Kapitel I. Wirtschaftswissenschaften

Kapitel I Ökonomische Grundkonzepte und die Rolle des Staates Wirtschaftswissenschaften "Sinnvolle" Verwendung von Ressourcen (Produktionsfaktoren) ...
Author: Maike Baumhauer
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Kapitel I

Ökonomische Grundkonzepte und die Rolle des Staates

Wirtschaftswissenschaften "Sinnvolle" Verwendung von Ressourcen (Produktionsfaktoren) Produktion und Konsum von Gütern und Dienstleistungen



BWL



VWL



Funktionieren eines Unternehmens, Entscheidungen einer Unternehmensleitung





Erfolg gemessen an Kennzahlen • Gewinn • Aktienkurs • Kapitalrendite • ...



Funktionieren der (Markt-)Wirtschaft, freiwillige Interaktion vieler eigenständiger Produzenten und Konsumenten. Wie kann der Erfolg beurteilt werden? • Wirtschaftswachstum • BIP pro Kopf • Arbeitslosenquote • „Wohlfahrt“ • „Lebensstandard“ • Angebot an bestimmten Gütern • Einkommensverteilung • ...

Kapitel I/2

Was gut ist für General Motors, ist gut für Amerika!

Ist das so?

Kapitel I/3

Was ist eine Volkswirtschaft? Vielfalt von Akteuren (Wirtschaftseinheiten). Wir fassen sie in Gruppen zusammen:

– Private Haushalte – Unternehmen – Öffentlicher Sektor (Staat)

Unternehmen sind hauptsächlich privat, d. h. nicht im Besitz des Staates, es gibt aber auch öffentliche Unternehmen. Kapitel I/4

Wir beobachten eine Vielfalt von wirtschaftlichen Aktivitäten. Sie werden ebenfalls zu Gruppen zusammengefasst: – Private Haushalte erzielen Einkommen und verwenden es für Konsum und Ersparnis – Unternehmen produzieren Güter und Dienstleistungen mit Hilfe von Produktionsfaktoren – Unternehmen investieren, d. h. sie fragen Kapitalgüter (Maschinen, Gebäude) nach – Öffentliche Haushalte (der öffentliche Sektor) erzielen Einnahmen in Form von Steuern, Abgaben, Gebühren, ..., – Öffentliche Haushalte stellen Güter und Dienstleistungen bereit (siehe später) – etc. Kapitel I/5

Das Allokationsproblem in einer Volkswirtschaft Einfaches Modell: Eine-Person-Volkswirtschaft (Robinson Crusoe auf der Insel). Es gibt nur eine begrenzte Fläche (= Produktionsfaktor), auf der Getreide oder Kartoffeln angebaut werden können. Die möglichen Produktionsmengen xG (Getreide) und xK (Kartoffel) sind durch die folgende Ungleichung beschränkt: xK + 2/3 xG ≤ 2, wobei auch xG ≥ 0, xK ≥ 0 gelten muss. xK Produktionsmöglichkeitenkurve, begrenzt die Produktionsmöglichkeitenmenge

S

2

1

T

xG Jeder Punkt in der schraffierten Fläche stellt eine produzierbare Kombination von Getreide und Kartoffeln dar. Bei den Punkten auf der Kapitel I/6 Linie ST wird die verfügbare Fläche zur Gänze genützt. 0

1

2

3

Robinson Crusoe muss entscheiden, welche der möglichen Kombinationen von Kartoffeln und Getreide er tatsächlich produzieren will. Das bedeutet, er muss entscheiden wofür er den Produktionsfaktor Land einsetzt - er muss also das Faktorallokationsproblem lösen. Wenn sich nun Freitag zu Robinson Crusoe hinzu gesellt, so erhöht sich vermutlich die Produktionsmöglichkeitenmenge, vielleicht zu xK + 2/3 xG ≤ 3,5 (weil sie zusammen mehr Arbeit einsetzen und daher mehr produzieren können, bei gleicher Fläche). Das Faktorallokationsproblem bleibt weiterhin bestehen. Dazu kommt nun die Frage, wer von beiden wie viel von den produzierten Gütern konsumieren kann - sie müssen auch das Güterallokationsproblem lösen. Kapitel I/7

