl geht davon aus, dass Auslagerungen aufgrund fehlender finanzieller Mittel gar nicht möglich sein werden und sollten sie den künftigen Anforderungen nicht

229

Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 12 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 12 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 12 (Interview); RÜEGSEGGER, St. Galler Tagblatt, 2. 230 Schweizerischer Gewerbeverband sgv, „Vernehmlassungsantwort Finanzdienstleistungsgesetz und Finanzinstitutsgesetz“, 17. Oktober 2014, 3. URL: (14.02.2016); gleicher Meinung: Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 28 (Interview). 231 AELLEN, Finanz und Wirtschaft, 13. 232 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 29 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 29 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 29 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 29 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 29 f. (Interview). 233 Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 29 (Interview).

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mehr gerecht werden können, der Betrieb geschlossen wird. Jene Unternehmen, die beabsichtigen, Dritte beizuziehen, würden dies in den Bereichen Rechtsberatung, Compliance, Risikomanagement, Revision, Produkt-Research, Produktdokumentation, Administration und IT tun.234 6.5.3

Beraterregister

Die Experten sind sich grösstenteils einig, dass das geplante Beraterregister in Bezug auf den mit FIDLEG beabsichtigten Kundenschutz kaum einen aufsichtsrechtlichen Mehrwert stiften dürfte.235 Das Beraterregister hat auch eher eine Kontroll- als eine Kundenschutzfunktion. Das Beraterregister soll erfassen, wer sich auf dem Schweizer Finanzmarkt aufhält sowie sicherstellen, dass gewisse finanzielle Sicherheiten vorhanden und die Berater einer Ombudsstelle angeschlossen sind. Das wichtigste Anliegen in Bezug auf das vorgesehene Beraterregister ist jedoch die Gewährleistung eines gewissen Ausbildungsniveaus, da die Tätigkeiten der verschiedenen Finanzdienstleister keine geschützten Titel umfassen. In Zukunft soll es nicht mehr möglich sein, dass jemand ohne Ausbildung als Finanzdienstleister tätig sein kann während beispielsweise Bäcker oder Elektriker eine Lehre absolvieren müssen und allenfalls eine Meisterprüfung abzulegen haben, wenn sie einen eigenen Betrieb führen wollen.236 Obgleich mittels besagter Kontrollfunktionen in Zukunft ein gewisser Mindeststandard garantiert werden soll, wird zu keinem Zeitpunkt eine Qualitätsprüfung durchgeführt. Das geplante Register ist somit faktisch lediglich eine Tabelle mit Namen, Telefonnummern und E-Mail-Adressen.237 Der Eintrag in diese „Tabelle“ birgt allerdings die Gefahr, dass dieser missbraucht werden könnte, indem die registrierten Berater der Öffentlichkeit suggerieren, sie seien anerkannt und einer Aufsicht unterstellt.238 Rund die Hälfte der Umfrageteilnehmer beurteilt das vorgesehene Beraterregister grundsätzlich als sinnvoll, sofern sämtliche Berater, auch jene der Banken sowie der PostFinance AG, erfasst239 und das Register von der zuständigen Aufsichtsbehörde bekannt gemacht würde. Die übrigen neun Umfrageteilnehmer erachten das Beraterregister als mässig sinnvoll. Sie meinen, dass die gegenwärtigen Register ausreichen und die Kunden diese schon nicht konsultieren.240 Schliesslich weisen sie ebenso wie die Experten darauf hin, dass das geplante Beraterregister nichts weiter als eine Tabelle ist, der nach der derzeitigen Ausgestaltung keinerlei Angaben über die Qualität der verzeichneten Berater zu entnehmen sein werden.

234 ähnlicher Meinung: Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 31 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 31 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 31 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 31 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 31 (Interview). 235 Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 32 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 32 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 32 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 32 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 32 (Interview); Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 32 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 32 (Interview). 236 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 32 ff. (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 32 ff. (Interview); vgl. auch VALDA, Tages-Anzeiger – Finanzkunden, 39, der die Berner Bankenprofessorin Susan Emmenegger zitiert. 237 Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 33 f. (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 33 (Interview). 238 Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 33 (Interview). 239 gleicher Meinung: Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 33 (Interview); anderer Meinung: Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 32 (Interview). 240 gleicher Meinung: Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 33 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 33 (Interview).

47

6.5.4

Produktdokumentation

6.5.4.1

Prospekt

Die Experten und Umfrageteilnehmer beurteilen die vorgesehene Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines Prospekts für Effekten grundsätzlich als ein taugliches Instrument in Bezug auf den mit FIDLEG beabsichtigten Kundenschutz von Kleinkunden, wenn dieser in einer einfachen und verständlichen Sprache abgefasst sowie logisch aufgebaut wäre und transparent informieren würde.241 Tatsächlich sind Prospekte für Effekten jedoch sehr technisch formuliert und enthalten grösstenteils legale Abhandlungen, welche von grossen Anwaltskanzleien zum Schutz der Emittenten juristisch korrekt formuliert werden.242 Sowohl von den Experten als auch den Umfrageteilnehmern wird einhellig die Meinung vertreten, dass die Prospekte in aller Regel nicht gelesen werden, und wenn sie doch studiert werden, es mehr als fraglich ist, ob der Inhalt verstanden wird.243 Erfahrungsgemäss lesen die Kunden die Prospekte nicht, sondern verlassen sich auf ihre Finanzdienstleister. So schreibt denn auch ein Umfrageteilnehmer, dass seine Erfahrung zeigt, dass Privatkunden lediglich fragen, ob sie die Dokumentationen entsorgen dürfen. Demnach ist es widersprüchlich, dass Prospekte künftig für Privatkunden bzw. Kleinkunden erstellt werden müssen, die sie kaum lesen und verstehen dürften. Hingegen werden unter FIDLEG keine Prospekte für professionelle Kunden, welche diese allenfalls lesen, zumindest aber verstehen müssten, zu veröffentlichen sein.244 Es gilt jedoch zu beachten, dass Prospekte nicht nur den Kleinkunden, sondern auch den KMU-Finanzdienstleistern zur Verfügung stehen. Von ihnen darf erwartet werden, dass sie besagte Prospekte lesen, verstehen und die wesentlichen Informationen ihren Kunden weitergeben.245 6.5.4.2

Basisinformationsblatt

Im Bewusstsein, dass der soeben thematisierte Prospekt für Privatkunden bzw. Kleinkunden zu komplex und umfangreich ist, sollen die Finanzdienstleister diesen unter FIDLEG zusätzlich ein Basisinformationsblatt abgeben.246 Die Experten und auch die Umfrageteilnehmer begrüssen die dahinter stehende Idee im Wesentlichen. Das Basisinformationsblatt erscheint ihnen als ein taugliches Instrument in Bezug auf den mit FIDLEG beabsichtigten Kundenschutz, weil sich die Kleinkunden aufgrund der standardisierten Kurzdokumentation ein Bild von den Produkteigenschaften machen und im Zuge dessen fundierte Anlageentscheide treffen können. Das Basisinformationsblatt schafft damit Vergleichbarkeit, Transparenz und Wettbewerb.247 Nachteilig ist der damit verbundene administrative Aufwand für die stetige Nachführung.248 Des Weiteren wird bezweifelt, ob sich die vielfältigen Finanzprodukte derart einfach in einem vorgegebenen Raster darstellen lassen. Zumal in dieser Kürze alle relevanten Informationen verständlich und richtig aufgeführt werden müssen. Ein strukturiertes Produkt ist nicht mit einer Obligation vergleichbar und kann tendenziell nur schwer in der gleichen

241

Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 36 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 36 (Interview). Ferber, NZZ (2016), Anhang D, Ziff. 36 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 6 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 35 (Interview); vgl. auch: BAMERT, NZZ, 20. 243 Ferber, NZZ (2016), Anhang D, Ziff. 36 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 35 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 37 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 36 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 35 (Interview). 244 Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 35 (Interview). 245 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 37 (Interview). 246 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 37 (Interview). 247 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 36 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 39 (Interview). Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 38 f. (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 39 (Interview). 248 Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 39 (Interview). 242

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Einfachheit erklärt werden.249 Des Weiteren gilt es zu bedenken, dass Hersteller von Produkten für eine kleine Anzahl von Privatkunden aus Kostengründen kein Basisinformationsblatt erstellen werden. Sofern für ein Finanzprodukt kein Basisinformationsblatt erhältlich ist, wird der Finanzdienstleister dieses Produkt seinen Privat- bzw. Kleinkunden nicht empfehlen dürfen, selbst wenn es die konkreten Anlagebedürfnisse am besten abdecken würde.250 Die Umfrageteilnehmer erwähnen zudem mehrheitlich, wie beim Prospekt für Effekten, dass die Kunden das Basisinformationsblatt – genauso wie die diversen Informationsblätter, welche heute bereits abgegebenen werden – kaum lesen werden. Die Kunden erwarten von ihrem Finanzdienstleister, dass dieser die Dokumentationen liest und versteht. 6.5.5

Ombudsstelle

Im Grundsatz haben die Experten nichts gegen Ombudsstellen einzuwenden. Sie begrüssen ein einfaches Verfahren ohne massgebliche Kostenfolgen.251 Fraglich ist allerdings, ob es dafür eine Ombudsstelle braucht.252 So sind auch lediglich drei Experten der Meinung, dass besagte Anschlusspflicht dem Kundenschutz von Kleinkunden dient.253 Einige Experten geben zu bedenken, dass mit der Einführung der obligatorischen Ombudsstelle eine neue Kostenstelle geschaffen wird, die vermutlich wenig bringen wird.254 Es wird aufgezeigt, dass solche Verfahren oftmals nicht sehr wertvoll sind, weil sie sehr aufwändig sein können, Erwartungen geschürt werden und schliesslich zu fürchterlichen Klagen mit enormen Kostenfolgen führen können. In solchen Fällen würde der finanzielle und zeitliche Aufwand wesentlich geringer ausfallen, wenn sich die Parteien direkt an ein Gericht wenden würden. Im Endeffekt dürfte die neue Institution dazu führen, dass Kunden, welche konservative Anlagen tätigen und die Ombudsstelle nie in Anspruch nehmen, jene Kunden quersubventionieren müssen, die ihr Vermögen spekulativ anlegen und nach eingetretenen Verlusten die Ombudsstelle aufsuchen.255 Darüber hinaus wird die vorgesehene Pflicht zum Anschluss an eine Ombudsstelle infrage gestellt. Der KMU-Finanzdienstleister müsste vor die Wahl gestellt werden, ob er sich einer Ombudsstelle anschliessen möchte oder nicht. Wichtig ist dabei, dass der KMUFinanzdienstleister sichtbar ausweist, ob er einer Ombudsstelle angeschlossen ist oder nicht. Nun wäre es die Aufgabe des eigenverantwortlichen Kunden zu entscheiden, ob er sich von einem KMU-Finanzdienstleister bedienen lassen möchte, der einer Ombudsstelle angeschlossen ist – ihm damit ein gewisses Prozessrecht gewährt, dafür aber auch mehr kostet – oder nicht. Diese Abwägung kann einzig der Kunde vornehmen.256 Zwei Umfrageteilnehmer geben an, dass aus ihrer Sicht die vorgesehene Anschlusspflicht an eine Ombudsstelle dem Schutz von Kleinkunden dient und die Streitbeilegung vor einer Ombudsstelle einem gerichtlichen Verfahren vorzuziehen ist. Die übrigen Umfrageteilnehmer meinen, dass mit der Schaffung dieser neuen Institution unnötig Bürokratie aufgebaut wird und unnötige Kosten verursacht werden, für welche die Kunden schliesslich über erhöhte Beratungsgebühren bzw. teurere Produkte aufkommen müssen. Zudem haben KMU-Finanzdienstleister obligatorisch eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschliessen, welche allfällige 249 Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 38 f. (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 37 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 39 (Interview); vgl. auch FERBER, NZZ – Kundenschutz falsch gemacht, 35. 250 FRIZ, Handelszeitung, 87. 251 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 41 (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 41 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 40 (Interview). 252 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 41 (Interview). 253 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 40 (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 40 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 40 (Interview). 254 Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 41 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 41 (Interview). 255 Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 41 (Interview). 256 Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 41 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 41 (Interview).

49

„Beratungs-Schäden“ übernehmen würde und schliesslich schreiben mehrere Umfrageteilnehmer, dass ihnen das persönliche Verhältnis zu ihren Kleinkunden sehr wichtig ist und Differenzen bislang weitgehend mittels Gesprächen bereinigt werden konnten. 6.6

Finanzinstitutsgesetz (FINIG)

6.6.1

Prudentielle Aufsicht

Ein allgemein sehr kontrovers diskutiertes Thema ist die vorgesehene Unterstellung der Vermögensverwalter unter eine prudentielle Aufsicht gemäss FINIG. In Bezug auf die Frage, ob der Kundenschutz von Kleinkunden durch besagte Unterstellung gestärkt wird, meinen vier Experten, dass eine prudentielle Beaufsichtigung der Vermögensverwalter für den Kundenschutz durchaus förderlich ist. Sie erachten die derzeitige Aufsicht als ungenügend. Dadurch, dass in Zukunft die Einhaltung der Verhaltensregeln sowie gewisse organisatorische Mindestanforderungen sichergestellt werden müssen, die Möglichkeit eines Bewilligungsentzugs gegeben sein wird und gewährleistet wird, dass sich verlässlichere Gegenparteien auf dem Schweizer Finanzmarkt aufhalten, wird der Kundenschutz von Kleinkunden gestärkt.257 Fünf Experten gehen hingegen davon aus, dass es eine Falschannahme ist, wenn man meint, dass durch die Unterstellung der Vermögensverwalter unter eine prudentielle Aufsicht der Kundenschutz von Kleinkunden verbessert wird.258 Fakt ist, dass ein gewisser internationaler Druck besteht, die Vermögensverwalter einer prudentiellen Aufsicht zu unterstellen. Wenn die Vermögensverwalter weiterhin grenzüberschreitend Finanzdienstleistungen erbringen wollen, dann braucht es eine Aufsicht.259 Sämtliche Umfrageteilnehmer geben jedoch an, dass ihr Unternehmen keinen Zugang zum EU-Binnenmarkt benötigt. Einer der Teilnehmer erwähnt allerdings, dass sich sein Unternehmen den Zugang zum EU-Markt bereits vor einigen Jahren selbst verschafft hat, indem es eine Niederlassung in Deutschland eröffnet hat, über die der gesamte EU-Raum bearbeitet werden kann. Die Umfrageteilnehmer sind einstimmig der Auffassung, dass der Kundenschutz von Kleinkunden durch die beabsichtigte Unterstellung der Vermögensverwalter unter eine prudentielle Aufsicht gemäss FINIG nicht gestärkt wird. Sie schreiben, dass sie heute bereits durch verschiedene Stellen genügend beaufsichtigt werden. Zudem wird es in dieser Branche immer wieder ein „schwarzes Schaf“ geben. Eine weitere Aufsicht bringt nur zusätzliche Kosten, was zur Folge haben dürfte, dass gewisse Kunden aus Kostengründen nicht mehr bedient werden können. Sodann haben die prominentesten Vorfälle in der Finanzbranche der jüngsten Vergangenheit (Dieter Behring,260 Bernard Madoff und Lehman Brothers Holdings Inc.) gezeigt, dass diese trotz prudentieller Beaufsichtigung nicht verhindert werden konnten.

257

Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 15 f. (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 15 f. (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 15 (Interview). 258 Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 15 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 15 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 15 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 15 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 15 (Interview). 259 Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 16 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 15 (Interview). 260 2002 war bei der damaligen EBK ein Bankbewilligungsgesuch für eine von Dieter Behring übernommene Bank in der Schweiz hängig. Zwei Jahre später wurde die Bewilligung mit der Begründung fehlender Gewähr von Dieter Behring verweigert. Im gleichen Jahr erhielt das von ihm in Deutschland übernommene Wertpapierhaus und die von ihm im Fürstentum Liechtenstein übernommene Bank von der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde die Bewilligung zur Aufnahme der entsprechenden Geschäftstätigkeit, EBK-Jahresbericht, Ziff. 2.2.

50

6.6.2

Level playing field und bundesstaatsrechtlicher Rechtsgleichheitsgrundsatz

Lediglich einer der befragten Experten spricht sich für ein bedingungsloses Level playing field aus und ist der Auffassung, dass dieses nicht dem zuvor erläuterten bundesstaatsrechtlichen Rechtsgleichheitsgrundsatz widerspricht, weil KMU-Finanzdienstleister in den gleichen Geschäftsfeldern tätig sind, wie Grossbanken.261 Nach Ansicht weniger Experten ist ein bedingungsloses Level playing field zwar nicht zu befürworten, allerdings gibt es keinen Grund, Banken und Vermögensverwalter bezüglich der reinen Anlageberatungs- und Vermögensverwaltungsdienstleistungen unterschiedlich zu behandeln. Ihrer Meinung nach sollte der Point of Sale gleich reguliert werden.262 Die übrigen Experten sind grundsätzlich der Auffassung, dass ein (angebliches) Level playing field für alle Beaufsichtigten unter dem Blickwinkel des Kundenschutzes für Kleinkunden für alle Schweizer Finanzdienstleister nicht sinnvoll und auch mit dem zuvor dargelegten Rechtsgleichheitsgrundsatz unvereinbar ist.263 Ein Level playing field bevorteilt die grossen Anbieter und drängt die KMU-Finanzdienstleister aus dem Markt. Die künftige Regulierung darf nicht dazu führen, dass alle die gleichen Prozesse und Stellenbesetzungen einhalten müssen. Das würde nur Kosten generieren. Es gibt komparative Kostenvorteile und diese müssen auch in Zukunft genutzt werden können. Nur dann macht eine Marktwirtschaft Sinn. Marktwirtschaft macht nicht Sinn, wenn alles gleich reguliert und vorgeschrieben wird, dass Tätigkeit A von vier, Tätigkeit B von drei und Tätigkeit C von zwei Personen wahrgenommen werden muss.264 Hinsichtlich des Geschäftsmodells und den unterschiedlichen Risiken ist ein Level playing field daher nicht gerechtfertigt.265 Banken sind sehr streng reguliert, weil sie im Kerngeschäft eine ganz andere Geschäftstätigkeit mit ganz anderen Risikostrukturen betreiben als Vermögensverwalter. Das rechtfertigt eine andere Regelung.266 Das Level playing field muss dementsprechend differenziert betrachtet werden. Mit der zuvor dargelegten Bewilligungskaskade soll dieser Forderung nachgekommen werden.267 Die Umfrageteilnehmer sind sich auch in dieser Hinsicht einig, dass ein Level playing field für alle Schweizer Finanzdienstleister unter dem Blickwinkel des Kundenschutzes von Kleinkunden nicht sinnvoll ist. Ebenso wie die Mehrheit der Experten erwähnen sie die Unterschiede in den Geschäftsmodellen und den Risikostrukturen. Einige Umfrageteilnehmer weisen auch auf die Existenzgefährdung infolge enormer Fixkosten hin, welche für grosse Finanzdienstleister nicht massgeblich ins Gewicht fallen, während KMU-Finanzdienstleister diese allenfalls nicht mehr werden stemmen können. So teilen die Umfrageteilnehmer dann auch die Meinung, dass Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu regulieren und nicht alles über einen Leisten geschlagen werden darf.

261

Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 20 ff. (Interview). gleicher Meinung: WIESENDANGER, Handelszeitung, 17; Kunden müssen davon ausgehen können, dass die Erbringung gleicher Dienstleistungen gleich reguliert wird, unabhängig davon, ob sie von einer Bank oder einem Vermögensverwalter erbracht werden. 263 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 20, 22 (Interview); Ferber, NZZ (2016), Anhang D, Ziff. 20 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 20, 22 (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 20, 22 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 20, 22 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 20, 22 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 20, 22 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 20, 22 (Interview). 264 Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 23 (Interview). 265 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 20; Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 23 (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 21 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 21 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 21 (Interview). 266 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 20 ff. (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 20 ff. (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 20 ff. (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 20 ff. (Interview). 267 Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 20 ff. (Interview). 262

51

Von den Unternehmen der Umfrageteilnehmer sind zwei als Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen bereits einer prudentiellen Aufsicht unterstellt und sechs als Vermögensverwalter tätig. Die meisten Umfrageteilnehmer werden, wie zuvor ausgeführt, gemäss den aktuellen Gesetzesvorlagen nicht vom Geltungsbereich des FINIG erfasst werden. Dennoch sind sich die Umfrageteilnehmer der Problematik des Level playing field bewusst. 6.7

Regulierungskosten für KMU-Finanzdienstleister

Der RKA FIDLEG, der RKA FINIG und der RFA FIDLEG/FINIG sind, wie zuvor aufgezeigt, kaum eindeutige Regulierungskosten für KMU-Finanzdienstleister zu entnehmen. Daher wurden die Experten und Umfrageteilnehmer eingeladen, sich zu den möglichen Regulierungskosten in Bezug auf die Umsetzung von FIDLEG und FINIG zu äussern. Optimistische Stimmen gehen davon aus, dass primär auf die Vermögensverwalter, die neu einer prudentiellen Aufsicht unterstellt werden, gewisse Kosten zukommen. Ansonsten würden zwar die Initialkosten für die KMU-Finanzdienstleister ins Gewicht fallen, die wiederkehrenden Regulierungskosten würden sich hingegen im heutigen Rahmen, allenfalls marginal höher, bewegen.268 Weniger optimistische Stimmen weisen darauf hin, dass die Finanzbranche eine sehr heterogene Branche ist. Einerseits gibt es Finanzdienstleister, welche die geplanten Voraussetzungen bereits heute erfüllen und die neuen Vorschriften somit keine wesentlichen Auswirkungen haben werden. Andererseits gibt es die KMU-Finanzdienstleister, die womöglich erhebliche Umstellungen machen müssen. Zudem werden unter der geplanten Regulierung voraussichtlich mehr administrative Aufgaben zu erledigen sein, was zusätzliche Arbeitsstunden bzw. zusätzliches Personal erforderlich machen dürfte. Rechnet man diese Zeit zu Stundensätzen auf, ergibt sich ein hoher Betrag, jedoch mit grossen Abweichungen im Einzelfall. Hinzu kommen die Opportunitätskosten, den neuen Handlungspflichten muss irgendwann nachgekommen werden, das ist Arbeitszeit.269 Ein weiterer Kostentreiber ist die Vervielfältigung des institutionellen Gefüges (Aufsichtsorganisation, Ombudsstelle, Prospektgenehmigungsstelle und Registerführungsstelle). Für die gesamte Volkswirtschaft beziffern einzelne Schätzungen die Regulierungskosten für die Umsetzung von FIDLEG und FINIG auf rund CHF 100 Mio. und für die wiederkehrenden auf rund CHF 300 Mio.270 Die Umfrageteilnehmer rechnen insbesondere mit zusätzlichem finanziellem Mehraufwand für die Bewilligungsgebühren, Aufsichtsabgabe, Gebühren für die Ombudsstelle, Revisionskosten sowie die Umstrukturierung des Unternehmens. Die Vermögensverwalter unter den Umfrageteilnehmern schätzen ihre einmaligen Regulierungskosten auf CHF 50‘000 bis CHF 180‘000 und die wiederkehrenden auf CHF 20‘000 bis CHF 40‘000. Die KMU-Finanzdienstleister, welche nicht vom Geltungsbereich des FINIG erfasst werden, schätzen ihre einmaligen Regulierungskosten auf CHF 50‘000 bis CHF 70‘000 und die wiederkehrenden auf CHF 10‘000 bis CHF 30‘000.

268

Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 43 f. (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 43 (Interview). Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 43 f. (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 44 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 43 (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 44 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 43 ff. (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 43 f. (Interview). 270 Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 43 f., 48 (Interview); vgl. auch: Schweizerischer Gewerbeverband, „Positionspapier Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLGEG) und Finanzinstitutsgesetz (FINIG)“, 3. Februar 2016, 4. URL: (11.03.2016). 269

52

Die Experten sehen folgende Möglichkeiten, wie KMU-Finanzdienstleister ihre künftigen Regulierungskosten senken könnten: Anschluss an einen Branchenverband, Auslagerung von Dienstleistungen, Zusammenschluss mit anderen KMU-Finanzdienstleistern, Standardisierung von Prozessen, Digitalisierung der Angebote. Ferner wurde für Vermögensverwalter mehrmals die Möglichkeit eines Anschlusses an eine Dienstleistungsplattform erwähnt. Solche Plattformen werden von Finanzdienstleistern betrieben, welche über eine Bewilligung der FINMA als Bank oder Wertpapierhaus verfügen. Die Plattformen bieten ihren Mitgliedern Dienstleistungen in den Bereichen Effektenhandel, Administration, IT und Research an. Allerdings gilt es in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass potentielle Mitglieder derartiger Plattformen über rund CHF 30 Mio. AuM verfügen müssen, um Anschluss zu erhalten.271 Somit würde ein solcher Anschluss für die Hälfte der befragten Vermögensverwalter eine Option darstellen. Vereinzelt publizierte Schätzungen beziffern die notwendigen AuM für Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen gemäss KAG unter der künftigen Regulierung auf mindestens CHF 80 bis 100 Mio., damit sie ihre Geschäftstätigkeit unverändert weiterführen können. Für Vermögensverwalter würden AuM von CHF 25 bis 30 Mio. ausreichen.272 Ein Vergleich mit den Unternehmen der Umfrageteilnehmer zeigt, dass einer der beiden Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen gemäss KAG das geschätzte Mindestvolumen erreicht, und von den sechs Vermögensverwaltern verfügen vier über die voraussichtlich erforderlichen AuM. Der höchste Preis, der für die geplante Regulierung jedoch bezahlt werden dürfte, ist die Zerstörung eines ganzen Marktes: Die in der Schweiz privat angelegten Gelder belaufen sich auf rund CHF 3‘000 Mrd. Etwa die Hälfte davon stammt aus dem Inland. Von diesen CHF 1‘500 Mrd. sind vermutlich ein Drittel Kleinkunden, das ergibt ein Marktvolumen von CHF 500 Mrd. Darauf beträgt die Wertschöpfung 0.3 Prozent, also CHF 1.5 Mrd. pro Jahr. Diese Wertschöpfung bzw. dieser Markt wird unter der geplanten Regulierung wahrscheinlich nicht mehr bearbeitet werden können und damit verschwinden, denn je kleiner das Anlagevermögen ist, desto weniger kann die Kostenseite strapaziert werden. Schliesslich wird die Vermögensverwaltung für Kleinkunden irgendwann weder für den KMU-Finanzdienstleister noch für den Kleinkunden rentabel sein.273 So sind die Experten auch überwiegend der Auffassung, dass die KMU-Finanzdienstleister die Kosten in die Dienstleistungen und Produkte einkalkulieren werden.274 Die Vermögensverwalter unter den Umfrageteilnehmern geben an, dass sie beabsichtigen, die Beratungsgebühren um 10 bis 50 Prozent zu erhöhen, sich ihr Gewinn aber dennoch um rund einen Drittel reduzieren werde. Die KMU-Finanzdienstleister beabsichtigen ebenfalls ihre Beratungsgebühren inskünftig zu erhöhen, sie geben jedoch Preiserhöhungen von 1 bis 100 Prozent an. Dies scheint auch eine gängige Meinung in der Presse zu sein. So wird die Vermutung geäussert, dass sich die Regulierer offenbar wenig Gedanken gemacht haben, wer künftig die durch die Regulierungskosten verteuerten Finanzprodukte kaufen soll.