Verallgemeinerung des einfachen Modells: Eine moderne Volkswirtschaft ist ungleich komplexer als die Robinson-Crusoe-Freitag-Wirtschaft. Aber auch für sie gelten die gleichen beiden fundamentalen Allokationsprobleme: 1. Faktorallokation: Für welche Güter (Konsum- und Investitionsgüter) und Dienstleistungen werden die Produktionsfaktoren verwendet? Beachte: Ressourcen (Produktionsfaktoren) sind nur beschränkt verfügbar (knapp) – nicht alles kann produziert werden. 2. Güterallokation: Für wen werden die Güter und Dienstleistungen produziert? Welchen Personen bzw. Haushalten kommen sie zugute? Weitere Fragen dieser Art: Wie werden die Güter produziert, welche Technologien werden eingesetzt? Wie viele Ressourcen werden für die Suche nach Innovationen eingesetzt? Kapitel I/8

Charakteristika der Marktwirtschaft Eine Marktwirtschaft stellt einen bestimmten institutionellen Rahmen für die Allokationsentscheidungen dar. Wichtige Merkmale sind: Dezentrale Entscheidungen •

Unternehmen sind (großteils) in Besitz privater Haushalte. Sie treffen Produktionsentscheidungen nach ihren eigenen Zielen.



Private Haushalte treffen Entscheidungen über Konsumnachfrage (und über Arbeitsangebot sowie Ersparnis) nach eigenen Zielen.

Koordination durch Marktpreise •

Die Entscheidungen aller Wirtschaftseinheiten werden durch Güterund Faktorpreise, die auf Märkten gebildet werden, aufeinander abgestimmt (Koordination durch die „Unsichtbare Hand des Marktes“ - Adam Smith 1776). Als Ergebnis kommt es zu einer bestimmten Lösung des (Güter- und Faktor-)Allokationsproblems). Kapitel I/9

Märkte sind virtuelle Orte. Gemeint ist, dass Nachfrage und Angebot aufeinander treffen. Ein wichtiges Element einer Marktwirtschaft ist der Wettbewerb. Er verhindert, dass Unternehmen zu hohe Preise verlangen können und bewirkt einen Druck zu effizienter Produktion. Im Prinzip gilt, dass die Teilnahme am Marktgeschehen freiwillig ist. Man kann (in einem gewissen Rahmen) selbst entscheiden, welche Güter man kauft bzw. wie viele Stunden man arbeitet, und man kauft nur dann ein Gut, wenn man dies als vorteilhaft empfindet, d.h. wenn man das gekaufte Gut höher schätzt als den dafür hinzugegebenden Geldbetrag. Gegensatz zur Marktwirtschaft: Planwirtschaft (ehemalige kommunistische Systeme)

Kapitel I/10

Mixed Economy Nicht alle wirtschaftlichen Aktivitäten werden aufgrund von individuellen Entscheidungen der privaten Unternehmen und Haushalte ausgeführt, sondern auch der öffentliche Sektor spielt eine bedeutende Rolle. Er beeinflusst damit die Faktor– und die Güterallokation • • • •

Gesetzlicher Rahmen für private Aktivitäten Angebot an bestimmten Gütern und Dienstleistungen (Bildung, Kultur, Sicherheit, Sozialversicherung, Infrastruktur ...) Einhebung von Steuern und Beiträgen ...

Problem: Zwang anstelle freiwilliger Teilnahme (keine individuelle Entscheidung über das Ausmaß und die Qualität der vom Staat bereit gestellten Güter und Dienstleistungen, vom Staat vorgeschriebene Steuer statt Bezahlen des Marktpreises) Kapitel I/11

Was ist Volkswirtschaftslehre? Versuch, zu verstehen: •



Wie eine Marktwirtschaft (bzw. eine gemischte Wirtschaft) funktioniert; wie sich einzelne Akteure verhalten und welche Konsequenzen sich daraus ergeben (Positive Ökonomie). Wie „gut“ eine Volkswirtschaft funktioniert; was verbessert werden könnte. Problem: was ist der Maßstab zur Beurteilung? (Normative Ökonomie).

Häufig ist bei ökonomischen Aussagen in der Öffentlichkeit eine Verflechtung von wissenschaftlicher Erkenntnis (z. B. über die konkreten Effekte wirtschaftspolitischer Maßnahmen) mit Werturteilen (ob diese Effekte "gut" oder "schlecht" sind - das hängt vom Beurteilungsmaßstab ab, der auf Wertvorstellungen bzw. in politischen Zielsetzungen begründet Kapitel I/12 ist) zu finden.