271

Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 46 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 46 (Interview); Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 46 (Interview);Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 45 (Interview); Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 46 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 46 (Interview); vgl. auch: GRUNDLEHNER, NZZ, 31. 272 W YSS, Finanz und Wirtschaft, 9: Interview mit Marcel Meyer, Partner bei der Deloitte AG; GRUNDLEHNER, NZZ, 31. 273 Janssen, Universität Zürich (2016), Anhang F, Ziff. 34, 43 f. (Interview); Neese, SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 28 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 28 (Interview); vgl. auch FERBER, NZZ – Kundenschutz unter Beschuss, 31. 274 Cotting, Aquila & Co. AG (2016), Anhang C, Ziff. 45 (Interview); Härtsch/Eichhorn, Walder Wyss AG (2016), Anhang E, Ziff. 45 (Interview); Neese, Forum SRO/VQF (2016), Anhang G, Ziff. 45 (Interview); Schneider, sgv (2016), Anhang H, Ziff. 45 (Interview); Spahni, Rechtsanwalt (2016), Anhang I, Ziff. 45 (Interview); Stalder, SKS (2016), Anhang J, Ziff. 45 (Interview); Wendelspiess, EFD (2016), Anhang K, Ziff. 45 (Interview); Zemp, LCH (2016), Anhang L, Ziff. 45 (Interview); vgl. auch FERBER, NZZ – Kundenschutz unter Beschuss, 31.

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Es wird befürchtet, dass die Regulierungskosten für KMU-Finanzdienstleister nicht mehr tragbar sein werden und sie zunehmend aus der Beratung von Kleinkunden aussteigen werden. Durch deren Rückzug aus dem Markt wird der Wettbewerb zwischen den Finanzdienstleistern abnehmen, was namentlich den grossen Anbietern zum Vorteil gereichen wird. Aufgrund des verringerten Wettbewerbs und der damit einhergehenden reduzierten Auswahlmöglichkeiten dürfte die Transparenz im Markt abnehmen, was sich nachteilig auf den Kundenschutz von Kleinkunden auswirken würde.275

275

BAMERT, NZZ, 20; FERBER, NZZ – Kundenschutz falsch gemacht, 31; WIESENDANGER, Handelszeitung, 17.

54

7.

Zwischenfazit

In den vorangegangen Kapiteln wurden die Kernaussagen der Experteninterviews sowie der schriftlichen Befragung dargelegt und teilweise mit Einschätzungen der Praxis ergänzt. Die Themen fokussierten sich auf die Kleinkunden, deren Kundenschutz sowie der in Bezug auf Kleinkunden wesentliche Inhalt der beiden Gesetzesentwürfe FIDLEG und FINIG. Zudem wurden die möglichen Auswirkungen der geplanten Gesetze auf die Kleinkunden aus Sicht der Praxis diskutiert und schliesslich die möglichen Folgen der im Vergleich zu heute zu erwartenden, massgeblich höheren Regulierungskosten auf die Kleinkunden aufgezeigt. Hinsichtlich des Beratungsprozesses von Kleinkunden durch KMU-Finanzdienstleister hat sich gezeigt, dass es aufgrund der voraussichtlich höheren Regulierungskosten für KMUFinanzdienstleister unter FIDLEG und FINIG kaum mehr rentabel sein wird, Kleinkunden zu bedienen. Im Zuge dessen werden in Zukunft für Kleinkunden aus ökonomischer Sicht nur noch hochgradig standardisierte Finanzprodukte Sinn machen, da die Kosten verteilt und damit die Skaleneffekte zum Tragen kommen können. Folglich werden die Kleinkunden unter der geplanten Regulierung wahrscheinlich nicht vollständig vom Beratungsprozess ausgeschlossen, jedoch vom individuellen Beratungsprozess durch KMU-Finanzdienstleister, so wie er unter geltendem Recht durchgeführt werden kann, in einen Beratungsprozess gedrängt werden, der für sie nur noch besagte Standardprodukte bereitstellt. In Bezug auf die Kleinkunden wurde festgestellt, dass deren Financial Literacy als schlecht bis mittelmässig einzustufen ist und diese Einschätzungen mit den Ergebnissen der drei zuvor erwähnten Studien übereinstimmen. Es ist daher zu begrüssen, dass Bund und Kantone den entsprechenden Handlungsbedarf erkannt haben und schulische Massnahmen zur Verbesserung der Financial Literacy in absehbarer Zeit umsetzen werden. Diesbezüglich muss jedoch angemerkt werden, dass besagte Massnahmen erst in einer oder in zwei Generationen ihre Wirkungen zeigen werden. Es dauert bekanntlich eine gewisse Zeit, nach vollendeter Schulbildung, bis ein Vermögen erarbeitet wurde, das angelegt werden kann. Es scheint daher, als ob der Bundesrat vor dem Hintergrund der tendenziell limitierten Financial Literacy der Kleinkunden, die Regulierung der durch sie getätigten Finanzgeschäften und damit einhergehend, eine gewisse Bevormundung, als die geeignete Kundenschutzmassnahme erachtet. Im Zuge dessen mag es sodann sinnvoll erscheinen, dass Kleinkunden künftig nur noch Zugang zu standardisierten Finanzprodukten haben, da nach dieser Betrachtungsweise die übrigen Finanzprodukte für Kleinkunden ohnehin zu komplex wären. Eine derartige Grundhaltung widerspricht diametral dem liberalen Schweizer Staatsverständnis, welches sich grundlegend von dem anderer Staaten unterscheidet und insbesondere durch die regelmässigen Abstimmungen zum Ausdruck kommt. Der Staat muss bei sämtlichen seiner Handlungen dem Prinzip der Eigenverantwortung, wie es auf höchster Stufe der Schweizer Rechtsordnung statuiert ist, zwingend oberste Priorität einräumen. Schliesslich impliziert eigenverantwortliches Handeln auch, dass Menschen nicht vor allen Risiken und namentlich nicht vor sich selbst geschützt werden müssen. Widersprüchlich zeigen sich auch die neu explizit im FIDLEG genannten Verhaltensregeln der Finanzdienstleister. Obwohl einhellig die Meinung vertreten wird, dass seriöse Finanzdienstleister besagte Regeln bereits heute gemäss Auftragsrecht einhalten, herrscht dennoch Konsens, dass die Befolgung der Verhaltensregeln für die Finanzdienstleister einen finanziellen Mehraufwand nach sich ziehen wird. Es scheint, als ob die Finanzdienstleister sich zunehmend gegenüber ihren Kunden, der Aufsichtsbehörde, der Revisionsstelle und allenfalls der Ombudsstelle oder Gerichten absichern und infolgedessen die Verträge entsprechend umfassend ausgestalten sowie alle Schritte des Beratungsprozesses akribisch protokollieren und von ihren Kunden unterzeichnen lassen werden. Die Verhaltensregeln werden somit zu

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einem Enthaftungsinstrument für die KMU-Finanzdienstleister, das ihre Prozesschancen künftig massgeblich erhöhen wird. Im Streitfall können diese einfach die vom Kunden unterzeichneten Dokumente vorlegen und sich so exkulpieren. Inskünftig sollen den Privat- und damit auch den Kleinkunden standardisierte Produktdokumentationen zu den Finanzprodukten abgegeben werden. Einerseits den Prospekt, der wie erläutert, nur für Privatkunden erstellt werden muss, und andererseits das Basisinformationsblatt, weil dem Gesetzgeber bewusst ist, dass der Prospekt zu technisch und umfangreich für Privat- bzw. Kleinkunden ist. Die Regelungen der Produktdokumentation sind in mehrfacher Hinsicht fraglich. So erschliesst sich nicht, weshalb gerade für Kleinkunden ein technisch und juristisch korrekt formulierter Prospekt abgegeben werden muss, der erfahrungsgemäss von Kleinkunden kaum gelesen und verstanden werden dürfte. Hinzu kommt, dass die Prospekte vor der Emission einer Prüfstelle zur Genehmigung zu unterbreiten sind, was einerseits die Time-to-Market verzögert und andererseits Kosten generiert, die indirekt die Finanzprodukte für Kleinkunden verteuern. Ebenso unverständlich ist, weshalb gerade für die beiden gängigsten Finanzprodukte, Aktien und Obligationen, kein Basisinformationsblatt bzw. Prospekt erstellt werden muss, wenn doch vorliegender Regulierung die Annahme zugrunde liegt, dass es den Kleinkunden an Financial Literacy mangelt und sie daher das höchste Schutzniveau bedürfen. Ferner werden Kleinkunden mit der geplanten Regulierung abermals bevormundet, indem ihnen ein Finanzprodukt nicht empfohlen werden darf, wenn dafür kein Basisinformationsblatt vorhanden ist. Der eigenverantwortliche Kunde muss selbst entscheiden können, welche Produkte er kaufen will. Dies darf nicht von Produktdokumentationen abhängig sein. Ferner entstehen den Kleinkunden durch die umfassenden Aufklärungs- und Dokumentationspflichten des FIDLEG doppelte Informationsbeschaffungskosten. Es darf angenommen werden, dass Kleinkunden sich von einem KMU-Finanzdienstleister betreuen lassen und diesen entsprechend vergüten, damit er ihnen die Informationsbeschaffungskosten abnimmt. Geht es nach FIDLEG, so fallen den Kleinkunden in Zukunft nicht nur die Kosten für ihren KMU-Finanzdienstleister an, sondern auch für die Informationsbeschaffung ihrerseits. Es wäre zu begrüssen, wenn die geplante Regulierung Kleinkunden zugestehen würde, dass sich diese ihren KMU-Finanzdienstleister eigenverantwortlich aussuchen und eigenverantwortlich entscheiden dürfen, diesem sämtliche Informationsbeschaffungskosten zu übertragen. Es darf und muss erwartet werden, dass KMU-Finanzdienstleister die für ihre Kleinkunden passenden Finanzinstrumente zusammenstellen. Schliesslich erhalten Patienten von ihrem Arzt auch keine Basisinformationsblätter für Medikamente auf deren Grundlage sie sich dann entscheiden müssen. Angesichts der Menge an Informationen, die gemäss FIDLEG voraussichtlich auf die Kleinkunden zukommen dürften, werden diese – wie in Deutschland im Zuge der entsprechenden MiFID-Regulierung bereits geschehen – resignieren und auf Finanzdienstleistungen von KMU-Finanzdienstleistern verzichten. Das FINIG statuiert, dass Vermögensverwalter künftig als Einzelunternehmungen tätig sein können. Dennoch wird in Anlehnung an die aufsichtsrechtliche Praxis bezüglich der organisatorischen Anforderungen für Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen spekuliert, dass auf Verordnungsstufe eine Funktionentrennung statuiert werden könnte, sodass ein Vermögensverwalter unter der geplanten Regulierung mindestens drei Mitarbeitende aufweisen muss. Diese Annahme erscheint angesichts der Tatsache, dass die FINMA ein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung der angemessenen Organisation haben wird, nicht unbegründet. Bedenklich stimmt diesbezüglich auch eine entsprechende Aussage in der RKA FINIG, wonach KMU-Vermögensverwalter allfälligen Vorschriften bezüglich der Trennung bestimmter Funktionen mit den bestehen Ressourcen nicht nachkommen könnten.

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Ein Blick auf die Bewilligungskaskade zeigt, dass die Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen eine Stufe über den Vermögensverwaltern aufgeführt sind. In Anwendung des Verhältnismässigkeitsprinzips müssten die Anforderungen an eine angemessene Organisation bei einem Ein-Mann-Vermögensverwalter zwingend anders ausfallen als bei einem Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen. Im Zuge dessen müsste eine Funktionentrennung für KMU-Vermögensverwalter als überaus kritisch beurteilt werden, da ein solches Regime endgültig der KMU-Verträglichkeit zuwiderlaufen würde. So darf unter der geplanten Regulierung auch keinesfalls statuiert werden, welche Tätigkeiten von wie vielen Mitarbeitenden wahrzunehmen sind. Ob dieser Forderung angesichts der heute vom Regulator praktizierten Bewilligungserfordernisse für Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen nachgekommen wird, darf allerdings bezweifelt werden. Das Level playing field, welches fordert, dass alle Finanzdienstleister, die in irgendeiner Weise das Vermögensverwaltungsgeschäft in der Schweiz ausüben, einer prudentiellen Aufsicht unterstellt werden sollen, wird primär auf internationalen Druck hin geschaffen. Der Bundesrat argumentiert diesbezüglich in der Botschaft zum FIDLEG und FINIG, dass besagte Finanzdienstleister unterschiedlich stark reguliert und beaufsichtigt werden und diese unterschiedliche Ausgestaltung der regulatorischen Anforderungen für Finanzdienstleister zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen bei der Dienstleistungserbringung führt. Der Bundesrat verkennt dabei, dass Marktwirtschaft nur Sinn macht, wenn nicht alles gleich reguliert wird und komparative Kostenvorteile genutzt werden können. Im Verlauf dieser Arbeit wurde thematisiert, ob das Level playing field mit dem bundesstaatsrechtlichen Rechtsgleichheitsgrundsatz vereinbar ist. Diese Frage kann offen gelassen werden, da der Bundesrat den Sinn und Zweck der prudentiellen Unterstellung von Banken verkennt. Banken werden nicht prudentiell beaufsichtigt, weil sie das Vermögensverwaltungsgeschäft betreiben. Banken werden prudentiell beaufsichtigt, weil ihr Kerngeschäft die Entgegennahme von Publikumseinlagen ist. Durch die prudentielle Unterstellung der Banken übernimmt der Staat richtigerweise die Dienstleistung, ersparte Vermögen der Bevölkerung zu schützen. Die Spekulation mit diesen Geldern ist jedoch nicht schutzwürdig und soll daher auch nicht durch den Staat geschützt werden. Es sollte sodann dem eigenverantwortlich handelnden Bürger überlassen werden, ob er für seine Vermögensverwaltungsgeschäfte eine prudentiell beaufsichtige Bank oder einen nicht prudentiell beaufsichtigen KMU-Vermögensverwalter mandatieren will. Vor dem genannten Hintergrund macht eine flächendeckende Unterstellung der Vermögensverwalter unter eine prudentielle Aufsicht wenig Sinn. Tatsache ist jedoch, dass Vermögensverwalter, wenn sie im Ausland tätig sein wollen, einer prudentiellen Aufsicht unterstellt sein müssen. Vermögensverwaltern sollte es daher frei gestellt werden, sich einer prudentiellen Aufsicht zu unterstellen, falls sie im Ausland tätig sein oder einfach vom entsprechenden „Gütesiegel“ profitieren möchten. Im Verlauf vorliegender Arbeit wurden diverse Kostentreiber identifiziert, für welche die KMUFinanzdienstleister unter FIDLEG und FINIG werden aufkommen müssen, sodass ein Vermögensverwalter künftig voraussichtlich über rund CHF 25 bis 30 Mio. AuM verfügen müssen, damit sie ihre Geschäftstätigkeit weiterführen können. Den grössten Teil der Regulierungskosten dürften unter FIDLEG und FINIG jedoch die Kleinkunden zu tragen haben. Mit der künftigen Regulierung werden voraussichtlich gerade jene Kunden aus dem individuellen Beratungsprozess gedrängt, die am meisten Beratung benötigen, aber vor allem mit der geplanten Regulierung hätten geschützt werden sollen.

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SCHLUSSBETRACHTUNG Ergebnisse Auf Basis der vorangegangen Ausführungen sollen in diesem Kapitel die eingangs dieser Arbeit gestellten Forschungsfragen beantwortet werden. Werden das FIDLEG und das FINIG positive Auswirkungen auf Kleinkunden haben, oder sind Marktverzerrungen zu erwarten? Es ist zu erwarten, dass das FIDLEG und das FINIG in mehrfacher Hinsicht zu Marktverzerrungen führen werden: Angesichts der Menge an Informationen, die unter FIDLEG und FINIG auf die Kleinkunden zukommen dürften – einerseits weil vom Gesetz vorgeschrieben und andererseits, weil die Finanzdienstleister sich gegenüber ihren Anspruchsgruppen absichern wollen – werden diese wohl resignieren. Namhaften Expertenstimmen zufolge, zeigt sich in Deutschland, dass Kunden im Zuge der entsprechenden MiFID-Regulierung der umfassenden Dokumentations- und Informationslast überdrüssig geworden sind und deshalb weitgehend auf Vermögensverwaltungs- und Anlageberatungsdienstleistungen verzichten. Sollte auf Verordnungsstufe in Bezug auf die Anforderungen an eine angemessene Organisation eine Funktionentrennung für KMU-Finanzdienstleister statuiert werden, so wird eine Vielzahl von ihnen aufgrund fehlender finanziellen Mittel für zusätzliche Mitarbeitende diesen Anforderungen nicht gerecht werden können. Im Zuge dessen werden sie entweder die Geschäftstätigkeit aufgeben oder sich mit anderen Finanzdienstleistern zusammenschliessen müssen. Ebenso dürften nicht wenige KMU-Finanzdienstleister unter der geplanten Regulierung aufgrund der im Vergleich zu heute massgeblich höheren Regulierungskosten gezwungen sein, ihre Geschäftstätigkeit einzustellen oder sich anderen Finanzdienstleistern anzuschliessen. Folglich wird der Wettbewerb in der Finanzbranche erheblich verringert, was voraussichtlich zu weniger Transparenz bzw. mehr Komplexität im Markt führen dürfte. Mehr Komplexität im Markt schützt die Finanzdienstleister vor Transparenz und damit vor Wettbewerb. Gleichzeitig werden durch die hohen Regulierungskosten die Markteintrittsbarrieren für neue KMU-Finanzdienstleister angehoben. Den Kleinkunden wird eine kleinere Angebotsvielfalt zur Auswahl stehen und aufgrund der reduzierten Transparenz auf dem Finanzmarkt, werden ihnen Informationen vorenthalten, was mit vorliegendem Gesetzespaket gerade verhindert werden sollte. Darüber hinaus werden die KMU-Finanzdienstleister die Regulierungskosten sehr wahrscheinlich in ihre Dienstleistungen und Produkte einkalkulieren, sodass sich diese verteuern werden. Infolgedessen wird es für KMU-Finanzdienstleister nicht mehr rentabel, sein Kleinkunden zu bedienen, denn je kleiner das Anlagevermögen ist, desto weniger kann die Kostenseite strapaziert werden. Dementsprechend werden aus ökonomischer Sicht nur noch hochgradig standardisierte Produkte der Vermögensverwaltung für Kleinkunden Sinn machen, da die Kosten verteilt und damit die Skaleneffekte zum Tragen kommen können. Nach dem Gesagten dürften Kleinkunden unter FIDLEG und FINIG zwar nicht vollständig vom Beratungsprozess ausgeschlossen werden, jedoch vom individuellen Beratungsprozess durch KMU-Finanzdienstleister, wie er unter geltendem Recht durchgeführt werden kann, in einen Beratungsprozess gedrängt werden, der für sie nur noch hochgradig standardisierte Finanzprodukte bereitstellt.

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Wird der Kundenschutz von Kleinkunden durch die Unterstellung der KMU-Finanzdienstleister unter eine prudentielle Aufsicht gemäss FINIG verbessert? Im ersten Teil dieser Arbeit wurde aufgezeigt, dass nicht sämtliche KMU-Finanzdienstleister vom Geltungsbereich des FINIG erfasst werden, sondern lediglich die Vermögensverwalter. Eine prudentielle Aufsicht der Vermögensverwalter kann den Kundenschutz von Kleinkunden insofern verbessern, als sich verlässlichere Gegenparteien auf dem Schweizer Finanzmarkt aufhalten. Die prominentesten Vorfälle in der Finanzbranche der jüngsten Vergangenheit – Dieter Behring, Bernard Madoff und Lehman Brothers Holdings Inc. – haben jedoch gezeigt, dass sich solche Fälle durch eine prudentielle Beaufsichtigung nicht verhindern lassen. Angesichts der konträren Perspektiven, muss zur Beantwortung vorliegender Frage eine Kosten-Nutzen-Abwägung vorgenommen werden: Auf der Nutzenseite steht die Gewährleistung von verlässlicheren Gegenparteien auf dem Schweizer Finanzmarkt und auf der Kostenseite steht die Tatsache, dass betrügerische Machenschaften auch durch die beste Regulierung nicht verhindert werden können. Auf der Kostenseite stehen aber vor allem die aufgrund der prudentiellen Unterstellung massgeblich höheren Regulierungskosten, welche wie hiervor gezeigt, voraussichtlich dazu führen werden, dass sich die Betreuung von Kleinkunden durch KMU-Vermögensverwalter nicht mehr lohnen wird und diese somit aus dem Markt gedrängt werden. Demnach überschiesst eine prudentielle Unterstellung der KMU-Vermögensverwalter. Eine sinnvolle Finanzmarktregulierung muss gerechte Voraussetzungen für sämtliche Marktteilnehmer schaffen. Sie darf weder Finanzmarktteilnehmer bevorzugen noch benachteiligen und auch nicht die Markteintrittsbarrieren unnötig erhöhen. In Bezug auf die Gewährleistung verlässlicherer Gegenparteien im Finanzmarkt ist der beste Kundenschutz für Kleinkunden die Reputation der KMU-Vermögensverwalter, denn diese sind im Vergleich zu Banken ungleich höher auf die Zufriedenheit ihrer Kunden angewiesen. Wird der Kundenschutz von Kleinkunden mit FIDLEG und FINIG insgesamt verbessert? Für die vorliegende Arbeit wurde unter dem Begriff „Kundenschutz“ verstanden, dass die Kunden namentlich vor Nicht-Informationen geschützt werden sollen, also Informationen, die ihnen vorenthalten werden. Legt man diese Definition zugrunde, dann trägt das FIDLEG aufgrund der Vielzahl an statuierten Informations- und Dokumentationspflichten grundsätzlich dazu bei, Kleinkunden vor Nicht-Informationen zu schützen. Die Regulierung führt jedoch auch dazu, dass Kleinkunden Informationen vorenthalten werden, sofern für ein Finanzinstrument beispielsweise kein Basisinformationsblatt erhältlich ist, darf der KMU-Finanzdienstleister das Produkt seinem Kunden nicht empfehlen. Wie hiervor bereits ausgeführt, werden zudem die zahlreich zu erwartenden Markaustritte von KMU-Finanzdienstleistern zu einem verringerten Wettbewerb in der Branche führen, sodass die Transparenz abnimmt bzw. die Komplexität zunimmt und den Kunden Informationen vorenthalten werden. Im Zuge der im FIDLEG statuierten Protokollierungspflichten werden die Finanzdienstleister voraussichtlich sämtliche Schritte des Beratungsprozesses akribisch festhalten und diese von ihren Kleinkunden unterzeichnen lassen. Die Verhaltensregeln werden somit nicht dem Kundenschutz dienen, sondern sie werden zu einem Enthaftungsinstrument für die KMU-Finanzdienstleister. Deren Prozesschancen werden durch die akkurate Dokumentation künftig massgeblich erhöht, da sie im Streitfall einfach die vom Kunden unterzeichneten Dokumente vorlegen und sich so exkulpieren können.

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Sodann besteht die Gefahr, dass sich Kleinkunden unter FIDLEG und FINIG in einer Scheinsicherheit wiegen könnten. Sie könnten künftig beispielsweise unbesonnen auf das „Gütesiegel“ der prudentiellen Aufsicht vertrauen, sodass sie sich ihren KMU-Vermögensverwalter weniger sorgfältig aussuchen und infolgedessen mehr Risiken eingehen werden. Darüber hinaus scheint das vorliegende Gesetzespaket grundlegende liberale Schweizer Staatsgrundsätze wie das Prinzip der Verhältnismässigkeit und der Eigenverantwortung zu missachten. Kleinkunden wird eigenverantwortliches Handeln abgesprochen, indem sie beispielsweise nicht wie vermögende Privatkunden oder professionelle Kunden über ihr Schutzniveau entscheiden dürfen und der Kauf von Finanzprodukten von Produktdokumentationen abhängig gemacht wird. Entgegen den Ausführungen des Bundesrats in der Botschaft zum FIDLEG und FINIG, dass der Kundenschutz von Kleinkunden mit vorliegender Regulierung verbessert wird, hat sich im Verlauf dieser Arbeit erhellt, dass das angestrebte Ziel zumindest marginal verfehlt werden dürfte. Der beste Kundenschutz für Kleinkunden ist die Verbesserung der Financial Literacy, die Gewährleistung von Wettbewerb und Transparenz auf dem Finanzmarkt sowie das Zugestehen von Eigenverantwortung durch Abwesenheit von Regulierung. Nachdem aufgezeigt wurde, dass das FIDLEG und das FINIG voraussichtlich zu Marktverzerrungen in Bezug auf Kleinkunden führen und deren Kundenschutz weder durch die prudentielle Unterstellung der Vermögensverwalter noch durch die beiden Gesetzesentwürfe insgesamt verbessert werden dürfte, kann zusammenfassend festgehalten werden, dass die beiden Gesetzesentwürfe als Kundenausschluss-Regulierung und nicht wie beabsichtigt, als Kundenschutz-Regulierung qualifiziert werden müssen.

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Kritische Würdigung Im Zuge des Verfassens dieser Arbeit hat sich gezeigt, wie kontrovers das vorliegende Gesetzespaket diskutiert wird und wie vehement sich beispielsweise die Banken für die geplante Regulierung einsetzen, weil dadurch der Wettbewerb in der Branche verringert werden dürfte, was für sie vorteilhaft wäre, und wie vehement sich beispielsweise KMU-Finanzdienstleister dagegen auflehnen, da sie im Zuge der zu erwartenden, massgeblich höheren Regulierungskosten, die auf sie zukommen dürften, in ihrer Existenz gefährdet werden. Es gibt Regulierungen, die auf Wunsch einer Branche hin geschaffen werden. Bei der geplanten Neustrukturierung des Schweizer Finanzmarktrechts ist dies jedoch nicht der Fall. Die angestrebte Neuordnung sowie die entsprechenden Gesetze wurden ohne Branchenbezug auf dem Reissbrett entworfen. So durfte die massive Opposition während der Vernehmlassung dann auch nicht erstaunen. Infolgedessen sind die vorliegenden Gesetzesentwürfe das Ergebnis verschiedener Kompromisse diverser Anspruchsgruppen. Ferner ist die Opposition von Seiten der Vermögensverwalter bezüglich der beabsichtigten Unterstellung unter eine prudentielle Aufsicht durchaus nachvollziehbar. Schliesslich ist niemand gerne Gegenstand von Veränderungen, insbesondere nicht, wenn wie vorliegend der Fall, keine schlüssige Begründung für die beabsichtigte Regulierung angeführt werden kann. Es ist daher mehr als fraglich, weshalb sämtliche Finanzdienstleister, die in irgendeiner Weise das Vermögensverwaltungsgeschäft in der Schweiz ausüben, gleich reguliert werden sollen, wenn dies gängigen Finanzmarkttheorien zuwiderläuft, aber vor allem, wenn Banken prudentiell beaufsichtigt werden, weil sie im Kerngeschäft Publikumseinlagen entgegennehmen und nicht, weil sie das Vermögensverwaltungsgeschäft betreiben. Es wäre sehr zu begrüssen, wenn im derzeitigen Gesetzgebungsprozess einen Moment inne gehalten und reflektiert würde, ob im Zuge der Finanzkrise nicht übereilt reguliert wurde und eine punktuelle Anpassung der bestehenden Finanzmarktgesetze, insbesondere mit Blick auf die Rechtssicherheit, eine Alternative darstellen würde. Da wohl niemand die Verantwortung für den Abbruch des Gesetzgebungsverfahrens zu tragen bereit ist und das FinfraG bereits per Anfang dieses Jahres in Kraft gesetzt wurde, dürfte es beim Wunschdenken bleiben. FIDLEG und FINIG werden somit voraussichtlich in absehbarer Zukunft Realität. Deren konkrete Ausgestaltung ist jedoch noch ungewiss, namentlich in Bezug auf die Unterstellung der Vermögensverwalter unter eine prudentielle Aufsicht. Für den Fortgang des Gesetzgebungsprozesses darf die Empfehlung abgegeben werden, dass künftig doch wieder vermehrt Schweizer Staatsgrundsätzen sowie allgemein anerkannten Finanzmarkttheorien Beachtung geschenkt und nicht den für hiesige Verhältnisse unpassenden internationalen Standards nachgeeifert oder sogar vorausgeeilt wird. Es bleibt zu hoffen, dass den in vorliegender Arbeit genannten Prinzipien Rechnung getragen und für KMU-Finanzdienstleister eine massvolle, branchennahe und flexible Regulierung ausgearbeitet wird, sodass diese auch in Zukunft ihre Kleinkunden wie gewohnt individuell betreuen können. Schliesslich wäre der Gesetzgeber wohl gut beraten, folgender Frage nachzugehen: Wollen Kleinkunden überhaupt geschützt werden, insbesondere wenn ihnen dadurch zusätzliche Kosten erwachsen?