Volkswirtschaftslehre Makroökonomie

Mikroökonomie

Finanzwissenschaft

Der Kurs "Marktwirtschaft und Staat" gehört zu jenem Bereich der VWL, der traditionell als "Finanzwissenschaft" bezeichnet wird (könnte auch „Einführung in die Finanzwissenschaft“ heißen). Gemeint sind hier die Finanzen des Staates. Neuere Bezeichnung: Public Economics oder Public Sector Economics. Untersuchungsgegenstand: Rolle des Staates in einer Marktwirtschaft (bzw. Mixed Economy). Makroökonomie: Kurs Economics I: "Einkommen, Inflation, Arbeitslosigkeit" Mikroökonomie: Kurs Economics II.A: "Ökonomische Entscheidungen und Märkte"

Kapitel I/13

Einbeziehung von • makroökonomischen Methoden • mikroökonomischen Methoden • institutionellen Gegebenheiten (Institutionen des öffentlichen Sektors, gesetzliche Regelungen, ...)

Die Abgrenzung zwischen Makroökonomie, Mikroökonomie und Finanzwissenschaft ist nicht immer eindeutig. Finanzwissenschaft ist nicht Finanzwirtschaft bzw. Finanzierung (BWL). Kapitel I/14

Modell Vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit in Form einer Graphik oder mathematischer Formeln. (Vergleich: Straßenkarte) Konzentration auf einen bestimmten Aspekt ("gesamte" Realität ist zu komplex), der sehr genau studiert werden soll. "Kunst" der Modellbildung. Ökonomen "denken in Modellen". Beispiel von früher: Produktionsmöglichkeitenkurve: Für eine einfache Volkswirtschaft mit nur zwei Gütern (etwa nun Getreide und Wein) kann man die Möglichkeiten, diese beiden Güter mit den gegebenen Ressourcen (Land, Arbeitskräfte) zu produzieren, graphisch skizzieren. (Der genaue Verlauf der Kurve ist für die folgenden Überlegungen unerheblich; sie könnte auch linear – eine Gerade, wie früher – sein.) Kapitel I/15

Menge an Wein A

Produktionsmöglichkeitenkurve

w

C

0

Im A und in B werden die Ressourcen voll genützt (effiziente Produktion), in C nicht (ineffiziente Produktion).

B

Menge an Getreide

Man sieht: Um, ausgehend von A, eine Einheit (z. B. 1 Tonne) Getreide mehr zu produzieren, muss man die Weinproduktion um w (z. B. 200 Liter) einschränken. Diese Einschränkung stellt die Kosten der (weiteren) Einheit Getreide dar. Allgemein: die wahren volkswirtschaftlichen Kosten sind immer Opportunitätskosten worauf (von der nächstbesten Verwendungsmöglichkeit) muss man verzichten, wenn man die Mittel für einen bestimmten Zweck verwendet? Das ist nicht immer direkt als Geldgröße ersichtlich. Dahinter steht die Tatsache, dass es immer Beschränkungen (Knappheit) gibt. (Was gilt im Fall ineffizienter Produktion, z. B. im Punkt C?) Kapitel I/16

Wichtige Fragen, die in diesem Kurs diskutiert werden •

Wie groß ist der öffentliche Sektor in Österreich? Wie kann man die Größe messen? Welche Aufgaben nimmt der öffentliche Sektor wahr?



Welche sind die wichtigsten Steuern in Österreich? Wie werden sie eingehoben? Welche Auswirkungen haben sie?



Welche Aufgaben soll der Staat in einer Marktwirtschaft wahrnehmen? Wie kann man das aus ökonomischer Perspektive begründen? Wo liegen die „Grenzen des Marktes“?



Kann der Staat die Einkommensverteilung beeinflussen? Welche Probleme treten dabei auf?



Wie ist die Absicherung gegen Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter in Österreich organisiert? Gäbe es Alternativen? Kapitel I/17

Gliederung des Kurses "Marktwirtschaft und Staat" 1. 2. 3.

Einleitung: Ökonomische Grundkonzepte und die Rolle des Staates Der öffentliche Sektor: Institutionen, Kennzahlen, Vergleiche Grundlagen der Besteuerung und die wichtigsten Steuern in Österreich 4. Die Wirkung einer Steuer im Partialmarkt: Inzidenz und Wohlfahrtseffekt 5. Ökonomische Begründung der Staatstätigkeit: Allokation, Distribution, Stabilisierung 6. Allokationsfunktion des Staates: Theorie des Marktversagens externe Effekte und kollektive Güter, unvollkommene Konkurrenz, meritorische Güter 7. Abstimmungsverfahren 8. Umverteilung durch den Staat 9. Sozialpolitik 10. Ökonomie und Politik Kapitel I/18 Ende I