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VERZEICHNISSE Abkürzungsverzeichnis Abb.

Abbildung

Abs.

Absatz

AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Art.

Artikel

AuA

Assets under Advisory

Aufl.

Auflage

AuM

Assets under Management

BankG

Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 (Bankengesetz, BankG)

BBl

Bundesblatt

BEHG

Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 (Börsengesetz, BEHG)

BGE

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts

BPV

Bundesamt für Privatversicherungen

Bst.

Buchstabe

bzw.

beziehungsweise

CEO

Chief Executive Officer

Diss.

Dissertation

EBK

Eidgenössische Bankenkommission EBK

EDV

Elektronische Datenverarbeitung

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

et al.

Et alii (und andere)

ETF

Exchange Traded Fund

EU

Europäische Union

f. / ff.

folgende / fortfolgende

FIDLEG

Entwurf des Bundesgesetzes über die Finanzdienstleistungen vom 4. November 2015 (Finanzdienstleistungsgesetz, FIDLEG)

FinfraG

Bundesgesetz über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel vom 19. Juni 2015 (Finanzmarktinfrastrukturgesetz, FinfraG)

FINIG

Entwurf des Bundesgesetzes über die Finanzinstitute vom 4. November 2015 (Finanzinstitutsgesetz, FINIG)

62

FINMA

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht

FINMAG

Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht vom 22. Juni 2007 (Finanzmarktaufsichtsgesetz, FINMAG)

FINMA-RS

FINMA-Rundschreiben

FINRA

Financial Industry Regulatory Authority

GesKR

Gesellschaft- und Kapitalmarktrecht

GwG

Bundesgesetz über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor vom 10. Oktober 1997 (Geldwäschereigesetz)

Hrsg.

Herausgeber

HWZ

Hochschule für Wirtschaft Zürich

i.S.v.

im Sinne von

i.V.m.

in Verbindung mit

IPRG

Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (IPRG)

IT

Information Technology

k.A.

keine Angabe

KAG

Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen vom 23. Juni 2006 (Kollektivanlagengesetz, KAG)

KIID

Key Investor Information Document

KMU

kleine und mittlere Unternehmen

Kst GwG

Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei

LCH LugÜ

Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 1. Januar 2011 (Lugano-Übereinkommen, LugÜ).

MiFID

Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145 vom 30. April 2004, 1)

MiFID II

Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12. Juni 2014, 34)

Mio.

Million(en)

Mrd.

Milliarde(n)

N

(Rand-)Note

NASDAQ

National Association of Securities Dealers Automatic Quotation

OR

Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30. März 1911 (OR)

63

RFA

Regulierungsfolgenabschätzung

RKA

Regulierungskostenabschätzung

Rz.

Randziffer

sgv

Schweizer Gewerbeverband

SIF

Staatssekretariat für internationale Finanzfragen

SJZ

Schweizerische Juristen-Zeitung

SKS

Stiftung für Konsumentenschutz

sog.

sogenannt

SRO

Selbstregulierungsorganisation

SZW

Schweizerische Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzmarktrecht

Tab.

Tabelle

VAG

Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen vom 17. Dezember 2004 (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG)

VALIDITAS

Fachverband Schweizer Finanzdienstleister

vgl.

vergleiche

WAK-S

Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates

ZHAW

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

Ziff.

Ziffer

zit.

zitiert

64

Literatur- und Quellenverzeichnis Literatur AELLEN MARCEL, „Braucht es wirklich neue Regeln?“, in: Finanz und Wirtschaft vom 31. Januar 2015, 13 ATTESLANDER PETER, Methoden der empirischen Sozialforschung, 11. Aufl., Berlin 2006 BAMERT MARKUS, „Regulierung des Finanzmarkts“, in: NZZ vom 5. September 2014, 20 BÖCKLI PETER, Audit Committee, Zürich/Basel/Genf 2005 BOHRER ANDREAS/HARSCH SEBASTIAN/ITO ANDREAS/ABEGGLEN SANDRO/JUTZI THOMAS/SULZER STEFAN, in: Vogt Hans-Ueli (Hrsg.), Finanzmarktrecht, Entwicklungen 2010, Bern 2011 BÜRKI KRONENBERG FRED/GERBER DAVID, EU-Finanzmarktregulierung und Wirkungen auf die Schweiz, Die Volkswirtschaft 10 (2012) 16 ff. EICHHORN ALEXANDER, Kollektive Kapitalanlagen für qualifizierte Anlegerinnen und Anleger nach dem Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG), Diss. Zürich/St. Gallen 2014 Eidgenössische Bankenkommission, Jahresbericht 2004, Bern (zit. EBK-Jahresbericht 2004) EMMENEGGER SUSAN/GOOD RAHEL, Kundenschutz in der Vermögensverwaltung und Anlageberatung, in: Zobl Dieter/Giovanoli Mario/Weber Rolf H./Sethe Rolf (Hrsg.), Kundenschutz im Finanzmarktrecht kontrovers diskutiert, Zürich/Basel/Genf 2013, 85 ff. FERBER MICHAEL, „Kundenschutz unter Beschuss“, in: NZZ vom 11. Februar 2016, 31 (zit. FERBER, NZZ – Kundenschutz unter Beschuss) FERBER MICHAEL, „„Nachteile für Sparer““, in: NZZ vom 12. März 2015, 31 (zit. FERBER, NZZ – Nachteile) FERBER MICHAEL, „Kundenschutz falsch gemacht“, in: NZZ vom 28. Juni 2014, 35 (zit. FERBER, NZZ – Kundenschutz falsch gemacht) FERBER MICHAEL, „Die drohende Entmündigung der Anleger und Sparer“, in: NZZ vom 27. April 2013, 25 (zit. FERBER, NZZ – Entmündigung) FRIZ ENRICO, „Schutz – oder blosse Bevormundung“, in: Handelszeitung vom 16. Oktober 2014, 87 GOMBER PETER, CHLISTALLA MICHAEL, MARKUS GSELL, PUJOL GREGOR, STEENBERGEN JAN, Umsetzung der MiFID in Deutschland, Norderstedt 2007 GRUNDLEHNER W ERNER, „Ein Sterben – aber keine Schrumpfen“, in: NZZ, 11. Dezember 2015, 31 GYSI BEAT/SCHWAB FLORIAN, „Die Bürokratie lebt“, in: Die Weltwoche vom 5. November 2015, 36

65

HÄFELIN ULRICH/HALLER W ALTER/KELLER HELEN, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 8. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2012 JANSSEN MARTIN, „Zwischen Monstrum und Kundenschutz“, in: NZZ vom 26. Juni 2013, 8. JANSSEN MARTIN/KOCHER DAVID, Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen (Finanzdienstleistungsgesetz, FIDLEG) – Gutachten zu ausgewählten Aspekten aus ökonomischer Sicht, 2. Juli 2014 KÄHR MICHEL, Der Kampf um den Gerichtsstand – Forum Shopping im internationalen Verfahrensrecht der Schweiz, Diss. Zürich/St. Gallen 2010 KOCHER DAVID, Der Kundenschutz bei der Vermögensverwaltung – Ein Vergleich der „Markets in Financial Instruments Directive“ (MiFID) mit den relevanten Bestimmungen in der Schweiz aus Sicht der ökonomischen Regulierungstheorie, Diss. Zürich 2010 KUNZ PETER V., „„Sinn und „Unsinn der Kleeblattreform““, in: NZZ vom 12. September 2014, 21 KUNZ PETER V., Braucht es eine neue Architektur des Finanzmarktrechts für die Schweiz? Die Volkswirtschaft 7/8 (2014) 18 ff. LÜSCHER-MARTY MAX, Portfoliomanagement, technische Analyse und Behavioral Finance, Zürich 2015 MAYER HORST O., Interview und schriftliche Befragung, 2. Aufl., München 2004 NOBEL PETER, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 2. Aufl., Bern 2004 ROTH DANIEL, Bereinigte Architektur des Finanzmarktrechts, Die Volkswirtschaft 7/8 (2014) 10 ff. RÜEGSEGGER ANITA, „Anlegerschutz auf Abwegen“, in: St. Galler Tagblatt vom 19. Januar 2015, 2 SANDMEIER DANIEL, „Regeln als Chance“, in: NZZ, vom 15. Mai 2013, 64 SCHLEIFFER PATRICK/SCHÄRLI PATRICK, Ein Überblick über das künftige Finanzdienstleistungsgesetz und Finanzinstitutsgesetz, GesKR 3 (2014) 334 ff. SCHOOP ADRIAN, Kundensegmentierung am Point of Sale – Zivil- und aufsichtsrechtliche Verhaltensregeln für in der Schweiz und in der EU tätige Finanzdienstleister, Diss. Zürich/ St. Gallen 2014 TRAUTMANN MATTHIAS/VON DER CRONE HANS CASPAR, Die Know-Your-Customer-Rule im Vermögensverwaltungsauftrag, in: Zobl Dieter/Giovanoli Mario/Weber Rolf H./Sethe Rolf (Hrsg.), Kundenschutz im Finanzmarktrecht kontrovers diskutiert, Zürich/Basel/Genf 2013, 85 ff.

66

VALDA ANDREAS, „Fidleg: Wirtschaftskommission ignoriert Gesetz“, in: Tages-Anzeiger, 14. März 2016, 9 (zit. VALDA, Tages-Anzeiger – Wirtschaftskommission) VALDA ANDREAS, „Mehr Schutz für Finanzkunden heiss umstritten“, in: Tages-Anzeiger, 8. März 2013, 39 (zit. VALDA, Tages-Anzeiger – Finanzkunden) VETTERLI MARTIN, „Manche kann man nicht vor ihrer Gier schützen“, Beobachter 21 (2014) 34 ff. W IESENDANGER CHRISTIAN, „Kundenschutz Gefahr der Bevormundung“, in: Handelszeitung vom 27. März 2014, 17 W YSS THOMAS, „„FIDLEG wird von gewissen Stimmen zu pessimistisch beurteilt““, in: Finanz und Wirtschaft vom 1. Oktober 2014, 9 ZULAUF DANIEL, „Die Schweizer sind keine Finanz-Analphabeten“, in: Basler Zeitung vom 23. Februar 2015, 28

Materialien Botschaft zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) vom 4. November 2015 (BBl 2015 8901 ff.) (zit. Botschaft zum FIDLEG/FINIG) Botschaft zum Finanzmarktinfrastrukturgesetz (Finfrag) vom 3. September 2014 (BBl 7483 ff.) (zit. Botschaft zum FinfraG) Botschaft zum Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finanzmarktaufsichtsgesetz, FINMAG) vom 1. Februar 2006 (BBl 2829 ff.) (zit. Botschaft zum FINMAG) EFD, Regulierungsfolgenabschätzung zum Finanzdienstleistungsgesetz FIDLEG und zum Finanzinstitutsgesetz FINIG, Bern, 4. November 2015 (zit. RFA FIDLEG/FINIG) EFD, Bericht des Eidgenössischen Finanzdepartements über die Vernehmlassungsergebnisse zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG), Bern, 13. März 2015 EFD, Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen (FIDLEG) – Bundesgesetz über die Finanzinstitute (FINIG) – Erläuternder Bericht zur Vernehmlassungsvorlage, Bern, 25. Juni 2014 (zit. EFD, Erläuternder Bericht zur Vernehmlassungsvorlage) EFD, Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG), Stossrichtungen möglicher Regulierung, Bern, 18. Februar 2013 (zit. EFD, Hearingbericht) Entwurf zum Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen (Finanzdienstleistungsgesetz, FIDLEG) (BBl 2015 9093 ff.) (zit. FIDLEG) Entwurf zum Bundesgesetz über die Finanzinstitute (Finanzinstitutsgesetz, FINIG) (BBl 2015 9139 ff.) (zit. FINIG)

67

Expertenkommission Zimmerli, Erweiterung der prudentiellen Aufsicht (Folgearbeiten zum Schlussbericht der Expertengruppe Finanzmarktaufsicht; Bericht Zuffrey, III. Teilbericht), Februar 2005 (zit. Expertenkommission Zimmerli) Expertenkommission Zufferey, Finanzmarktregulierung und -aufsicht in der Schweiz (Banken, Versicherungen, Allfinanz und Finanzkonglomerate, andere Finanzdienstleistungen), Schlussbericht November 2000 (zit. Expertenkommission Zufferey) FINMA, Regulierung der Produktion und des Vertriebs von Finanzprodukten („FINMAPositionspapier Vertriebsregeln“), Bern, 24. Februar 2012 FINMA, Regulierung der Produktion und des Vertriebs von Finanzprodukten an Privatkunden (Bericht über die Anhörung vom 10. November 2010 bis 2. Mai 2011 zum „FINMAVertriebsbericht“ vom Oktober 2010 („Anhörungsbericht Vertriebsregeln“), Bern, 24. Februar 2012 FINMA, Regulierung von Produktion und Vertrieb von Finanzprodukten an Privatkunden – Stand, Mängel und Handlungsoptionen („FINMA-Vertriebsbericht 2010“), Bern, Oktober 2010 (zit. FINMA-Vertriebsbericht 2010) FINMA, Madoff-Betrug und Vertrieb von Lehman-Produkten, Auswirkungen auf das Anlageberatungs- und Vermögensverwaltungsgeschäft, Bern, 2. März 2010 (zit. FINMA, Madoff-Betrug und Vertrieb von Lehman-Produkten) Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Regulierungskostenanalyse zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) im Bereich „Dokumentation und Rechenschaft“ vom 10. Juli 2015 (zit. RKA FIDLEG) Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Regulierungskostenanalyse zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) vom 28 Februar 2014 (zit. RKA FINIG)

Internet AXA Investment Managers Schweiz AG, „Finanzwissen der Schweizer Wohnbevölkerung“, 29. Januar 2015. URL: (29.10.2015) Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz, „Lehrplan 21 – Fragen und Antworten“ (11.03.2016) Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, „FINMA informiert über Fall ASE Investment“, 14. Mai 2012. URL: (11.03.2016) Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S), Medienmitteilung „Eintretensdebatte zu FIDLEG und FINIG abgeschlossen“, 17. Februar 2016. URL: (25. Februar 2016) LCH Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, „Vorteile einer Mitgliedschaft beim LCH“, 2016. URL: (12.02.2016)

68

LUSARDI ANNAMARIA/MITCHELL OLIVIA S., „The Economic Importance of Financial Literacy: Theory and Evidence“, 2014. URL: (13.02.2016) Schweizerischer Gewerbeverband, „Positionspapier Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLGEG) und Finanzinstitutsgesetz (FINIG)“, 3. Februar 2016, URL: (11.03.2016) Schweizerischer Gewerbeverband sgv, „Vernehmlassungsantwort Finanzdienstleistungsgesetz und Finanzinstitutsgesetz“, 17. Oktober 2014. URL: (14.02.2016) Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Regulierungsfolgenabschätzung (RFA). URL: (17.02.2016) Raaflaub Patrick, „Die Schweiz darf nicht zum Kundenschutz-Entwicklungsland werden“, Point de Presse, 24. Februar 2012. URL: (24. Januar 2016)

69

Anhangverzeichnis ANHANG A:

Fragebogen für Umfrage bei den Mitgliedern von VALIDITAS

72

ANHANG B:

Interviewleitfaden für die Experteninterviews

82

ANHANG C:

Transkript des Interviews mit Max Cotting

91

ANHANG D:

Transkript des Interviews mit Michael Ferber

ANHANG E:

Transkript des Interviews mit Theodor Härtsch

101

und Dr. iur Alexander Eichhorn

110

ANHANG F:

Transkript des Interviews mit Prof. Dr. oec. Martin Janssen

127

ANHANG G:

Transkript des Interviews mit Dr. iur. Martin Neese

138

ANHANG H:

Transkript des Interviews mit Henrique Schneider

150

ANHANG I:

Transkript des Interviews mit Dr. iur. Thomas Spahni

160

ANHANG J:

Transkript des Interviews mit Sara Stalder

174

ANHANG K:

Transkript des Interviews mit Marcel Wendelspiess

184

ANHANG L:

Transkript des Interviews mit Beat W. Zemp

198

70

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Experteninterviews – pro/contra FIDLEG/FINIG

37

Abbildung 2: Geschäftstätigkeit der Umfrageteilnehmer nach Kategorie

37

Tabellenverzeichnis Tabelle 1:

Übersicht über die von der Verfasserin geführten Experteninterviews

35

Tabelle 2:

Anzahl Mitarbeitende der Unternehmen der Umfrageteilnehmer

38

Tabelle 3:

Assets under Management der Unternehmen der Umfrageteilnehmer

38

Tabelle 4:

Assets under Advisory der Unternehmen der Umfrageteilnehmer

38

Tabelle 5:

Bilanzsumme der Unternehmen der Umfrageteilnehmer

38

71

EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG Ich bestätige hiermit, dass ich  die vorliegende Thesis selbständig, ohne Mithilfe Dritter und nur unter Benützung der angegebenen Quellen und Hilfsmittel anfertigte,  die benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich als solche kenntlich machte,  diese Arbeit in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner Prüfungskommission vorlegte.

Ort und Datum

Unterschrift

Bern, 8. April 2016

___________________________

72

ANHANG A Umfrage276 Masterarbeit zum Thema: Kleinkunden im Lichte des geplanten Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) und Finanzinstitutsgesetzes (FINIG)

Informationen zur Masterarbeit Ich verfasse die besagte Arbeit im Rahmen des Studiengangs MAS Banking & Finance an der Zürcher Fachhochschule – HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich. Die HWZ verlangt, dass sich Masterarbeiten grundsätzlich aus einem theoretischen und einem empirischen Teil zusammensetzen. Der empirische Teil meiner Arbeit wird aus dieser Umfrage, mehreren Fachinterviews und einem Literaturvergleich bestehen. Damit ich das Meinungsspektrum der KMU-Finanzdienstleister in der Schweiz sowie die Stimmung in der Branche bezüglich der geplanten Finanzmarktregulierung umfassend aufzeigen kann, bin ich massgeblich auf Ihren Beitrag angewiesen. Die zentralen Fragestellungen, die ich im Zuge der Masterarbeit untersuche, sind: − Wird das FIDLEG positive Auswirkungen auf Kleinkunden haben, oder sind Marktverzerrungen zu erwarten? − Wird der Anlegerschutz von Kleinkunden durch die Unterstellung der KMUFinanzdienstleister unter eine prudentielle Aufsicht gemäss FINIG verbessert? − Wird der Anlegerschutz von Kleinkunden mit FIDLEG und FINIG insgesamt verbessert?

Kontakt Für Fragen, Anregungen und Meinungsaustausch stehe ich Ihnen sehr gerne zur Verfügung unter: Handy (privat): Tel. (Geschäft):

— 031 / 327 92 73

E-Mail:

[email protected] [email protected]

Adresse:



Der Vollständigkeit halber möchte ich offen legen, dass ich bei der FINMA in der Abteilung Bewilligungen im Geschäftsbereich Banken arbeite. Die Masterarbeit verfasse ich jedoch unabhängig von meiner beruflichen Tätigkeit.

276

Der Fragebogen wurde als ausfüllbares Pdf-Formular versandt.

73

Anonymität Die Umfrage ist anonym. Die Rückmeldungen, welche ich per E-Mail erhalte, werden nicht den Fragebögen zugwiesen und die ausgefüllten Fragebögen werden zu keinem Zeitpunkt Dritten offen gelegt, auch nicht Dozenten/Mitgliedern der Studienleitung der HWZ oder Mitarbeitenden/Vorgesetzten meines Arbeitgebers, der FINMA. Zur Wahrung vollständiger Anonymität kann der Fragebogen postalisch an die hiervor genannte Adresse gesendet werden.

Rücksendung Für eine Rücksendung des Fragebogens – idealerweise bis 1. Februar 2016 – wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Aufbau Fragebogen Der Fragebogen besteht aus 50 Fragen und gliedert sich in folgende Themenbereiche: Angaben zu Ihrem Unternehmen, Kleinanleger, Anlegerschutz, Verhaltensregeln, Organisation, Beraterregister, Produktdokumentation, Ombudsstelle, Regulierungskosten und EUMarktzugang.

Ausfüllen des Fragebogens Das Ausfüllen des Fragebogens dauert je nach Detaillierungsgrad rund 20 bis 30 Minuten. Wichtig: Der Fragebogen ist sehr ausführlich und enthält viele Detailfragen. Wenn Sie zu Fragen keine Antwort abzugeben haben, so lassen Sie diese bitte aus und gehen zur nächsten Frage. Bitte retournieren Sie den Fragebogen auch dann, wenn Sie nur wenige Fragen oder nur die Auswahlfragen beantwortet haben. Der Fragebogen wird idealerweise mittels dieses elektronischen Pdf-Formulars ausgefüllt. Hierzu speichern Sie den Fragebogen bitte als erstes ab. So können Sie den Fragebogen auch in mehreren Schritten ausfüllen. Der Fragebogen kann auch ausgedruckt und von Hand ausgefüllt werden. Der Lesbarkeit wegen wird in der Folge ausschliesslich die männliche Form verwendet, gemeint ist jedoch immer auch die weibliche.

Vielen Dank für Ihre sehr geschätzte Unterstützung!! ***

74

Angaben zu Ihrem Unternehmen 1.

Zu welcher Kategorie gehört Ihr Unternehmen? 

Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen gemäss KAG



Vermögensverwalter



Vermögensberater



Versicherungsvermittler

Sonstiges: 2.

Welche Dienstleistungen erbringt Ihr Unternehmen?

3.

Welche Produkte bietet Ihr Unternehmen an?

4.

Anzahl Mitarbeitende in Vollzeitstellen sog. FTEs:

5.

Bilanzsumme (grob):

6.

Verwaltete Vermögen/Assets under Management und/oder Assets under Advisory (grob): Assets under Management: Assets under Advisory:

7.

Ist Ihr Unternehmen für oder gegen die vom Bundesrat am 4. November 2015 dem Parlament unterbreiteten Gesetzesentwürfe FIDLEG277 und FINIG278?  dafür

 dagegen

Kleinanleger 8.

Bis zu welcher Anlagesumme in CHF gilt ein privater Kunde in Ihrem Unternehmen als Kleinkunde? max. CHF:

277 Entwurf zum Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen vom 4. November 2015 (Finanzdienstleistungsgesetz, FIDLEG). 278 Entwurf zum Bundesgesetz über die Finanzinstitute vom 4. November 2015 (Finanzinstitutsgesetz, FINIG).

75

9.

Wird Ihr Unternehmen unter FIDLEG und FINIG Kleinkunden weiterhin bedienen oder werden diese vom Beratungsprozess ausgeschlossen?  keine Änderung zu heute

 Ausschluss vom Beratungsprozess

10. Wenn Sie Frage 9 mit „keine Änderung zu heute“ beantwortet haben: Welches sind die Gründe dafür, dass Ihr Unternehmen Kleinkunden unter FIDLEG und FINIG nicht vom Beratungsprozess ausschliessen wird? Wenn Sie Frage 9 mit „Ausschluss vom Beratungsprozess“ beantwortet haben: Welches sind die Gründe für den Ausschluss der Kleinkunden aus dem Beratungsprozess durch Ihr Unternehmen unter FIDLEG und FINIG? 11. Wie schätzen Sie die Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) der Kleinkunden Ihres Unternehmens ein?  gut

 mittelmässig

 schlecht

12. Hat der von FIDLEG und FINIG gewünschte Anlegerschutz positive oder negative Auswirkungen auf die Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) der Kleinkunden Ihres Unternehmens?  positive Auswirkungen

 negative Auswirkungen

13. Wenn Sie Frage 12 mit „positive Auswirkungen“ beantwortet haben: Welches sind die positiven Auswirkungen des von FIDLEG und FINIG gewünschten Anlegerschutzes auf die Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) der Kleinkunden Ihres Unternehmens? Wenn Sie Frage 12 mit „negative Auswirkungen“ beantwortet haben: Welches sind die negativen Auswirkungen des von FIDLEG und FINIG gewünschten Anlegerschutzes auf die Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) der Kleinkunden Ihres Unternehmens? 14. Hat der von FIDLEG und FINIG gewünschte Anlegerschutz positive oder negative Auswirkungen auf die Eigenverantwortung der Kleinkunden Ihres Unternehmens?  positive Auswirkungen

 negative Auswirkungen

15. Wenn Sie Frage 14 mit „positive Auswirkungen“ beantwortet haben: Welches sind die positiven Auswirkungen des von FIDLEG und FINIG gewünschten Anlegerschutzes auf die Eigenverantwortung der Kleinkunden Ihres Unternehmens? Wenn Sie Frage 14 mit „negative Auswirkungen“ beantwortet haben: Welches sind die negativen Auswirkungen des von FIDLEG und FINIG gewünschten Anlegerschutzes auf die Eigenverantwortung der Kleinkunden Ihres Unternehmens?

76

Anlegerschutz 16. Was verstehen Sie unter dem Begriff Anlegerschutz? 17. Muss Ihrer Meinung nach der Anlegerschutz von Kleinkunden in der Schweiz gestärkt werden?  ja

 nein

18. Wenn Sie Frage 17 mit „ja“ beantwortet haben: Welches sind die Gründe dafür, dass der Anlegerschutz von Kleinkunden in der Schweiz gestärkt werden muss? Wenn Sie Frage 17 mit „nein“ beantwortet haben: Welches sind die Gründe dafür, dass der Anlegerschutz von Kleinkunden in der Schweiz nicht gestärkt werden muss? 19. Wird der Anlegerschutz von Kleinkunden durch die Unterstellung der KMU-Finanzdienstleister unter eine prudentielle (d.h. vollumfängliche und dauernde) Aufsicht (i.d.R. durch die FINMA) gemäss FINIG gestärkt?  ja

 nein

20. Wenn Sie Frage 19 mit „ja“ beantwortet haben: Wie stärkt eine prudentielle (d.h. vollumfängliche und dauernde) Aufsicht (i.d.R. durch die FINMA) der KMU-Finanzdienstleister gemäss FINIG den Anlegerschutz von Kleinkunden? Wenn Sie Frage 19 mit „nein“ beantwortet haben: Weshalb stärkt eine prudentielle (d.h. vollumfängliche und dauernde) Aufsicht (i.d.R. durch die FINMA) der KMUFinanzdienstleister gemäss FINIG den Anlegerschutz von Kleinkunden nicht? 21. Ist folgende These richtig oder falsch? Kleinkunden werden unter FIDLEG und FINIG nur noch von grösseren Banken bzw. Grossbanken bedient, weil es sich aufgrund der gestiegenen Regulierungskosten (Beratungskosten in Prozent des Anlagevermögens) für KMU-Finanzdienstleister nicht mehr lohnen wird Kleinkunden zu bedienen. Aus denselben Kostenüberlegungen werden diese Banken den Kleinkunden nur noch Standardprodukte anbieten.  richtig

 falsch

22. Weshalb ist die in Frage 21 genannte These richtig bzw. falsch? 23. Wenn Sie Frage 21 mit „richtig“ beantwortet haben: Wenn Kleinkunden unter FIDLEG und FINIG nur noch mit Standardprodukten bedient werden, heisst das, dass jene Anleger, welche am meisten Beratung benötigen, nicht mehr umfassend bedient werden?  ja

 nein

77

24. Nach geltendem Recht werden die verschiedenen Finanzdienstleister auf dem Schweizer Finanzmarkt unterschiedlich stark reguliert und beaufsichtigt. Das FINIG will eine einheitliche Beaufsichtigung sog. „Level playing field“ bzw. „gleich lange Spiesse“ für alle Beaufsichtigten schaffen.279 Ist eine einheitliche Beaufsichtigung („Level playing field“ bzw. „gleich lange Spiesse“) unter dem Blickwinkel des Anlegerschutzes für Kleinkunden für alle Schweizer Finanzdienstleister sinnvoll?  ja

 nein

25. Wenn Sie Frage 24 mit „ja“ beantwortet haben: Weshalb ist eine einheitliche Beaufsichtigung („Level playing field“ bzw. „gleich lange Spiesse“) für alle Schweizer Finanzdienstleister gemäss FINIG unter dem Blickwinkel des Anlegerschutzes für Kleinkunden sinnvoll? Wenn Sie Frage 24 mit „nein“ beantwortet haben: Weshalb ist eine einheitliche Beaufsichtigung („Level playing field“ bzw. „gleich lange Spiesse“) für alle Schweizer Finanzdienstleister gemäss FINIG unter dem Blickwinkel des Anlegerschutzes für Kleinkunden nicht sinnvoll?

Verhaltensregeln 26. Gemäss Art. 8 ff. FIDLEG müssen die Schweizer Finanzdienstleister aufsichtsrechtliche Verhaltensregeln (Informationspflichten, Angemessenheits- oder Eignungsprüfung, Dokumentations- und Rechenschaftsvorschriften sowie Transparenz- und Sorgfaltspflichten) einhalten. Begrüsst Ihr Unternehmen die neu explizit im FIDLEG genannten Verhaltensregeln insbesondere hinsichtlich des Anlegerschutzes von Kleinkunden, welche sich gemäss heutiger Praxis namentlich aus der Sorgfalts- und Treuepflicht des Auftragsrechts (Art. 398 OR280) ergeben?  ja

 nein

27. Wenn Sie Frage 26 mit „ja“ beantwortet haben: Weshalb begrüsst Ihr Unternehmen die explizite Statuierung der Verhaltensregeln im FIDLEG insbesondere hinsichtlich des Anlegerschutzes von Kleinkunden? Wenn Sie Frage 26 mit „nein“ beantwortet haben: Weshalb lehnt Ihr Unternehmen die explizite Statuierung der Verhaltensregeln im FIDLEG insbesondere hinsichtlich des Anlegerschutzes von Kleinkunden ab?

279

Botschaft zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) vom 4. November 2015, 22. 280 Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 30. März 1911 (Obligationenrecht, OR).

78

28. Werden Kleinkunden gemäss den Verhaltensregeln nach FIDLEG auch unter der künftigen Gesetzgebung alle Finanzprodukte über Ihr Unternehmen kaufen können oder wird es Finanzprodukte geben, welche Ihr Unternehmen Kleinkunden nicht mehr wird verkaufen dürfen? 29. Wird die Einhaltung der Verhaltensregeln nach FIDLEG einen finanziellen Mehraufwand für Ihr Unternehmen zur Folge haben?  ja

 nein

30. Wenn Sie Frage 29 mit „ja“ beantwortet haben: Wie hoch schätzen Sie diesen zusätzlichen finanziellen Mehraufwand für die Einhaltung der Verhaltensregeln gemäss FIDLEG pro Kunde in Prozent? %: 31. Wenn Sie Frage 29 mit „ja“ beantwortet haben: Welche Verhaltensregeln gemäss FIDLEG schätzen Sie als die massgeblichen Kostentreiber in Ihrem Unternehmen ein?

Organisation 32. Art. 23 FIDLEG regelt die angemessene Organisation wie folgt: „Finanzdienstleister stellen durch interne Vorschriften und eine angemessene Betriebsorganisation die Erfüllung der Pflichten aus diesem Gesetz sicher“ (ähnlich: Art. 8 Abs. 1 und 2 FINIG). Einzelheiten dürften in den Verordnungen zum FIDLEG und FINIG geregelt werden. Wie wird Ihr Unternehmen die angemessene Betriebsorganisation unter FIDLEG/FINIG voraussichtlich ausgestalten? 33. Nach Art. 25 FIDLEG bzw. Art. 13 Abs. 1 FINIG werden Finanzdienstleister Dritte für die Erbringung von Finanzdienstleistungen beiziehen können. Wird Ihr Unternehmen von dieser Outsourcingmöglichkeit gemäss FIDLEG/FINIG Gebrauch machen?  ja

 nein

34. Wenn Sie Frage 33 mit „ja“ beantwortet haben: Welche Tätigkeiten bzw. Dienstleistungen wird Ihr Unternehmen auslagern, um eine angemessene Betriebsorganisation gemäss Art. 23 FIDLEG bzw. Art. 13 Abs. 1 FINIG sicherzustellen? Wenn Sie Frage 33 mit „nein“ beantwortet haben: Weshalb wird Ihr Unternehmen nicht von der Outsourcingmöglichkeit gemäss Art. 23 FIDLEG bzw. Art. 13 Abs. 1 FINIG Gebrauch machen?

79

Beraterregister 35. Erachtet Ihr Unternehmen das nach Art. 30 ff. FIDLEG vorgesehene Beraterregister in Bezug auf den mit FIDLEG beabsichtigten Anlegerschutz von Kleinkunden als sinnvoll?  ja

 nein

36. Wenn Sie Frage 35 mit „ja“ beantwortet haben: Weshalb erachtet Ihr Unternehmen das Beraterregister gemäss Art. 30 ff. FIDLEG in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinkunden als sinnvoll? Wenn Sie Frage 35 mit „nein“ beantwortet haben: Weshalb erachtet Ihr Unternehmen das Beraterregister gemäss Art. 30 ff. FIDLEG in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinkunden als nicht sinnvoll? 37. In welchem Verhältnis stehen Kosten und Nutzen des vorgesehenen Beraterregisters für Ihr Unternehmen, insbesondere in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinkunden und die Registerführung durch eine Registrierungsstelle?  Nutzen grösser als Kosten  Kosten/Nutzen sind ausgeglichen  Kosten grösser als Nutzen

Produktdokumentation 38. Ist die nach Art. 37 ff. FIDLEG grundsätzlich vorgesehene Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines Prospekts für Effekten ein taugliches Instrument in Bezug auf den mit FIDLEG beabsichtigten Anlegerschutz von Kleinkunden?  ja

 nein

39. Wenn Sie Frage 38 mit „ja“ beantwortet haben: Weshalb dient der Prospekt gemäss Art. 37 ff. FIDLEG dem Anlegerschutz von Kleinkunden? Wenn Sie Frage 38 mit „nein“ beantwortet haben: Weshalb dient der Prospekt gemäss Art. 37 ff. FIDLEG nicht dem Anlegerschutz von Kleinkunden? 40. In welchem Verhältnis stehen Kosten und Nutzen der vorgesehenen Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines Prospekts für Effekten, insbesondere in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinkunden und der Prüfung des Prospekts durch eine Prüfstelle?  Nutzen grösser als Kosten  Kosten/Nutzen sind ausgeglichen  Kosten grösser als Nutzen

41. Ist das nach Art. 47 FIDLEG vorgesehene Basisinformationsblatt ein taugliches Instrument in Bezug auf den mit FIDLEG beabsichtigten Anlegerschutz von Kleinkunden?  ja

 nein

80

42. Wenn Sie Frage 41 mit „ja“ beantwortet haben: Weshalb dient das Basisinformationsblatt gemäss Art. 47 FIDLEG dem Anlegerschutz von Kleinkunden? Wenn Sie Frage 41 mit „nein“ beantwortet haben: Weshalb dient des Basisinformationsblatt gemäss Art. 47 FIDLEG nicht dem Anlegerschutz von Kleinkunden?

Ombudsstelle 43. Erachtet Ihr Unternehmen die nach Art. 80 FIDLEG vorgesehene Anschlusspflicht der KMU-Finanzdienstleister an eine Ombudsstelle hinsichtlich des Anlegerschutzes von Kleinkunden als sinnvoll?  ja

 nein

44. Wenn Sie Frage 43 mit „ja“ beantwortet haben: Weshalb erachtet Ihr Unternehmen die vorgesehene Anschlusspflicht für KMU-Finanzdienstleister an eine Ombudsstelle gemäss Art. 80 FIDLEG hinsichtlich des Anlegerschutzes von Kleinkunden als sinnvoll? Wenn Sie Frage 43 mit „nein“ beantwortet haben: Weshalb erachtet Ihr Unternehmen die vorgesehene Anschlusspflicht für KMU-Finanzdienstleister an eine Ombudsstelle gemäss Art. 80 FIDLEG bezüglich des Anlegerschutzes von Kleinkunden als nicht sinnvoll? 45. In welchem Verhältnis stehen Kosten und Nutzen der vorgesehenen Anschlusspflicht für Ihr Unternehmen an eine Ombudsstelle, insbesondere in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinkunden und die finanziellen Beiträge Ihres Unternehmens an die Ombudsstelle?  Nutzen grösser als Kosten  Kosten/Nutzen sind ausgeglichen  Kosten grösser als Nutzen

Regulierungskosten 46. Wie hoch schätzen Sie die einmaligen Regulierungskosten für Ihr Unternehmen in CHF für die Umsetzung von FIDLEG und FINIG (inkl. internen und externen Kosten)? CHF: 47. Wie hoch schätzen Sie die jährlich wiederkehrenden Regulierungskosten für Ihr Unternehmen in CHF unter FIDLEG und FINIG (inkl. internen und externen Kosten)? CHF: 48. Wird Ihr Unternehmen die Regulierungskosten in die Beratungsgebühren einfliessen lassen, sodass diese unter FIDLEG und FINIG steigen?  ja

 teilweise

 nein

81

49. Wenn Sie Frage 48 mit „ja“ oder „teilweise“ beantwortet haben: Um wieviel Prozent werden die Beratungsgebühren in Ihrem Unternehmen pro Kunde angehoben? %:

EU-Marktzugang 50. Benötigt Ihr Unternehmen Zugang zum EU-Markt?  ja

 nein ***

Möchten Sie noch etwas anfügen (beispielsweise Bemerkungen zu einzelnen Fragen) oder haben Sie sonstige Bemerkungen/ Anregungen?

Datum:

82

ANHANG B Interviewleitfaden Befragter Experte („B“): Institution, Sitz: Funktion: Interview geführt („I“): Ort und Datum: *** 1.

Sind Sie für oder gegen die vom Bundesrat am 4. November 2015 dem Parlament unterbreiteten Gesetzesentwürfe FIDLEG281 und FINIG282?  dafür

 dagegen

Kleinanleger 2.

Werden unter FIDLEG und FINIG Kleinanleger aus dem Beratungsprozess ausgeschlossen?  ja

3.

 nein

Wenn Frage 2 mit „ja“ beantwortet wurde: Welches sind die Gründe für den Ausschluss der Kleinanleger aus dem Beratungsprozess unter FIDLEG und FINIG? Wenn Frage 2 mit „nein“ beantwortet wurde: Welches sind die Gründe, dass Kleinanleger vom Beratungsprozess unter FIDLEG und FINIG nicht ausgeschlossen werden?

4.

Wenn Frage 2 mit „ja“ beantwortet wurde: Wird es Finanzinstitute geben, welche Kleinanleger auch unter FIDLEG und FINIG bedienen werden?  ja

5.

 nein

Wenn Frage 4 mit „ja“ beantwortet haben: Welche Finanzinstitute werden Kleinanleger auch unter FIDLEG und FINIG bedienen?

281 Entwurf zum Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen vom 4. November 2015 (Finanzdienstleistungsgesetz, FIDLEG). 282 Entwurf zum Bundesgesetz über die Finanzinstitute vom 4. November 2015 (Finanzinstitutsgesetz, FINIG).

83

6.

Wie schätzen Sie die Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) von privaten Kleinanlegern in der Schweiz ein?  gut

7.

 schlecht

Gemäss der Botschaft des Bundesrats vom 4. November 2015 schätzt dieser die Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) von Kleinanlegern in der Schweiz grundsätzlich als nicht allzu hoch ein. Ist Regulierung die geeignete Massnahme um einer ungenügenden Financial Literacy zu begegnen?  ja

8.

 mittelmässig

 nein

Wenn Frage 7 mit „ja“ beantwortet wurde: Warum ist Regulierung die geeignete Massnahme um einer ungenügenden Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) zu begegnen? Wenn Frage 7 mit „ja“ beantwortet wurde: Wäre finanzielle Bildung eine denkbare Massnahme, um einer ungenügenden Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) zu begegnen? Wenn Frage 7 mit „nein“ beantwortet wurde: Welches sind geeignete Massnahmen zur Verbesserung der Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) der Schweizer Bevölkerung?

9.

Hat der von FIDLEG und FINIG gewünschte Anlegerschutz positive oder negative Auswirkungen auf Kleinanleger hinsichtlich deren Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz)?  positive Auswirkungen

 negative Auswirkungen

10. Wenn Frage 9 mit „positive Auswirkungen“ beantwortet wurde: Welches sind die positiven Auswirkungen des von FIDLEG und FINIG gewünschten Anlegerschutzes auf die Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) von Kleinanlegern? Wenn Frage 9 mit „negative Auswirkungen“ beantwortet wurde: Welches sind die negativen Auswirkungen des von FIDLEG und FINIG gewünschten Anlegerschutzes auf die Financial Literacy (finanzielle Allgemeinbildung bzw. Finanzkompetenz) von Kleinanlegern? 11. Hat der von FIDLEG und FINIG gewünschte Anlegerschutz positive oder negative Auswirkungen auf die Eigenverantwortung von Kleinanlegern?  positive Auswirkungen

 negative Auswirkungen

84

12. Wenn Frage 11 mit „positive Auswirkungen“ beantwortet wurde: Welches sind die positiven Auswirkungen des von FIDLEG und FINIG gewünschten Anlegerschutzes auf die Eigenverantwortung von Kleinanlegern? Wenn Frage 11 mit „negative Auswirkungen“ beantwortet wurde: Welches sind die negativen Auswirkungen des von FIDLEG und FINIG gewünschten Anlegerschutzes auf die Eigenverantwortung von Kleinanlegern? Wenn Frage 11 mit „negativen Auswirkungen“ beantwortet wurde: Welche Rahmenbedingungen müssten geschaffen werden, damit Kleinanlegern unter FIDLEG und FINIG Eigenverantwortung zukommen kann?

Anlegerschutz 13. Muss der Anlegerschutz von Kleinanlegern in der Schweiz gestärkt werden?  ja

 nein

14. Wenn Frage 13 mit „ja“ beantwortet wurde: Welches sind die Gründe dafür, dass der Anlegerschutz von Kleinanlegern in der Schweiz gestärkt werden muss? Wenn Frage 13 mit „nein“ beantwortet wurde: Welches sind die Gründe dafür, dass der Anlegerschutz von Kleinanlegern in der Schweiz ausreichend ist? 15. Wird der Anlegerschutz von Kleinanlegern durch die Unterstellung der KMU-Finanzdienstleister unter eine prudentielle Aufsicht gemäss FINIG gestärkt?  ja

 nein

16. Wenn Frage 15 mit „ja“ beantwortet wurde: Wie stärkt eine prudentielle Aufsicht der KMU-Finanzdienstleister den Anlegerschutz von Kleinanlegern? Wenn Frage 15 mit „nein“ beantwortet wurde: Welches sind die Gründe dafür, dass der Anlegerschutz von Kleinanlegern durch die Unterstellung der KMU-Finanzdienstleister unter eine prudentielle Aufsicht gemäss FINIG nicht verbessert wird? 17. Ich unterbreite Ihnen folgende These: Kleinanleger werden unter FIDLEG und FINIG nur noch von grösseren Banken bzw. Grossbanken bedient, weil es sich aufgrund der gestiegenen Regulierungskosten (Beratungskosten in Prozent des Anlagevermögens) für KMU-Finanzdienstleister nicht mehr lohnen wird Kleinanleger zu bedienen. Aus denselben Kostenüberlegungen werden diese Banken den Kleinanlegern nur noch Standardprodukte anbieten. Ist diese These Ihrer Meinung nach richtig oder falsch?  richtig

 falsch

18. Weshalb ist die vorgenannte These richtig/ falsch?

85

19. Wenn Frage 17 mit „richtig“ beantwortet wurde: Wenn Kleinanleger unter FIDLEG und FINIG nur noch mit Standardprodukten bedient werden, heisst das, dass jene Anleger, die am meisten Beratung benötigen, nicht mehr (umfassend) bedient werden?  ja

 nein

20. Nach geltendem Recht werden die verschiedenen Finanzdienstleister auf dem Schweizer Finanzmarkt bekanntlich unterschiedlich stark reguliert und beaufsichtigt. Das FINIG will hingegen ein „Level playing field“ („gleich lange Spiesse“) für alle Beaufsichtigten schaffen.283 Ist ein Level playing field unter dem Blickwinkel des Anlegerschutzes für Kleinanleger für alle Schweizer Finanzdienstleister sinnvoll?  ja

 nein

21. Wenn Frage 20 mit „ja“ beantwortet wurde: Weshalb ist ein Level playing field gemäss FINIG unter dem Blickwinkel des Anlegerschutzes für Kleinanleger für alle Schweizer Finanzdienstleister sinnvoll? Wenn Frage 20 mit „nein“ beantwortet wurde: Weshalb ist ein Level playing field gemäss FINIG unter dem Blickwinkel des Anlegerschutzes für Kleinanleger für alle Schweizer Finanzdienstleister nicht sinnvoll? 22. Ist ein Level playing field für alle Schweizer Finanzdienstleister gemäss FINIG mit dem bundesstaatsrechtlichen Rechtsgleichheitsgrundsatz vereinbar, wonach „Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln“284 ist?  ja

 nein

23. Wenn Frage 22 mit „ja“ beantwortet wurde: Weshalb ist ein Level playing field gemäss FINIG für alle Schweizer Finanzdienstleister mit dem genannten bundesstaatsrechtlichen Rechtsgleichheitsgrundsatz vereinbar? Wenn Frage 22 mit „nein“ beantwortet wurde: Weshalb ist ein Level playing field gemäss FINIG für alle Schweizer Finanzdienstleister mit dem genannten bundesstaatsrechtlichen Rechtsgleichheitsgrundsatz nicht vereinbar?

283

Botschaft zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) vom 4. November 2015, 22. 284 HÄFELIN ULRICH/HALLER WALTER/KELLER HELEN, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 8. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2012, Rz. 752.

86

Verhaltensregeln 24. Gemäss Art. 8 ff. FIDLEG müssen die Schweizer Finanzdienstleister aufsichtsrechtliche Verhaltensregeln (Informationspflichten, Angemessenheits- oder Eignungsprüfung, Dokumentations- und Rechenschaftsvorschriften sowie Transparenz- und Sorgfaltspflichten) einhalten. Sind diese neu explizit im Gesetz genannten Verhaltensregeln im Vergleich zur heutigen Praxis, welche sich insbesondere aus der Sorgfalts- und Treuepflicht des Auftragsrechts (Art. 398 OR285) ergeben, in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinanlegern positiv oder negativ zu beurteilen?  positiv

 negativ

25. Wenn Frage 24 mit „positiv“ beantwortet wurde: Welche Verbesserungen sind im Vergleich zur heutigen Praxis hinsichtlich des Anlegerschutzes für Kleinanleger zu erwarten? Wenn Frage 24 mit „negativ“ beantwortet wurde: Welche Nachteile sind im Vergleich zur heutigen Praxis hinsichtlich des Anlegerschutzes für Kleinanleger zu erwarten? 26. Werden Kleinanleger gemäss den Verhaltensregeln nach FIDLEG auch unter der neuen Gesetzgebung alle Finanzprodukte über einen KMU-Finanzdienstleister kaufen können oder wird es Finanzprodukte geben, die ein KMU-Finanzdienstleister Kleinanlegern nicht mehr wird verkaufen dürfen? 27. Wird die Einhaltung der Verhaltensregeln nach FIDLEG einen finanziellen Mehraufwand für KMU-Finanzdienstleister zur Folge haben?  ja

 nein

28. Wenn Frage 27 mit „ja“ beantwortet wurde: Welche Verhaltensregeln schätzen Sie als die massgeblichen Kostentreiber ein? Wenn Frage 27 mit „ja“ beantwortet wurde: Wie schätzen Sie diesen finanziellen Mehraufwand ein?  hoch

 mittel

 gering

285 Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 30. März 1911 (Obligationenrecht, OR).

87

Organisation 29. Art. 23 FIDLEG regelt die angemessene Organisation wie folgt: „Finanzdienstleister stellen durch interne Vorschriften und eine angemessene Betriebsorganisation die Erfüllung der Pflichten aus diesem Gesetz sicher“ (ähnlich: Art. 8 Abs. 1 und 2 FINIG). Einzelheiten dürften in den Verordnungen zum FIDLEG und FINIG geregelt werden. Wie wird Ihrer Meinung nach die angemessene Betriebsorganisation eines KMU-Finanzdienstleisters unter FIDLEG/FINIG aussehen? 30. Nach Art. 25 FIDLEG bzw. Art. 13 Abs. 1 FINIG werden Finanzdienstleister Dritte für die Erbringung von Finanzdienstleistungen beiziehen können. Sind Sie der Meinung, dass KMU-Finanzdienstleister von dieser Outsourcingmöglichkeit gemäss FIDLEG/FINIG Gebrauch machen können?  ja

 nein

31. Wenn Frage 30 mit „ja“ beantwortet wurde: Welche Tätigkeiten bzw. Dienstleistungen werden Ihrer Meinung nach insbesondere von KMU-Finanzdienstleistern ausgelagert, um eine angemessene Betriebsorganisation gemäss Art. 23 FIDLEG bzw. Art. 13 Abs. 1 FINIG sicherzustellen? Wenn Frage 30 mit „nein“ beantwortet wurde: Warum werden KMU-Finanzdienstleister nicht von der Outsourcingmöglichkeit gemäss Art. 23 FIDLEG bzw. Art. 13 Abs. 1 FINIG Gebrauch machen können?

Beraterregister 32. Ist das nach Art. 30 ff. FIDLEG vorgesehene Beraterregister in Bezug auf den mit FIDLEG beabsichtigten Anlegerschutz von Kleinanlegern sinnvoll?  ja

 nein

33. Wenn Frage 32 mit „ja“ beantwortet wurde: Weshalb erachten Sie das Beraterregister (Art. 30 ff. FIDLEG) in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinanlegern als sinnvoll? Wenn Frage 32 mit „nein“ beantwortet wurde: Weshalb erachten Sie das Beraterregister (Art. 30 ff. FIDLEG) in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinanlegern als nicht sinnvoll? 34. In welchem Verhältnis stehen Ihrer Meinung nach Kosten und Nutzen des vorgesehenen Beraterregisters, insbesondere in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinanlegern und die Registerführung durch eine Registrierungsstelle?  Nutzen grösser als Kosten  Kosten/Nutzen sind ausgeglichen  Kosten grösser als Nutzen

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Produktdokumentation 35. Ist die nach Art. 37 ff. FIDLEG grundsätzlich vorgesehene Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines Prospekts für Effekten ein taugliches Instrument in Bezug auf den mit FIDLEG beabsichtigten Anlegerschutz von Kleinanlegern?  ja

 nein

36. Wenn Frage 35 mit „ja“ beantwortet wurde: Weshalb dient der Prospekt (Art. 37 ff. FIDLEG) dem Anlegerschutz von Kleinanlegern? Wenn Frage 35 mit „nein“ beantwortet wurde: Weshalb dient der Prospekt (Art. 37 ff. FIDLEG) nicht dem Anlegerschutz von Kleinanlegern? 37. In welchem Verhältnis stehen Ihrer Meinung nach Kosten und Nutzen der vorgesehenen Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines Prospekts für Effekten, insbesondere in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinanlegern und der Prüfung des Prospekts durch eine Prüfstelle?  Nutzen grösser als Kosten  Kosten/Nutzen sind ausgeglichen  Kosten grösser als Nutzen

38. Ist das nach Art. 47 FIDLEG vorgesehene Basisinformationsblatt ein taugliches Instrument in Bezug auf den mit FIDLEG beabsichtigten Anlegerschutz von Kleinanlegern?  ja

 nein

39. Wenn Frage 38 mit „ja“ beantwortet wurde: Weshalb dient das Basisinformationsblatt (Art. 47 FIDLEG) dem Anlegerschutz von Kleinanlegern? Wenn Frage 38 mit „nein“ beantwortet wurde: Weshalb dient des Basisinformationsblatt (Art. 47 FIDLEG) nicht dem Anlegerschutz von Kleinanlegern?

Ombudsstelle 40. Ist die nach Art. 80 FIDLEG vorgesehene Anschlusspflicht an eine Ombudsstelle für KMU-Finanzdienstleister hinsichtlich des Anlegerschutzes von Kleinanlegern sinnvoll?  ja

 nein

41. Wenn Frage 40 mit „ja“ beantwortet wurde: Weshalb ist die vorgesehene Anschlusspflicht für KMU-Finanzdienstleister an eine Ombudsstelle (Art. 80 FIDLEG) bezüglich des Anlegerschutzes von Kleinanlegern sinnvoll? Wenn Frage 40 mit „nein“ beantwortet wurde: Weshalb ist die vorgesehene Anschlusspflicht für KMU-Finanzdienstleister an eine Ombudsstelle (Art. 80 FIDLEG) bezüglich des Anlegerschutzes von Kleinanlegern nicht sinnvoll?

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42. In welchem Verhältnis stehen Ihrer Meinung nach Kosten und Nutzen der vorgesehenen Anschlusspflicht der KMU-Finanzdienstleister an eine Ombudsstelle, insbesondere in Bezug auf den Anlegerschutz von Kleinanlegern und die finanziellen Beiträge des KMUFinanzdienstleisters an seine Ombudsstelle?  Nutzen grösser als Kosten  Kosten/Nutzen sind ausgeglichen  Kosten grösser als Nutzen

Regulierungskosten 43. Wie hoch schätzen Sie die einmaligen Regulierungskosten in CHF für die Umsetzung von FIDLEG und FINIG (inkl. internen und externen Kosten)? CHF: 44. Wie hoch schätzen Sie die jährlich wiederkehrenden Regulierungskosten in CHF unter FIDLEG und FINIG (inkl. internen und externen Kosten)? CHF: 45. Werden Ihrer Meinung nach KMU-Finanzdienstleister die Regulierungskosten in die Beratungsgebühren einfliessen lassen, sodass diese unter FIDLEG/FINIG steigen?  ja

 nein

46. Sehen Sie Möglichkeiten, wie KMU-Finanzdienstleister ihre künftigen Regulierungskosten senken können?  ja

 nein

Wenn Frage 46 mit „ja“ beantwortet wurde: Wie sehen diese Möglichkeiten zur Senkung der künftigen Regulierungskosten von KMU-Finanzdienstleistern aus? 47. In welchem Verhältnis stehen die künftigen Kosten und der künftige Nutzen von FIDLEG/ FINIG?  Nutzen grösser als Kosten  Kosten/Nutzen sind ausgeglichen  Kosten grösser als Nutzen

48. Bitte begründen Sie Ihre Angabe von Frage 47.

90

EU-Marktzugang 49. Gewähren FIDLEG und FINIG einen automatischen Marktzutritt zur EU?  ja

 nein

50. Wenn Frage 49 mit „ja“ beantwortet wurde: Weshalb gewähren FIDLEG und FINIG einen automatischen Marktzutritt zur EU? Wenn Frage 49 mit „nein“ beantwortet wurde: Weshalb gewähren FIDLEG und FINIG keinen automatischen Marktzutritt zur EU? 51. Ist der EU-Marktzugang mit dem Lugano-Übereinkommen (LugÜ)286 bereits genügend geregelt?  ja

 nein

52. Wenn Frage 51 mit „ja“ beantwortet wurde: Weshalb ist der EU-Marktzugang mit dem Lugano-Übereinkommen bereits genügend geregelt? Wenn Frage 51 mit „nein“ beantwortet wurde: Weshalb ist der EU-Marktzugang mit dem Lugano-Übereinkommen nicht genügend geregelt? *** Möchten Sie noch etwas sagen (Bemerkungen, Anregungen, etc.)?

286 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 1. Januar 2011 (Lugano-Übereinkommen, LugÜ).

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